Jerry Cotton Sonder-Edition 130 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sonder-Edition 130 E-Book

Jerry Cotton

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

"Hände hoch, Ryleker!", brüllte ich und hob meine Waffe.
Ryleker ruckte herum, starrte mich aus glühenden Augen an.
"Zu spät, Cotton!", schrie er mit sich überschlagender Stimme zurück. "Zu spät ... zu spät ..."
Ich feuerte. Ryleker zuckte zusammen. Aber er hob die grässliche Bombe über seinen Kopf.
Panik überkam mich. Jeden Moment konnte der alles vernichtende Atomblitz aufleuchten ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 183

Veröffentlichungsjahr: 2020

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Die Bombe

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Couperfiled/shutterstock

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9658-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Bombe

Sie nannten ihn »den Schnüffler«, denn Benny Shamster besorgte Informationen in der New Yorker Unterwelt und verkaufte sie meistbietend, entweder an kriminelle Konkurrenten oder an die Polizei. Doch diesmal musste er sich mit den falschen Leuten angelegt haben, und die hatten ihn auf grausame Weise abserviert.

Als Phil und ich den Mord an Benny untersuchten, ahnten wir noch nicht, dass uns die Spur zu einer Terrororganisation führen würde, die bald darauf ganz New York bedrohte. Sie wollten eine Atombombe zünden, mitten in unserer Stadt – und zum Schluss lag es an mir allein, die Katastrophe zu verhindern und Tausende unschuldiger Menschen zu retten …

Die Jerry Cotton Sonder-Edition bringt die Romane der Taschenbücher alle zwei Wochen in einer exklusiven Heftromanausgabe. Es ist eine Reise durch die Zeit der frühen Sechziger bis in das neue Jahrtausend.

Benny Shamster, der Schnüffler, wusste noch nicht, dass er zum Tode verurteilt war und sich bereits in den Händen seiner Henker befand. Die gute Laune allerdings war ihm seit einigen Minuten vergangen.

Was, zum Teufel, wollte Galgano plötzlich von ihm? Weshalb ließ er ihn so auf die Schnelle holen? Einfach so von der Straße weg. Er kannte den Unterweltler zwar flüchtig, zu Geschäften war es indessen noch nie gekommen.

»Weshalb so eilig?«, fragte er Eddy Cobb.

Der hellhaarige Gangster steuerte den rostroten Chevelle Laguna, in den sie ihn verladen hatten, rasch durch die Straßen der Bronx nach Osten.

»Wart’s ab, bis du’s von ihm selbst hörst«, versetzte der Gefragte einsilbig.

»Okay, Eddy, war nur ’ne Frage.«

Der zweite Mann, ein jüngerer, dunkelhaariger Typ, ließ ihn nicht aus den Augen. Der Bursche saß halb umgedreht neben dem Fahrer.

Shamster tat, als bemerke er es nicht. Er hatte diesen Kerl noch nie gesehen. Cobb musste ihn sich neuerdings als Assistenten zugelegt haben.

Der Wagen erreichte den Cross Bronx Expressway. Cobb ging auf den Fahrstreifen ganz links und beschleunigte.

Shamster blickte verstohlen auf den Tacho. Der lange Zeiger blieb exakt bei vierzig Meilen stehen. Das bedeutete genau Speed Limit.

Cobb wollte auf keinen Fall einer Streife auffallen. Bei aller Eile musste der Gangster dafür seine Gründe haben. Gewichtige Gründe.

»Ist Galgano nicht in seinem Beautyshop?«, konnte er sich nicht verkneifen zu fragen. Die steigende Spannung ließ ihm die Hände kalt und feucht werden. Er atmete flach.

»Sonst würden wir doch nicht hier rausfahren.«

Cobb wandte sich am Steuer kurz nach ihm um. Prüfend, wie es Shamster vorkam. Die große Sonnenbrille ließ das lange Pferdegesicht des Gangsters maskenhaft erscheinen.

Shamster war früher Versicherungsdetektiv gewesen. Wegen einiger mehr oder weniger krummer Dinger hatte die Direktion ihn gefeuert. An einen Job bei einer anderen Versicherung war danach nicht mehr zu denken gewesen. Es gab schwarze Listen. Natürlich nur inoffiziell, aber deshalb nicht minder effektiv.

Diese Listen kursierten auch bei der Behörde, die Lizenzen für Privatdetektive vergab. Sinnlos für Shamster, sich um eine bewerben zu wollen.

Clever wie er war, hatte er sich daraufhin dem Verkauf von Nachrichten aus der Unterwelt zugewandt. An jeden, der dafür zu zahlen bereit war. Er schnüffelte von damals an gewissermaßen auf eigene Rechnung.

Sie erreichten die Zufahrt zur Throgs Neck Bridge, einem der beiden großen Übergänge über den East River.

Cobb bremste am Toll Gate ab, stoppte und kurbelte sein Fenster herunter. Er holte eine Münze aus der Tasche und warf sie in den Zahltrichter.

»Jungs, ich hab vergessen, euch zu sagen, dass ich noch was Wichtiges zu tun hab«, stieß Shamster in jäher Angst hervor. »Bitte lasst mich raus. Sagt Galgano, ich ruf ihn an. Heute noch. Bestimmt.«

»Ich muss weiter, sonst halt ich den Verkehr auf.« Cobb trat aufs Gas. Brummend fuhr der Chevelle an.

»Ihr habt doch was vor«, sagte Shamster in bittendem Ton zu Cobb, den er schon seit geraumer Zeit kannte. »Eddy, sag mir, was anliegt, bitte. Ich hab doch keinem was getan, das wisst ihr doch, oder?«

»Mann, was redest du denn«, knurrte Cobb. Wieder wandte er sich kurz um und blickte zu seinem unfreiwilligen Passagier zurück. »Ist weiter nichts los. Galgano will dich sprechen, das ist alles.«

Shamster beobachtete, wohin es ging. Die allgemeine Fahrtrichtung war Südost. Das konnte stimmen, stellte Shamster fest. Galgano wohnte in dem Vorort Woodsburgh. Der ehemalige Zuhälter, nun Besitzer eines gut gehenden Beautyshops, besaß dort eine ansehnliche Villa. Shamster wusste, dass es bei Galgano auch Spezialmasseusen gab. Bekannte Gäste männlichen Geschlechts konnten sich außerdem Callgirls bestellen. In letzter Zeit hatte Shamster sogar etwas von männlichen Hostessen bei Galgano läuten gehört.

Sie erreichten Inwood. Dort bog Cobb nach Westen ab. Das stimmte nun offenkundig nicht mehr.

»Hier geht’s aber nicht zu Galgano!« Die Stimme des Schnüfflers klang schrill vor Angst.

»Wer sagt denn, dass er dich zu Hause empfängt?«, entgegnete Cobb.

»Ich will raus!«, schrie Shamster. Ungeachtet der raschen Fahrt, die nun in Richtung Rockaway Beach führte, versuchte er, sich zwischen den beiden Frontsitzen nach vorn zu zwängen. Er behinderte Cobb beim Fahren. Der Chevelle schlängelte leicht. Einige Passanten blickten dem Fahrzeug nach.

Beide Gangster schlugen auf Shamster ein. Cobb konnte nur seine Rechte benutzen. Aber Shamster entwickelte erstaunliche Kräfte. Er ahnte, dass man ihn ermorden wollte. Um das Warum kümmerte er sich nicht mehr.

Gegen den Hagel von Fausthieben grabschte er wieder nach vorn. Seine Linke klammerte sich am Lenkrad fest. Zwar drosch Cobb sofort mit aller Kraft zu, aber die Todesangst saß dem Schnüffler in den Knochen. Seine Hand blieb um das Lenkrad geklammert und riss daran. Wieder fuhr der rostrote Chevelle Schlangenlinien.

»Verdammt, wenn das so weitergeht, haben wir bald die Bullen am Hals«, zischte der Dunkelhaarige.

»Dann mach ihn doch gleich hier fertig!«, stieß Cobb wild hervor. Er hatte alle Mühe, den Wagen einigermaßen auf der Straße zu halten.

Der Dunkelhaarige klappte den Deckel zum Handschuhfach auf. Was er herausbrachte, sah auf den ersten Blick aus wie eine Stechahle mit gedrungener Klinge und einem auffallend dicken Griff.

Der Mann im modernen Sommeranzug holte aus und stieß mit dem Ding zu. Ein kurzes Zischen ertönte.

Shamsters Aktivität brach schlagartig ab. Er atmete keuchend aus. Seiner Kehle entrang sich ein Gurgeln. Dann lag er still. Sein Bauch war unnatürlich aufgetrieben.

»Na, wie gefällt’s dir?«, fragte der Killer seinen Komplizen.

»Unglaublich. Ist er schon weg?« Cobb löste die verkrallte Hand Shamsters vom Lenkrad und bog in die nächste Seitenstraße nach rechts ab.

»Klinisch noch nicht. Vielleicht in ’ner Minute. Aber sag selbst, ist das Ding nicht viel besser als ’ne Puste?«

Cobb warf einen kurzen Blick auf die unbewegliche Gestalt, die mit dem Oberkörper auf der Mittelkonsole lag. »Schieb ihn nach hinten.«

»Mach ich.« Der Dunkelhaarige packte die Leiche und schob sie vor die hintere Sitzbank. Prüfend blickte er in das blaurot angelaufene Gesicht des Schnüfflers. Es wirkte wie aus einem erstklassigen Horrorfilm. Nicht nur das Gesicht, sondern auch die Gestalt. Shamsters Bauch war unförmig aufgetrieben, als befinde er sich kurz vor der Niederkunft.

»Das ist noch mal gutgegangen«, sagte Cobb erleichtert. »Wir …«

Im Rückspiegel sah er etwa hundert Yard entfernt von der Hauptstraße, die er soeben verlassen hatte, ein Patrolcar einbiegen. Jetzt eben gingen dessen Rotlichter auf dem Dach an. Die Sirene begann zu wimmern.

»Verdammt …« Cobb trat das Gaspedal durch.

Der Chevelle beschleunigte. Der Gangster riss den Wagen nach links auf den Überholstreifen. Hinter ihm kreischten Reifen. Es krachte dumpf am Heck, und der Wagen bekam einen Stoß. Ein Überholer war aufgefahren.

Cobb kümmerte sich nicht darum. Mit allem, was der Motor hergab, jagte er sein Fahrzeug im Slalom durch den Verkehr.

»Ich fahr in die nächste Tiefgarage, Tom«, informierte er hastig seinen Komplizen. »Dann nichts wie weg. Wenn’s nicht anders geht, legen wir die Bullen um.«

»Sie sind zurückgefallen, Ed.«

»Festhalten«, zischte dieser. Er riss den Wagen abrupt über den Mittelstreifen ganz nach links. Dort hatte er die offene Einfahrt zu einer Tiefgarage erspäht.

Gegen den Verkehrsstrom jagte Cobb darauf zu. Ein mit zwei Personen besetztes Motorrad kam ihm entgegen. Der Chevelle wischte es krachend von der Straße. Die beiden Gestalten wirbelten wie Puppen durch die Luft.

Dann sprang der Chevelle förmlich die Rampe hinunter. Die rechte Seite schrammte knirschend und funkensprühend an der Betonwand entlang. Dunkel umfing die beiden Verbrecher.

Cobb steuerte das Wrack in die nächste Lücke zwischen den abgestellten Wagen. Die Gangster sprangen hinaus. Mit Taschenlampen vergewisserten sie sich, dass sie im Chevelle nichts vergessen hatten.

»Türmen wir zu Fuß, Ed?«, wollte Tom wissen.

»Besser, wir nehmen einen von den Schlitten hier.«

»Okay. Du siehst hier nach, ich dort drüben.«

In höchster Eile, jedoch methodisch, leuchteten die beiden in einen abgestellten Wagen nach dem anderen hinein. Nach wenigen Sekunden hatte Cobb ein Fahrzeug gefunden, in dem der Zündschlüssel steckte.

»Tom, hierher.«

Sekunden später startete er den Motor des hellblauen Kombiwagens. Mit aufkreischenden Reifen fuhr er los. Nach hinten, zum zweiten Ausgang der Tiefgarage. Als sie dort die Rampe emporjagten, kam eben von der Gegenseite her der Polizeiwagen langsam heruntergerollt.

Die Gangster waren schlau. Cobb fuhr nur wenige Straßen weiter. Keine halbe Meile entfernt ließen sie den Malibu Classic stehen. Ruhig stiegen sie aus und gingen zu Fuß weiter.

»Das wäre okay.« Ed Cobb steckte sich eine Zigarette an. Seine Hand mit dem Feuerzeug zitterte kein bisschen. »Wir trennen uns jetzt und fahren nach Hause. Ich ruf Galgano an und sag ihm Bescheid.«

»Natürlich, Ed.« Tom grinste. »Der Schnüffler war hinter Derek Shore her. Ob er was von unserer Sache wissen konnte?«

»Völlig unmöglich. Aber der Job ist zu einträglich, als dass Galgano ihn gefährdet sehen möchte.«

»Außerdem wäre womöglich Shore nervös geworden«, ergänzte Tom. »Er muss die Ruhe behalten, ohne ihn geht’s nicht.«

»Shore soll nichts von der Geschichte erfahren.« Cobb spie die halbgerauchte Zigarette aus. »Mach dich auf die Socken.«

»Okay, bis später.«

Tom ging los. Auf dem Weg lächelte er ein paar Kindern zu, die vor seinen Füßen spielten.

***

Der Anruf des zuständigen Polizeireviers erreichte uns kurz vor Mittag. Durch reinen Zufall wurden mein Freund Phil Decker und ich mit dem Fall betraut.

»Da sind wir wieder mal auf dem Umweg über einen geklauten Wagen zu ’nem Mord gekommen, Jerry. Lieutenant Forbes war an der Strippe. Wir möchten doch gleich hinkommen.«

»Worum geht’s denn?«, erkundigte ich mich.

»Das erzähle ich dir im Auto.«

Bald danach hatte uns der zähe Großstadtverkehr verschlungen.

Eine halbe Stunde später befanden wir uns an Ort und Stelle. Es war im Bezirk Neponsit, auf der lang gezogenen Halbinsel Rockaway. Vom Atlantik, der nur wenige hundert Yard weiter gegen die Wellenbrecher rauschte, wehte ein frischer Luftzug.

»Hunderteinundvierzigste«, wies mich Phil ein. »In der Tiefgarage des Supermarkts.«

»Wenn die Killer sich doch bloß nicht immer in New Jersey mit Autos versorgen würden«, knurrte ich. Dieser Routinefall – so glaubte ich zu dem Zeitpunkt noch – kam mir ziemlich ungelegen. Wir steckten bis zum Hals in einer heißen Rauschgiftsache und warteten auf den Kontaktmann der Laborgruppe aus Frankreich, die das Heroin herstellte. Was sollte ich nun noch mit einem gewöhnlichen Mord?

Ich bog in die 141th Street ein. Schon von weitem bemerkte ich die Streifenwagen und eine größere Menschenansammlung.

Wir fuhren heran und stiegen aus. Nachdem wir uns ausgewiesen hatten, konnten wir in die abgesperrte Tiefgarage hinunter.

»Ich bin Lieutenant Forbes«, stellte sich ein stämmiger Mann mittleren Alters vor. Er streckte mir die Hand hin. »Wieder mal ein Fall, den ich an das FBI abwälzen kann«, setzte er mit dem Anflug eines Lächelns hinzu.

»Ein Mord, soviel Sie meinem Kollegen am Telefon sagten.«

»Typisch für Profis. Sie haben’s während der Fahrt gemacht. Wollen Sie’s sich mal ansehen?« Forbes wies mit dem Kopf zu einem arg verbeulten Chevelle Laguna, um den mehrere Männer in Zivil herumstanden.

»Ist die Leiche noch drin?«, erkundigte sich Phil, während wir hingingen.

»Ja. Eigentlich haben wir drei. Aber die zwei anderen sind nur durch Zufall angefallen. Gewissermaßen als Begleitumstand.« Forbes erwähnte die beiden toten Motorradfahrer. »Ein Junge hier aus der Gegend und sein Mädchen. Wir haben die beiden schon wegbringen lassen. Dabei gab’s nichts zu klären.« Der Lieutenant räusperte sich. »Gut sahen sie auch nicht mehr aus.«

Ich trat an den Chevelle. Die Polizisten in Zivil machten Platz. Einer reichte mir eine Taschenlampe.

»Nachdem’s ein Fall fürs FBI ist, haben wir uns die Sache nur mal angesehen und noch nicht viel angerührt«, erläuterte er dabei. »Übrigens scheinen die Killer ’ne neue Masche angewandt zu haben.«

»Danke.« Ich nahm die Lampe und leuchtete ins Innere des Wagens. Für einen Moment stockte mir der Atem.

»Verdammt, was ist denn mit dem passiert«, sagte Phil neben mir. »Sieht ja aus wie ein aufgeblasener Kugelfisch.«

»Sie haben’s erfasst, Mister Decker«, ließ sich Forbes vernehmen. »Sehen Sie das Ding, das im Bauch der Leiche steckt?«

»Sie meinen den roten Griff?«, sagte ich. »Irgendein spitzes Werkzeug vermutlich.«

»Er ist mit einer Waffe gegen Haie ermordet worden«, sagte einer der Detectives. »In dem dicken, roten Griff steckt eine Pressluftpatrone. Hundert atü Druck. Sofort nach dem Einstich wird sie von einem Schlagbolzen geöffnet, und die Druckluft bläst durch ein Loch vorn in der Klinge ab. Der damit behandelte Hai bekommt Schwimmstörungen und lässt von dem angegriffenen Taucher ab.«

Wir standen einige Augenblicke da und starrten auf die entsetzlich entstellte Leiche. Dann holten wir den Körper aus dem Wagen.

Der Mann musste einen schnellen, gleichwohl fürchterlichen Tod erlitten haben.

Ich blickte in das verunstaltete Gesicht. Den Mann hatte ich schon mehrmals gesehen.

»Sag mal, Phil, ist das nicht Benny Shamster?«

»Könnte sein, Jerry.«

»Sie wissen, wer der Mann ist?«, mischte sich Forbes ein. »Das erspart Ihnen eine Menge Arbeit.«

»Benjamin Shamster«, sagte Phil. »Ehemaliger Versicherungsdetektiv. Er war das, was man einen Schnüffler auf eigene Rechnung nennt.«

»Dann hat er vielleicht jemand aus der Unterwelt erpresst«, meinte einer der Detectives. »Dabei ist er offenbar an den Falschen geraten.«

Diese Worte ließen mich nicht los.

»Kannst du dir vorstellen, dass eine clevere kleine Ratte wie Shamster seine Grenzen nicht kennen sollte?«, fragte ich meinen Kollegen, als wir später zum Office zurückfuhren.

»Eigentlich nicht, Jerry. Auf mich hat er stets den Eindruck eines vorsichtigen Burschen gemacht.«

»Eben. Und jetzt ist er tot. Von Profis umgelegt. Weshalb, frage ich.«

»Vielleicht bekam er von einer großen Sache Wind und wollte mit seinem Wissen ein großes Geschäft machen. Aber an wirkliche Gangster würde er sich nie herangemacht haben. Dazu war er viel zu ängstlich.«

Wir drehten und wendeten den Mord nach allen Seiten. Mit der Zeit erschien es uns am wahrscheinlichsten, dass Benny Shamster durch Zufall Kenntnis von einer geplanten dicken Sache erhalten haben könnte. Darüber musste er dann wider Willen gestolpert sein.

»Also zunächst mal der ganze Routinekram«, sagte ich. »Unseren laufenden Fall soll der Chef Kollegen übertragen.«

»Erscheint dir Shamster so wichtig?«

»Wichtig genug, um mindestens zunächst in der Sache weiterzubohren. Wenn eine Angelegenheit gewissen Gangstern wichtig genug erscheint, um eine stadtbekannte Ratte quasi auf Verdacht abzuservieren, dann möchte auch ich wissen, was geplant ist.«

***

Als wir wieder im Office waren, berichtete ich dem Chef. Mr. High war einverstanden. Er verließ sich meistens auf meinen Riecher. Und eben der hatte sehr nachdrücklich angesprochen.

Den Rest des Nachmittags füllte die Erledigung von Routinearbeit aus. Wir mussten den Eigentümer des gestohlenen Chevelle ermitteln lassen, das Ergebnis der Spurensicherung anfordern, die Vernehmung von Zeugen veranlassen. Die beiden Killer zu ermitteln bestand wenig Hoffnung. Von Zeugen, denen der unsicher fahrende Wagen aufgefallen war, wurden sie vage als ein jüngerer dunkelhaariger und als ein hellhaariger Mann mit Sonnenbrille beschrieben.

»Es gibt hunderttausend Typen in New York, auf die solche Beschreibungen zutreffen«, bemerkte Phil. »Was hältst du davon, Shamsters Wohnung einen Besuch abzustatten. Die Adresse haben wir ja aus seiner Driver Licence.«

»Okay, dann los.« Ich sah auf die Uhr. »Es ist sowieso gleich Dienstschluss.«

Coney Island ist eine kleine Halbinsel an der Südspitze von Brooklyn. Neben einer Anzahl von Straßen mit Mietshäusern, die zum Teil noch aus dem 18. Jahrhundert stammen, liegt dort ein ausgedehnter Badestrand. Darüber hinaus gibt es auf Coney Island einen Vergnügungspark und zahllose Verkaufsbuden, die im Winterhalbjahr geschlossen sind.

Alles in allem ein denkbar unübersichtlicher Bezirk mit einer Vielzahl von Schlupfwinkeln und Schleichwegen. Genau die richtige Wohngegend für einen Mann, dessen Lebensgrundlage die Unauffälligkeit ist. Genauer gesagt, war, denn Benny Shamsters Leiche befand sich nun bereits in einem Kühlfach des zuständigen Leichenschauhauses.

Laut Führerschein hatte der ermordete Schnüffler in Nummer 167 in der Maple Street gewohnt. Ich parkte ein Stück entfernt zwischen einem ramponiert aussehenden Kleinlaster und dem Wrack eines Fords.

Wir erreichten Nummer 167. Es handelte sich um ein vierstöckiges Haus mit rostigen Eisenbalkonen. Der ehemals gelbliche Putz war nur noch in Fragmenten erhalten. Plärrende Radiomusik schien von überall herzukommen.

Im Hausgang schwatzten drei dicke Frauen unbestimmbaren Alters.

»Verzeihung, wenn ich störe«, sagte ich. »Wohnt hier ein Mister Benjamin Shamster?«

»Polizei, wie?«, fragte eine der Frauen. Alle drei starrten uns misstrauisch an.

»Wir sind von der Unfallversicherung«, bemerkte Phil rasch. »Es handelt sich um die Entschädigungssumme. Mister Shamster ist vor vier Wochen angefahren worden.«

»Dann gehen Sie mal ins Hinterhaus«, sagte eine andere der drei Frauen. »Im vierten Stock haust er.« Wie zur Bekräftigung ihrer Worte hob ein kleiner Hund den Kopf aus ihrer am Boden stehenden Einkaufstasche und begann uns anzukläffen.

»Die Polizei ist übrigens schon oben«, setzte die dritte spitz hinzu. »Für den Fall, dass Sie doch nicht von der Versicherung sein sollten.«

»Danke Ma’am.«

Wir gingen weiter.

»Wer soll da oben sein, Phil? Doch niemand von uns.«

»Vielleicht hat Forbes einen Mann hingeschickt. Er kennt ja die Adresse auch.«

»Wollen sehen.«

Wir betraten das Hinterhaus. Im Treppenhaus stank es nach angebranntem Essen.

Auch auf der vierten Etage gab es vier Wohnungstüren. An einer davon klebte ein Pappschild mit der Aufschrift »B. Shamster«.

Die Tür war nur angelehnt.

Ich warf Phil einen raschen Blick zu. Er nickte und postierte sich seitlich, während ich direkt auf die Tür zuging. Ein Druck auf den mit Leukoplast zusammengehaltenen Klingelknopf ließ drinnen einen scheppernden Laut ertönen.

Nichts rührte sich.

»Mister Shamster«, rief ich.

Jetzt näherten sich drinnen Schritte. Die Tür ging auf. Vor mir stand ein jüngerer, dunkelhaariger Mann. Seine modische und gute Kleidung fiel in diesem verkommenen Haus sofort auf.

»Sind Sie Mister Shamster?«, fragte ich.

»Ein Freund. Was wollen Sie von ihm?«

»Ich komme von der United Insurance«, spielte ich die Versicherungsmasche weiter. »Es handelt sich um die Entschädigungssumme wegen des Autounfalls vor vier Wochen.«

»Davon hat er mir nichts …« Der Mann kam jetzt ganz aus der Wohnung heraus und entdeckte Phil, der sich eng an die Wand gedrückt hielt. In seinen Augen blitzte es auf. Seine Rechte fuhr in die Jackettasche.

Ich sprang zu und packte seinen Arm, der soeben mit einem kurzläufigen Revolver wieder zum Vorschein kam. Ich registrierte, dass der Kerl fliederfarbene Lederhandschuhe trug, die exakt zur Farbe seines Anzugs passten.

Während ich mit der Linken seinen Arm umkrallte, holte ich mit der anderen Hand aus und schlug auf sein Handgelenk. Die Waffe polterte zu Boden, aber nun handelte der Bursche erstaunlich rasch und sicher.

Mit dem linken Arm stieß er die nach außen öffnende Tür gegen Phil, der soeben eingreifen wollte. Die dadurch gewonnenen zwei Sekunden benützte er dazu, mir mit der nun freien Linken in den Unterleib zu boxen. Ich fing den Hieb mit der Hüfte auf, musste dazu aber den Griff lockern.

Dadurch vermochte sich der Dunkelhaarige zu befreien. Wieselschnell packte er die Tür, sprang in die Wohnung zurück und riss die Tür mit sich.

Sie streifte mich am Kopf, da ich sofort nachspringen wollte. Direkt vor mir knallte sie ins Schloss. Ich prallte zurück und hielt mir für einen Moment den brummenden Schädel.

»Verdammt«, schrie Phil. Er packte die Türklinke und zerrte mit allen Kräften. Aber die so brüchig anmutende Tür gab nicht nach.

Ich weiß nicht mehr, was mich plötzlich veranlasste, einen Hechtsprung gegen die Beine meines Kollegen zu machen und ihn mit mir zu Boden und weg von der Tür zu reißen. Möglicherweise hatte ich dahinter ein kaum vernehmbares Geräusch gehört. Vielleicht war es auch eine unterbewusste Überlegung darüber, was der oder die Gangster in Shamsters Wohnung nun unternehmen könnten.

Keine Sekunde später knallte es dumpf hinter der Tür. Ein von abstehenden Spreißeln umkränztes Loch entstand. Es blieb nicht das einzige.

Noch übereinander liegend rollten wir uns endgültig außer Reichweite des Mordschützen hinter der Tür.

Der Bursche machte seine Sache gründlich. Binnen weniger Sekunden feuerte er fünfzehn Schüsse ab. Er ballerte nach links, nach rechts und geradeaus durch das billige Holz, um uns auch dann noch zu treffen, wenn wir nicht mehr direkt vor der Wohnung standen.

Mit der dritten Kugel erwischte er Phil. Glücklicherweise flog meinem Kollegen nur ein Schuhabsatz davon. Dann hechteten wir nochmals ein Stück weiter.

»… dreizehn, vierzehn, fünfzehn«, zählte Phil leise die Schüsse mit. »Aha, jetzt ist Feierabend.«

»Er hat also eine Smith and Wesson M 59«, stellte ich fest.

Wir lauschten beide. In Shamsters Wohnung klappte leise eine Tür.

Die Knallerei war hier draußen nur dumpf und nicht sehr laut zu hören gewesen. In den Wohnungen daneben und darunter dagegen musste es ganz schön gewummert haben. Immerhin verschoss die genannte Pistole das Kaliber 9 mm Parabellum.

»Brechen wir ein, Jerry?«, fragte Phil, als sich in der Wohnung nichts mehr rührte.

»Okay.« Ich blickte mich um und bemerkte vor der Tür der links liegenden Wohnung einen prall gestopften Sack voller alter Zeitungen. »Damit«, fügte ich hinzu. »Du deckst mich.«

Phil nickte und postierte sich entsprechend. Der gespannte 38er lag in seiner Faust.

Ich holte mir auf Zehenspitzen den Sack. Die möglicherweise drinnen schussbereit wartenden Gangster sollten nicht hören können, was sich bei uns tat. Dann nahm ich Anlauf, warf den kompakten Gegenstand auf die Tür und bremste meinen Schwung am Türpfosten ab.

Der Sack prallte dumpf auf. Krachend brach das Schloss aus dem Holz. Die Tür flog auf und knallte gegen die Mauer, ehe sie umstürzte. Der schwere Sack hatte sie aus den Angeln gerissen.