Jerry Cotton Sonder-Edition 18 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sonder-Edition 18 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Phil und ich bekamen es mit einem dreisten Juwelenraub zu tun. Zwei Menschen waren dabei brutal ermordet worden und von den Gangstern gab es keine Spur. Wir stellten Nachforschungen bei den üblichen Verdächtigen an, doch die Edelsteine blieben verschwunden. Ausgerechnet eine weitere Leiche gab uns den ersten Hinweis auf die Täter, und ein gelähmter Juwelen-Spezialist brachte mich fast ins Grab...

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Inhalt

Cover

Impressum

Die Beute für den Boss

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Film: »French Connection«/ddp-images

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2468-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die Beute für den Boss

1963 startete der Bastei Verlag die Jerry Cotton Taschenbücher in Ergänzung zu der Heftromanserie, die zu diesem Zeitpunkt schon in der zweiten Auflage war.

Damals fragte der Klappentext der Taschenbücher noch: Wer ist G-man Jerry Cotton? Und gab auch gleich die Antwort:

»Er ist ein breitschultriger, gutaussehender FBI-Beamter, der sein Leben dem Kampf gegen Gangster gewidmet hat. Durch seinen Mut und seine Entschlossenheit hat er die Herzen von Millionen Lesern in mehr als 40 Ländern erobert.«

Die Jerry Cotton Sonder-Edition bringt die Romane der Taschenbücher alle zwei Wochen in einer Ausgabe.

Es ist eine Reise durch die Zeit der frühen 60er Jahre bis in das neue Jahrtausend.

1

Sechsunddreißig Stunden nach der Tat, betraten Phil und ich den Schauplatz. Um uns Einlass zu verschaffen, klopften wir gegen die Glasscheiben der Tür, vor die das schwere Scherengitter heruntergelassen war.

Detective Sergeant Douglas Fair, der Assistent von Lieutenant Arwell Brook von der City Police, öffnete uns. Um uns einzulassen, musste er erst das Gitter hochkurbeln. Sobald wir eingetreten waren, ließ er es wieder herab.

»Wegen der Journalisten«, erklärte er. »Der Chef befindet sich im Hinterzimmer.«

Der Lieutenant stand in der Mitte des nicht sehr großen, altmodisch eingerichteten Raums und starrte verdrossen auf einen Tresor, dessen Tür weit offen stand, und dessen Inneres nichts enthielt außer drei Aktenordnern.

»Hallo, Lieutenant«, grüßte ich und bemühte mich, ein wenig Munterkeit in meine Stimme zu legen.

Brook ließ sich nicht aufheitern. Er nickte nur und fragte: »Warum mischt sich das FBI ein? Auch meine Sorgen trage ich gern allein.«

Ich zeigte auf den leeren Kassenschrank.

»In dem Ding hat sich etwas befunden, das Bundesbesitz war. Eigentum des Nationalmuseums für indianische Kunst. Die sogenannte …« Mir fiel der Name nicht ein. Ich sah Phil fragend an. »Montezuma-Krone«, ergänzte er.

»Ah, irgendeine altertümliche Inka-Krone.«

Phil verzog schmerzlich das Gesicht. »Montezuma war ein Aztekenkönig.«

Mit einer großzügigen Handbewegung ging Lieutenant Brook über den Einwand hinweg.

»Na ja, jedenfalls irgendein alter Kram. Sackville Senior hat um das Ding mehr gejammert als um seine eigenen Edelsteine. Ist es wirklich so wertvoll?«

»Wenn sie den reinen Goldwert rechnen«, gab Phil Auskunft, »dann ist es nicht besonders wertvoll, aber die künstlerische Arbeit soll einmalig sein. Außerdem enthält sie einen Smaragd, der auf eine Weise geschliffen ist, wie es heute niemand mehr kann.«

»Zum Teufel, die Kerle werden den Smaragd herausbrechen und die Krone mit einem Hammer zusammenschlagen, um das Zeug an einen Hehler verscheuern zu können. Solchen Burschen kommt es immer nur auf den reinen Gegenwert in Dollars an.«

»Sie glauben nicht, dass der Einbruch wegen der Montezuma-Krone begangen wurde?«

Der Lieutenant schnaubte verächtlich durch die Nase. »Ich bekam heute die Aufstellung von Sackvilles Verlusten. Sie ahnen nicht, wie viele Edelsteine in diesem schäbigen Panzerschrank lagen. Für nahezu zwei Millionen. Brillanten, Saphire, Smaragde und wie das Zeug alles heißen mag.«

»Erstaunlich bei einem Juwelier, der nicht den Ruf hat, zu den Großen zu gehören.«

»Nicht zu den großen, aber zu den ganz feinen Juwelieren. Das hier ist kein halber Selbstbedienungsladen wie bei den Geschäften in der Fifth Avenue. Der alte Sackville ist noch ein echter Könner seines Faches. Entwirft seine Ringe und Diademe selbst, stellt sie selbst her, natürlich alles nur hochkarätige Sachen. Für die Creme der Gesellschaft gehört es einfach zum guten Ton, die verehrte Gattin mit mindestens einem Schmuckstück aus Sackvilles Werkstatt zu behängen.«

»Wissen Sie, wieso sich die Montezuma-Krone in seinem Beisitz befand? Das Museum hat dem FBI lediglich die Tatsache ohne die näheren Umstände mitgeteilt.«

»Er hatte den Auftrag, eine Kopie anzufertigen. Sackville ist wahrscheinlich der einzige Juwelier in den Staaten, der es kann. Vermutlich sprang noch nicht einmal viel Gewinn dabei heraus, aber er betrachtete es als Ehre und Anerkennung. Darum nahm er den Auftrag an.«

Ich rieb mir das Kinn. »Wäre interessant zu wissen, ob die Gangster wussten, dass sich die Krone in seinem Panzerschrank befand.«

Brook stieß ein kurzes Lachen aus. Es klang wie das Wiehern eines Pferdes.

»Da sie seinen Laden aufs Korn genommen hatten, wussten sie es. Ich habe mir von Sackville erzählen lassen, wie die Krone zu ihm gebracht wurde. In einem schweren Transportwagen mit kugelsicherem Glas und einem Begleitkommando von Polizisten. Jeder, der es sah, konnte sich ausrechnen, dass dem Juwelier auf diese Weise nicht die Brötchen ins Haus geliefert wurden.«

»Es könnte also doch sein, dass …«

»Mann, Cotton, ich sagte ihnen doch, dass für zwei Millionen Steine im Schrank lagen. Das genügte den Jungs. Dass sie die Krone mitgehen ließen, ist doch selbstverständlich.«

»Ergriff Sackville keine besonderen Sicherungsmaßnahmen?«

»Dieser Raum ist mit einer Lichtschranke gegen jedes unbefugte Betreten gesichert, und der Panzerschrank hat selbst eine Alarmanlage, die losheult, wenn er berührt wird. Außerdem patrouilliert von neun Uhr abends bis acht Uhr morgens ein Wächter ständig vor dem Eingang.«

»Und trotzdem …?«

»Und trotzdem! Den Wächter ermordeten sie, und die Lichtschranke blieb wirkungslos, weil sie nicht durch die Tür, sondern von einer ganz anderen Seite ins Haus eindrangen.«

Er winkte uns. »Kommen Sie mit!«

Durch eine schmale Tür im Hintergrund des Raumes führte er uns in ein kleines Zimmer, das dem Juwelier offenbar als Werkstatt diente. Die Mauer des Raums aber zeigte ein schwarzes Loch, groß genug, um einen Menschen durchzulassen.

»Das ist der Weg, den sie nahmen«, sagte Brook und zeigte auf das Loch.

Phil und ich sahen uns die herausgebrochene Öffnung an. »Alle Achtung!«, meinte Phil. »Wie viele Tage haben sie daran gearbeitet?«

»Tage?«, fragte Brook wütend zurück. »Soweit ich bisher weiß, haben sie drei Stunden dafür gebraucht.«

»Ohne Presslufthammer unmöglich. Das Mauerwerk ist vier Steine dick, je zwei Lagen für dieses und für das Nachbarhaus.«

»Sie werden es vielleicht nicht glauben, G-man, aber ein einfacher Lieutenant der City Police kann auch bis vier zählen.«

»Wenn sie einen Presslufthammer benutzt haben, muss es einen Höllenlärm gemacht haben. Wie viele Leute wohnen in dem Nachbarhaus?«

»Ein Dutzend oder mehr.«

»Und niemand hat etwas gehört?«

»Ah, es gab einige, die etwas wie ein dumpfes Pochen gehört haben wollen, aber sie sagen, sie hätten ihm keine Bedeutung beigemessen.«

»Dumpfes Pochen bei einem Presslufthammer?«

Brook grinste. »Bei diesem Fall gibt es noch einige Rätsel außer einem Presslufthammer, der keinen Lärm macht. Der Presslufthammer ist nicht einmal das größte Rätsel, und es ist schon halb gelöst. Ich ließ ein paar Fachleute kommen. Sie setzten mir auseinander, dass es elektrisch betriebene Hämmer gibt, die leidlich geräuschlos arbeiten, und wenn man sie mit besonderen Schallschluckern zusammenbaut, kann der Lärm noch weiter herabgesetzt werden. Natürlich werden solche Apparate im Allgemeinen nicht verwendet, weil sie zu unhandlich, zu teuer und auch schlecht in der Leistung sind.«

»Der Junge, der das Ding gedreht hat, muss also eine Menge von der Technik verstehen.«

»Noch mehr als ’ne Menge! Kommen Sie mit!«

Er führte uns zurück in den Tresorraum und zeigte auf eine Stelle der Wand, an der eine elektrische Leitung freigelegt war.

»An dieser Stelle schaltete er die Alarmanlage und die Lichtschranke aus. Die Leute von der Firma, die die Anlage gebaut hat, haben mir erklärt, wie er es angestellt hat. Offen gesagt, ich habe ihr Gerede nicht richtig verstanden. Es wimmelte darin nur so von Fachausdrücken. Wenn Sie es genau wissen wollen, kann ich Ihnen ein Exemplar des Berichtes zuschicken. Ich erhalte ihn in wenigen Tagen. Irgendwie hat er an dieser Stelle das System überbrückt, so dass kein Alarm ausgelöst wurde, als er die Lichtschranke unterbrach und an dem Tresor hantierte.«

»Und wie schaffte er es, den Panzerschrank zu knacken?«

»Auch darüber können Sie einen Bericht haben. Die Tresorfirma schickte gestern ihren Experten. Der Mann brachte eine Million Entschuldigungen vor, aber wenn ich alles weglasse, was er darum herumredete, muss es ziemlich einfach sein, einen Panzerschrank dieser Bauart zu knacken. Vorausgesetzt, man besitzt die richtige Ausrüstung. Es ist ein Schrank mit einem Kombinationsschloss. Der Experte hat zwar geschworen, niemand könnte den Schrank öffnen, der die richtigen Zahlen nicht kennt, aber schließlich gab er widerwillig zu, ein Gangster, der mit einem hochempfindlichen Mikrofon und einer Verstärkeranlage ausgerüstet sei, könne vielleicht das winzige Knackgeräusch wahrnehmen, das sich ergibt, wenn die richtige Zahl auf einer der Walzen einrastet. Ich denke, unser Mann war entsprechend ausgerüstet.«

Er zeigte auf den gähnenden Tresor. »Den Beweis für diese Vermutung können Sie sehen.«

»Der Mann muss sehr raffiniert sein«, murmelte ich nachdenklich. »Raffiniert und brutal. Er tötete den Nachtwächter.«

»Nicht nur ihn. Er ermordete außerdem den Besitzer der Wohnung im Nebenhaus, einen gewissen Hardy Havard. Er erdrosselte ihn mit einer Nylonschnur.«

***

Arwell Brook griff in die Brusttasche, zog eine lange, dünne Virginiazigarre hervor, klemmte sie zwischen die Zähne, zündete sie aber nicht an.

»Ja«, wiederholte er. »Sie töteten den Nachtwächter. Wir fanden ihn in einem Kellerschacht, nur mit dem Unterzeug bekleidet, ohne die Uniform. Wir haben Zeugenaussagen, die den Nachtwächter noch gegen Mitternacht vor dem Geschäft haben stehen sehen. Zu dieser Zeit arbeiteten sie aber schon an der Mauer. Einer von ihnen muss die Rolle des Nachtwächters gespielt haben.«

»Also müssen es mindestens zwei Gangster gewesen sein.«

»Mehr! Es waren vier oder fünf.«

»Woher haben Sie diese Zahl?«

»Von der Frau des ermordeten Havard. Ich habe sie mir aus den Aussagen zusammengerechnet.«

»Konnte sie keine genauen Angaben machen?«

»Genaue Angaben? Sie macht überhaupt keine Angaben. Ich benutzte das falsche Wort, als ich von Aussagen sprach. Wir nahmen ihre Fieberfantasien auf Band auf. Lediglich aus dem, was sie ununterbrochen vor sich hinstammelte, konnte ich rekonstruieren, dass sich vier oder mehr Gangster in ihrer Wohnung befunden haben.«

»Sie ist also nicht vernehmungsfähig.«

»Sie erlitt einen Nervenschock und eine derartige Krisis, dass die Ärzte um ihren Verstand fürchten. Außerdem glaubt sie, vergiftet zu sein und sterben zu müssen.«

Phil und ich sahen Brook fragend an.

»Sie redete von vergifteten Nadeln, die um ihr Handgelenk gebunden worden wären und die zuletzt der Verbrecher in ihre Arme gedrückt hatte.«

»Sie fantasierte?«

»Hm, die Ärzte fanden keine Spur von Gift, aber sie hatte tatsächlich ungefähr ein Dutzend Nadelstiche an jedem Handgelenk.«

»Haben Sie eine Erklärung dafür?«

»Keine befriedigende. Die Frau wurde morgens um sechs Uhr von Nachbarn gefunden, denen auffiel, dass die Wohnungstür offen stand. Die Leute stolperten über die Leiche Hardy Havards, und sie riefen die Polizei. Jane Havard hing ohnmächtig in einem Sessel. Ich habe mir die Lehnen näher angesehen. Ich entdeckte ein paar Kratzstellen, und ich kam auf den Gedanken, dass die Frau mit Handschellen an die Lehnen gefesselt worden war. Vielleicht hatten diese Handschellen nach innen gerichtete Nadeln, um die Frau an jeder Bewegung zu hindern, und vielleicht haben die Gangster ihr erklärt, die Nadeln wären vergiftet, um sie ruhig zu halten.«

»Auf welche Weise wurde der Nachtwächter getötet?«

»Die Todesursache war ein Schädelbruch. Sie erschlugen ihn.«

»Welche Sorte Leute sind diese Havards?«

»Der Mann war 31 Jahre alt, die Frau ist sechs Jahre jünger. Nach den Aussagen der Nachbarn muss sie ein nettes, solides Mädchen sein. Der Mann hingegen erfreute sich keines guten Rufes. Er arbeitete bei einer Firma als Clerk, wurde vor zwei Jahren hinausgeworfen, weil die von ihm verwaltete Kasse nicht stimmte. Da es sich nur um einen geringfügigen Betrag handelte, wurde er nicht angezeigt. Seitdem hat er nicht mehr regelmäßig gearbeitet. Er begann zu trinken, trieb sich herum. Außerdem scheint er ein Angeber gewesen zu sein; ein Bursche, der den Mund voll nahm, ehrlich arbeitende Menschen verhöhnte und sich selbst für einen Schlaukopf hielt, dem das große Glück eines Tages in den Schoß fallen würde.«

Ich zündete mir eine Zigarette an und gab auch Brook Feuer für seine immer noch nicht brennende Virginia.

»Es ist sonderbar, Lieutenant«, sagte ich, »dass sie den Mann töteten und die Frau am Leben ließen, obwohl sie jeden Einzelnen von ihnen gesehen hat.«

»Sie hat sie gesehen, das stimmt, aber ich glaube nicht, dass sie sie wiedererkennen würde. Ich kann Ihnen die entsprechende Stelle der Bandaufnahme vorspielen. Ich bin ein alter Hase, Cotton, aber mir lief es bei den schrecklichen Entsetzensschreien der Frau kalt über den Rücken. ›Die gleichen Gesichter … alle die gleichen Gesichter … Masken …‹ So ungefähr schrie sie in ihrem Delirium.«

»Ich verstehe«, sagte ich langsam, »aber vielleicht töteten sie den Mann, weil er einen der Gangster ohne Maske kannte. Ein Bursche mit einem Charakter, wie Sie ihn beschrieben haben, ist genau der richtige Typ als Lieferant für Informationen an eine Gang.«

Der Lieutenant schüttelte den Kopf.

»Er hat mit dem Juwelengeschäft nichts zu schaffen. Er hat Sackvilles Geschäft nie betreten. Er kann nichts über die Einrichtung, die Art des Tresors, die Alarmanlagen gewusst haben.«

In diesem Moment betrat Detective Sergeant Fair den Raum. »Mister Sackville ist draußen und will herein«, meldete er.

»Und warum lassen Sie ihn nicht herein, Doug? Schließlich ist das immer noch sein Laden.«

Fair schob beleidigt ab. Zwei Minuten später kam Leon Sackville, ein schmaler alter Mann mit gekrümmtem Rücken herein. Ein jüngerer Mann, der etwa 30 Jahre sein mochte, begleitete ihn.

»Guten Tag, Lieutenant«, sagte der Juwelier. »Haben Sie etwas gefunden?«

»Ich bin Polizist, kein Hexenmeister«, knurrte Brook ungnädig. »Gut, dass Sie kommen, Mister Sackville. Sie können uns gleich eine Frage beantworten. Hier sind zwei Beamte des FBI. Agent Cotton und Agent Decker.«

Sackville musterte uns. In seinem verknitterten Gesicht mit der großen Nase funkelten kleine, sehr wache Augen.

»Sehr erfreut, dass Sie sich um mein Eigentum bemühen«, sagte er feierlich. Er zeigte auf den jungen Mann in seiner Begleitung.

»Mein Neffe, Laslo Sackville.«

Der Neffe hatte gestriegeltes schwarzes Haar, bräunliche Haut, blitzend weiße Zähne und ein Seeräuberprofil. Sein Anzug war zu elegant, seine Krawatte zu grell, der Siegelring an seiner Hand zu groß. Er winkte uns zu und sagte: »Hallo!«

Ich wandte mich an den Alten. »Lieutenant Brook und ich haben uns gerade darüber Gedanken gemacht, wer über die Art der Alarmanlage Bescheid wusste, außer Ihnen und Ihrem Personal?«

»Nun, alle meine Kunden. Genauer gesagt, fast alle meine Kunden.«

»Sie müssen uns das genauer erklären.«

Sackvilles Akzent verriet, dass der Mann aus Osteuropa stammte und nicht unter dem Namen Sackville geboren war.

»Sehr einfach«, erklärte er und fuchtelte mit seinen schmalen, knochigen Händen. »Wenn ein Kunde kommt und zum Beispiel einen Ring will, dann sucht er sich einen Stein aus und bezahlt ihn. Danach fertige ich dann den Ring für den Stein an. Solange bleibt der Stein bei mir. Damit der Kunde beruhigt ist, dass sein schon bezahlter Stein nicht wegkommt, zeige ich ihm, wie ich den Stein in meinem Tresor einschließe und auch die anderen Sicherheitsmaßnahmen.«

»Sehr gut«, sagte ich. »Damit kommen alle Ihre Kunden in Frage.«

»Keiner meiner Kunden kommt in Frage«, widersprach er. »Alle sind sehr reiche Leute. Haben es nicht nötig, einen Tresor aufzubrechen. Sie können seinen Inhalt kaufen.«

»Trotzdem kann der Gangster zu Ihnen gekommen sein. Er kaufte einen Edelstein, bestellte einen Ring oder ein Diadem oder irgendein Schmuckstück, sah sich Ihre Alarmanlage genau an, holte den fertigen Ring ab, bezahlte korrekt und besaß alle Informationen, die er brauchte. Wir werden Ihre Kunden überprüfen müssen.«

»Sackvilles Kundenkartei befindet sich in meinem Büro«, mischte sich Brook ein. »Ich schicke sie Ihnen rüber.«

»Haben Sie an der Kopie der Montezuma-Krone schon gearbeitet?«, fragte ich.

Der Alte schloss die Augen, spitzte den Mund.

»Ein wunderbares Stück«, flötete er. »Vier Versuche habe ich unternommen, aber keiner taugte etwas. Ich schmolz alles wieder ein. Ein Jammer! Gangster werden nicht erkennen, welche Kostbarkeit es ist, werden zerschlagen, Smaragd herausbrechen und verkaufen.«

»Sie glauben nicht, dass sie versuchen werden, die Krone so zu verkaufen, wie sie ist?«

Er lachte ein hohes, kicherndes Lachen. »Das ist unmöglich. Jeder Juwelenfachmann kennt diese Krone. Sie ist einmalig auf der Welt. Wenn jemand sie zum Verkauf anbietet, weiß man sofort, er ist der Verbrecher. Das ist nicht nur meine Meinung. Sie können jeden Fachmann fragen, auch Randolph Derring.«

»Wer ist das?«

»Ein Juwelenspezialist, ein Gelehrter. Er hat geschrieben Bücher über Edelsteine. Er lebt hier in New York.« Er drehte den Kopf zu seinem Neffen. »Weißt du die Adresse, Laslo?«

»Er bewohnt ein Haus auf dem Breezy Point, Rockaway Island. Es liegt sehr einsam«, antwortete der Neffe.

2

»Unser ganzes Problem ist«, sagte Phil, als wir im Jaguar saßen, »die Montezuma-Krone so rasch zu finden, dass die Ganoven keine Gelegenheit haben, sie zu zerstören.«

»Wenn wir und das Nationalmuseum Pech haben, dann haben die Ganoven das alte Ding mit dem Hammer bearbeitet, kaum dass sie es in den Händen hielten.«

»Wo fährst du hin?«, fragte Phil.

»Zum St. Mary Hospital, in dem diese Jane Havard liegt. Ich möchte mit dem Arzt sprechen. Die Frau ist die einzige Zeugin. Ich habe das Gefühl, dass wir ohne ihre klaren Aussagen nur herumtappen können.«

Der Arzt zerstörte meine Hoffnung, Jane Havard bald einem Verhör unterziehen zu können, mit seinem ersten Satz.

»Völlig ausgeschlossen«, erklärte er kategorisch. »Die Frau ist schwer krank. Das, was sie erlebt hat, hat sie an den Rand des Wahnsinns gebracht, und wenn ihr in ihrem jetzigen Zustand die Erlebnisse durch ein Verhör in die Erinnerung gerufen würden, so bestünde höchste Gefahr für ihre geistige Gesundung. Wir halten sie ständig unter dem Einfluss schwerer Beruhigungsmittel.«

»Wann kann man Fragen an sie stellen, Doc?«

»Frühestens in zwei Monaten.«

Ich unterdrückte einen Seufzer, aber dem Urteil des Arztes musste ich mich beugen.

»Lieutenant Brook hat Ihnen ein Tonbandgerät geschickt, Können Sie dafür sorgen, dass alle Äußerungen Jane Havards, wie sinnlos sie auch sein mögen, aufgezeichnet werden, und können Sie uns die Bänder jeden Tag zuschicken?«

Nach kurzem Zögern stimmte der Arzt zu.

***

Da die Frau vorläufig als brauchbare Quelle für uns ausfiel, beschäftigten wir uns mit ihrem Mann.

Lieutenant Brook hatte gute Vorarbeit geleistet. Seit der Mann seinen Job verloren hatte, war er Stammgast in mehreren ziemlich obskuren Kaschemmen gewesen. Eine seiner bevorzugten Kneipen nannte sich schlicht und wahrscheinlich zutreffend The Hell und lag in der Eldrigde Street im Herzen Manhattans.

Als Phil und ich uns gegen neun Uhr abends an einem Ecktisch niederließen, waren die Girls, die beiden Kellner und der Mixer hinter der Theke noch mehr oder weniger unter sich. Lediglich an einem Tisch, der einige Reihen vor uns stand, saßen zwei Männer, die abgewetzte, zerschlissene Anzüge trugen.

Der eine Bursche war ungewöhnlich groß und hatte ein Gesicht, das so grob war, als wäre es mit Beilhieben aus einem Holzklotz geschlagen worden.

Er hatte beide Hände um ein Bierglas gelegt, das zwischen seinen Pranken nahezu verschwand, starrte stumm und unbeweglich in das Glas und schien dem ununterbrochenen Gerede seines Kumpans keine Beachtung zu schenken.

Dieser Kumpan war schmächtig und krummrückig und hatte dürre, knochige Hände. Sein Kopf ruckte ununterbrochen von rechts nach links und wieder zurück. Sein Gesicht wurde entstellt durch eine lange, höckerige Nase und ein lückenhaftes Gebiss mit vorstehenden Zähnen.

Ein Kellner in einer nicht ganz sauberen weißen Jacke trat an unseren Tisch.

Ich hob zwei Finger. »Whisky, Soda und den Geschäftsführer.«

Er warf uns einen schnellen Blick zu und blinzelte. »Polizei?«, fragte er.

»Genau!«

Der Geschäftsführer kam gleichzeitig mit dem Whisky. Er nannte seinen Namen. Christoph Ruland.

Ich wies auf einen Stuhl.

»Setzen Sie sich, Mister Ruland! Anscheinend sind Sie an Polizeibesuche gewöhnt?«

Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und rückte an seiner Brille. »Bleibt bei einem Club dieses Stils leider nicht aus, obwohl ich mir wahrhaftig alle Mühe gebe, den Laden sauber zu halten. Andererseits kann ich niemanden hinauswerfen, der seine Drinks bezahlt und sich anständig benimmt. Was dann auf der Straße passiert, und sei es nur einen Schritt von unserer Haustür, geht mich nichts an, auch dann nicht, wenn sich die Beteiligten in The Hell kennen gelernt haben.«

Phil und ich warfen uns einen Blick zu.

Ruland beugte sich vor und erkundigte sich: »In welcher Angelegenheit kommen Sie? Wir hatten eigentlich in letzter Zeit sehr wenig Krach.«

Ich legte eine Aufnahme auf den Tisch. Sie stammte aus Lieutenant Brooks Akten. Sie zeigte Hardy Havards Kopf, aber sie war von dem Polizeifotografen der Mordkommission gemacht worden.

Ruland wurde blass, als sein Blick auf das Bild fiel. Mit der linken Hand nahm er seine Brille ab, mit der rechten schob er mir die Aufnahme wieder zu.

»Sie müssen sich das Bild genauer ansehen«, beharrte ich. »Wir wollen von Ihnen wissen, ob dieser Mann in letzter Zeit oft hier gewesen ist, wie oft er kam und mit wem er sprach.«

Ruland zwang sich, die Fotografie anzusehen. »Ja, er kam oft.«

»Seit wann?«

»Etwa seit einem halben Jahr. Hieß er nicht Hardy?«

»Hardy Havard.«

»Seinen Familiennamen habe ich nie gehört. Die Leute, mit denen er sich angefreundet hatte, nannten ihn Hardy.«

»Mit welchen Leuten hatte er sich angefreundet?«

»Mit jedem, den er gerade an der Theke traf.« Der Geschäftsführer zögerte, setzte dann aber hinzu: »Hauptsächlich kam er wohl wegen Ethel Green her.«

»Arbeitet sie noch bei Ihnen?«

Er nickte. »Die Frau mit den rötlichen Haaren am dritten Tisch rechts.«

»Schicken Sie sie uns her!«