Jerry Cotton Sonder-Edition 190 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sonder-Edition 190 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Wie durch Zauberhand hob sich plötzlich unser Auto von der Fahrbahn in die Höhe. Unaufhaltsam stiegen wir aufwärts. Schon schwebten wir hundertfünfzig Fuß über dem Staudamm. Phil und ich sahen uns entgeistert an. Noch nie im Leben hatten wir uns so hilflos gefühlt. Eine übermächtige, unerklärliche Kraft hielt uns an der Angel. Nur eines stand für uns fest. Was uns da widerfuhr, musste mit dem geplanten gigantischen Verbrechen am Hoover-Damm zusammenhängen, dem Thema eins der Mafia!


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Seitenzahl: 170

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Das Thema eins der Mafia

Vorschau

Impressum

Das Thema eins der Mafia

Wie durch Zauberhand hob sich plötzlich unser Auto von der Fahrbahn in die Höhe. Unaufhaltsam stiegen wir aufwärts. Schon schwebten wir hundertfünfzig Fuß über dem Staudamm. Phil und ich sahen uns entgeistert an. Noch nie im Leben hatten wir uns so hilflos gefühlt. Eine übermächtige, unerklärliche Kraft hielt uns an der Angel. Nur eines stand für uns fest. Was uns da widerfuhr, musste mit dem geplanten gigantischen Verbrechen am Hoover-Damm zusammenhängen, dem Thema eins der Mafia!

1

Sie erwischten uns kalt, genau am Ziel unserer Reise.

Man hatte uns beim Abflug in New York prophezeit, dass wir Schwierigkeiten haben würden. Deshalb passten wir auf wie Schießhunde, als wir Las Vegas erreichten und einen Wagen mieteten, um zum Boulder-Staudamm zu fahren.

Nichts war passiert. Weder hatte uns eine mandeläugige Exotin einen vergifteten Cocktail vorgesetzt, noch hatten dunkle Gestalten versucht, uns durch das konzentrierte Feuer von Maschinenpistolen ins Jenseits zu befördern. Niemand baute einen Sprengsatz ein in den veilchenblauen Ford Thunderbird, der die fünfzig Meilen vom Spielerparadies bis zum Jahrhundertbauwerk, wie der Staudamm genannt worden war, mühelos bewältigte.

Jetzt rollten wir über die Krone der Sperrmauer. Es herrschte wenig Verkehr. Ich dachte mir nichts dabei, als über uns das Flappen eines Hubschraubers hörbar wurde. Und dann gab es ein Geräusch, als hätte ein Elefant seinen Vorderfuß zart auf unser Wagendach gestellt.

Ich langte durch das geöffnete Seitenfenster und stellte den Rückspiegel waagerecht, sodass sich der blaue Himmel darin spiegelte. Der Helikopter wirkte riesengroß.

Aus der Kabinentür hing ein Stahlseil, wie von einer Riesenspinne gewoben. Ein kräftiger Metallhaken hielt den Magneten, der größer war und offenbar wirksamer als alles, was man gemeinhin auf Schrottplätzen verwendete. Es gab einen leichten Ruck, und unsere vier Räder verloren den Bodenkontakt. Auf einmal schwebten wir über der Fahrbahn. Wir flogen, und das mit einem Auto! Es war unglaublich? Völlig unwirklich.

Man hat schon auf alle möglichen Arten versucht, uns vom Leben zum Tod zu befördern, doch dieser Trick war uns neu.

Phil starrte fassungslos auf die Seitenbegrenzung der Fahrbahn, die plötzlich unter uns blieb. Wir segelten knapp darüber hinweg. Und dann gab es unter uns nur noch Wasser. Wie ein Seeadler den Beutefisch in den Fängen wegträgt, schleppte uns der Hubschrauber vom festen Land über den Stausee, der bis an die sechshundert Fuß tief war. Genügend Wasser, um unser feuchtes Grab zu werden.

Wir hockten wie in einer Gondel. Jeder konnte sich ausmalen, was geschehen würde, wenn der Hubschrauber endgültig auf Höhe ging, die Kerle da oben den Magneten lösten und uns runtersausen ließen. Wir würden im Wrack des Wagens eingeklemmt werden und für immer im See verschwinden.

Uns blieb kaum Zeit, etwas zu unternehmen. Unmöglich, den ungeschützten Bauch des Helikopters mit unseren 38ern zu bepflastern. Wahrscheinlich hätten wir eine ansehnliche Trefferquote erzielt, aber am Ende nur erreicht, dass die Riesenlibelle gleich mit uns baden ging und uns auch noch auf den Kopf fiel.

»Nichts wie raus hier, Phil!«, schrie ich.

Ich stieß den Wagenschlag auf. Ohne zu überlegen, rollte ich mich zur Seite ab und glitt, mit den Füßen voran, ins Nichts.

Von da ab lief alles automatisch ab.

Die Rockschöße meines zugeknöpften Jacketts flatterten wie die losen Stabilisatoren einer Fliegerbombe. Die Hände wollten sich vom Körper lösen, ich brauchte sie jedoch, um in die richtige Position zu rudern. Ich konzentrierte mich darauf, die Füße zusammenzubekommen.

Wenn ich breitbeinig auf das brettharte Wasser klatschte, würde es mich zerreißen.

Ich wusste nicht, aus welcher Höhe ich abgesprungen war. Ich hatte keinen Höhenmesser. Alles war zu schnell gegangen. Ich hatte nicht einmal auf Phil achten können. Ich kümmerte mich nur um mich – und das war in diesen Augenblicken mehr als genug.

Da war ein Orgeln und Pfeifen in meinen Ohren. Ich dachte, der Wind fetzt mir das Gesicht auf.

Ich schaute die ganze Zeit wie gebannt nach unten. Der Sturz schien nie zu enden. Das ziehende Gefühl im Magen wurde langsam zu einem Stilett, das sich unaufhaltsam in meine Eingeweide bohrte. Am Ende der rasanten Reise kriegte ich kaum noch Luft.

Dann folgte der Aufschlag! Mir war, als würde ich plattgestaucht, aber ich verlor nicht einmal das Bewusstsein. Wie ein Torpedo schoss ich mit Geschwindigkeit in die geheimnisvolle jadegrüne Tiefe. Rund um mich blubberte und perlte es.

Zu meiner Verwunderung waren die Beine noch am Körper. Ich konnte sie spreizen und die Arme ausbreiten und verlor schnell an Fahrt. Die Knöchel schmerzten. Ich fürchtete, sie wären gebrochen.

Die Wadenbeine, so hatte ich das Gefühl, ragten wie demolierte Korsettstangen aus dem gemarterten Fleisch. Die Fußsohlen brannten.

Ich hätte gern die Lungen ausprobiert. Vielleicht waren sie schon geplatzt, und was ich im Mund spürte, war nicht Wasser aus dem Staudamm, sondern helles Blut.

Und dann meinte ich zu ersticken. Die Wasseroberfläche musste meilenweit entfernt sein. Dann schoss ich an die Wasseroberfläche wie ein Champagnerkorken und strudelte die köstliche Luft des Staats Nevada in meine intakt gebliebenen Lungen.

Ich hatte Angst, Schwimmbewegungen auszuführen, ehe ich mich nicht überzeugt hatte, dass jeder Knochen meines Leibs noch annähernd da saß, wo er hingehörte. Deshalb hielt ich mich gerade so über Wasser und konnte dem Leihwagen ein letztes Lebewohl zurufen, der gerade in Zeitlupe versank und auf Grund ging.

Auch Phil hatte den Ford Thunderbird rechtzeitig verlassen, denn plötzlich trieb noch ein dunkler Punkt auf der weiten Wasseroberfläche des Lake Mead.

Einige Boote nahmen Kurs auf uns.

Auf dem Damm stauten sich Fahrzeuge. Die Leute klatschten begeistert und warteten auf Aufklärung, welche Firma denn nun diesen Gag gestartet hatte. Sie erfuhren es nie, und wir wussten es bereits. Es war die Mafia gewesen!

Der Riesengong, der meine Ohren marterte, kam allmählich zur Ruhe. Dann war es, als risse mir jemand die Wattepfropfen aus den Ohren. Ich konnte wieder hören. Und da meldeten meine braven Trommelfelle als Erstes das hässliche Geräusch rotierender Hubschrauberblätter.

Die Maschine kam aus der Sonne und flog einen Angriff auf Phil. Plötzlich ratterte eine Salve. Rings um meinen Freund und Partner sprangen winzige Fontänen hoch, es sah aus, als ginge ein Platzregen herunter.

Phil verschwand, als hätte ihn ein Wasserneck an den Hosenbeinen hinuntergezogen.

Der Helikopter flog eine Schleife und nahm mich aufs Korn. Er bewegte sich plötzlich quer zum Staudamm, und das wurde ihm zum Verhängnis. Die Distanz schmolz schnell. Ich sah einen Kerl in einer Schaffelljacke, der eine Sonnenbrille trug und aussah wie Charles Bronson auf der Wolfsjagd. In den Fäusten hielt er ein Gewehr mit Zielfernrohr. Er beugte sich ein wenig vor, um mich anzuvisieren.

Ich tauchte unter. Lange hielt ich das nicht aus. Zwei Geschosse jagten dicht neben mir ins Wasser. Ich musste hoch, sonst erstickte ich. Prustend stieß ich mit dem Kopf ins Freie.

Endlich schaltete jemand auf dem Damm. Ich hörte eine Polizeisirene und dann das schwere Wummern eines Spezialgewehrs.

Mein Freund in der Seitentür des Hubschraubers ließ erst die Waffe fallen, dann langte er etwas kraftlos nach einem Halt. Er hing zusammengesunken in seinem Sitz und kämpfte um das Gleichgewicht.

Der Pilot in seiner orangefarbenen Kombination mit dem schönen silberfarbenen Helm bekam offenbar Angst und drehte überhastet ab. Die Maschine neigte sich stark dem Wasser entgegen und hing schräg in der Luft, bevor sie wieder geradeaus jagte.

Der winzige Augenblick der Schräglage war für den angeschossenen Gewehrschützen schon zu lange. Er kippte von seinem Sitz und stürzte wie ein schwerer Sack vom Himmel. Er tat nichts, um den Aufprall abzumildern, und es gab einen patschenden Knall, als er eintauchte.

Der Sheriff stand auf dem Rücksitz des Jeeps und hämmerte ein paar Projektile in den fliehenden Hubschrauber. Er musste ein guter Schütze sein, denn es gab einen schlimmen Knall, und dann puffte ein Feuerball hoch. Brennend stürzten die Maschinenteile ins Wasser. Der Pilot hatte sich offenbar angeschnallt, deshalb konnte er nicht mehr heraus und wurde in die Tiefe gezogen.

Ein Motorboot hielt auf uns zu.

Phil hatte sich etwas benommen in meine Richtung bemüht. Er grinste schief, als ich fragte, wie er es überlebt hatte. Wahrscheinlich schmerzte jeder Knochen in seinem Leib wie die Hölle.

Ich konnte auch langsam die einzelnen Prellungen unterscheiden.

Meine Schulterblätter fühlten sich an, als hätte jemand mit Ausdauer versucht, mir Tragegriffe anzuschrauben, um mich auf den nächsten Friedhof zu schleifen.

Ich tat nichts, um meine Retter zu unterstützen. Ich hatte für heute genug. Sollten sie sehen, wie sie mich aus dem Wasser kriegten, das unangenehm kühl wurde. Meine Kleidung hatte sich vollgesogen. Das Leder der Schuhe war gründlich eingeweicht.

Das Motorboot holte erst Phil, der es wirklich nötig hatte. Wie sich herausstellte, war er ein wenig schräg aufgeprallt und hatte sich den linken Fuß gebrochen.

Es ist mir noch heute ein Rätsel, wie er in dem Zustand fast zweihundert Yards im Wasser zurückgelegt hatte.

Es war der Deputy, der uns an Bord nahm, unterstützt von dem Verleiher, dem das Boot gehörte.

Der Mann in der Khakiuniform, der für den Sheriff von Boulder City arbeitete, hieß Garry Cabrock und hatte reichlich schwarzen Humor. Er hob mich mühelos über die Bordwand, legte mich vorsichtig auf die Deckplanken und fragte grinsend: »Seid ihr die beiden Spezialisten aus New York?«

Ich strafte ihn mit Verachtung.

Der andere Bursche, hager und von schwer zu schätzendem Alter, mit verwittertem Ledergesicht und grauen Haaren, lag mir wesentlich mehr. Er schenkte uns auf den Schreck einen guten Tropfen ein und behauptete, er habe lange nicht eine so zirkusreife Leistung bewundern dürfen.

Man merkte ihm förmlich an, dass die Langeweile am Lake Mead für ihn zu Ende war. Er hatte etwas miterlebt, was er für einmalig hielt. Er versprach uns kostenlosen Service in allem, was pfeilschnelle Motorboote betraf, und wir sollten dafür ein bisschen Reklame für ihn machen, es gebe nämlich zu viele Knaben, die Boote an Touristen vermieten wollten, und Reklame sei die Seele vom Geschäft.

»Diese Jungs hier haben für derlei Kinkerlitzchen keine Zeit«, beschied ihn der Deputy ärgerlich.

Ich blickte ihn scharf an, weil ich fürchtete, er könnte sich verplappern.

Wenn es ruchbar wurde, welches Schicksal die Mafia dem Staudamm zugedacht hatte, falls sie nicht die verlangten zehn Millionen Dollar erhielten, brach hier Panik aus, und die Leute an der Küste würden in die Boote gehen, ehe die große Flutwelle kam.

Ich begann langsam Arme und Beine zu bewegen und atmete auf, weil sie funktionierten. Nur die Knöchel waren unmäßig geschwollen. Ich zog die Schuhe aus und schaute mir die Füße an. Der Sturz hatte mich nicht so platt zurückgelassen, wie ich gefürchtet hatte.

Wir nahmen den Typen auf, der in seiner Felljacke auf dem Wasser trieb wie eine Bleiente. Als wir ihn hochhievten, sahen wir, dass Blut aus Nase und Ohren lief und aus den Mundwinkeln sickerte.

Ich untersuchte seine Taschen und fand eine Driver's License, ausgestellt in Las Vegas auf den Namen Burt Randsom.

»Kenne ich nicht«, knurrte der Deputy.

Wir hielten auf das Ufer zu. Auf den Bootsstegen stauten sich die Zuschauer. Der Verkehr auf dem Damm lief wieder normal. Wahrscheinlich hatte der Sheriff den Leuten Dampf gemacht.

Sheriff Bob Landor fing die Leine auf, die ihm der Deputy zuwarf, und machte fest. Dann half er uns an Land. Wir waren immer noch ein bisschen wackelig auf den Beinen.

Die Zuschauer klatschten, obwohl sie sich das Ganze nicht erklären konnten. Landor hatte dreist behauptet, es habe sich um einen Rekordversuch gehandelt, wir seien ein paar spleenige New Yorker, die ins Guinnessbuch der Rekorde wollten.

Auf die Frage, warum dann vom Hubschrauber aus auf uns geschossen worden sei, hatte er lapidar gesagt, das gehöre dazu. Danach hatte der Hartnäckigste aufgesteckt, weil er sich veralbert vorkam.

Nachdem ein Arzt den Tod des abgestürzten Gangsters festgestellt hatte, kümmerte er sich um uns.

Er untersuchte erst Phil, dann mich und verfügte unsere Einweisung ins Krankenhaus. Ein Ambulanzwagen wartete bereits, aber ich lehnte ab. Es war schon schlimm genug, dass Phil ausfiel. Neben dem gebrochenen Fuß hatte er sich auch noch eine heftige schmerzende Schulterprellung zugezogen. Er konnte sich kaum bewegen und ging sogar verkrümmt, soweit man ihm überhaupt erlaubte, einen Fuß vor den anderen zu setzen.

»Was ist mit dem Hubschrauber? Wann wird er geborgen?«, wandte ich mich an den hünenhaften alten Landor und widmete mich wieder den Alltagsgeschäften. Mit dem Sprung aus dem entführten Ford Thunderbird gedachte ich mich erst wieder zu beschäftigen, wenn meine Memoiren fällig waren. Das gehörte schon der Vergangenheit an. Und die Gegenwart hielt wahrscheinlich genügend Probleme bereit.

»Wir haben 'ne ganze Reihe von Polizeitauchern hier«, sagte der Sheriff.

Wir hatten uns in ein Bootshaus gesetzt, und er polierte seine Büffelflinte, ein Monstrum von einer Waffe, das auf weite Entfernung vorzüglich trug und ohne Zielfernrohr auskam, was der alte Haudegen sowieso für überflüssigen modischen Kram hielt, wie er mir anvertraute.

Ein graues Polizeiboot war inzwischen auf dem Lake Mead unterwegs.

»Das sind diejenigen, die nach der Bombe suchen, die irgendwo am Staudamm angebracht ist«, erläuterte der Sheriff, nachdem er sich überzeugt hatte, dass es keine unerwünschten Zuschauer gab.

In gleichlautenden Briefen – alle in Los Angeles aufgegeben – an Senatoren aus Nevada und Arizona hatten die Erpresser verkündet: Zehn Millionen Dollar, zahlbar innerhalb von sieben Tagen, oder der Staudamm fliegt in die Luft!

Was das bedeutete, war leicht vorzustellen. Wenn der Stausee, ein Wasserbecken von über hundert Meilen Länge, sich in einer gewaltigen Sturzflut über die Orte im Umkreis von hundert Meilen ergoss, würden Tausende von Menschen sterben. Es würde zur größten Katastrophe des Kontinents kommen.

Der Präsident war vom FBI informiert worden. Der Justizminister hatte dem FBI-Chef schlicht befohlen, das geplante Verbrechen, das alle bisherigen Dimensionen sprengte, zu vereiteln und unauffällig die besten Special Agents des FBI einzuschleusen, damit sie unverzüglich die Arbeit aufnahmen.

Der Zufall wollte es, dass unserem Direktor in Washington die Namen Jerry Cotton und Phil Decker entschlüpften.

Sie können sich also vorstellen, Freunde, dass ich lieber einen eindrucksvollen Einstand in Nevada gegeben hätte. Es gefiel mir nicht, von irgendeinem Provinzsheriff aus dem Bach geangelt zu werden. Ich sann auf Revanche und fühlte das Bedürfnis, die Scharte auszuwetzen.

2

Diana Landor, die im Hilton International in Las Vegas arbeitete, war an exotische oder verwegen aussehende Gäste gewöhnt. Daher irritierten sie auch die beiden Männer nicht, die sich der Rezeption näherten, die Hüte tief ins Gesicht gezogen, die Augen hinter Sonnenbrillen verborgen.

Es war wenig los, die Halle fast leer. Eine einsame ältere Lady las Zeitung und unterhielt sich mit ihrem Yorkshire Terrier, der ein blaues Schleifchen trug.

Diana setzte ihr einstudiertes Lächeln auf. Die Männer, mit deutlich sichtbaren harten Muskelpaketen unter den leichten Freizeitanzügen, lächelten nicht. Sie handelten sehr zielstrebig.

Einer trat an die Theke.

Der andere klappte das Brett hoch, eine Verlängerung des Tresens, das den schmalen Gang daneben für Unbefugte sperrte.

Einen Augenblick war Diana abgelenkt, weil der größere der beiden Neuankömmlinge ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Nur aus den Augenwinkeln bekam sie mit, was seitlich von ihr passierte.

»Ganz ruhig bleiben!«, warnte der Bursche vor ihr.

Der zweite Gangster presste ihr einen Revolver in die Seite und packte ihren Unterarm. Er hatte einen eisernen Griff.

»Wenn Sie schreien, drücke ich ab«, flüsterte er mit heiserer Stimme. Entweder rauchte er zu viel, oder er war Trinker. Erkältet konnte er kaum sein. Er hatte vom Nikotin verfärbte braune Fingerspitzen.

Der Kerl vor der Theke schloss sich seinem Komplizen an, der Diana hinausführte. Er deckte seinen Rückzug. Aber es schien fast überflüssig. Kein Hausdetektiv und kein Sicherheitschef ließ sich blicken. Wer rechnete im Hilton auch am helllichten Tag mit einer Entführung? Noch dazu mit dem Kidnapping einer kleinen Angestellten, die von Boulder City nach Las Vegas gekommen war, um sich ein bisschen Kapital für die bevorstehende Heirat mit einem Jugendfreund zusammenzusparen.

Die Entführer kannten sich aus. Sie vermieden den Küchentrakt, in dem um diese Zeit Hochbetrieb herrschte. Sie folgten dem Flur, gingen eine Treppe tiefer in den Keller und bugsierten ihr Opfer an der Wäscherei vorbei, in der um diese Zeit die Arbeit ruhte. Man konnte die Arbeiterinnen im Pausenraum reden und lachen hören.

Diana Landor hatte sich von ihrer Überraschung und Bestürzung längst erholt, doch sie wagte keinen Protest. Sie musste sich der Gewalt beugen.

Sie verließen das Gebäude durch einen Seitenausgang.

Diana wunderte sich, wie exakt alles vorbereitet war. Vor dem Seitenausgang parkte ein Lieferwagen. Die Tür zum Laderaum stand offen. Eine harte Hand packte sie und zog sie hoch. Einer der Gangster stieg mit ein. Der andere lief nach vorn. Die Tür klappte zu. Nur durch ein kleines Fenster zum Führerhaus fiel etwas Licht. Neugierig betrachtete Diana Landor ihr Gegenüber.

Das Gesicht war hager und faltig. Unter rauchgrauen Augen hingen tiefe Falten. Die Lippen des zu kleinen Munds waren verkniffen und blutleer. Keine Narbe, kein besonderes Kennzeichen. Das Haar – einst schwarz – wurde reichlich von grauen Strähnen überlagert.

Der Typ nahm die Sonnenbrille ab. Er hatte offenbar nichts zu verbergen. Jetzt bekam Diana Landor wirklich Angst. Wenn er sich so unverhüllt zeigte, rechnete er nicht damit, dass sein Opfer ihn verraten könnte.

Der Wagen rollte über die feste Straße.

Diana versuchte zu erkennen, wo sie sich befanden und in welche Richtung sie fuhren. Als sie den Kopf zur Seite drehte, um das herauszubekommen, schlug der Mann unvermittelt zu. Ihr Kopf ruckte zur Seite, dass ihre langen Haare flogen.

»Tu nichts, was ich dir nicht befehle!« Der Heisere sagte es so ruhig, als hätte er eine Bemerkung über das Wetter gemacht. Er wirkte eiskalt. »Dir passiert nichts, wenn du spurst. Wir legen dich etwa sieben Tage auf Eis. Dann kannst du wieder gehen. Allerdings wirst du später nichts sagen, was uns gefährlich werden könnte. Weil wir sonst grünes Licht von Mister Big bekommen. Dann töten wir dich, egal wo du dich versteckt hast.«

Dianas Augen füllten sich mit Tränen. Ihre Wange brannte von seinem Schlag. Sie mochte nicht einmal hinfassen, weil sie seinen Zorn fürchtete.

Der Wagen – Diana erinnerte sich, dass es sich um einen perlgrauen Ford-Lieferwagen handelte – fuhr jetzt langsamer. Es schaukelte gewaltig, wie bei einer Querfeldeinfahrt.

Sie konnten noch nicht weit aus der Stadt heraus sein. Diana hatte keine Ahnung, wie es in der Umgebung von Las Vegas aussah. Sie hatte sich nie dafür interessiert. Las Vegas war der Ort, wo sie ihr Geld verdiente, ein lichterflimmerndes Paradies für Leute, die sich einen kleinen Nervenkitzel gönnen wollten, aber keine Stadt, in der man wirklich leben konnte.

Alles hier war technisch perfekt, dafür ohne Seele. Eine Oase, von Gangstern aus dem Boden gestampft, um ihr illegales Geld sicher und gewinnbringend anzulegen.

Das wusste jeder, der in Las Vegas dem Dollar nachjagte. Es fielen auch Namen. Doch die Hintermänner kannte niemand. Nur ihre Geschäftsführer, Berater und Verwalter. Ihre Spitzel auch nicht, die jeden Versuch der Polizei abblockten, das Milieu zu unterwandern und endlich Erkenntnisse über die Drahtzieher dieses großen Unternehmens zu gewinnen.

Diana Landor durchforstete ihr Gewissen. Hatte sie irgendwann den Unwillen eines Mächtigen erregt? Reichtümer waren schließlich bei ihr nicht zu holen. Ihr Vater war Sheriff von Boulder City und kein Ölmagnat. Was sollte das alles?

»Sie ... Sie müssen mich verwechseln«, stammelte sie. Mühsam hielt sie ihr Haar im Zaum, das ihr immer wieder wie ein seidener Vorhang vors Gesicht fiel, wenn der Wagen in die abwegigsten Schräglagen geriet.

Sie mussten sich jetzt immer häufiger irgendwo festhalten, um nicht vom Sitz geschleudert zu werden.

Der Gangster grinste vielsagend.

Dann hielt der Wagen, die Ladetür wurde aufgerissen. Licht flutete in den Kasten. Geblendet schloss Diana Landor die Augen.

Der Gangster hatte rechtzeitig die Sonnenbrille wieder aufgesetzt. Er packte ihren Arm und zerrte sie mühelos mit sich. Er sprang von der Ladefläche.

Diana folgte ihm unfreiwillig, strauchelte und wurde vom zweiten Mann aufgefangen.

Er hielt sie einen Augenblick zu lange an sich gepresst und murmelte: »Ich wollte, wir hätten schon grünes Licht. Es wäre eine Sünde, dich zu erschießen, Baby. Die reinste Vergeudung.«

»Halt die Klappe, Eddy!«, knurrte Dianas Begleiter.

Diana Landor trat schnell zurück. Sie schaute sich aufgeregt um, aber sie konnte nichts sehen, was geeignet wäre, sie für ein paar Tage zu beherbergen. Hier gab es kein Haus und keinen Baum. Nur Sand und Steine und ein paar kümmerliche halb verdurstete Sträucher. Die Staubfahne, die der Lieferwagen die ganze Zeit hinter sich hergezogen hatte, legte sich nur langsam.

Irgendwo im Blau des wolkenlosen Himmels schrie ein Bussard.

»Hol die Schaufel, Eddy!«, verlangte der Graukopf.

Sein Komplize gehorchte.

Dann legte er innerhalb kurzer Zeit einen Einstieg frei.

Sein Partner stand die ganze Zeit neben Diana und rauchte nervös. Vor seiner rechten Fußspitze sammelten sich die Kippen.