Jerry Cotton Sonder-Edition 230 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sonder-Edition 230 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Zwei Cops stoppten den schwarzen Bentley. Der Fahrer hatte das Geschwindigkeitslimit weit überschritten. Was die Cops nicht wissen konnten, der Schnellfahrer war Gene Forster, ein gefährlicher Killer. Als er seine Papiere zeigen sollte, zog er die Schusswaffe und erschoss beide Beamte. Ich sah sie noch sterben. Da schwor ich mir, Gene Forster zu jagen - bis zum Jüngsten Tag!


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Seitenzahl: 188

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Bis zum Jüngsten Tag

1

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Vorschau

Impressum

Bis zum Jüngsten Tag

Zwei Cops stoppten den schwarzen Bentley. Der Fahrer hatte das Geschwindigkeitslimit weit überschritten. Was die Cops nicht wissen konnten, der Schnellfahrer war Gene Forster, ein gefährlicher Killer. Als er seine Papiere zeigen sollte, zog er die Schusswaffe und erschoss beide Beamte. Ich sah sie noch sterben. Da schwor ich mir, Gene Forster zu jagen – bis zum Jüngsten Tag!

1

Patrolman Jim Ellis zog die Schirmmütze tiefer in die Stirn und schlug den Kragen des Mantels nach oben. Regen peitschte ihm ins Gesicht, versetzt mit kleinen Eiskristallen, die einen ekelhaften Schmerz verursachten. Er trat in den Lichtkegel der Scheinwerfer des schwarzen Bentley, den er gestoppt hatte.

Es war nicht Ellis' Tag heute. Die kleine Kathy, seine Tochter, war mit einer Bauchhöhleninfektion gerade noch im letzten Moment ins Krankenhaus gebracht worden. Von Lydia, seiner Frau, die ihn vor zwei Monaten Knall auf Fall verlassen hatte, hatte er noch immer nichts gehört. Und vor einer Stunde, als er seinen Dienst begonnen hatte, war ihm von seinem Captain eröffnet worden, dass eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihn anhängig war.

Angeblich hatte er den Fahrer eines von ihm gestoppten Wagens nicht ganz so höflich behandelt, wie es die Dienstvorschriften vorschrieben. Irgendein hohes Tier aus der Wirtschaft. Ellis konnte sich nicht mehr an den Vorfall erinnern, aber die Beschwerde klebte ihm auf der Backe. Sie war ein weiterer schwarzer Fleck in seiner Dienstakte, in der es, laut Aussage seines Captains, kaum noch weiße Flecken gab.

Und jetzt der Regen, der mit Eis versetzt war, der ihm ins Gesicht trommelte, während der Kerl im Bentley, der die Geschwindigkeitsbegrenzung um mindestens zwanzig Meilen übertreten hatte, im Trockenen saß und ihm gelangweilt entgegenschaute.

»Wir haben ihn aus den Augen verloren, Jerry!«

Ich fing die Meldung meines Kollegen Zeerookah über Funk auf, während ich den Jaguar im Greenwich Village vor einem alten Apartmenthaus abgestellt hatte und auf Gene Forster wartete.

»Was heißt das, Zeery?«

Joe Brandenburg, der als zweiter Mann in Zeerookahs Wagen mitfuhr, stieß einen Fluch aus. »Er war im Beverly Hotel, in der 48th Street. Mit wem er sich traf, konnten wir nicht herausfinden. Er blieb vielleicht eine halbe Stunde. Dann fuhr er nach Brooklyn, Jerry. Einfach so, eine Stadtrundfahrt. Wahrscheinlich wollte er testen, ob sich jemand an ihn gehängt hatte. Forster fuhr ins Theaterviertel und verschwand bei Jean, einer kleinen Künstlerbar, die sich als Homosexuellentreff einen Namen gemacht hat. Ich war drin. Forster telefonierte in einer Kabine, trank einen Whisky und verließ die Bar wieder.«

»Wie sah er nach dem Telefongespräch aus?«

»Nachdenklich, Jerry«, antwortete Joe Brandenburg, der Captain der City Police gewesen war, bevor er zum FBI gekommen war. »Vielleicht sogar betroffen.«

»Also schlechte Nachrichten für Forster?«

»Das ist richtig. So sah es aus.«

»Weiter?«

»Er fuhr los. Der verdammte Regen setzte ein, und er fährt einen schnellen Bentley, Jerry. Unsere Karre hat sich in einer Kurve gedreht. Als wir sie wieder auf der Straße hatten, war er verschwunden. Das ist gerade fünf Minuten her. Sollen wir eine Suchmeldung an die City Police rausgeben?«

War es richtig, die Pferde scheu zu machen? Wir hatten nur einen Beschattungsauftrag. Der kam allerdings direkt aus Washington. Daran konnte man sehen, wie wichtig Gene Forster war. Doch es lag nichts gegen ihn vor, was eine Großrazzia gerechtfertigt hätte.

»Keine Meldung an die City Police«, sagte ich. »Fahrt nach Hause, und macht Feierabend. Ich warte hier. Vielleicht kommt er zurück.«

»Okay, Jerry.«

Die Verbindung mit den Kollegen riss ab. Ich lehnte mich in das Polster des Jaguar zurück. Der Regen wurde dichter. Immer mehr Eiskristalle mischten sich unter das Wasser, das regelrecht vom Himmel stürzte. Es war ein Abend, den man am besten mit einer schönen Frau vor einem offenen Kaminfeuer auf dem Bärenfell verbringt. Ich warf einen schnellen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett. Der Zeiger des zeitgenauen Quarzchronometers sprang auf 9:01.

Zwischen dem Patrol Car und dem Bentley blieb Jim Ellis für eine Sekunde stehen. Sein Kollege Hank Miller, der den Streifenwagen lenkte, hatte das Seitenfenster heruntergedreht und streckte den Kopf ins Freie. »Ich gebe das Kennzeichen auf jeden Fall schon mal an die Zentrale durch, Ellis.«

Ellis nickte. Der Wind, der immer heftiger wurde, zerrte an seinem Regenmantel und drohte ihm die Schirmmütze vom Kopf zu reißen. Mit beiden Händen griff Jim Ellis danach und hielt die Mütze fest. Seine Augen wurden schmal, als er durch die regenbehangene Windschutzscheibe des Bentley den Mann anstarrte, der einen Smoking mit weißem Seidenschal trug.

Wieder einer der feinen Pinkel, die dir Schwierigkeiten machen können, Ellis, sagte er sich. Also immer schön höflich bleiben. Denk daran, dass die letzten weißen Flecken deiner Dienstakte nicht auch noch schwarz verkleistert werden. Er ist zu schnell gefahren, okay, aber er kann schließlich nichts für diesen verdammten Regen. Er kann nichts dafür, dass du dir gerade diesen Scheißjob ausgesucht hast, Jim Ellis. Als Busfahrer würdest du jetzt wenigstens im Trockenen sitzen. Also, Ellis, schön höflich bleiben!

Er redete es sich auf den letzten zwei Yards ein, die er noch bis zum schwarzen Bentley zurücklegen musste. Und er starrte den Kerl mit dem Smoking und dem weißen Seidenschal feindselig an. Er bemerkte das überhebliche Grinsen des Mannes und wünschte sich, die Beamten aus der Zentrale würden an Miller durchgeben, dass er diesen Kerl nicht mit Samthandschuhen anzufassen brauchte.

Jim Ellis trat einen Schritt nach links und kam damit aus dem grellen Scheinwerferlicht des schwarzen Bentley heraus. Er erreichte die Fahrertür und setzte das Grinsen eines Tigers auf, kurz bevor er seine Beute zerreißt.

Das Fenster wurde heruntergedreht.

»Sir«, sagte Ellis. »Sir, ich glaube ...«

Er sah einen grellen Blitz vor den Augen und verspürte im selben Sekundenbruchteil einen ungeheuer harten Schlag am Kopf. Dann zerplatzte die Welt vor ihm wie ein riesiger Feuerball.

»Schwarzer Bentley ...«

Die Stimme über Funk riss Hank Miller aus dem Albtraum.

»Verdammt, der Kerl hat Ellis über den Haufen geschossen! Ich brauche Hilfe!«

Patrolman Miller hatte nicht die Anlagen zum Helden. Nach Möglichkeit ging er jedem Ärger aus dem Weg. Damit war er immer gut gefahren, wenn man einmal davon absah, dass sein passives Verhalten seiner Karriere nicht gerade förderlich war.

Miller stieß die Tür des Patrol Car auf und ließ sich nach draußen fallen. Den 38er Dienstrevolver hielt er in beiden Händen. Er streckte die Waffe weit nach vorn, als wollte er so einen Gegner abwehren, und spürte, dass seine Hände zitterten.

»Aussteigen!«, brüllte Miller. »Verdammt, aussteigen!«

Er drückte ab.

Warum, wusste er selbst nicht genau. Nervosität und Angst spielten eine Rolle.

Er sah die Windschutzscheibe des schwarzen Bentley splittern und den Fahrer auf seinem Sitz zusammensinken.

Zwei Sekunden blieb Miller einfach im Dreck liegen. Er sprang auf und rannte die wenigen Schritte zum Bentley.

Er konnte erst in den Innenraum spähen, als er das Seitenfenster vor sich hatte.

Dann sah er den Mann im Smoking und dem weißen Seidenschal und starrte mitten in die Mündung einer 45ers.

Miller blieb stehen. Der Atem stockte ihm. Die Nässe des Regens auf seinem Gesicht mischte sich mit klebrigem Schweiß. Seine Augen waren weit aufgerissen. In diesem Sekundenbruchteil wusste Miller genau, dass er seinem Mörder begegnet war.

Der Mann drückte ab.

Das Rotlicht der Ambulanz und der Einsatzfahrzeuge der City Police zuckte gespenstisch durch den verregneten Abend. Die Straße war mit Balkenreitern gesperrt. Sie ließen mich passieren, nachdem sie meinen Dienstausweis gesehen hatten.

Ich stoppte den Jaguar neben einem Patrol Car, schlug den Mantelkragen hoch und stieg aus, als ich Phil Decker entdeckte. Er stand neben dem Ambulanzwagen und unterhielt sich mit dem Arzt, während Sanitäter eine Trage zum Wagen brachten.

Das weiße Laken war nur halb hochgezogen. Ich sah die blut- und dreckverschmierte blaue Uniform des Patrolman und das im Scheinwerferlicht glänzende Abzeichen. Schläuche waren ihm in die Nase geführt und mit einem Sauerstoffgerät verbunden.

Er hielt die Augen geöffnet und drehte den Kopf in meine Richtung, als ich neben der Trage stehen blieb. Er schien keine Schmerzen zu haben. Aber er sah aus, als befände er sich auf der letzten Schwelle vor dem Nichts.

»Sie werden ihn schnappen, Sir?«, fragte er mit brüchiger Stimme, die nur schwer zu verstehen war.

Ich kannte ihn nicht.

Ich trat näher an die Trage heran, schaute ihm in die Augen und nickte.

»Sie werden ihn schnappen?«

»Bestimmt, Officer«, sagte ich und spürte ein Würgen in der Kehle.

»Sie werden ihn jagen bis zum Jüngsten Tag, Sir?«

»Bis zum Jüngsten Tag, Officer«, antwortete ich.

Er wollte noch etwas sagen, das war ihm deutlich anzusehen. Seine Augen weiteten sich, dann brach sein Blick.

Der Doc, der neben Phil gestanden hatte, kam und beugte sich einige Sekunden lang über den Patrolman. Er richtete sich auf und rieb sich die Feuchtigkeit aus dem Gesicht. »Er ist tot.«

Es klang resigniert. Sein Blick war der eines müden Mannes, der sich am Ende eines harten Tages nur noch nach seinem Bett sehnt.

»Wir fahren ab«, sagte er. »Wir haben hier nichts mehr zu suchen.«

Sie schoben den Toten in den Wagen. Wenig später fuhr die Ambulanz ohne Rotlicht und Sirene ab.

»Gene Forster«, sagte Phil.

»Was ist mit Forster?« Ich hatte noch keine Ahnung. Aus der Zentrale hatte ich nur erfahren, dass auf die Besatzung eines Streifenwagens geschossen worden war und sich Phil schon am Tatort befand.

»Die Männer haben einen schwarzen Bentley gestoppt und das Kennzeichen zur Überprüfung an die Leitstelle weitergegeben. Es war der Wagen, den sich Forster vor einigen Tagen bei AVIS gemietet hat.«

Forsters Bentley, den Zeerookah und Joe Brandenburg aus den Augen verloren hatten! Wenn sie an ihm hängen geblieben wären, dann ...

Ich brachte den Gedanken nicht zu Ende. Der Captain, der den Einsatz der Mordkommission leitete, trat geduckt zu Phil und mir herüber. Erst jetzt als ich sah, wie er förmlich unter dem Regen hindurchkroch, wurde mir wieder bewusst, in welchem Sauwetter wir standen.

»Die City Police hat den Bentley gefunden«, sagte er. »Zwei Straßen entfernt auf einem kleinen Parkplatz.«

»Und?«, fragte ich.

»Natürlich verlassen.«

»Natürlich«, sagte Phil. »Zeugen, Spuren, sonst etwas, mit dem man etwas anfangen kann?«

Der untersetzte Captain, dessen Namen ich nicht kannte, richtete sich steil auf. Der Regen, vor dem er sich gerade eben noch geduckt hatte, schien ihm nun nichts mehr auszumachen. »Was hat das FBI eigentlich damit zu tun, Mann? Zwei Kollegen der City Police sind erschossen worden. Das geht nur meine Mordkommission etwas an.«

Ich winkte ab, als Phil antworten wollte. Es war sinnlos und brachte nichts ein, sich hier über Kompetenzfragen zu unterhalten. Es war auch nicht der richtige Augenblick.

Zwei Polizisten waren erschossen worden. Einen von ihnen hatte ich sterben sehen. Ich hatte ihm versprochen, seinen Mörder zu jagen. Bis zum Jüngsten Tag!

»Okay, Captain«, sagte ich. »Wir fahren ins Field Office zurück und werden die Berichte anfordern.«

»Das ist auch genau der richtige Weg, G-man«, sagte der untersetzte Polizist bissig.

Ich legte Phil die Hand auf die Schulter.

»Ich bin mit einem Streifenwagen rausgekommen, Jerry. Kannst du mich mitnehmen?«

Ich wollte ihm sagen, nur wenn er meinen Jaguar von innen nicht nass machte. Aber es war auch nicht die richtige Zeit, um faule Witze zu reißen.

»Wir haben ohnehin denselben Weg, Phil.«

Ich schüttelte mir die Nässe, so gut es ging, aus der Kleidung, bevor ich einstieg und den Wagen startete.

»Es war unser Job, Forster nicht aus den Augen zu verlieren, solange er sich in der Stadt aufhält, Jerry.«

Ich nickte, lenkte den Jaguar um die noch immer vorhandenen Straßensperren herum und schlug den Weg nach Downtown ein.

»Wer war hinter Forster?«, fragte Phil.

»Joe Brandenburg und Zeerookah. Bei dem Sauwetter drehte sich ihr Wagen in einer Kurve. Als sie ihn wieder auf die Straße zurückgebracht hatten, war Forster verschwunden.«

Wenn die Presse das erfuhr, würde ein Journalist früher oder später behaupten, dass das FBI schuld am Tod der beiden Polizisten war.

»Schöne Bescherung, Forster!«

Gene Forster griff nach dem Glas, das neben dem schäbigen Bett auf dem Nachttisch stand, und trank einen Schluck.

»Was war los, verdammt?«

Forster legte den Telefonhörer auf das Kissen und zündete sich eine Zigarette an. Dann nahm er den Hörer wieder auf.

»Sie waren hinter mir her«, sagte er mit monotoner Stimme. »Zuerst in der Stadt einige Leute in Zivil. Die konnte ich abhängen, nachdem sie mit dem Wagen von der Straße abgekommen waren. Wenig später stoppte mich der Streifenwagen. Sie haben eine Hetzjagd auf mich veranstaltet. Jemand muss wissen, warum ich mich in der Stadt aufhalte. Das gefällt mir nicht, großer Meister.«

»Unsinn, Forster!«

»Ich habe die Nummer des Wagens von den beiden Zivilen. Finden Sie heraus, zu welchem Verein der Wagen gehört.« Forster gab das Kennzeichen durch. »Wie lange dauert es?«

»Sie haben Nerven, Forster.« Der Mann am anderen Ende der Leitung stöhnte. »Sie haben zwei Polizisten umgelegt. Das wird einen Riesenwirbel geben. Wir sind hier in den Vereinigten Staaten von Amerika und in keiner Bananenrepublik.«

»Herzliches Beileid! Geben Sie es an den Präsidenten weiter.« Forster grinste. Er schob den Seidenschal, der auf dem Bett lag, mit dem Fuß beiseite. »Ich werde nur einige Tage in der Stadt bleiben. Was den Wirbel angeht, daran bin ich gewöhnt. Halten Sie mir die verdammten Cops vom Leib, damit ich in Ruhe arbeiten kann. Und finden Sie heraus, ob jemand ausposaunt hat, warum ich hier bin.«

Gene Forster legte auf und schwang sich aus dem Bett. Er trat ans Fenster. Der Regen prasselte gegen die Scheiben.

Die Wolken hingen so tief über der Stadt, dass man die oberen Stockwerke der Wolkenkratzer nicht sehen konnte.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite sah er Gestalten in den Hauseingängen, die etwas Schutz vor dem Wetter boten. Entwurzelte aus dieser Stadt, die sich ein Stelldichein in der Bowery gaben, die größte Elendsmeile der Stadt. Betrunkene, Süchtige, Huren und Zuhälter.

Forster öffnete das Fenster einen Spalt weit. Er schnippte die Zigarettenkippe nach draußen und sog die frische Luft in seine Lungen.

Er dachte an die beiden Cops, auf die er geschossen hatte. Er tat es nicht mit einem schlechten Gewissen, sondern überlegte, ob es wirklich notwendig gewesen war oder ob er nur die Nerven verloren hatte.

Auf jeden Fall würde es noch mehr Schwierigkeiten geben. Eines war sicher: Man beschattete ihn, seit er in die Stadt gekommen war. Dabei konnte eigentlich niemand davon wissen. Denn seit mehr als zwei Jahren hatte er die Staaten nicht mehr betreten, obgleich seine Zusammenarbeit mit der CIA niemals abgerissen war und er dem Geheimdienst manchen heißen Tipp geliefert hatte.

Seit er mit der CIA zusammenarbeitete, hatten sie ihn in Ruhe gelassen. Niemand hatte ernsthaft versucht, seine Finger nach ihm auszustrecken, obwohl er immer noch ganz oben auf der Liste stand. Es gab eine Art Waffenstillstandsabkommen mit den Leuten aus dem Pentagon.

Es klopfte an der Tür.

Forster schloss das Fenster. »Come in!«

Es war die junge Frau aus dem Restaurant, das zum Hotel gehörte. Auf einem Tablett brachte sie einige Sandwiches und eine Kanne mit Kaffee.

»Stell das Zeug auf den Tisch, Baby«, sagte Forster. Seine Blicke strichen über die wohlproportionierte Figur der Kleinen, die kaum älter als achtzehn Jahre war.

Ihre Kleidung war provozierend. Der Rock war eng und endete zwei Handbreiten über dem Knie. Der Pullover saß wie eine zweite Haut. Sie trug keinen Büstenhalter.

Die Blondine stellte das Tablett auf den Tisch und drehte sich zu Forster herum.

»Drei Dollar fünfundvierzig«, sagte sie und strich sich über die kurzen Haare.

Forster legte ihr den Zeigefinger unter das Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. »Wie heißt du?«

»Jacqueline.«

»Du bist sehr schön, Jacqueline.« Forster Stimme klang heiser. Er ließ den Finger von ihrem Kinn nach unten rutschen und tippte dort gegen ihren Pullover, wo sich die Spitzen ihres Busens gegen die Wolle drängten.

Die Blondine blieb stehen. Forster hatte im Grunde nichts anderes in dieser Gegend erwartet.

»Okay«, sagte er leise. »Sag deinem Boss, dass du für die nächsten Stunden beschäftigt bist, und komm zurück. Bring eine Flasche Champagner mit, wenn es die hier gibt.«

»Ich habe schon Feierabend, Sir«, sagte Jacqueline und trat einen Schritt zurück. »Ich habe einen Freund, und der ...«

Forster lächelte wie eine Hyäne. Er ging zu seinem Jackett, das über einem Stuhl hing, und holte seine Brieftasche heraus. Neben das Tablett legte er zwei Hunderter auf den Tisch und schaute die Blondine an. »Ich denke, dein Freund wird einen Abend ohne dich auskommen, oder?«

Jacqueline sah auf die Scheine. Eine Sekunde zögerte sie. Dann streckte sie die Arme gegen die Decke und lächelte.

»Das denke ich auch«, antwortete sie und drehte sich um. »Ich besorge den Champagner, Sir.«

Forster schaute einen Moment auf die Tür, die hinter ihr ins Schloss gefallen war.

Dann setzte er sich auf das Bett und zündete sich eine frische Zigarette an.

Vier Tage!, dachte er. Eine Million Dollar in vier Tagen!

Das war mehr, als je ein anderer in diesem Beruf verdient hatte. Es würde leichtes Geld sein, denn er wusste genau, wo er ansetzen musste, um den heißen Auftrag auszuführen. Hinderlich war es nur, wenn ihm jemand auf den Zehen stand.

Sein Auftraggeber musste ihm die Polizei vom Hals halten. Er brauchte Ruhe, Bewegungsfreiheit und die Gewissheit, dass die Behörden nicht einmal ahnten, welchen Job er zu erfüllen hatte.

Drei Minuten verstrichen. Dann kehrte Jacqueline zurück.

»Kein Champagner«, sagte sie und schloss die Tür hinter sich. »Der Wirt muss ihn erst besorgen. Er wird dann gebracht. Ist das okay?«

»Okay, Baby.« Forster nickte und winkte ihr.

Jacqueline kam weiter in den Raum hinein. Sie sah Forster in die Augen und lächelte.

»Kann ich ins Bad?«, fragte sie, packte den Pullover und zog ihn sich über den Kopf. Für einen Moment blieb sie still stehen und genoss es sichtlich, dass Forster ihre straffen Brüste anstarrte, die steil vom Körper abstanden.

Forster nickte und strich sich über die Haare. Für ihn war die Blondine wie eine Perle im Saustall, denn etwas anderes war die Bowery nicht. Er sah sie an und dachte daran, dass sie sich hier nur so lange über Wasser halten konnte, wie sie noch einen jungen Körper besaß.

Danach würde es mit ihr genauso bergab gehen wie mit den meisten anderen, die in dieser Gegend geboren waren, die hier lebten und denen die Bowery ihren Stempel aufgedrückt hatte.

Jacqueline ging zum Stuhl neben dem Bett. Sie legte den Pullover ab und streifte sich den Rock von den Hüften. Darunter trug sie eines jener weißen Höschen, von denen man sich ein Dutzend in die Innentasche des Jacketts stecken kann, ohne dass sie auftragen.

»Gefalle ich Ihnen, Sir?« Sie drehte sich einmal im Kreis, hakte die Daumen in den Abschluss des winzigen Slips und zog ihn langsam aus.

»Wenn du so gut bist, wie du aussiehst, werden wir eine Menge Spaß miteinander haben«, sagte Forster mit belegter Stimme.

»Das bin ich«, antwortete Jacqueline und verschwand im Bad.

Wenig später hörte Forster die Dusche. Er setzte sich aufs Bett und zündete sich eine weitere Zigarette an. Was ihn an dieser ganzen Situation störte, war der Umstand, dass er für die Kleine bezahlen musste. Die Dusche wurde abgedreht. In der Tür zum Bad erschien Jacqueline, die sich in ein weißes Handtuch eingewickelt hatte.

»Wollen Sie sich nicht ausziehen, oder soll ich das machen?«, fragte sie.

»Wie lange machst du das hier schon, Baby?«

»Was spielt das für eine Rolle?«, fragte die Blondine zurück. Sie ließ das Badetuch zu Boden fallen. »Wenn Sie wissen wollen, ob ich es gern tue, Sir, okay, ich tue es gern, und es bringt etwas ein. Man muss sehen, dass man am Leben bleibt. Ist doch so.«

Er wollte zustimmen, in diesem Moment klopfte es an der Tür.

»Wahrscheinlich der Champagner.«

Forster nickte, stand vom Bett auf und öffnete die Tür. Er sah gerade noch den großen, breitschultrigen Kerl, der ausholte und mit einer Stange zuschlug. Forster versuchte, dem Schlag auszuweichen, aber es war zu spät. Die Stange erwischte ihn seitlich am Kopf, und der Schlag schleuderte ihn bewusstlos zu Boden.

»Du solltest ihn nicht totschlagen«, sagte Jacqueline. Sie starrte auf den Mann, der bewegungslos vor der Tür lag und dem das Blut über das Gesicht strömte.

»Davon stirbt er nicht.« Er kniete neben Forster auf dem Boden und packte seine Taschen aus.

Jacqueline beschäftigte sich mit der Smokingjacke.

»Verdammt«, sagte sie, »er hat eine Kanone!« Sie hob die 45er, die unter dem Jackett gelegen hatte, und streckte sie dem Breitschultrigen entgegen. »Vielleicht ist er ein Cop.«

»Quatsch. Das ist eine 45er. Cops haben ein kleineres Kaliber.«

»Was jetzt?«

»Wir schaffen ihn raus und werfen ihn auf die Müllkippe.«

»Glaubst du, dass er zurückkommt?«

Er schüttelte den Kopf. »Nicht in eine Gegend, in der ihn niemand kennt und wo ihm niemand helfen wird.«

Jacqueline zog sich an. Sie dachte daran, dass es nicht der erste Coup dieser Art war, den sie zusammen mit Danny Illing erledigte. Bislang war noch niemals jemand zurückgekommen, und noch niemand hatte die Polizei verständigt.

Warum sollte es diesmal anders sein?

2

»Gene Forster«, sagte Mr. High und zog die Akte, die vor ihm auf dem Schreibtisch lag, dichter zu sich heran. »Geboren 1942 in New Orleans. Jurastudent ohne Abschluss. Mariner mit hohen Auszeichnungen. Kurzes Zwischenspiel in West Point. Auch kein Abschluss. Danach tauchte er über vier Jahre einfach unter, und man hörte nichts von ihm. Sein nächstes Lebenszeichen kommt aus Beirut. Er ist in politische Sachen verwickelt, steht auf der falschen Seite und muss verschwinden. Verstrickungen in terroristische Anschläge in den Staaten, aber man kann ihm nichts beweisen. Anschließend wird er Croupier in Atlantic City und ist an einem Rouletteschwindel beteiligt. Zusammen mit einigen anderen Leuten hat er Roulettemaschinen so manipuliert, dass einige Spieler mit hohen Gewinnen abziehen konnten. Verurteilung wegen Betrugs zu sieben Jahren. Zwei Jahre hat er im Staatsgefängnis zugebracht, dann wird er überraschend entlassen. Damit reißt der Informationsfluss über Forster.«

»Was heißt das, Sir?«, fragte ich.

Mr. High zuckte mit den Schultern. »Sieht so aus, als hätte man in Washington dafür gesorgt, dass Forster in Ruhe leben kann.«

»Keine Informationen aus Washington?«

»Keine Informationen aus Washington, Jerry. Bis auf die, dass er in New York auftaucht und man uns gebeten hat, seine Schritte zu überwachen.«

»Also traut man ihm nicht.«

»So sieht es aus, Jerry. Wir wissen nicht einmal, wo er sich in den letzten Jahren nach seiner frühzeitigen Entlassung aufgehalten hat.«

»Er taucht in New York auf und bemerkt, dass er beschattet wird. Es gelingt ihm, unsere Leute abzuhängen. Nur wenig später erschießt er zwei Polizisten, die ihn wegen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit gestoppt haben, Sir.«