Jerry Cotton Sonder-Edition 261 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sonder-Edition 261 E-Book

Jerry Cotton

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Milton Scarr war Spezialist. Mit seinen ausgesuchten Helfern erledigte er besonders schwierige Mordaufträge. Kein Leibwächter und kein elektronisches Sicherheitssystem schützte vor seinen raffinierten Methoden. Als Nächster stand der Großindustrielle Gene Raines auf seiner Todesliste. Zwei Männer bewachten Raines rund um die Uhr. Einer war ich. Es schien jedoch, als hätten wir keine Chance - gegen den Killer nach Maß ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 189

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Killer nach Maß

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

Vorschau

Impressum

Killer nach Maß

Milton Scarr war Spezialist. Mit seinen ausgesuchten Helfern erledigte er besonders schwierige Mordaufträge. Kein Leibwächter und kein elektronisches Sicherheitssystem war ein Schutz vor seinen raffinierten Methoden. Als Nächster stand der Großindustrielle Gene Raines auf seiner Todesliste. Zwei Männer bewachten Raines rund um die Uhr. Einer war ich. Es schien jedoch, als hätten wir keine Chance – gegen den Killer nach Maß ...

1

»Das Mädchen ist da, Jake«, meldete Malocs Bodyguard über die Sprechanlage.

»Durchsucht sie!«

»Schon erledigt, Jake. Sie ist sauber, und wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Jake, sie ist ein Spitzengirl. Bombenfigur. Macht Spaß, sie abzutasten.«

»Wenn du sie angefasst hast, Kelly, muss sie duschen, bevor ich sie anfasse«, erwiderte Maloc lachend. »Warum begnügst du dich nicht mit dem Detektor?«

»Weil ich sicher mir sein wollte, dass sie nicht eine Plastikpistole im Höschen einschleppt. Sei vorsichtig, Jake. Ich habe mir Blasen an den Fingern geholt, als ich ihre Haut berührt habe.«

»Ich werde dir die Finger abhacken lassen, wenn du weiter an Sachen herumfummelst, die mir gehören. Schick sie rein.«

Jake Maloc schaltete die Sprechanlage ab und drückte den Knopf, der die Tür öffnete. Durch die schmale Schleuse betrat eine junge Frau das große Zimmer.

Maloc stand auf und ging ihr entgegen. »Hallo, Honey. Wie heißt du?«

»Jane. Kein besonders aufregender Name, oder?«

»Hauptsache, du bist aufregend, Honey.«

Er legte beide Hände um ihre Taille. »Kelly hat nicht übertrieben. Mit der Figur kämst du bei jeder Schönheitskonkurrenz unter die ersten drei.«

»Dein Gorilla ist ein dreckiges Schwein«, sagte sie und warf ihre Schultertasche auf den nächsten Sessel.

Maloc sog hörbar die Luft durch die Nase. Das Mädchen gefiel ihm außerordentlich gut. Für eine Frau war sie überdurchschnittlich groß, und da er selbst ein Hüne mit zweihundert Pfund war, fand er ihre Größe passend. Das dunkle Haar fiel in weichen Wellen bis zu den Schultern. Das Oval des Gesichts wurde von einem großen, starklippigen Mund beherrscht. Dichte Wimpern verschatteten die graugrünen Augen.

Maloc zog sie an sich, küsste sie heftig und legte eine Hand auf ihre Brust. Das Mädchen bog sich ihm entgegen und rieb den Körper mit langsamen Kreisbewegungen an ihm. Aus Malocs Kehle kam ein erregtes Knurren.

Plötzlich wendete das Mädchen den Kopf zur Seite.

»Gibt's bei dir vorher nichts zu trinken?«, fragte sie kühl, stemmte beide Hände gegen seine Brust und drückte ihn zurück.

Er lachte kurzatmig. »Du bringst mich um den Verstand, Süße.«

Er gab sie frei, ging zur eingebauten Bar und griff nach den Gläsern.

»Was willst du?«

»Bourbon on the rocks. Nicht zu wenig Bourbon.«

Sie strich durch das riesige Doppelzimmer, das Jake Maloc zum Wohnen, zum Schlafen und als Festung zugleich diente. Ihre Bewegungen erinnerten an eine Katze, die sich in einer neuen Umgebung zurechtfinden will.

Maloc brachte die Drinks. Sie nahm das Glas, trank und ging weiter. Hinter der gläsernen Schiebetür entdeckte sie den Swimmingpool auf der Dachterrasse. Ihr Gesicht leuchtete auf.

»Los, Jake! Lass uns zusammen schwimmen!«

»Nein«, antwortete er hart.

»Du weißt nicht, was du dir entgehen lässt, Mann. Ich habe keinen Badeanzug mitgebracht.«

»Nein«, wiederholte er, nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es auf einen Tisch.

»Es macht mir Spaß im Wasser«, lockte sie. »Im Wasser bin ich Spezialistin.«

»Du wirst mich auch auf dem Trockenen nicht enttäuschen.« Maloc lachte.

Er hob sie auf seine Arme und trug sie zu dem großen Bett.

»Wollen Sie wirklich allein reingehen, G-man?«, fragte der Einsatzführer der Special Squad.

»Zu zweit«, antwortete Phil lächelnd und wies auf mich.

»Soviel ich weiß, hat der Junge, den Sie rausholen wollen, nichts zu verlieren und lässt sich von einer Herde Gorillas bewachen.«

»Seine Gorillas sind nur Gossencowboys.«

»Sehen Sie sich die Tür an«, sagte der Squad Officer. »Ohne Sprengladung bringen Sie den Eingang nicht auf.«

»Wir kennen ein Stichwort. Sesam öffne dich.« Phil schnippte mit den Fingern. »Ein Zauberspruch, der jedes Feuerwerk überflüssig macht.«

»Schade. Wir haben eine Menge davon mitgebracht.«

»Falls wir uns irren, wird es Ihren Leuten an Einsatzmöglichkeiten für jede Sorte Knallkörper nicht fehlen, Lieutenant«, versprach ich.

Er verzog keine Miene und ließ nicht erkennen, dass er es für idiotisch hielt, dreißig hochtrainierte Squad-Polizisten aufmarschieren zu lassen und dann auf ihre Mitwirkung zu verzichten. Als wir das Spezialkommando angefordert hatten, war uns das Stichwort noch nicht bekannt gewesen, und ob es funktionieren würde, wussten wir auch jetzt nicht. Die Squad-Jungs nach Hause zu schicken, wäre verfrüht gewesen.

Phil und ich stiegen in den Wagen, einen protzigen Cadillac mit Chicagoer Kennzeichen. Erst vor zwei Stunden hatten wir drei Abgesandte der Chicagoer Frash-Gang kassiert, die nach New York gekommen waren, um Dan Wellwood in den Schutz seiner Chicagoer Freunde zu holen. Die Polster waren noch warm von den Hintern der Frash-Gangster. Das Stichwort, das uns die Tür öffnen sollte, war uns aus derselben Quelle zugeflüstert worden, die uns seit Wochen mit Tipps und Informationen über Dan Wellwood versorgte, ja, geradezu überschüttete.

Wellwoods letzte Zufluchtsstätte war ein großer, vergammelter Bungalow an der Harbor Road in Woodmeere, ein paar Meilen jenseits der Stadtgrenze von Queens.

Der Bau lag so isoliert im Gelände, dass die Squad-Polizisten den Einbruch der Dunkelheit hätten abwarten müssen, um ungesehen heranzukommen.

Phil und ich benutzten die Straße. Wir fuhren vor, als wäre es die selbstverständlichste Sache der Welt. Beide trugen wir Sonnenbrillen und breitkrempige Hüte. Zwar waren wir nie zuvor persönlich mit Dan Wellwood aneinandergeraten, aber es war nicht auszuschließen, dass einer seiner Leute uns kannte.

Die Tür, die der Squad Lieutenant uns durch sein Fernglas gezeigt hatte, bestand aus solidem Stahl mit einer Sichtklappe in Augenhöhe.

Der Bungalow machte einen völlig unbewohnten Eindruck. Alle Fensterläden waren geschlossen. Kein Wagen stand in der Garagenauffahrt. Kein Geräusch war zu hören.

Phil schlug mit der Faust gegen das Stahlblech der Tür.

»Bist du dir sicher, dass die Adresse stimmt?«, fragte er laut und mit dem breiten Akzent des nördlichen Idaho. »Warum öffnen diese New Yorker Idioten nicht?«

Er spuckte sein Kaugummi gegen die Tür. Das Gummi blieb kleben.

Die Sichtklappe wurde geöffnet. Ich sah dunkle Augen unter buschigen Brauen. Wellwood war es nicht, denn der hatte vorquellende blaue Froschaugen.

»Endlich!«, röhrte Phil. »Lass mich rein! Ich muss dringend pinkeln!«

Ich schob ihn leicht zur Seite. »Frash schickt uns, und er gab uns ein Stichwort mit. Es lautet: letzte Chance.«

Der Mann hinter der Tür zog die Riegel so eilig zurück, als hätte ich ihm eine Million Dollar als Mitbringsel angekündigt. Er riss die Tür auf und rief: »Wir warten auf euch!«

Ich wusste, warum sie sehnsüchtig auf die Möglichkeit einer Ortsveränderung warteten. Sie hatten in den letzten sechs Monaten jede Menge Zunder bekommen. Ein halbes Dutzend ihrer Kumpane war ermordet worden, und mindestens zehn hatte die Polizei kassiert. Sie gehörten zu einer geschlagenen Truppe, und ihre letzte Hoffnung war ein sicheres Asyl in einer anderen Stadt.

Der Mann, der uns einließ, war Sol Jiffer, einst Boss von Wellwoods Schlägergarde, als diese Garde noch existiert hatte und bei den Nightclubbesitzern der 42nd Straße gefürchteter als jede Polizeirazzia gewesen war. Beim jetzigen Stand der Dinge verfügte Jiffer nur über vier oder fünf Männer, und keiner von ihnen zählte zur ersten Garnitur. Denn Topgorillas verließen eine auseinanderbrechende Organisation ebenso schnell wie Ratten ein sinkendes Schiff.

»Die Chicagoer sind da!«, rief Jiffer und warf die Tür hinter sich ins Schloss.

Wir standen in einer großen Halle, die ohne jede Einrichtung war. Vier Männer drängten aus einem anstoßenden Raum und glotzten uns neugierig an. Zwei trugen keine Jacken. Aus den Achselholstern ragten die Griffe schwerer Revolver.

Ich ließ den Blick über die Gesichter gleiten. Auf jedem lag ein erfreutes Begrüßungsgrinsen. Der letzte Mann in der Reihe war klein, breitschultrig und rothaarig, und ich sah, wie das Begrüßungsgrinsen langsam erlosch, wie sich die Augen zusammenzogen, die Mundwinkel nach unten wanderten und sich die Freude in Misstrauen verwandelte.

Eine Sonnenbrille war nun einmal keine ausreichende Tarnung. Ich kannte den Mann, wenn mir auch sein Name nicht sofort einfiel, und er kannte mich. Er war einer der weißen Zuhälter aus der Get It Diskothek, die immer an der Bar rumlungerten, als wir auf der Suche nach den Rowe-Brüdern ein paarmal dort aufgekreuzt waren.

»Sol, sag dem Mann, er soll seine Brille abnehmen«, stieß er heiser hervor.

Ich nahm die Brille ab. Gleichzeitig zog ich den 38er.

Phil, der näher bei Sol Jiffer stand, hielt sich nicht mit der Vorrede auf, sondern holte den einzig gefährlichen Mann der Runde mit einem krachenden linken Haken von den Füßen.

Ich sprang den Rothaarigen an und riss ihm die Kanone aus dem Holster, bevor er reagieren konnte. Der zweite Mann ohne Jacke zog instinktiv. Genauso instinktiv ließ er, als er die Mündung meines 38ers auf sich gerichtet sah, die Waffe wie glühendes Eisen fallen.

Sol Jiffer kam hoch. Er zerrte eine massige Pistole aus dem Gürtel. Phil schlug zweimal zu. Zuerst gegen das Handgelenk, und die Pistole knallte auf den Fußboden. Dann gegen das Kinn, und Sol Jiffer kippte auf die Seite und streckte sich.

Die beiden Männer, die Jacken trugen, unternahmen nichts. Während wir ihre Kumpane abräumten, standen sie reglos wie zu Salzsäulen erstarrt. Als ihnen klar wurde, dass sie jetzt an der Reihe waren, stießen sie die Hände in die Luft, als gälte es, hoch über ihren Köpfen die feinsten Äpfel zu pflücken.

»Wo ist Wellwood?«, brüllte ich den Rothaarigen an.

»D-dort.« Selbst bei dem einsilbigen Wort stotterte er. Sein Daumen wies auf eine geschlossene Tür in der Stirnwand.

Der Anlauf reichte aus. Mit voller Wucht trat ich gegen die Füllung. Die Tür krachte, aber sie gab nicht nach.

Keine Sekunde zu früh drehte ich mich zur Seite in den Schutz der Mauer weg.

Eine Maschinenpistole hämmerte eine Serie heraus und stanzte ein Muster aus Durchschlaglöchern in die Tür.

»Das ist sinnlos, Wellwood!«, rief ich.

»Lebend bekommt ihr mich nicht!«, brüllte er mit überkippender Stimme zurück.

Die meisten Gangsterbosse waren Großmäuler. Zehn Jahre hatte sich Daniel Wellwood in jeder Art von Luxus gesuhlt, und ich glaubte nicht eine Sekunde lang daran, dass er dabei Härte gegen sich selbst gelernt hatte. Er würde anders reagieren, sobald er sich einer Revolvermündung gegenübersah.

Mit drei Kugeln zertrümmerte ich das Schloss. Dann genügte ein weiterer Fußtritt. Die Tür schwang auf.

Noch einmal setzte Wellwood die MP in Betrieb und gefährdete seine eigenen Leute, die sich eilig auf den Boden fallen ließen und Deckung an den Wänden suchten.

»Wir geben dir drei Sekunden!«, rief ich ungerührt und zählte laut. »Eins, zwei ...!«

Vor der letzten Zahl schepperte Metall auf Holz, und Wellwood schrie: »Nicht schießen! Ich komme ...!«

Ich schob den Kopf vor. Er stand in der Zimmermitte hinter einem Tisch, auf den er die Maschinenpistole hatte fallen lassen. Das angegraute Haar hing ihm ins gedunsene Gesicht. Er trug keine Jacke. Sein seidenes Hemd – Maßarbeit für rund zweihundert Dollar das Stück – war fleckig und verknittert.

Ich ging auf ihn zu. Er war ein großer Mann, nur wenig kleiner als ich. Als Jake Maloc und er noch zusammengearbeitet hatten, nannte man beide die Golems.

Wellwood rang keuchend nach Luft.

Die vorquellenden blauen Augen glotzten mich mit einem Blick an, der mich an seinem Verstand zweifeln ließ.

»Der Bastard ist tot, oder?«, japste er.

»Von wem sprichst du?«

»Von dem Schweinehund Jake Maloc. Ist er tot?«

Nichts schien ihm wichtiger zu sein als die Antwort auf diese Frage.

»Keine Ahnung«, antwortete ich mit einem Schulterzucken. »Das Letzte, was ich von ihm gehört habe, war nicht gerade eine Todesnachricht. Soviel ich weiß, wartete er in seinem Penthouse darauf, dass wir dich fassen, Wellwood. Wahrscheinlich wird er sich morgen zum ersten Mal seit drei Monaten wieder auf die Straße wagen.«

Wellwoods Gesicht lief rot an. Er verdrehte die Augen. Seine Knie gaben nach. Er brach zusammen.

Zum ersten Mal erlebte ich, wie ein Mann vor Hass ohnmächtig wurde.

Maloc lag nackt auf dem zerwühlten Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, eine Zigarette zwischen den Lippen. Ein letzter Nachhall der Erregung zitterte in seinen Nerven.

Das Zusammensein mit dem Mädchen empfand er auf eine dumpfe und unerklärliche Weise als ein besonderes Erlebnis. Sie schien ihm wertvoller als die vielen anderen Frauen, die durch seine Hände gegangen waren. Er wusste, dass sie nur ein Callgirl war, für dessen Dienste die Vermittlerin fünfhundert Dollar berechnete.

Trotzdem gefiel ihm diese Jane so gut, dass er mit dem Gedanken spielte, sie bei sich zu behalten, bis Dan Wellwood endgültig erledigt war.

Sie kam aus dem Badezimmer, bis unter die Achsel in ein weißes Badetuch eingewickelt, in das Malocs Initialen eingewebt waren. Das dunkle Haar hatte sie mit einem Band hochgebunden.

»Komm her, Honey!«, rief Maloc.

Sie trat ans Bett, beugte sich über ihn und nahm ihm die Zigarette aus dem Mund.

»Du hast bekommen, was du wolltest«, sagte sie, sog an der Zigarette und blies ihm den Rauch ins Gesicht.

»Davon habe ich noch lange nicht genug.« Er schlang den Arm um ihre Hüften. »Wie heißt du?«

»Jane. Das weißt du doch.«

»Ich will den vollständigen Namen wissen.«

»Miller, Snyder, Smith ... Such dir aus, was dir gefällt.«

Sie gab ihm die Zigarette zurück, glitt aus seinen Armen und ging zur großen gläsernen Schiebetür, die auf die Dachterrasse führte. Bei jedem Schritt schlug das Badetuch auseinander und gab ihre Oberschenkel frei.

»Bleib hier!«, rief Maloc.

»Nein, ich will in den Pool. Nie zuvor hatte ich die Chance, in der fünfzigsten Etage in einem richtigen Pool zu schwimmen.«

Der Griff der Tür war gleichzeitig der Schalter für den Elektromotor. Als Jane ihn berührte, glitt die zimmerhohe und überbreite Glastür zur Seite. Manhattans aufgeheizte Luft drang wie heißer Wind in den klimatisierten Raum.

Sie trat auf die sonnendurchglühte Dachterrasse hinaus. Jenseits der Lexington Avenue überragten die sechzig- und siebzigstöckigen Fassaden von Olympia Tower und Masson Tower den Wolkenkratzer, in dem Maloc wohnte, um ein Dutzend Etagen.

Jane verschwendete keinen Gedanken daran, dass sie gesehen werden konnte. Sie knotete das Badetuch auf, warf es ab, reckte sich am Rand des Pools und sprang ins Wasser. Sie tauchte durch bis an den gegenüberliegenden Rand, kam hoch und winkte Maloc zu.

»Es ist herrlich!«, rief sie. »O Mann, es ist einfach wundervoll!«

Sie legte sich auf den Rücken, stieß sich ab und glitt zur Poolmitte.

Es war der Anblick ihres makellosen, glänzenden Körpers, auf dessen Haut Wasser und Licht schimmernde Reflexe zeichneten, der Jake Maloc vom Bett trieb. Er zerdrückte die Zigarette und durchquerte das Zimmer.

»Komm raus!«, rief er. »In allen Büros von der einundfünfzigsten Etage aufwärts bricht der Betrieb zusammen!«

»Komm rein!«, rief sie zurück. »Niemand kann uns sehen!«

Maloc blickte zu den Fassaden hinüber. In den getönten Fensterscheiben spiegelte sich das Sonnenlicht. Keine Spur von Leben zeichnete sich in der sterilen Kette gläserner Quadrate, die sich nicht bewegen und nicht öffnen ließen, und die Entfernung war zu groß, um ohne Fernglas irgendwelche Einzelheiten zu erkennen.

»Wie du willst!«, schrie Maloc. »Ich werde dir's zeigen!«

Noch einmal zögerte er an der Schwelle zwischen Wohnung und Terrasse. Dann lief er in die Helligkeit hinaus.

New Yorks Straßenlärm drang aus der Straßenschlucht wie das Rauschen einer fernen Brandung.

Maloc stoppte am Poolrand, holte Luft und setzte zum Sprung an. »Vorsicht! Der weiße Hai greift an!«

Nicht wahrscheinlich, dass er den Schlag spürte, und schwer zu sagen, ob er noch sprang oder schon fiel. Sein Körper schlug plump auf dem Wasser auf, trieb zwei Yards weit auf der Oberfläche und kam langsam zum Stillstand, während sich eine Wolke trüber dunkler Flüssigkeit um seinen Kopf ausbreitete.

Jane schwamm mit wenigen hastigen Kraulzügen zum Rand und schwang sich aus dem Becken. Ohne sich umzusehen, lief sie in die Wohnung. Sie betätigte den Griff. Die große Glastür schloss sich.

Eilig und konzentriert, aber ohne Hast trocknete sie sich ab. Ihr Haar band sie auf.

Sie zog sich an und ging in den vorderen Raum. Ihre Schultertasche lag auf dem Sessel. Sie öffnete sie, nahm einen Spiegel und einen Lippenstift heraus und zog die Konturen ihres Mundes nach. Dann vertauschte sie Lippenstift und Spiegel mit einem handtellergroßen Gerät.

Sie ging zum Schreibtisch. Eine Sekunde zögerte sie, bevor sie auf den Knopf der Rufanlage drückte.

Über den Lautsprecher meldete sich Kelly, der Mann, der sie in die Wohnung gelassen hatte.

»Ich höre, Jake«, sagte er.

Jane hielt das kleine Gerät dicht ans Mikrofon.

»Das Mädchen kann gehen«, sagte eine Männerstimme. »Lass sie raus, Nat!«

Kelly zweifelte keine Sekunde daran, dass er die Stimme seines Bosses hörte.

»Hast du es ihr schon besorgt, Jake?«, röhrte er. »Du scheinst nicht in deiner besten Form ...«

Jane schaltete die Sprechanlage ab. Sie verstaute das kleine Tonbandgerät in der Schultertasche und drückte den Türöffner.

Die Innentür öffnete sich und schloss sich automatisch, als sie die Schleuse betrat.

Kelly öffnete die Außentür.

»Hat's Spaß gemacht, Baby?«, fragte er grinsend. Er war ein breiter, untersetzter Typ mit einem kurz geschorenen runden Schädel.

Sie antwortete nicht, sondern ging an Kelly und den beiden anderen Gorillas vorbei zum Ausgang.

»Wie teuer bist du, Baby?«, rief Kelly ihr nach. »Hast du fürs Wochenende noch einen Termin frei?«

Jane trat hinaus auf den Flur. Hinter ihr fiel die Tür ins Schloss.

Ich stoppte den Jaguar auf dem privaten Parkplatz des Residence Tower, jenes Hochhauses an der Lexington Avenue, von dessen vier Penthousewohnungen die größte Jake Maloc gekauft hatte.

Bewaffnete Pförtner fingen uns in der Halle ab. Sie waren beileibe keine Maloc-Gangster, sondern eine private Wachtruppe, die für die Sicherheit aller Bewohner zu sorgen hatte. Erst nach einem Blick auf die FBI-Ausweise gaben sie den Weg zu den Aufzügen frei. Natürlich telefonierten sie und kündigten uns bei Maloc an.

Malocs Bodyguard Nummer eins erwartete uns vor der Wohnung.

»Jake will euch nicht sehen«, verkündete Nat Kelly.

»Das nützt ihm nichts«, antwortete ich. »Wir wollen ihn sprechen.«

Er ließ uns in die Wohnung, wo Stanley Stove und Billy O'Hara, zwei weitere Gorillas aus Malocs Mannschaft, herumlungerten.

»Jake meldet sich nicht«, erklärte Kelly und wies auf die Sprechanlage. »Wahrscheinlich schläft er. Vor rund zwei Stunden hatte er anstrengenden Besuch.« Er grinste von einem Ohr zum anderen. »Ein Mädchen.«

Ich drückte den Rufknopf der Sprechanlage und beugte mich über das Mikrofon. »He, Maloc. Hier spricht Cotton vom FBI.«

Ich erhielt keine Antwort.

»Öffne die Tür!«, befahl ich Kelly.

»Nur Maloc kann die Tür von innen öffnen.«

»Unsinn. Auf irgendeine Weise muss sich die Tür auch von außen öffnen lassen. Wer sollte sonst Maloc helfen, wenn er zum Beispiel eine Fischgräte verschluckt hätte?«

»Ein Spezialschlüssel liegt im Tresor der Hausverwaltung.«

»Hol ihn, mein Junge.«

Noch einmal versuchte er, Maloc über die Sprechanlage aufzuwecken. Als der Versuch vergeblich blieb, telefonierte er mit der Hausverwaltung und ließ den Schlüssel hoch bringen.

Eine kurze Schleuse mit zwei Türen trennte die eigentliche Wohnung vom Vorraum der Leibwächter.

Kelly schloss die zweite Tür auf. Malocs Wohnung bestand aus einem riesigen Raum, dessen hinterer Teil als Schlafzimmer eingerichtet war und durch eine Falttür abgetrennt werden konnte. Die Falttür war zurückgeschoben. Wir blickten über Schreibtisch, Sitzgruppen und große Ledersessel hinweg auf das überdimensionale Bett.

»Jake!«, rief Kelly. »He, Jake!« Er ging zur Tür, die zum Badezimmer führte, klopfte gegen die Füllung und rief: »Jake, bist du drin?«

»Dort ist Jake«, sagte Phil, der inzwischen zur großen Glaswand gegangen war, die den Schlafraum von der Dachterrasse trennte. »Im Swimmingpool.«

Kelly stürzte quer durch den Raum. Er prallte gegen die Glaswand und glotzte fassungslos hinaus.

»Das ... das kann nicht Jake sein«, stammelte er.

Phil betätigte den Griff der Schiebetür. Wir traten auf die Terrasse hinaus.

Im Wasser des Swimmingpools schwebte der nackte Körper eines Mannes, das Gesicht nach unten, Arme und Beine gespreizt. Es gab keinen Zweifel daran, dass er tot war. Denn obwohl der Körper nicht bis zum Boden abgesunken war, hing der Kopf tief unter der Wasserfläche.

Kelly kam mit schwankenden Schritten an den Beckenrand. Er starrte auf den Körper, der sich unendlich langsam um die eigene Achse zu drehen schien.

»Es ist Jake«, stöhnte er. »Das Luder hat ihn umgebracht.«

Er ballte die Hände zu Fäusten, drehte den Kopf und brüllte: »Wie, zum Teufel, hat sie das geschafft?«

2

Der Beamte des Homicide Department hantierte mit einer langen Stange, an der eine Schlinge befestigt war. Er führte die Schlinge um Jake Malocs rechten Arm und zog den Körper an den Rand des Beckens. Drei Männer griffen zu und holten den Toten aus dem Wasser. Als sie die Leiche auf den Rücken legten, sahen sie, woran Jake Maloc gestorben war. Eine Kugel hatte seine Stirnwand zerschlagen. Da es keine Austrittsöffnung gab, musste sie noch in seinem Kopf stecken.

Zwischen Phil und mir stand Detective Lieutenant Ronald Christopher, ein hagerer rotblonder Mann, der aussah, als wäre er frisch aus Schweden eingewandert.

In Wahrheit tat seine Familie in der dritten Generation Dienst bei der City Police.

»Wir werden nicht einmal herausfinden, aus welcher Richtung er erschossen wurde«, sagte er lakonisch. »Da er ins Wasser fiel, wissen wir nicht, wo er stand, als die Kugel ihn traf.«

Phil wies auf die Front der hohen Wolkenkratzer. »Dafür kommen alle Fenster und jedes Dach infrage.«

Lieutenant Christopher blickte hinüber. »Wer auf solche Entfernung trifft, muss ein vorzüglicher Schütze sein. Kann es nicht möglich sein, dass der Mann aus größerer Nähe erschossen wurde?«

»Er hatte eine Besucherin in den letzten zehn Stunden. Kelly schwört, dass sie unbewaffnet war. Er hat sie mit einem Detektorgerät und eigenhändig überprüft.«

Kelly saß im Vorzimmer und hielt sich an einem gefüllten Whiskyglas fest.

»Sprechen wir noch einmal über die Frau«, sagte ich. »Wann ist sie erschienen?«

»Gegen zwei Uhr nachmittags.«

»Beschreib sie.«

»Sehr groß, prächtige Figur, dunkles Haar, graue Augen. Sie trug einen knappen roten Lederrock und eine weiße Bluse.«

»Hatte sie eine Handtasche?«, erkundigte sich Phil.

»Ja, eine Tasche an einem Schulterriemen.«

»Hast du den Inhalt überprüft?«

»Selbstverständlich. Es war nur darin, was Frauen immer mitschleppen: Lippenstift, Make-up-Kram und so weiter.«

»Trotzdem glaubst du, dass sie Maloc erschossen hat?«, fragte ich.

Er schüttelte den Kopf. »Sie kann es nicht gewesen sein. Jake lebte noch, als sie die Wohnung verließ.«

»Woher weißt du das? Hast du ihn danach gesehen?«

»Nicht gesehen, aber gehört. Es war Jake selbst, der mir über die Sprechanlage befahl, das Mädchen rausgehen zu lassen. Im ersten Augenblick, als ich seine Leiche sah, habe ich nicht mehr daran gedacht.« Er forderte Stove und O'Hara auf, seine Aussage zu bestätigen, beide nickten nachdrücklich.

O'Hara wies auf die Sprechanlage. »Sie können es selbst hören, G-man. Die Anlage ist mit einem Tonband gekoppelt, das sich einschaltet, wenn der Knopf gedrückt wird.«

»Wozu?«, fragte ich.