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Sie hieß Eve und war eine rassige Blondine. Ich lernte sie kennen, als sie sich auf der Flucht vor Gangstern in meine Arme flüchtete. Um sie zu schützen, ließ ich sie in meiner Wohnung übernachten. Doch dann stellte sich heraus, dass Eve mit den Verbrechern unter einer Decke steckte. Sie lockte mich in höllische Gefahren - meine Gangsterbraut ...
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Seitenzahl: 203
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Meine Gangsterbraut
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Vorschau
Impressum
Meine Gangsterbraut
Sie hieß Eve und war eine rassige Blondine. Ich lernte sie kennen, als sie sich auf der Flucht vor Gangstern in meine Arme flüchtete. Um sie zu schützen, ließ ich sie in meiner Wohnung übernachten. Doch dann stellte sich heraus, dass Eve mit den Verbrechern unter einer Decke steckte. Sie lockte mich in höllische Gefahren – meine Gangsterbraut ...
»Harmas! Harmas! Harmas!«, brüllte die Menge und: »Stardust Kid!«
Die Zuschauer auf der Tribüne des Aqueduct Race Track sprangen auf, als Pete Harmas auf dem dreijährigen Hengst Stardust Kid kurz vor der Zielgeraden aus dem Feld schoss und einen tollen Endspurt hinlegte.
Noch fünfhundert Yards waren für das Anderthalb-Meilen-Rennen zurückzulegen. Stardust Kid lief wie eine Maschine.
Er überholte zwei Pferde, erreichte den Spitzenreiter und schob sich auf der zweiten Bahn mehr und mehr vor.
Don La Cava stand ganz vorne auf der Tribüne und spähte durchs Fernglas. Vor lauter Aufregung zerbiss er seine Davidoff-Zigarre.
»Er wird es nicht wagen zu gewinnen!«, rief ihm sein Bodyguard Dane Sykes ins Ohr. »Das wäre sein Tod!«
La Cava warf Sykes einen wilden, tadelnden Blick zu. Man musste immer mit Lauschern rechnen, auch wenn sich jetzt alles auf das Rennen konzentrierte. Pete Harmas auf Stardust Kid und Fleck Moreno mit Morning Bird, der laut La Cavas Diktat gewinnen sollte, lieferten sich ein spannendes Rennen.
Kopf an Kopf preschten die Pferde durchs Ziel, mit den in den Steigbügeln stehenden Jockeys, die mit der Peitsche fuchtelten. La Cava setzte das Fernglas ab und warf die ruinierte Zigarre weg.
»Wer hat gewonnen?«, fragte Sykes.
»Ich hab's nicht erkennen können. Das Zielfoto muss entscheiden.«
Anderthalb spannungsgeladene Minuten verstrichen.
Dann ertönte die Stimme des Rennkommentators: »Sieger ist Stardust Kid. Zweiter Platz Morning Bird, dritter ...«
La Cava hörte nicht mehr hin. Auf dem großen Bildschirm bei der Südkurve sah man die Aufzeichnung des Finishs und dann das Zielfoto. Stardust Kid war um einen Kopf vorne. La Cava stand auf. Er ging den Mittelgang entlang, gefolgt von Sykes.
Mit einem Fingerschnippen winkte er den drahtigen Sykes an seine Seite. Sie erreichten die Rückseite der überdachten Tribüne, wo wenig Betrieb herrschte.
Sykes neigte ein Ohr fast bis zu La Cavas Mund. Mittlerweile hatte der Computer die Quote für das sechste Rennen an diesem Augustsonntag errechnet.
»Stardust Kid zahlt. 15:2«, schallte es aus dem Lautsprecher.
La Cava verzog das Gesicht, als ob er in eine Zitrone gebissen hätte.
»Dieser verdammte Harmas kostet uns mit seinem Sieg über eine Viertelmillion«, zischte er. »Hast du ihn denn nicht richtig verwarnt, Dane?«
»Doch, Boss. Ich habe ihm ausrichten lassen, wir würden ihm mit einem Bleirohr die Arme und Beine brechen, wenn er sich nicht zurückhält. Schließlich haben wir auf Morning Bird gesetzt. Wenn Harmas' Beispiel Schule macht, können wir einpacken.«
»So weit wird es nicht kommen. Das mit dem Bleirohr ist noch viel zu mild für diesen Dreckskerl Harmas.« La Cava zischelte Sykes ins Ohr. »Ihr schnappt ihn sofort, klar? Hol dir Spider und Hockey. Harmas soll nie mehr ein Rennen reiten.«
»Ist das dein Ernst, Boss?«
La Cava zündete sich eine neue Zigarre an. Er schob Sykes die Glut beinahe ins Gesicht, als er ganz nah an ihn herantrat.
»Habe ich eine weiße Nase und knallrote Wangen, Dane? Sehe ich aus wie ein Clown? Geht los und macht diesen Hurensohn fertig. Legt ihn um. Danach wird es bestimmt keiner mehr wagen, meine Anordnung zu missachten.«
Sykes nickte eifrig.
Pete Harmas stand kurz darauf auf dem Siegerpodest. Die Zuschauer klatschten. Blitzlichter zuckten, und Harmas erhielt vom Leiter der Rennkommission eine Medaille umgehängt und einen Händedruck. Viel wichtiger als das aber war der Fünfzigtausend-Dollar-Preis, den Stardust Kid gerade eingaloppiert hatte, ganz zu schweigen vom Prestige und den Wetten.
Die Siegerehrung war schnell vorbei. Stardust Kid gehörte drei Geschäftsleuten aus Manhattan, von denen zwei anwesend waren. Auch sie beglückwünschten Harmas und sprachen ihm ihre Anerkennung aus, nachdem er vom Podest gestiegen war.
»Wir sehen uns dann im Casino, Pete«, sagte der eine, ein schlaksiger Börsenmakler. »Das hast du fantastisch gemacht. Du wirst noch der Jockey des Jahres.«
Er schlenderte mit seinem Kompagnon weg, und die Zuschauer der Siegerehrung verliefen sich. Harmas stand allein. Es war heiß, und sein Jockeydress klebte ihm schweißnass am Körper.
Ein Stallbursche führte Stardust Kid bei den Ställen umher, damit er ausdampfen konnte.
Harmas schaute sich um und ging zum Pferd. Stardust Kid schnaubte und stupste ihn mit dem Maul. Harmas tätschelte ihn.
Harmas stammte aus asozialen Verhältnissen und hatte einen harten Weg hinter sich. Jetzt war er der aufstrebende Jockey und wollte ganz an die Spitze.
»Wir beide, Kid«, sagte er zu dem Pferd, »wir machen noch mehr Rennen. Und keine verdammten Gangster sollen uns stoppen.«
Zwei kräftige Männer in blauer Uniform standen in der Nähe, Revolver und Schlagstock an der Seite. Es handelte sich um den Leiter und einen Beamten der Rennbahnpolizei, auch Horse Cops genannt. Harmas lief zu ihnen. Die beiden Schwergewichte überragten ihn um mehr als einen Kopf.
»Da hast du dich mit dem nackten Arsch mitten in die Nesseln gesetzt, Pete«, sagte Chief O'Bannion. Er war bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nahm. Er war ein harter Ire und pensionierter Captain der City Police. »Wir tun, was wir können, um dich zu schützen. An deiner Stelle würde ich mir schleunigst eine kugelsichere Weste und einen Vorkoster besorgen.«
»Jemand, der probiert, ob meine Drinks vergiftet sind?«, fragte Harmas. »Dabei würde der arme Teufel ja draufgehen.«
»Das meinte ich. Pass auf, Pete. Du stehst jetzt ganz oben auf der Abschussliste des Rackets. La Cava will deinen Kopf.«
»Ach, zum Teufel, La Cava kocht auch nur mit Wasser. Vielleicht hätte ich das Rennen geschmissen, wie man es von mir wollte. Aber Fleck Moreno grinste mich bei der Startmaschine so überheblich an, dass ich dachte, das wollen wir doch mal sehen. Passt gut auf Stardust Kid auf, damit diese Gangster ihren Zorn nicht an dem Pferd auslassen. Das ist alles schon dagewesen.«
»Er sorgt sich um das Pferd mehr als um sich«, sagte der Aqueduct Cop zu O'Bannion, als Harmas zu den Umkleidekabinen für die Jockeys ging. »Ich gehe besser mal hinter ihm her und passe auf.«
Harmas betrat den Umkleideraum und holte sein Waschzeug aus dem Spind. Acht Jockeys waren anwesend, vier davon befanden sich unter der Dusche. Keiner gratulierte Harmas. Man mied ihn wie einen Aussätzigen.
Moreno, ein hagerer kleiner Mexikaner, der sich wie der König der Papagalli gebärdete, warf Harmas giftige Blicke zu. Er war schon beim Anziehen.
»Das wirst du bereuen«, zischte er Harmas zu.
»Du Pferdeschinder und Schieber!«, sagte Harmas laut. »Es ist eine Sauerei, dass man den Umkleideraum mit einem Gangsterkomplizen wie dir teilen muss. Geh nur los und küss deinen Auftraggebern die Füße. Entschuldige dich auch schön, dass du verloren hast, du könntest ja nichts dazu. Wenn diese Schieber dich nicht unterstützt und die meisten von uns eingeschüchtert hätten, wärst du nicht mal Zweiter geworden.«
Moreno lief puterrot an. Es war allgemein bekannt, dass er ein ellenlanges Stilett im Spind hatte.
»Wenn ich mich an dir vergreife, ist es beinahe Leichenschändung«, sagte er. »Du wirst schon dein Teil erhalten, Peteyboy, und ich spucke dir auf dein Grab.«
Harmas versetzte Moreno einen Schlag ins Gesicht. Andere Jockeys sprangen dazwischen und trennten sie. Es gab einen Wortwechsel, der damit endete, dass sich Moreno wutentbrannt fertig anzog, hastig sein brillantine glänzendes Haar kämmte und ging. Harmas begab sich unter die Dusche. Er duschte abwechselnd heiß und kalt und versuchte, dabei ruhiger zu werden.
Es dauerte, bis er mit Duschen fertig war. Dann öffnete er die Kabinentür und erschrak. Ein großer, hagerer Mann mit scharf geschnittenem Raubvogelgesicht und zwei bullige Schlägertypen standen vor ihm. Zwei davon, den Hageren und den mit den dürren Armen und Beinen, kannte Harmas vom Sehen.
Instinktiv wollte Harmas die Tür der Duschkabine zuwerfen, obwohl sie kaum einen Schutz darstellte. Einer, dessen dürre Gliedmaßen ungeheuer stark waren, trat kräftig gegen die Kunststofftür.
Harmas prallte gegen die Kachelwand. Er und ein anderer packten ihn und rissen ihn nackt aus der Duschkabine. Der dritte versetzte Harmas mehrere brutale Schläge mit dem Griff seines Revolvers.
Harmas wollte um Hilfe schreien. Aber einer packte ihn bei der Kehle und schüttelte ihn. Harmas wehrte sich mit dem Mut der Verzweiflung. Doch gegen drei kräftige, brutale Gangster stand er allein auf verlorenem Posten.
Seine Kollegen waren fort, entweder fertig mit Duschen, oder sie hatten den Umkleideraum hastig verlassen. Von den Aqueduct Cops war auch nichts zu sehen.
Einer der Gangster verdrehte Harmas den Arm und legte ihm den Unterarm über die Kehle. Ein anderer packte den freien Arm. Der dritte zückte ein Bowiemesser. Er zielte auf Harmas' Unterleib.
Der Aqueduct Cop taumelte aus dem Gebüsch und hielt sich stöhnend den Kopf. Er wankte so stark, dass ich fürchtete, er würde gleich aus den Schuhen kippen. Ich packte ihn unter den Achseln und lehnte ihn gegen die Mauer.
»Was ist passiert?«
»Wenn ich das wüsste«, ächzte er. »Chief O'Bannion hat mich mit dem Auftrag losgeschickt, Harmas zu schützen. Ich weiß bloß noch, dass ich da um die Ecke bog. Dann erwachte ich und lag im Gebüsch.«
Der Cop hatte eine Gehirnerschütterung. Der kurzfristige Gedächtnisverlust war typisch.
»Wo ist Harmas?«, fragte ich.
»Er wollte in den Umkleideraum. Da vorne zweite Tür. Wer sind Sie eigentlich?«
»Cotton, FBI. Ich muss zu Harmas.«
»Gut so, G-man.«
Ich spurtete los und ließ den Aqueduct Cop zurück. Harmas brauchte, fürchtete ich, meine Hilfe nötiger als er.
Ich ermittelte seit zwei Tagen auf der Aqueduct Rennbahn. Dem FBI war zu Ohren gekommen, dass sich ein Racket gebildet hatte. Man vermutete, dass ein Ex-Buchmacher namens Don La Cava der Boss war. Das Racket erpresste die Buchmacher und manipulierte Rennen. Es hatte sich mit der Mafia abgestimmt und war gleichsam Lizenznehmer fürs Aqueduct.
Phil befand sich an einer anderen Ecke des Geländes, auf dem sich jetzt zum siebten Rennen hundertzwanzigtausend Menschen aufhielten. Es blieb keine Zeit, Phil mit dem Walkie-Talkie zu verständigen.
Ich rannte den Gang entlang und riss Türen auf. Ein gellender Schrei, voll Schmerz und Entsetzen, alarmierte mich. Ich öffnete eine weitere Tür und sprang, den 38er in der Faust, in den Umkleideraum.
Harmas, den ich flüchtig vom Sehen kannte, bäumte sich im Griff zweier Männer auf und strampelte. Er blutete am Oberschenkel. Der dritte Gangster holte mit dem Messer aus, als ich auftauchte.
»Hände hoch! FBI! Lasst den Mann los!«
»Nein, G-man«, antwortete Sykes. Seinen Namen kannte ich, die der Schläger nicht. »Du wirst uns gehen lassen. Wir haben uns nur ein wenig mit Pete Harmas unterhalten. War es nicht so, Pete?«
Harmas konnte nicht antworten. Er spuckte Blut. Sykes wich hinter den Jockey und den Gorilla zurück, der ihn festhielt.
»Ich breche dem Kleinen das Genick, G-man, wenn du dein Schießeisen nicht fallen lässt!«, sagte der bullige Gangster grollend.
Sein Komplize hielt noch das Bowiemesser. Ich stand im Combatanschlag. Sykes zog sein Schießeisen. Ich zog mich hinter die Tür zurück und zielte um die Ecke. Vor allem wollte ich Harmas' Leben retten. Noch war er nicht ernsthaft verletzt worden, er hatte bloß eine Schramme.
»Ich behalte meine Waffe«, sagte ich und zog das Walkie-Talkie, um Unterstützung zu rufen. »Bleibt da stehen. Wenn ihr Harmas verletzt, knallt es.«
Die Gangster berieten leise. Ich rief Phil und die Aqueduct Cops. Sykes und Konsorten führten Harmas vor.
»Hau ab, G-man.« Sykes richtete den Revolver auf mich.
Ich verpasste ihm, als ich die Chance hatte, einen Streifschuss den Unterarm entlang. Aufschreiend ließ er den Ruger Security fallen. Ich sprang vor. Die Gangster standen nur zwei Yards vor mir. Ich schlug dem Mann mit dem Bowiemesser die Handkante aufs Gelenk.
Der andere Gangster drückte Harmas den Hals zu. Ich stieß Sykes zur Seite. Er ließ seine Komplizen im Stich und flüchtete aus der Tür. Harmas traten die Augen hervor. Der Gangster mit dem Bowiemesser schlug mit der Klinge nach mir.
Das rasiermesserscharfe Kampfmesser war eine mörderische Waffe. Ich ging in die Knie, und der Hieb zischte haarscharf über meinen Kopf weg. Im nächsten Moment federte ich hoch und stieß dem Gangster den Revolverlauf unters Brustbein. Er taumelte zurück und fiel über eine Bank.
Dann setzte ich dem zweiten Gangster den 38er an den Kopf. »Lass sofort los!«
Er lockerte seinen Griff, und Harmas sackte zu Boden. Ich wollte dem Gangster gerade die Handschellen anlegen, als sein Komplize mit einem gellenden Schrei über die Bank sprang und das Bowiemesser nach mir warf. Der Gangster war ein Experte im Messerwerfen.
Die Klinge hätte sich mir in die Brust gebohrt. Wegen meiner blitzschnellen Reaktion fuhr sie nur durch meine leichte offene Sommerjacke und zerriss den Stoff glatt. Der zweite Gangster packte mit beiden Händen das Gelenk meiner Waffenhand und wollte mir den Arm verdrehen.
Das schaffte er nicht. Ich ging scheinbar mit, hebelte dann herum und warf den Gangster mit Wucht auf die Kehrseite. Er landete hart. Den 38er musste ich allerdings loslassen.
Der andere Gangster, ein krummnasiger Kerl, warf sich auf den Boden und wollte Sykes' Revolver packen. Ich trat ihm auf die Finger und den Revolver in die Ecke.
Der Gangster schrie auf, sprang hoch und schlug zu. Ich blockte ab und konterte. Da packte mich sein Komplize, der ebenfalls wieder auf die Beine gelangt war, von hinten. Abrupt riss ich den Oberkörper nach vorne, und er fiel über mich weg.
Ein rechter Haken schickte auch den anderen Gangster zu Boden. Ich hob meinen 38er auf und hielt die Gangster damit in Schach. Sie stöhnten und hielten sich ihre schmerzenden Glieder.
Ich beugte mich zu Harmas, der sich aufsetzte und nach Luft rang. »Bist du in Ordnung?«
Harmas nickte. Sprechen konnte er noch nicht, denn zu fest hatte ihm der Gangster den Hals zugedrückt. Sykes war fort. Jetzt stürmte Phil, gefolgt von Chief O'Bannion und zwei weiteren Aqueduct Cops, herein. Er überschaute die Lage mit einem Blick.
»Gib Alarm, damit man La Cava und Sykes fasst«, sagte ich. »Sykes hat einen Streifschuss.«
Man sah eine Blutspur am Boden. Ich half Harmas auf die Füße, er wickelte sich ein Handtuch um die Hüften. Der Aqueduct Cop, den die Gangster niedergeschlagen hatten, befand sich schon auf der Sanitätsstation.
Wir vernahmen die beiden verhafteten Gangster Lew »Spider« Curwell und Michael »Hockey« Jaffee im Office der Aqueduct Cops. Mit dem New Yorker FBI oder auch einem der Polizeireviere war dieses Office nicht zu vergleichen. In einem Nebengebäude untergebracht, umfasste es ganze vier Räume. Chief O'Bannion verfügte über zwanzig Mann und gebot außerdem über eine Schar von Ordnern, die man bei den mittwochs und am Wochenende stattfindenden Rennen einsetzte.
Der Gangster Spider Curwell belastete Sykes, den ich ohnehin gesehen hatte. Hockey Jaffee schwieg stoisch. Das letzte Rennen ging zu Ende. Man hörte das Geschrei der Zuschauer. Es gab wieder ein spannendes Finish.
Sykes war bisher noch nicht gefasst worden. Und ohne ihn konnten wir La Cava nicht festnageln, den ich im ersten Überschwang gleichfalls hatte verhaften lassen. Er saß im Nebenzimmer und weigerte sich, ohne Anwalt auch nur ein Wort zu sagen. Schließlich ließ ich Curwell durch einen Einwegspiegel hinübersehen.
»Kennen Sie diesen Mann?«
Curwell wollte etwas sagen, klappte den Mund jedoch gleich wieder zu.
»Ich habe meine Befehle von Sykes erhalten«, gestand er schließlich. »Ob und wie Sykes mit La Cava in Verbindung steht, weiß ich nicht. Kleinen Leuten wie mir bindet man das nicht auf die Nase. Vielleicht habe ich ohnehin schon zu viel geredet.«
»Nein. Damit hast du dir nur einen Gefallen erwiesen. Ihr wolltet Harmas verstümmeln. Zwar hielt Jaffee das Messer in der Hand, doch Sykes gab den Befehl, und du bist der Beihilfe schuldig. Wenn du geständig bist, kannst du immerhin Pluspunkte für deine Verhandlung sammeln.«
»Und was habe ich davon? Für zehn Pluspunkte erhalte ich jeden Sonntag eine Rennzeitung in die Zelle, oder wie sehe ich das?«
Mit Curwell war nicht mehr viel anzufangen. Seine Geständnisbereitschaft versiegte.
Ich machte noch einen Vorstoß. »Dir ist aber bekannt, dass La Cava der Big Boss vom Aqueduct und vom Belmont Race Track ist?«
Belmont war die andere große Pferderennbahn in Queens.
»Ich weiß gar nichts«, erwiderte Curwell störrisch. »Die Leute reden allerhand. Aufs Hörensagen hin mache ich keine Aussage.«
Ich veranlasste, dass man Curwell und Jaffee ins Stadtgefängnis überstellte, wo sie erst einmal schmoren sollten. Bei Bedarf würde man die beiden zum FBI zu weiteren Vernehmungen holen.
Phil trat ein.
Das Geschrei draußen hatte aufgehört, das Sechs-Uhr-Rennen war gelaufen und damit für diesen Sonntagnachmittag der offizielle Teil vorbei. Ich fragte Phil nach Harmas.
»Er sitzt im Office der Rennkommission und spricht mit dem Vorsitzenden und weiteren wichtigen Leuten«, antwortete Phil. »Harmas redet ihnen ins Gewissen, für mehr Sicherheit zu sorgen und die Gangster von den New Yorker Rennbahnen zu verjagen.«
Der kleine Jockey war ein mutiger Mann. Manch anderer hätte sich nach dem, was er gerade erst erlebt hatte, heimlich verdrückt und wäre vielleicht nie wiedergekommen. Harmas war aus dem Holz, aus dem man Sieger schnitzt – oder Leichen. Er wollte weiter auf der Aqueduct und der Belmont Bahn reiten, ohne auch nur eine Pause einzulegen. Wir würden ihn rund um die Uhr schützen müssen.
»Die Rennkommission redet eine Menge und schreit lauthals nach mehr Sicherheit«, sagte ich zu Phil. »Man gibt Pressekonferenzen und beschwört, dass man eine reine Weste habe. Die Schmutzarbeit müssen wir leisten. Wir haben uns mit La Cava und Co. herumzuschlagen.«
»Das ist unser Job.«
»Du sagst es. Ich spreche ein paar Worte mit La Cava. Dann gehen wir zur Rennkommission.«
La Cavas Anwalt war mittlerweile eingetroffen. In geschraubtem Tonfall wandte er sich an mich und klärte mich über die Rechte seines Mandanten auf. »Die Persönlichkeitsrechte meines Mandanten sind gröblich verletzt worden. Sie haben keinerlei Beweise gegen ihn in der Hand, Agent Cotton. Ich verlange, dass Mister La Cava auf der Stelle auf freien Fuß gesetzt wird. Sonst fahre ich zum District Court und erhebe Einspruch wegen Freiheitsberaubung.«
La Cava linste zu mir herüber. Ich verzog keine Miene. Obwohl ich schon wusste, dass ich La Cava freilassen würde, brachte ich als Gegenargument, dass Zeugen ihn mit dem von uns gesuchten Dane Sykes zusammen gesehen hatten, und zwar kurz bevor Sykes mit zwei Komplizen im Umkleideraum den Anschlag auf Jockey Harmas unternahm.
Anwalt Sawyer zerpflückte dieses Argument, wie von ihm nicht anders zu erwarten gewesen war. Ich ließ La Cava die Freude über seinen erstklassigen Rechtsverdreher und fing an nachzugeben. Sawyer lief zu einer Form auf, die er sonst nur im Gerichtssaal brachte, wenn es sich um ein hohes Honorar oder einen Prestigefall drehte. Er zitierte Gesetzesparagrafen und einen Urteilsspruch des Obersten Gerichtshofs aus dem Kopf.
»Nun gut«, sagte ich, scheinbar widerstrebend. »Oder vielmehr schlecht. Ihr Mandant ist frei. Er hat sich jedoch zur Verfügung zu halten und darf New York nicht verlassen.«
La Cava hielt mich nun vollends für einen Narren und sich für den Sieger.
Er stand auf und klopfte mir gönnerhaft auf die Schulter. »G-man, Sie haben mit meiner Festnahme einen Fehler begangen. Aber ich will nicht kleinlich sein und es Ihnen nicht nachtragen. Wir sollten uns demnächst mal in Ruhe unterhalten. Ich möchte nicht in falschen Verdacht geraten.«
»Vielleicht sollten wir das wirklich tun.«
La Cava zog mit seinem Anwalt ab.
Chief O'Bannion stürmte mit krebsrotem Gesicht herein. »Warum haben Sie den Oberhalunken denn laufen lassen? Sie hätten ihn vierundzwanzig Stunden ohne Begründung festhalten können. Vor Ablauf der Frist hätte sein Anwalt den dreifachen Salto am Times Square machen können, und La Cava wäre trotzdem nicht frei geworden.«
»Das stimmt«, antwortete ich. »Doch so ist es besser. Ich kann ihn überwachen lassen. Dabei habe ich bessere Aussichten, etwas zu erfahren, als wenn er verstockt in der Zelle sitzt. La Cava soll sich nur in Sicherheit wiegen. Die Ausgänge werden nach Sykes kontrolliert, oder?«
»Natürlich. G-men und Cops sind da, auch einige meiner Männer. Das müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn wir Rasiermesser-Dane nicht finden.«
Phil und ich suchten die Rennkommission auf, die in Pomp und Gloria in einem Anfang der Siebzigerjahre neu erbauten Gebäude ihre Räume hatte. Ich lernte die meisten Mitglieder der Kommission kennen. Bisher hatten wir nicht an die große Glocke gehängt, dass das FBI gegen das Rennbahnracket ermittelte.
Wir zogen uns mit den Kommissionsmitgliedern in den teakholzgetäfelten Sitzungssaal zurück. Die Kommissionsmitglieder schrien allesamt nach mehr Sicherheit und prangerten das organisierte Verbrechen an, das ihren schönen Sport verunstalte. Sie wollten möglichst schnelle Ergebnisse und die Verhaftung der Gangster.
Als ich konkrete Fragen nach Hinweisen stellte, wollte keiner etwas wissen.
»Das müssen Sie schon verstehen, G-men«, äußerte der smarte Präsident Mitchell Walker, ein Wall-Street-Mann und Aufsichtsratsmitglied verschiedener Banken. »Wir können niemand aufs bloße Hörensagen hin beschuldigen.«
Man war auch zurückhaltend, was Geschäftliches betraf, denn der »schöne Sport« brachte Millionenumsätze an jedem Renntag, und dem musste man Rechnung tragen.
Schließlich sagte ich: »Sie wollen gewaschen werden, sich aber die Haut nicht nass machen, Mister Walker. Das ist schlecht möglich.«
Der Wall-Street-Mann antwortete wörtlich mit unbewegter Bussinessmiene: »Dafür sind Sie schließlich beim FBI. Das müssen Sie eben möglich machen.«
»Der Knabe gefällt mir«, meinte Phil, als wir mit Harmas ins Casino gingen. »Er weiß genau, wie der Gaul läuft. Er weiß, welcher Jockey geschmiert ist und wer nicht. Ich traue Mister Walker nicht über den Weg. Ich weiß nicht, ob La Cava wirklich der große und alleinige Racketboss ist. Zumindest hat er Protektion und verfügt über erstklassige Verbindungen.«
»Walker ist mehrfacher Millionär«, erwiderte ich. »Meinst du, er hätte es nötig, mit Gangstern zu arbeiten?«
Harmas ging ein Stück vor uns, und wir unterhielten uns halblaut. Wenn Harmas etwas aufschnappte, schadete es auch nicht viel. Er war unbedingt zuverlässig.
»Wenn du es so siehst, hat jeder es nötig, Verbrechen zu begehen oder keiner«, sagte Phil. »Wir müssen jedenfalls in allen Kreisen nachforschen, von den dollarschweren höchsten Rängen bis hinunter zu den Stallburschen und Ganoven.«
»Du hast die Pferde vergessen«, sagte ich todernst.
Phil stutzte, bis er merkte, dass ich ihn flachste.
»Dafür bist du zuständig«, sagte er dann schlagfertig. »Du stammst schließlich vom Land.«
Während sich die Menge an den Ausgängen drängte und die Autos in langer Schlange aus der Tiefgarage rollten, herrschte im Casino, in den zahlreichen Bars und in der Cafeteria des Aqueduct noch reger Betrieb. Draußen waren die Ränge und Stehplätze verwaist. Ein paar einsame Gestalten, die nicht recht wussten, wo sie hinsollten, saßen noch herum. Zentnerweise lagen Abfälle umher, weil sich die meisten Besucher sagten, wenn sie schon Eintritt bezahlten, brauchten sie nicht noch bis zum Papierkorb zu laufen.
La Cava war im Casino. Er hatte eine Tischreihe am Panoramafenster inne. Um ihn scharten sich die Halb- und die Unterwelt, aber auch Jockeys und Leute von den Rennställen. Champagnerkübel standen auf den Tischen der Clique. Die protzigen Ringe an La Cavas Wurstfingern funkelten, wenn er seine Davidoff zum Mund führte.
Er paffte mehr, als dass er rauchte.
»Dieser Schmock führt anderen vor, dass er sich Fünfzehn-Dollar-Zigarren leisten kann«, sagte ich zu Phil und Harmas.
Das Gespräch verstummte, als wir eintraten. Die Schramme an Harmas' Schenkel hatte der Rennbahndoc verbunden. Vom psychischen Schock abgesehen, war Harmas glimpflich davongekommen.
Die La-Cava-Clique starrte uns an wie die Polypen den Goldfisch. Ein blutjunges, bildschönes Mädchen, das in La Cavas Nähe am getönten Fenster stand, fiel mir auf. Ihr Puppengesicht mit Locken und seidigen Wimpern wirkte wie gemalt. Rehbraune Augen und ein herzförmiger Mund verliehen ihr etwas Engelhaftes.
Ich schätzte das Girl um die sechzehn Jahre. Sie trug modische Jeans und Accessoires im Boutiquenstil.
»Wer ist die Kleine?«, fragte ich Harmas.
»Keine Ahnung. Ich glaube, sie treibt sich bei der Rennbahn herum. Wir können mal Baxter fragen.«
Baxter war, wie wir bereits wussten, ein konzessionierter schwarzer Buchmacher und ein guter Freund Harmas'.
Er war genauso eine ehrliche Haut. Sie kannten sich schon viele Jahre, seit Harmas als Stallbursche angefangen hatte. Baxter hatte ihm wertvolle Hilfestellungen und Tipps gegeben.
Er saß abseits und allein an der Bar, war aber sichtlich der besten Laune. Er klingelte mit den Eisstücken in seinem Drink, als wir uns zu ihm setzten.
»Bravo, Pete. Durch deinen Sieg im sechsten Rennen habe ich einen guten Schnitt gemacht. Was wollt ihr trinken?«
Harmas entschied sich für ein großes Bier, wir für Coke. Ich fragte Baxter nach dem Girl.
»Sie arbeitet als Schlepper und ist bestimmt auch im horizontalen Gewerbe tätig«, sagte Baxter. »Fragt mal den da.«