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Tennisturnier im Hudson Valley! Stars auf dem Feld, Prominenz auf den Tribünen. Aber hinter den Kulissen drehten Gangster ein großes Ding. Im Spiel des Tages explodierte dann die gespannte Atmosphäre. Vor unseren Augen geschah ein Mord - Tod beim Tie-Break ...
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Seitenzahl: 203
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
Tod beim Tie-Break
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
Tennisturnier im Hudson Valley! Stars auf dem Feld, Prominenz auf den Tribünen. Aber hinter den Kulissen drehten Gangster ein großes Ding. Im Spiel des Tages explodierte dann die gespannte Atmosphäre. Vor unseren Augen geschah ein Mord – Tod beim Tie-Break ...
In der Mitte des Tisches türmte sich ein netter kleiner Hügel aus grünen Banknoten, schätzungsweise ein Pot von fünftausend Dollar.
Zwei der fünf Spieler hatten die Waffen gestreckt. Drei waren noch im Rennen, und Luke Cheply blickte mit stiller Andacht in seine Karten, wie es sich für einen Pokerspieler gehörte.
Sechs uniformierte Polizisten unter dem Kommando eines Lieutenants und zwei G-men, die in das Hinterzimmer einbrachen wie wütende Gorillas, zerstörten die Atmosphäre von Konzentration und Spannung.
»Arme über den Kopf!«, schrie Lieutenant Jack Quarantino. »Alle an die Wand!«
Den zwei Spielern, die schon gepasst hatten, fiel das Gehorchen leicht. Vom Pot gehörte ihnen so oder so nichts mehr, gleichgültig ob ein Mitspieler oder die Polizei ihn einsackte. Die anderen reagierten sauer. Einer schrie: »Scheiße!« Der andere warf die Karten auf die Erde.
Am sauersten reagierte Luke Cheply, obwohl es zuerst nicht so aussah, denn er legte artig und ordentlich die Karten aus der Hand und stand auf. Dann schnappte er sich blitzschnell eine rothaarige Frau, riss das Schätzchen an sich und setzte die Mündung seines mit zauberhafter Geschwindigkeit gezogenen Revolvers der Kleinen ans Ohr, an dem ein gewaltiger Plastikschmuck schaukelte.
»Ich besorg's ihr!«, schrie Cheply. »Bleibt mir vom Leib!«
Die Rothaarige war eine der beiden Frauen, von denen die Spieler mit Drinks versorgt wurden und die nötigenfalls auch für andere Tröstungen zur Verfügung standen. Sie trug einen Minirock aus schwarzem Leder und ein hautenges T-Shirt mit dem Emblem des Nightclubs, einem stilisierten Kater.
Die zweite Frau, eine formenreiche Blondine, kreischte los wie eine durchgebrannte Sirene. »Hilfe! Er bringt Lizzy um!«
Zwei jüngere Cops nahmen Cheply nicht ernst und setzten zum Sprung auf ihn und sein Opfer an.
Ich warf mich ihnen in den Weg. »Zurück! Ihr gefährdet die Frau!«
Lieutenant Quarantino überbrüllte mich. »Hände von den Kanonen! Keine Aktion ohne meinen Befehl!«
Der Lieutenant und ich kannten Cheplys Lebenslauf. Rund zwölf Jahre hatte er hinter Gittern verbracht, davon drei Jahre hinter den Gittern einer Irrenanstalt zur Behandlung gemeingefährlicher Psychopaten. Cheply war nicht nur ein Berufsgangster, er war auch ziemlich verrückt und für jede noch so bescheuerte Handlungsweise gut. Bei ihm musste wirklich damit gerechnet werden, dass er die rothaarige Lizzy umbrachte, ohne daran zu denken, dass ihn nur einen Atemzug später die Kugeln der Cops durchsieben würden. So war er nun einmal.
Ich breitete beide Arme aus und machte zwei vorsichtige Schritte.
»Hallo, Luke«, sagte ich freundlich. »Hattest du ein gutes Blatt?«
Er starrte mich aus seinen Flackeraugen an. Sein Mund mit den ausgefransten Lippen stand offen, und er keuchte, als wäre er das Empire State Building hochgelaufen. Die Frau presste er mit dem linken Arm an sich. Einen Inch des Revolverlaufs hatte er in ihr dickes, krauses Haar gewühlt. Der Plastikschmuck stieß beim Schaukeln wieder und wieder gegen seine Hand.
»Wir brauchen dich als Zeugen, Luke. Natürlich liegen ein paar Kleinigkeiten gegen dich vor, aber mit einem Zeugenauftritt gegen deinen Ex-Boss Sol Shaft handelst du leicht einen dicken Rabatt heraus. Verdirb dir nicht deine Chancen.«
Mein lautes Gerede drang nicht in sein blockiertes Gehirn.
»Macht den Weg frei!«, kläffte er. »Ich will raus!« Er rammte der Frau ein Knie in die lederverpackte Kehrseite. »Geh vorwärts!«
Die Frau machte ein paar wackelige Schritte.
Die Cops standen wie eine Mauer.
»Bitte! Bitte, lasst uns durch!«, stammelte Lizzy. »Bitte, ich will nicht sterben. Ich kann doch nichts dafür, dass ...!« Ihre weit aufgerissenen Augen rollten von einer Seite zur anderen.
Ich sah, dass Phil still und unauffällig das Hinterzimmer verließ.
»Keine Panik, Miss«, versuchte ich, Lizzy zu beruhigen, denn falls sie ohnmächtig wurde, war die Katastrophe nicht aufzuhalten.
Lieutenant Quarantino sah ein, dass der verrückte Luke die besseren Karten hielt.
»Tut, was er sagt!«, befahl er seinen Leuten.
Die Cops wichen nach rechts und links zur Seite. Eigenhändig öffnete ich für Cheply und seine Geisel die Verbindungstür zwischen dem Hinterzimmer und dem Barraum des Nightclubs El Gato.
Bis auf vier Frauen, den Barkeeper und ein halbes Dutzend Gäste, die zu betrunken waren, um sich von einer Polizeiaktion die Laune verderben zu lassen, war der Laden leer.
Ich ging vor Cheply und seiner Geisel her. »Keine Panik, Leute. Verhaltet euch ruhig.«
Beim Anblick ihrer Kollegin in der Gewalt eines Gangsters brachen die Frauen in Tränen aus.
»Jeder bleibt, wo er ist.« Ich tat alles, um die Lage unter Kontrolle zu behalten.
Leider durchkreuzte ein hünenhafter Bursche, der an der Theke lehnte, meine Absichten. Aus whiskygetrübten Augen glotzte er Cheply und seine Geisel an. Ihm dämmerte, dass die rothaarige Lizzy nicht freiwillig in Cheplys Armen lag. In seinem vom Alkoholschwaden durchwehten Gehirn keimte der Gedanke, er könnte sich als großer Held und Ladyretter produzieren. Vielleicht stand er besonders auf Rothaarige.
Er stieß sich von der Theke ab, ballte die Hände zu Fäusten und röhrte: »Lass das Mädchen los, du ...!«
Unter allen Umständen musste ich jede Komplikation vermeiden. Dem Möchtegernhelden gut zuzureden, hielt ich für Zeitverschwendung. Ich langte hin.
Er hatte nicht nur zu viel Whisky im Kopf, sondern auch weiche Kniegelenke. Mein mittelprächtiger Haken fällte ihn, als wäre ich mit einem Bolzenschussgerät auf ihn losgegangen. Unter dem wuchtigen Aufprall seiner zweihundert Pfund bebte der Boden, und die Gläser klirrten in den Regalen.
Ich drehte mich zu Cheply um. »Alles okay, Luke. Ich sorge dafür, dass dir niemand zu nahe kommt.«
Der Himmel mochte wissen, ob er meine Worte verstand. Er sah erschreckend aus. Wie ein Wolf bleckte er die Zähne. Speichel lief über sein Kinn. Die Frau hielt er so eng umklammert, dass sein Arm ihr Schmerzen verursachen musste.
Ich ging voraus und räumte alle Hindernisse aus dem Weg. Den Vorhang zwischen Bar und Eingangsgarderobe zog ich zur Seite. Den Portier, einen Schwarzen in Fantasieuniform, schob ich in eine Ecke und stellte ihn mit dem Gesicht zur Wand. Weit öffnete ich die Flügeltür zur Straße.
Der übliche Abendverkehr brauste auf der Third Avenue. Die Blechmauer geparkter Autos trennte Bürgersteig und Fahrbahn.
In enger Umschlingung stieß Cheply die Frau ins Freie, drehte sich mit ihr und zerrte sie zu den geparkten Wagen.
Lieutenant Quarantino und seine Cops drängten sich in der Tür. Die Cops machten unglückliche Gesichter wie scharfe Doggen, denen das Zubeißen verboten wurde.
Cheply arbeitete sich an einen blauen Malibu heran. Als er ihn fast erreicht hatte, schnellte Phil hinter dem Heck des Wagens hervor und stürzte sich auf den Gangster.
Er versuchte nicht, Cheply auszuschalten, ihn niederzuschlagen oder die Frau von ihm loszureißen. Er konzentrierte sich mit beiden Händen auf die Waffe, schlug die Finger um Cheplys Gelenk und drückte den Revolver vom Kopf der Frau weg.
Cheply zog sofort durch. Vier Schüsse krachten. Für eine halbe Sekunde stand alles auf Messers Schneide. Die Frau stürzte zu Boden. Ein fünfter Schuss krachte mit einer Spur Verzögerung. Cheply riss sich los und trat Phil zwischen die Beine. Phil fiel mit dem Rücken gegen den Malibu, aber Cheplys Kanone blieb in seinen Händen.
Ich prallte mit einem zufälligen und ahnungslosen Passanten zusammen, rannte den Mann um, verlor zwei Sekundenbruchteile und sah, wie Cheply auf die Motorhaube des Malibu und von dort auf die Straße sprang.
Das Signalhorn eines Trucks röhrte auf. Fauchend schlugen die Luftdruckbremsen an. Blockierte Räder radierten kreischend über den Asphalt. Der mächtige Aufleger brach aus und zerschmetterte die Karosserien von fünf parkenden Wagen.
Für Cheply kam das verzweifelte Bremsmanöver des Fahrers zu spät. Als wäre er gewichtslos, wurde er von der stählernen Stoßstange im weiten Bogen bis an den jenseitigen Fahrbahnrand geschleudert.
Der Körper schlug auf, und während Luke Cheply starb, kam der Verkehr auf der Third Avenue unter dem wütenden Konzert zahlloser Autohupen zum Stehen.
Mit Zufriedenheit verfolgte Don Farley das Training. Seit zwei Stunden peitschte Glenn die Bälle übers Netz. Noch immer war seine Beinarbeit erstklassig. Seine Konzentration ließ in keinem Augenblick nach. Seinen Trainingspartner jagte er mit genau gesetzten Bällen von einer Seite des Spielfelds zur anderen, bis er ihn mit einem scharfen Longline-Ball auspunkten konnte.
Farley dachte, dass Glenn in dieser Form das Viertelfinalspiel gegen den Deutschen gewinnen konnte, obwohl sein Gegner in der Computerrangliste siebzig Positionen höher bewertet wurde.
Glenn war ein Newcomer, der bisher eine Reihe bedeutungsloser Turniere in der Provinz gewonnen hatte. Unter Farleys Management waren ihm erste Erfolge im internationalen Tennis gelungen. Sein Name tauchte auf den Sportseiten der Zeitung auf. TV-Sender zeigten Ausschnitte seiner Spiele. Farley hoffte, mit Glenn einen Tennisspieler zu managen, der unter die zehn besten Spieler der Welt vorstoßen konnte. Er träumte davon, dass Glenn schon bald ein großes Turnier gewinnen könnte, das ihm zur Teilnahme an Masterwettbewerben berechtigen würde.
Das Hudson-Valley-Turnier, bei dem Glenn zweihunderttausend Dollar gewinnen konnte, eine vergleichsweise mäßige Summe. Die internationale Bedeutung war gering, da Siege und Niederlagen nicht für die Rangliste gewertet wurden.
Als internationale Cracks nahmen nur der Deutsche und zwei Schweden teil, die wahrscheinlich außer dem Preisgeld je nach Abschneiden auch Startgelder kassierten. Farley wusste, dass ein Tennisspieler erst dann zur Elite zählte, wenn die Veranstalter mit Startgeldern um seine Teilnahme an ihren Turnieren zu pokern begannen. Spätestens in zwei Jahren, so glaubte er, würde man ihm dicke Umschläge unter dem Verhandlungstisch zuschieben, damit Glenns Name auf die Starterliste gesetzt werden durfte.
Er stand auf, ging bis an die Bande und rief: »Glenn, in den nächsten dreißig Minuten trainier bitte die Abläufe von Tie-Breaks!«
»Geht in Ordnung, Don!«, rief Glenn zurück.
Eine leicht gewellte Strähne des blonden Haars fiel ihm über das Stirnband bis zu den Brauen. Farley dachte, dass diese Haarsträhne Glenns Markenzeichen werden könnte, ein persönliches Merkmal, das seine Fans an ihm lieben und das die Werbefotografen mit Spotlichtern herausheben würden.
»Wenn er den Deutschen schlägt, muss Harriot ihm einen Werbevertrag geben«, sagte Farley halblaut zu sich selbst. »Nach einem Sieg will ich Bargeld für Glenn sehen.«
Robert Harriot war der allmächtige Werbedirektor der größten US-Firma für Sportausrüstung, ein Mann, der die Macht über Millionen-Dollar-Verträge besaß. Seit zehn Jahren lag Farley mit ihm im Clinch. Nur zweimal war es ihm gelungen, bescheidene Verträge für seine Sportler herauszuschinden, die kaltblütig von Harriot gekündigt wurden, als die Jungs nicht sofort hielten, was Farley von ihnen versprochen hatte.
Harriot kümmerte sich nicht darum, dass das Trainingsprogramm aus Dollarmangel zusammenbrach. Farley besaß nicht die Mittel, den Aufbau der Spieler aus seiner Tasche zu finanzieren. Die Jungs mussten die Schläger an den Nagel hängen und verschwanden von den Turnierplätzen.
Seitdem hatte Bob Harriot nie wieder einen baren Werbedollar in einen von Farley gemanagten Spieler gesteckt. Zwar weigerte er sich nie, Farleys Leute kostenlos mit Schlägern, Schuhen und Sportkleidung zu versorgen. Aber wenn Farley eine Entschädigung dafür herausholen wollte, dass seine Spieler mit Goldstar-Schlägern auf Goldstar-Bälle eindroschen, in Goldstar-Schuhen herumrannten und Goldstar-Hemden durchschwitzten, biss er bei Harriot auf Granit.
»Niemand kennt deine Jungs«, pflegte Harriot zu sagen. »Keine Sportsendung kümmert sich um ihre Spiele. Sie bringen unser Signet nur sekundenlang auf die TV-Schirme und dann immer als Verlierer. Don, es ist nicht gut fürs Geschäft, wenn Verlierer unsere Marke tragen. Nur aus Freundschaft streiche ich dich nicht von der Ausrüstungsliste.«
Während Farley über den Dauerkrieg mit Bob Harriot nachdachte, holte Glenn den ersten Punkt des Tie-Breaks mit einem Aufschlag, nahm seinem Trainingspartner einen Service ab, brachte die beiden nächsten Aufschläge nach Hause und holte den fünften Punkt mit einem harten Rückhandreturn.
Beim Seitenwechsel blieb er vor Farley stehen. »Zufrieden, Don?«
Farley schrak aus seinen Gedanken auf. »Erstklassig, Glenn. Wenn du so spielst, kannst du ihn schaffen.«
Glenn lachte. »Das würdest du auch sagen, Don, wenn ich in der letzten halben Stunde keinen Ball getroffen hätte.«
Farley ging zu seinem Platz in der neunten Reihe zurück. Nur ein paar Dutzend Zuschauer beobachteten das Training. Neben Farleys Platz saßen zwei Männer, die neu hereingekommen waren. Als sich Farley setzte, nickten sie ihm zu.
»Mister Farley?«, fragte der ältere.
»Der bin ich«, bestätigte Farley.
»Don, du hattest Mister Cedric versprochen, bis gestern auf seinen Vorschlag zu antworten. Du hast dein Versprechen nicht gehalten.«
»Unsinn«, antwortete Farley wütend. »Ich erklärte ihm, dass sein Vorschlag für mich nicht infrage käme.«
»Mister Cedric gab dir vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit. Er erwartete deine Antwort bis gestern um Mitternacht. Du hast den Termin verstreichen lassen.«
»Schweigen ist eine Antwort.«
»Nicht für Mister Cedric.«
Farley blickte von einem zum anderen. »Wer seid ihr?«
»Nenn mich Mac«, antwortete der ältere Mann, wies auf den anderen und setzte hinzu: »Er hört auf Ivy.«
Mac war ein großer, dicklicher Mann um die vierzig mit kleinen Augen und einer geäderten Knollennase im breiten Gesicht. Das graue Haar trug er kurz geschnitten. An der linken Hand protzte ein massiver Goldring.
Ivy war jünger, etwa dreißig Jahre alt. Die ausufernde Sonnenbrille verdeckte ein Drittel seines Gesichts, ließ nur das aufgebogene Kinn, den schmallippigen Mund und die gekrümmte Nase frei. Seine Kleidung war auffallend und bunt wie die eines Zuhälters, angefangen vom weißen Hut mit rotem Band über die seegrüne, ausladende Jacke bis zu den zweifarbigen Schuhen.
»Und wer ist Mister Cedric?«, fragte Farley.
»Ein Geschäftsmann mit guten Verbindungen, ständig auf der Suche nach Anlagen für sein Kapital«, antwortete Mac. »Er ist berühmt für seine Fairness.«
»Fairness?« Vor Wut lief Farleys Gesicht rot an. »Er bot mir genau tausend Dollar für meinen Vertrag mit Glenn Ellis. Weißt du, wie viel Geld ich in Glenn bis heute gesteckt habe? Über siebentausend Dollar. Und jetzt da er die ersten Preisgelder verdient, soll ich ihn für ein Siebtel meiner Unkosten abgeben? Ich bin doch nicht verrückt.«
»Cedric verlangt nur, dass du ihn am Vertrag beteiligst. Er kauft sich ein.«
»Mit tausend Dollar? Das ist lächerlich.«
»Du vergisst, dass die Zusammenarbeit mit Cedric deinem Spieler Chancen eröffnet, die du ihm nicht bieten kannst. Er wird für ihn Werbeverträge beschaffen, an die du nicht im Traum zu denken wagst, Don. Der Junge dort unten wird Millionen scheffeln, vorausgesetzt, er bleibt auf der Siegerstraße. Nun, wenn Cedric ihn unter seinen Schutz nimmt, sorgen wir dafür, dass er seine Kämpfe gewinnt.«
»Kämpfe? Glenn ist kein Boxer, sondern ein Tennisspieler.«
Mac kicherte belustigt, wobei seine Knollennase seltsam vibrierte.
»Das sehe ich, Don. Das Boxgeschäft ist tot. Mit Tennis werden Jahr für Jahr Hunderte Millionen Dollar gemacht, und zwar bei allen Beteiligten: den Spielern, den Veranstaltern und den Managern. Sagte ich nicht, dass Mister Cedric immer auf der Suche nach ertragreichen Geschäften ist? Tennis ist eine erstklassige Investition. Wer einen Sieger managt, holt leicht einige Millionen pro Jahr heraus.«
»Ganz besonders, wenn er ihn betrügt«, sagte Farley erbittert. »Wie Hunderte von Boxern betrogen worden sind.«
»Du begreifst schnell, Don«, lobte Mac höhnisch.
Farley ballte die Hände zu Fäusten. »Verschwindet, oder ich hole die Polizei!«
»Warum willst du die Polizei holen?«, fragte Mac gelassen. »Wir schlagen dir ein Geschäft vor. Du lehnst ab. Okay, ich werde Mister Cedric berichten, dass du die Zusammenarbeit mit uns ablehnst.«
Während des Gesprächs hatte Ivy, der Mann mit der übergroßen Sonnenbrille, Glenns Training verfolgt. Bei jedem Ballwechsel hatte er den Kopf von links nach rechts und zurück bewegt, was Tenniszuschauer immer leicht lächerlich aussehen ließ. Als Mac aufstand, beugte sich Ivy über den freien Sitz zu Farley.
»Dein Junge ist schnell«, sagte er. »Seine Schlagtechnik hat noch Mängel, aber seine Beinarbeit ist in Ordnung. Du musst aufpassen, dass seinen Beinen nichts zustößt.«
»Was meinst du?« Farley versuchte vergeblich, hinter den dunklen Gläsern die Augen des Mannes zu erkennen.
»Ist doch klar, Mann. Mit einer zerschlagenen Kniescheibe würde er verdammt viel langsamer laufen. Ich glaube, er müsste seinen Job aufgeben. Noch nie habe ich einen hinkenden Tennisspieler gesehen.«
Er tippte mit dem Zeigefinger an den Rand seines weißen Huts. Farley sah, dass Ivys Fingernägel lackiert waren.
Er wollte aufspringen, dem Kerl an die Gurgel fahren und ihm die Brille zertrümmern. Doch er blieb wie gelähmt sitzen und sah den beiden Männern nach, bis sie im Ausgang verschwanden. Unten auf dem Platz stieß Glenn einen Jubelruf aus, lief zum Netz und schüttelte seinem Trainingspartner die Hand.
»He, Don! Diesen Tie-Break habe ich mit 7:0 gewonnen!«, rief er zur Tribüne hoch.
Farley riss sich zusammen und winkte ihm zu.
»Du schaffst es, Glenn«, wiederholte er seinen bevorzugten Spruch.
Luke Cheplys Hinterlassenschaft bestand aus einer abgegriffenen Brieftasche, einem protzigen vergoldeten Zigarettenetui und der Colt-Kanone, die Phil ihm entrissen hatte. Genau genommen zählte auch der Pot zu Cheplys Erbe, den er ohne uns gewonnen hätte, denn sein Blatt entpuppte sich als ein Volles Haus mit drei Königen und zwei Zehnen. Den Pot kassierte das Glücksspieldezernat der City Police, das die Aktion gegen den Nightclub El Gato veranlasst hatte. Phil und ich spielten nur Gastrollen, weil Luke Cheply als Ex-Mitglied der Shaft-Gang auf der Wunschliste des FBI stand.
Am Tag nach Cheplys Tod betraten wir ein verschmutztes Haus in der West 23rd Street und läuteten an der Tür des Apartments G 5.
Eine Frau öffnete, von der wir wussten, dass sie Mae Groone hieß und Cheply an die Cops verpfiffen hatte. Auf den ersten Blick schätzte sie uns richtig ein.
»Oh, Jesus. Vor einer halben Stunde haben die letzten Cops meine Wohnung verlassen. Seht euch an, welches Chaos sie angerichtet haben.«
Sie riss die Tür weit auf und zeigte in die Wohnung mit offen stehenden Schränken, durchwühlten Schubladen und herumliegenden Kleidern.
»Was also wollt ihr noch?«, schrie sie uns an.
Phil war Spezialist für die Beruhigung aufgeregter Frauen. Zwei Minuten lang redete er auf Mae Groone ein, sagte ihr, dass wir sie um ihre Hilfe bäten, deutete an, dass sich Cheply sein Schicksal selbst zuzuschreiben habe, wenn er eine so attraktive Frau schlecht behandle, und ließ die Möglichkeit einer Belohnung am Horizont aufschimmern.
Ihre Züge glätteten sich. Sie ordnete ihr Haar, zupfte am Kleid, nickte bei einigen Sätzen Phils zustimmend und gab schließlich den Eingang frei.
»Okay, kommt herein.«
Wir folgten ihr in den Livingroom. Sie fegte Kleidungsstücke von zwei Stühlen und fragte, was wir trinken wollten. Natürlich lehnten wir ab.
»Wie ihr wollt«, sagte sie, »aber ich brauche einen Schluck.«
Sie versorgte sich mit Whisky und zündete eine Zigarette an.
»Armer Luke«, seufzte sie und stieß den Rauch aus. »Nicht im Traum habe ich daran gedacht, dass er bei einer Spielhöllenrazzia draufgehen könnte. Hätte ich das geahnt, wäre ich nie zu den Cops gerannt. Jetzt mache ich mir Vorwürfe. Doch ich war so verdammt wütend auf den lausigen Bastard, dass ich die Nerven verlor, zum Telefon griff und dem erstbesten Schnüffler, der sich meldete, zuzischte: ›Wenn ihr Luke Cheply greifen wollt, findet ihr ihn im Spielzimmer von El Gato.‹«
»Hat Luke Sie geschlagen?«, fragte Phil teilnahmsvoll.
»Klar«, antwortete sie. »Deswegen hätte ich ihn nicht verpfiffen. Es war das Geld, das mich rotsehen ließ.«
»Welches Geld?«
»Seit vier Monaten lungerte Luke bei mir herum. Während der ersten beiden Monate war er blank, lebte auf meine Kosten. Dann verschwand er für drei Tage, kam mit zweitausend Dollar in den Taschen zurück und verspielte den Zaster in einer einzigen Nacht. Mir gab er ganze hundert Dollar, die er am nächsten Tag auch noch zurückverlangte. Als er alles verspielt hatte, ließ er mich wieder für sich arbeiten, bis er plötzlich mit geschwollenen Taschen auftauchte und mir ein Bündel Hunderter unter die Nase hielt.«
»Wann war das?«, fragte Phil weiter.
»Vor genau einer Woche.«
»Gab er Ihnen Geld?«
»Zweitausend Dollar in Hunderten. Am nächsten Tag, als er vom Spielen zurückkam, nahm er mir die Hälfte wieder ab. Den Rest holte er sich gestern, bevor er zum Spielen ging. Da wurde ich so wütend, dass ich die Cops auf ihn hetzte.«
Sie kippte sich den Whisky in die Kehle und füllte das Glas nach.
Phil hütete sich, ihr zu sagen, das Cheply wahrscheinlich gestern Nacht gewonnen hätte. »Mae, können Sie uns sagen, woher das Geld stammte, über das Cheply verfügte?«
»Versuchen Sie nicht, mich zu fangen, G-man«, sagte sie böse. »Ich habe mich nie darum gekümmert, was Luke trieb. Mitwisserschaft könnt ihr mir nicht anhängen.«
»Zweifellos fand Cheply das Geld nicht auf der Straße.«
»Ich weiß nicht, wie er die Dollars angeschafft hat.«
»Wir wissen es. Luke führte vor zwei Monaten einen Killerauftrag in Memphis aus.«
»Luke ein Killer?«, rief sie ungläubig. Auf den Schreck leerte sie umgehend das zweite Glas. »Das Format traue ich ihm nicht zu.«
»Wir auch nicht. Von uns wurde er als Mitglied der Shaft-Gang gesucht. Er hat eine Menge hässlicher Sachen für Sol Shafts Syndikat gemacht, Mord war nicht darunter. Trotzdem gibt es keinen Zweifel, dass er den Mann in Memphis erschoss. Die Kugeln wurden aus der Kanone verfeuert, die wir bei Cheply fanden.«
Sie zuckte mit den Schultern und füllte sich einen daumenhohen Abschiedsschluck ein.
»Er ist tot«, sagte sie. »Was immer er getan hat, ihr könnt ihn dafür nicht mehr auf den Stuhl setzen.«
»Das ist richtig, Mae«, stimmte Phil zu, »aber wir müssen herausfinden, für welchen Auftrag Cheply das zweite Geld erhielt. Vielleicht war es nur eine Anzahlung, und der Mord, den er verüben sollte, lässt sich noch verhindern.« Er legte drei Fotos auf den Tisch. »Wir fanden sie in Cheplys Brieftasche.«
Mae Groone beugte sich über die Bilder, die einen blonden jungen Mann zeigten, der beim Joggen in einer Parkanlage unterwegs war. Der Fotograf hatte ein Teleobjektiv benutzt. Schweißflecke auf dem blauen T-Shirt bewiesen, dass der Blonde ein ernsthaftes Lauftraining betrieb. Er machte den Eindruck, als hätte er nichts davon bemerkt, dass er fotografiert wurde.
»Nie gesehen«, erklärte Mae Groone. »Wer ist das?«
»Das wollten wir von Ihnen hören.«
»Ich kenne den Mann nicht. Sieht aus, als ginge er noch zur Schule, oder?«
»Wir wissen nichts über ihn, Mae«, sagte Phil.
»Ich kann euch nicht helfen«, sagte sie, richtete sich auf und setzte das Glas an die Lippen, aber sie trank nicht, sondern ließ die Hand sinken. »Kann es sein, dass er irgendetwas mit Tennis zu tun hat?«
»Warum fragen Sie ausgerechnet danach?«
Sie stellte das Glas auf den Tisch.
»Moment mal«, sagte sie und begann in der Wohnung zu suchen. »Weiß der Teufel, wo eure Kumpels das Ding verkramt haben«, schimpfte sie.
»Was suchen Sie, Mae?«, fragte Phil.
Eine Antwort erhielt er nicht. Mit besessenem Eifer suchte Mae weiter, bis sie nach fünf Minuten aufschrie: »Ich hab's!«
Sie warf einen unordentlich aufgerissenen Umschlag auf den Tisch, adressiert an Lucas Cheply, ohne Absender.
Phil entnahm dem Umschlag ein längliches hellblaues Ticket. Er drehte es zwischen den Fingern. »Wann kam das?«
»Heute Morgen.«
»Interessierte sich Cheply für Tennis?«
Mae lachte auf. »Der einzige Sport, für den sich Luke interessierte, war Poker.«
Phil gab mir das Ticket. Es war eine Eintrittskarte mit dem Aufdruck: Hudson-Valley-Tennisturnier, veranstaltet und gesponsert von Westerton Inc. Viertelfinalspiele. Herreneinzel. Beginn: 14 Uhr.
Ich warf einen Blick auf die Armbanduhr. »Zum 2. oder 3. Satz kommen wir noch rechtzeitig.«
Das Gelände des Hudson-Valley-Sportklubs lag an der Stadtgrenze von Peekskill und dicht am Flussufer. Rund sechzig Meilen betrug die Entfernung zum Zentrum von Manhattan.
Über der Einfahrt zu den Parkplätzen prangte ein großes Transparent: Erstes internationales Hudson-Valley-Tennisturnier.
Phil und ich entstiegen dem Jaguar und machten uns auf den Fußweg zu den Tennisplätzen. Große Reklameplakate der Firmen, die Sponsorengelder in das Turnier gesteckt hatten, säumten den Weg, an der Spitze die Westerton Company, deren Hauptprodukte Panzer, 122-mm-Haubitzen und Raketenteile waren, aber nichts, was mit Tennis zusammenhing.
An Fahnenmasten flatterten die Stars und Stripes, die Klubfahnen und blaue Fahnen mit einem großen goldenen Stern in der Mitte, dem Firmensymbol der Goldstar Company, dem größten Hersteller von Sportausrüstung und Sportkleidung in den Staaten.
Inzwischen wussten wir, wer der blonde Jogger auf den Fotos aus Cheplys Brieftasche war. Ich hatte einen befreundeten Sportredakteur angerufen, der mühelos die Verbindung zwischen dem Foto und dem Ticket knüpfte. Der Blonde hieß Glenn Ellis, war Tennisprofi und stand in einem von vier Viertelfinalspielen, die heute ausgetragen wurden.
Hohe Tribünen schlossen den Center Court auf vier Seiten ein. Gebrüll wie auf Footballplätzen und an Boxringen gab es nicht. In Abständen brandete Beifall auf.
An der Sperre verlangte ein Mann, unsere Eintrittskarten zu sehen. Wir zeigten ihm die FBI-Ausweise.
»Wo finden wir Ellis?«, fragte ich.
Der Mann erblasste. »Er spielt. Wenn Sie ihn vom Platz holen, gibt es einen riesigen Skandal.«