Jerry Cotton Sonder-Edition 39 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sonder-Edition 39 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Ellen Symons, eine unserer Kolleginnen beim FBI, war in Las Vegas verschwunden. Ich sollte dorthin fliegen und Symons aufspüren. Doch bevor ich in den Flieger steigen konnte, erhielt ich von Mr High die Nachricht, dass Ellen Symons in New York aufgetaucht sei. Allerdings auf recht eigenartige Weise. Sie hatte versucht einen Geschäftsmann zu erpressen und ihm schließlich in die Brust geschossen ...

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Seitenzahl: 173

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Cover

Impressum

Hoher Einsatz in Las Vegas

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/Kirill Mikhirev

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-3853-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Hoher Einsatz in Las Vegas

1963 startete der Bastei Verlag die Jerry Cotton Taschenbücher in Ergänzung zu der Heftromanserie, die zu diesem Zeitpunkt schon in der zweiten Auflage war.

Damals fragte der Klappentext der Taschenbücher noch: Wer ist G-man Jerry Cotton? Und gab auch gleich die Antwort:

»Er ist ein breitschultriger, gutaussehender FBI-Beamter, der sein Leben dem Kampf gegen Gangster gewidmet hat. Durch seinen Mut und seine Entschlossenheit hat er die Herzen von Millionen Lesern in mehr als 40 Ländern erobert.«

Die Jerry Cotton Sonder-Edition bringt die Romane der Taschenbücher alle zwei Wochen in einer Ausgabe.

Es ist eine Reise durch die Zeit der frühen 60er Jahre bis in das neue Jahrtausend.

1

Als Phil und ich die Halle des La Guardia Terminal durchschritten, quäkten ein Dutzend Lautsprecher: »Mister Jerry Cotton zum Telefon, bitte. Mister Jerry Cotton zum Telefon!«

»Adieu, du schöner, verheißungsvoller Trip nach Las Vegas!«, sagte Phil und schaute mich mitfühlend an. Er nahm mir den kleinen Handkoffer ab. »Ich wette, aus deinem Flug wird nichts.«

Zwei Minuten später hing ich an der Strippe. »High«, meldete sich die Stimme meines Chefs am anderen Ende der Leitung. »Ich habe eine interessante Nachricht für Sie.«

Ich schwieg. Interessante Nachrichten waren stets die Grundlage von Ärger und Arbeit.

»Hallo, Jerry, sind Sie noch da?«

»Ja, Chef. Betrifft es Ellen Symons?« Ich fragte, weil ich wegen der verschwundenen FBI-Agentin nach Las Vegas fliegen sollte.

»Genau«, meinte Mr High. Seine Stimme enthielt plötzlich eine gehörige Dosis Bitterkeit. »Wenn es stimmt, was uns Mister Deeming erzählt hat, dann ist sie unter die Gangster gegangen.«

»Ellen? Ausgeschlossen!«, sagte ich spontan. »Ich kenne sie doch!«

»Nach Deemings Aussage nannte sie sich Cynthia. Wir haben ihm die Fotos gezeigt. Er ist sicher, dass Ellen und Cynthia identisch sind.«

»Was ist dieser Mister Deeming für ein Vogel?«

»Ein Mann ohne Tadel«, erklärte Mr High. »Wissenschaftler. Diese Cynthia hat ihn niedergeschossen, als er sich weigerte, ihr eine Geheimformel zu nennen. Er liegt im Roosevelt Hospital. Ich würde Ihnen raten, vor dem Flug nach Las Vegas mit ihm zu sprechen. Nehmen Sie die nächste oder übernächste Maschine! Oder bleiben Sie meinetwegen hier! Wenn seine Angaben stimmen, müssen wir Ellen in New York suchen.«

Als ich die Telefonbox verließ, sah Phil mir grinsend entgegen. »Zurück in die Stadt?«, fragte er.

»Erraten. Aber erst muss ich den Flug abbestellen.«

»Das habe ich erwartet. Was gibt’s denn?«

»Der Chef war am Apparat. Ellen Symons ist aufgetaucht.«

Phil starrte mich an. »Wo?«

»Hier in New York. Angeblich hat sie einen Mann namens Deeming niedergeschossen. Er liegt im Roosevelt Hospital. Ich soll ihn besuchen.«

»Sicher ein Verrückter«, sagte Phil. Ich nahm ihm den Koffer ab, und wir gingen zum Counter der Fluggesellschaft.

Ellen Symons! Ihretwegen standen die Zeitungen seit einigen Tagen Kopf.

Die Presse hatte einige Fotos von ihr aufgetrieben und fragte in zolldicken Schlagzeilen: Wer tötete FBI-Sexstar?

Erstens stand keineswegs fest, dass Ellen Symons nicht mehr lebte, und zweitens war Ellen weit davon entfernt gewesen, ein Sexstar zu sein.

Natürlich sah sie gut aus. Sehr gut sogar. Sie war tüchtig, aufgeweckt und fabelhaft gewachsen. Sie war eine ehrgeizige junge Frau, die sich bemüht hatte, in ihrem Beruf voranzukommen.

Von Ellen gab es einige Fotos, die ein Freund von ihr gemacht hatte, und das war genau das, worauf die Presse und die Masse der Leser flogen. Wäre Ellen ein hässliches Entlein gewesen, hätte man ihr Verschwinden mit 20 Zeilen auf den Innenseiten abgetan.

Ellen war vor genau einer Woche nach Las Vegas geflogen, um einen Sonderauftrag zu erledigen.

Sie traf ordnungsgemäß mit der Maschine ein und meldete sich telefonisch beim Sheriff. Als der Wagen des Sheriffs am Flugplatz eintraf, um Ellen abzuholen, schaute sich der Fahrer vergeblich nach ihr um.

Von dieser Stunde an war sie verschollen.

Einen Tag später erhielten die Redaktionen der großen New Yorker Zeitungen eine Serie kurzer, geheimnisvoller Anrufe. Der Anrufer teilte den Zeitungen lakonisch mit, dass Ellen Symons tot sei.

Das war alles.

Die Behörden in Las Vegas hatten sich bemüht, das Rätsel von Ellens Verschwinden zu lösen. Selbstverständlich hatten wir auch unser zuständiges Office eingeschaltet. Bis jetzt war nichts dabei herausgekommen.

Nun sollte ich den Fall übernehmen. Für mich begann er praktisch mit der Vernehmung von Dr. Deeming.

Deeming hatte Glück gehabt. Die Kugel hatte die Lungenspitze nur knapp verfehlt. Der Blutverlust war mit einer Transfusion kompensiert worden, und Deeming befand sich schon wieder in recht guter Verfassung.

»Ich hatte nicht gedacht, dass sie’s tun würde«, meinte er seufzend, als ich an seinem Bett saß. »Dabei hatte sie mich mit zwei Kugeln gewarnt! Ich fürchte, ich habe mich sehr dumm benommen.«

»Wie kamen Sie darauf, dass es sich bei der Frau um Ellen Symons handeln könne?«

»Ich bin kein großer Zeitungsleser, wissen Sie. Dazu finde ich in meinem Beruf kaum Gelegenheit. Ich wurde heute Nacht eingeliefert und sofort in den Operationssaal gebracht. Aber um neun Uhr erhielt ich schon Frühstück, zusammen mit der Morgenzeitung. Auf der Titelseite war das Foto von Ellen Symons. Ich war wie elektrisiert. Für mich war das Cynthia! Ich ließ die Schwester kommen. Sie rief in meinem Auftrag die Kriminalpolizei an. Eine Stunde später besuchte mich ein junger Beamter, der ein paar Fotos hatte. Nicht alle Bilder zeigten Ellen Symons, aber ich hatte keine Mühe, die richtigen Fotos von den falschen zu trennen. Ich bin ziemlich sicher, dass es sich bei dieser Ellen Symons um die Frau handelt, die auf mich geschossen hat. Beschwören kann ich’s natürlich nicht. Zwischen Bild und Wirklichkeit gibt es stets gewissen Unterschiede. Cynthia war übrigens nicht hellblond wie Ellen Symons, sondern rotblond. Seltsamerweise überzeugte dieser Umstand den Kriminalbeamten am meisten, denn natürlich wird Miss Symons einiges getan haben, um ihr Aussehen zu verändern. Außerdem gibt es noch einen Punkt, der für ihre FBI-Zugehörigkeit spricht.«

»Nun?«

»Ihre Judokenntnisse. Es dürfte nicht sehr viele attraktive junge Frauen geben, die Judo in dieser Perfektion beherrschen. Sie holte mich von den Füßen, dass mir Hören und Sehen verging!«

»Welche Augenfarbe hatte die Frau?«

»Es waren auffällig helle Augen, grau.«

»Und die Stimme?«

»Dunkel, leicht belegt.«

Ich stellte noch einige Fragen, die sich auf Ellens Aussehen und Auftreten bezogen. Deeming beantwortete sie ruhig und gewissenhaft. Mr High hatte recht gehabt.

Es schien so, als sei Derek Deeming mit Ellen Symons auf seiner privaten Feier zusammen getroffen.

»Ich hatte inzwischen Gelegenheit, alle Gäste nochmals in Gedanken Revue passieren zu lassen«, sagte Deeming. »Es waren insgesamt sechsundzwanzig, vierzehn Herren und zwölf Damen. Nicht alle Herren kamen in Begleitung. Ich weiß noch immer nicht, wer sie mitgebracht hat.«

»Kann sie nicht allein gekommen sein?«

»Das würde bei einer solchen Party natürlich nicht auffallen.«

»Wer ließ die Gäste ein?«

»Ich. Gegen neun Uhr ergab sich eine gewisse Ballung, so dass ich die Tür zur Diele einfach offen ließ.«

»Sie beschäftigen keine Dienstboten?«

»Doch, einen älteren Diener. Ich wollte ihm den Rummel der Party ersparen. Er half mir nur bei den Vorbereitungen. Die Nacht verbrachte er bei seinem Bruder.«

»Wie haben Ihre Gäste erfahren, dass Sie eine Party geben?«, fragte ich.

»Ich habe jeden einzeln telefonisch oder schriftlich verständigt.«

»Was für Gäste waren es?«

»In der Hauptsache Kollegen mit ihren Frauen oder Freundinnen«, sagte Deeming. »Außerdem ein paar Jungs, die mit mir in Princeton waren, und zwei alte Freunde aus meiner Heimatstadt. Ich stamme aus Las Vegas.«

Ich spitzte die Ohren. »Seit wann leben Sie in New York?«

»Schon ein halbes Menschenalter lang«, erwiderte er lächelnd. »Zwanzig Jahre.«

»Wie alt sind Sie?«

»Dreiundvierzig.«

»Können Sie mir eine komplette Liste Ihrer Gäste anfertigen?«, fragte ich.

»Das ist kein Problem. Leider kann ich im Moment nicht schreiben. Soll ich Ihnen die Namen diktieren?«

Wenige Minuten später hatte ich die Namen der männlichen Gäste notiert. »Trug die Frau Handschuhe?«, fragte ich abschließend.

»Ja, hauchdünne Dinger, die zu dem Kleid passten. Sie werden also nirgendwo ihre Fingerabdrücke finden.«

Ich bedankte mich und ging. Als ich wieder im Office war, rief ich der Reihe nach die Leute an, die Deemings Party besucht hatten. Jeder konnte sich genau an die rotblonde Frau erinnern. Ja, die meisten hatten von der verschwundenen Ellen Symons gehört, sie hatten auch die Bilder in den Zeitungen gesehen, aber es war keinem eingefallen, die Fotos mit der rotblonden Cynthia in Verbindung zu bringen. Nein, niemand wusste, wer sie eigentlich mitgebracht hatte.

***

Sie merkte genau, dass der Mann ihr folgte. Sie war 19 und leidlich hübsch. In diesem Alter ist man zuweilen unsicher, ob man männliche Aufdringlichkeit als Ärgernis oder als Kompliment werten soll. Im Wesentlichen hängt es davon ab, wie der Mann aussieht und wie er sich verhält.

Lea blieb vor einem Geschäft stehen. Die Schaufensterscheibe wirkte wie ein Spiegel. Sie sah, wie der Mann herangeschlendert kam und zögernd vorüberging. Er war noch jung, höchstens 24. Er sah gar nicht übel aus, nur Sakko, Hemd und Schuhe waren zu auffällig. Lea entschloss sich, den jungen Mann zu vergessen. Sie ging weiter.

An der nächsten Ecke sprach er sie an. Lea blieb überrascht stehen und schaute in sein Gesicht. Es war schmal und braungebrannt.

»Ich muss Sie sprechen«, sagte er.

»Was wünschen Sie?«, erkundigte sie sich spröde und betont distanziert.

»Das habe ich doch gerade gesagt. Ich muss Sie sprechen! Sie sind Lea Alberdale, nicht wahr?«

»Sie kennen mich?«, fragte sie verblüfft.

Er schaute sich um wie ein Verschwörer. »Hier geht es nicht«, murmelte er. »Es könnte sein, dass man uns beobachtet.«

Lea runzelte die Augenbrauen. Was sollte sie von dem sonderbaren Benehmen des jungen Mannes halten?

»Wer sollte uns beobachten und warum?«, fragte sie.

»Das werden Sie begreifen, wenn Sie mit mir gesprochen haben.«

»Machen Sie es kurz!«, sagte sie, leicht verärgert. »Worum handelt es sich?«

»Um Ihren Vater.«

Leas Augen rundeten sich verblüfft. »Was ist mit ihm?«

»Sie wollen doch, dass ihm nichts zustößt, nicht wahr?«, fragte der junge Mann. Er schaute immer wieder über die Schulter, als müsse er sich vergewissern, von keinem Bekannten gesehen zu werden.

»Wer sind Sie eigentlich?«, fragte Lea.

»Mein Name tut nichts zur Sache, aber ich will Ihnen helfen.«

»Mir? Ich kann mir selbst helfen!«

Der junge Mann verdrehte die Augen. »Das hat man davon, wenn man Kopf und Kragen riskiert!«, sagte er bitter. »Begreifen Sie denn nicht, dass Ihr Vater in Gefahr ist und dass ich Ihnen einen Tipp geben will, wie das Verbrechen vereitelt werden kann?«

Lea wurde blass. »Ein Verbrechen? Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen!«

»Kommen Sie mit!«, sagte er.

Lea folgte dem jungen Mann quer über die Straße. Er ging sehr schnell, mit gesenktem Kopf. Lea hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten. »Warum wenden Sie sich nicht an die Polizei?«, fragte sie plötzlich.

»Das kann meinetwegen Ihr Vater machen«, meinte der junge Mann.

»Das beantwortet nicht meine Frage!«

»Okay«, murmelte er, ohne das Tempo zu mäßigen. »Ich will Ihnen die Wahrheit sagen. Ich bin vorbestraft. Wenn ich zur Polizei gehe, bringt man mich todsicher mit dem geplanten Verbrechen in Zusammenhang. Das muss ich vermeiden. Ich riskiere schon so genug!«

»Wohin gehen wir jetzt?«

»Zu meinem Wagen. Ich habe ihn in einer Seitenstraße abgestellt.«

Plötzlich kam Lea das Ganze höchst absurd und unglaubwürdig vor. Wer konnte ein Interesse daran haben, ihren Vater, den höchst ehrenwerten Professor Alberdale, in ein Verbrechen zu verstricken? Lea blieb stehen. Auch der junge Mann stoppte. Er wandte den Kopf und musterte sie unwillig. »Was gibt’s?«, fragte er.

»Ich kenne Sie nicht«, sagte Lea mit fester Stimme. »Woher soll ich wissen, dass Sie es ehrlich mit mir meinen?«

Der junge Mann seufzte. »Ich verlange doch nichts von Ihnen, oder? Ich will kein Geld haben, nichts! Ich bitte Sie nur darum, mich anzuhören. Ist das zu viel verlangt?«

»Ich höre Sie ja an! Warum erzählen Sie mir nicht jetzt und hier, was es zu sagen gibt?«

»Sie machen es mir wirklich schwer! Ich fühle mich beobachtet«, meinte der junge Mann und ließ seine Blicke umherschweifen. »Wenn man entdecken sollte, dass ich das Unternehmen verpfeifen will, kann ich mich begraben lassen.«

»Soll das heißen, dass Sie einer Bande angehören?«

»Ich muss Sie jetzt vor die Entscheidung stellen«, sagte der junge Mann. Seine dunklen Augen waren schmal und feindselig. Er zog die Schultern hoch und schob die Hände in die Hosentaschen. »Entweder kommen Sie mit und lassen sich berichten, worum es geht, oder ich blase das verdammte Unternehmen ab!«

»Also gut, ich komme mit«, sagte Lea nach kurzem Nachdenken.

Fünf Minuten später erreichten sie einen alten grauen Plymouth, der in einer Seitenstraße parkte. Am Lenkrad des Wagens saß ein junger Mann und rauchte eine Zigarette. Lea blieb zögernd stehen. »Sie haben mir nicht gesagt, dass Sie nicht allein sind«, stellte sie fest.

»Bob ist okay«, sagte der junge Mann. »Steigen Sie nur ein!«

Lea zögerte, aber dann folgte sie der Aufforderung. Der Mann auf dem Fahrersitz schaute sich nicht um. Er hatte einen Arm aus dem herabgekurbelten Fenster hängen und machte einen trägen, desinteressierten Eindruck.

Lea bereute plötzlich, in den Wagen gestiegen zu sein.

Ihr Begleiter ließ sich neben sie auf die schmutzigen Polster fallen. »Gib mir eine Zigarette!«, sagte er zu dem Fahrer.

»Machen Sie es kurz, bitte!«, sagte Lea.

Der Fahrer reichte eine Packung Zigaretten über die Schulter. Er drehte sich auch dabei nicht um. Der junge Mann neben Lea steckte sich eine Zigarette an. »Wollen Sie auch eine?«, fragte er dann.

»Nein, danke«, sagte Lea ungeduldig. »Ich möchte, dass Sie endlich zur Sache kommen!«

»Fahr los!«, sagte der junge Mann.

»Ich fahre nicht mit Ihnen!«, stieß Lea hervor. Sie wollte die Tür öffnen, musste aber feststellen, dass das nicht ging.

Der Bursche auf dem Vordersitz drückte auf den Starter. Dann kuppelte er und legte den Gang ein. Sie fuhren los.

Lea wandte sich empört an den jungen Mann, der neben ihr saß. »Was hat das zu bedeuten?«

Der junge Mann grinste ihr ins Gesicht. »Warum regen Sie sich auf? Sie sollten uns dankbar sein, dass wir ein bisschen Spannung in Ihr tristes, wohlbehütetes Dasein bringen!«

Lea schluckte. Sie brauchte einige Sekunden, um die Worte und deren Bedeutung zu verdauen. Es war nicht ganz leicht, mit der Erkenntnis fertig zu werden, dass sie in eine Falle gelaufen war.

»Wenn Sie nicht sofort anhalten, um mich aussteigen zu lassen, schlage ich die Scheibe ein und schreie, dass alle Leute zusammenlaufen!«, drohte Lea schwer atmend.

Der junge Mann neben ihr lächelte spöttisch. »Sie haben keine Ahnung, wie widerstandsfähig so eine Scheibe ist. Wollen Sie sich verletzen? Natürlich ist das Glas kaputt zu kriegen. Aber Sie werden keine Chance haben, diese Art von Kraftsport zu betreiben. Ich werde Sie daran hindern!«

Lea überlief es kalt. »Wagen Sie es nicht, mich anzufassen!«, stieß sie hervor.

»Ihnen passiert nichts, solange Sie hübsch brav meine Anweisungen befolgen.«

»Was haben Sie mit mir vor?«

Er legte den Kopf auf das Rückenpolster und blickte sie spöttisch an. »Eine kleine Entführung, das ist alles. Es geht dabei nicht einmal um Sie, mein Täubchen. Wir brauchen ein Druckmittel, um Ihren Vater das Fürchten zu lehren.«

»Was wollen Sie von Pa?«, fragte sie.

»Nur ein paar Auskünfte«, erwiderte der junge Mann, der neben ihr saß. »Das ist alles.«

»Ich mache das nicht mit!«, presste Lea durch die Zähne.

Der junge Mann grinste matt. »Tut mir leid, Täubchen, aber darum geht es nicht.«

Lea wandte den Kopf und blickte durch das Fenster. Sie hatten die Hauptstraße erreicht. Um sie herum flutete der Verkehr. Niemand schenkte dem alten Plymouth und seinen Insassen Beachtung. Gab es eine Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen? Es musste ihr gelingen, die Entführung zu vereiteln!

Der junge Mann schien ihre Gedanken zu erraten. »Ich sitze neben Ihnen, um jede Dummheit, die Sie machen könnten, im Keim zu ersticken«, sagte er träge.

2

Nachdem ich im Hotel Desert Inn in Las Vegas abgestiegen war, fuhr ich zum Office des Sheriffs.

Ich kann nicht behaupten, dass mir der Sheriff gefiel. Er hieß Ronald McLeod und war hart, gerissen, clever und schwer durchschaubar.

Es existierte auch ein örtliches FBI-Büro. Es liegt auf der Hand, dass dieses Office mit dem Sheriff zusammenarbeitete.

McLeod war seinem Auftreten nach ein verbindlicher Mann, so um die 50 herum, mit gebräuntem, rundem Gesicht, hellblauen Augen und silbergrauem Haar. Er sah aus wie ein Gentleman-Cowboy. Seine Kleidung zeigte, dass er das wusste und diesen Eindruck zu betonen verstand. Zu einem dunklen Anzug trug er ein Texas-Schleifchen und einen breitkrempigen Stetson.

»Ich kenne diese Ellen Symons nicht«, sagte McLeod, »aber nach allem, was man von ihr hört und auf Bildern sieht, war sie eine hübsche Frau. Las Vegas wimmelt von Männern, die die Gesellschaft hübscher Frauen suchen und finden. Meine Befürchtung geht dahin, dass Ellen am ersten Tag ihres Hierseins einmal ganz privat die Atmosphäre unserer Stadt schnuppern wollte, und dabei muss sie an einen Mann geraten sein, der überhaupt nicht zu ihr passte.«

»Sie haben vermutlich in sämtlichen Hotels nachgefragt, ob an jenem Abend eine Frau abgestiegen ist, die Ellen Symons ähnelte?«

»Selbstverständlich«, nickte der Sheriff. Er lächelte matt. »Blondinen gibt’s in dieser Stadt wie Sand am Meer, Agent, aber glücklicherweise haben die meisten Hotel- und Pensionsbesitzer einen scharfen Blick für die Gäste. Ich wette, man hätte sich erinnert, wenn die Kleine, allein, oder in männlicher Begleitung, irgendwo eine Übernachtung gebucht hätte. Nein, sie ist nicht gesehen worden. Ich darf Ihnen versichern, dass wir die Nachforschungen mit größter Sorgfalt geführt haben. Das FBI hat uns dabei unterstützt.« Er beugte sich nach vorn. »Natürlich müssen wir auch die andere Möglichkeit ins Auge fassen«, fügte er hinzu.

Ich nickte, denn es war klar, was er meinte.

Ellen Symons war mit dem Auftrag nach Las Vegas geschickt worden, einen Mann zu überführen, der als Leiter eines Rings von betrügerischen Profispielern galt. Man hatte Ellen für diese Aufgabe ausgesucht, weil anzunehmen war, dass man sie in Las Vegas nicht kannte.

Außerdem wusste man in der Branche, dass der Mann, um den es sich handelte, eine Schwäche für Blondinen in Ellens Alter hatte.

Der Mann hieß Rock Butcher, und so sah er auch aus: bullig, breitschultrig und schlagkräftig. Wir wussten, dass er an dem fraglichen Tag mit seinen Freunden in Chicago gewesen war. Sein Alibi war hieb- und stichfest.

»Rock Butcher kann erfahren haben, was Ellen für einen Auftrag hatte«, meinte McLeod.

»Wäre das für ihn ein Grund gewesen, das Mädchen verschwinden zu lassen?«

»Kaum«, gab McLeod nach kurzer Überlegung zu. »Ein erkannter Feind ist ungefährlich, nicht wahr? Dieses Gesetz gilt für uns, und es gilt für die Gangster. Butcher hätte sich bestimmt nach dieser Devise gerichtet. Er ist gerissen und brutal, aber ich glaube nicht, dass er es wagen würde, eine FBI-Agentin zu töten oder töten zu lassen. Dazu bestand an dem fraglichen Abend nicht der geringste Anlass. Ellen Symons war gerade erst angekommen. Sie verfügte über keinerlei Beweismaterial, das Rock Butcher gefährlich werden konnte.«

Ich hinterließ meine Hoteladresse und fuhr zum FBI-Office. Dort blieb ich etwa eine Stunde. Viel kam bei der Unterhaltung nicht heraus. Ein Taxi brachte mich zurück ins Hotel. Ich duschte mich und zog mich um. Dann setzte ich mich in den Speisesaal, um zu essen.

Ich kann nicht sagen, dass ich mich sehr wohl oder glücklich fühlte. Natürlich war es notwendig, alles zu tun, um Ellens mysteriöses Verschwinden aufzuklären. Aber schließlich hatten die Behörden in Las Vegas schon getan, was getan werden konnte, und ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie und wo ich mit meinen Nachforschungen beginnen sollte.

Dann kam der Anruf. Er erreichte mich nach dem Essen, als ich im Hotelzimmer stand und mein Äußeres ziemlich trübe im Spiegel betrachtete.

Ich meldete mich. »Ein Anruf für Sie, Sir«, sagte eine angenehme weibliche Stimme. Ein Knacken ertönte, dann drang eine Männerstimme an mein Ohr. »Agent Cotton?«

»Am Apparat.«

»Wie ich höre, interessieren Sie sich für Ellen Symons.«

»Stimmt. Wer hat Ihnen das mitgeteilt?«

»Das ist doch unwichtig. Ich kann Ihnen sagen, wo sie steckt.«

»Wollen Sie mir nicht Ihren Namen nennen?«

»Nein. Sind Sie nun an der Information interessiert oder nicht?«

»Selbstverständlich bin ich daran interessiert.«

»Natürlich kostet Sie das eine Kleinigkeit.«

»Wie viel?«

»Ein Tausender muss dabei herausspringen.«

»So viel habe ich nicht bei mir.«

»Wie viel können Sie mitbringen?«

»Etwa Fünfhundert.«

»Das reicht. Den Rest können Sie mir morgen geben. Kennen Sie das Desperado Inn?«

»Ich bin fremd in dieser Stadt.«

»Die Kneipe liegt am nördlichen Ende der Stadt, in der New Brunswick Road.«

»Wann soll ich dort sein?«

»Ungefähr in einer Stunde.«

»Woran erkenne ich Sie?«