Jerry Cotton Sonder-Edition 4 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sonder-Edition 4 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Randolph Rutter, ehemals ein großer Boss der New Yorker Unterwelt, versuchte mir einen Tipp zu verkaufen. Es ging angeblich um einen großen Bankraub. Mehr wusste er nicht. Ich lachte den heruntergekommenen Ex-Gangsterboss aus. Doch dann häuften sich die Anzeichen, dass an Rutters Story vielleicht etwas dran war, und wir vom FBI standen einem Gegner gegenüber, der nicht zu greifen war ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Feind im Dunkeln

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Film: »American Cyborg«/ddp-images

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-1538-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Der Feind im Dunkeln

1963 startete der Bastei Verlag die Jerry Cotton Taschenbücher in Ergänzung zu der Heftromanserie, die zu diesem Zeitpunkt schon in der zweiten Auflage war.

Damals fragte der Klappentext der Taschenbücher noch: Wer ist G-man Jerry Cotton? Und gab auch gleich die Antwort: »Er ist ein breitschultriger, gutaussehender FBI-Beamter, der sein Leben dem Kampf gegen Gangster gewidmet hat. Durch seinen Mut und seine Entschlossenheit hat er die Herzen von Millionen Lesern in mehr als 40 Ländern erobert.«

Die Jerry Cotton Sonder-Edition bringt die Romane der Taschenbücher alle zwei Wochen in einer Ausgabe.

Es ist eine Reise durch die Zeit der frühen 60er Jahre bis in das neue Jahrtausend.

1

Als mein Feuerzeug aufflammte, sah ich das Gesicht – ein hohlwangiges, stoppelbärtiges, verdrecktes Gesicht mit ausgedörrten Lippen und angstvoll flackernden Augen.

Der Mann, dem dieses Gesicht gehörte, war einst New Yorks erfolgreichster Gangster gewesen. Jetzt war er ein Wrack. Jetzt war Randolph Ruller am Ende.

Die Flamme meines Feuerzeugs erlosch. Es wurde wieder stockfinster in dem Schuppen, in dem es nach Teer, Moder und Brackwasser roch.

»Schieß los, Randolph«, sagte ich in die Dunkelheit. »Am Telefon hast du mir eine sensationelle Story versprochen. Ich hoffe, du hast mich nicht wegen irgendeinem Unsinn in den Hafen gelotst.«

»Nein nein«, krächzte er. »Es lohnt sich für euch. Was zahlt denn das FBI für ’nen Tipp über einen geplanten Bankraub?«

»Nichts«, antwortete ich.

»Habe es nur mal versucht. Ich weiß, dass ihr keinen Cent locker macht. Aber ich liefere euch den Kerl umsonst.«

Er machte eine Pause. Ich hörte, wie er sich am Kopf kratzte. »Du kennst doch meine Geschichte, Cotton? Du weißt auf welch schäbige Weise James Morleigh mich ausgebootet hat?«

Ich seufzte. Beinahe jeder Polizist in New York kennt die Story, wie Randolph Ruller von seinem Partner James Morleigh vor zwei Jahren kalt gestellt worden war. Wahrscheinlich entsprach die Geschichte sogar der Wahrheit, aber gegen Morleigh lagen keine Beweise vor, und man konnte ihn nicht vor den Richter bringen.

»Das war damals so«, krächzte Ruller. »Morleigh war nur ’ne Laus, die vor Hunger nicht schlafen konnte. Als er mir über den Weg lief, da …«

Ich hörte nicht weiter zu. Ich wusste, dass Ruller vor rund drei Jahren zwei Dutzend Spielhöllen besessen hatte. Morleigh war als Partner in das Geschäft eingestiegen. Innerhalb von drei Monaten hatte er Rullers Bankhalter, Leibwächter und Kunden auf seine Seite gebracht, und Randolph war in hohem Bogen aus dem Unternehmen geflogen.

»Hör schon auf!«, sagte ich. »Das ist alles Vergangenheit. Du hast nie handfestes Material gegen Morleigh liefern können. Außerdem hat die New Yorker Polizei deinem Ex-Partner im Lauf der Jahre mächtig die Flügel gestutzt. Die Cops haben das Unternehmen lahm gelegt. Sie haben die meisten Spielhöllen ausgehoben. Morleigh verdient mit dem Rest kaum noch die Butter auf dem Brot.«

»Genau, G-man«, flüsterte Ruller. »Darum wirft er sich auf ein anderes Geschäft, ein Geschäft, bei dem ein dickes Dollarpaket zu holen ist. Er plant einen Bankraub!«

»Bei welcher Bank? Wann? Wo? Wie?«

»Er und seine Leute haben einen Tunnel bis unter die Bank gegraben. Sie haben ihn soweit vorgetrieben, dass es nur noch wenige Tage dauern kann, bis sie das Tresorgewölbe aufknacken. Morleigh rechnet damit, dass er ein oder zwei Millionen Dollar kassieren kann. Aber ich will nicht, dass der Lump einen großen Fischzug macht.«

Ich war enttäuscht. Das FBI und die City Police von New York erreichen jede Woche mehr als hundert Informationen über geplante Verbrechen. Nur knapp fünf Prozent aller Nachrichten erweisen sich als stichhaltig, und Rullers Story zeigte die Merkmale einer Information, die zu den restlichen fünfundneunzig Prozent gehört.

Banken lassen sich heutzutage auch von unten nicht mehr mit Aussichten auf Erfolg anbohren. Die meisten Tresore sind mit so empfindlichen Alarmanlagen gespickt, dass die Sirenen schon losheulen, wenn jemand in der Nähe der Tresore nur niest.

»Auf welche Bank soll Morleigh es abgesehen haben?«

»Ich weiß es nicht, G-man. Morleigh soll in der Nähe der Bank ein Gelände gepachtet haben, auf dem früher eine Baustoff-Firma untergebracht war. Morleigh gibt vor, er wolle den Handel mit Baustoffen wieder aufnehmen. Auf diese Weise fällt es nicht auf, wenn sie die Erde aus dem Gang abfahren und Holz und Baugeräte heranschaffen. Verstehst du, G-man?«

»Ich verstehe, aber in New York gibt es tausende Firmen, die mit Baumaterial handeln, und es gibt eine Menge Bankfilialen. Welche Bank, Ruller? Welche Baustoffhandlung?«

»G-man, mir haben drei Jungs, die für Morleigh arbeiten, die Sache erzählt. Sie haben in dem Tunnel gebuddelt. Sie haben mir alle Einzelheiten beschrieben!«

»Nur die Adresse nannten sie dir nicht.«

»Selbstverständlich nicht. Sie wollten ja nichts verpfeifen. Sie erzählten mir nur davon, weil sie getrunken hatten und ihre Zungen nicht im Zaum halten konnten.«

»Wie heißen sie?«

»Ich weiß nur ihre Vornamen. Zwei der Kerle sind Brüder. Der Ältere heißt Less, der Jüngere Frank. Den dritten nannten sie Chuck. Chuck ist ein großer, blonder Bursche, Less und Frank dagegen sind schwarzhaarig. Less hat eine Narbe unter dem linken Auge, und das Augenlid hängt ein wenig. Less mag Mitte Dreißig sein, die beiden anderen etwa fünf Jahre jünger.«

»Sind es New Yorker?«

»Keine Ahnung. Früher bin ich ihnen nie begegnet.«

»Wo hast du sie getroffen?«

»Im Lucas Inn, in der 94th Street. Sie setzten sich meinen Tisch.«

»Hast du ihnen von deinem Streit mit Morleigh erzählt?«

»Natürlich! Dadurch kamen wir ja auf Morleigh zu sprechen. Sie lachten sich halb tot, als sie meine Geschichte hörten. Im Laufe des Abends rückten sie mit dem geplanten Bankraub heraus.«

Der Ex-Gangster tat mir fast leid. Da war er in einer Kaschemme an ein paar Burschen geraten, hatte in seinem Hass auf Morleigh geschimpft, und die Jungs hatten ihm, Ruller, zum Spaß ein Märchen erzählt.

»Tut mir leid, Ruller«, sagte ich, »aber an der Sache ist bestimmt nichts dran. Die drei haben dich auf den Arm genommen.«

»Das kann nicht wahr sein, G-man. Sie haben genau berichtet, in allen Einzelheiten. Der Tunnel soll beinahe so hoch sein, dass ein Mann darin stehen kann. Sie haben ihn mit Holz verschalt und mit Balken abgestützt. Sie haben …«

»Sie haben dir die Einzelheiten vorgelogen, Ruller«, unterbrach ich ihn. »Die Einzelheiten und die ganze Geschichte. Ich kann damit nichts anfangen. Soll ich Morleigh sagen: Du baust einen unterirdischen Gang, um eine Bank auszurauben. Leider weiß ich nicht, wo? Tut mir leid, Ruller. Aber mit der Geschichte kann ich Morleigh nicht an den Kragen.«

Ich ließ mein Feuerzeug aufflammen und ging zur Tür des Schuppens. Ruller folgte mir. Wir traten ins Freie, auf das 28. Pier, das Ruller als Treffpunkt vorgeschlagen hatte. Ich ging am Rand des Piers entlang. Ruller war stehen geblieben. Ungefähr dreißig Fuß unter mir schimmerte das schwarze Wasser des Hafens. Der Widerschein der Bogenlampen malte glänzende Kreise auf die Fläche.

Ungefähr dreißig Schritte hatte ich mich von dem Schuppen entfernt, als Ruller rief: »G-man!«

Ich drehte mich um.

»Ich habe noch was zu sagen, G-man!«, rief er und kam mir nach.

Zehn Yards vor mir musste er den Lichtschein einer Bogenlampe passieren.

Die Schüsse fielen, als Ruller genau unter der Lampe stand.

Es waren die hellen, peitschenden Schläge von Gewehrschüssen. Der Schütze musste sich draußen auf dem Wasser befinden. Die Kugeln warfen Ruller gegen den Mast der Bogenlampe. Dann sank der Ex-Gangster langsam in sich zusammen.

Mit einem Sprung war ich am äußeren Rand des Piers, den 38er in der Hand.

Auf dem Wasser ertönte das Brummen eines Motors. Ich strengte meine Augen an, aber ich sah nichts. Der Kahn fuhr offenbar ohne Lichter davon. Einmal glaubte ich das weiße Schäumen seiner Kielwelle zu sehen. Dann wurde das Motorengeräusch schwächer und war bald nicht mehr zu vernehmen.

Ich ging zu dem reglosen Mann. Vorsichtig hob ich seinen Kopf. Die Augen waren starr. Randolph Ruller war tot. War sein Tod ein Beweis dafür, dass seine Geschichte stimmte? Ich wusste es nicht, aber ich wollte James Morleigh sprechen, noch in dieser Nacht.

2

Um drei Uhr morgens fuhren Phil und ich langsam durch die fast menschenleere Bethune Street in Greenwich Village. Vor fünf Stunden hatten die Gewehrschüsse Randolph Ruller auf das Pflaster des 28. Piers gestreckt. Fünf Stunden hatten wir gebraucht, um festzustellen, wo James Morleigh seine Spielhölle betrieb. Die letzte, die ihm geblieben war.

Die Chance, Morleigh in dem Laden anzutreffen, war gering.

Die Besitzer von Spielclubs vermeiden es, ihre Unternehmen aufzusuchen. Morleigh hatte man nie beweisen können, dass er der Besitzer der vielen illegalen Spielclubs gewesen war, die die Stadt in den letzten zwei Jahren aufgespürt und dicht gemacht hatte.

»Das müsste der Laden sein«, sagte Phil. »Der Junge dort sieht wie ein Aufpasser aus.«

Der Mann, den Phil meinte, stand an eine Hauswand gelehnt und wandte den Kopf mit der Regelmäßigkeit eines Uhrpendels nach rechts und links.

Ich bog in die nächste Querstraße ein und stoppte meinen Jaguar. Wir stiegen aus.

Wir traten in einen noch geöffneten Drugstore, in dem sich als einziger Gast ein betrunkener Seemann an der Theke festhielt.

Phil rief Lieutenant Welfare vom 15. Revier an und sagte ihm, er möge seine Leute herschicken, aber erst eingreifen, wenn er unser Zeichen bekäme. Alles Übrige war vorher verabredet worden. Wir waren nur vorausgefahren, um die Lage zu sondieren. Es wäre sinnlos gewesen, mit Sirenengeheul und Rotlicht aufzumarschieren. Wir wären in ein leeres Nest gestoßen. Denn ein zweiter Ausgang gehört zu einem Spielclub wie gezinkte Karten. Der Aufpasser musste möglichst schnell mattgesetzt werden.

Phil ging voran. Ich folgte ihm in zwanzig Schritt Abstand, wechselte auf die andere Straßenseite hinüber und ging im Schlenderschritt weiter.

Im spärlichen Schein einer Straßenlaterne sah ich, wie Phil an dem Aufpasser vorüberging, dann eine blitzschnelle Kehrtwendung machte, auf den Mann zusprang und sich vor ihm aufbaute.

Ich hetzte in langen Sprüngen quer über die Straße.

Phil hielt dem Burschen den FBI-Ausweis unter die Nase. Der Kerl war vor Schreck wie gelähmt.

»Wenn er nun einen Pfiff von sich gibt«, flüsterte Phil, »geht der ganze Verein stiften.«

Mein Freund trat dicht an den Jungen heran. Er hatte ein gewöhnliches, bleiches Gesicht und unruhige Augen.

»Das ist eine Polizeiaktion«, sagte Phil. »Wenn du versuchst, deine Leute zu warnen, verstößt du gegen zwei Dutzend Paragrafen und wirst nicht sehr glimpflich davonkommen, verstanden?«

Der Aufpasser nickte.

»Wo ist der Spielclub?«, fragte ich.

»Im Keller!«

»Gibt’s hier noch einen Aufpasser?«

»Nein.«

»Gibt’s sonst noch eine Warnvorrichtung?«

Er antwortete wieder mit »Nein«, aber er wich meinem Blick aus. Er war ein miserabler Lügner.

Ich legte ihm die Hand auf die Schulter.

»Freund«, sagte ich sanft, »du ahnst nicht, welcher Unterschied zwischen den vier Wochen Gefängnis besteht, die du wahrscheinlich bekommen wirst, weil du hier den Aufpasser gespielt hast, und den zwei Jahren, die du bekommen kannst, wenn du dich querlegst. Also?«

Er schluckte. »Die oberste Treppenstufe hat einen Klingelkontakt. Man darf sie nicht berühren. Die Gäste wissen das.«

»Sehr gut«, lobte ich. »Jetzt zeig uns den Weg!«

Phil nahm den Burschen am Arm. Ich überzeugte mich davon, dass ich den Haussuchungsbefehl bei mir hatte und knipste dann die Taschenlampe an.

Der Weg führte durch den Hausflur bis zu einer Tür, hinter der die Kellertreppe lag. Ich leuchtete die oberste Treppenstufe ab und sah einen Draht. Die Warnanlage war primitiv, aber sicherlich wirkungsvoll. Wir stiegen die Treppe hinab, ohne die oberste Stufe zu berühren. Wir gelangten in einen Gang. Nach wenigen Schritten kamen wir an eine Ecke, hinter der Stimmen, das Klappern von Würfeln und das Klirren von Gläsern erklang.

Ich lugte um die Ecke. Der Gang setzte sich noch einige Yards fort und mündete an einer Tür, die geöffnet war. Licht fiel auf den Gang. Ich sah die Rücken einiger Leute, die sich um einen Tisch drängten.

;

Als Phil und ich in den Raum platzten, wurden nur die zwei Bankhalter am Kartentisch und am Roulette nervös. Sie erkannten uns als Polizisten. Die Spieler hielten uns für Kollegen, zumindest bis ich rief: »FBI! Jeder bleibt auf seinem Platz. Wegen Beteiligung an verbotenem Glücksspiel stelle ich Sie vorläufig unter Arrest!«

Alle Gesichter im Kellerraum wandten sich uns zu.

Morleigh hatte sich mit der Ausstattung des Raums nicht viel Mühe gegeben. Es war nichts als ein gewöhnlicher, großer Keller. In der Mitte stand ein primitiver Roulettetisch, dessen Kugel sicherlich in die Löcher dirigiert werden konnte, die der Croupier für richtig hielt. Daneben befand sich ein Tisch für die Kartenspiele, und die beiden Burschen, die Morleigh als Bankhalter dorthin gesetzt hatte, waren berüchtigte Kartengeber. Wer an diesen beiden Tischen spielte, verlor sein Geld mit Sicherheit.

An einem dritten Tisch wurde gewürfelt, vermutlich ohne Betrug, denn hier gab es keinen Bankhalter. Die Besucher spielten gegeneinander.

Schließlich gab es noch eine Art Bar. Sie bestand aus einem über zwei Stühle gelegten Brett, ein paar Flaschen, einem Dutzend Gläser und einem Eimer mit Wasser, in dem die Gläser gespült wurden.

Morleighs Unternehmen war nicht sonderlich gut besucht. Die Bankhalter und den Jungen hinter der Bretterbar mitgerechnet, mochten sich etwa zwanzig Personen in dem Keller aufhalten.

Unser Erscheinen löste keine große Aufregung aus. Nur einige Frauen redeten nervös auf ihre Begleiter ein.

Morleighs Bankhalter saßen still hinter ihren Tischen. James Morleigh sah ich nicht.

Ich wandte mich an einen der Bankhalter. »Wo ist Morleigh? Es handelt sich um Mord.«

Der Gefragte wurde blass, schob mit fahriger Geste den grünen Schutzschirm aus der Stirn und beteuerte mit schriller Stimme, er habe den Namen Morleigh noch nie in seinem Leben gehört.

»Hol bitte die Cops!«, sagte ich zu Phil. Mein Freund deponierte den Aufpasser in einer Ecke und verschwand im Kellergang.

Ich trat an den Tisch, an dem gewürfelt worden war. Sechs Männer standen dort. Ich blickte jedem ins Gesicht.

Einer der Männer war schwarzhaarig und hatte eine Narbe unter dem linken Auge. Das Augenlid hing ein wenig herab, so dass es einen Teil der Iris verdeckte.

Der Mann sah genau so aus, wie Randolph Ruller jenen Less beschrieben hatte.

»Wir wissen, dass du für Morleigh arbeitest«, sagte ich.

»Das stimmt nicht«, antwortete er. Er hatte eine merkwürdig ausdruckslose Stimme.

»Ich will sehen, was du in den Taschen trägst. Nimm die Arme hoch!«

Sein Mundwinkel zog sich herab. »Ein Bulle allein kann mich nicht einschüchtern«, sagte er. »Nicht mal ein G-man.«

Er schlug so blitzartig zu, dass ich nur noch den Oberkörper zurückreißen konnte, um dem Schlag die volle Wirkung zu nehmen. Dennoch wurde ich zurückgeworfen. Ein Sternschnuppenregen ging vor meinen Augen nieder. Durch das Gefunkel sah ich, dass die Hand des Burschen zum Jackenausschnitt hochzuckte.

Jetzt war ich schneller. Ich hielt die 38er schon in der Hand, als seine Finger gerade im Jackenausschnitt verschwanden.

»Keine Bewegung!«, fauchte ich. »Und ihr da! Und du … Halt!«

Ich musste schießen, denn auf der anderen Seite des Würfeltisches hatte ein Mann, schwarzhaarig wie Less, aber mit schmalerem Gesicht und hellen Augen, eine schwere Pistole aus der Tasche gerissen.

Der Schuss dröhnte in dem Keller wie ein Donnerschlag. Ich hatte instinktiv auf den Arm des Mannes gezielt, aber ich traf nicht den Arm, sondern die Kanone. Ich schoss dem Kerl die Pistole aus der Hand, ohne dass er dabei auch nur einen Fingernagel verlor.

Seine Hand zuckte zurück, als hätte er einen elektrischen Schlag erhalten. Die Waffe klirrte auf den Boden. Frauen kreischten.

»Ruhe!«, brüllte ich, und sie verstummten.

Ich wagte es nicht, die beiden Kerle aus den Augen zu lassen. Wie hatte Ruller sie genannt? Less und Frank. Man sah, dass sie Brüder waren. Ihre Gesichter ähnelten sich stark. Aber Less’ Augen waren braun und hatten einen Drillbohrerblick, während Franks Augen grau und wie Eis waren.

Ich hatte die Kerle noch nie gesehen. Von den beiden ging eine Gefährlichkeit aus, die mich zur Vorsicht mahnte.

»Pfoten hoch!«, befahl ich schneidend.

Less Hand lag im Jackenausschnitt, als wäre sie festgeleimt.

»Ich schieße«, sagte ich. »Also …«

Der Blick des Gangsters glitt von mir ab und richtete sich auf irgendetwas hinter mir.

Im gleichen Augenblick schrie eine Frau hinter mir gellend auf. Der Schrei erstarb in einem Gurgeln.

»Nein … Hilfe! Nein …«

Ich warf den Kopf herum.

Unmittelbar neben dem Roulettetisch wand sich eine Frau im Arm eines Mannes. Der Kerl hatte sie von hinten an sich gerissen. Er hatte einen Arm um sie geschlungen und presste sie so an sich, dass sie ihn mit ihrem Körper deckte. Das Schlimmste aber war, dass er in der freien Hand ein Messer hielt, das er der Frau an die Kehle gesetzt hatte.

»Wie gefällt dir das G-man?«, schrie er. »Lass deine Kanone fallen, oder ich schneide dieser unschuldigen Taube die Kehle durch. Das kommt dann auf dein Konto!«

Die Frau wurde plötzlich ohnmächtig. Ihr Kopf fiel nach hinten, an die Schulter ihres Peinigers. Das also war Chuck, der dritte Mann, von dem Randolph Ruller gesprochen hatte.

Mein Finger lag am Abzug der Smith & Wesson. Aber ich wagte nicht zu schießen. Ich musste Zeit gewinnen. Phil und die Cops konnten jeden Augenblick kommen.

»Du bringst dich auf den elektrischen Stuhl, Chuck!«, sagte ich.

Der Blonde zuckte zusammen, als er seinen Namen hörte.

»Weg mit der Kanone!«, brüllte er.

Ich sah, wie er das Messer fester gegen den Hals der Frau presste und ließ meine Waffe fallen.

Chuck riss den Mund auf und lachte grölend. Im gleichen Augenblick warf sich Less gegen mich. Instinktiv versuchte ich, dem Schlag auszuweichen, aber es war zu spät. Irgendetwas krachte gegen meinen Schädel. In meinem Gehirn gab es einen Kurzschluss.

;

Das erste Lämpchen, das unter meinem Schädeldach wieder aufleuchtete, war eine trübselige Funzel. Ganz allmählich erst wurde es heller, aber gleichzeitig schienen in meinem Kopf einige Düsenjägerstaffeln zu starten. Undeutlich sah ich die Umrisse eines Mannes vor mir.

»Schlucken Sie das hier!«, sagte er, steckte mir eine Tablette in den Mund und goss eine Ladung Wasser hinterher.

»Gratuliere Ihnen zur Härte Ihres Kopfes«, sagte der Mann. »Ohne die Härte und ohne Ihren Hut hätten Sie sich eine schwere Gehirnerschütterung geholt.«

»Sollen wir ihn auf die Füße stellen, Doc?«, hörte ich Phils Stimme hinter mir.

Ich versuchte, den Kopf zu drehen. »Die Frau?«, brachte ich mühsam hervor.

»Nervenschock«, antwortete der Arzt, »sonst nichts.«

Nach einiger Zeit ging es mir besser.

Phil half mir auf die Füße. Wir befanden uns immer noch in dem Keller, aber außer uns hielt sich niemand mehr darin auf.

»Die Cops haben die Leute abtransportiert.«

»Hör zu, Phil. Die Burschen, die es mir besorgten, waren …«

Phil winkte ab.

»Ich weiß alles. Es gab Zeugen genug. Wir kamen drei Minuten, nachdem sie dich flachgelegt hatten.«

»Ihr habt sie?«

Er schüttelte den Kopf und zeigte auf eine Stahltür im Hintergrund.

»Der zweite Ausgang. Er führt durch den Heizungskeller in den Hinterhof des Nachbarhauses. Sie sprangen über ein paar Hofmauern und waren verschwunden, bevor wir erschienen. Wir haben den Block abgeriegelt. Ergebnislos.«

»Ich habe nie unheimlicheren Burschen gegenübergestanden«, sagte ich. »Ich kann’s nicht beschreiben. Aber sie sind so gefährlich, dass man es förmlich riecht.«

Ich tastete an meinem Kopf. über der linken Schläfe wuchs eine gewaltige Beule.

»Ich kann von Glück sagen, dass ich mit dem Ding davongekommen bin. Ich habe mit einer Kugel gerechnet.«

»Es waren zuviel Zeugen dabei.«

»Das hätte sie nicht gestört. Ich vermute, Less rechnete damit, dass du und die Cops schon nahe waren. Ein Schuss hätte euch in Galopp versetzt.«

Phil rieb sich das Kinn. »Woher hat Morleigh die Höllensöhne? Und wozu braucht er sie?«

»Um eine Bank auszunehmen. Ich glaube jetzt, dass Ruller recht hat.«

»Also müssen wir James Morleigh auftreiben.«