Jerry Cotton Sonder-Edition 5 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sonder-Edition 5 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Genauso wie Millionen Fernsehzuschauer wurde ich Augenzeuge eines Mordes, der direkt vor der Kamera stattfand. Wenig später befand ich mich in dem Fernsehstudio neben der Leiche - vom Täter weit und breit keine Spur. Meine Kollegen und ich begannen mit den Verhören. Als ich noch dabei war, den Hauptdarsteller Steve Robertson zu befragen, fiel mir eine an ihn gerichtete Postkarte in die Hände. Darauf stand: "Ich gratuliere zum perfekten Mord, Steve Robertson!"...

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Tod im Fernsehstudio

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Film: »Keatons Cop«/ddp-images

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-1539-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Der Tod im Fernsehstudio

1963 startete der Bastei Verlag die Jerry Cotton Taschenbücher in Ergänzung zu der Heftromanserie, die zu diesem Zeitpunkt schon in der zweiten Auflage war.

Damals fragte der Klappentext der Taschenbücher noch: Wer ist G-man Jerry Cotton? Und gab auch gleich die Antwort: »Er ist ein breitschultriger, gutaussehender FBI-Beamter, der sein Leben dem Kampf gegen Gangster gewidmet hat. Durch seinen Mut und seine Entschlossenheit hat er die Herzen von Millionen Lesern in mehr als 40 Ländern erobert.«

Die Jerry Cotton Sonder-Edition bringt die Romane der Taschenbücher alle zwei Wochen in einer Ausgabe.

Es ist eine Reise durch die Zeit der frühen 60er Jahre bis in das neue Jahrtausend.

1

Ich wollte einen faulen, dienstfreien Nachmittag verbringen. Ich hatte mich in meinem Wohnzimmer auf die Couch gelümmelt und beäugte jetzt die Mattscheibe meines Fernsehers. Dort rollte ein schauerliches Melodrama ab, dessen Handlung sich langsam zuspitzte.

Der Hauptdarsteller – Steve Robertson – riss in diesem Augenblick eine Pistole aus der Tasche und richtete die Mündung auf seine Partnerin, auf die graziöse Eileen Fitzgerald – ein Blondschopf mit leuchtend blauen Augen.

Die Kamera zeigte Robertson in Nahaufnahme. Ich sah, wie sich sein Gesicht voller Wut verzerrte. Sein Finger krümmte sich um den Abzug der Pistole. Der Schuss krachte.

Die Kamera schwenkte auf die Fitzgerald.

Für die Dauer eines Herzschlages stand die Frau wie erstarrt. In ihrer Stirn, eine Daumenbreite über der Nasenwurzel, war jetzt ein kleines, hässliches schwarzes Loch. Die Frau schwankte und brach dann lautlos zusammen, fiel vornüber und schlug mit dem Gesicht hart auf.

Für einen Augenblick stockte mir der Atem. Ich habe schon viele Schusswunden gesehen, und diese hier … nein, es konnte nicht sein. Sicherlich hatte ein vorzüglicher Maskenbildner die ›Wunde‹ so hingezaubert, dass sie echt wirkte. Oder …?

Wie gebannt blickte ich auf die Mattscheibe.

Die Kamera war inzwischen zurückgefahren und zeigte die Szene jetzt aus einiger Entfernung.

Es war unheimlich still.

Robertson war aschfahl geworden. Verstört blickte er auf die Waffe in seiner Hand, dann auf die leblose Gestalt der Frau, deren Kopf etwas zur Seite gewandt war, so dass man das Gesicht sehen konnte.

Und in diesem Augenblick wusste ich, dass die Schusswunde echt und dass Eileen Fitzgerald tot war. Denn aus dem schwarzen Loch war ein Blutfaden gesickert, der sich bis zur äußeren Ecke der linken Augenbraue zog.

Hätte es noch einer Bestätigung bedurft, erhielt ich sie im nächsten Augenblick. Von einer Sekunde zur anderen wurde abgeblendet, das Testbild erschien auf der Mattscheibe, und Tanzmusik erklang.

***

Eine Minute später saß ich im Jaguar. Mit Rotlicht und heulender Sirene kurvte ich durch den Verkehr.

Dabei fiel mir ein, dass der Fall das FBI vermutlich nichts anging. Aber es war mir nun einmal zur zweiten Natur geworden, mich darum zu kümmern, wenn es irgendwo nach Verbrechen roch. Und hier war die Spur noch ganz heiß

Mit kreischenden Reifen stoppte ich den Jaguar vor dem Fernsehsender. Schnell ein Blick in die Runde. Nein, meine Kollegen von der City Police waren noch nicht hier.

Ich nahm drei Treppenstufen auf einmal.

»FBI«, sagte ich zu dem Portier, der mir fragend entgegenblickte. Ich zeigte ihm meinen Ausweis. »Aus welchem Studio kam die Sendung?«

Er schaltete schneller, als ich erwartet hatte. »Studio 3, siebtes Stockwerk«, sagte er beflissen und drückte schon auf den Knopf für den Lift.

Das gab mir einige Sekunden Zeit, um ihm die nötigen Anweisungen zu geben.

»Keiner verlässt das Gebäude«, sagte ich. »Sorgen Sie dafür, dass auch die Hinterausgänge geschlossen werden. Ist Steve Robertson noch im Haus?«

Er nickte.

Dann schwebte ich im Lift hinauf. Ich atmete noch einmal tief durch, denn was jetzt kam, würde nicht erfreulich sein.

Als ich das Studio betrat, hatte ich den Eindruck, in eine Irrenanstalt geraten zu sein. Männer in Overalls, Personal in weißen Kitteln, Regisseure in modischen Straßenanzügen und Schauspieler in abenteuerlichen Kostümen. Alle wirbelten durcheinander und redeten so laut, dass man kein Wort verstand.

Dann entdeckte ich in einer Ecke die Dekoration, in der der Mord geschehen war: ein Schlafzimmer. Man hatte Eileen Fitzgerald auf das Bett gelegt.

Ich warf einen Blick auf sie: Sie war tot – daran gab es keinen Zweifel. Am Ende des Bettes krümmte sich eine verzweifelte, heulende und jammernde Gestalt: Steve Robertson.

Mit zwei Schritten war ich bei ihm. Er winselte gerade etwas, das klang wie: »Ich wollte es doch nicht.«

Ich fasste ihn bei den Schultern und zog ihn hoch. War seine Verzweiflung echt? Bei einem Schauspieler von seinen Fähigkeiten konnte man das nicht genau sagen. Aber erschrocken über meinen Griff war er bestimmt.

»Was ist denn los?«, stammelte er mit halb erstickter Stimme.

Es war plötzlich still geworden.

»Mister Robertson«, sagte ich laut. »Ich bin FBI-Agent. Und ich muss Sie vorläufig verhaften, bis geklärt ist, ob Sie Eileen Fitzgerald vorsätzlich getötet haben oder ob es ein Unfall war.«

Es dauerte einen Augenblick, bis ihm die Bedeutung meiner Worte klar wurde. Verwirrt starrte er mich an. Dann begann er plötzlich zu lachen. Es war ein hemmungsloses, wildes Lachen, das unheimlich wirkte.

Ich ließ für eine Sekunde meine Hand von ihm sinken. Das war ein Fehler.

Wäre ich weniger reaktionsschnell gewesen, dann hätte mich der Schlag getroffen, zu dem Robertson unversehens ausholte.

So aber gelang es mir, im letzten Augenblick meinen Kopf aus dem Bereich seiner Faust zu bringen. Der Schwung seines Schlages hätte ihn vermutlich durch den halben Raum gerissen, wenn ich nicht einen kurzen Stopper auf seinen Rippen gelandet hätte. Obwohl ich nur mit halber Kraft zugeschlagen hatte, ging Robertson stöhnend zu Boden.

Als ich aufblickte, bemerkte ich am Eingang des Studios vertraute Gesichter. Genau vier Minuten nach mir erschien die City Police am Tatort.

Lieutenant Parker, der an der Spitze seiner Leute den Schauplatz betrat, nickte mir zu und knurrte: »Hallo, Cotton, Sie haben sich aber beeilt!«

»Man tut, was man kann, Lieutenant. Ich dachte mir, Sie könnten einen Augenzeugen des Mordes gebrauchen.«

»Sie haben’s im Fernsehn gesehen?«

»Ja, und ich bin sicher, dass es Robertsons Kanone war, aus der der Schuss kam.«

Der Schauspieler, der noch immer zu meinen Füßen lag, stöhnte.

Parkers Blick wanderte umher. Über Eileen hatte sich der Arzt gebeugt. Er zuckt die Achseln und sagte: »Klarer Fall! Sie ist sofort tot gewesen.«

Während der Lieutenant mit dem Doktor sprach, wandte ich mich an Steve Robertson, der inzwischen in einen Sessel gekrabbelt war.

»Wo ist die Waffe?«

Er sah sich ratlos um und wühlte dann in seinen Taschen. Aber das Schießeisen fand sich nicht.

Parker wandte sich an die neugierigen Gaffer im Studio. »Hat jemand Robertsons Waffe gesehen?«

Ein schmächtiger Mann drängte sich nach vorn, fasste in die Tasche seines Overalls und reichte Parker die Kanone. Dem Lieutenant verschlug es die Sprache.

»Mann«, zischte er schließlich, »haben Sie noch nie gehört, dass bei einem Mord die Tatwaffe nicht von Unbefugten berührt werden darf?«

»Tut mir leid, Lieutenant«, sagte der Mann höflich, »aber ich bin der Requisiteur. Ich habe die Waffe an Robertson ausgegeben und bin für sie verantwortlich. Denn wenn etwas fehlt, zieht man mich zur Verantwortung.«

»Haben Sie das gehört, Cotton?«, fragte Parker. »Zustände sind das hier. Da werden wir noch Überraschungen erleben.«

***

Zwei Stunden später stand fest, dass der tödliche Schuss aus Robertsons Waffe gekommen war.

Aber der Schauspieler leugnete.

»Ich bin fassungslos darüber, dass mich der Mörder als Werkzeug benutzt hat«, jammerte er. »Eileen und ich waren seit langem gute Freunde, mehr als Kollegen.«

»Aha«, murmelte Parker.

»Nein, nein!« Robertson widersprach energisch. »Wir hatten kein Verhältnis miteinander. Wir waren nur eben – gute Freunde.«

»Hatten Sie in letzter Zeit einmal Streit mit ihr?«, fragte Parker.

»Nie!«

Robertsons Antwort klang mir etwas zu pathetisch. Wie inzwischen festgestellt worden war, hatte der Requisiteur die Pistole zu Beginn der Proben an Robertson ausgegeben. Noch in der Hauptprobe, zwei Stunden vor der Sendung, hatte nur eine harmlose Platzpatrone geknallt.

Danach hatte der Requisiteur neu geladen, wieder eine Platzpatrone, und Robertson hatte die Waffe in seine Garderobe gelegt – griffbereit. Danach hatte er freilich mehrfach die Garderobe verlassen.

Als die Sendung beginnen sollte und Robertson bereits in der Dekoration stand, fiel ihm ein, dass er die Pistole vergessen hatte. Ein Kabelzieher war in Robertsons Garderobe gerannt, um die Waffe zu holen.

Mehr als achtzig Menschen waren während der Sendung im Studio oder in seiner Nähe gewesen. Verdächtige gab es also genug, denn jeder konnte die Pistole scharf geladen haben.

»Zwei Möglichkeiten gibt es«, meinte Parker. »Entweder hat ein unbekannter Täter Robertson die geladene Kanone untergeschoben. Oder der Schauspieler hat sich den Trick selbst ausgedacht. Vielleicht hat er darauf spekuliert, dass ihn niemand für so blödsinnig halten wird, vor Millionen Zuschauern einen Mord zu begehen.«

»Sie haben etwas vergessen, Parker«, wandte ich ein.

»Und das wäre?«, fragte er gespannt.

»Wir wissen eines noch nicht: Wollte der Mörder Eileen Fitzgerald beseitigen? Oder ging es ihm darum, Steve Robertson in Verdacht und vielleicht auf den elektrischen Stuhl zu bringen?«

Parkers Gesicht verdüsterte sich.

»Sie meinen also, Robertson könnte entweder der Mörder oder dessen eigentliches Opfer sein?«

***

Es war inzwischen lange nach Mitternacht. Niemand hatte das Studio verlassen. Parker verhörte einen nach dem anderen. Es würde noch eine Weile dauern.

Als der Lieutenant jetzt einen der Kameramänner ausquetschte, zog ich mich zurück, um mich ein wenig im Labyrinth des Studios umzusehen. Ich trabte durch einen dunklen Gang.

»He, G-man«, hörte ich plötzlich hinter mir ein Flüstern.

Ich drehte mich um. Eine flotte Blondine mit Brille gab mir ein Zeichen. Ich sollte ihr folgen.

Hinter einer Bürotür machte sie halt.

»Wer sind Sie, Blondie?«, fragte ich.

»Scriptgirl. Ich lese im Drehbuch nach, ob die Texte stimmen. Kapiert?«

»Ja. Was gibt’s?«

Sie sah sich vorsichtig um. »Ihr müsst Steve fragen, worüber er sich mit der Fitzgerald vor der Sendung gestritten hat. Ich kam an ihrer Garderobentür vorbei. Die beiden waren in Fahrt, als ob sie vor der Scheidung stünden. Und ich möchte wetten, dass er ihr eine geknallt hat, die nicht von schlechten Eltern war.«

Ich stieß einen Pfiff aus. »Sie haben sich bestimmt nicht geirrt?«

»Mann«, sagte sie. »Ich kenn doch die beiden Stimmen genau. Hab sie oft genug im Studio gehört.«

»Und worum ging der Streit?«

»Um Geld. Bis morgen früh hätte er Zeit, erklärte sie ihm. Da schrie er sie an, er ließe sich nicht länger ausnehmen. Als sie ihm Kontra gab, wischte er ihr eine, und sie begann zu plärren.«

»Und dann?«

»Nichts mehr. Er rauschte aus ihrer Garderobe, und sie haben sich erst bei der Sendung wiedergesehen. Nachdem er sie erschossen hatte, dachte ich mir meinen Teil.«

»Hör mal, Blondie«, sagte ich. »Sie wissen, was ihre Aussage bedeutet. Sie könnte Robertson auf den elektrischen Stuhl bringen. Was Sie mir hier erzählen, stimmt doch alles?«

»Natürlich!«

***

Parker blickte auf, als ich wieder in das Büro trat, in dem er sich mit seinen Vernehmungen abquälte. Er musste wohl in meinem Gesicht lesen, dass ich etwas Interessantes für ihn hatte.

Ich erzählte ihm, was ich gehört hatte.

»Dieser Komödiant«, schimpfte er, als ich fertig war. »Mit dem werde ich jetzt Fraktur reden.«

Zwei Minuten später stand Robertson wieder vor ihm.

»Warum haben Sie mich angelogen?«, fragte Parker.

Robertson gab sich arrogant. »Nicht, dass ich wüsste.«

Parker kam in Fahrt. »Es wird langsam Zeit, dass Sie sich daran erinnern, was Sie heute Abend vor der Sendung mit der Fitzgerald in der Garderobe gesprochen haben.«

»Ach so«, säuselte der Schauspieler, »jetzt weiß ich, was Sie meinen. Da hat wohl jemand gelauscht. Aber Eileen und ich haben nur unsere Rollen für das nächste Stück memoriert, in dem wir gemeinsam …« Er brach ab.

»Rollen?«, höhnte Parker. »Dann rate ich Ihnen, mir schleunigst das Textbuch zu bringen.«

Robertson begann zu stottern.

»Sie hatten wohl keine Ahnung«, bluffte ich, »dass die Fitzgerald in ihrer Garderobe ein Tonband laufen hatte. Weiß der Teufel, warum. Aber wir haben jedes Wort, das Sie gesprochen haben. Sollen wir es Ihnen vorspielen?«

Der Bluff kam an.

»Also gut«, räumte Robertson verlegen ein, »ich habe Ihnen nicht die Wahrheit gesagt. Das hätten Sie an meiner Stelle sicherlich nicht anders gemacht. Schließlich bin ich schon belastet genug. Und dann auch noch ein Streit! Aber da Sie doch schon alles wissen …«

»Schluss mit der Vorrede!«, knurrte Parker.

»Jede Woche machten wir eine Sendung«, erklärte Robertson. »Eileen und ich. Es ist meine Show. Aber den Vertrag hat die Seifenfabrik, die die Produktionskosten trägt, mit mir gemacht. Ich bin verantwortlich für alles, und es ist meine Sache, wieviel Gage ich meinen Partnern gebe. Vor einem Jahr war Eileen noch ziemlich unbekannt und mit 300 Dollar in der Woche zufrieden. Durch unsere Show war sie inzwischen ein Star geworden. Und dauernd verlangte sie mehr. Sie drohte, nicht mehr mitzumachen, wenn ich nicht die Gage erhöhte.«

Parker und ich wechselten einen raschen Blick. »Und was war heute?«, fragte ich.

»Heute stellte sie mir ein Ultimatum. Wenn sie für die nächste Sendung nicht 1000 Dollar bekäme, würde sie aussteigen. Das war Erpressung. Eileen wusste, dass ich auf sie angewiesen war, denn woher sollte ich innerhalb einer Woche eine neue Partnerin bekommen? Ich war so wütend, dass ich ihr eine knallte. Später tat mir diese Unbesonnenheit leid, und ich hatte mir vorgenommen, ihr nach der Sendung einen Strauß Rosen zu bringen. Aber dazu ist es ja nun zu spät.«

Er legte sein Gesicht in bekümmerte Falten.

In diesem Augenblick klopfte es. Ein Cop öffnete. Vor der Tür stand ein farbiger Boy mit einem riesigen Strauß Rosen.

»Was soll das?«, brummte Parker unwillig.

Der Boy trat näher. »Die Blumen für Mister Steve Robertson«, sagte er beflissen.

Der Schauspieler schaltete sofort.

»Bitte«, sagte er, »da haben Sie den Beweis. Die Rosen, die ich für Eileen bestellt hatte.«

Er näherte sich dem Boy, aber ich schob mich dazwischen, denn ich hatte gesehen, dass zwischen den Blumen ein Brief steckte.

Ich fischte ihn heraus und warf ihn auf den Tisch. Parker riss den Umschlag auf und überflog die Karte, die er ihm entnahm.

»Sie haben schon wieder gelogen, Robertson«, sagte er dann und reichte mir die Karte.

Es war der seltsamste Glückwunsch, den ich je gelesen habe. In sauberen Druckbuchstaben stand da geschrieben:

 

Ich gratuliere zum perfekten Mord, Steve Robertson!

2

Als die Dämmerung am Morgen durch die Bürofenster des Fernsehstudios kroch, sahen wir zwar alle müde und unrasiert aus, wussten aber immer noch nicht viel.

Steve Robertson hatte nicht gelogen. Der Geschäftsführer der Blumenhandlung, den wir aus dem Bett geholt hatten, bestätigte uns, dass der Schauspieler am Abend tatsächlich einen Rosenstrauß bestellt hatte.

Allerdings war von einem Brief dazu nicht die Rede gewesen. Den hatte ein Unbekannter dem Boy aufgeschwatzt, als dieser mit den Blumen in die Nähe des Fernsehsenders gekommen war. Beschreiben konnte uns der verwirrte Boy den Fremden allerdings nicht.

Während draußen der Verkehr des erwachenden New York aufbrandete, goss Parker sich die achte Tasse Kaffee ein.

»Man könnte meinen«, stellte er bekümmert fest, »dass die Kugel von selbst den Weg in die Mordwaffe gefunden hat. Keiner weiß etwas. Allenfalls ein paar läppische Gerüchte. Was würden sie tun, Cotton?«

»Schicken Sie alle nach Hause«, sagte ich. »Wenn der Mörder unter ihnen ist, dann verrät er sich früher oder später. Aber mit Verhören kommen Sie nicht weiter.«

Ein Cop verständigte das Studiopersonal. Wir hörten, wie sie hinausströmten und vom Lift hinuntergetragen wurden.

Inzwischen setzte mir Parker zum achten oder neunten Mal seine Theorie auseinander.

Ich wäre längst gegangen, wenn ich nicht das merkwürdige Gefühl gehabt hätte, das mich manchmal befällt. Ich spürte förmlich, dass noch etwas passieren würde. Und ich irrte mich nicht.

Meine Müdigkeit war wie weggewischt, als die Tür unseres Büros plötzlich aufgerissen wurde und ein verstörter und zerknitterter Steve Robertson hereinstürzte. »Mord«, keuchte er, »noch ein Mord. In meiner Garderobe …«

Ehe er zu Ende sprechen konnte, war ich draußen. Robertsons Garderobe lag am Ende eines Ganges. Der Schauspieler hatte die Tür offen gelassen.

Der Anblick war schrecklich. Ich hatte damit gerechnet, das blonde Scriptgirl vorzufinden. Aber die Gestalt, die dort mit einer klaffenden, blutenden Kopfwunde lag, hatte graue Haare. Es war eine Frau von ungefähr fünfzig Jahren.

Vorsichtig, um keine Spur zu verwischen, näherte ich mich ihr und beugte mich über sie. War trotz der grässlichen Verletzung noch Leben in ihr?

»Wer ist das?«, hörte ich Parkers Stimme hinter mir. »

Meine Garderobiere«, war Robertsons Antwort.

Jetzt fiel mir ein, dass wir sie vor Stunden bereits vernommen hatten. Aber sie hatte nichts Anderes sagen können, als dass sie die Waffe, mit der Eileen Fitzgerald getötet worden war, auf dem Tisch der Garderobe gesehen hatte. Und sie hatte bestätigt, dass ein Kabelzieher sie in letzter Minute abgeholt hatte.

Parker hatte ihr eingeschärft, noch einmal genau darüber nachzudenken, ob ihr an diesem Abend etwas Ungewöhnliches aufgefallen war. Sie hatte versprochen, sofort Bescheid zu sagen, falls ihr noch etwas einfiele. Nun war sie also tot oder schwer verletzt:

Während Parker den Arzt verständigte, sah ich mich um. Womit konnte der wuchtige Schlag erfolgt sein? Es kam nur ein Gegenstand von beträchtlichem Gewicht in Frage. Aber nichts war zu sehen. Der Mörder hatte die Waffe mitgenommen oder geschickt versteckt.

»Ich saß in der Kantine«, berichtete Robertson mit zitternder Stimme, »als ein Polizist bekanntgab, alle könnten nach Hause gehen. Da ich nicht ganz sicher war, ob das auch für mich galt, trank ich erst noch meinen Whisky aus. Ich bezahlte als letzter. Der Kellner kann es betätigen.«

»Trafen Sie noch jemanden auf dem Weg zu Ihrer Garderobe?«, fragte Parker.

Robertson dachte einen Augenblick nach. »Zwei oder drei Leute. Aber ich weiß nicht mehr, wer es war. Als ich meine Garderobentür öffnete, sah ich die Frau. Erst war ich wie gelähmt. Dann fiel mir plötzlich ein, dass der Mörder es vielleicht auch auf mich abgesehen haben könnte. Ich raste zu Ihnen.«

»Und was haben Sie mit der Waffe gemacht?«, fragte ich.

»Mit welcher Waffe? Ich habe nichts gesehen. Ich sagte Ihnen doch …«

Ich beobachtete ihn. Er war verstört. Die Angst stand noch in seinen Augen.

Mein Blick wanderte auf seine zitternden Händen. Aus den Ärmeln seines Sakkos ragten die Manschetten des Hemdes. Und eine Manschette zeigte am unteren Ende einen dunklen Fleck.

»Halten Sie ganz still«, knurrte ich. Dann ergriff ich seinen rechten Arm und zeigte Parker, was ich gesehen hatte. Auf Robertsons Manschette befand sich ein Blutfleck.

Der Schauspieler hatte zuerst verständnislos auf mich geblickt. Jetzt starrte er wie wir auf das verräterische Zeichen. Sein Gesicht wurde bleich.

»Wollen Sie noch immer behaupten, dass Sie an der Tür stehen geblieben sind und die Frau nicht berührt haben?«

Mit einer heftigen Bewegung wollte er seine Hand losreißen, aber ich hielt ihn eisern fest.

»Geben Sie auf«, herrschte Parker ihn an. »Und erzählen Sie uns nicht, dass Sie Nasenbluten hatten. Unser Chemiker stellt genau fest, von wem das Blut stammt.«

»Man will mich fertig machen«, stammelte Robertson, »ich habe mit allem nichts zu tun.«

»Reden Sie keinen Unsinn«, sagte ich. »Entweder können Sie uns sagen, wie das Blut auf Ihre Manschette gekommen ist, oder wir müssen Sie verhaften.«

»Greifen Sie in meine Brusttasche«, jammerte Robertson, »es hat ja doch keinen Zweck, dass ich es Ihnen verheimliche.«

In der Innentasche seines Sakkos steckte eine Karte. Als ich sie herauszog, ahnte ich schon, was sie zu bedeuten hatte. Sie trug den gleichen Text wie die Begleitkarte zu den Rosen.

 

Ich gratuliere zum perfekten Mord, Steve Robertson!

 

Robertson zitterte wie Espenlaub. »Man will mich fertig machen«, murmelte er verzweifelt.

»Wer?«, fragte Parker.

Aber Robertson konnte nur mit den Schultern zucken.

»Wie war es nun wirklich?«, wollte ich wissen.

»Die Karte lag auf ihr. Als ich den Text erkannte, war mir klar, dass ich dadurch wieder in Verdacht geraten würde. Deshalb nahm ich sie an mich. Dass ich dabei mit der Manschette etwas Blut aufgenommen hatte, war mir entgangen.«

Inzwischen war der Arzt gekommen. Er untersuchte die leblose Gestalt. Sein Gesicht war ernst. Als er sich endlich aufrichtete, meinte er: »Ich weiß nicht, ob sie den Transport ins Krankenhaus übersteht. Ein Wunder, dass überhaupt noch ein Funken Leben in ihr ist.«

Ein paar Minuten später hoben Sanitäter die Frau vorsichtig auf eine Bahre und trugen sie behutsam hinaus. Ich hatte die Zeit genutzt und mich nach der Waffe umgesehen.

Ich wanderte nachdenklich durchs Zimmer und versuchte, mich in die Lage des Mörders zu versetzen. Wo konnte er die Waffe versteckt haben?

Und dann hatte ich’s: das Fenster!

Wer achtet auf den belebten Straßen New Yorks schon auf irgendeinen Gegenstand, der am Straßenrand liegt! Der Mörder konnte damit rechnen, dass die Waffe unbemerkt bleiben oder sogar von der Straßenreinigung entfernt werden würde.

Eilig verließ ich das Zimmer und rannte zum Lift. Es konnte auf jeden Augenblick ankommen.

Der Lift schien die sieben Stockwerke hinunter zu schleichen.

Ich wusste: Wenn ich aus dem Haus trat und rechts um die Ecke bog und etwa 30 Schritte ging, dann musste ich ziemlich genau unter dem Fenster von Robertsons Garderobe sein.

Wie ein Jagdhund, den Blick auf den Boden gerichtet, schlich ich am Gebäude entlang. Entweder hatte der Mörder das Schlagwerkzeug in weitem Bogen aus dem Fenster geworfen oder es einfach fallen lassen. Wahrscheinlich war das Letztere der Fall. Denn ein Wurf quer über die Straße hätte möglicherweise jemanden getroffen und wäre damit sofort bemerkt worden.

Und während ich noch nachdachte, sah ich das Mordinstrument. Es war ein Mikrofon.