Jerry Cotton Sonder-Edition 91 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sonder-Edition 91 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Ich sah seinen breiten, muskulösen Rücken. Sah seine Hände auf Janes Körper.
Sie versuchte, ihn hinzuhalten, zeigte auf die Flasche und die Gläser.
Er drückte sie zurück. "Komm, Baby, komm!", hörte ich ihn keuchen.
Mit einem Fußtritt stieß ich die Tür vollends auf, zitternd vor Wut. "Du verdammter dreckiger Bastard!", schrie ich und riss den Revolver hoch.

Aber der Kerl reagierte schnell. Er sprang auf. Mit einem wilden Ruck riss er Jane vom Bett, presste den linken Unterarm gegen ihre Kehle und benutzte sie als Schild. Nackt, wie sie war ...

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Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Heißer Job mit Jane

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Anna Demianenko/shutterstock

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7292-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Heißer Job mit Jane

Ich sah seinen breiten, muskulösen Rücken. Sah seine Hände auf Janes Körper.

Sie versuchte, ihn hinzuhalten, zeigte auf die Flasche und die Gläser.

Er drückte sie zurück. »Komm, Baby, komm!«, hörte ich ihn heiser keuchen.

Mit einem Fußtritt stieß ich die Tür vollends auf, zitternd vor Wut. »Du verdammter dreckiger Bastard!«, schrie ich und riss den Revolver hoch.

Aber der Kerl reagierte schnell. Er sprang auf. Mit einem wilden Ruck riss er Jane vom Bett, presste den linken Unterarm gegen ihre Kehle und benutzte sie als Schild. Nackt, wie sie war …

Die Jerry Cotton Sonder-Edition bringt die Romane der Taschenbücher alle zwei Wochen in einer exklusiven Heftromanausgabe. Es ist eine Reise durch die Zeit der frühen Sechziger Jahre bis in das neue Jahrtausend.

1

In Mr. Highs Büro unter der großen Leuchtkarte von New York saß ein kleiner weißhaariger Gentleman mit rötlichem Gesicht und dichten Augenbrauen, die sich wie im Zorn zu sträuben schienen.

»Das ist Mister David Daniel Burkley, Jerry«, sagte mein Chef. »Mister Burkley, das ist Jerry Cotton, unser Agent, dem Sie eine halbe Million Dollar anvertrauen sollen.«

»Sie halten ihn für absolut zuverlässig?«, kläffte Mr. Burkley.

»Wir sind das FBI«, antwortete Mr. High, »nicht ein privates Detektivbüro. Sie sollten den Unterschied begreifen. Wir bringen unsere Leute in Gefahr, weil sich Ihr Sohn in Gefahr befindet, nicht weil wir Geld verdienen wollen.«

»Schon gut.« Die Stimme des Alten hatte den Klang wütenden Hundegebells. »Sagen Sie ihm, was passiert ist.«

Mr High reichte mir einen Brief. »Mister Burkley erhielt ihn gestern. Er wurde in Barcelona, Spanien, aufgegeben.«

Ich las. Dear Daddy, ich muss dir eine scheußliche Mitteilung machen. Ich werde von einer Gruppe Gangster festgehalten. Sie drohen, mich zu töten, wenn du nicht 500.000 Dollar zahlst. Ich zweifle nicht daran, dass sie ihre Drohung verwirklichen werden. Bitte, Daddy, gib ihnen das Geld! Du besitzt viele Millionen, aber nur einen Sohn. In Liebe, dein Clarence!

Nach einem Absatz folgte weiterer Text in derselben Handschrift. Diese Bedingungen diktieren wir Ihrem Sohn. Schicken Sie innerhalb einer Woche einen Mann mit einer halben Million Dollar nach Spanien. Beauftragen Sie den Mann, den für Ihren Sohn gebuchten Platz der Luxusreise durch Spanien einzunehmen. Dieser Platz ist ja jetzt frei geworden. Wir werden von uns aus Kontakt mit Ihrem Beauftragten aufnehmen. Sobald sich die Dollars in unserem Besitz befinden, erhalten Sie Ihren Sohn unbeschädigt zurück. Verfallen Sie um keinen Preis auf den Gedanken, sich an die spanische oder amerikanische Polizei zu wenden! In diesem Falle würden Sie zwar 500.000 Dollar sparen, müssten sich aber der Mühe unterziehen, einen neuen Sohn zu zeugen, was Ihnen in Ihrem Alter schwerer fallen wird, als eine halbe Million zu verschmerzen.

Ich gab den Brief zurück. »Ernst oder ein schlechter Scherz?«

»Natürlich habe ich auch sofort an einen schlechten Scherz gedacht«, bellte Burkley senior. »Mein Verdacht fiel sogar auf Clarence. Der Lump wäre gewissenlos genug, seinen eigenen Vater mit einer vorgetäuschten Entführung um eine halbe Million zu prellen. Mich und die Firma zu schädigen, um seine Weiber, seine Autos, seine Orgien, sein Spiel zu finanzieren, daraus macht er sich nicht zu viel.« Er schnippte mit den Fingern und rang nach Luft. »Aber die Entführung ist nicht vorgetäuscht, sie ist echt«, setzte er nüchtern hinzu.

»Woher wissen Sie das?«

»Clarence nahm für fünfzehntausend Dollar Reiseschecks mit. Nur ein Scheck über tausend Dollar wurde bisher eingelöst. Clarence besitzt also noch Geld. Nur eine absolute Pleite könnte ihn auf den Gedanken bringen, mich mit so ’nem Trick anzuzapfen. Er weiß, dass ich verdammt schwer zu bluffen bin, und er muss einkalkulieren, dass ich ihn kurzerhand enterbe, wenn ich ihm auf die Schliche komme.«

»Mister Burkley hat mit dem Hotel in Spanien telefoniert«, ergänzte John D. High. »Sein Sohn verließ vor drei Tagen am Nachmittag das Hotel, um Geschäftsfreunde seines Vaters zu besuchen. Bei diesen Geschäftsfreunden traf er nicht ein. Die Hoteldirektion erhielt am Abend telefonische Anweisung, sein Gepäck an Bord der Constitution zu bringen.«

»Ihr Sohn macht einen Europa-Trip?«, fragte ich.

Burkley senior nickte. »Überfahrt mit der Constitution. Ausschiffung in Barcelona. Trip durch das Land mit Aufenthalt in einer Reihe von Luxushotels.«

»Spanien?« Ich sah den Chef an. »Ein Land, in dem wir nichts zu suchen haben.«

»Das ist richtig, Jerry, aber ich habe unsere Botschaft in Madrid eingeschaltet. Es handelt sich um die Entführung eines amerikanischen Staatsbürgers, und wir vermuten, dass auch die Entführer Amerikaner sind. Madrid ist damit einverstanden, dass das FBI einen Mann rüberschickt, der erst einmal versucht, die Befreiung von Clarence Burkley zu bewirken. Die spanische Polizei wird selbst nicht aktiv werden, um keine Gefahr für die Entführten heraufzubeschwören.«

»Die Entführten, Sir? War Mister Burkleys Sohn nicht allein?«

»Seit er achtzehn Jahre alt wurde, habe ich meinen Sohn nicht mehr allein gesehen«, wütete Burkley senior. »Immer befand sich eine Frau an seiner Seite, und manchmal war er von ihnen umgeben wie ein Hahn auf einem Hühnerhof.«

Mr. High unterdrückte ein Lächeln. »Clarence Burkleys Begleiterin heißt Alice Pines, fünfundzwanzig Jahre alt«, sagte er ruhig. »Wir haben Bilder beschafft, Miss Pines hatte eine kurze Laufbahn als Nachtklubtänzerin, bevor sie sich entschloss, hauptberuflich Freundin eines wohlhabenden Mannes zu werden.«

Burkleys buschige Augenbrauen zuckten. »Für die Frau fühle ich mich nicht verantwortlich.« Er wies auf eine überdimensionale Aktentasche, die Doppelgriffe hatte und mit zwei massiven Lederriemen gesichert war. »Sie enthält eine halbe Million Dollar in fünftausend Hundertdollarnoten. Ihr Chef hat mir den Empfang quittiert. Setzen Sie das Geld zur Befreiung meines Sohns ein, G-man, aber ich will nicht, dass Sie es leichtsinnig verschleudern. Zahlen Sie, aber zahlen Sie nur, wenn Clarence wirklich dadurch freikommt.« Er stand auf. »Ich hoffe, Sie tun Ihr Bestes, Agent.« Er verneigte sich knapp vor Mr. High. »Ich danke Ihnen, Sir.«

Der Chef nickte stumm.

Schnell wandte er sich um und verließ Mr. Highs Büro.

Der Chef hielt mir einen flachen, verzahnten Schlüssel hin. »Zum Schloss der Aktentasche. Sie reisen unter Ihrem richtigen Namen, Jerry, aber Sie müssen Ihren Achtunddreißiger zu Hause lassen. Es ist nicht Ihre Aufgabe, amerikanische Verbrecher auf spanischem Boden zu stellen.« Er übergab mir einige Papiere. »Ihr Flugticket. Reiseschecks, damit Sie Mister Burkleys halbe Million nicht anknabbern müssen. Ihre Reservierungsbestätigung an Bord der Constitution und ein Programm der Reise, die vom Society Travel Office veranstaltet wird. Vergessen Sie nicht, Ihr Dinnerjackett einzupacken. Sie werden sich unter lauter feinen Leuten bewegen.«

Ich zog das Flugticket aus dem Umschlag. »Erste Klasse, Sir?«

»Das Society Travel Office bucht für Teilnehmer seiner Reisen nur Erste-Klasse-Flüge, ausgenommen für begleitendes Dienstpersonal.«

»Geben Sie mir Phil als Butler mit, Sir«, schlug ich vor.

Mr. High lachte nicht mit. »Die Botschaft vereinbarte mit den spanischen Behörden nur den Einsatz eines Beamten. Trotzdem, Jerry, werde ich Ihnen Phil schicken, falls Sie einen Schutzengel brauchen. Rufen Sie an, oder schicken Sie ein Telegramm.«

»Ich hoffe, es wird nicht nötig sein.« Ich wog die Aktentasche in der Hand. Als Papier gerechnet wiegt eine halbe Million Dollar nicht viel.

***

Ich landete am frühen Morgen in Madrid, wurde von einer Hostess des Society Travel Office zu einer achtsitzigen Chartermaschine geführt, in der ich einziger Fluggast war, betreut von zwei Stewardessen, die ich kaum daran hindern konnte, beim Servieren des Frühstücks auch noch den Kaffee umzurühren.

Gegen neun Uhr landete die Chartermaschine in Barcelona. Die Stewardessen brachten mich zur Passkontrolle, zur Gepäckausgabe, zum Zoll. Sie entrissen mir die Kamera, den Mantel und schließlich auch die dollargefüllte Aktentasche. Mit einiger Sorge sah ich der Zollkontrolle entgegen. Zu viel Geld in einem Koffer pflegt das Misstrauen aller Beamten zu erwecken, obwohl es nicht verboten ist, ehrliches Geld eigenhändig durch die Lande zu schleppen. Die Aktentasche wurde nicht geöffnet. Die Stewardess überspielte die Kontrolle mit einem Lächeln.

Gepäckträger verstauten meine Koffer – mehr als ich jemals zu irgendeiner Arbeit mitgenommen hatte – in einen weißen Cadillac, ebenfalls gechartert von der piekfeinen Reisegesellschaft, deren Kunde ich seit gestern war. Der Fahrer sprach Englisch. Er fuhr mich an der Küste entlang, aber die gewundenen, schmalen Straßen konnten auch für einen Kunden des Society Travel Office nicht geräumt werden. In einer endlosen Schlange geformt von Trucks, vollgepackten Autos mit Urlaubern aus allen Ländern Westeuropas, von Wohnwagen und schweren Reisebussen, quälten wir uns vorwärts.

In regelmäßigen Abständen wandte der Fahrer den Kopf. »Sorry, Sir, very sorry.«

Irgendwann zweigte unser Weg von der allgemeinen Küstenstraße ab. Schilder in vier Sprachen verkündeten Privatzufahrt zum Terramar Golfhotel. Nur für Gäste! Zypressen spendeten Schatten. Ein großes weißes Gebäude, zu einer stumpfen Pyramide aufgetürmt wie ein Aztekentempel, gelangte in mein Blickfeld – das Hotel.

Der Fahrer ließ den Cadillac über den weiten Vorplatz zwischen Hotel und Meer rollen, stoppte vor der großen Freitreppe, die zum Eingang führte, und ließ die Hupe heulen. Vier Hausdiener stürzten die Treppe hinunter. Am Eingang erwarteten der Hotelmanager und der Chefportier den »Millionär« Jerry Cotton und geleiteten ihn zur Rezeption.

»Apartment eins-eins-vier«, flüsterte der Empfangschef.

Ich stellte die Aktentasche auf die Theke. »Haben Sie einen Tresor?«

»Jawohl, Sir.«

»Kann ich ihn sehen?«

Manager, Chefportier, Empfangschef wechselten überraschte Blicke. »Selbstverständlich!«

Der Tresor stand in einem Zimmer hinter dem Empfangsbüro und war ein zwar großer, aber nur mäßig wuchtiger Fächergeldschrank. Ich zog die Stirn kraus.

»Unsere Gäste verwahren sehr wertvollen Schmuck in diesem Safe«, bemerkte der Manager.

»Mag sein, aber ich hätte mir für diese Tasche einen massiveren Schrank gewünscht. Nun ja, wenn Sie nichts Besseres haben, muss ich mich mit Ihrem Blechgehäuse begnügen. Geben Sie mir ein Fach. Ich hoffe, Ihre Versicherung trägt jedes Risiko.«

Sie nahmen die Tasche so hochachtungsvoll entgegen, als enthielte sie die Kronjuwelen von England oder zwei Flaschen Nitroglyzerin, verschlossen sie im größten Fach des Tresors und fragten, ob ich ein Stichwort vereinbaren wollte.

»Sagen wir ›Burkley‹«, schlug ich vor.

Wieder blickten sie sich an.

Der Empfangschef räusperte sich. »Ein Mister Burkley war bis vor einigen Tagen unser Gast.«

»Clarence und ich sind Freunde. Ihm verdanke ich den Tipp für die Reise.«

Im Geleit brachten sie mich in mein Apartment, das aus Wohnraum, Schlafzimmer und einem Marmorbad von den Ausmaßen einer mittleren Schwimmhalle bestand. Ich duschte, stieg in eine weiße Hose und ein blaues Leinenhemd um und machte mich auf eine erste Expedition quer durch diese Luxusherberge.

Ich schlenderte durch die riesige kühle Marmorhalle, warf einen Blick in den Speisesaal, inspizierte den großen Pinienpark und die Tennisplätze und warf schließlich an der Bar des Swimmingpools Anker. Ich ließ mir einen aufgeschärften Orangensaft geben und sah mich um.

Amerikas und Europas Society schmorte in der Sonne rings um den Pool. Alles in allem sah ich die übliche Mischung von reichen Männern, reichen Frauen, männlichen und weiblichen Dollarjägern, Playboys und Playgirls, wie sie sich in allen Luxushotels dieser Erde zusammenfindet. Ich grinste mir einen und ließ mir vom Mixer noch einen Schuss Barcadi in den Orangensaft jagen.

Ein Mann erhob sich aus seinem Liegestuhl, faltete die Zeitung zusammen und kam an die Bar. Er bestellte einen Drink auf Spanisch, gähnte, sah mich an und sagte auf Englisch: »Verdammt langweilig heute.«

»Kann ich noch nicht beurteilen. Bin gerade erst angekommen.«

»Hallo, ich bin Jonathan Wilson aus Wisconsin. Abkürzung J. W. W. Mache mein Geschäft im Rinderhandel und kam in dieses Land, weil sie hier ’ne Menge Aufwand mit ihrem Hornvieh treiben.« Er fuhr sich durch das kurz geschnittene schwarze Haar, das an den Schläfen grau wurde. »Nennen Sie mich Jonathan. Aus welchem Staat kommen Sie?«

»Jerry Cotton aus New York.«

»Scheißstadt«, erklärte Mr. Wilson. »Teure Frauen, schlechte Luft und Gangster an jeder Straßenecke. Ich bin jedes Mal froh, wenn ich wieder raus bin. Womit machen Sie Ihr Geld, Jerry?« Der Mann fragte so direkt wie ein Bulle aus seinen Rinderherden, der mit gesenkten Hörnern angreift.

»Mein Vater hat’s schon für mich verdient«, antwortete ich.

»Glücklicher Junge! Spielen Sie Golf?«

»Mäßig.«

»Ich fordere Sie zu ’ner Runde! Der Platz ist gut und mächtig interessant zu bespielen. An mindestens drei Greens werden Sie sich die Zähne ausbeißen. Kommen Sie!«

»Ich habe meine Schläger nicht mitgebracht.«

»Bekommen Sie alles im Klub. Warten Sie, ich werde in ein Paar Hosen steigen.« Er drehte sich um und ging zum Lift.

Ich sah, dass sein Rücken unter dem rechten Schulterblatt zwei tiefe Narben wie von Messerstichen hatte. Wenn es wirklich Stichnarben waren, dann hatte der Tod schon einmal Jonathan Wilson aus großer Nähe angegrinst.

Als der Rinderhändler wieder herunterkam, trug er blaue Leinenhosen, ein rot gewürfeltes Hemd und einen verknautschten Sonnenschutzhut.

»Gehen wir, Jerry.« Er legte eine Hand auf meine Schulter, und ich sah, dass er noch ein oder zwei Zoll größer war als ich. Er hatte helle Augen, die er gewohnheitsmäßig zusammenkniff.

Das Klubgebäude des Golfplatzes lag am Ende einer kurzen Straße. Der Platz erstreckte sich parallel zum Meeresufer über ein hügeliges, an manchen Stellen bewaldetes Gelände, das vom breiten Arm eines ausgetrockneten Flusses durchschnitten wurde. Überall sprühten Berieselungsanlagen Wasserwolken in den blauen Himmel, um den kostbaren Rasen gegen die ausdörrende Glut der Sonne zu schützen.

Im Startraum des Klubgebäudes suchte ich mir eine Schlägergarnitur in einer Wagentasche aus.

»Wenn Sie einverstanden sind, nehmen wir keinen Caddy mit«, schlug J. W. W. vor. »Ich hasse es, wenn mir der Putter nach jedem Schlag aus der Hand gerissen wird.« Er drückte dem Jungen, der sich vor uns aufbaute, einen Geldschein in die Hand und sagte ein paar Sätze auf Spanisch.

Wir gingen auf den Platz hinaus und zogen unsere Wagen hinter uns her.

»Sie können Spanisch?«, fragte ich.

»Leidlich. Ich habe es in Argentinien gelernt. Von Zeit zu Zeit kaufe ich dort unten eine Handvoll Rinder.«

Der erste Abschlag lag unmittelbar am Ufer, und der Drive musste den Ball auf ein Green bringen, das zwischen einer Piniengruppe und einem Kahlstreifen lag. Ich schlug zuerst, berechnete den Seitenwind vom Meer her nicht richtig und sah meinen Ball zwischen den Bäumen niedergehen. Wilsons Ball landete nur eine Armlänge vom Put entfernt.

»Hören Sie, mein Junge«, sagte er. »Ich kenne den Platz, die Windverhältnisse und so weiter. Ich werde Ihnen ein größeres Handikap einräumen.«

Trotzdem lag ich nach neun Löchern acht Schläge zurück. Wilson spielte außerordentlich präzise. Der Abschlag für das zehnte Green lag jenseits des trockenen Flussbetts. Außer uns bespielte niemand den Platz. Ich schlug meinen Ball und kam leidlich ab.

»Das war schon besser, mein Freund«, rief Wilson und wählte aus dem Köcher einen Treibschläger mit einem überschweren Kopf. »Ich hoffe, ich schaffe dreißig Yards mehr als Sie.«

Während er sich zurechtstellte, ging ich ein paar Schritte weiter nach vorne, blieb aber aus der Flugbahn des Balls. Wilson schwang zweimal zur Probe weit aus, bevor er an den Ball herantrat. Er holte aus, drehte sich in den Hüften, nahm die Schultern zurück und schlug mit voller Körperdrehung zu. Genau in dieser Sekunde knickte sein linkes Knie ein, er strauchelte. Der Schläger entglitt seinen Händen und zischte mit der Geschwindigkeit einer Granate und der Wucht einer Wurfkeule genau auf mich zu.

Nur die unbewusste Reaktion meiner Reflexe rettete mich davor, von dem Hartholzkopf des Schlägers das Brustbein, ein paar Rippen oder den Schädel zertrümmert zu bekommen. Als ich begriff, was geschehen war, lag ich schon auf dem Rücken, und der Schläger krachte ein paar Yards hinter mir in ein Gebüsch.

Mein Spielpartner lag am Abschlag auf der Seite, richtete sich fluchend auf, sah mich an und rief: »Ist Ihnen etwas passiert, Jerry? Verdammt, ich begreife nicht, wie das gekommen ist. Mein Bein knickte einfach unter mir weg.«

»Vielleicht haben Sie Rheuma, ohne es zu wissen«, knurrte ich, stand auf und holte den Schläger aus dem Gebüsch.

Jonathan Wilson folgte mir. Er hinkte leicht. »Sind Sie wirklich okay, mein Junge? Zum Teufel, ich würde mir die entsetzlichsten Vorwürfe machen, wenn Sie auch nur einen Kratzer abbekommen hätten.«

Ich gab ihm seinen Schläger. »Machen Sie sich keine Sorgen und wiederholen Sie den Schlag.«

»Nicht für eine Million Dollar! Für heute habe ich genug von diesem Sport. Außerdem scheint mein Knie erledigt zu sein. Brechen wir ab. Wollen Sie heute Abend mein Gast sein? Diesen Schreck muss ich mit einem Schwall Whisky wegspülen.«

Wir gingen zum Klubhaus zurück. Ich zog Wilsons Wagen. Er stützte sich beim Gehen auf den Schläger, mit dem er mich beinahe umgebracht hatte.

Im Geräteraum trat einer der Caddys auf mich zu. »Für Sie, Sir«, sagte er mit hartem Akzent. Er reichte mir einen der wunderschönen farbigen Prospekte des Terramar, wie sie zu Dutzenden griffbereit in einem Kasten auf der Theke der Empfangsloge standen. Quer über der Abbildung der weißen Hotelfront standen die Worte Herzlich willkommen! Hoffentlich haben Sie das Geld nicht vergessen.

Ich fragte den Jungen, wer ihm den Zettel gegeben habe, aber sein Englisch reichte weder zum Verstehen noch zum Antworten.

»Kann ich helfen?«, erkundigte sich J. W. W.

»Danke. Fragen Sie ihn, wer ihm den Prospekt gegeben hat.«

Der Rinderhändler und der Boy wechselten eine Menge Sätze voller Rachenlaute und schnurrender Rs miteinander.

Dann erklärte mein Golfpartner: »Er spricht von einem Mann in einem kleinen roten Seat-Wagen. Der Mann habe einen weißen Anzug getragen und wie ein Ausländer ausgesehen, aber Spanisch gesprochen. Haben Sie Freunde hier?«

»Freunde?« Ich lachte. »Nein, ich glaube nicht, dass es ein Freund war.«

2

Eine zwei Meter hohe Wacholderhecke schützte das Grundstück vor fremden Blicken. Von der Straße aus war gerade noch das rote Dach zu sehen. Die Villa hieß La Hermosa. Sie gehörte einem schwedischen Prominentenarzt, der sie nur im Winter bewohnte. Während der Urlaubssaison wurde sie über einen Verwalter an wechselnde Gäste vermietet.

Alice Pines schwamm im Swimmingpool. Sie trug einen feuerroten Bikini, den Bloch für sie gekauft hatte, und es war Bloch, der am Rand des Pools stand, die Kamera am Auge.

»Jetzt schwimm zur Leiter und komm heraus«, rief er und wich langsam zurück.

Alice schwamm zur Leiter, erfasste die Griffe und stieg mit gekonnten Bewegungen aus dem Wasser. Auf halbem Weg streifte sie die Kappe ab, schüttelte das Haar frei und lachte. »Okay?«, fragte sie.

»Fein«, antwortete Bloch, setzte die Kamera ab und zeigte ein intaktes Raubtiergebiss. »Mach weiter. Kleiner Strip. Runter mit dem Stoff! Auch Venus, die Schaumgeborene, stieg nackt aus den Fluten.«

»Wer stieg nackt aus was?«

»Schon gut, Baby. Wer aussieht wie du, kann auf klassische Bildung verzichten.«

»Ich will einen Drink!«

Der Mann legte den Arm um ihre nackte, nasse Hüfte. Er führte sie zum kleinen fahrbaren Bartisch, der an der Rückwand des Hauses im Schatten einer Pinie stand. Drei Schritte von diesem Bartisch lagen Robert Lockitt und Clarence Burkley in Liegestühlen. Burkley trug immer noch den weißen Anzug, in dem er gekidnappt worden war.

»Hallo, Burky«, rief Alice und winkte ihm zu.

Burkley starrte sie wütend an und biss sich auf die Lippen.

»Hast du irgendetwas gesagt?«, fragte Bloch.

»Nein.«

»Du solltest aber antworten, wenn ’ne Lady dich grüßt.«

»Für mich ist die Lady eine Nutte!«

Bloch machte eine heftige Bewegung und wollte sich auf Burkley stürzen.

Neben Burkley richtete sich Robert Lockitt aus seinem Liegestuhl auf. »Keine Schlägerei, Al! Noch gilt unser Angebot an den alten Burkley, dass wir sein Söhnchen unbeschädigt zurückgeben werden, wenn er nur zahlt.«

»Ein paar fehlende Zähne mindern seinen Wert nur unwesentlich.«

»Halt dich an das Mädchen und lass ihn in Ruhe!« Lockitts Stimme gewann an Schärfe.

Bloch fuhr sich durch das braune Haar, drehte sich um und versorgte Alice und sich mit eisgekühlter Sangrita. Arm in Arm, die Gläser in den Händen, schlenderten sie zu Luftmatratzen, die am Rand des Pools in der Sonne lagen.

Burkley sah ihnen nach. »Kann ich noch eine Zigarette haben?«

»Bedien dich.« Lockitt legte sich zurück. Er verschränkte die sehnigen Arme hinter dem Kopf. »Bei der halben Million, die du uns einbringen sollst, investieren wir gerne die Kosten für ein paar Zigaretten und ein wenig Whisky. Du sollst dich bei uns wohlfühlen.«

»Sie verlangen zu viel.«

Lockitt zuckte mit den Schultern. »Wir können nicht dafür, dass dein Girl übergelaufen ist und sich mit Al herumwälzt.«

»Das verdammte Miststück. Ihr verdanke ich all meine Schwierigkeiten. Sie hat euch erzählt, dass mein Alter ein paar Dollars mehr besitzt als der allgemeine Durchschnitt.«

»Wahrscheinlich verdankst du ihr dein Leben, mein Junge. Mark neigt dazu, Hindernisse einfach unterzubügeln. Als Eddy euch brachte, wart ihr für ihn erst einmal nur zwei unerwartete Hindernisse auf dem Weg zu hunderttausend Dollar. Erst Alice sagte ihm, dass aus dir das Mehrfache herauszuholen wäre.«

Nach wie vor blickte Burkley zu den beiden auf den Luftmatratzen hinüber. Alice duldete, ja, sie genoss es, dass Bloch seine vom Sangrita-Glas kalten Hände auf ihre Schenkel, den flachen Bauch und die Hüften presste. Sie kreischte leise.

Lockitt griff nach einem Glas, das ebenfalls Sangrita enthielt, und trank davon durch einen Strohhalm. »Mach dir keine Gedanken darüber, wann und wie sie miteinander schlafen. Sie tun es so oft wie nur möglich, und ihre Technik kennst du. Du kannst nichts daran ändern. In New York, auf dem Schiff und in eurem feinen Hotel warst du für sie die Nummer eins. Hier bist du ans untere Ende der Skala gerutscht, und sie sucht sich einen Mann, der ein paar Stufen höher steht. Sie ist ein schlaues Mädchen. Da sie nicht sicher sein kann, dass dein Alter die Dollars ausspuckt, versucht sie, ihre Haut mit ihrer eigenen Methode zu retten.«

Burkley schwieg.