Jerry Cotton Sonder-Edition Sammelband 6 - Krimi-Serie - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sonder-Edition Sammelband 6 - Krimi-Serie E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Sammelband 6: Drei actiongeladene Fälle und über 250 Seiten Spannung zum Sparpreis!

G-Man Jerry Cotton hat dem organisierten Verbrechen den Krieg erklärt! Von New York aus jagt der sympathische FBI-Agent Gangster und das organisierte Verbrechen, und schreckt dabei vor nichts zurück!

Damit ist er überaus erfolgreich: Mit über 3000 gelösten Fällen und einer Gesamtauflage von über 850 Millionen Exemplaren zählt er unbestritten zu den erfolgreichsten und bekanntesten internationalen Krimihelden überhaupt! Und er hat noch längst nicht vor, in Rente zu gehen!

Die Jerry Cotton Sonder-Edition ist der echte Klassiker. Sie bietet dem Leser die Romane aus der Frühzeit der Serie und schickt ihn auf Zeitreise in die frühen 60er Jahre bis in das neue Jahrtausend.

In diesem Sammelband sind 3 Krimis um den "besten Mann beim FBI" enthalten:

16: Millionäre sterben anders

17: Bankraub mit Knalleffekt

18: Die Beute für den Boss

Jerry Cotton ist Kult - und das nicht nur wegen seines roten Jaguars E-Type.

Jetzt herunterladen und garantiert nicht langweilen!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 540

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotive von © shutterstock: javarman | PanicAttack ISBN 978-3-7325-7030-0

Jerry Cotton

Jerry Cotton Sonder-Edition Sammelband 6 - Krimi-Serie

Inhalt

Jerry CottonJerry Cotton Sonder-Edition - Folge 16Arthur Briscoe, Millionär und als Suppenkönig der USA bekannt, verbrannte in seinem Bootshaus. Zurück blieben eine trauernde Witwe und eine fröhliche Geliebte. Letztere war der Grund für unsere Zweifel, dass es sich bei der Leiche wirklich um den Millionär handelte. Phil und ich folgten der Spur des Geldes, und die führte nicht etwa zu Briscoe, sondern zu den Gangsterbossen Jimenez und Baxter...Jetzt lesen
Jerry Cotton Sonder-Edition - Folge 17Als wir vom FBI einen anonymen Hinweis auf einen Bankraub bekamen, waren wir ziemlich ratlos. Es ging um eine Bank in der 56th Street, die als mustergültig gegen Überfälle gesichert galt. Phil und ich vergewisserten uns vor Ort, dass dem so war. Nie wären wir darauf gekommen, was die Gangster vorhatten, und als es dann geschah, mussten wir blitzschnell reagieren...Jetzt lesen
Jerry Cotton Sonder-Edition - Folge 18Phil und ich bekamen es mit einem dreisten Juwelenraub zu tun. Zwei Menschen waren dabei brutal ermordet worden und von den Gangstern gab es keine Spur. Wir stellten Nachforschungen bei den üblichen Verdächtigen an, doch die Edelsteine blieben verschwunden. Ausgerechnet eine weitere Leiche gab uns den ersten Hinweis auf die Täter, und ein gelähmter Juwelen-Spezialist brachte mich fast ins Grab...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Millionäre sterben anders

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Vorschau

Millionäre sterben anders

1963 startete der Bastei Verlag die Jerry Cotton Taschenbücher in Ergänzung zu der Heftromanserie, die zu diesem Zeitpunkt schon in der zweiten Auflage war.

Damals fragte der Klappentext der Taschenbücher noch: Wer ist G-man Jerry Cotton? Und gab auch gleich die Antwort: »Er ist ein breitschultriger, gutaussehender FBI-Beamter, der sein Leben dem Kampf gegen Gangster gewidmet hat. Durch seinen Mut und seine Entschlossenheit hat er die Herzen von Millionen Lesern in mehr als 40 Ländern erobert.«

Die Jerry Cotton Sonder-Edition bringt die Romane der Taschenbücher alle zwei Wochen in einer Ausgabe.

Es ist eine Reise durch die Zeit der frühen 60er Jahre bis in das neue Jahrtausend.

1

Zwanzig Meilen von New York City entfernt besaß Arthur Briscoe ein Bootshaus. Briscoe war der Suppenkönig der USA. Beinahe jede Suppe, die eine Hausfrau aus der Konserve zubereitete, stammte aus einer von Briscoes Fabriken.

An einem späten Augustabend stand es plötzlich in hellen Flammen. Bis die Feuerwehr am Brandort eintraf, war nur noch ein rauchender und stinkender Trümmerhaufen übrig.

Ein Feuerwehrmann, der die qualmenden, glimmenden Reste auseinander zerrte, stieß plötzlich einen Schrei aus. Mitten in den letzten Flammen waren deutlich die Konturen einer verkohlten Leiche zu erkennen.

Als die Mordkommission nach wenigen Minuten auf der Bildfläche erschien, war das Feuer so weit gelöscht, dass Lieutenant O’Hara von der City Police unverzüglich an die Arbeit gehen konnten.

Der Fotograf machte Bilder vom Tatort und der Leiche. O’Hara schickte einen Mann ans Telefon, der sich nach Briscoe erkundigen sollte.

Zwanzig Minuten später wusste O’Hara, dass es sich wohl um die Leiche von Arthur Briscoe, dem Suppenkönig handelte.

***

»Sie können sich Ihr Beileid sparen«, sagte Mrs Evelyn Briscoe kühl, als Lieutenant O’Hara sie noch am gleichen Abend aufsuchte.

»Es ist allgemein bekannt, dass ich die Scheidung beantragt hatte. Unter diesen Umständen wäre Trauer zu viel von mir verlangt.«

O’Hara zog die Brauen hoch. »Wie Sie wollen, Mrs Briscoe. Warum wollten Sie sich von Ihrem Mann scheiden lassen?«

»Arthur hat irgendein Flittchen, bei dem er seine Zeit verbringt. Der Fall ist sonnenklar. Die Anwälte waren sich nur noch nicht über die Abfindung für mich einig. Wir haben fünf Millionen gefordert, aber Arthur wollte nur eine Million zahlen.«

»Unter den jetzigen Umständen werden Sie die Alleinerbin sein?«

»Das ist wahrscheinlich. Aber auch das wissen die Anwälte besser als ich. Sprechen Sie mit Mister Bernstein, der mich vertritt!«

O’Hara blickte gedankenvoll in seine Notizen. »Ich kann mich kurz fassen. Gibt es irgendein Erkennungsmerkmal an Mister Briscoes Körper, durch das wir die Leiche mit absoluter Sicherheit identifizieren können?«

»Arthur hatte eine große Narbe auf dem Rücken – von einem Unfall.«

»Sorry«, sagte O’Hara bekümmert, »aber Ihr Gatte ist so stark verbrannt, dass sich das nicht mehr feststellen lässt.«

In Mrs Briscoes faltigem Gesicht verzog sich keine Miene. »Ja, dann tut es mir leid, Lieutenant.«

»Seine Zähne«, erinnerte sie O’Hara. »Wer war sein Zahnarzt? Sicher kann er die Zähne identifizieren.«

»Ich muss Sie enttäuschen. Arthur trug ein Gebiss. Falls es den Brand überstanden hat, wird der Zahnarzt es aber sicher erkennen. Warten Sie, ich gebe Ihnen die Anschrift.«

O’Hara war schon an der Tür, als ihm noch etwas einfiel. »Richtig«, sagte er und griff in seine Tasche, »was sind das für Schlüssel?«

Die beiden Yale-Schlüssel, die durch eine dünne Stahlkette verbunden waren, zeigten noch Spuren des Brandes.

Mrs Briscoe nahm sie und betrachtete sie. »Ja, Lieutenant«, bestätigte sie dann, »das sind Arthurs Schlüssel. Der eine gehört hier zum Haus, der andere ist vom Bootshaus.«

Eine Stunde später beseitigte der Zahnarzt, den O’Hara aufgesucht hatte, die letzten Zweifel.

»Natürlich, das ist Briscoes Zahnprothese. Ich erkenne das Gebiss genau. Es ist das erste, das ich für ihn angefertigt habe.«

O’Hara stutzte. »Das erste? Hat Briscoe denn mehrere Zahnprothesen gehabt?«

Der Zahnarzt nickte. »Warum nicht? Ich habe drei für ihn angefertigt. Er hatte Angst, dass ihm eine zerbrechen könnte. Soviel ich weiß, bewahrte er eine immer in seinem Büro auf. Das ist übrigens gar nicht so ungewöhnlich, Lieutenant. Ich habe mehrere Kunden, die das Risiko nicht eingehen wollen, tagelang ohne Zähne herumlaufen zu müssen.«

Der Zahnarzt wollte eine lange Erläuterung über die Vorzüge von Gebissen beginnen, aber O’Hara wusste genug und verabschiedete sich hastig.

***

Nachdem die Identität des verkohlten Leichnams, als der des Arthur Briscoe außer Zweifel stand, ging Lieutenant O’Hara daran, die Ursache für seinen Tod zu ergründen.

»Sie können keine Spur einer Gewaltanwendung finden, Doc?«, fragte er den Arzt der Mordkommission.

»Sie haben die Leiche ja selbst gesehen, O’Hara. wäre Briscoe erschossen worden, ließe sich das nachweisen. Auch andere Mordarten hätten wir entdeckt. Aber wenn der Mörder Briscoe nur betäubt hat – womit auch immer – ist es praktisch unmöglich, das jetzt noch nachzuweisen.«

»Ein raffinierter Mord also.« O’Hara verzog den Mund.

»Raffiniert? Vielleicht überhaupt kein Mord. Ich habe eine ganz andere Idee. Briscoe kommt aus seinem Büro – abgespannt. Als er sich eine Zigarette anzünden will, wird er ohnmächtig. Das Feuerzeug erfasst einen Vorhang, und schon steht alles in Flammen. Was sagen Sie dazu?«

O’Hara blickte skeptisch.

»Warum nicht gleich Selbstmord? Übrigens hätten wir das Feuerzeug finden müssen.«

»Seien Sie nicht spitzfindig. Warum nicht Streichhölzer?«

»Weil Briscoe Nichtraucher war.«

Der Arzt starrte ihn verblüfft an. »Pech für mich. Aber trotzdem, er konnte eine Kerze anzünden wollen. Sie sind viel zu versessen auf Mord, O’Hara!«

»Ich rieche Mord geradezu, Doc. Und hier riecht es nach Mord! Und irgendwo reibt sich ein Mörder die Hände, dass er uns zum Narren gehalten hat! Aber so schnell gebe ich nicht klein bei!«

***

Ich begegnete Lieutenant O’Hara das erste Mal im Office unseres Chefs, Mr High. Natürlich hatte ich die Nachricht über den Suppenkönig in der Zeitung gelesen und mir Gedanken gemacht. Aber da der Fall nicht in die Zuständigkeit des FBI fiel, hatte ich mich nicht weiter darum gekümmert.

O’Hara hatte eine Menge Spuren verfolgt, aber alle waren im Sand verlaufen.

»Jedenfalls«, erklärte er eben mit einem jungenhaften Grinsen, »hat der Mörder dem Suppenkönig eine Menge Probleme abgenommen. Seine eigene Frau hätte ihn beim Scheidungsprozess bestimmt um ein paar Millionen erleichtert. Das Mädchen, mit dem er seine Frau betrog, eine gewisse Jane Moore, erwartet ein Kind von ihm. Die Steuerfahndung hatte in seinen Bilanzen reichlich faule Eier gefunden, und Briscoe bereits zu einem Verhör vorgeladen. Und eine Fabrik für Haarwuchsmittel, an der er die Majorität hat, steht vor der Pleite, wenn sie nicht eine kräftige Kapitalspritze von Briscoes Suppenwerken erhält.«

»Merkwürdig«, murmelte ich, und mein Gehirn arbeitete auf Touren.

»Jetzt kommt aber der Knalleffekt, Gentlemen«, kündigte der Lieutenant verheißungsvoll an. »Während jeder glaubte, der Suppenkönig schwimme in den Millionen wie die Fettaugen auf seiner Fleischbrühe; sind seine New Yorker Konten, er hatte sein Bargeld auf vier Banken verteilt, beinahe leer. Keine halbe Million bleibt mehr, und Mrs Briscoe ist blass vor Wut.«

»Aber wieso haben die Banken nicht schon längst Verdacht geschöpft, dass er in Schwierigkeiten ist?«, wollte Mr High wissen.

»Ganz einfach. Briscoe hatte schon immer den Tick, sein Kapital von einer Bank zu anderen zu überweisen. Vermutlich, damit niemand erfuhr, wie viel Geld er wirklich hat. Und was er in fetten Zeiten eingeführt hatte, bewährte sich jetzt auch in den mageren Tagen. Jede Bank, bei der er Geld abzog und sein Konto schrumpfen ließ, glaubte natürlich, dass die großen Brocken bei den anderen Banken festgelegt waren. So konnte keiner ahnen, dass Millionen Dollar schon längst über alle Berge waren.«

»Und wo sind sie hin?«, fragte ich. »Ich habe zufällig neulich die Bilanz gelesen. Briscoes Suppen hatten im letzten Jahr den höchsten Absatz. Er muss Geld wie Heu verdient haben.«

O’Hara zuckte mit den Schultern.

»Das fragen Sie besser Mrs Briscoe. Sie und ihr Anwalt studieren gerade die Bankauszüge von den Privatkonten des Suppenkönigs. Er muss das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinausgeworfen haben.«

»Stimmt nicht«, sagte ich entschieden. »Sie lesen zu wenig Zeitung, Lieutenant. Briscoe war als Geizhals verschrien. Er war kein Verschwender. Und deshalb glaube ich auch nicht …« Ich brach den Satz ab und starrte nachdenklich vor mich hin.

»Was glauben Sie nicht, Jerry?«, fragte Mr High nach.

»… dass der Mörder dem Suppenkönig die Probleme abgenommen hat.«

Der Lieutenant verstand mich falsch.

»Es war bestimmt kein Selbstmord, Agent«, warf er hastig dazwischen.

»Aber auch kein Mord«, folgerte ich gelassen. »Jedenfalls keiner an Briscoe. Wenn ein Mann, der so geizig ist wie Briscoe, gerade dann ermordet wird, wenn alle Leute Geld von ihm haben wollen, dann ist das kein Zufall. Dann hat Briscoe selbst nachgeholfen. Er hat den Mord an sich nur vorgespielt. In Wahrheit lebt er irgendwo; unbekannt und unbehelligt von allen, die Geld von ihm haben wollen.«

O’Hara machte ein ungläubiges Gesicht.

Mr High nickte nachdenklich.

»Unmöglich«, sagte O’Hara. »Wir haben doch die Leiche identifiziert.«

»Nehmen Sie’s nicht tragisch, Lieutenant«, sagte ich tröstend. »Sie haben zwei Schlüssel und ein Gebiss identifiziert und die üblichen Kleinigkeiten, die man jeder Leiche ins Sakko stecken kann. Das Gebiss hat Briscoe eben für den guten Zweck geopfert, er hatte ja noch zwei andere. Und bis jetzt ist seine Rechnung sogar aufgegangen. Sie haben ihn als Leiche registriert, weiß der Himmel, wer da wirklich verbrannt ist, und suchen nun einen Mörder, den Sie nicht finden können, weil es ihn nicht gibt. Ist die Fahndung erst eingestellt, kann Briscoe für den Rest seiner Tage von dem leben, was er beiseite geschafft hat.«

»Moment mal«, ließ sich Mr High vernehmen. »Wir haben jetzt eine ganze Menge über den Fall Briscoe gehört. Aber, Lieutenant O’Hara, Sie haben uns immer noch nicht verraten, wieso Sie den Fall an uns abgeben wollen. Alles, was wir über ihn wissen, betrifft die City Police und nicht das FBI.«

O’Hara starrte Mr High einen Augenblick an. Dann brach es aus ihm heraus: »Ich konnte mir einfach keinen Vers darauf machen: Aber jetzt, nachdem Cotton mir den Schlüssel gegeben hat. Die Sache ist nämlich die: Eine der Banken hatte eine Woche vor dem Mord, dem angeblichen Mord, noch eine Million mehr auf Briscoes Konto. In seinem Auftrag überwies sie eine Million an einen Mister Butler in Dayton, Ohio. Nach Briscoes Ermordung kam ihr die Sache merkwürdig vor. Die Leute dachten wohl an Erpressung oder etwas Ähnliches. Sie fragten bei der Bank in Dayton nach, wer Mister Butler denn wäre und ob die Sache in Ordnung sein könne. Hier habe ich das Fernschreiben, mit dem die Bank in Ohio geantwortet hat.«

Er zog ein Fernschreib-Formular aus der Tasche und reichte es Mr High. Der Chef las es mit unbewegtem Gesicht und gab es an mich weiter.

Der Inhalt passte wie nach Maß zu meiner Theorie von Briscoes Verschwinden.

Das Konto von Mr Butler wurde vor vier Wochen hier eröffnet. Butler vorher unbekannt. Der Betrag ist vorige Woche vom Kontoinhaber gegen gültige Unterschrift Horace Butler zur Hälfte in bar abgehoben, zur Hälfte auf sein Konto bei unserer Filiale in Little Rock, Arkansas überwiesen worden. Rückfragen in Little Rock ergaben, dass Butlers Konto dort unter Abhebung des gesamten Betrages aufgelöst wurde.

Unwillkürlich stieß ich einen Pfiff aus.

»Das ist Ihr Fall, Jerry«, sagte Mr High ruhig. »Suchen Sie Briscoe!«

2

Ich war zufrieden, dass sich meine Theorie so schnell als vermutlich richtig erwiesen hatte. Aber es war mir klar, dass ich eine harte Nuss zu knacken hatte.

Eins wusste ich jedenfalls bestimmt: Weder in Ohio noch in Arkansas würde von Briscoe alias Butler auch nur ein Haar zu finden sein.

Also war es am klügsten, wenn ich dort anfing, wo vermutlich auch Arthur Briscoe angefangen hatte, seinen verteufelten Plan auszuhecken: in New York.

Jane Moore hieß die Frau, das der Suppenkönig seiner Frau vorgezogen hatte und die jetzt ein Kind von ihm erwartete. Ich wollte sie mir einmal ansehen, um festzustellen, ob Briscoe auch mit ihr Schluss gemacht hatte oder ob er nur auf den richtigen Augenblick wartete, um sie in sein neues Leben nachzuholen.

Falls der Suppenkönig geizig war, so hatte er an seiner Geliebte jedenfalls nicht gespart. Sie wohnte in einer feinen Villengegend in der Nähe von Forest Hills. Ohne Briscoes Schecks würde sie diese Bleibe jedenfalls nicht lange halten können.

Eine farbige Dienerin öffnete mir und zuckte erschrocken zusammen, als ich ihr sagte, wer ich bin.

Jane Moore war eine Schönheit. Ihr langes Haar war blond, die Figur vollkommen. Die Frau trug ein raffiniert einfaches dunkles Kleid, darüber eine Art Kimono, der fast schwarz war.

»Was für Nachrichten haben Sie von Briscoe?«, fragte ich ohne Umschweife, als wir uns gesetzt hatten.

Ihr Gesicht verzog sich schmerzlich gekränkt.

»Machen Sie keine schlechten Scherze mit mir, Agent Cotton!«, sagte sie leise und vorwurfsvoll.

»Sie wissen genauso gut wie ich, welches entsetzliche Schicksal der arme Arthur gefunden hat.«

»Haben Sie seine Leiche identifiziert?«, wollte ich wissen.

»Das hat niemand von mir verlangt. Aber Lieutenant O’Hara hat mir gesagt, dass kein Zweifel bestehe. Es war ein grässlicher Schock für mich. Wir wollten heiraten, sobald Arthur geschieden war.«

Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, und ihre Schultern zuckten. Es machte keinen Eindruck auf mich.

»Sie wissen also noch nicht, dass es gar nicht Briscoe war, der in seinem Bootshaus verbrannt ist?«

Sie zuckte zusammen und ließ die Hände von ihrem Gesicht fallen. Ich sah, dass sie nicht eine einzige Träne geweint hatte.

»Wer behauptet das?«, fragte sie – nicht hoffnungsvoll, sondern beinahe feindselig und empört. Aber nach einem Atemzug hatte sie sich wieder gefangen. »Es klingt zu schön, als dass ich es glauben könnte.«

Ich erzählte ihr einiges, und sie starrte mich an, als ob ich eine Hiobsbotschaft für sie hätte.

»Und wo, glauben Sie, könnte Arthur geblieben sein?« Es war klar, dass sie herausfinden wollte, wie viel ich wusste oder ahnte.

Ich zuckte mit den Schultern.

»Sicher wollte er ein neues Leben beginnen. Ohne seine Frau und ohne Sie!«

Sie konnte das heimliche Lächeln eines kleinen Triumphes in ihren Augenwinkeln nicht verbergen.

»Ohne seine Frau, das wäre schon denkbar. Aber ohne mich, nein. Arthur und ich, wir liebten uns. Er tat alles für mich. Ich müsste es wissen, wenn …«

»Sie wissen es ja auch, Miss Moore«, sagte ich wie selbstverständlich. »Ich zweifle gar nicht daran, dass Arthur Sie über seine Pläne informiert hat. Deshalb habe ich ja auch gefragt, welche Nachrichten Sie von ihm haben.«

Jetzt wurde sie sauer. Schnell erhob sie sich.

»Ich glaube nicht, dass es zu den Aufgaben des FBI gehört, mit der Trauer eines Menschen Scherze zu treiben. Ich wäre der glücklichste Mensch unter der Sonne, wenn Arthur noch lebte. Aber verschonen Sie mich mit Ihren albernen Verdächtigungen!«

»Schade«, sagte ich. »Ich hatte gehofft, Sie würden uns behilflich sein, Arthur Briscoes gegenwärtigen Aufenthaltsort zu finden. Aber da Sie es nicht tun, werde ich ihn auf eigene Faust suchen müssen.«

Ihr Gesicht war eisig, als sie die Tür öffnete, um mich hinauszulassen. Krachend fiel die Tür hinter mir ins Schloss. Ich wusste, dass ich der Frau einen gehörigen Schrecken eingejagt hatte.

Vor allem aber: Jetzt gab es für mich keinen Zweifel mehr, dass meine Vermutung stimmte und Arthur Briscoe lebte.

***

»Wie komme ich am besten zu einer Leiche, Doc?«, fragte ich den Arzt der Mordkommission.

»Wenn ich ein Verbrecher wäre«, antwortete er, »würde ich Ihnen antworten, sich eine in der Anatomie zu beschaffen. Leichen gibt es da genug, und vielleicht lässt es sich auch einrichten, eine zu stehlen.«

»Ein Mord«, sagte ich, »führt immer dazu, dass jemand vermisst wird. Aber nach einer Leiche, die aus der Anatomie verschwindet, wird man wohl kaum lange suchen. Oder?«

Er zuckte mit den Schultern.

Mein FBI-Ausweis öffnete mir alle Türen. Ich gelangte in die Anatomie und ließ mich herumführen.

Der Verwaltungsbeamte, der mich begleitete, betrachtete mich von der Seite.

»Alle Achtung«, staunte er dann. »Sie sind ganz schön hartgesotten. Was glauben, Sie, wer hier schon alles grün um die Nasenspitze geworden ist!«

»Was müsste ich tun, um eine Leiche von Ihnen zu bekommen?«, wollte ich wissen.

»Tja: da müssen Sie mir ein Formular bringen, das der Chef unterschrieben hat. Und auch dann können Sie sie nicht einfach mitnehmen. Da sind wir ziemlich kleinlich.«

»Ist es nie vorgekommen, dass einmal ein Toter in falsche Hände gekommen ist?«

Er schüttelte den Kopf.

»Und Sie sind ganz sicher, dass keine fehlt?«

»Unbedingt. Sehen Sie, hier ist unsere Kartei!«

»Na«, sagte ich skeptisch. »Aber prüfen Sie gelegentlich mal nach, ob zu jeder Karteikarte auch die entsprechende Leiche noch hier ist?«

»Zweimal im Jahr machen wir Inventur«, erklärte er. »Aber da hat noch nie ein Körper gefehlt. Obwohl es natürlich ständigen Wechsel gibt. Tote werden zum Sezieren von Studenten abgeholt.«

»Wann war Ihre letzte Inventur?«

Er schlug in seinen Büchern nach. »Vor vier Monaten.«

»Na also«, bemerkte ich, »dann können Sie ja gar nicht wissen, ob alles stimmt. Ich möchte wetten, Sie haben einen Toten zu wenig.«

Sein Gesicht lief rot an. »Was fällt Ihnen ein? Auch vom FBI lasse ich mich nicht beleidigen! Bei mir ist alles in Ordnung – das hat mir der Chef immer bestätigt.«

»Ich mache Ihnen ja auch keinen Vorwurf«, tröstete ich ihn. »Aber nehmen wir mal an, ich wollte mit einem Trick ohne Unterschrift vom Chef eine Leiche herausholen, was müsste ich da tun?«

»Unmöglich«, erklärte er kategorisch.

Missmutig verabschiedete er sich, nachdem er mich vor dem Zimmer des Anatomiechefs abgeliefert hatte. Dort erzählte ich, was für einen Verdacht ich hatte.

Er sagte mir zu, obwohl er für den Verwaltungsbeamten die Hände ins Feuer legen konnte, durch eine Inventur zu klären, ob ich recht hatte oder mich irrte.

***

Eigentlich hätte ich jetzt noch Mrs Briscoe aufsuchen müssen. Aber nach O’Haras Erzählungen war ich überzeugt, dass sie die allerletzte war, die der Suppenkönig in seine Pläne eingeweiht hätte. Sie würde nichts wissen.

So steuerte ich meinen roten Jaguar schließlich vor meine Wohnung und zog mich ins Privatleben zurück.

Es war mitten in der Nacht, als ich erwachte und mir siedend heiß einfiel, was ich im Jaguar vergessen hatte: Eine Mappe mit den Fotos von der angeblichen Leiche Briscoes, die O’Hara uns in die Hand gedrückt hatte. Nun ja, Top secret war das nicht, aber ich fühlte mich nicht wohl bei dem Gedanken, dass etwas Dienstliches unbewacht in meinem Wagen lag.

Also zog ich mir schnell Hosen und Sakko über den Pyjama, schlüpfte in ein paar Schuhe, holte mir den Lift und fuhr hinunter.

Aus alter Gewohnheit öffnete ich die Haustür geräuschlos. Aber schon der erste Blick auf meinen Jaguar kündete von Unheil.

Zwei drahtige Kerle, die in Rollkragenpullovern steckten, kramten in meinem Wagen herum, und ein dritter stand ein paar Yards entfernt – die Hand verdächtig in der Tasche. Verdammtes Pech, dass ich meine Smith and Wesson nicht dabei hatte.

Ich nahm mir nicht viel Zeit zum Nachdenken. Mit drei Sprüngen war ich an meinem Wagen.

Ich hörte gerade noch den Schreckensruf, den der Aufpasser ausstieß. Er kam zu spät.

Ich zerrte einen der beiden aus dem Jaguar heraus und schlug ihm die Faust ans Kinn, dass er in sich zusammensackte. Er sollte mir als Deckung dienen.

Aber der Aufpasser, der den Augenblick zum Schießen verpasst hatte, dachte gar nicht daran, bereits jetzt einzugreifen. Vermutlich glaubte er, dass ich eine Schusswaffe bei mir hätte.

Er zog sich mit ein paar Schritten in den nächsten Hauseingang zurück, wo er gut gedeckt war. Vermutlich wollte er mich von dort aus in aller Ruhe abknallen.

Inzwischen war der zweite Gangster nicht untätig gewesen. Während ich versuchte, den Jaguar zwischen mich und den Mann mit der Kanone zu bringen und dabei beide Hände mit dem ersten Kerl voll hatte, sprang Nummer zwei mich an. Beladen, wie ich war, verlor ich das Gleichgewicht und segelte neben dem Jaguar zu Boden. Sofort war der zweite Ganove über mir.

Ich packte ihn, aber ehe ich ihn richtig in den Griff bekam, merkte ich, dass er ein Messer herausziehen wollte.

Mir blieb nichts übrig, als sein Handgelenk zu fassen und ihn herumzuwirbeln. Wohl war mir nicht in meiner Haut, denn jeden Augenblick konnte der Schuss knallen, mit dem der Aufpasser mich ausschalten wollte.

Und jetzt kam zu allem Überfluss auch die Nummer eins wieder zu sich und fing an, von hinten auf mich einzutrommeln.

Das Messer war dem zweiten aus der Hand gefallen, aber es war ein Stück zur Seite gerutscht, so dass ich nicht herankam.

Mit einem plötzlichen Aufbäumen schaffte ich mir die beiden drahtigen Burschen vom Hals. Aber ehe ich dem dritten Mann im Treppenhaus ein Ziel bot, packte ich mit der linken Hand das Messer. Dann warf ich mich mit einem gewaltigen Sprung hinter den Jaguar.

Vorsichtig spähte ich über das Dach.

Zu meiner Verblüffung bemerkte ich, dass die beiden Gangster flüchteten. Sie rasten davon, als ob der Teufel hinter ihnen her sei. Ein paar Yards hinter ihnen sprintete der Mann mit der Pistole davon.

Ehe ich ihnen nachsetzen konnte, musste ich feststellen, ob die Fotos noch an ihrem Platz waren.

Ich riss die Wagentür auf und fasste in das Handschuhfach. Zu meiner Erleichterung lag das, was ich suchte, tatsächlich noch drin. Aus meinem Wagen war nichts gestohlen worden.

Offensichtlich war ich gerade noch rechtzeitig gekommen. Vermutlich waren es Autoknacker, die auf meinen Schlitten aufmerksam geworden waren und mit einer fetten Beute gerechnet hatten.

Ich brachte den Wagen in die Garage, lief noch einmal um ihn herum und da kam mir plötzlich ein Gedanke. Ich machte die Fahrertür noch einmal auf und betrachtete die Steuersäule. Nichts. Ich stieg aus und prüfte die Räder. Ich schaute unter den Wagen, aber nichts war zu bemerken.

Trotzdem kam mir die Sache nicht geheuer vor. Ich öffnete die Motorhaube, ließ einen Blick über den Motorraum wandern und entdeckte etwas.

An die Zündung war etwas angeschlossen, das gefährliche Ähnlichkeit mit einer Sprengladung hatte. Feine Drähte waren gezogen. Ich hatte genug gesehen.

Vorsichtig, ohne den Jaguar zu erschüttern, schloss ich die Haube wieder und lief in meine Wohnung.

»Hören Sie, Ellis«, sagte ich zu unserem Sprengstoffexperten, den ich mir an die Strippe geholt hatte, »ich glaube, in meinen Wagen ist eine Höllenmaschine eingebaut.«

Ellis schaltete wie der Blitz. »Nichts berühren! Ich komme sofort.«

Es dauerte keine zwanzig Minuten, bis er neben mir vor dem Jaguar stand.

»Halten Sie sich fern, Jerry!«, ordnete er an, als er sich an die Arbeit machte. »Wenn dabei einer in die Luft geht, bin ich es. Das ist nicht Ihr Bier!«

Er hob die Haube hoch und tauchte darunter. Ich sah eine Zange in seiner Hand.

»Giftzähne gezogen!«, rief er mir nach einer Weile zu.

Ich trat zu ihn. Er hatte die Drähte zur Zündung unterbrochen und die Sprengkapsel abmontiert.

»Geschickt gemacht«, murmelte er. »Wenn Sie Ihren Traumwagen gestartet hätten, Jerry, wäre die Himmelfahrt fällig gewesen. Das hätte Sie in die Luft gepustet wie eine Saturn-Rakete. Ekrasit ist sozusagen todsicher. Sie müssen liebe Freunde haben, die Ihnen solche niedlichen Überraschungen bereiten. In was für einem Fall stecken Sie mal wieder?«

»Ich wüsste nicht«, sagte ich. »Aber halt, sollten die Gangster so schnell geschaltet haben?«

»Das hier ist Maßarbeit. Wir werden es noch genau untersuchen, aber dass die Ladung Ihren Wagen und Sie in die Luft geschickt hätte, das sehe ich auf einen Blick.«

Er verpackte die Sprengladung in einem Berg Watte und sah sich noch einmal im Motorraum meines Jaguars um. »Ich glaube, jetzt können Sie ohne Bedenken losfahren.«

Er setzte sich zu allem Überfluss selbst in den Jaguar und startete. Der Motor kam prompt und heulte auf.

»Jane Moore«, sagte ich halblaut und kniff die Lippen dabei zusammen.

Kein Zweifel – sie hatte den Gangstern irgendwie Bescheid gegeben, dass ich Arthur Briscoe auf die Schliche gekommen war und mir die Sache vorknöpfen wollte. Wie gut ich alles durchschaut hatte und wie goldrichtig ich im Rennen lag, das bewies dieser missglückte Versuch, mich ins Jenseits zu schicken. Sie mussten mich für gefährlich halten. Nun ja, es ging um einige Millionen Bucks für Briscoe und vermutlich einige andere.

3

In einer kleinen Pension in Venice, dem Küstenort in der Nähe von Los Angeles, saß Arthur Briscoe um die gleiche Stunde bei einer mächtigen Portion Ham and Eggs. Niemand hätte den Suppenkönig, der sich äußerlich erheblich verändert hatte, in dieser bescheidenen Umgebung vermutet.

Die Zufriedenheit, die er zurzeit empfand, wich freilich einem deutlichen Missbehagen, als ihm die Pensionsinhaberin einen Besucher ankündigte.

»Ihnen geht’s ja gut«, stellte Rodrigo Jimenez mit einem Blick auf das Frühstück fest. »Hoffentlich haben Sie einen Bourbon für mich.«

»Was wollen Sie denn?«, fragte Briscoe missmutig, griff aber nach einer Flasche und goss Jimenez eine kräftige Ladung von dem gewünschten Whiskey ein.

Jimenez, der unterhalb des schwarzen Haaransatzes eine rote Narbe hatte, nahm einen tiefen Schluck, schnaufte mit sichtlichem Genuss und sagte dann: »Die Sache ist geplatzt.«

»Was heißt das?«, fuhr Briscoe hoch.

»Die G-men sind Ihnen auf die Schliche gekommen.«

»Aber Sie haben mir versprochen«, beschwerte er sich, »dass die Geschichte todsicher ist. Kein Mensch könne je auf die Idee kommen, dass ich nicht verbrannt bin.«

»Irren ist menschlich«, entgegnete Jimenez leichthin. »Konnte ich ahnen, dass so ein verdammter Schnüffler Verdacht schöpfen würde? Außerdem hat sich Ihr blonder Käfer nicht gerade geschickt benommen, fürchte ich.«

»Aber wie war es nur möglich«, stöhnte Briscoe, »dass die ganzen Vorbereitungen schief gehen konnten? Ich habe mich wirklich hundertprozentig auf Ihre Zusage verlassen, Jimenez.«

»Ich habe natürlich keine Ahnung, was die Schnüffler vom FBI misstrauisch gemacht hat«, kaute der Gangster heraus, »aber dass Ihre Geldtransaktionen der Haken an der ganzen Geschichte sind, habe ich Ihnen von Anfang an gesagt. Wer hat je gehört, dass einer sich nicht von seinen Bucks trennen kann, wenn er schon Millionen auf Nummer sicher hat!«

»Das lassen Sie meine Sache sein«, wehrte Briscoe scharf ab.

»Einiges davon müssen Sie jetzt ohnehin ausspucken«, erklärte Jimenez ungerührt.

Briscoe starrte ihn überrascht an. Wenn es um seine Dollars ging, wurde der Suppenkönig ungemütlich.

»Sie haben bekommen, was wir vereinbart hatten. Nicht einen Cent mehr sehen Sie von mir.«

Jimenez musterte ihn grinsend, während er sein Bourbon-Glas leerte.

»Mir recht«, sagte erkühl. »Wundern Sie sich dann nur nicht, wenn die Cops in ein paar Stunden bei Ihnen klopfen!«

»Wollen Sie mir drohen?«, fuhr Briscoe auf.

»Wer spricht davon? Warnen höchstens! Wenn die Bullen erst mal wissen, dass Sie am Leben sind, Briscoe, werden sie nicht ruhen, bis sie Ihnen auf die Spur gekommen sind. Es gibt da ein paar Leute, die zu viel wissen. Verstehen Sie?«

Briscoe biss sich nervös auf die Lippen. Er war schlau genug, um die Wahrheit dieser Worte zu erkennen. Trotzdem versuchte er zu bluffen.

»Eigentlich habe ich von der Polizei nichts zu befürchten«, murmelte er, als ob er mit sich selbst spreche.

Jimenez lachte höhnisch auf. »Sie vergessen den Mann, den wir für Sie umbringen mussten, damit wir eine Leiche zum Verbrennen hatten. Das geht auf Ihr Konto. Vergessen Sie das nicht!«

»Verdammt!«, fluchte Briscoe. »Sie setzen mir die Pistole auf die Brust!«

»Hören Sie«, sagte Jimenez halblaut, »Sie sind doch vernünftig. Spucken Sie eine Viertelmillion Bucks aus, und ich sorge mit meinen Leuten dafür, dass jede Spur, die zu Ihnen führt, wie abgeschnitten ist.«

»Sie sind verrückt!«, fuhr Briscoe auf. »Eine Viertelmillion! Für wen halten Sie mich?«

»Für den Suppenkönig Briscoe, der Millionen auf seinen Konten hat«, antwortete Jimenez trocken.

»Hunderttausend«, begann Briscoe zu handeln.

Jimenez erhob sich. Als er an der Tür war, korrigierte Briscoe sich. »Hundertfünfzig!«

Jimenez drehte sich halb herum.

»Hören Sie, Sie haben schon einmal erlebt, dass ich nicht mit mir handeln lasse. Ihr drittes Angebot muss stimmen, sonst überlasse ich Sie Ihrem Schicksal. Was meinen Sie, was es mich kostet, die Leute zu bezahlen, die die Mitwisser zum Schweigen bringen! Also, wie viel?«

Briscoe biss die Zähne zusammen und sagte kein Wort. Aber er zog aus dem Sakko ein Scheckbuch und malte gewissenhaft die Zahlen zwei und fünf und vier Nullen auf einen Scheck.

Dann legte er seine fleischige Hand auf das Formular.

»Es bleibt bei der Abmachung«, sagte er grimmig. »Für diesen Betrag sorgen Sie dafür, dass mich niemand findet und dass das FBI ins Leere rennt! Klar?«

»Klar.« Jimenez nickte, und ein boshaftes Grinsen zog um seine wulstigen Lippen. »Niemand wird Sie finden, das verspreche ich Ihnen!«

***

»Sagen Sie mir eins, Agent Cotton«, begann der Chef der Anatomie, nachdem wir uns gesetzt hatten. »Woher konnten Sie wissen, dass bei uns eine Leiche fehlt?«

»Tja«, antwortete ich, »ich gebe zu, dass ein bisschen Glück bei meiner Überlegung dabei war. Und viel weiter führt mich diese Entdeckung auch nicht, denn ich muss nun herausfinden, wie und durch wen die fehlende Leiche entwendet worden ist. Nur den Zeitpunkt kann ich Ihnen ziemlich genau sagen.«

»Sie meinen den Tag, an dem der falsche Briscoe verbrannt ist?«

»Haargenau, Denn nachdem die Leiche erst einmal hier fortgeschafft worden ist, musste sie schnell ihrer Bestimmung zugeführt werden.«

»Ich bin überzeugt«, erklärte der Chef, »dass mein Verwalter Ihnen bei Ihren weiteren Nachforschungen helfen kann. Nur er hat die Übersicht, wer in der fraglichen Zeit möglicherweise doch eine Chance hatte, heimlich in unser Magazin einzudringen.«

Ich verabschiedete mich und trat zum zweiten Mal den Gang in die eisgekühlte Leichenhalle an.

»Da sind Sie ja, Agent«, sagte der Verwalter, und seine Stimme klang gebrochen. »Sie haben recht gehabt. Es ist mir so peinlich. Aber wenn Sie sich selbst überzeugen wollen …«

Er schloss mit pedantischer Genauigkeit die schwere Stahltür auf.

»Ein Toter fehlt. Dort hinten in der Ecke, wohin ich nur selten komme, ist eine Leiche entwendet worden. Nun sagen Sie mir bloß, wer tut so etwas?«

»Wann haben Sie es festgestellt?«

»Ich blieb gestern Abend länger, um alles durchzusehen. Dabei stellte es sich heraus.«

Wir hatten die paar Schritte in die hinterste Ecke des Magazins zurückgelegt. Bekümmert sah mein Begleiter vor sich hin.

Überrascht starrte ich auf die Stelle, die er mir vorhin gezeigt hatte. »Aber«, sagte ich verständnislos, »hier fehlt doch gar keine Leiche.«

Er fuhr hoch. In der fraglichen Ecke lag die leblose Gestalt eines Mannes. Sein Gesicht konnte man von hier nicht sehen.

Der Verwalter stöhnte auf. Dann begann er zu zittern. Seine Lippen bewegten sich, aber es dauerte einen Augenblick, bis er Worte hervorbrachte. »Es ist Webster, einer von den Trägern!«

Dann brach der Mann ohnmächtig zusammen. Ich konnte gerade noch verhindern, dass sein Kopf auf den harten Zementboden prallte. Mühsam schleppte ich ihn hinaus.

Nach einer Minute kam er wieder zu sich.

»Wann haben Sie Webster das letzte Mal lebend gesehen?«

Angestrengt dachte er nach. »Gestern«, stellte er dann fest. »Kurz bevor Sie hierher kamen.«

»Hören Sie gut zu!«, schärfte ich ihm ein. »Ich gehe jede Wette ein, dass es Webster war, der die Leiche entwendet hat. Wie war das möglich? Gibt es einen Weg?«

Er legte die Stirn in angestrengte Falten, und ich merkte, wie es in seinem Innern arbeitete.

»Warten Sie!«, stammelte er. »Vor ein paar Tagen bekam ich hier einen Anruf. Ein Mann erzählte mir, meine Frau sei verunglückt, und ich solle sofort kommen. Er nannte mir eine Adresse in der Amsterdam Avenue. Webster war zufällig in der Nähe.«

»Ganz zufällig«, murmelte ich und konnte mir den Rest zusammenreimen.

»Ich war«, fuhr der Verwalter fort, »völlig durcheinander. Ich gab Webster die Schlüssel und bat ihn, mich für eine Stunde zu vertreten, damit ich zu meiner Frau fahren konnte.«

»Die ganze Geschichte«, ergänzte ich; »war natürlich ein Märchen. Ihre Frau war gesund und munter, und an der angegebenen Adresse war niemand. Stimmt’s?«

»Allerdings«, sagte er betreten.

»Und inzwischen«, erklärte ich ihm, »hat Webster mit Ihrem Schlüssel geöffnet und dafür gesorgt, dass die Leiche, die er im Auftrag irgendwelcher Gangster besorgen musste, aus dem Haus kam. Wie er das am besten anfangen konnte, wusste er ja, da er sich hier auskannte. Und wenn Sie in ein paar Monaten Inventur gemacht hätten, wäre Ihnen der Zusammenhang zwischen der fehlenden Leiche und diesem Webster nie eingefallen. Habe ich recht?«

Er nickte. Langsam kam wieder Farbe in sein Gesicht.

»Aber warum«, fragte er, »haben sie Webster getötet und dorthin gelegt?«

»Das liegt auf der Hand. Nachdem wir hier nach der fehlenden Leiche suchten, mussten die Gangster befürchten, dass wir auf Webster stoßen und ihn ausfragen würden. Er wusste etwas, das wir nicht erfahren sollten. Und natürlich hofften die Gangster, dass wir das Fehlen der Leiche nicht so schnell bemerken würden. Webster selbst musste daher die Lücke füllen.«

Ich überließ den Verwalter sich selbst und ging zum Telefon. Wie der unselige Webster ums Leben gekommen war, sollte die Mordkommission klären.

Im Büro der Anatomie ließ ich mir die Adresse von Websters Wohnung geben. Ich erfuhr, dass er verheiratet gewesen war.

***

Ich parkte meinen Jaguar in der düsteren Straße in Brooklyn, wo Webster gewohnt hatte.

Webster war Anfang vierzig gewesen. Seine Frau schien nur wenig jünger zu sein, Ihr Gesicht war verhärmt und misstrauisch.

Als sie meinen Ausweis sah, zuckte sie zusammen.

»Ihr Mann«, sagte ich, »ist heute früh in der Anatomie überfallen worden. Sein Zustand ist ernst.«

»Ich hab’s gewusst«, murmelte sie tonlos mit blassen Lippen. »Lebt er noch?«

Ich erzählte ihr alles so schonend wie möglich. Dann musste ich warten, bis ihre Tränen versiegt waren.

»Was haben Sie gewusst?«, fragte ich schließlich.

Ihr Gesicht verschloss sich. »Nichts.«

»Hören Sie zu, Mrs Webster! Wir sind hinter den Burschen her, die Ihren Mann auf dem Gewissen haben. Es ist in seinem Interesse, dass Sie uns nichts verschweigen.«

Sie nickte stumm. »Irgendetwas stimmte mit George in letzter Zeit nicht«, erzählte sie. »Er hat mir nichts gesagt, aber ich merkte, dass ihn etwas bedrückte. Und als diese Nacht der Anruf kam …« Sie hielt verstört inne. »George hat mir ausdrücklich gesagt, dass ich darüber schweigen soll.«

»Denken Sie an meine Worte! Wir müssen die Mörder finden. Was war mit dem Anruf?«

»Er kam mitten in der Nacht, gegen zwei Uhr. Wir schliefen schon lange. Ich ging an den Apparat. Eine heisere Männerstimme wollte George sprechen.«

»Nannte der Anrufer seinen Namen?«

»Nein, aber ich hörte, wie George ihn Larry nannte.«

»Wissen Sie, wie Larry mit Familiennamen heißt?«

»Nein, Agent, aber vor vielen Jahren hat er einmal einen Larry Wilkinson gekannt, Das war, als …« Plötzlich hielt sie inne.

»Bitte sprechen, Sie weiter!«

»Das war so«, fuhr sie langsam und zögernd fort.

»George war einmal im Zuchthaus. Eine dumme Sache – eine Jugendtorheit. Aber diesen Larry hat er damals kennen gelernt. Der Mann war vor vielen Jahren einmal hier und hat nach George gefragt. Aber George wollte nichts von ihm wissen, weil er fürchtete, Larry könne der Anatomie mitteilen, dass er vorbestraft ist. Er hat es bei der Einstellung verschwiegen …«

Sie blickte mich mit ängstlichen Augen an. »Ich bin sicher, dass dieser Larry Wilkinson diese Nacht angerufen hat.«

»Hat Ihr Mann den Namen vorher nie wieder genannt?«

»Nein, aber er erschrak über das, was er am Telefon hörte. Ich wollte wissen, worum es ging, aber er schwieg. Und heute Morgen ist er zwei Stunden eher als sonst in den Dienst gegangen.«

Ich wusste genug. Vor allen Dingen hatte ich einen Namen, der mich auf die Spur von Websters Mörder bringen konnte und auf die Spur der Helfer, die Briscoe eingesetzt hatte. Damit kam ich vielleicht ein Stück an Briscoe heran.

***

»Kennst du einen Larry Wilkinson unter den Gangstern in der Bowery?«, fragte ich Phil. Er war gerade aus dem Urlaub zurückgerufen worden, was ihn nicht gerade fröhlich stimmte.

»Keine Ahnung«, sagte er dann, »aber wir sollten einmal einen Blick in unser Archiv werfen.«

Es dauerte keine drei Minuten, bis uns der Kollege vom Archiv die Unterlagen über Larry Wilkinson vorsetzte.

Der Gangster hatte eine bewegte Vergangenheit. Schon im Alter von 16 Jahren war er zum ersten Mal wegen einer Unterschlagung verurteilt worden. Nur durch eine vermutlich falsche Zeugenaussage war er der Verurteilung wegen Teilnahme an einem Bandenüberfall entgangen. Dass er seit zwei Jahren ständig auf freiem Fuß war, hatte er wahrscheinlich nur den falschen Zeugnissen seiner Komplizen zu verdanken, mit denen er zusammenarbeitete.

Aufmerksam betrachteten Phil und ich die Fotos, die Larry von allen Seiten zeigte. Wenn man von einer typischen Verbrechervisage sprechen kann, so war sie bei dem Burschen gegeben. Wulstige Lippen, dicke Augenbrauen, tief liegende Augen, eine zerschlagene Nase und aufgequollene Ohren.

»Gestern um diese Zeit«, sagte Phil, als wir das Archiv verließen, »lag ich noch am Strand und ließ mich braun brennen.«

»Armer Agent«, grinste ich. »Aber tröste dich: Gestern um diese Zeit war ich noch nicht das Angriffsziel für eine Gang.«

In meinem Dienstzimmer klingelte das Telefon.

»Hallo, Jerry, da sind Sie ja«, rief mein Kollege Ellis zufrieden am anderen Ende der Leitung. »Ich dachte schon, Sie wären doch noch in die Luft gepustet worden.«

»Malen Sie den Teufel nicht an die Wand!«, war meine Antwort.

»Wir haben den kleinen Feuerwerkskörper inzwischen auseinander genommen. Saubere Arbeit. Da ist ein Fachmann dran gewesen. Es hätte einen mörderischen Zauber gegeben, wenn das in die Luft gegangen wäre.«

»Tut mir beinahe leid, dass ich den Boys den Spaß verdorben habe.«

»Deshalb rufe ich an. Ich weiß ja, dass Sie immer wie die Feuerwehr in Ihren Jaguar springen. Und das könnte unter solchen Umständen leicht einmal ins Auge gehen. Da haben wir uns was ausgedacht.«

»Schießen Sie los! Aber wenn Sie mir vorschlagen, dass ich meinen Schlitten in der Garage lassen soll, haben Sie Pech.«

»Keine Sorge, Jerry. Aber wir wollen Ihnen was unter die Haube setzen, womit die Gangster bestimmt nicht rechnen. Hören Sie mal!«

Ich musste den Hörer augenblicklich vom Ohr entfernen, denn am anderen Ende der Leitung ging ein Geheul los, als ob die Sirenen von ganz New York losheulten.

»Wir montieren Ihnen das so unter die Haube, dass es losgeht, sobald sie geöffnet wird. Ich möchte wetten, die Burschen sind sofort über alle Berge, wenn sie das hören.«

»Gute Idee, Ellis«, stimmte ich zu. »Ich muss nur selbst dran denken, falls ich mal die Haube aufmachen will, sonst platzen mir die Trommelfelle.«

»Also gut, Sie sind einverstanden. Steht Ihr rotes Rennpferd bei uns im Hof?«

»Wie immer.«

»Dann montieren wir’s sofort. In einer halben Stunde sind wir fertig.«

4

Die Rolle von Jane Moore, der heimlich Verlobten des Noch-Ehemanns Arthur Briscoe, erschien uns so undurchsichtig, dass Phil und ich vereinbart hatten, ihr etwas gründlicher auf den Zahn zu fühlen.

Zwar würde die junge Frau sich vorsehen, aber vielleicht konnte Phil aus dem farbigen Hausmädchen etwas herausholen.

Zu diesem Zweck baute er sich noch am gleichen Nachmittag in der Nähe von Jane Moores pompöser Villa auf und wartete auf seine Chance. Sie bot sich gegen Abend, als das Hausmädchen den weißen Pudel ihrer Gebieterin ausführte.

Während der Hund an einem Baum herumschnüffelte, blieb Phil entzückt vor dem Vierbeiner stehen.

»So ein schönes Hundchen«, begann er die Konversation und behauptete, er habe noch nie ein solches Hundeexemplar gesehen und es dauerte keine zehn Minuten, bis Phil und sie in einem lebhaften Gespräch waren. Phil erfuhr, wem der Hund gehörte und wer Miss Moore war.

Anabella plapperte drauflos und vertraute Phil an, dass Jane Moore, wenn sie allein war, gar nicht mehr trauerte, sondern bester Laune war. Nun ja, das war natürlich keine große Neuigkeit für uns. Anabella ließ etwas von Telefongesprächen durchsickern, die ihre Gebieterin gerade nach Briscoes Tod besonders häufig, führte. Dann verabschiedete sich das farbige Girl und verschwand im Haus.

Als Phil sich auf den Rückweg machte, fiel ihm ein blonder, bulliger Bursche auf, der in der Nähe herumlungerte und Anabella und Phil offensichtlich beobachtet hatte. Phil trat in eine der nächsten Telefonzellen, rief mich an und bat mich, einen Kollegen zu schicken, der sich an die Fersen des Blonden heften sollte.

Ich hatte meinen Kollegen Spencer mit der Beschattung beauftragt. Er sollte mich anrufen, sobald der Blonde irgendwo untertauchte. Es dauerte eine reichliche Stunde, bis Spencer sich meldete.

»Was gibt es?«, fragte ich.

»Der Kerl ging als Erstes in einen Drugstore und hat telefoniert. Leider konnte ich kein Wort hören. Dann hat er sich in ein Taxi gesetzt. Zum Glück erwischte ich ein zweites und konnte ihm folgen. Es ging quer durch die City. Jetzt sitzt er im Yellow Diamond und berät sich mit ein paar finsteren Typen.«

»Okay, Spencer, bleiben Sie dort! Ich komme sofort hin.«

Das Yellow Diamond ist ein Lokal, in dem G-men nicht gern gesehen sing. Eine gewisse Sorte von Gangstern, die Mittelklasse gewissermaßen, trifft da ihre Verabredungen. In den letzten Jahren hatte ich dort nie zu tun gehabt.

Ich konnte also annehmen, dass man mich nicht erkennen würde. Dennoch veränderte ich mein Äußeres ein wenig, schnallte auch das Halfter mit meinem Smith & Wesson ab, der den FBI-Stempel trägt und mich im Ernstfall verraten konnte, und versah mich stattdessen mit einer Luger. Und natürlich fuhr ich auch nicht mit meinem Jaguar vor, sondern ließ ihn bei uns im Hof stehen.

Für Phil ließ ich eine Notiz zurück.

Aber ich bat ihn, mir nicht zu folgen, da er dem Blonden schon bekannt war.

Ein paar hundert Yards vom Yellow Diamond entfernt stieg ich aus dem Taxi und schob mich gemächlich wie ein Mann, der irgendwo einen Whisky trinken will, durch die Straße mit ihren verwegenen Typen. Ich war so ausstaffiert, dass ich nicht aus dem Rahmen fiel.

Unweit des Yellow Diamond erblickte ich Spencer.

Während ich an ihm vorbeischlenderte, flüsterte er, ohne die Lippen zu bewegen: »Er ist noch drin. Good luck, Jerry!«

Spencer hatte mir den Mann beschrieben, dem wir auf den Fersen waren. Aber ich hütete mich, beim Eintreten allzu genau Ausschau zu halten. Es hätte auffallen können.

Ich hatte Glück. Als ich mich auf einen der Stühle gepackt hatte und über mein Whiskyglas hinweg die Lage peilte, stellte ich fest, dass nur ein Tisch zwischen mir und Phils speziellem Freund war.

Ich stierte in mein Getränk wie einer, der schon ein Glas zu viel hat,. Nur aus den Augenwinkeln musterte ich der Reihe nach die Besucher des Lokals. Soweit ich feststellen konnte, war Larry Wilkinson nicht hier. Das wäre auf Anhieb auch zu viel Glück gewesen. Aber die Kerle, mit denen der Blonde, den sie – wie ich hörte – Allan nannten, am Tisch saß, hatten üble Gaunervisagen. Einen von ihnen erkannte ich sofort. Er wurde Brillen-Henry genannt und war ein geschickter Fälscher.

***

Zwei Stunden vergingen. Dann schreckte ich plötzlich auf, denn an der Theke, die ich für ein paar Minuten nicht beobachtet hatte, sah ich ein Gesicht, das ich nicht so leicht vergessen würde: Larry Wilkinson.

Er hatte eine Frau bei sich, der er einen Drink spendierte und die verliebt um ihn girrte.

Ich kippte meinen Whisky hinter die Binde und erhob mich. Jetzt kam es darauf an.

Ich drängte mich zwischen den Tischreihen hindurch zur Theke. Neben Larry Wilkinson war ein Barhocker frei.

Ich schwang mich darauf. »Hallo, Larry«, brummte ich.

Er fuhr herum wie eine Klapperschlange. Blitzschnell liefen die Blicke seiner tief liegenden dunklen Augen über mich. Es war, als ob er in mein Inneres schauen wolle.

»Wer bist du? Ich kenn dich nicht!«, knurrte er missmutig.

»Kann ich mir denken. Bin nicht so bekannt wie du.«

»Gibst du noch einen aus, Larry?«, fragte die Frau von der anderen Seite.

Lässig zog Larry eine Dollarnote aus der Tasche und warf sie ihr hin.

»Was willst du von mir?«, wandte er sich dann an mich.

Ich spielte die Rolle des kleinen, aber vertrauenswürdigen Gangsters. »Hast du einen Job für mich? Man sagt, dass du groß im Geschäft bist.«

»Wer sagt das?«, wollte er wissen.

»Die Boys hier.« Ich machte eine Bewegung über das ganze Lokal hin.

Eine misstrauische Falte grub sich in seine Stirn. »Ich bin kein Stellenvermittler. Besonders nicht für einen, den ich nicht kenne. Wo kommst du her?«

»Ich war verreist«, sagte ich, was so viel bedeutete, dass ich im Gefängnis gesessen hatte. »Bin erst vor ein paar Tagen wieder zurückgekommen. Jetzt brauche ich eine Gelegenheit, um zu ein paar Bucks zu kommen. Muss wieder von vorn anfangen.«

»Weshalb warst du verreist?«

»Einbruch«, sagte ich und fügte schnell hinzu: »Aber ich mache alles, was du mir anbietest.«

»Mit wem quatschst du eigentlich, Larry?«, ließ sich die Frau vernehmen und tätschelte Larrys Hand.

»Shut up!«, zischte er seine Freundin an.

»Alles?«, fragte er und gab seinen Worten eine Betonung, die nicht misszuverstehen war.

»Beinahe alles«, sagte ich vorsichtig.

Er verzerrte geringschätzig die Lippen. »So kleine Fische wie dich kann ich nicht brauchen«, stellte er fest. »Wer bei uns mitmacht, kann sich nicht aussuchen, was er will oder nicht.«

»Du darfst mich nicht missverstehen«, sagte ich beflissen. »Aber ich habe noch nie einen umgebracht.«

»Wer redet davon?«, fragte er und warf einen Blick zur Seite. »Du bist reichlich leichtsinnig. Das musst du dir abgewöhnen, wenn du mit mir zu tun hast.«

»Ich weiß«, sagte ich und wusste, dass ich ihm jetzt ein Stichwort geben musste, an dem er zu kauen hatte. »Das hat mir George Webster auch gesagt.«

Ich warf es hin ohne die geringste Betonung auf den Namen zu legen.

Trotzdem riss es ihn fast vom Stuhl. Ich blickte ihn harmlos an.

»Was weißt du von Webster?«, zischte er.

»Er hat mir gesagt, dass er für dich arbeitet. Wir waren früher einmal zusammen in einer großen Sache.«

Seine buschigen Brauen zitterten. »Wann hast du Webster gesprochen?«

»Ich ging zu ihm, als ich von der Reise zurückkam. Ich dachte, er sei noch im Geschäft. Aber er meinte, außer einer Sache für dich habe er nichts mehr im Sinn. Hat inzwischen eine Stellung angenommen. Irgendwas in der Anatomie, glaube ich.«

»Hat Webster dich zu mir geschickt?« Seine Frage klang beiläufig, aber ich merkte die Unruhe, die in ihr steckte.

»Er hat gesagt, du hast die Finger dick drin, und wenn einer mir eine Chance geben könne, bist du es.«

»Larry«, zwitscherte die Frau auf der anderen Seite, »wann gehen wir?«

»Du rührst dich nicht von der Stelle!«, herrschte er mich an.

Dann flüsterte er ihr ein paar Sätze zu, die mir nicht gefielen. Zwar verstand ich kein Wort, aber die Frau starrte mich plötzlich an. Und als Larry fertig war, schwang sie sich von ihrem Hocker herunter und steuerte die Toilette an.

»Wenn du von Webster kommst«, sagte Larry beinahe freundlich, »ist das eine andere Sache. Auf ihn kann man sich verlassen. Schade, dass er umgesattelt hat. Was du für mich tun könntest, müssen wir noch ausführlich besprechen. Aber nicht hier.«

Die Dinge nahmen eine Entwicklung, die mir nicht ganz angenehm war. Aber ich hatte mich schon so weit vorgewagt, dass ich nun nicht mehr zurück konnte, wenn ich Larry nicht vollends misstrauisch machen wollte. »Wo denn?«, fragte ich.

»Das wirst du sehen. Wenn du für mich arbeiten willst, musst du dir das Fragen abgewöhnen. Wer zu viel fragt, macht eines Tages den Mund nicht mehr auf, verstanden?«

»Wenn ich für dich arbeiten soll, muss ich wissen, wo ihr euch trefft und wo ich dich finden kann.«

»Das wirst du erfahren, wenn es nötig ist. Wie heißt du überhaupt?«

»Jeff Mahoney.« Ich nannte den Namen, den ich mir zurechtgelegt hatte.

»Jeff Mahoney«, wiederholte der Gangster. »Nie gehört. Mit wem hast du zusammengearbeitet?«

Auf gut Glück nannte ich ein paar Namen von Gangstern, von denen ich wusste, dass sie entweder tot oder hinter schwedischen Gardinen waren.

»Merkwürdig«, stellte Larry Wilkinson fest, »dass alle, die dich gekannt haben sollen, nicht greifbar sind. Tot oder …«

»Außer Webster«, sagte ich nachdrücklich. »Du brauchst ihn nur anzurufen. Er wird dir alles bestätigen, was ich dir erzählt habe. Am besten gleich!«

Sein Blick wanderte über mich. Ich konnte mir vorstellen, was er jetzt dachte.

»Das hat Zeit«, wehrte er ab. »Zuerst wollen wir uns einmal mit dir beschäftigen. Vielleicht bereust du es noch, dass du Webster überhaupt erwähnt hast.«

In diesem Augenblick kam Die Frau zurück. Sie tänzelte auf ihren hochhackigen Schuhen herein wie ein Mannequin. Fragend blickte Larry sie an. Sie nickte ihm zu.

»Los!«, sagte Larry und gab mir einen sanften Stoß, dass ich vom Barhocker herunterrutschte. »Dort hinaus!«

»Nach dir«, sagte ich höflich. »Du bist der Boss.«

Statt einer Antwort schob er mich vor sich her. Seine Hände krallten sich in meine Schultern. Es sah aus, als ob ich ein Gefangener wäre, nicht ein künftiges Mitglied der Gang.

Wir kamen einen Korridor entlang, rechts lagen die Toiletten. Links hing ein Perlvorhang. Larry schob mich auf ihn zu. Hinter dem Vorhang bog der Gang plötzlich nach rechts ab und führte auf eine massive Tür zu.

»Du kannst ruhig aufmachen«, meinte Larry. Das tat ich auch. Zu meiner Überraschung stand ich im Freien. Ein dunkler Hof lag vor mir.

»Los!«, mahnte Larry, als ich zögerte. Ich tappte vorwärts, während ich gleichzeitig die Dunkelheit nutzte, um nach der Luger zu tasten. Vorsichtig zog ich sie aus der Tasche und steckte sie in den Hosenbund, so dass ich sie im Notfall griffbereit hatte. Falls mir Larry und seine Leute auf die Schliche kamen, musste ich nach der Erfahrung mit der Höllenmaschine annehmen, dass man kurzen Prozess mit mir machen würde.

Wir gelangten auf eine schmale Nebenstraße, die menschenleer war. Wenn mein Kollege Spencer jetzt noch vor dem Eingang zum Yellow Diamond auf mich wartete, würde es vergeblich sein.

Wilkinson ging einen Schritt hinter mir. Nach 30 oder 40 Yards schob er mich plötzlich in einen Eingang. Hinter der Tür führte eine Treppe in den 1. Stock. Ich hörte undeutlich Stimmen. Im 1. Stock stießen wir auf einen Mann, der sicher Wache hielt. Er hatte eine Kanone griffbereit, die er wieder sicherte, als er Larry erkannt hatte.

»Alle da?«, fragte der Gangster den Wachposten.

»Nur Bud fehlt noch«, war die Antwort. Der Kerl, der verschlagen wie eine Ratte aussah, musterte mich neugierig und geringschätzig.

Ich hatte beschlossen, mich jetzt forscher zu benehmen. »Hallo«, sagte ich und hielt dem Wachposten die Hand hin.

Er übersah sie, wandte sich an Wilkinson und meinte: »Wer ist der Idiot?«

»Ihr habt einen seltsamen Ton an euch«, stellte ich missbilligend fest und wandte mich an die Frau, die hinter Larry eingetreten war. »Finden Sie das richtig, Darling?«

»Schnauze!«, fuhr Larry auf. »Lass sie in Ruhe, oder ich klopfe dir auf deine dreckigen Pfoten, dass du keinen Dollar mehr anfassen kannst!«

Achselzuckend wandte ich mich ab und knurrte: »Ich weiß, dass sie zu dir gehört. Aber ich dachte, wir gehören jetzt zusammen.«

»Soweit ist es noch lange nicht. Los, dort hinein!«

Er wies auf eine Tür, hinter der Stimmen zu hören waren. Aber ich machte einen Schritt zur Seite und erklärte: »Nach dir. Die Boys kennen mich noch nicht.«

Er kniff die Lippen zusammen und hätte mich offensichtlich am liebsten geschlagen. Aber er zog es dann doch vor, die Tür aufzustoßen und mich neben sich hereinzuschieben.

Es war ein kritischer Augenblick. Denn ich hatte keine Ahnung, wer zu dieser Gang gehörte. Wenn ich Pech hatte, war ein Ganove dabei, der mich kannte. Das hätte unweigerlich Aufruhr gegeben.

Meine Blicke rasten über die Gesichter der fünf Figuren, die hier versammelt waren. Unwillkürlich atmete ich auf. Alles Unbekannte. Sie starrten mich an.

Larry hielt sich nicht lange bei der Vorrede auf. »Los, Boys«, kommandierte er, »seht nach, ob er eine Kanone hat und nehmt sie ihm ab!«

Das hatte ich erwartet. Mit meiner Reaktion hatte Wilkinson jedoch nicht gerechnet. Ehe er sich versah, war ich von der Tür weg auf die gegenüberliegende Seite geflitzt, hatte meine Luger gezogen und hielt die Bande in Schach.

»Keiner fasst mich an!«, brüllte ich.

Sie glotzten mich an und warfen Rat suchende Blicke auf Larry.

»Bist du verrückt, Mahoney?«, herrschte Larry mich an. »Wir sind sieben Mann gegen dich und können aus dir Kleinholz machen. Spiel dich nicht auf!«

»Ich spiele mich auch gar nicht auf«, sagte ich ruhig. »Ich bin friedlich mit dir gekommen. Plötzlich gibst du den Befehl, mich zu entwaffnen. Wozu das? Tragt ihr etwa keine Kanonen bei euch? Entweder gleiches Recht für alle, oder ich gehe augenblicklich.«

Larry lachte höhnisch auf. »Du nimmst dir viel heraus, Boy! Wer ist hier der Boss, du oder ich? Was ich befehle, wird gemacht. Sonst wirst du mich kennen lernen! Also los, deine Kanone auf den Tisch, oder die Jungs geben dir eine Abreibung, dass du nicht weißt, ob du Männchen oder Weibchen bist!«

Ich protestierte, obschon etwas schwächer.

»Das ist unfair, Larry. Klar, dass du als Boss deine Kanone behältst. Aber die Kameraden hier sind auch nicht mehr als ich. Wenn sie ihre Waffen ablegen, will ich es auch tun. Sonst behalten wir sie alle.«

Larry lachte wütend auf. »Weißt du überhaupt, was du redest? Aber Schluss jetzt! Wenn nicht in drei Sekunden deine Pistole hier auf dem Tisch liegt, knallt’s. Mit Leuten wie dir mache ich nicht viel Federlesens. Ich zähle: eins, zwei …!«

Mir war klar, dass ich keine Wahl hatte. Wenn ich versuchen wollte, in die Gang zu kommen, durfte ich es nicht auf die Spitze treiben. Immerhin hatte Larry jetzt begriffen, dass ich nicht das Würstchen war, für das er mich bisher vermutlich gehalten hatte. Das war schon etwas wert.

Bevor ich meine Luger auf den Tisch legen konnte, öffnete sich die Tür.

Der achte Mann, der bisher noch gefehlt hatte und den sie Bud nannten, trat ein. Das war mein Pech. Ich erkannte ihn sofort wieder.

Es war der freundliche Zeitgenosse, der letzte Nacht bei der Anbringung der Höllenmaschine mit der Pistole aufgepasst hatte. Und ich konnte nicht daran zweifeln, dass er mich sofort wieder erkennen würde.

Ich sah es seinen Augen an, dass er wie vom Donner gerührt war, mich hier zu erblicken. Ich fasste meine Pistole fester, um mich jetzt mit allen Kräften meiner Haut zu wehren.

5

Mr High saß an diesem Abend nach Dienstschluss vor seinem Fernsehapparat. Es war eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen er sich mal ein paar private Stunden gönnte. Aufmerksam hörte Mr High zu. Plötzlich war er wie elektrisiert.

»Kansas City«, sagte der Nachrichtensprecher. »Einer der bekanntesten Gesichtschirurgen der Staaten, Paul Gordon, wurde heute Abend tot in seiner Wohnung aufgefunden. Er fiel einem Unglücksfall zum Opfer. Während er vor einem geöffneten Ätherbehälter saß, muss er plötzlich ohnmächtig geworden sein, so dass er größere Mengen Äther einatmete. Der Tod trat durch Herzlähmung ein. Gordon benötigte den Äther zur Narkose bei seinen kosmetischen Operationen, bei denen er einige der bekanntesten Film- und TV-Stars als Patientinnen hatte.«

Es wurde ein Bild von Dr. Gordon gezeigt, als er noch lebte, und ein zweites, das den leblos auf seinen Schreibtisch gesunkenen Chirurgen zeigte. Ehe die nächste Nachricht noch beendet war, hatte Mr High schon den Telefonhörer in der Hand und wählte.

»Hören Sie, Phil«, sagte er, »ich glaube, wir haben eine neue Spur im Fall Briscoe. Leider kann ich Jerry nicht erreichen.«

Er erzählte Phil von der Nachricht. Der schaltete sofort.

»Kansas City«, sagte er. »Die Stadt, in der Briscoe eines seiner Konten eröffnet hatte. Und es ist sicher, dass er sein Aussehen verändern würde. Keine Maske, sondern eine Operation. Bevor wir nachforschen können, welcher Chirurg Briscoe ein neues Gesicht gezaubert hat, wird Gordon umgebracht. Das ist kein Unglücksfall, bestimmt nicht.«

»Genau meine Ansicht«, bestätigte Mr High. »Das Beste wird sein, Sie fahren sofort nach Kansas City. Die Kollegen dort kennen die Zusammenhänge nicht. Vielleicht finden Sie eine Spur, die zu einer verdächtigen Person führt. Wir müssen diesen Fall an allen Zipfeln aufrollen.«

»Ich nehme den nächsten Flug, den ich kriegen kann«, versprach Phil. »Können Sie mich inzwischen bei der City Police von Kansas City anmelden?«

»Halten Sie mich auf dem Laufenden!«, bat Mr High, als er sich von Phil verabschiedete.

Phil zögerte nicht lange, sondern steuerte den Flughafen an.

***

Nervös schaute Agent Spencer immer wieder auf seine Armbanduhr. Es war nicht ausgemacht worden, ob er nach Jerrys Eintreffen die Beobachtung aufgeben oder bis zu seiner Rückkehr aus dem Yellow Diamond warten sollte. Spencer entschied sich dafür, nicht eher zu weichen, bis Jerry aus dem Gangsterlokal wieder aufgetaucht war.

Aber seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Er drückte sich in der Nähe herum, schob sich in Toreingänge und dunkle Winkel, von denen aus er den Kneipeneingang im Auge hatte. Er fühlte sich unter den gegebenen Umständen nicht wohl in seiner Haut.

Aber Stunde auf Stunde verrann, und er entdeckte kein Lebenszeichen von ihm. Dann sah er den Burschen, den er ursprünglich verfolgt hatte, herauskommen. Noch einmal überlegte Spencer, wofür er sich entscheiden sollte. Er sagte sich, dass es wichtiger war, dem Kollegen den Rücken zu decken. Also blieb er.

Die einzige Möglichkeit, die ihm blieb, war, sich an Ort und Stelle von Jerrys Verbleib zu überzeugen. Spencer biss entschlossen die Zähne zusammen und trat den Weg in die Höhle des Löwen an. Wohl war ihm nicht dabei.

Sein Erscheinen im Yellow Diamond wirkte ähnlich, als mische sich ein Tiger plötzlich unter Zoobesucher.

Als er sich an den ersten besten Tisch nahe dem Eingang gesetzt hatte, war es still in der Kneipe geworden. Sie starrten ihn an wie ein Zirkuspferd.

Unruhig blickte er sich um, als er sich ein Bier bestellte. Sein Gegenüber fixierte ihn, und als Spencers Bier kam, blies der Ganove auf den Schaum, dass er in Spencers Gesicht flog. Die Ganoven rings an den Tischen lachten auf.

Spencer blieb beherrscht. Ruhig wischte er sich den Schaum aus dem Gesicht.

Spencer hatte bereits begriffen, dass Jerry im ganzen Lokal nicht zu entdecken war. Wäre er jetzt sofort aufgestanden, hätte er vielleicht noch davonkommen können. Aber er zögerte einen Augenblick, und dann war es zu spät.

Der Ganove wurde ohne Hemmung aggressiv und schüttete Spencer den Inhalt eines Whiskyglases ins Gesicht.

Im nächsten Augenblick drängten sich die Ganoven im dichten Knäuel um den Tisch von Spencer und dem aufgebrachten Gangster, der offensichtlich Streit suchte. Er marschierte bereits mit erhobenen Fäusten auf Spencer zu.

Spencer war gut trainiert und dem Gangster klar überlegen. Es gab keinen Zweifel, wer diesen Kampf gewann. Aber da es für die Stammkunden des Yellow Diamond keinen anderen Mann als Sieger geben konnte als ihren eigenen, fand sich Spencer plötzlich auf dem Boden wieder.

Einer der Zuschauer hatte ihn von hinten angefallen.

Und nun war der Gangster über ihm. Blitzschnell zog er ein Messer.

Während Spencer sich mit einem Judogriff zu befreien versuchte, konnte er nicht verhindern, dass das Messer des Gangsters tief in seinen Oberarm drang. Der Rest ging schnell. Im Nu war Spencer überwältigt.

»Ich will keine Unannehmlichkeiten«, schrie der Wirt jetzt mit lauter Stimme. »Bringt den Kerl hier weg, bevor ich die Bullen auf dem Hals habe!«

»Was sollen wir denn mit ihm machen?«, fragte einer.

»Mir egal, nur weg muss er!«, beharrte der Wirt.

Sie hatten Spencer zu einem Bündel zusammengeschnürt und über seine blutende Wunde lediglich einen Fetzen Stoff gelegt. So trugen sie ihn in die hinteren Räume.

Aber der Wirt, der ahnte, was für ihn auf dem Spiel stand, ließ sich darauf nicht ein.