JUDEN NARREN DEUTSCHE - Hazel Rosenstrauch - E-Book

JUDEN NARREN DEUTSCHE E-Book

Hazel Rosenstrauch

5,0

Beschreibung

Hazel Rosenstrauch bezeichnet sich als unjüdische Jüdin und nennt ihre Texte "Deutsche Studien". Als Tochter von Verfolgten beobachtet sie - skeptisch, heiter und auch böse - die Erinnerungskultur in Deutschland, Österreich und ein bisschen auch in Europa. Die Geschichten sind aus ihrem Leben gegriffen - in Berlin, in Wien oder auch in der Bischofsstadt Rottenburg. Denkmale, Stolpersteine und Orte der Erinnerung sollen mahnen. Wie aber wirken sie auf jemanden, der ständig an die Ausgrenzung seiner Vorfahren erinnert wird? Hazel Rosenstrauch beobachtet, denkt sich ihr Teil und schreibt es auf. Sie unterhält sich mit Heinrich Heine, lässt die Kulturgeschichte der Narren vorüberziehen und erfindet sich einen neuen Großvater. Sie wehrt sich gegen Zuschreibungen und möchte die verharschte Sprache aufbrechen.

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JUDEN NARREN DEUTSCHE

Essays von Hazel Rosenstrauch

persona verlag

 

Über dieses Buch

Hazel Rosenstrauch bezeichnet sich als unjüdische Jüdin und nennt ihre Texte »Deutsche Studien« Als Tochter von Verfolgten beobachtet sie – skeptisch, heiter und auch böse – die Erinnerungskultur in Deutschland, Österreich und ein bisschen auch in Europa.

Die Geschichten sind aus ihrem Leben gegriffen – in Berlin, in Wien oder auch in der Bischofsstadt Rottenburg. Denkmale, Stolpersteine und Orte der Erinnerung sollen mahnen. Wie aber wirken sie auf jemanden, der ständig an die Ausgrenzung seiner Vorfahren erinnert wird? Hazel Rosenstrauch beobachtet, denkt sich ihr Teil und schreibt es auf. Sie unterhält sich mit Heinrich Heine, lässt die Kulturgeschichte der Narren vorüberziehen und erfindet sich einen neuen Großvater. Sie wehrt sich gegen Zuschreibungen und möchte die verharschte Sprache aufbrechen.

»Ein blitzgescheites Buch, dessen gedanklicher Inhalt in keinem Verhältnis zu seinem eher schmalen Umfang steht.« (Matthias Spindler, Südwestrundfunk)

»Man möchte immer weiterlesen, immer mehr verblüfft oder auch verstört werden von den Gedanken, Beobachtungen und Assoziationen dieser unbequemen Autorin. Hoffen wir also darauf, dass Hazel Rosenstrauch sich weiter einmischt.« (Heike Herrberg, Virginia)

Die Autorin

Hazel Rosenstrauch wurde 1945 in London geboren, wohin sich ihre Eltern hatten retten können. Sie wuchs in Wien auf, studierte im Berlin der wilden sechziger Jahre und promovierte in Tübingen über die Reformen des Buchwesens im 18. Jahrhundert. Sie arbeitete als Lektorin, Universitätsdozentin und Herausgeberin wissenschaftlicher Zeitschriften, u. a. des Wiener Tagebuchs und der Gegenworte. 1988 erschien Aus Nachbarn wurden Juden (vergriffen). Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf der Kulturgeschichte vom 18. Jahrhundert bis heute. Hazel Rosenstrauch lebt in Berlin.

Jüngste Publikationen: Varnhagen und die Kunst des geselligen Lebens. Eine Jugend um 1800 (Das Arsenal), Wahlverwandt und ebenbürtig. Caroline und Wilhelmvon Humboldt (Die Andere Bibliothek) und Karl Huss, der empfindsame Henker (Matthes & Seitz). 2012 erhielt sie den Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik. Näheres unter www.hazel.rosenstrauch.com.

Inhalt

VorspannI. Die ewige JüdinII. Jüdisches, allzu JüdischesIII. Deutsche StudienAbspann

Impressum

Ich widme dieses Buch meinem Sohn Luis M. Rosenstrauch, der in Österreich lebt und ganz andere Erfahrungen macht als ich.

Vorspann

Es sollte ein Buch über Narren werden und es ist eines über Deutsche und ihre Juden geworden. Die Verlegerin wollte ältere Aufsätze drucken, ich wollte, dass in einem solchen Band nicht nur alte Hadern hängen. Also gibt es neue und einige ältere Texte. Sie handeln von Zuschreibungen, Assoziationen, die man auslöst, und solchen, die ich habe. Der erste Teil spiegelt aktuelle Erfahrungen, im zweiten und dritten Teil der Sammlung steht bereits Gedrucktes: Gefühle und Geschichten aus vergangenen Zeiten. Wir haben solche ausgewählt, die im 21. Jahrhundert nicht verschwunden sind.

Die Vergangenheit wird neu geordnet. Man geht heute anders mit ihr um und mich interessiert vor allem dieses Umgehen. Umgehen? Wie bei den Erinnerungen an den Mauerfall werden auch bei der Erinnerung an den Nationalsozialismus neue Legenden gewoben, Geschichten erfunden und uminterpretiert. Welche Rituale, Mythen, Floskeln, Standards und vielleicht auch neue Mauern sind entstanden? Welche neuen deutschen, jüdischen, jüdisch-deutschen oder auch europäischen Identitäten tauchen aus der Finsternis auf und was hätte Harry Heine dazu gesagt?

In Deutschland lebend, als Kind von nicht sehr jüdischen, aber als Juden verfolgten Emigranten, setze ich mich notgedrungen mit den gewachsenen Formen der »Verbewältigung« in Deutschland (und auch in Österreich) auseinander. Ich würde dem Thema gern ausweichen, zumindest gelegentlich, aber es springt mich an, in Zeitungsartikeln, Filmen, Nachrichten und Preisverleihungen. Wenn ich nicht darauf eingehe, bekomme ich Rückenschmerzen – links unter dem Schulterblatt, dort wo Hagen dem Siegfried den Speer ins Herz gerammt hat, weil wegen eines Lindenblatts an dieser Stelle ihn kein Drachenblut schützte. Auch meine Haltung hat sich im Laufe der Jahre geändert, teils, weil ich gereift bin, sicher, weil sich die Formen der Auseinandersetzung – und ihrer Vermeidung – geändert haben. Man sagt mir heute nicht wie vor vierzig Jahren »Sie gehören doch nicht, ähm, zu unserem Volk«, es gibt keine Hakenkreuze im öffentlichen Stadtbad, und wenn es sie gäbe, würden sie schnell weggeschrubbt; ich habe schon lange keinen Drohbrief mehr bekommen und muss mich nicht mehr mit dem Antisemitismus von linken Genossen herumschlagen. Diese Geschichten sind tatsächlich aus einem anderen Jahrhundert, ich weiß, dass es das noch gibt.

Ich spaziere durch Berlin, lese Zeitungen und sehe Filme, in denen »Jüdisches«, die Judenverfolgung, die deutsche Schuld und Verwandtes thematisiert werden, und spähe in umgekehrter Richtung – Forschungsobjekte schauen Euch an. Es sind unfertige und nicht auf Fertigkeiten zielende Gedanken, Beobachtungen, Briefe, Erinnerungen und Nachgeschmäcker, die sie hinterlassen. Erstens versuche ich zu verstehen, was zurzeit passiert (und was mir dabei fehlt), zweitens möchte ich Worte finden, die leblose Rituale, schuldbewusstes, schuldabwehrendes oder entschuldigendes Gebrabbel aufbrechen, und drittens will ich der meines Erachtens weitgehend vernachlässigten Tradition der »unjüdischen Juden« ein Plätzchen geben.

Man soll mich bitte nicht missverstehen. Ich bin nicht gegen die Auseinandersetzung mit der »schwierigen deutschen Vergangenheit«, im Gegenteil, sie macht dieses Land wach und reizvoll. Mir sind die begrifflichen Gespenster suspekt und ich wehre mich gegen die Boxen, in die ich und »wir« immer wieder gesteckt werden. Das geht nicht nur Juden und erst recht Jüdinnen so, aber die Rolle, die unsereinem zugeschrieben wird, hat und bekommt eine neue Brisanz, wenn wiedervereint nach einer deutschen Identität gefahndet wird.

Mitte der 1980er Jahre, nach den vierzig Jahren, die auch Moses durch die Wüste gewandert ist, bis das Volk den alten Götzen abgeschworen hat, sind Institutionen und Institute, Sprachregelungen und Gedenkformen entstanden, die den Blick auf den Nationalsozialismus verändert haben. Die Generation, die diese Codes (in der BRD) entwickelt hat, tritt nun ab. Ein anderer 9. November und eine andere deutsche Vergangenheit, die bewältigt werden will, drängen sich vor, seit das Datum des Mauer-Falls geschichtspolitisch genutzt wird.* Wir haben überlegt, wie wir es anstellen könnten, dass dieses Buch nicht in der Abteilung Judaica und auch nicht in der mit der Überschrift Nationalsozialismus landet. Noch gibt es hier kein Ministerium für nationale Identität wie im Nachbarland Frankreich. Wenn die Buchhändler, was nicht mehr ganz abwegig ist, ein Regal für die neue deutsche Identitätsdebatte (NTI?) einrichten, könnte es hineinpassen. Links unten, schräg angelehnt. Vielleicht aber gibt es noch ein Regal für Titel, die nirgends so ganz hineinpassen, das wäre mir am liebsten.

I. Die ewige Jüdin

Totengespräch mit Heine

»Aus einem repräsentativen Kanon von etwa tausend deutschsprachigen Schriftstellern und Schriftstellerinnen der letzten drei Jahrhunderte hat das Literaturmagazin ›Bücher‹ im Jahre 2005 die fünfzig weltweit meistgenannten und meistbesprochenen ausfindig gemacht. Auf dem ersten Platz landete Heinrich Heine.«* Hätten Sie, verehrter Heinrich Heine, das gedacht? Vielleicht haben Sie es sich gewünscht, aber wären Sie auf die Idee gekommen, dass man knappe zweihundert Jahre nach Ihrer Zeit Juden – korrekter: »die Juden« – nicht nur nicht mehr hassen, sondern lieben würde?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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