Jüdisches Leben in Ostpreußen. - Brigitte Jäger-Dabek - E-Book

Jüdisches Leben in Ostpreußen. E-Book

Brigitte Jäger-Dabek

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Beschreibung

Jüdisches Leben in Ostpreußen - Wer weiß heute noch etwas über die ostpreußischen Juden? Ihre Spuren sind verweht vom Sturm des Holocaust, so gründlich wie in nur wenigen anderen Gegenden Europas. Die Geschichte des jüdischen Lebens in Ostpreußen währte nur gut 130 Jahre, ihr ist der erste Teil des Ebooks gewidmet. Der kulturellen Blüte schloss sich das Dritte Reich und das Inferno des Holocausts an. Darüber berichtet der zweite Teil des Ebooks. Keiner der wenigen ostpreußischen Juden, die der Vernichtungsmaschinerie entgangen waren, kehrte nach dem Krieg in seine Heimat zurück. Das jüdische Ostpreußen ist ausgelöscht, nur wenige Namen blieben im deutschen Gedächtnis. Den wohl bekanntesten Namen bringen dabei die wenigsten mit Ostpreußen in Zusammenhang. Lea Rabin, die Frau des ehemaligen israelischen Premiers Jitzchak Rabin wurde 1929 als Lea Schlossberg in Königsberg geboren. Auch den Potsdamer Einsteinturm oder die Weizmann-Villa in Tel Aviv würde man nicht unbedingt mit einem ostpreußischen Juden in Verbindung bringen. Doch sind beide architektonischen Meilensteine Werke des Allensteiner Architekten Erich Mendelsohn, der nicht freiwillig zum Weltbürger wurde. Mendelsohn überlebte in der Emigration, sein Lebensweg steht exemplarisch für die ostpreußischen Juden, denen das Überleben in der Emigration gelang. Ihm ist der dritte Teil dieses Ebooks gewidmet. Den vierten Teil des Ebooks macht ein umfangreicher Anhang mit Anmerkungen, Listen, Literaturangaben und Links aus. Die wenigen ostpreußischen Überlebenden des Holocaust wurden in alle Winde zerstreut. Ihre einstigen christlichen Nachbarn kümmerten sich nach dem Krieg lange Zeit wenig um diesen Teil der Kultur und Geschichte ihrer Heimat. So gibt es wenig Quellen über diesen Teil ostpreußischen Lebens, kaum noch Wissen. Dieses Ebook will als komprimierte Darstellung helfen, die Erinnerung bewahren.

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Brigitte Jäger-Dabek

Jüdisches Leben in Ostpreußen.

Geschichte und Untergang einer großen Kultur

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Teil 1: Geschichte des jüdischen Lebens in Ostpreußen

Teil 2: Ostpreußens Juden im III. Reich

Die Reichspogromnacht – der Anfang vom Ende

Die Endlösung

Finale furioso oder der letzte Akt in Palmnicken

Teil 3: Ein jüdisches Schicksal: Von Allenstein in die Welt. Der Architekt Erich Mendelsohn.

Teil 4: Anhang - Anmerkungen, Listen, Literatur, Links

Impressum neobooks

Vorwort

Wer weiß heute noch etwas über die ostpreußischen Juden? Ihre Spuren sind verweht vom Sturm des Holocaust, so gründlich wie in nur wenigen anderen Gegenden Europas. Nur wenige Namen blieben im deutschen Gedächtnis. Den wohl bekanntesten Namen bringen dabei die wenigsten mit Ostpreußen in Zusammenhang. Lea Rabin, die Frau des ehemaligen israelischen Premiers Jitzchak Rabin wurde 1929 als Lea Schlossberg in Königsberg geboren.

Auch den Potsdamer Einsteinturm oder die Weizmann-Villa in Tel Aviv würde man nicht unbedingt mit einem ostpreußischen Juden in Verbindung bringen. Doch sind beide architektonischen Meilensteine Werke des Allensteiner Architekten Erich Mendelsohn, der nicht freiwillig zum Weltbürger wurde. Mendelsohn überlebte in der Emigration, sein Lebensweg steht exemplarisch für die ostpreußischen Juden, denen das Überleben in der Emigration gelang. Ihm ist der dritte Teil dieses Ebooks gewidmet.

Die Geschichte des jüdischen Lebens in Ostpreußen währte nur gut 130 Jahre, ihr ist der erste Teil des Ebooks gewidmet. Der kulturellen Blüte schloss sich das Dritte Reich und das Inferno des Holocausts an. Darüber berichtet der zweite Teil des Ebooks. Keiner der wenigen ostpreußischen Juden, die der Vernichtungsmaschinerie entgangen waren, kehrte nach dem Krieg in seine Heimat zurück. Die wenigen ostpreußischen Überlebenden des Holocaust wurden in alle Winde zerstreut. Ihre einstigen christlichen Nachbarn kümmerten sich nach dem Krieg lange Zeit wenig um diesen Teil der Kultur und Geschichte ihrer Heimat. Nur eine kleinere Zahl von Kreisbüchern widmet den jüdischen Landsleuten Raum.

Teil 1: Geschichte des jüdischen Lebens in Ostpreußen

Anders als im Nachbarland Polen, kamen Juden erst sehr viel später in die Regionen, die später Ostpreußen werden sollten. Dem dauernden Druck der Pogrome und Verfolgungen im westlichen Europa weichend - von der Pest bis zu Ritualmorden wurden Juden damals alle Übel angelastet - wanderten Juden auch ins östliche Mitteleuropa und Osteuropa ein. In Polen siedelten sich schon im 11. Jahrhundert Juden an. Sie waren gern gesehene Händler und Handwerker. Boleslaw der Fromme stellte erstmals schon 1264 die Juden unter Schutz. Bereits im Jahre 1349 erließ Kazimierz III. - auch Kazimierz der Große genannt - ein erstes Schutzedikt für Juden, worauf sich dort die größte damals existierende jüdische Gemeinschaft entwickelte. Polen war über lange Jahrhunderte das toleranteste Land Europas. Selbst die katholische Kirche duldete jüdische Siedler, sofern sie geschlossen und abgesondert von den Christen lebten.

Auch der Deutschordensstaat brauchte Einwanderer, ein neues Staatsvolk sollte nach der Niederschlagung der letzten Pruzzenaufstände gebildet werden. Das Nachbarland Polen, das jedem offen stand, von dem man sich vorstellen konnte, dass er seine neue Heimat voran brachte. Das galt besonders für Deutsche und Juden. Im Ordensstaat jedoch waren nur katholische Siedler erwünscht, das Herkunftsland hingegen war zweitrangig.

Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen (1303-1311) soll per Landordnung im Jahre 1309 (1) Juden den Aufenthalt in Preußen untersagt haben, sicher ist das aber nicht, eine Originalquelle existiert nicht.

Juden in Preußen

Nach der Umwandlung des Ordensstaates in ein weltliches Herzogtum Preußen und der Einführung der Reformation 1525 blieben die Stände bei der Abwehrhaltung Juden gegenüber, lediglich in Ausnahmefällen wurden Juden im Lande geduldet beispielsweise als Händler oder Ärzte, alle anderen werden binnen vier Wochen ausgewiesen (2). Es ist bekannt, dass die Leibärzte des letzten Ordenhochmeisters und ersten Herzogs Alberecht von Hohenzollern-Ansbach Judenwaren.

Ein Teil Ostpreußens, das Ermland, stand seit dem Zweiten Thorner Frieden 1466 unter polnischer Oberhoheit und war zum „Preußen königlich polnischen Anteils“ geworden.

Erst als der absolutistische Große Kurfürst Friedrich Wilhelm (1640-1688) den Einfluss der Stände bricht und als Landesherr eigene Finanz- und Wirtschaftsinteressen verfolgte, durften Juden erstmals nicht mehr nur Jahrmärkte besuchen. Nun war es ihnen auch gestattet sich in Ostpreußen anzusiedeln. Allerdings war das keinesfalls als Niederlassungsfreiheit zu verstehen, das Recht auf Ansiedelung war durch ein fein differenziertes System von Privilegien und Auflagen beschränkt. Eine einheitliche Rechtsordnung für Juden in ganz Preußen konnte aber auch der Große Kurfürst nicht durchsetzen.

Auch im Fürstbistum Ermland waren die Juden vom Erwerb der Bürgerrechte ausgeschlossen. Sie durften sich dort nur vorübergehend bis zu einem Jahr aufhalten und keinen Grundbesitz haben. Das Ansiedlungsverbot für Nichtkatholiken im Ermland wurde mit dieser Formulierung elegant umgangen, indem das Schutzpatent nur für ein Jahr galt und dann jeweils um ein weiteres verlängert wurde.

Die meisten dieser „Schutzjuden“ kamen zumindest ursprünglich aus deutschen Landen, manche direkt, etliche von ihnen waren vorher in Polen oder Litauen ansässig gewesen. Generell waren sie mindestens zweisprachig. Ihre Kultursprache war das Hebräische, die Umgangssprache die Sprache oder der Dialekt ihrer christlichen Umgebung, vermischt mit etlichen lateinischen und hebräischen Lehnwörtern.

Als in Deutschland siedelnde Juden während der Kreuzzüge und später nach Osten vertrieben wurden oder flüchteten, nahmen sie ihre jüdisch-deutsch geprägte Umgangssprache mit, auch nach Polen. Daraus entstand das Jiddische, das bis zum Holocaust von etwa 12 Millionen Menschen gesprochen wurde. Es hat seine Wurzeln im Mittelhochdeutschen und ist zu etwa einem Zehntel mit slawischem und zu einem Achtel mit hebräischen Wortschatz vermischt.

Bis heute sind viele jiddische Ausdrücke auch im Deutschen lebendig wie Maloche, Tacheles reden, Tohuwabohu, Kaff, Schnorrer, Macke, Pleitegeier, Massel, Dalles und viele andere mehr. Geschrieben wird das Jiddische in hebräischer Schrift, einer Konsonantenschrift, die von rechts nach links läuft. Es entwickelte sich eine reiche Literatur, die leider nur in den wenigsten Fällen ins Deutsche übertragen wurde.

Friedrich der III. (1688-1701), der spätere erste preußische König Friedrich I.(1701-1713) setzte die Judenpolitik seines Vaters fort. So durften die Königsberger Juden 1703 einen eigenen Friedhof anlegen und die Gründung der Beerdigungsbruderschaft „Chewra Kaddischa“ kann man als Gründung der Königsberger jüdischen Gemeinde und Beginn organisierten jüdischen Lebens in Ostpreußen werten.

Friedrich III. vereinigte nun immer mehr Macht auf sich und seine Berliner Regierung. Auch die ersten ostpreußischen Juden gerieten in den Machtkampf zwischen Friedrich und den ostpreußischen Ständen, die sich gegen eine absolutistische Zentralisierung wehrten. Der absolute Herrscher und nunmehrige König Friedrich I. siegte, 1708/09 wurde die Königsberger Ständeverfassung durch die königliche ersetzt. Damit warn die Juden direkt der Berliner Regierung unterstellt, sie hatten nun erstmals Gehör, es gab eine Judenkommission, die mit ihren Angelegenheiten befasst war.

Inzwischen waren die sich ansiedelnden Juden zu einem nicht zu unterschätzenden Wirtschaftsfaktor geworden, nur solchen Juden, die zum Wohlstand einer Stadt beitragen konnten, wurde nämlich das Ansiedlungsprivileg gewährt. Friedrich Wilhelm I. (1713-174), einem pietistisch orientierten Protestanten waren Katholiken und Juden suspekt. Dennoch nahm er die judenfreundliche Politik der ostpreußischen Kriegs- und Domänenkammer weitgehend hin, brachte sie doch letztlich eine Menge Geld in die Landeskassen, da die Juden wichtig für den Ost-Westhandel waren. Allmählich setzten sich auch bei den ostpreußischen Ständen die Erkenntnis durch, dass Juden die Wirtschaft des Landes voran bringen konnten. Die Generaljudenprivilegien von 1730 und 1750 – Letzteres schon aus der Regierungszeit von Friedrich II. regeln nun das jüdische Leben.

Viele Juden traten im beginnenden Zeitalter der Aufklärung aus dem Schattendasein heraus und beginnen ein selbstbewusstes Leben zu führen. Wirtschaftlicher Aufstieg führt zur Erschließung neuer Berufszweige, Juden werden nun auch Fabrikbesitzer, begründen Handelskontore, werden Verleger. Auch das ländliche Ostpreußen ist nun jüdischer Siedlungsraum, vor allem in den an Polen und Litauen grenzenden Regionen siedeln sich nun Handwerker an, Fischereipächter sowie Pächtern, die auch eine Schankwirtschaft betreiben.

Innerhalb eines Jahrhunderts wächst die jüdische Gemeinde Königsbergs, die sich als Zentrum jüdischen Lebens zu etablieren beginnt von etwa 50 Mitgliedern auf 900 im Jahre 1800 an.

Die Emanzipation

Nach den drei polnischen Teilungen von 1772 bis 1795 war auch das Ermland wieder Teil des Königreichs Preußen. Der Gebietszuwachs war gewaltig, von den etwa acht Millionen Einwohnern sprachen drei Millionen polnisch. Preußen war noch damit beschäftigt die Verwaltungsstrukturen und Rechtsprechungen anzugleichen, als Europa erst durch die französische Revolution durchgerüttelt und dann durch das Napoleonische Zeitalter mit Kriegen überzogen wurde. Preußen wurde 1807 schwer geschlagen und bemühte sich um Reformen, das Zentrum dieses frischen Windes war Königsberg. Die Reformmaßnahmen von Freiherr vom Stein, Karl August von Hardenberg und Wilhelm von Humboldt brachten nicht nur die Wehrpflicht, die Bauernbefreiung mit Aufhebung der Leibeigenschaft sondern auch die Judenemanzipation. Das Edikt vom 11.März 1812 machte aus den Juden nun „Einländer und Staatsbürger“ mit Gewerbefreiheit und Niederlassungsrecht sowie Freizügigkeit. Eine der Voraussetzungen zur Einbürgerung war für Juden die Annahme eines Familiennamens.