Kapitalismus versus Marktwirtschaft - Holger Lang - E-Book

Kapitalismus versus Marktwirtschaft E-Book

Holger Lang

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Beschreibung

Im Allgemeinen bezeichnen wir das Wirtschaftssystem in dem wir leben als Marktwirtschaft. Oder alternativ eben als Kapitalismus. Das sind aber zwei völlig verschiedene Systeme, die - wie das Buch aufzeigen möchte - nichts miteinander zu tun haben. Wir leben nicht in einer Marktwirtschaft, wir leben im Kapitalismus. Und das zeitigt Folgen. Extreme Folgen. Sowohl für die Menschheit an sich, aber eben auch für diesen, unseren Planeten: die Erde. Das müssen wir erkennen und verstehen. Nur dann können wir ihn ändern bzw. überwinden.

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Widmung

„Alles Gescheite ist schon einmal gedacht worden, man muß nur versuchen, es noch einmal zu denken“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Genau das habe ich getan. Oder vorsichtiger formuliert, ich habe versucht dies zu leisten. Ganz im Sinne eines Auftrages, den mir mal ein mir sehr wichtiger Mensch gab, nachdem er eine erste kleinere Textsammlung von mir zum Lesen erhielt.

„Mach´ daraus ein Buch. Sozusagen Dein Vermächtnis für mich!“

So sei es! Hier nun also der Vermächtnis Teil 4!

Inhalt

Vorwort: Kritik der Marktwirtschaft oder Kapitalismuskritik?

Marktwirtschaft als Religion

Kapitalismus - Definitionen

Profitveranstaltung Kapitalismus

Kapitalismus und Demokratie

Die Entstehung des (Industrie-)Kapitalismus

Die Saaten des Industrie-Kapitalismus

Die erste Saat: Der Wirtschaftsliberalismus

Die zweite Saat: Einführung von Kapitalgesellschaften

Die dritte Saat: Gewerbefreiheit und Abschaffung der Zünfte

Die vierte Saat: Das Handelsgesetzbuch

Die fünfte Saat: Gründung großer privater Kreditbanken

Die sechste Saat: Die Börse als Bündelung von Spekulationskapital

Haftung in Kapitalismus und Marktwirtschaft

Marktwirtschaft als Tauschwirtschaft

Marktwirtschaft: Prosumenten als Marktteilnehmer

Ökonomie und Chrematistik

Investition in Kapitalismus und Marktwirtschaft

Wert und Wertschöpfung in Kapitalismus und Marktwirtschaft

Produktivität versus Rentabilität

Kapital- und Eigentumsmangel als gewolltes Systemprinzip

Gewinn in Kapitalismus und Marktwirtschaft

Preise in Kapitalismus und Marktwirtschaft

Die Fiktion der Güter- und die Realität der Geldknappheit

Der Unterschied von Reichtum und Wohlstand

Konkurrenz und Wettbewerb im Kapitalismus

Der Kernunterschied zwischen Marktwirtschaft und

Kapitalismus

Die Symbiose von Staat und Wirtschaft im Kapitalismus

Die Quellen des Profits

Wachstum und Arbeitslosigkeit im Kapitalismus

Die Fixierung auf Wachstum und Export führt zu Lohn-Dumping und Sozialabbau

Prekarisierung als Systemprinzip

Merkantilismus und Imperialismus als Systemprinzip

Ausbeutung als Grundprinzip

Polarisierung der Gesellschaft im entwickelten Kapitalismus

Der Wettkampf der Nationen im Kapitalismus

Das Monopoly-Spiel des Kapitalismus

Macht und Herrschaft - Der Sinn und Zweck des Kapitalismus

Der Zirkelschluss des Kapitalismus

Die pervertierte Wachstumslogik des Kapitalismus

Das Billige ist der Feind des Guten

Armut macht krank, Reichtum aber auch

Geld – Das goldene Kalb des Kapitalismus

Die Missachtung des Leistungsprinzips im Kapitalismus

Soziale Solidargemeinschaft versus hemmungslosem Egoismus

Hilfe, wir brauchen mehr Mitspieler!

Des einen Reichtum ist des anderen Armut

Das Märchen vom Kapitalismus als positivem Motivationsinstrument

Kapitalismus und Sozialismus – Die zwei Seiten einer Medaille

Kapitalismus – Die Freiheit des Marktes als totalitäre Religion

Sozialismus: Verstaatlichung oder Vergesellschaftung?

Gegen Religionen ist kein Kraut gewachsen

Die Rolle des Staates im Kapitalismus

Kapitalismus verstehen oder untergehen?

Zügelloser Kapitalismus ist zügellos

Zusammenfassung: Die wesentlichen Prinzipien von Kapitalismus und Marktwirtschaft im Vergleich

Vorwort: Kritik der Marktwirtschaft oder Kapitalismuskritik?

Der Kapitalismus an sich genießt einen eher schlechten Ruf. Wahrscheinlich spricht man deswegen heute wohl auch lieber von freier Marktwirtschaft. Es stellt sich aber die Frage, sind Marktwirtschaft und Kapitalismus tatsächlich dasselbe? Dürfen die beiden Begriffe also synonym verwendet werden oder handelt es sich dabei in Wahrheit um zwei völlig unterschiedliche Wirtschaftssysteme? Wenn ja, in welchem leben wir heute? In einer Marktwirtschaft oder doch im Kapitalismus?

Diese Frage ist keineswegs eine Kleinigkeit, denn das das gegenwärtige System immer größere, immer schlimmere Verwerfungen mit sich bringt, dürfte mittlerweile wohl außer Frage stehen. Nicht von ungefähr existiert ja heute auch schon eine Vielzahl von Vorschlägen, wie unser Geld-, Finanz- und Wirtschaftssystem umzubauen und zu reformieren sei. Die Frage ist aber, sind die Probleme und Verwerfungen nun der sog. Marktwirtschaft zuzuschreiben oder liegt es vielmehr daran, dass das gegenwärtige System – zumindest größtenteils – eben gerade keine Marktwirtschaft ist, sondern etwas anderes, nämlich Kapitalismus. Und wenn ja, was sind dann entscheidende Unterschiede zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus? Oder anders herum: Was wäre echte Marktwirtschaft und kann es diese realistischerweise überhaupt geben?

Auf diese Fragen versucht das vorliegende Buch Antworten zu geben, denn eines liegt auf der Hand. Will man das Bestehende erfolgreich umbauen bzw. reformieren, muss man es erst einmal grundlegend verstanden haben. Anderenfalls macht ein wie auch immer gearteter Umbau keinen Sinn bzw. führt eventuell zu Tatbeständen, die man gar nicht erreichen wollte.

Dabei maße ich mir nicht an, alles, jeden noch so kleinen Tatbestand, perfekt analysiert zu haben. Zu allererst sehe ich meine Aufgabe darin, dumme Fragen zu stellen und alles, vor allem das scheinbar Selbstverständliche, zu hinterfragen, denn wer die Dinge nicht grundlegend und tiefgreifend hinterfragt, der muss glauben. Sprich, ohne dies zu wollen und ohne dass dies einem bewusst ist, ist man unter Umständen ein Religions-Anhänger. Und Religionen haben die unangenehme Seite an sich, dass sie einen nicht nur führen, sondern eben auch verführen können. Und Letzteres können wir uns nicht länger leisten. Dazu stehen die Dinge mittlerweile viel zu sehr Spitz auf Knopf!

Aufklärung, der Aufruf zu mehr kritischer Diskussion, das versuche ich zu leisten. Die Kirche zu verlassen, sie von allen Seiten zu betrachten, dumme Frage zu stellen und Antworten zu suchen, das ist das, was ich zu leisten versuche. Wenn man so will – vor allem aus der Perspektive der herrschenden Religion – bin ich ein Ketzer. Und ich bin es gerne. Und wie lautet nun diese herrschende Religion? Wir leben in einer Marktwirtschaft und die ist gut. Die ist überhaupt das Beste, was man sich vorstellen kann, denn da gibt es eine unsichtbare Hand und Selbstheilungskräfte, die dafür sorgen, das alles schön, dass alles gut, dass alles im Gleichgewicht ist. Und schon ist der Ketzer in mir erwacht …

Marktwirtschaft als Religion

„Der Marktkapitalismus ist die erfolgreichste Religion aller Zeiten geworden.“ (Johannes Paul II., 1920-2005, polnischer Papst)

Wenn man die Innenstadt einer normalen mittleren oder größeren Stadt besucht, dann findet man in den sog. City-Passagen/Einkaufsmeilen eine Vielzahl von Geschäften, Restaurants, Cafés, Bistros, Eisdielen, Imbissständen, Pizzerien. Eine geradezu unglaubliche Angebots- und Warenvielfalt, aus der wir Kunden uns das heraussuchen können, was uns am besten gefällt. Klar erlebt man auch mal den einen oder anderen Reinfall, aber was soll´s, dann meidet man eben zukünftig diesen Anbieter. Und wenn das mehrere Kunden tun und der Anbieter sein Angebot nicht verbessert, dann verschwindet er eben vom Markt. Und zwar völlig zu Recht. Das ist das, was wir mit Marktwirtschaft verbinden. Aus einer Vielzahl von Angeboten wählen wir das, was uns am besten gefällt. Per Abstimmung mit den Füßen (und dem Geldbeutel) belohnen wir die guten und bestrafen wir die schlechten Anbieter.

Nehmen wir als Beispiel einmal eine Stadt mit rund 30.000 Einwohnern und unterstellen wir einmal in dieser Stadt gäbe es 20 Pizzerien. Im Zeitablauf dürfte es so sein, dass einige dieser 20 Pizzerien Top-Umsätze machen, weil die Pizzen überaus schmackhaft und das Preis-Leistungsverhältnis spitze ist. Ein paar weitere Pizzerien, die nicht ganz so toll sind, können zumindest – mal mehr, mal weniger – mit den erwirtschafteten Umsätzen ganz gut über die Runden kommen. Und ein paar andere, weil das Angebot nicht genügend Anklang findet, müssen über kurz oder lang schließen. Unterstellt, die 20 Pizzerien hätten idealerweise auch 20 verschiedene Inhaber und Eigentümer, würden wir das wohl als eine gute und gesunde Marktwirtschaft bezeichnen.

Wie wäre diese Situation aber zu beurteilen, wenn die 20 Pizzerien in Wahrheit nur einigen wenigen oder gar nur einer einzigen Person, einer einzigen Unternehmensgruppe gehören würden? Wäre das dann auch ein gesunder Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Anbietern um die Gunst der Kunden? Wohl kaum, denn egal, welche Pizzeria ich dann aus welchem Grund auch bevorzuge, ich kaufe letztlich bei einem Anbieter, der – davon ist zumindest auszugehen – sehr wahrscheinlich auch die Preise der Pizzen höher hält als dies bei echtem Wettbewerb und echter Konkurrenz der Fall wäre.

Stellen wir uns einmal vor, in der Stadt oder dem Stadtteil in dem Sie leben, gäbe es 10 Pizzerien. Dann würden Sie wohl im Normalfall unterstellen – ganz im Sinne einer Marktwirtschaft – dass zwischen diesen 10 Pizzerien echter Wettbewerb, echte Konkurrenz bestünde und jede dieser 10 Pizzerien bemüht ist, durch gute Produkte, durch ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, die Kunden für sich zu gewinnen. Was sie also unterschwellig als selbstverständlich voraussetzen ist, dass a) diese 10 Pizzerien keinerlei Preis- und Gebietsabsprachen treffen und b) diese 10 Pizzerien – zumindest größtenteils – unterschiedliche Inhaber/Eigentümer haben. Was aber, wenn das gar nicht der Fall ist?

Was, wenn z.B. 8 der 10 Pizzerien zwar unterschiedliche Pächter, aber nur einen Eigentümer haben? Ist das dann noch ein Wettbewerb im Sinne einer Marktwirtschaft, erst Recht, wenn dieser eine Eigentümer womöglich eine Einkaufsgenossenschaft gegründet hat, die dafür sorgt, dass seine 8 Pizzerien die Vorprodukte, die zur Herstellung von Pizza und Pasta notwendig sind, deutlich günstiger erhalten als die Konkurrenz? Ich denke, Sie stimmen mir zu, dass im Falle von a) oder b), wir nicht von Wettbewerb und Konkurrenz im Sinne einer Marktwirtschaft sprechen können. Wie können Sie aber in der Praxis beurteilen, ob a) oder b) der Fall ist?

Im Wesentlichen können Sie das gar nicht. Das würde sehr viel Zeit und Aufwand, vor allem aber Informationen bedingen, die Sie sehr wahrscheinlich nicht erlangen werden. Das ist das eine. Das andere, und da sollten wir schon auch mal ehrlich zu uns selbst sein, es interessiert uns im Wesentlichen auch überhaupt nicht. Solange in der von uns bevorzugten Pizzeria die Pizza lecker, die Bedienung freundlich, aufmerksam und zuvorkommend ist und wir uns in der gebotenen Atmosphäre des Lokals wohl fühlen, interessiert es uns in Wahrheit nicht, ob von den 10 Pizzerien 8 denselben Eigentümer haben.

Solange das bevorzugte Angebot uns gefällt, und solange dieses Angebot „hält, was es verspricht“, werden wir im Wesentlichen keine Einwände haben. Die haben wir im Normalfall erst dann, wenn die Qualität nachlässt, womöglich herauskommt, dass minderwertige oder gar verdorbene Produkte verarbeitet werden, gleichzeitig aber der Eigentümer der 8 Pizzerien in einer riesigen Luxus-Villa lebt, vor der mehrere Nobelkarossen italienischer Sportwagenhersteller parken. Da könnte es schon passieren, dass wir sauer werden. Nicht aber so sehr, weil dieser eine böse Eigentümer nun unser Bild einer heilen Marktwirtschaft zerstört hat.

Solange der eine Eigentümer der 8 Pizzerien keinen Fehler macht und dafür sorgt, dass die hergestellten und verkauften Speisen so weit in Ordnung sind, werden wir – trotz des ganzen Marktwirtschaftgedöns, das so in unseren Köpfen herumspukt - diesen Eigentümer nicht als Feind der Marktwirtschaft, als Feind von Markt und Wettbewerb betrachten, sondern als cleveren Geschäftsmann, der es zu etwas gebracht hat. Erst Recht, wenn der Eigentümer der 8 Pizzerien ursprünglich nur eine Pizzeria betrieben hat, dies aber überaus erfolgreich, so dass er im Zeitablauf 7 Pizzerien aufkaufen/eröffnen konnte. Das würde interessanterweise nicht unserem Marktwirtschaftsdenken widersprechen. Im Gegenteil. Wir würden diesen einen Eigentümer als Geschäftsmann achten, der sich den Erfolg und den damit verbundenen Reichtum hart erarbeitet hat. Dennoch hat die Tatsache, dass ein Anbieter 80% des Marktes beherrscht mit Marktwirtschaft nicht mehr allzu viel zu tun.

Und wie sieht heutzutage die Realität in unseren Städten aus? Wo es früher eine Vielzahl von kleinen inhabergeführten Betrieben, Lokalen und Händlern gab, dominieren heute ein paar wenige Ketten und Konzerne das Stadtbild. Und zwar praktisch in allen Städten. Scheinbar gibt es da nach wie vor eine Anbieter- und Angebotsvielfalt, tatsächlich aber kaufen wir nur noch bei ein paar wenigen Konzernen, die darüber hinaus häufig auch noch dieselben Eigentümer haben. Dennoch wähnen wir uns interessanterweise in einer Marktwirtschaft mit den dazugehörigen „Marktgesetzen“.

Tatsächlich ist das aber überhaupt nicht der Fall. Tatsächlich leben wir in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem. Und dieses hat mit Marktwirtschaft, auch wenn wir beide Begriffe gerne synonym verwenden, nichts zu tun. Der Kapitalismus strebt aus Profitgründen immer zu großen, zu marktbeherrschenden Strukturen, weil das nun mal das befördert, worum es im Kapitalismus einzig und allein geht: den Profit. Geld machen. Geld verdienen.

In einer Marktwirtschaft geht es zwar auch darum einen Gewinn zu erwirtschaften. Der Gewinn ist hier aber etwas völlig anderes. Von daher ist es schon interessant, aber auch einigermaßen verwunderlich, wie sehr das Denken im Sinne einer Marktwirtschaft, wie sehr das Denken und der Glauben an die Segnungen freier Märkte und freien Wettbewerbs, unser aller Denken bestimmt und beeinflusst, obwohl die Realität mit diesem Denken und Glauben im Wesentlichen überhaupt nichts gemein hat.

Versteht man unter einer Religion ein soziales und kulturelles Phänomen, welches geeignet ist, menschliche Vorstellungen, das Verhalten, Handeln, Denken und Fühlen, aber auch die Wertvorstellungen der Menschen tiefgreifend zu beeinflussen, dann könnte man im Falle der Marktwirtschaft, den positiven Segnungen von Markt und freiem Wettbewerb, auch von einer Religion sprechen. Sprich, man kann daran glauben oder eben auch nicht. Ich tue es nicht. Jedenfalls nicht mehr. Und ich hoffe, wenn Sie dieses Buch zu Ende gelesen haben, werden Sie es auch nicht mehr tun bzw. zumindest erhebliche Zweifel haben.

Kapitalismus - Definitionen

„Kapitalismus: Die einen arbeiten für ihr Geld, die anderen lassen ihr Geld für sich arbeiten.“ (Gerhard Uhlenbruck, deutscher Biologe und Aphoristiker)

Im Allgemeinen versteht man unter Kapitalismus eine Wirtschaftsordnung, die auf Privateigentum an den Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion (Angebot) und Konsum (Nachfrage) über den sog. Markt beruht. Als weitere wesentliche Merkmale werden üblicherweise die Akkumulation1 von Kapital2 und das Streben nach Gewinn (Profit) genannt. Häufig wird statt von Kapitalismus auch von Marktwirtschaft oder gar freier Marktwirtschaft gesprochen, was aber – wie zu zeigen wird – grundlegend falsch ist.

Der Marxismus betrachtet den Kapitalismus als eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die durch die Herrschaft des Kapitals bestimmt ist. Marx selber hat den Begriff „Kapitalismus“ in seinen Werken allerdings kaum benutzt. Stattdessen spricht er von „bürgerlicher Gesellschaft und kapitalistischer Produktionsweise“. Nach Marx wird im Kapitalismus die Produktion durch das „Kapital“ bestimmt. Das Kapital kann dabei viele Formen annehmen: Geld, Produktionsmittel, Land, Immobilien, Waren etc. Es durchläuft nach Marx typischerweise folgende Formen: Geld –> Ware –> (mehr) Geld(Als Formel: G-W-G', wobei G' einen größeren Wert darstellt als G).

Kapital ist nach Marx ein „sich selbst verwertender (= sich vergrößernder) Wert“. Die Anwender des Kapitals (Kapitalisten oder Manager) produzieren Waren, die mehr wert sind als die zu ihrer Herstellung verausgabten Produktionsmittel (Arbeitskraft, Maschinen, Rohstoff) bzw. Ausgaben. Der in der Produktionsphäre erzielte „Mehrwert“ (unbezahlte Arbeit) muss sich dann in der „Zirkulationsphäre“ durch den Verkauf der produzierten Waren realisieren. Der Mehrwert wird dabei von den Arbeitern geschaffen. Da diese aber dafür keine entsprechende Gegenleistung erhalten, spricht Marx von Ausbeutung. Auch deshalb, da die Masse der Arbeiter auf Grund von Eigentumslosigkeit an Produktionsmitteln gezwungen sind, ihre Arbeitskraft an die kapitalistischen Produktionsmittelbesitzer zu verkaufen. Dadurch entstehe die für den Kapitalismus typische Spaltung der Gesellschaft in „Kapitalisten“ (Kapitalbesitzer) und „Arbeiter“, in der letztere lediglich als Ware be- und gehandelt werden, die man möglichst billig einkauft und möglichst effizient verwertet (ausbeutet). Arbeit ist nach Marx also i.d.R. keine Form der Berufung oder gar der Selbstverwirklichung, sondern vielmehr ein Zwang, um das Einkommen zu erhalten, dass man für den eigenen Lebensunterhalt benötigt.

Die von Marx in vielerlei Hinsicht durchaus gut begründete Kritik am Kapitalismus wird allerdings von der vorherrschenden, vornehmlich neoklassisch geprägten, volkswirtschaftlichen Lehrmeinung nicht geteilt. Gegen die „Arbeitswertlehre“ stellt sie ihre „Theorie der Produktionsfaktoren“ durch die die systematische Ausbeutung der Arbeiter zu einem harmonischen Gemeinschaftswerk von Boden, Kapital und Arbeit verklärt wird, die sich das Produktionsergebnis dann fair nach Maßgabe des jeweiligen Beitrags (=> Grenzleistungsfähigkeit) teilen würden.

Gegen die „objektive Wertlehre“ stellt sie die „subjektive Wertlehre, wonach der Preis einer Ware der Ausdruck individueller (subjektiver) Wertschätzung sei. Und der sog. Markt, den Marx noch als erbarmungslosen Kampf der Betriebe um den Profit charakterisierte, gerät bei den Freunden des Marktes und der „Invisible Hand“ zu einem gelungenen Kundendienst, der stets für beste Qualität und niedrigste Preise sorgt.

Einschlägige Lexika der Soziologie definieren den Kapitalismus als Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung mit den Merkmalen: Güterproduktion unter Bedingungen des Privateigentums an den Produktionsmitteln über das eine Minderheit verfügt, während die Mehrheit ein Lohnarbeitsverhältnis eingehen muss. Triebkraft der wirtschaftlichen Prozesse ist das Interesse der Produktionsmittelbesitzer an der Vermehrung des eingesetzten Kapitals, d. h. an Profitmaximierung und Akkumulation.

Für Franz Oppenheimer und seinen Schüler Ludwig Erhard war Kapitalismus ein Wirtschaftssystem, das Ungleichheit (ungleiche Verteilung des Eigentums bzw. der Produktionsmittel) nicht nur bedinge, sondern geradezu statuiere, da sich im Zeitablauf das Kapital immer weiter konzentriere. Als Ausweg sah man die Soziale Marktwirtschaft an, also einen sozial temperierten Kapitalismus, der für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen soll. Hierfür sahen sie insbesondere Reallohnsteigerungen in Höhe des Produktivitätsfortschritts als notwendig an.

Die Soziale Marktwirtschaft sollte der Verwirklichung von sozialer Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit dienen und Wohlstand sowie eine breite Vermögensbildung aller Gesellschaftsschichten ermöglichen. Die bismarcksche Sozialstaatlichkeit wurde deshalb nicht nur beibehalten, sondern ausgebaut. Das so entstandene Kapitalismusmodell wird auch als Rheinischer Kapitalismus bezeichnet. Anstelle eines reinen bzw. ungezügelten Kapitalismus sollte eine staatliche Rahmensetzung die Existenz und das Funktionieren der Marktwirtschaft ermöglichen.

Der österreichische Ökonomen Joseph A. Schumpeter bezeichnet mit Kapitalismus ein Wirtschaftssystem, in dem die Finanzierung der Unternehmen vornehmlich über von Banken zur Verfügung gestellte Kredite erfolgt. Dabei basieren diese Kredite nicht auf vorhandene Kundeneinlagen (Banken als Kreditvermittler), sondern werden von den Banken als Sichtguthaben selbst erzeugt (Banken als Kreditproduzenten). Dies ermöglicht der Wirtschaft ein deutlich höheres Ausgabe- und Investitionsniveau als dies bei gegebener Geldmenge und dem Verleihen von gebildeten Ersparnissen der Fall wäre. Es habe aber auch zur Folge, dass letztlich eine schleichende Überschuldung der Gesellschaft stattfindet.

In einer zweiten Definition, die auf dem Konzept der schöpferischen Zerstörung aufbaut, bezeichnet Schumpeter den Kapitalismus als ein System, „ … der unaufhörlich die Wirtschaftsstruktur von innen heraus revolutioniert, unaufhörlich die alte Struktur zerstört und unaufhörlich eine neue schafft. Dieser Prozess der „schöpferischen Zerstörung“ ist das für den Kapitalismus wesentliche Faktum.“ Das Konzept der „schöpferischen Zerstörung“ ist Ausdruck einer rastlosen Betriebsamkeit, eines permanenten Voranschreitens, das niemals Zufriedenheit findet und zur In-Gang-Haltung ein exzessives Kreditangebot, also eine ständige ansteigende Verschuldung benötigt.

Eine weitere interessante Definition von Kapitalismus stammt von Papst Johannes Paul II. aus seiner 1991 veröffentlichten Enzyklika „Centesimus Annus“. In dieser nimmt er eine interessante Unterscheidung vor, die auch den Kern dieses Buches bestimmt: „Wird mit „Kapitalismus“ ein Wirtschaftssystem bezeichnet, das die grundlegende und positive Rolle des Unternehmens, des Marktes, des Privateigentums und der daraus folgenden Verantwortung für die Produktionsmittel, der freien Kreativität des Menschen im Bereich der Wirtschaft anerkennt, ist die Antwort sicher positiv. Vielleicht wäre es passender, von „Unternehmenswirtschaft“ oder „Marktwirtschaft“ oder einfach „freier Wirtschaft“ zu sprechen. Wird aber unter „Kapitalismus“ ein System verstanden, in dem die wirtschaftliche Freiheit