Mon(k)ey-Business - Holger Lang - E-Book

Mon(k)ey-Business E-Book

Holger Lang

4,9

Beschreibung

Unser Weltbild, die Frage, wie wir gewisse Dinge sehen und beurteilen, werden, ohne das uns dies wirklich bewusst ist, ganz wesentlich von herrschenden Dogmen und Paradigmen bestimmt. Folge: Vielfach wissen wir gar nicht, wie etwas ist. Wir glauben lediglich, es zu wissen. Tatsächlich werden wir aber unter Umständen mit diesem vermeintlichen Wissen hinters Licht geführt. Und nicht nur das. Durch Verinnerlichung können diese Dogmen und Paradigmen letztlich so stark wirken, dass sie uns förmlich in ein ideologisches Gedankengefängnis einsperren. Um dieses zu durchbrechen, um wirklich vom Glauben ins Wissen zu kommen, ist es unabdingbar, die herrschenden Paradigmen und Dogmen infrage zu stellen. Häufig sind die Dinge nämlich gar nicht so, wie wir glauben. Dies gilt insbesondere für unser gegenwärtiges Geld-, Finanz- und Wirtschaftssystem bzw. der dahinterstehenden ökonomischen Theorie. Gerade hier ist es überaus wichtig, bestehende zentrale Dogmen und Paradigmen zu hinterfragen. Tatsächlich handelt es sich bei dem, was wir über Ökonomie glauben zu wissen, vielfach nur um Märchen. Fauler Zauber, der nichts mit den tatsächlichen ökonomischen Realitäten zu tun hat, aber tiefgreifend unser Denken über Markt und Wirtschaft bestimmt, so dass wir noch nicht einmal ansatzweise bemerken, wie sehr wir in der Masse vom System belogen und betrogen werden. Dies müssen wir in der Breite endlich erkennen, begreifen und verstehen. Nur dann haben wir die Chance, das System tiefgreifend und zum Wohle aller zu ändern.

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Inhaltsverzeichnis:

KAPITEL I: EINLEITUNG

KAPITEL II: GELD

2. WACHSTUM UND VERTEILUNG

2.1. Wachstumswahn und „Wohlstandsidyll“

2.2 Wachstum und zunehmende Armut

2.3 Die permanente Umverteilung von unten nach oben, von fleißig nach reich

2.4 Das Gros der Menschen ist Zinszahler, nicht Zinsempfänger

2.5 Die Entwicklung der Lohn- und Kapitalquote

3. GELD- UND GELDPOLITIK

3.1 Das Märchen vom staatlichen Geldmonopol

3.2 Die indirekte Staatsfinanzierung

3.3 Das Märchen vom ungedeckten Papiergeld

3.4 Die positiven Segnungen eines Papiergeldsystems

3.5 Das Märchen vom Gleichgewichtszins

4. FISKAL- UND WIRTSCHAFTSPOLITIK

4.1 Staat und Staatsverschuldung

4.2 Vermögensberge und Schuldentäler

4.3 Wie sich der Staat wirklich entschulden könnte

4.4 Das Märchen von den zu hohen Staatsausgaben

4.5 Wir leben von der Substanz und lassen die Substanz zunehmend verfallen

5. INFLATION UND DEFLATION

5.1 Das Märchen von Teuerung und Preisverfall

5.2. Inflation als Ausweitung der Geldmenge

5.3 Die Vorfinanzierung von Produktion und Beschäftigung

5.4 Inflation und die Erhöhung der Geldvermögen

5.5 Die Geldmenge und das Preisniveau

5.6 Geld ist Kredit und Kredit ist Macht

5.7 Wer bestimmt eigentlich über die Geld- bzw. Kreditmenge?

5.8 Das Märchen von den Fehlallokationen durch billiges Geld

5.9 Auf dem Weg in eine deflatorische Krise

5.10 Der Realkassen-Effekt oder Deflation, die die Konjunktur ankurbelt?

6. SCHLUSSFOLGERUNGEN

6.1 Inflation ist nicht Teuerung

6.2 Booms and Busts – die Geldpolitik war’s

6.3 Warum kommt es immer wieder zu Wirtschaftskrisen?

6.4 Die Rolle der vorherrschenden ökonomischen Lehrmeinung

KAPITEL III: ÖKONOMIE

1. MIKROÖKONOMIE

1.1 Die Neoklassik als Mutter aller ökonomischen Irrtümer

1.2 Wesentliche Prämissen der Neoklassik:

1.3 Die haltlose neoklassische Theorie der Unternehmung

1.4 Haushaltstheorie: Der Schwindel mit den Präferenzen

1.5 Der Schwindel mit dem Gesetz von Walras

1.6 Neoklassische Synthese – Die Vergewaltigung von Keynes durch das IS/LM-Modell

2. ARBEIT, LÖHNE UND SOZIALES

2.1 Warum der Arbeitsmarkt kein Markt wie jeder andere ist

2.2 Der neoklassische Arbeitsmarkt – Ein Ort der Merkwürdigkeiten

2.3 Lohn und Lohnpolitik

2.4 Lohn und Inflation – Die Goldene Regel der Lohnpolitik

2.5 Soziale Gerechtigkeit: Sozialismus oder Lösung der sozialen Frage

3. MARKT, PREIS UND WETTBEWERB

3.1 Wer oder was ist eigentlich der Markt?

3.2 Der vollkommene Markt

3.3 Der Preismechanismus

3.4 Die Budgetrestriktionen als entscheidende Determinanten

3.5 Der gespielte Witz von Angebot und Nachfrage

3.6 Mythos „freier“ Wettbewerb

3.7 Die angeblichen Segnungen freier Märkte und freien Wettbewerbs.

3.8 Die Theorie des Marktversagens von Francis Bartor

3.9 Wettbewerb im Kapitalismus

3.10 Sind Markt und Wettbewerb wirklich immer die bessere Lösung?

3.11 Staat versus Markt – Wer kann was?

3.12 Fazit zu Markt, Preis und Wettbewerb

4. MAKROÖKONOMIE

4.1 Die Saldenmechanik von Stützel

4.2 Einzel- und gesamtwirtschaftliche Geldvermögensbildung

4.3 Die Bilanz einer einzelnen Wirtschaftseinheit

4.4 Die Saldenmechanik als Konjunkturtheorie

4.5 Warum ist die Saldenmechanik, warum ist gesamtwirtschaftliches Denken so wichtig?

4.6 Die Nachfrage als entscheidendes Element

4.7 Fazit zur Makroökonomie

Schlussworte

Fazit:

Die Bürger müssen selbst lernen ökonomisch zu denken

KAPITEL I: EINLEITUNG

Früher dachten die Menschen, die Erde wäre eine Scheibe. Das war zu der damaligen Zeit, zumindest in Europa, das vorherrschende Weltbild, dessen Wahrheitsgehalt geradezu als unumstößlich galt. Wagte man dies infrage zu stellen bzw. die Richtigkeit zu bezweifeln, dann erntete man im positiven Falle lediglich verständnisloses Kopfschütteln. Im negativen Falle massive Ablehnung bis hin zu Gefahr für Leib und Leben. Verständlich, rüttelte man doch am allgemein gültigen Weltbild, welches damals das Denken und Handeln der Menschen tiefgreifend prägte. Und das mögen die Menschen im Allgemeinen nicht. Schon gar nicht die Herrschenden. Spendet ein Weltbild doch auch so etwas wie Sicherheit, Ordnung und Verlässlichkeit.

Dabei wusste die Masse der Menschen gar nicht, ob die Erde nun eine Scheibe ist oder nicht. Sie glaubten lediglich es zu wissen. Warum ich das sage? Weil das heute keinen Deut anders ist. Vielfach wissen wir gar nicht. Wir glauben lediglich zu wissen. Um aber wirklich vom Glauben ins Wissen zu kommen, ist es meines Erachtens zwingend notwendig, ganz bewusst herrschende Dogmen und Paradigmen in Frage zu stellen. Sie zu hinterfragen. Unter Umständen handelt es sich dabei nämlich nicht um etwas wirklich unumstößlich Wahres, sondern lediglich um kollektiv geteilten Irrglauben.

Und das ist beileibe keine Seltenheit. Gerade in unserem Geld-, Finanz- und Wirtschaftssystem bzw. der dahinter stehenden, vornehmlich neoklassisch-monetaristisch geprägten ökonomischen Theorie (sog. orthodoxe Mainstream-Ökonomie), finden sich eine Vielzahl solcher Dogmen und Paradigmen, die bei genauerer Betrachtung offenbar eher den Sinn und Zweck haben, uns die Sinne zu vernebeln, sich aber derart in unserem Bewusstsein verankert haben, dass wir sie als unumstößliche Wahrheiten erachten, als vermeintliche Fakten, die eigentlich schon jedes kleine Kind weiß.

Stellen Sie sich einmal vor, in einer der bekannten TV-Polit-Talkshows säße ein Gast, der Aussagen tätigen würde wie z.B.: „Freier Markt und freier Wettbewerb sind lediglich eine Illusion, da „freie Märkte“ überhaupt nicht existieren. Wettbewerb hat vielmehr in Wahrheit immer die Überwindung bzw. Abschaffung von Wettbewerb als Ziel und Ergebnis. Desweiteren sei „das Gesetz von Angebot und Nachfrage“ sowie die sog. „Selbstheilungskräfte des Marktes“ nichts weiter als Schwindel, um die Masse der Menschen für dumm zu verkaufen.“

Wie würde es Ihnen da gehen? Würde sich bei Ihnen Fassungslosigkeit ob der gesagten Dinge einstellen? Würden Sie sich fragen, wer denn diesen Spinner in die Sendung eingeladen hätte und wie es sein könnte, dass man so einem Spinner auch noch eine Plattform biete? Ja? Nun, indirekt hätten Sie damit den Wunsch geäußert mir den Mund zu verbieten. Die Aussagen sind nämlich von mir. Was macht Sie nun aber so sicher, dass Sie Recht und ich Unrecht habe? Könnte es nicht vielleicht sein, dass ihre Ablehnung und Fassungslosigkeit vielmehr darauf beruhen, dass sich gewisse ökonomische Paradigmen und Dogmen geradezu wie virale Meme in Ihrem Kopf eingenistet haben, die nun tiefgreifend Ihr Denken und Glauben bestimmen, eventuell aber gar nicht wahr bzw. zumindest einmal höchst fragwürdig sind?

Schon in meinem Buch „Geld(r)evolution“ habe ich auf Grund der gewonnenen Erkenntnisse die Aussage getätigt: „Nichts ist so wie es scheint, aber alles hat seinen Grund“. Und wenn ich nachfolgend durch weitere Recherche etwas dazu gelernt habe, dann ist es die Richtigkeit dieser Aussage. Nichts ist so wie es scheint. Statt mit echten Erkenntnissen, mit unumstößlichen Wahrheiten und ökonomischen Naturgesetzen, haben wir es in der vorherrschenden ökonomischen Theorie sehr häufig mit Schwindel, mit Lügen, mit Irrglauben zu tun. Ein Affenzirkus, der unablässig Gedankenviren (Meme) produziert, die sich verbreiten und kollektiv geglaubt werden sollen.

Im positiven Sinne handelt es sich dabei um Tools. Um Werkzeuge, die unser Denken und Handeln, unsere Möglichkeiten erweitern (positive Gedankenkeime). Im negativen Sinne um Schadviren, die unser Denken und Handeln begrenzen, unsere Möglichkeiten einschränken (Gedankengefängnisse) und uns etwas als wahr vorgaukeln, was in Wahrheit gar nicht so ist. Problem: Im Gegensatz zu einem Computer verfügt unser Gehirn leider nicht über eine Firewall und einen Virenscanner. Unbewusst nehmen wir im Grunde zunächst einmal alles auf und wahr. Ungefiltert. Von daher ist es über Ausnutzung diverser Sozialtechniken auch relativ leicht, uns bestimmte Informationen und Sichtweisen „unterzujubeln“, die dann aber maßgeblich unser Denken und Handeln prägen. Kurz gesagt kann man formulieren, man muss etwas nur von den „richtigen Personen“ (sog. Experten) über die richtigen Kanäle (sog. Qualitäts- und Leitmedien) oft genug widerholen, schon wird es zu einer allgemein geglaubten Wahrheit.

Derlei schädlicher Meme finden sich z.B. häufig in Paradigmen1 und Dogmen2, die geradezu Ideologiecharakter haben können, auch wenn uns das nicht immer bewusst ist. Diese Dinge wirken im Extremfall wie ein Raster, der einen Filter zwischen uns und der Wirklichkeit setzt. Ein Gedankengefängnis, das so stark wirken kann, dass selbst objektiv vorhandene Tatsachen nicht nur nicht gesehen, sondern gänzlich geleugnet werden. Warum? Weil die Dinge einfach zu sehr dem widersprechen, was wir als „gesichertes Wissen“ erachten, auch wenn es sich dabei häufig eher um Glauben handelt. Wissenschaftlich beweisen können wir es häufig überhaupt nicht. Dennoch halten wir es für wahr und richtig. Warum? Ganz einfach. Weil „jeder“ es tut. Es ist die herrschende „Wahrheit“.

Es gibt eine Vielzahl von grundlegenden Themen über die wir dringend auf breiter gesellschaftlicher Basis diskutieren müssten. Das passiert aber i.d.R. nicht, da wir größtenteils nicht bereit sind, zentrale Glaubenssätze in Frage zu stellen. Und das bedeutet: wir befinden uns in einer Art von Gedankengefängnis, das so stark wirken kann, dass eventuell aufkommende Diskussionen mit Worten wie etwa „Das ist ja wohl der größte Schwachsinn des Jahrhunderts. Es weiß doch jeder, dass…“ quittiert und beendet werden. Und zwar unabhängig davon, wie gut, wie sauber, wie klar ggf. jemand seine These, seine Aussagen mit Zahlen, Daten, Fakten etc. untermauert. Das spielt überhaupt keine Rolle, denn diese Zahlen, Daten, Fakten werden im Zweifelsfall überhaupt nicht beachtet. Höchstens dahingehend, dass man nicht auf den eigentlichen Inhalt eingeht, sondern die Quellen an sich diskreditiert und diffamiert. Bis hin zur Aussage: „So einen Quatsch schaue ich mir gar nicht erst an!“. Es rüttelt einfach zu sehr an unserem Weltbild. Unseren zentralen Glaubenssätzen.

Und derlei Glaubenssätze (geistige Viren) gibt es, wie noch zu zeigen sein wird, viele. Gerade in der Ökonomie. Beispiele gefällig?

Monopole (ein Anbieter) sind schlecht, Polypole (viele Anbieter) gut

Staat ist schlecht, Markt ist gut

Sparen ist gut, Schulden machen ist schlecht

Kommunismus/Sozialismus ist schlecht, Kapitalismus/Marktwirtschaft gut

Je mehr Markt und freier Wettbewerb, desto besser

Arbeitslosigkeit wird durch zu hohe Löhne verursacht

Das staatliche Rentensystem ist schlecht, private Vorsorge ist besser

Je mehr wir unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern, desto höher sind Wachstum und Beschäftigung

Ständigen Exportüberschüsse sind positiv und Ausdruck der Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft.

Je mehr wir sparen, desto mehr kann investiert werden. Und je mehr investiert wird, desto höher sind Wachstum und Beschäftigung.

Jeder, auch der Staat, muss sich den Marktgesetzen unterwerfen, da es sich dabei um ökonomische Naturgesetze handelt.

Der Preis bestimmt über Angebot und Nachfrage.

Leistung muss sich lohnen. Der Lohn ist also auch ein Ausdruck der individuellen Leistung und Leistungsfähigkeit.

Ein flächendeckender Mindestlohn führt zu mehr Arbeitslosigkeit.

Jeder kann vom Tellerwäscher zum Millionär aufsteigen, wenn er nur hart und fleißig genug dafür arbeitet.

Die ständig steigende Staatsverschuldung ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit und das Ergebnis mangelnder Haushaltsdisziplin seitens unserer Politiker.

Aufgabe der staatlichen Zentralbank ist es, Inflation zu bekämpfen und für Preisniveaustabilität zu sorgen.

Wenn der Euro scheitert, scheitert Europa.

Die Euro-Krisenländer haben über ihre Verhältnisse gelebt.

Wenn jeder mehr einnimmt als er ausgibt, steigen insgesamt die Ersparnisse und das ist positiv

Und jetzt mal ehrlich? Wie oft haben Sie zustimmend genickt und sich gesagt: „Ja, das ist doch auch so!“ Im Normalfall sehr oft. Zumindest einmal, wenn Sie – und ich meine das nicht böse – ein ganz normaler Mensch, ein ganz normaler Bürger sind.

Wundern Sie sich erst einmal nicht, dass ich Ihnen unterstelle, ein ganz normaler Mensch zu sein. Sie wohnen in einer normalen Wohnung. Sie fahren ein normales Auto. Sie haben einen ganz normalen Partner. Sie gehen einer ganz normalen Arbeit nach und kommen jeden Tag ganz normal von der Arbeit nach Hause. Sie essen dann erst einmal etwas, schauen anschließend ein bisschen fern und gehen dann normalerweise zeitig zu Bett, um für den nächsten Arbeitstag gerüstet zu sein. Am Wochenende schlafen Sie etwas länger, frühstücken nicht normal, also in Hektik, sondern in Ruhe und ausführlich. Anschließend fragen Sie sich, was man denn den lieben langen Tag so machen könnte, um der ganz normalen Langeweile zu entfliehen.

Auch sonst sind Sie ganz normal. Sie kleiden sich normal. Sie reden normal. Sie denken ganz normal. Sie wollen darüber informiert werden, was in der Welt so passiert, deswegen schauen Sie sich im Fernsehen die Nachrichten an. Anschließend geben Sie sich der Unter-Haltung (ich schreibe das nicht zufällig so) hin, um ein wenig zu entspannen. Sie sind höflich und nett. Hilfsbereit und adrett. Ehrlich und korrekt. Kurz, Sie sind ein ganz normaler Mensch. Nicht schräg oder gar ein Querulant. Nein, einfach ganz normal.

Sie sind eine Stütze der Gesellschaft. Wie Tausend andere auch. Mit Ihnen kann man einen Staat bauen. Sie sind nicht pädophil, nicht gewaltbereit, nicht links, nicht rechts, nicht radikal, sondern ein ganz normaler Typ, der im Allgemeinen niemandem etwas zuleide tut. Höchstens der Fliege, die Sie permanent beim Zeitung lesen stört oder der Spinne vor der sich Ihre Frau gerade hochgradig erschreckt hat.

Dass Politiker und die Medien nicht immer die Wahrheit sagen, ist für Sie auch völlig normal. Dennoch hat sich eventuell in letzter Zeit etwas verändert. Sie haben vielleicht angefangen sich über das eine oder andere zu wundern. Warum sollten Sie sonst gerade dieses Buch in Händen halten? Eventuell ist es Ihnen aber auch nur rein zufällig in die Hände gefallen. Dann werden Sie sich allerdings unter Umständen am Ende des Buches wundern, warum Sie sich bis dato noch nicht gewundert haben.

Sollten Sie sich allerdings bereits jetzt schon über so manches wundern, dann wissen Sie am Ende des Buches womöglich sehr viel besser, warum und es wundert Sie dann auch nichts mehr. Wenn Sie sich bereits über das eine oder andere wundern, dann haben Sie angefangen Fragen zu stellen. Vielleicht eine oder mehrere der folgenden:

1. Warum muss unsere Wirtschaft eigentlich jedes Jahr wachsen, obwohl vieles doch schon längst im Überfluss vorhanden ist?

2. In ihrer Firma erleben Sie vielleicht gerade, dass viele ihrer Kunden an allen Ecken und Enden sparen (müssen) und infolgedessen die Auftragslage für Ihren Arbeitgeber immer schlechter wird, so dass nun auch von Stellenabbau gemunkelt wird. Gleichzeitig erleben Sie im Rahmen der Euro- bzw. Staatsschuldenkrise, dass überall von Sparen, Sparen, Sparen, also Kürzen, Kürzen, Kürzen die Rede ist und Sie fragen sich, wie man durch Sparen und sinkende Ausgaben mehr Wachstum erreichen kann?

3. Wenn Sie überhaupt etwas aus Ihrem BWL-Studium und/oder einer kaufmännischen Ausbildung mitgenommen haben, dann die Segnungen des Preismechanismus, der Angebot und Nachfrage zum Ausgleich brächte und so für eine optimale Allokation knapper Ressourcen sorge. Oder anders formuliert: Der Preis eines Produktes ergäbe sich durch das freie Wechselspiel von Angebot und Nachfrage. Sie sind deswegen auch schon einmal – innerlich schmunzelnd – zu den Damen und Herren in der Buchhaltungsabteilung gegangen und haben diesen zugerufen, dass man sie ja eigentlich gar nicht bräuchte!

4. In den Medien ist zunehmend zu lesen, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer werde und Sie haben sich gefragt, wie das eigentlich sein könne. Schließlich würde die Wirtschaft doch jedes Jahr wachsen, der zu verteilende Wohlstandskuchen also jedes Jahr größer werden? Im Anschluss schoss Ihnen dann vielleicht diese Frage in den Sinn:

5. Wieso steigt eigentlich – trotz ständig steigendem Wirtschaftswachstum, also auch steigender Steuereinnahmen – die Staatsverschuldung immer weiter an und wem schulden wir eigentlich das ganze Geld?

6. Überhaupt. Wenn die Wirtschaft immer weiter wächst, immer mehr (Vermögens)Werte und Geld vorhanden ist, warum scheint das Geld dennoch ständig an allen Ecken und Kanten zu fehlen?

7. Gerade von Politik und Medien ist häufig zu hören, dass wir zu lange über unsere Verhältnisse gelebt hätten. Während Sie früher dieser Aussage einfach zustimmten, ertappten Sie sich kürzlich bei der Frage, wen oder was Politik und Medien eigentlich meinen, wenn sie sagen, wir hätten über unsere Verhältnisse gelebt?

8. Warum hört man gerade von Politikern häufig die Aussage, man solle keine Neiddebatte führen, schließlich würden doch die reichsten zehn Prozent bereits 80% der Einkommensteuer aufbringen, verschweigt dabei aber immer das sehr viel höhere Lohnsteueraufkommen?

9. Warum jammert eigentlich jeder, wenn die Löhne nicht oder nur geringfügig steigen, applaudiert aber wenn gefordert wird, dass wir unsere Wettbewerbsfähigkeit verbessern müssten?

10. Warum redet man bei der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung immer nur über die Leistungen und den Beitragssatz, nie aber über die Beitragsbemessungsgrenze?

11. Überhaupt, warum stehen eigentlich seit Jahrzehnten immer dieselben Themen auf der politischen Agenda, dennoch wird hier nie etwas wirklich nachhaltig gelöst?

12. Warum müssen wir eigentlich immer fleißiger arbeiten, immer mehr erwirtschaften, obwohl Produktivität und Fortschritt es uns doch eigentlich ermöglichen müssten, immer weniger zu arbeiten? Wieso dreht sich das (Hamster)Rad immer schneller?

13. Wenn Horst Seehofer öffentlich im Fernsehen sagt, "Diejenigen, die gewählt sind haben nichts zu entscheiden. Und diejenigen, die entscheiden wurden nicht gewählt", warum löst das keine Welle der Empörung aus? Warum hakt da kein Journalist nach?

14. Warum werden Banken, ja mittlerweile sogar ganze Staaten im Eilverfahren mit Milliarden gerettet, wenn aber Arme und Bedürftige Finanzbedarf anmelden, dann verweist man immer auf die leeren öffentlichen Kassen?

16. Wer sind eigentlich die sog. Märkte, die der Staat immer beruhigen muss? Kennt jemand deren genaue Postanschrift?

Man könnte noch sehr viel mehr Fragen stellen. Man könnte auch gänzlich andere Fragen stellen. Das ist gar nicht der springende Punkt. Wichtig ist es überhaupt Fragen zu stellen und Antworten zu suchen. Die Dinge, die vermeintlichen Selbstverständlichkeiten einmal wirklich zu hinterfragen. Das machen wir nämlich in der Regel nicht, weil wir eventuell zu sehr in Kollision mit unserem Weltbild geraten. Und das erzeugt Unsicherheit und Unbehagen. Eventuell sogar regelrecht Angst. Psychologen bezeichnen das als kognitive Dissonanz3. Und die haben wir Menschen bzw. unser Gehirn nicht so gerne.

Wenn wir aber wirklich etwas lernen und verstehen wollen, dann müssen wir gerade diese kognitive Dissonanz bewusst suchen und zulassen. Und das heißt, wir müssen bereit sein, unser bisheriges Weltbild, also die gelernten und verinnerlichten Dogmen und Paradigmen in Frage zu stellen. Nur dann haben wir die Chance vom Glauben ins Wissen zu kommen. Unsere Sicht der Dinge, die Art und Weise wie wir etwas sehen, unser Weltbild, beruhen auf einer Vielzahl gelernter und verinnerlichter Dogmen und Paradigmen. Und unablässig werden uns diese immer wieder eingetrichtert, so dass sie sich förmlich in unser Hirn gebrannt haben und zu unumstößlichen Wahrheiten wurden, die wir nicht mehr hinterfragen. Wir glauben sie einfach. Es ist halt so. Das weiß doch jeder!

Würden wir sie aber einmal wirklich hinterfragen und infrage stellen, dann würden wir unter Umständen erkennen, dass es sich dabei häufig nur um Märchen handelt. Beispiele gefällig?

1. Sozial ist, was Arbeitsplätze schafft

2. Wer Geld verdienen will, der muss arbeiten gehen

3. Eine hohe Wettbewerbsfähigkeit fördert Wachstum und Beschäftigung

4. Privatisierung ist gut, Verstaatlichung ist schlecht

5. Die Staatsverschuldung muss unbedingt reduziert werden. Schließlich dürfen wir zukünftigen Generationen nicht solche unverantwortlichen Schuldenberge hinterlassen.

Interessant ist, was passiert, wenn man diesen Dingen widerspricht. Trotz einer eventuell durchaus guten und schlüssigen Argumentation kann man sich relativ sicher sein, vornehmlich Ablehnung und Widerspruch zu ernten. Meist ohne das wirklich Bezug genommen wird auf die vorgebrachten Argumente. Um die geht es auch nicht. Es geht vielmehr um die Ablehnung des Themas an sich.

So führt z.B. unser gegenwärtiges Geld- und Finanzsystem nicht nur zwangsläufig zu einer immer größeren Verarmung weiter Teile der Bevölkerung, es degradiert einen Großteil der Menschen schlicht und ergreifend zu Sklaven. Lohn- und Zinssklaven. Sagen Sie das aber einmal so in aller Deutlichkeit in der Öffentlichkeit. Im Normalfall bekommen Sie dann heftig Gegenwind. Und zwar genau von denen, die eigentlich am stärksten negativ vom System betroffen sind.

Erstaunlich, aber auch verständlich. Wer lässt sich schließlich schon gerne als Sklave bezeichnen, wo doch das herrschende Paradigma ist, das wir in Freiheit und Demokratie leben. In einem Rechtsstaat mit einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. In einer sozialen Marktwirtschaft, in der jeder es durch Fleiß und Disziplin zu etwas bringen könne.

Die Versklavung eines Großteils der Menschen dieser Welt durch das herrschende Geld-, Finanz- und Wirtschaftssystem ist aber eine Tatsache. Das wird jedem augenscheinlich klar, der sich einmal etwas eingehender damit beschäftigt. Größtenteils machen wir das aber nicht. Stattdessen vertrauen wir auf das, was Politik, Medien und sog. Experten uns vorgeben.

Unterstellen wir einmal, die genannten „Herrschaften“ wären weder geistig minderbemittelt, noch in irgendeiner Art und Weise korrumpiert. Es handele sich dabei also um integre und intelligente Personen, die nach bestem Wissen und Gewissen handeln. Dann stellt sich aber doch die Frage: Wieso hat im Wesentlichen keiner von ihnen die Krise kommen sehen? Und warum hat im Grunde bis dato keine der beschlossenen Rettungsmaßnahmen die Krise auch nur ansatzweise gelöst? Im Gegenteil. Vieles hat sich weiter verschärft und zugespitzt. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist noch tiefer geworden. Wie ist das möglich?

Zunächst einmal müssen wir konstatieren, dass die sog. Meinungsführer aus Politik, Medien und Wissenschaft Teil des Systems sind. Teil des Establishments. Sie wurden vom System ausgebildet. Und sie denken und handeln gemäß den herrschenden Paradigmen und Dogmen des Systems. Zudem werden sie vom System meist auch recht großzügig alimentiert, also warum sollten sie das System in Frage stellen? Man lebt doch recht gut von und mit dem System. Das ist das eine.

Das andere. Im gegenwärtigen System, in der herrschenden Wirtschaftstheorie, sind die grundlegenden Paradigmen und Dogmen geradezu sakrosankt. Es handelt sich dabei um vermeintlich unumstößliche ökonomische Naturgesetze. Die stellt man nicht in Frage! Die sind Gesetz und gesetzt. Das bedeutet aber, dass zentrale Punkte des gegenwärtigen Geld-, Finanz- und Wirtschaftssystems nicht hinterfragt werden. Es handelt sich dabei um heilige Kühe, die man anbetet, aber nicht seziert. Folge: Über zentrale Aspekte liegt ein Schleier, der offenbar auch nicht gelüftet werden soll.

Stattdessen bestimmen diese Dogmen und Paradigmen die allgemein herrschende Sichtweise, die allgemein herrschende Lehre, die uns über die Schulen und Universitäten, über Politik und Medien in die Köpfe gehämmert wird. Konsequenz: Die Masse der Menschen hegt am gegenwärtigen System keinerlei Zweifel. Wie auch? Man versteht die Dinge ja meist überhaupt nicht. Und i.d.R. hat man auch weder Zeit, noch Lust sich tiefer in die Materie einzuarbeiten. Folglich glaubt man denen, die uns immer wieder als sog. Experten präsentiert werden. Die müssen es ja schließlich wissen. Die machen doch den lieben langen Tag nichts anderes. Zudem, wenn es sich dabei tatsächlich nur um Lügen handeln würde, dann wäre das doch schon längst aufgedeckt worden. Wir leben schließlich in einer Demokratie, haben Pressefreiheit und eine freie Presse.

Menschlich betrachtet ist das völlig normal. Wenn jeder es für ausgemacht hält, dass die Erde eine Scheibe ist, dann beeinflusst dieses herrschende und von daher nicht in Frage zu stellende Weltbild nicht nur das allgemeine Denken der Menschen, sondern selbstverständlich auch die wissenschaftliche Forschungsarbeit. Folge: Gelangt ein Wissenschaftler im Rahmen seiner Forschungstätigkeit zu einem Ergebnis, welches offenkundig im Widerspruch zur „Tatsache“ steht, dass die Erde eine Scheibe ist, dann ist es nicht unwahrscheinlich, dass er nicht das herrschende Dogma in Frage stellt, sondern die eigene Forschungsarbeit. Eventuell wird er also seine Ergebnisse so korrigieren, dass sie wieder zum herrschenden Weltbild passen. Schließlich hat nicht jeder den Mut, sich offen gegen seine Wissenschaftskollegen bzw. die etablierte Lehrmeinung zu stellen und sich womöglich zu blamieren, falls die eigene Arbeit doch einen Fehler enthält.

Exakt dieses Verhalten können wir zum Beispiel bei der sog. Euro- bzw. Staatschuldenkrise beobachten. Das herrschende Dogma lautet: Scheitert der Euro, scheitert Europa. Folglich steht der Euro nicht zur Disposition, seine Rettung wird als „alternativlos“ bezeichnet. Erst Recht für Deutschland. Schließlich hätten doch gerade wir am meisten vom Euro profitiert. Das ist zwar nur eine Behauptung, da diese Behauptungen aber vor allem von den „Meinungsführern“ vertreten und propagiert wird, hält die Masse der Menschen das für die Wahrheit.

Dabei hat z.B. die „Theorie optimaler Währungsräume“ von Robert Mundell4 lange vor der Euro-Einführung belegt, dass eine Einheitswährung für wirtschaftlich stark unterschiedliche Volkswirtschaften nicht funktionieren kann. Haben die sog. Top-Ökonomen also nur noch nie etwas von dieser Theorie gehört? Schwer vorstellbar. Ebenso unberücksichtigt bleiben z.B. aber auch Erkenntnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) und der darauf aufbauenden Saldenmechanik von Prof. Wolfgang Stützel. Seines Zeichens immerhin von 1966 bis 1969 Mitglied des sog. Sachverständigenrates (sog. Wirtschaftsweisen).

Die Konsequenzen dieser ökonomischen Blindheit liegen klar auf der Hand. Da man sich nicht mit den tieferen Ursachen der Krise beschäftigen darf oder beschäftigen will, doktert man immer nur an Symptomen herum. Die Krise an sich bleibt folglich ungelöst. Und nicht nur das. Sie verschärft sich immer weiter. Ein Tatbestand, der schon verwundert. Schließlich ist vieles von früheren Ökonomen schon längst erkannt, analysiert und publiziert worden. Wie erklärt sich also das Versagen der vorherrschenden Ökonomie, der sog. Top-Ökonomen? Sind Keynes, Kalecki, Stützel, List, Sombart, Schmoller, Lautenbach, Sraffa, Preiser, Knapp, Hahn, Keen und viele andere einfach nicht bekannt? Schwer vorstellbar. Im Ergebnis führt dies aber dazu, dass die vorherrschende ökonomische Lehrmeinung, egal wie unsinnig sie ist, nicht in Frage gestellt wird. Das muss dringend geändert werden. Und hierzu möchte dieses Buch einen Beitrag leisten.

 

1 Ein Paradigma ist eine grundsätzliche Denkweise, also eine Art Weltanschauung.

2 Unter einem Dogma versteht man eine grundlegende, normative (Lehr-)Meinung, deren Wahrheitsanspruch als unumstößlich gilt.

3 Kognitive Dissonanz bezeichnet in der Psychologie einen als unangenehm empfundenen Gefühlszustand, der dadurch entsteht, dass ein Mensch Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten hat, die nicht miteinander vereinbar sind. Eine besonders starke, kognitive Dissonanz kann sich einstellen, wenn man Informationen erhält, die das eigene Weltbild bzw. die dahinter stehenden Paradigmen und Dogmen in Frage stellen bzw. diese gar als dumm oder irrational dastehen lassen.

4 Interessanterweise ist Mundell, entgegen seiner Theorie, ein vehementer Befürworter des Euro

KAPITEL II: GELD

1. GELD UND GELDSCHÖPFUNG

1.1 Schöpfen Banken wirklich Geld aus dem Nichts?

Gerade im Bereich der Geldsystemkritik ist häufig zu hören und zu lesen, dass Banken Geld aus dem Nichts erzeugen könnten. Wenn das stimmen würde, dann wäre das, angesichts der Tatsache, dass im Rahmen der Finanzkrise so manche Bank mit Millionen und Milliarden vom Steuerzahler gerettet werden musste, in der Tat ein Skandal sondergleichen. Ist das aber tatsächlich der Fall? Können Banken wirklich Geld aus dem Nichts erzeugen?

Grundsätzlich muss man hier zunächst einmal definieren, was Geld ist bzw. über welches Geld wir hier reden. Zentralbankgeld, also gesetzliche Zahlungsmittel oder Giral-bzw. Buch-Geld der Geschäftsbanken? Geld aus dem Nichts schöpfen, indem man Geld einfach erzeugt bzw. Geldscheine druckt, das kann nur die Zentralbank. Nur sie kann und darf Geldscheine drucken, also gesetzliche Zahlungsmittel erzeugen. Banken können und dürfen das nicht. Dies würde selbst für Banken den Straftatbestand der Geldfälschung erfüllen.

Geschäftsbanken können aber per Kreditvergabe so etwas Ähnliches wie Geld erzeugen: Giral- bzw. Buchgeld (Quasi-Geld). Dieses per Bilanzverlängerung erzeugte Giralgeld (Sichtforderung bzw. Sichtguthaben), welches dem Kreditnehmer nach erfolgter Kreditvergabe auf sein Girokonto gebucht wird, ist aber i.e.S. kein Geld (Zentralbankgeld/gesetzliches Zahlungsmittel), sondern lediglich ein Anspruch auf Geld, den die Bank im Falle der Barauszahlung (Lieferversprechen) bzw. Überweisung an eine andere Bank (Zahlungsversprechen), in bestimmten Maße mit Zentralbankgeld decken bzw. erfüllen können muss.

Eine Bank erzeugt bei der Kreditvergabe an einen Bankkunden in der Tat zunächst einfach nur eine Zahl, ein Guthaben auf dem Girokonto (Anspruch auf Zentralbankgeld) des Kreditnehmers. Diesen Anspruch auf Zentralbankgeld muss sie dann aber auch erfüllen können. Also über entsprechend Zentralbankgeld verfügen oder sich dieses relativ schnell und unproblematisch leihen können. Und die Bank benötigt zu dieser „Geldschöpfung“ (korrekter: Sichtguthabenerzeugung) einen kreditfähigen Kreditnehmer, der sich Geld leihen möchte. Zudem sind bei der Kreditvergabe auch einige rechtliche Vorgaben einzuhalten.

Schauen wir uns im Folgenden kurz an, was die Deutsche Bundesbank hinsichtlich des in Umlaufbringens von Bargeld auf ihrer Webseite ausführt:5

Wenn eine Privatperson Bargeld benötigt, hebt sie dieses typischerweise am Bankschalter oder Geldautomaten ab. Aber wie kommen die Banken an das benötigte Bargeld? Prinzipiell gilt, dass im Euroraum nur die Zentralbanken des Eurosystems Banknoten und Münzen in Umlauf bringen dürfen. Abgewickelt wird dieses „In-Umlauf-Bringen“ im Euroraum normalerweise so: Wenn eine Geschäftsbank Bedarf an Bargeld hat, nimmt sie bei der Zentralbank einen Kredit auf. Die Zentralbank prüft, ob die Voraussetzungen für eine Kreditvergabe erfüllt sind. Ist dies der Fall, schreibt die Zentralbank der Geschäftsbank den aufgenommenen Betrag auf dem Konto der Geschäftsbank bei der Zentralbank als Sichteinlage gut. Die Zentralbank gewährt nur dann Kredit, wenn die Geschäftsbank den Kredit durch Hinterlegung von Pfändern besichert. Ganz allgemein handelt es sich bei solch einem Vorgang – Kreditgewährung und entsprechende Gutschrift als Sichteinlage (Guthaben) auf einem Konto – um die Schöpfung von Zentralbankgiralgeld.

Die Geschäftsbank kann sich dieses Guthaben auch in bar auszahlen lassen. Üblicherweise holen dann spezialisierte Transportunternehmen das Bargeld bei einer Filiale der Zentralbank ab und bringen es zur Geschäftsbank. Der in bar ausgezahlte Betrag vermindert die Sichteinlage bzw. das Guthaben der Geschäftsbank bei der Zentralbank. Dafür hat die Geschäftsbank nun aber den entsprechenden Betrag an Bargeld in der Kasse. Zahlt sie Banknoten und Münzen schließlich an ihre Kunden aus, kommt Bargeld in Umlauf. Hat eine Geschäftsbank mehr Bargeld in der Kasse, als sie absehbar benötigt, kann sie die Banknoten und Münzen wieder zur Filiale der Zentralbank bringen und sich diese Bareinzahlung auf ihrem Konto bei der Zentralbank als Einlage gutschreiben lassen. Nutzt sie diese Einlage, um einen zuvor bei der Zentralbank aufgenommenen Kredit zu tilgen, kommt es zur „Vernichtung“ von Zentralbankgeld: Sowohl der Kredit als auch die entsprechende Sichteinlage werden ausgebucht. Neben „Kreditgewährung und Gutschrift“ gibt es einen zweiten Weg, wie die Zentralbank den Geschäftsbanken zu einer Sichteinlage – also Zentralbankgeld – verschaffen kann: Sie kauft einer Bank einen Vermögenswert ab. Zum Beispiel Gold, Devisen oder Wertpapiere und schreibt ihr den Verkaufserlös gut. Auch dadurch entsteht Zentralbankgeld. Die Geschäftsbanken können ihr Guthaben bei der Zentralbank jederzeit in bar abheben. Außerdem können sie umgekehrt Bargeld jederzeit wieder einzahlen und sich gutschreiben lassen. Wegen dieser Austauschbarkeit zählt auch das Bargeld, das die Banken in ihrer Kasse halten oder an ihre Kunden ausgezahlt haben, also das gesamte von der Zentralbank ausgegebene Bargeld, zum Zentralbankgeld. Zu M1 zählt hingegen nur das außerhalb des Bankensektors zirkulierende Bargeld.

Im engeren Sinne gibt es hier also keinen Skandal. Höchstens den, dass wir in der Masse offenbar nur wenig darüber wissen, was Geld eigentlich ist, wie es entsteht und in Umlauf kommt und was es mit „dem auf einer Bank befindlichen Geld“ wirklich auf sich hat. Daraus resultiert dann auch das große Missverständnis, dass Banken nur vorhandene Kundenersparnisse verleihen würden/könnten. Das ist nicht der Fall. Banken arbeiten mit dem Geld der Kunden, ja, sie benötigen aber zur Kreditvergabe nicht vorher eingesammelte Kundeneinlagen. Sie erzeugen die Kreditsumme per Bilanzverlängerung selbst. Als Zahl bzw. Sichtforderung (sog. Giral- bzw. Buchgeld) auf dem Girokonto des Kreditnehmers.

Dieses per Kreditvergabe erzeugte Sichtguthaben mag man aus Sicht des Bankkunden/Kreditnehmers als „Geld“ betrachten und bezeichnen. Schließlich wird es von ihm – unterstellt die Bank kann und kommt dem damit verbundenen Zahlungs- bzw. Lieferversprechen jederzeit problemlos nach – wie Geld, wie Zahlungsmittel verwendet. Aus Sicht der Bank ist aber es kein Geld (Zahlungsmittel), sondern eine eingegangene Schuld, die zu erfüllen ist. Und den Erfüllungsgegenstand dieser Schuld, also das Zentralbankgeld, kann die Bank eben nicht selber erzeugen, sondern dieses muss sich die Bank i.d.R. gegen Kredit und Verpfändung von Sicherheiten bei der Zentralbank oder einer anderen Geschäftsbank leihen. Also alles in bester Ordnung?

Das will ich gar nicht behaupten. Die sog. Giralgeldschöpfung bzw. Sichtguthabenerzeugung per Bilanzverlängerung der Banken bei der Kreditvergabe ist aber zumindest so lange kein Problem, wie der Kredit entsprechend besichert und werthaltig gedeckt ist. Dass diesbezüglich nun alles in bester Ordnung ist will ich ebenfalls nicht behaupten, denn vielfach sind Kredite nicht mehr durch reale Vermögenswerte, durch reale Wertschöpfung gesichert, sondern durch Schulden. Durch Schuldpapiere. Durch Schuld- bzw. Kreditverhältnisse, die man in Form eines WERTPAPIERS (insb. Anleihen) verbrieft hat.

Das heißt, die Giralgeldschöpfung der Banken ist, da zunehmend Schulden mit Schulden besichert bzw. zwangsläufig zunehmend sog. Subprime-Kredite vergeben werden müssen, eventuell eben doch ein Problem. Sie ist aber nicht das Hauptproblem. Dieses ist, unter anderem, vielmehr darin zu sehen, dass wir, der Sektor der privaten Haushalte, in Summe zu viel und vor allem falsch sparen. Wie man nämlich den 5 Konten der volkswirtschaftlichen Gesamt- bzw. Finanzierungsrechnung entnehmen kann, häuft der Sektor der privaten Haushalte immer höhere Geldvermögen an, was aber an anderer Stelle der Volkswirtschaft eine entsprechende Verschuldung bedingt. Mehr als es solvente Unternehmer gibt, die sich entsprechend verschulden wollen und verschulden können, um produktiv/realwirtschaftlich zu investieren.

Folglich müssen andere Sektoren die notwendige Verschuldung übernehmen. Und dies sind im Falle der BRD zum einen das Ausland (=> Exportüberschüsse) sowie insbesondere der Staat (=> inländische Staatsverschuldung). Wäre dem nicht so, dann würde sich auf Grund von Deflation6, die Geld- bzw. Kreditmenge so stark reduzieren, das wir zwangsläufig in eine schwere wirtschaftliche Depression geraten würden. Daraus folgt, wenn wir nicht weiterhin den Staat (also letztlich uns selbst) und/oder das Ausland immer tiefer in die Verschuldung treiben wollen, dann müssen wir entweder die ständige Erhöhung der Geldvermögen stoppen und/oder Anreize dafür schaffen, dass die privaten Haushalte statt in Geldvermögen (insb. Bank- und Versicherungsprodukte) entweder in Sachwerte sparen oder ihre Ersparnisse in der Wirtschaft ausgeben.

Durch Konsumverzicht gebildete Ersparnisse bzw. Geldvermögen bedeuten nun einmal, dass in Summe weniger Geld an die Unternehmen zurückfließt als diese vorfinanziert haben. Bei unseren Ersparnissen handelt sich also um Nachfrageschulden. Wir sind in Höhe der gebildeten Ersparnisse, den Unternehmen Nachfrage schuldig geblieben, was prinzipiell ein Einnahmedefizit für die Unternehmen darstellt. Die Unternehmer haben ja per Kredit Produktion und Beschäftigung, also die Einkommen der Haushalte, vorfinanziert. Geben diese aber ihr Einkommen nicht wieder vollständig in der Wirtschaft aus, dann muss ein anderer Sektor der Volkswirtschaft die Nachfrageschulden der privaten Haushalte tilgen, will man wirtschaftliche Rezession und Depression, die ein entsprechendes Entsparen der privaten Haushalte erzwingen würden, verhindern. Und das ist neben dem Ausland eben insbesondere der Staat.

Von daher sind Staatsschulden eigentlich auch nur der Betrag, um den die Ersparnisse bildenden Bürger zu gering besteuert werden. Würde der Staat uns höher besteuern, so dass eine (nennenswerte) Ersparnisbildung nicht mehr möglich wäre, dann müsste sich der Staat auch nicht verschulden. Eine Verschuldung des Staates wird nämlich – sieht man von der Verschuldung des Auslandes auf Grund von Exportüberschüssen ab, umso mehr benötigt, je höher die Neigung der privaten Haushalte ist per Konsumverzicht zu sparen, um Geldvermögen aufzubauen.

1.2 Geld und Geldvermögen

Geldvermögen ist (noch) kein Geld (Zahlungsmittel), sondern ein mehr oder weniger liquider Anspruch auf Geld. Eine Forderung. Wo aber eine Forderung existiert muss logischerweise auch eine entsprechende Verbindlichkeit existieren. Und dieser Zusammenhang gilt streng logisch, da Geld (Zahlungsmittel) ebenfalls durch Kreditvergabe entsteht, auch für das Geld (Zahlungsmittel) an sich. Das heißt, streng genommen ist entstehungsbedingt Geld, ob nun Zentralbankgeld oder Bankbuchgeld, immer ein aus Forderung und Verbindlichkeit bestehendes Buchungspaar. Oder wie man es auch formulieren kann: Geld ist anderer Leute Schulden, denn ohne Verschuldung würde das Geld nicht existieren.

Wenn Geld sich als Geldschein in unserem Geldbeutel befindet, dann handelt es sich dabei um ein Wertpapier, genauer ein Schuldschein (= Inhaberpapier). Dennoch gibt es zwischen Geld (Zahlungsmittel) und Geldvermögen (Anspruch auf Geld bzw. Zahlungsmittel) einen wichtigen und gewichtigen Unterschied, der leider in der gängigen Geldvermögensdefinition nicht berücksichtigt wird, da man hier als Geldvermögen „die Summe aus dem Zahlungsmittelbestand (ZMB) plus den Forderungen“ definiert hat.

1.3 Kaufen und Bezahlen – Schuld und Schuldbefreiung

Definitionen sind, und das ist ganz wichtig, nicht richtig noch falsch, sondern bezüglich einer vorzunehmenden Analyse entweder zweckmäßig oder unzweckmäßig. Ich betrachte die o.g. Definition für einige Bereiche durchaus als unzweckmäßig, für andere Bereiche aber nicht, da sie zwei verschiedene Ebenen, zwei verschiedene Dinge miteinander vermischt: Zahlungsmittel (Geld) und Forderungen (Geldvermögen). Also die Zahlungsebene (Bezahlen) mit der Buchungsebene (Kaufen). Wenn ich etwas auf Rechnung kaufe, dann bucht der Verkäufer, sofern ich die Rechnung noch nicht bezahlt habe, eine Einnahme (Forderung), ergo muss ich in meiner Vermögensbilanz eine Ausgabe, eine Erhöhung der Verbindlichkeiten verbuchen.

Um diese Verbindlichkeit nun aber wirklich schuldbefreiend tilgen zu können, muss ich sozusagen im wahrsten Sinne des Wortes Geld in die Hand nehmen. Eine Auszahlung tätigen, bei der letztlich tatsächlich gesetzliche Zahlungsmittel an den Verkäufer – bar oder unbar - übertragen werden. Erst wenn das passiert ist bin ich meine Schuld los. Vorher nicht. Mit Geldvermögen (Forderungen) kann ich Schulden nicht schuldbefreiend tilgen.7 Das kann ich nur mit gesetzlichen Zahlungsmitteln. Und diese gesetzlichen Zahlungsmittel kann weder ich, noch eine private Geschäftsbank selbst erzeugen. Das kann nur die Zentralbank.

Durch Einnahmen und Ausgaben werden realwirtschaftliche Vorgänge (Käufe bzw. Verkäufe) bilanziert. Der Käufer einer Sache bilanziert in seiner Vermögensbilanz eine Erhöhung seiner Verbindlichkeiten (Ausgabe). Der Verkäufer hingegen bilanziert eine Erhöhung seiner Forderungen (Einnahme). Der Verkäufer schuldet auf Grund des Kauf- bzw. Verkaufvorganges dem Käufer die Übergabe der gekauften Sache. Der Käufer wiederum schuldet einen bestimmten Geldbetrag. Den Kaufpreis.

Das heißt, um sich seiner Schuld schuldbefreiend entledigen zu können, benötigt der Käufer – es sei denn, man hat sich auf eine andere Form der Bezahlung geeinigt – ein ganz bestimmtes Erfüllungsmittel: gesetzliche Zahlungsmittel. Also Zentralbankgeld. Dieses wiederum kann aber nur dann entstehen bzw. sich im Umlauf befinden, wenn vorher kreditäre Geld- bzw. Zahlungsmittelschöpfung stattgefunden hat. Käufe führen zu realwirtschaftlichen, Kreditaufnahme (Zahlungsmittelschöpfung) hingegen zu monetären Schulden. Das sind zwei verschiedene Dinge/Vorgänge.

Realwirtschaftliche Schulden kann und muss ich i.d.R. monetär tilgen. Monetäre Schulden hingegen kann ich in der Regel nicht realwirtschaftlich tilgen. Meine Kreditschulden bei einer Bank werde ich nicht durch Lieferung von Kartoffeln los. Ich benötige dafür Geld. Schuldverhältnisse benötigen einen Erfüllungsgegenstand, durch den sie schuldbefreiend getilgt werden. Und im Zweifel und in letzter Konsequenz sind dafür gesetzliche Zahlungsmittel notwendig.

Das es aus Sicht des Käufers hier genügt, wenn er den geschuldeten Betrag per EC-Karte „bezahlt“ oder per Überweisung von seinem Girokonto, ändert nichts an der Tatsache, dass das hierzu genutzte Sichtguthaben kein Geld, kein gesetzliches Zahlungsmittel ist, denn tatsächlich ausgeführt wird dieser Vorgang, diese Buchung, diese Überweisung nur, wenn vom Zentralbankkonto der Bank des Käufers, Zentralbankgeld auf das Zentralbankkonto der Bank des Verkäufers gelangt. Sonst nicht. Nicht umsonst gilt die Kaufschuld im Falle der bargeldlosen Zahlung auch erst dann als erfüllt, wenn der Kaufbetrag dem Konto des Verkäufers gutgeschrieben wurde. Und dies ist prinzipiell erst dann der Fall, wenn im Hintergrund entsprechend Zentralbankgeld „bewegt“ wurde.

1.4 Bankbuchgeld und Zentralbankgeld

“Giralgeldschöpfung” bedeutet zunächst einmal nichts anderes als “Kreditvergabe einer Geschäftsbank an eine Nicht-Bank”. Und Kreditvergabe bedeutet hier nicht, dass die kreditgebende Bank einem Geld eines anderen Kunden leiht. Es bedeutet vielmehr, die kreditgebende Bank verpflichtet sich dazu, dem Kreditnehmer einen zusätzlichen Verfügungsrahmen über Zentralbankgeld (gesetzliche Zahlungsmittel) zur Verfügung zu stellen. Streng genommen müsste man also eigentlich bei der Diskussion um Geld, sehr viel mehr und sehr viel genauer zwischen Kredit, Darlehen und Leihe unterscheiden, was allerdings durchaus schwierig ist, da aktuell die genannten Begriffe meist synonym verwendet werden.

Noch etwas muss man wissen bzw. verstehen. Auch wenn Geschäftsbanken bei einer Kreditvergabe die Kreditsumme einfach als Zahl per Bilanzverlängerung erzeugen können heißt das nicht, dass sie Kredite in beliebiger Höhe vergeben können. Sie haben dabei zwar durchaus einen nicht unbeträchtlichen Spielraum. Dennoch sind sie in ihrer Fähigkeit Kredite (“Giralgeldschöpfung”) vergeben zu können, auch und insbesondere dadurch beschränkt, dass sie die per Bilanzverlängerung erzeugten Sichtguthaben (Ansprüche auf Zentralbankgeld) auch erfüllen können müssen. Und dabei ist es völlig egal, ob man nun davon ausgeht, dass jede einzelne Überweisung entsprechend von Zentralbankgeld begleitet wird oder am Ende eines Tages lediglich ein Saldenausgleich (Clearing-Verfahren) stattfindet. Kredit einräumen (“Sichtguthabenerzeugung bzw. Giralgeldschöpfung”) bedeutet für die Bank Zentralbankgeld liefern zu müssen. Dazu hat sie sich vertraglich verpflichtet. Und dieses bekommt sie von der Zentralbank i.d.R. nicht einfach so, sondern als zu besichernden Kredit.

Was folgt daraus? Zumindest, wenn wir davon ausgehen, dass die Regeln eingehalten und beachtet werden:

(1) Banken schöpfen kein Geld, schon gar nicht aus dem Nichts.

(2) Die dominante Rolle liegt letztlich nicht bei den Geschäftsbanken, sondern bei der Zentralbank. Und das obwohl ein Großteil der Transaktionen mittlerweile „bargeldlos“ erfolgt. Bargeldlos ist nämlich nicht gleich bedeutend mit Zentralbankgeldlos.

Beim Thema „Geldschöpfung“, also der Frage, wie Geld überhaupt entsteht und in Umlauf kommt, ist es, wie gezeigt, wichtig zwischen der Geldschöpfung der Zentralbank (Schöpfung von gesetzlichen Zahlungsmitteln) und der Giralgeldschöpfung der Geschäftsbanken (Schöpfung von Ansprüchen auf gesetzliche Zahlungsmittel) zu unterscheiden.

Gesetzliche Zahlungsmittel schöpfen bzw. emittieren kann einzig und allein die Notenbank. Nur sie kann Banknoten (Geldscheine) drucken bzw. Zentralbankguthaben erzeugen. Im Prinzip in der Tat „Ex Nihilo“ - Aus dem Nichts“. Sie erzeugt das Geld einfach. Ob nun als Zahl in einem Computer oder als realen Geldschein. Das Geld ist damit aber noch nicht in Umlauf gekommen. Zu Geld (Zahlungsmittel) wird es nämlich erst dann, wenn sich eine Geschäftsbank dieses „Geld“ leiht oder die Notenbank mit dem selbst geschöpften Geld in der Realwirtschaft auf Einkaufstour geht. Z.B. durch sog. Offenmarktgeschäfte, bei denen die Zentralbank einer Geschäftsbank Wertpapiere abkauft.

Das ist aber kein Massenphänomen. Würde die Notenbank nämlich in der Tat ständig und massiv Offenmarktgeschäfte tätigen, dann käme in der Tat „zu viel“ Geld ins System. Nicht von ungefähr nutzt die Notenbank dieses Instrument von daher i.d.R. auch nur, um gelegentliche Liquiditätsimpulse zu setzen. Der größte Teil der Zentralbankgeldmenge entsteht so aber nicht. Der entsteht durch Kredit. Dadurch, dass sich eine Geschäftsbank gegen Verpfändung von Sicherheiten (Zentralbank)Geld bei der Zentralbank leiht.

Erst durch diesen Akt ist wirklich Geld (gesetzliche Zahlungsmittel) entstanden. Ergo verschwindet dieses per Kreditvergabe geschöpfte Geld wieder, wenn die kreditnehmende Bank den Zentralbankkredit tilgt. Warum besorgt sich nun aber eine Geschäftsbank Zentralbankgeld bei der Zentralbank? Weil der eigentliche Kreditprozess nicht von der Zentralbank über die Geschäftsbank hin zur Realwirtschaft erfolgt, sondern genau umgekehrt. Von der Realwirtschaft über die Geschäftsbank zur Zentralbank.

Ausgangspunkt der Geldschöpfung per Kreditvergabe ist der Kreditbedarf der Realwirtschaft (insbesondere zum Zwecke der Investition). Dieser Kreditbedarf der Realwirtschaft wird an eine Geschäftsbank herangetragen, die diesen prüft und im Falle eines positiven Entscheides dem Kreditnehmer einen Anspruch auf Geld (gesetzliche Zahlungsmittel) auf dem Girokonto gutschreibt, den die Bank dann je nach Verwendung und Zahlungsart (bar oder unbar), in unterschiedlichem Maße erfüllen können muss.

1.5 Die Giralgeldschöpfung im Detail

Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben verleihen Banken nicht vorhandene Kundenersparnisse. Vielmehr wird das zu verleihende „Geld“ durch die Kreditvergabe überhaupt erst erzeugt. Als Zahl bzw. Guthaben auf einem Girokonto. Durch einen einfachen Buchungssatz: Forderung an Verbindlichkeit. Also einer simplen Bilanzverlängerung. Die Geschäftsbank eröffnet ein Kreditkonto und verbucht den Kreditbetrag dort als Soll und gleichzeitig als Haben auf dem Girokonto des Kunden bzw. Kreditnehmers.

Vor der Kreditvergabe hat dieses Giral-Geld (Sichtguthaben) nicht existiert. Der Exaktheit wegen sollte man deswegen hier eigentlich von Sichtguthabenerzeugung sprechen. Eingebürgert hat sich aber der Begriff der Giralgeldschöpfung. Für diese Giralgeldschöpfung der Geschäftsbanken gibt es allerdings sehr wohl Regeln und rechtliche Limitierungen. Geschäftsbanken können nicht beliebig Kredit vergeben. Also auch nicht beliebig Giralgeld „aus dem Nichts“ erzeugen. Geschweige denn, dass sie sich so selbst am Schopf aus dem Sumpf ziehen könnten. Das können sie nicht. Sie brauchen für die Kreditvergabe immer eine dritte Person. Das kann allerdings auch eine andere Bank sein. Sie muss dabei aber auf jeden Fall einige rechtliche Vorschriften einhalten. Schauen wir uns diese einmal etwas genauer an.

1.5.1 Die gesetzliche Mindestreserve-Vorschrift

Diese besagt für den Euro-Raum, dass eine Geschäftsbank ein Prozent der vorhandenen Sicht- und Spareinlagen als Sicherheit bei der Zentralbank hinterlegen muss (sog. Mindest-Reserve). Von dem, was sich also an Guthaben auf den Girokonten (Sichteinlagen) sowie in Spar- und Termineinlagen (Sparbuch, Sparbriefe, Termin- und Festgeld) befindet, muss eine Geschäftsbank 1 Prozent als Sicherheit bei der Noten- bzw. Zentralbank hinterlegen. Um also einen Kredit in Höhe von z.B. 100.000 EUR vergeben zu können, muss die Bank über ein Zentralbankguthaben in Höhe von 1.000 EUR auf ihrem Zentralbankkonto verfügen. Und zwar vor der Kreditvergabe. Die Zentralbank und die Geschäftsbanken, aber auch die Geschäftsbanken untereinander, handeln immer nur in Zentralbankgeld. Auf Grund der aktuellen Höhe des Mindestreservesatzes (1%) und des Leitzinses (0,05%) stellt die Mindestreserve allerdings keine nennenswerte Begrenzung der Kreditschöpfung mehr dar.

Dennoch, über ein entsprechendes Guthaben auf ihrem Zentralbankkonto zu verfügen ist für jede Geschäftsbank wichtig, da es sich beim Zentralbankkonto um ein Guthabenkonto handelt. Kontoüberziehungen sind hier nicht möglich. Vor allem aber, in Höhe ihres Zentralbankkontoguthabens kann eine Geschäftsbank quasi „jederzeit“ die Belieferung mit Bargeld von der Zentralbank verlangen. Und das ist wichtig. Schließlich könnte das Giralgeld ja den Wunsch verspüren zu Bargeld werden zu wollen, weil ein Kunde sich sein Guthaben in bar auszahlen lassen möchte. Und da wäre es überaus peinlich und geschäftsschädigend, wenn die Bank diesen Bargeldwunsch nicht erfüllen könnte.

Damit das im Normalfall nicht passiert verfügt jede Bank über eine gewisse Bargeldreserve (Kassenbestand und Tresor). Da dies aber Kosten für die Bank verursacht, halten Geschäftsbanken diesen Bargeldbestand möglichst klein und bringen überschüssiges Bargeld schnellstmöglich zur Zentralbank, von wo sie es dann im Bedarfsfall wieder abrufen. Das ist im Übrigen auch der Grund, warum man der Bank größere Bargeldwünsche meist ein paar Tage vorher anzeigen muss. Die Bank muss sich das Bargeld nämlich unter Umständen erst besorgen. Also von ihrem Zentralbankkonto abrufen oder es sich von der Zentralbank oder einer anderen Geschäftsbank leihen.

Ein weiterer wichtiger Grund, warum ein ausreichendes Guthaben auf dem Zentralbankkonto für eine Geschäftsbank wichtig ist, ist der bargeldlose Zahlungsverkehr z.B. in Form einer Überweisung. Wie bereits erwähnt handeln Banken untereinander nur in Zentralbankgeld. Wenn ein Kunde der Bank A eine Überweisung auf ein Konto bei der Bank B tätigt, dann wird im Hintergrund immer auch eine entsprechende Zentralbankgeldmenge bewegt. Vom Zentralbankkonto der Bank A auf das Zentralbankkonto der Bank B.8

Auch hieran wird deutlich, dass eine Geschäftsbank nicht beliebig Giralgeld aus dem Nichts schöpfen kann, denn im Falle einer Überweisung von Bank A nach Bank B muss Bank A Zentralbankgeld von ihrem Zentralbankkonto auf das Zentralbankkonto der Bank B überweisen. Ohne entsprechendes Zentralbankguthaben der Bank A könnte die Überweisung des Kunden nicht ausgeführt werden. Und Zentralbankgeld bzw. Zentralbankguthaben auf ihrem Zentralbankkonto bekommt eine Geschäftsbank nicht einfach so und schon gar nicht in beliebiger Menge, sondern als Kredit. Gegen Verpfändung von Sicherheiten.

1.5.2 Die Liquiditätsverordnung

Neben der Mindestreservevorschrift gibt es noch eine weitere Begrenzung der Giralgeldschöpfung durch die Geschäftsbanken: Die aus dem Kreditwesengesetz stammende Liquiditätsverordnung. Diese legt Geschäftsbanken gewisse Verpflichtungen auf, um deren jederzeitige Zahlungsfähigkeit (Liquidität) zu gewährleisten. Hiernach muss eine Bank grob gesagt für bestimmte Zeiträume (sog. Laufzeitbänder) sicherstellen und gegenüber dem Bundesaufsichtsamt auch nachweisen, dass sie für die einzelnen Laufbänder immer über genügend Liquidität (Zahlungsmittel/Geld) verfügte, um ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können.

Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen: Wenn eine Bank im Durchschnitt pro Tag z.B. 50.000 EUR in bar benötigt, dann muss sie sicherstellen, dass sie diese Summe auch jederzeit „in der Kasse hat“. Da allerdings der bargeldlose Zahlungsverkehr immer weiter zunimmt und viele Länder in der EU sogar mittlerweile Begrenzungen für Bargeldgeschäfte eingeführt haben, stellt auch die Liquiditätsverordnung keine nennenswerte Begrenzung der Giralgeldschöpfung mehr dar.

1.5.3 Die Eigenkapitalvorschriften

Sehr viel bedeutsamer sind da schon die Eigenkapitalvorschriften, denn diese legen fest, dass Kredite, aber auch von der Bank gekaufte Wertpapiere, je nach Höhe des (Ausfall)Risikos, mit Eigenkapital besichert werden müssen. Die allg. Formel dafür lautet: Nennwert x 8% x Risikofaktor.