Kapitalstärke - Robert Velten - E-Book

Kapitalstärke E-Book

Robert Velten

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Beschreibung

Lassen sich gute Aktien finden oder sind ETFs das Mittel der Wahl? Nützen nachhaltige Fonds? Warum liefert die Finanzindustrie so viele teure Eskapaden und so wenig gute Ergebnisse? Können technischer Fortschritt und die Dominanz der USA die Börsengewinne noch einmal steigern? Wie kann man Vermögen dauerhaft sichern: Mit KI oder gesundem Menschenverstand?
Bei all diesen Fragen zeigt die Praxis: Auch Finanzprofis machen Fehler, die sich psychologisch beschreiben lassen und nachhaltigen Erfolg verhindern. Wissenslücken und falsche Anreize erledigen den Rest. Die Folgen: Unnötige Kosten, Verluste und Risiken.
Wir können Banken und Vermögensverwalter, die für uns arbeiten, überwachen und auch unsere eigenen Finanzentscheidungen besser verstehen.
Um Vermögen effektiv anzulegen brauchen wir tiefere Einblicke in die Funktionsweise der Kapitalmärkte, die Praxis der professionellen Geldanlage und in uns selbst! Wir müssen uns gerade vor denjenigen Kapitalfehlern schützen, die sogar Profis befallen.
Das ist leichter als man denkt, denn dieses Buch räumt Schritt für Schritt mit den aktuellen Illusionen auf und offenbart den festen Grund, auf dem eine nachhaltige Vermögensanlage stehen kann.

Dr. Robert Velten, mehrfach ausgezeichneter Fondsmanager und Wirtschaftswissenschaftler verbindet neueste Erkenntnisse aus der Verhaltenspsychologie mit praktischen Beobachtungen und schildert auf unterhaltsame Weise, welche Strategien Börsenstürmen trotzen und wie kapitalstarkes Investieren mit mehr Gelassenheit gelingen kann.

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Seitenzahl: 402

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Alle Bücher von WILEY-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung

© 2024 Wiley-VCH GmbH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, GermanyAlle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Print ISBN: 978-3-527-51200-3E-Book ISBN: 978-3-527-84913-0

Umschlagfoto: Stockye -Studio -stock.adobeUmschlaggestaltung: Christian Kalkert, Birken Honigessen

Hinweis:

Wir haben uns bemüht, in diesem Buch eine inklusive Sprache zu wählen, die alle Geschlechter berücksichtigt. Sollte an einigen Stellen darauf verzichtet worden sein, dann nur im Sinne der leichteren Lesbarkeit. Entsprechende Begriffe und Formulierungen gelten dann im Sinne der Gleichbehandlung natürlich für alle Geschlechter.

 

Im Gedenken an meine Mutter Elke, deren Lebensfreude über Generationen wirkt

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titelblatt

Impressum

Widmung

Inhaltsverzeichnis

Vorwort: Werden wir stärker!

Notiz

1 Willkommen an der Börse, dem Ort der Kapitalfehler!

Der ultimative Test für Ihre Börsen-Eignung

Zu welchen Fehlern Finanz-Medien verführen

Daedalus und Ikarus

Anmerkungen

2 Auch Profis irren – und zwar immer wieder

Warum wir

homo sapiens

heißen – und trotzdem Kapitalfehler machen

Neun psychische Veranlagungen, die Ihr Vermögen gefährden

Wie Sie Ihr Vermögen künftig vor Ihren eigenen Neigungen schützen

Anmerkungen

3 Kapitalfehler Nr. 1: Die Wiederholungs-Illusion – Misserfolg kommt plötzlich!

Dumme Menschen

wissen

, dass sie schlau sind

Glauben Sie keiner Geschichte! (Auch nicht, wenn Sie sie selbst erzählen)

Napoleon und die Trader

Die

wirklichen

Kosten sind nicht erkennbar

Wer »den Index schlagen« will, sollte auch hart im Nehmen sein

Vorsicht vor weißen Schwänen!

Anmerkungen

4 Kapitalfehler Nr. 2: Die Ergebnis-Illusion – Vermögen ist nicht messbar!

Lieber jetzt als heute – warum es auf gute Prozesse ankommt

Leider irrt auch die Wissenschaft

Vermögen ist mehr als Reichtum

Endurance – die Philosophie der dauerhaften Kapitalstärke

Anmerkungen

5 Kapitalfehler Nr. 3: Die Kontroll-Illusion – Gewinne lassen sich nicht sichern

Arme Porsche-Fahrer … Ein Blick auf das

Risiko

Time statt Tim

ing

Die Macht des Kapitalismus: Geld verdienen am Gardasee

Hört der Fortschritt auf? – Das Risiko langfristiger Aktienrenditen

Anmerkungen

6 Kapitalfehler Nr. 4: Die Illusion der guten Tat – nachhaltige Investments bewirken nichts!

Der Selektive Moralismus

Das hängende Anlagedreieck

Was ist eigentlich ethisches Investieren?

Anmerkungen

7 Kapitalfehler Nr. 5: Die Wohlfühl-Illusion – Verkäufer sind keine Berater

Gier ist gut – das Motto des Finanzvertriebs

Für eine Handvoll Dollar – oder für ein paar Dollar mehr

Was Fondsmanager alles erzählen, ohne wirklich zu liefern

Virtuelle Abhängigkeit: die Vernachlässigung von Immobilien und Gold

Den richtigen Partner in Vermögensfragen finden

Anmerkungen

8 Kapitalfehler Nr. 6: Die Illusion der Markteffizienz – ETFs sind verzichtbar!

Der Index – ein Maßstab für alle Aktien?

Die Gefahren beliebter Indizes und ETFs: S&P 500 und MSCI World

Ein Blick auf andere interessante Länder

Warum Kapitalmärkte nicht (ganz) effizient sind

Anmerkungen

9 Kapitalfehler Nr. 7: Die Value-Illusion – Kennzahlen helfen wenig

Warum Faktoren es schwer haben. Value und Momentum unter der Lupe

Dividenden und Dogs of the Dow: Der Friedhof der Strategien

Evolutionäre Märkte – haben neue Varianten eine Chance?

Anmerkungen

10 Wie geht fortschrittliche Vermögensanlage?

Kann Künstliche Intelligenz (KI) helfen?

Die Regeln des Geldes – Erfahrungen eines Privatiers

Eine Theorie des erfolgreichen Verhaltens am Kapitalmarkt

So wählen Sie Fonds aus

Das Fazit – Ihr Börsenwissen

to go

Anmerkungen

Danksagung

Weiterführende Literatur

Stimmen zum Buch

Über den Autor

Stichwortverzeichnis

End User License Agreement

Tabellenverzeichnis

Kapitel 2

Tabelle 1: Beschreibung unserer irrationalen Veranlagungen

Tabelle 2: Auswahl an relevanten Biases, eingeordnet in ihre übergeordneten ...

Tabelle 3: Gegenmittel zu unseren neun irrationalen Veranlagungen.

Kapitel 3

Tabelle 4: Beispielliste, die so ohne Quellenangabe in reichweitenstarken Tw...

Kapitel 4

Tabelle 5: Nicht Ergebnisse zählen, sondern Prozesse.

Tabelle 6: Risiken, die einzelne Vermögensarten betreffen: Selbst katastroph...

Kapitel 8

Tabelle 7: Verschiedene Qualitäten für 56 Länder, Quelle: Velten Asset Manag...

Tabelle 8: Die Marktkapitalisierung und Anzahl etablierter Aktien wichtiger ...

Tabelle 9: Marktkapitalisierung und Anzahl etablierter Aktien aus Ländern, d...

Kapitel 10

Tabelle 10: Beispiel verschiedener Performance-Kennzahlen im Zeitraum von 20...

Illustrationsverzeichnis

Vorwort

Abbildung 1: Sir Isaak Newton (Copyright: Georgios Kollidas – stock.adobe.co...

Abbildung 2: Von der allgemeinen Psychologie zu konkreten Finanzentscheidung...

Kapitel 1

Abbildung 3: Vom Kapitalumschlag abgeleitete Haltedauer von weltweiten Aktie...

Abbildung 4: Gesamt-Wertentwicklung eines gemischten Vermögens in deutschen ...

Abbildung 5: Kursverlauf der Intershop-Aktie im Vergleich zu durchschnittlic...

Abbildung 6: Kursverlauf der BASF-Aktie im Vergleich zu durchschnittlichen W...

Abbildung 7: Kursverlauf der General-Electric-Aktie (»GE«) im Vergleich zu d...

Abbildung 8: Kursverlauf der BMW-Aktie im Vergleich zu durchschnittlichen We...

Kapitel 2

Abbildung 9: Die leichte Veränderung unserer Gene gegenüber verwandten Homin...

Abbildung 10: Grundlage der Kapitalfehler

Abbildung 11: Kapitalwertentwicklung bei 10 % Rendite und 6 % Rendite. Nach ...

Abbildung 12: Schematische Darstellung der Fokussierungsillusion

Abbildung 13: Aktienkursentwicklung des an der Nasdaq notieren Impfstoff-Her...

Kapitel 3

Abbildung 14: Beispiel für einen bekannten Themenfonds. Der Kurs des ARK Inn...

Abbildung 15: Überrenditen von Fonds

Abbildung 16: Reales Beispiel für einen Fonds, der mit Optionen handelt. Bea...

Abbildung 17: Weißer Schwan auf dem ruhigen Starnberger See. Im Hintergrund ...

Kapitel 4

Abbildung 18: Schematische Darstellung möglicher Ergebnisse verschiedener Pr...

Abbildung 19: Abstraktionsgrad verschiedener Vermögensarten und ungefähre Au...

Abbildung 20: Verschiedene Vermögensarten und wie sie sich gegenseitig beein...

Abbildung 21: Gesamt-Wertentwicklung eines Vermögens, das zu 50 Prozent in m...

Kapitel 5

Abbildung 22: Entwicklung von 1000 US-Dollar, die in den LTCM-Fonds und zum ...

Abbildung 23: Timing Indikator,

Abbildung 24: Inflation in der Euro-Zone gegenüber dem Vorjahr, Datengrundla...

Abbildung 25: Langfristige reale Rendite von US-Aktien und US-Anleihen,

Abbildung 26: Der Kurs der Intel-Aktie, eines Unternehmens, das früher 80 Pr...

Kapitel 6

Abbildung 27: Das hängende Anlagedreieck

Abbildung 28: Beispiel zweier Aktien mit gleichen Gewinnzahlen (Schritt 1: D...

Abbildung 29: Schritt 2 – der Ausgleichs-Effekt in der Folge. »Unmoralische«...

Kapitel 7

Abbildung 30: Kursverlauf der IVG, einer ehemals großen deutschen Immobilien...

Abbildung 31: Preis einer Goldmünze (1 Unze) in Euro.

Abbildung 32: Kursverlauf einer großen Goldminen-Aktie (in Euro) im Vergleic...

Kapitel 8

Abbildung 33: Aktien lassen sich nach verschiedenen Faktoren einteilen. Indi...

Abbildung 34: Der japanische Aktienindex hat (ohne Dividenden) 33 Jahre (bis...

Abbildung 35: Wiederholt sich die Geschichte?

Abbildung 36: Historischer Verlauf der Bewertung von deutschen Aktien gemess...

Abbildung 37: Qualitäts-Ranking wichtiger Börsen-Länder,

Abbildung 38: Kursverlauf virtueller Aktien relativ zu ihrem rationalen Wert...

Abbildung 39: Die Normalverteilung

Abbildung 40: Kursverlauf von Warren Buffetts

Berkshire Hathaway

in Euro im ...

Kapitel 9

Abbildung 41: Rollierende jährliche Überrenditen von Top Dividendenzahlern (...

Abbildung 42: Wachstumsaktien im Vergleich zu durchschnittlichen Aktien, ink...

Kapitel 10

Abbildung 43: Kursverlauf eines KI-Fonds.

Abbildung 44: Kursverlauf einer beispielsweise hierzulande weniger bekannten...

Abbildung 45: Performance-Transfer verschiedener Marktteilnehmer

Abbildung 46: Kursentwicklung der

Magnificent Seven

(Amazon, Apple, Microsof...

Abbildung 47: Die Aufteilung der Vermögensanlagen in Deutschland (ohne Immob...

Orientierungspunkte

Cover

Titelblatt

Impressum

Widmung

Inhaltsverzeichnis

Vorwort: Werden wir stärker!

Fangen Sie an zu lesen

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Weiterführende Literatur

Stimmen zum Buch

Über den Autor

Stichwortverzeichnis

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Vorwort: Werden wir stärker!

Dieses Buch enthüllt sieben aktuelle Illusionen der Finanzindustrie. Es sind Irrtümer, die auch Banken und Vermögensverwalter betreffen. Damit übertragen sie sich bis zu ihren Kunden, die dadurch am Ende Geld verlieren und Chancen verpassen.

Wer Geld anlegt, macht Fehler. Manche aus Unwissenheit. Um Selbstentscheidern und professionellen Verwaltern dabei zu helfen, Kapitalfehler zu vermeiden, habe ich dieses Buch geschrieben. Ich möchte, dass wir in Zukunft bewusster investieren und dabei weniger der Herde folgen.

Bei den Themen Fondsgebühren, Nachhaltigkeit, KI-Revolution und Renditeerwartungen von ETFs lässt sich erkennen, dass ein Großteil der Menschen nicht weiß, was er tut.

Das gilt auch für sehr kluge Leute. Die größten Geister scheitern an der Börse! Zum Beispiel Newton. Der berühmte Physiker war außerdem »Meister der Münze« des Vereinigten Königreiches und ziemlich vermögend. Zu seiner Zeit hielten fast alle reichen Leute überwiegend Grundbesitz. Newton hingegen investierte 1720 in Aktien der South Sea Company …

Zuerst war er damit erfolgreich und handelte nur eine kleine Position. Als sich der Kurs verdoppelte, investierte er fast sein ganzes Vermögen – und obendrein das Geld seines Freundes Thomas Hall. Anschließend viertelte sich der Kurs dauerhaft.

Für langfristige Investoren, die von Anfang an dabei waren, war die South Sea Company wegen der Dividenden rentabel. Für die meisten aber bedeutete der Crash einen fatalen Verlust. Newton konnte sich zwar davon erholen, aber es hat ihn viel gekostet.1

»Den Verlauf der Gestirne kann ich berechnen«, sagte er einmal, »aber nicht die Börse.« Außerdem postulierte er: »Wir sind Zwerge auf den Schultern von Riesen.« Damit meinte er, dass keiner von uns wirklich klug ist, aber durch die Erfahrungen anderer weiter sehen kann. Kurz: Wir können von Newton lernen und künftig solche Fehler vermeiden. Allerdings wird im Verlauf des Buches klar werden, dass wir das, im Fall der Börse, noch nicht getan haben.

Abbildung 1: Sir Isaak Newton (Copyright: Georgios Kollidas – stock.adobe.com)

Viele Fondskonzepte und professionelle Vermögensverwaltungs-Strategien bringen nicht nur hohe Kosten mit sich, sondern basieren auch noch auf fragwürdigen Annahmen – die sich nicht unbedingt auszahlen. Das geht besser!

Für Vermögende gibt es keinen Grund, sich jeden Tag unnötigen Risiken auszusetzen, die sich leicht vermeiden lassen, wenn man sie einmal richtig verstanden hat. Wer hingegen an der Börse erst noch reich werden will, kann es sich schon gar nicht leisten, dabei in Fallen zu tappen.

Viel mehr Spaß macht es doch, das Auf und Ab der Börse als Gewinner zu beobachten, nicht als jemand, der davon geschröpft wird. Wir können kapitalstärker investieren, wenn wir durchschauen, was die Börse wirklich antreibt.

Als selbstständiger Fondmanager spreche ich täglich mit unterschiedlichen Vertretern innerhalb der Finanzbranche. Wie jeder Unternehmer muss ich darauf bedacht sein, den Markt zu verstehen und Fehler klein zu halten. Geholfen hat mir dabei meine zehnjährige Tätigkeit als Hochschuldozent. Denn diese brachte mich nicht nur dazu, wieder und wieder Studien aus der wissenschaftlichen Literatur zu wiederholen, sondern ich konnte mit den Studenten auch selbst Experimente durchführen. Sie betrafen das Gebiet der »Behavioral Finance«, einer jungen Wissenschaft, die ökonomisches Verhalten des Menschen untersucht. Sie ließen mich aus erster Hand erfahren, wie merkwürdig Menschen sind, wenn sie finanzielle Entscheidungen treffen!

Meine Neugier war geweckt: Lassen sich an der Schnittstelle zwischen Psychologie, Wirtschaftswissenschaft und der Praxis eines Fondsmanagers vielleicht neue Erkenntnisse für unser Verhalten am Kapitalmarkt gewinnen?

In der Literatur fand ich unzählige Verhaltensweisen, die uns Menschen ausmachen. Meine berufliche Praxis zeigte mir außerdem, dass Anfänger und Profis in ihren konkreten Geld-Entscheidungen nicht erfolgreich sind. Sie folgen vorgefertigten Meinungen, die mit der Wirklichkeit rein gar nichts zu tun haben.

Vor 150 Jahren verordneten Ärzte noch den Aderlass. Selbst im fortschrittlichen Paris. Es hat lange gedauert, bis man sich von dieser unwirksamen Behandlung verabschiedet hat, obwohl es dabei sogar um Menschenleben ging. Kann es sein, dass andere Bereiche unseres Lebens noch nicht so weit sind? Wäre es möglich, dass ein Großteil der Finanzbranche sich einfach noch nicht von liebgewonnenen Vorgehensweisen gelöst hat? Dass sie immer noch Verfahren anhängt, mit denen sie selbst viel Geld verdient, die aber ihren Kunden nichts nützen?

Als Student der Philosophie lernte ich, kritisch zu hinterfragen, wie Wissen überhaupt zustande kommt. Das ist brauchbarer, als es klingt, denn auch heute noch gibt es unzählige »Erkenntnisse«, die in die Irre führen, weil sie auf verzerrten Studien beruhen. Sie werden aus vielen Gründen verbreitet, die allerdings wenig mit ihrem Wahrheitsgehalt zu tun haben.

Die Wissenschaft ist sich des Problems bewusst und kennt inzwischen viele Fehler im Aufbau von Studien, die man „Biases“ nennt. Besonders in der Medizin versucht man, sich von diesen Fehlern zu lösen, und bezeichnet diese neuere und kritischere Form von Wissenschaft als evidenzbasiert.

Wenn schon die Wissenschaft selbst fehleranfällig ist und wir zudem aufgrund unserer Psychologie zu manchen ungünstigen Denkweisen neigen: Könnte es nicht sein, dass auch unser Wissen über Kapitalmärkte systematisch verzerrt ist?

Im Laufe der Zeit dachte ich über die vielen, in der Literatur beschriebenen menschlichen Verhaltensweisen (die man dort ebenfalls Biases nennt) nach und überlegte, wie sie die Börsen beeinflussen könnten. Da es sich um hunderte Effekte handelte, ordnete ich sie schließlich in neun Gruppen, die unsere psychischen Veranlagungen im Überblick beschreiben.

Andererseits beobachtete ich als Fondsmanager den Kapitalmarkt und sah, dass viele Vorstellungen, die Anfänger und Profis von der Börse haben, nicht der Realität entsprechen. Aus diesen Illusionen ergeben sich die Kapitel des Buches.

Während meiner Forschung wurde mir allerdings immer klarer: Diese Illusionen, die man sich heutzutage am Kapitalmarkt macht, sind eigentlich eine Folge unserer psychischen Veranlagungen.

Deshalb werde ich diese psychischen Veranlagungen zuerst beschreiben. Sie stellen ein Risiko für unseren künftigen Kapitalmarkterfolg dar. Sie könnten aber auch Chancen eröffnen. Vielleicht erklären sie sogar die Anomalien, die Wirtschaftswissenschaftler in den letzten Jahrzehnten am Kapitalmarkt entdeckt haben (Anomalien, die bestimmte Aktien stärker steigen lassen als andere). Das würde aus einem Nachteil einen Vorteil machen. Wir müssten nur verstehen, was mit uns passiert, wenn wir Aktien handeln und Geld-Entscheidungen treffen.

Die Ergebnisse meiner Untersuchung und die Resultate eingehender Gespräche mit Kollegen lege ich in diesem Buch vor. Zuerst geht es also um unsere neun psychischen Veranlagungen und wie sie unsere Kapitalmarktaktivitäten beeinflussen, anschließend um die sieben konkreten Illusionen, die daraus erwachsen. Im Laufe der Kapitel werden auch viele einzelne Biases vorgestellt und zur Erklärung der gegenwärtigen Kapitalmarkt-Illusionen herangezogen. Ich bin sicher: Die Kenntnis solcher psychologisch untersuchten Biases und auch unserer übergreifenden psychischen Veranlagungen kann für den Erfolg am Kapitalmarkt nützlich sein. Denn sie haben klare Konsequenzen für das, was wir täglich mit unserem Vermögen tun.

Abbildung 2: Von der allgemeinen Psychologie zu konkreten Finanzentscheidungen

Was ich an der Vermögensanlage mag, ist, dass sie sauberes Arbeiten auf Distanz erlaubt. Durch einfaches Drücken der Enter-Taste auf dem heimischen Computer lässt sich Geld verdienen. Wenn man es richtig macht.

Am Ende dieses Buches werden Sie die aktuellen Fallstricke der Kapitalanlage besser beurteilen und für sich nutzen können. Das ist mein Ziel als Autor. Ich möchte, dass möglichst viele Menschen etwas von dem Buch haben: Freude beim Lesen und Spaß beim Investieren.

Tutzing, im März 2024

Robert Velten

Notiz

1

.  Odlyzko, »Isaac Newton and the perils of the financial South Sea«, in: Physics Today 73

(7)

, 30–36 (2020).

1Willkommen an der Börse, dem Ort der Kapitalfehler!

Der ultimative Test für Ihre Börsen-Eignung

Bevor wir zu den Kapitalfehlern der Börsen-Experten kommen, widmen wir uns erst mal den ganz großen Fehlern. Das sind jene, die Profis nicht machen. Im Gegenteil: Selbstständige Verwalter und Berater bewahren Vermögende davor.

Da es in dem Buch um die Illusionen fortgeschrittener Kapitalanleger gehen soll, brauchen wir hier nur kurz darüber sprechen. Ganz auslassen können wir sie aber nicht, denn sie kommen bei Anfängern und vielen Selbstentscheidern vor. Betrachten Sie die nächsten beiden Unterkapitel daher als eine Art Check-in für das ganze Buch. Als »Hausordnung« im Sinne von: Lies erst die Community-Regeln, bevor du unserer Gruppe beitrittst. (Wer diese »Börsen-Etikette« noch nicht beachtet hat, darf sich die zwei folgenden Kapitel rot markieren. Für alle anderen gilt, was Gandalf der Zauberer vor den Mines of Moria aus alten Runen entziffert: Speak friend and enter!)

Wir starten mit einem Spiel: Stellen Sie sich vor, Sie nehmen an einem Wettbewerb teil, bei dem alle Leser dieses Buches voneinander unabhängig irgendeine ganze Zahl zwischen 0 und 100 angeben müssen. Wer am nächsten an zwei Drittel der Durchschnitts-Zahl aller am Ende abgegebenen Schätzungen liegt, gewinnt. Sie haben also 99 Möglichkeiten! Welche Zahl schätzen Sie? – Dieses Spiel geht auf eine Idee von Keynes zurück und wurde auch schon von Wissenschaftlern durchgeführt. Ich habe es selbst mit unzähligen Studenten in meinen Seminaren gespielt. Deshalb weiß ich auch, welche Zahl wahrscheinlich gewinnt. Sie auch? Schreiben Sie hier mal Ihre Zahl auf:

__________

In einem späteren Kapitel werde ich Ihnen die Auflösung geben und tja … Ihre Zahl wird dann eingeordnet werden. Sie wird Aufschluss geben über Ihre Fähigkeiten an der Börse. Sie erhalten ein kleines Psychogramm von mir! Überlegen Sie sich also Ihre Zahl gut – und machen Sie mit.

Empfehlung: Schreiben Sie in das Kästchen oben eine Zahl zwischen 1 und 100, von der Sie glauben, dass diese zwei Drittel des Durchschnitts aller von Lesern abgegebenen Zahlen entspricht!

Zu welchen Fehlern Finanz-Medien verführen

Die ganz großen Kapitalfehler sind schnell aufgezählt: Zu wenig Diversifikation und zu viel Handel. Im Detail: Viel Aufmerksamkeit für einzelne Aktien und deren kurzfristige Entwicklung, wenig Beachtung diversifizierter Produkte wie Fonds und ETFs. Außerdem kaum langfristige Perspektive. Diese Anfängerfehler werden durch Broker befeuert, die entsprechendes Verhalten, unter anderem durch Werbung, fördern, weil sie daran verdienen.

Werbung ist heute nicht immer direkt, sondern kann sehr perfide und geschickt sein. Beiträge in Communitys durch speziell dafür beauftragte Schreiber, Bots und Influencer tragen die für sie lukrativen Botschaften – getarnt als freundschaftlichen Austausch – in die Welt hinein. Die Message wird gerne geglaubt, denn schließlich erzählt sie das Märchen vom schnellen Reichtum.

Wer an dieser Propaganda verdient, ist klar: Die daraus resultierenden Käufe und Verkäufe und die Volumina der eröffneten Depots generieren Umsätze für Broker. Aber: »Hin und her macht Taschen leer.« Trotz der Bekanntheit dieser Börsenweisheit gelingt es den Brokern, die Neigung zu vielem Handeln in den Köpfen der ahnungslosen Aktienfans zu halten, denn schließlich erzählen unzählige Anfänger bereitwillig von ihren Aktienanalysen, Erfolgen und Tipps – das Hobby macht schließlich Spaß –, besonders in guten Marktphasen. Das Marketing läuft dann von allein.

Die Hybris der Sieger und deren Wunsch, sich zu profilieren, zieht Nachahmer an, die mit wenigen Klicks Umsätze auslösen. Die Haltedauer von Aktien wird immer kürzer und der Kapital-Umschlag immer größer. Dadurch steigt nicht etwa die Rendite, sondern sie sinkt – und die vorbildlichen »Trader« sind selten lange erfolgreich. Darauf werden wir im Abschnitt Napoleon und die Trader in Kapitel 3 noch zurückkommen. Untersuchungen zeigen jedenfalls, dass Privatanleger mit hoher Meinung von sich selbst am meisten handeln, am wenigsten diversifiziert sind und am wenigsten Rendite machen.1

Abbildung 3: Vom Kapitalumschlag abgeleitete Haltedauer von weltweiten Aktien in Monaten: Während eine Aktie 1980 noch durchschnittlich zehn Jahre gehalten wurde, sind es heute nur noch wenige Monate; Datenquelle: World Federation of Exchanges.

Die Versuchung der Broker-Branche, bei diesem Trading-Run noch nachzuhelfen, ist groß. Sie kauft sich Schauspieler, Autoren, Redakteure und Medien-Manager in einem: Diese sprechen die Sprache der Anleger und wirken für Außenstehende wie Freunde, die nichts als gutgemeinte Hinweise geben. Aber sie sind jung und brauchen das Geld.

Influencer haben im Grunde nur drei Optionen: Entweder sie gehen einem anderen ordentlichen Beruf nach. Dann haben sie kaum Zeit, ihr Fachwissen auszubauen. Oder sie verdienen mit ihrer Tätigkeit als Influencer Geld, was ihre Neutralität früher oder später unterläuft. Eine dritte Möglichkeit ist, als Idealist und Kämpfer für die Finanzbildung anzufangen und nach kurzer Zeit als Mitarbeiter in großen, interessengesteuerten Organisationen zu enden. Das alles ist völlig ok, aber es limitiert die Möglichkeiten, sich aus dieser Quelle zu informieren. Die Gefahr, dass Influencer einem größeren Einfluss (dem des Geldes von Brokern) unterliegen, besteht jedenfalls.

Denken Sie nicht, die Neo-Broker würden ihre Dienste kostenlos zur Verfügung stellen. Sie verdienen unsichtbar an den Trades. Denn sie erhalten eine Zahlung vom Börsenplatz, die Payment for Order Flow (PFOF) genannt wird. Der Börsenplatz generiert das Geld über die Preisdifferenz zwischen Kauf und Verkauf. Eine Marge, die der Kunde nicht sieht, aber bezahlt.

Ein kurzes Googeln zeigt: Broker schreiben sogar auf ihren eigenen Webseiten von »den 13 größten Anfängerfehlern beim Aktienhandel«, wobei sie allen Ernstes das Handeln ohne Stop-Loss als Fehler bezeichnen, über das Zuviel-Handeln allerdings kein Wort verlieren.

Hinzu kommt eine Finanzpresse, die von den Stories (und denen ihrer Werbekunden) lebt, was bedeutet, dass sie selten den langwierigen Weg des nachhaltig erfolgreichen Vermögensmanagements propagiert. Zeitungen, Blogs und Podcasts, die nur das täten, würden sofort untergehen. Wenn ich als Fondsmanager Interviews gebe, werde ich meistens nach Aktientipps gefragt oder danach, wohin der Markt kurzfristig geht. Solche Fragen speisen Illusionen, helfen aber nicht dabei, Vermögen aufzubauen. Es gibt natürlich auch Journalisten,2 die es schaffen, Unterhaltung mit Bildung zu verbinden. Edutainment. Aber auch sie stecken in der Struktur der Presse und müssen sich der Regel unterwerfen, die da heißt: Sex sells. In Finanzsprache übersetzt: Erzähle die Geschichte davon, wie du mit Aktie X reich werden kannst, in unzähligen Varianten, denn dann bekommst du Aufmerksamkeit (und kannst deinen Job behalten).

Aus demselben Grund hat ein Schlag von Buchautoren nahezu immer Erfolg: die Gruppe der Crash-Propheten. Egal, wie die Aktien gerade laufen: Die Schwarzmaler haben immer Konjunktur. Denn sie bedienen die Ängste der Menschen und geben ihnen das Gefühl, mehr zu wissen als andere: zum Beispiel, dass der nächste Börsencrash bevorsteht und die Ersparnisse der Anleger vernichten wird. Natürlich knallt es an der Börse immer wieder.3 Das ist aber kein Grund, ständig den totalen Zusammenbruch zu beschwören. Ursache dafür ist vielmehr die fast sichere mediale Aufmerksamkeit, aus der sich ganz gehörig Kapital schlagen lässt. Keiner der Crash-Propheten lässt sich diese Chance entgehen.

So also sieht die Medienlandschaft für Anfänger aus. Buchautoren, Influencer, Werbekunden, Storyteller. Ein Schlachtfeld mit Kämpfern in eigener Sache. Die vielen, täglich propagierten Nachrichten zu Einzelunternehmen, die wie Kanonenkugeln darauf herumfliegen, lenken die Aufmerksamkeit auf Einzelheiten, die für Hobby-Anleger keine Relevanz haben. Im Gegenteil: Der viele Handel, der daraus resultiert, senkt nachweislich die Rendite.4 Menschen mit der Mission, mehr Ruhe und echte Finanzbildung zu vermitteln, werden in dem allgemeinen Getöse kaum gehört.

Die Wissenschaft könnte ein Gegenmittel sein, erfordert aber Konzentration – und kann daher im Chaos des marktschreierischen Angebots schnell als unattraktiv empfunden werden. Außerdem können auch Forschung und Lehre durch Drittmittel (und Dritt-Interessen) beeinflusst werden und auch sie machen gelegentlich Zugeständnisse im Kampf um Aufmerksamkeit. Ihre Ergebnisse werden von den Marktschreiern zerrupft, indem sie nur solche verwenden, die der gewollten Aussage dienen.

Die meisten Menschen springen nicht auf Wahrheit an, sondern auf Reiz. Sorgfältig abgewogenen Fakten fehlt der Thrill. Wer quält sich schon durch Kants Kritik der reinen Vernunft, wenn daneben zehntausende aufreizende Preview-Videos locken? Treffenderweise bezeichnet man schon seit Jahrzehnten das Treiben mancher Bauernfänger an der Börse als investment-porn.

Dieser ganze mediale Information Overflow führt dazu, dass Menschen zu oft handeln und ihren Fokus auf die falschen Dinge legen. Anstatt breit zu diversifizieren, langfristig anzulegen und sich über die besten Methoden klar zu werden, verschwenden sie ihre Zeit mit Gurus, dilettantischen Einzelanalysen und launischem Hin und Her. Wer dagegen echte Bildung und effektive Geldanlage bevorzugt, reduziert seinen Konsum schnelllebiger Medien, fährt in der gesparten Zeit in den Urlaub und greift zu einem guten Buch.

Fazit: Handeln Sie wenig und hinterfragen Sie alle Botschaften der Finanzmedien – insbesondere solche, die täglich auf Sie einströmen.

Daedalus und Ikarus

Einer der wenigen leicht zu erreichenden kostenlosen Vorteile (Free Lunch) an der Börse ist Diversifikation. Wenn sie gut ist, senkt sie das Risiko, ohne dabei die Durchschnitts-Rendite zu schmälern. Abbildung 4 zeigt ein einfaches Beispiel.

Abbildung 4: Gesamt-Wertentwicklung eines gemischten Vermögens in deutschen Anlagen (REX, DAX, durchschnittliche Immobilien, Gold);

Quelle: Velten Asset Management, teilweise berechnet aus Daten vom Städtebauinstitut und Statistischem Bundesamt

Der Gesamtwert einer gleichgewichteten Verteilung verschiedener Vermögensanlagen ist in einem Zeitraum von über 30 Jahren nicht nur insgesamt gestiegen (aus einer Million wären acht geworden), sondern vor allem auch stetig. Und das schon bei ausschließlich inländischen Standard-Anlagen und ohne spezielle Auswahl.

Durch internationale Streuung ließe sich diese rückblickende Stabilität noch etwas steigern. Auch kann man innerhalb der Asset-Klassen noch weiter differenzieren. Allerdings sind die Möglichkeiten dort aufgrund recht hoher Korrelationen (»Gleichläufe«) begrenzter. Auch können Korrelationen sich mit der Zeit ändern und gerade dann zusammenfallen, wenn man es am wenigsten braucht, nämlich in einer Krise. Dennoch bedeutet eine Ausschöpfung dieser zusätzlichen Streuungs-Möglichkeiten durch weitere Investitions-Alternativen meist höhere Stabilität bei ungeschmälerter Rendite.

Im Bereich Aktien kann zum Beispiel über Länder und Segmente (große oder kleine Aktien, Wachstum oder Value, Emerging Markets oder Industrieländer, zyklische oder nicht zyklische Branchen) gestreut werden.

Allerdings: Viele Branchen wie Rohstoffe, Finanzen und Immobilien sind prozyklisch. Das heißt, sie laufen meist in dieselbe Richtung wie der ganze Markt und tragen kaum zu einer Stabilisierung der Depot-Rendite bei. Es ist verblüffend, wie enttäuschend manche Aktien und ganze Branchen bezüglich ihrer Funktion, das Depot zu stabilisieren, sein können. Vier Beispiele: 1) Brauereien enttäuschten in der Krise von 2008. Trinken, dachte man, würden die Menschen immer … Wie sich herausstellte, kaufen sie aber nicht immer Brauerei-Aktien. 2) Versicherungen und besonders Immobilienaktien haben durch ihre riesige, marktabhängige Aktivseite ein hohes Abschreibungsrisiko, das zur Unzeit zuschlagen kann. 3) Besitzer von Waldgebieten und Wasserwerken können durch manche Geschäftssegmente plötzlich mit dem Markt mitgehen. 4) Selbst Nahrungsmittel-Aktien können enttäuschen: Kraft-Heinz, in die Warren Buffett investiert hat, stand im Mai 2017 bei 92 Dollar, knapp drei Jahre später bei 24 Dollar. Der Umsatz blieb währenddessen gleich, der Gewinn allerdings verschwand zeitweise ganz.

Diversifikation entsteht also nicht schon dadurch, dass man einfach ein Sammelsurium an Aktien anlegt. Besonders, wenn die Aktien aus denselben Gründen oder von denselben Empfehlungs-Quellen (zum Beispiel Internetgruppen) attraktiv gefunden werden, verhalten sie sich meist relativ ähnlich.

Auf X (Twitter) posten Nutzer gelegentlich ihre Depot-Inhalte. Sie ähneln sich: große Technologie-Aktien und ein paar sehr teure Konsumtitel. Früher Tesla, heute Nvidia beziehungsweise früher Coca-Cola, heute LVMH. Ändert sich die Präferenz, könnte es zu Verlusten kommen.

Bei Fonds ist eine gewisse Diversifikation immer schon inklusive, aber sie lässt sich durch Mischen mehrerer Fonds steigern, denn mache Fonds unterscheiden sich in ihrem Vorgehen stark voneinander. Es ist allerdings wenig sinnvoll, viele Fonds zu kaufen, wenn diese in denselben Aktien investiert sind. Derzeit finden sich die Magnificent Seven (Microsoft, Apple, Alphabet, Amazon, Meta, Nvidia und Tesla – oder sind es inzwischen schon wieder andere?5) hochgewichtet in sehr vielen Fonds und ETFs. Auch gibt es keinen Grund, einen schlechten Fonds (zum Beispiel einen teuren Indexnachbilder) nur deshalb beizumischen, weil er die Positionszahl im Depot erhöht. Vielmehr sollte dieser eine andere Strategie, ein anderes Aktiensegment oder sogar eine andere Asset-Klasse abdecken als das Gros der bereits im Depot befindlichen Anlagen.

Trotz des Vorteils von Diversifikation verzichten Anfänger häufig darauf. Sie möchten mehr Rendite und das noch einfacher. In ihren Depots landen dann überwiegend diejenigen Aktien, die im persönlichen Umfeld gerade beliebt sind und die sich in luftige Höhen erhoben haben. Zunächst fühlt sich das sicher und profitabel an. Doch das trügt.

Der Sage nach waren Daedalus und sein Sohn Ikarus auf einer Insel (nennen wir sie Armut) gefangen und wollten fliehen. Daedalus war schlau und einfallsreich. Er konstruierte Flügel, die sich beide umbanden, um übers Meer zu fliegen. Ein kühnes Unterfangen. Flieg aber nicht zu hoch!, warnte Daedalus. Doch Ikarus hörte nicht darauf. Übermutig kam er der Sonne zu nah und stürzte ins Meer.

Es gab in der Börsengeschichte schon viele Phasen, in denen sich Anfänger für schlauer als Daedalus halten konnten. Im Jahr 2000 kauften die meisten hauptsächlich Aktien einer einzigen Branche (ausgerechnet Technologie), die daraufhin am stärksten eingebrochen ist. Zahlreiche ehemals umjubelte Highflyer-Aktien schickten ganze Depots in den Keller, worauf sich deren Inhaber für immer vom Aktienmarkt verabschiedeten oder ungewollt zum Langfristanleger in den falschen Aktien wurden, weil sie bis heute darauf warten, ihren Einstand wiederzusehen.

Abbildung 5: Kursverlauf der Intershop-Aktie im Vergleich zu durchschnittlichen Welt-Aktien auf Quartalsbasis.

Wenn wir uns den Chart von Intershop ansehen, werden wir gewisse Unterschiede zu dem vorherigen mit den gemischten Anlagen erkennen (ab 2003 lief Intershop übrigens wieder mit den anderen Aktien mit … man sieht es nur nicht auf dem Chart, weil die Aktie nur noch ein paar Euro kostet und dieses Niveau weit von den 500 und später sogar 4000 Euro entfernt ist, die einstmals auf dem Kurszettel standen). So wie Intershop ging es auch vielen anderen Aktien, wie priceline.com, t-Online oder EM-TV. Ich kann mich noch gut daran erinnern, weil ich alle diese Aktien als Teenager geshortet habe, so dass ich, mehr Glück als Verstand, an ihren fallenden Kursen verdienen konnte. Die Geschichte dieser Aktien zeigt: Diversifikation ist wichtig und sie wurde damals von vielen vernachlässigt.

Auch heute kann man eine Entwicklung zu weniger Diversifikation und hin zu Technologie-Aktien beobachten. Erst hieß es: Einfach nur die 500 größten US-Unternehmen kaufen. Doch wenn man stattdessen nur in die 100 größten US-Unternehmen investierte, die an der Nasdaq notieren, konnte man noch mehr Rendite machen. Schließlich stellte man fest: Die größten Sieben dieser Unternehmen waren noch besser gelaufen. Und mancher sagt: Einfach nur Bitcoin kaufen.

Selbstverständlich kann es eine gute Strategie sein, einfach die sieben größten Unternehmen der Welt zu kaufen. Wenn man sich nur die letzten Jahre anschaut und die Jahre davor ignoriert (es gab im S&P 500 nur zwei Phasen, in denen die Top-10-Werte den breiten Markt outperformt haben: 1995 bis 2000 und 2013 bis heute), war das rückblickend sogar eine der besten Strategien. Auch in Zukunft, zum Beispiel in den nächsten zwei Jahren, könnte das funktionieren. In der gesamten Zeit des S&P 500 war das allerdings eine schlechte Vorgehensweise mit einer Underperformance von 2,7 Prozent pro Jahr. Ich will trotzdem nicht dagegen reden, eine solche Strategie in Kombination mit anderen einzusetzen. Wogegen ich mich wende, ist die Selbstsicherheit, mit der unerfahrenere Anleger agieren – und die daraus resultierende Alternativblindheit beziehungsweise die unnötige Erhöhung des Risikos durch Reduzierung der Diversifikation. Es ist vom heutigen, in die Zukunft gerichteten Standpunkt aus klüger, auf mehrere Strategien zu setzen.

Dieses Einfach das und das kaufen, weil es in einer bestimmten Zeit am meisten gestiegen ist (und zwar immer in der jüngst zurückliegenden Zeit), funktioniert also nicht auf Dauer. Damit werden zwei Fehler auf einmal gemacht. Erstens: Das Projizieren der jüngsten Vergangenheit auf die Zukunft (Rückschaufehler, hier vermischt mit dem sogenannten Recency-Effekt; beide Biases werden in den nächsten Kapiteln näher eingeordnet). Zweitens: Die Reduzierung der Diversifikation (die selbst die S&P-500-Indexnachbildung betrifft – es gibt schließlich noch viele andere Länder außer den Vereinigten Staaten und außerdem nicht nur große Aktien, sondern auch kleine und mittlere). Der zweite Fehler wird sogar aufgrund des ersten Fehlers gemacht. Trügerisch ist dabei, dass sich diese fatale Handlungs-Kaskade zunächst gar nicht falsch anfühlt, sondern sich sogar noch selbst recht gibt. Denn alle, die dabei mitmachen, treiben die Kurse immer weiter an. Ihr Erfolg wird anderen zum Vorbild. Durch die wachsende Fan-Gemeinde steigen die Kurse. Alle verdienen daran! Wunderbar! Leider nur eine Zeit lang. Und dann bekommen alle auf einmal auf die Nase, weil jeder in denselben Titeln engagiert ist und sich die ausgelassene Diversifikation rächt. Was ist mit dem Bitcoin 2021 bis 2022 passiert? Sein Kurs fiel um 75 Prozent. Was war mit dem Nasdaq von 2000 bis 2003? Er fiel um 80 Prozent!

Kurzzeitige Rückschläge von –40 bis –50 Prozent am Aktienmarkt sind ok. Sie können einerseits durch andere Anlagen wie Häuser, Gold und Anleihen sowie durch das laufende Einkommen abgefangen werden und bilden auf der anderen Seite die Grundlage für hohe Renditen. Aber es gibt keinen Grund, Rückschläge zu riskieren, die weit darüber hinaus gehen. Das genau aber passiert, wenn man vermeintlichen Moden folgt, die da sagen: Kaufe doch einfach dieses oder jenes, weil es gerade am besten läuft!

Ganz fatal ist es, wenn einzelne Aktien zu beliebt werden. Das kann über Jahre hinweg durch wachsende Gewinne und entsprechende Presseberichte geschehen oder durch Meinungen von Freunden, die ohne Hintersinn geäußert werden und ungewollt im eigenen Bewusstsein als subtile Botschaften lange »hängen bleiben«.

Zwei Beispiele hierfür: Im Jahr 2008 galt BASF als »eines der bestgeführten Industrieunternehmen«. Sogar der Vorsitzende des deutschen Aktieninstituts erwähnte das mir gegenüber in einem persönlichen Gespräch. BASF war als Einzelinvestment oder in Depots mit nur wenigen Aktien zu finden. Tatsächlich hätte die Aktie in den Folgejahren keine Probleme bereitet. Wenn man sich aber die anschließenden Jahre 2015 bis 2024 anschaut, wird deutlich, was ich mit dem Vorteil von Diversifikation meine: Während Durchschnittsaktien sich verdoppelten, halbierten sich BASF.

Abbildung 6: Kursverlauf der BASF-Aktie im Vergleich zu durchschnittlichen Welt-Aktien auf Quartalsbasis.

Zweites Beispiel: Im Jahr 2000 galt General Electric als »eines der bestgeführten Industrieunternehmen«. Der Manager Jack Welch war ein Star und »GE« repräsentierte in den Augen mancher Beobachter praktisch die »amerikanische Wirtschaft«. Der nächste Gedanke wäre dann, dass eine weitere Diversifikation im Grunde nicht nötig ist, wenn man die gutgeführte GE mit ihren vielen diversifizierten Geschäftssegmenten besäße, denn diese eine Aktie wäre ja ein Abbild der ganzen Ökonomie! Stellen Sie sich eine Unterhaltung zweier Freunde Max und Moriz im Jahr 2001 vor. Max hatte jahrelang nur GE und fühlt sich großartig. Moritz dagegen hat auch noch in andere Aktien investiert, die bis dahin allerdings schlechter gelaufen und weniger beliebt sind. Jetzt sagt Max zu Moriz: »Du mit deinen vielen Aktien, kaufe doch einfach nur GE, da hast du viele Branchen in einer, nur eben besser gemanagt.« Moritz antwortet darauf: »Ich sehe mir die Aktie mal genauer an.« Aufgrund der vielen guten Presseberichte kauft Moritz nach und gewichtet die Aktie mit 50 Prozent. Sehen wir uns an, was im Folgenden mit dem Kurs passiert ist (Abbildung 7).

Abbildung 7: Kursverlauf der General-Electric-Aktie (»GE«) im Vergleich zu durchschnittlichen Welt-Aktien auf Quartalsbasis.

Wie fühlt sich Moritz jetzt? Ein Gespräch zwischen den beiden könnte Jahre später ungefähr so anfangen: »Hallo Max, wie geht es dir? Vielen Dank übrigens für deine Empfehlung von GE … Zum Glück hatte ich wenigstens noch ein paar andere Aktien behalten!«

Auch heute gibt es Aktien, die scheinbar eine ganze Wirtschaft abbilden. Ich traf mich einmal in einem Café mit einem berühmten Börsianer, dessen tägliche Fernsehbeiträge zum Aktienmarkt ich schon als Jugendlicher gesehen hatte. Er erzählte mir, dass er mit seinem ganzen Depot nur eine einzige Aktie besäße: die der Allianz. Nun gehört dieser Börsianer einer altgedienten Generation an und die Allianz ist heute nicht gerade in aller Munde. Berkshire Hathaway hingegen gilt auch bei twitternden Aktienfans als ganzes Portfolio. Das ist es aber nicht, und zwar nicht nur, weil eine weitere einzige Firma, Apple, einen Großteil des Vermögens von Berkshire ausmacht, sondern weil Berkshire – trotz aller Qualitäten – schlicht eine einzige Aktie bleibt, wie auch GE selbst in Hochzeiten des Ruhmes immer nur eine einzige Aktie geblieben ist.

Auf die eine Sache ist kein Verlass. Weder auf die eine Branche (zum Beispiel Tech) noch auf das eine Land (zum Beispiel USA) oder die eine Strategie (zum Beispiel S&P-Index) – und schon gar nicht auf die eine Aktie (wie auch immer sie heißt). Dieser Gedanke ist selbst für Börsen-Profis ein Thema. Er wird deshalb in späteren Kapiteln vertieft (zum Beispiel die Vernachlässigung von Immobilien und Gold im Kapitel Virtuelle Abhängigkeit und die Übergewichtung des US-Aktienmarktes im Kapitel Gefahren beliebter Indizes und ETFs).

Heute kaufen Privatanleger (und teilweise auch Fondsmanager) verstärkt Ikarus-Aktien wie Tesla und Nvidia. Auch hier bekommen sie eventuell zunächst recht, aber sie haben nur das getan, was alle Anfänger machen: aus den beliebtesten Aktien ein paar nach ihren persönlichen Vorlieben ausgewählt, fertig. So etwas funktioniert nur in Haussen, vorzugsweise in den Endstadien von langen Aufwärtsbewegungen.

Übrigens war Tesla bereits vor drei Jahren sehr beliebt. Man argumentierte, Tesla habe einen Vorsprung gegenüber anderen Autoherstellern und insbesondere die Ära der deutschen Autowerte würde zu Ende gehen. Aber welche Aktie ist in den letzten drei Jahren eigentlich besser gelaufen: Tesla oder BMW? Sie ahnen es: Das Unternehmen sitzt nur wenige Kilometer von dem Ort entfernt, an dem ich dies schreibe, und deren Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist auch im März 2024 nur rund ein Zehntel so groß wie das der amerikanischen Star-Aktie.

Abbildung 8: Kursverlauf der BMW-Aktie im Vergleich zu durchschnittlichen Welt-Aktien auf Quartalsbasis.

Tesla ist bis vor drei Jahren eine Zeit lang viel besser gelaufen, aber als sich die hohe Meinung von Tesla verbreitete, war der Kurs bereits hoch. Einige findige Anleger ahnten Teslas Aufstieg auch früher und hielten die Aktien lange Zeit vorher. Aber die Frage ist, wann die meisten Anleger eine Einzelaktie stark übergewichten. In der Regel dürfte das dann der Fall sein, wenn sie bereits am meisten Aufmerksamkeit bekommt. Die Geschichte von Tesla und vor allem Nvidia ist noch nicht vorbei. Das Risiko der Enttäuschung und des Geldverlustes ist bei starker Konzentration dieser Titel allerdings sehr hoch.

Wussten Sie, dass das erste Smartphone bereits 1996 herauskam? Es konnte sich noch nicht durchsetzen, war zu teuer und ohne Touchscreen, aber es war seiner Zeit voraus. Das damals innovative Unternehmen, das dieses Gerät entwickelte, wurde später Weltmarktführer in diesem Bereich! Es handelt sich dabei allerdings nicht um Apple, sondern um Nokia. Der Aktienkurs erreichte bereits kurz nach Erreichen der Marktführerschaft seinen Hochpunkt (im Jahr 2000) und ist seitdem nahezu kontinuierlich gesunken (von über 50 Euro auf kaum mehr als drei Euro pro Anteilsschein). Diese schreckliche Entwicklung war zunächst nicht ohne Weiteres absehbar, da Nokia viel Geld in Forschung und Entwicklung steckte.

Wir sehen daran, wie gefährlich es sein kann, sich zu sehr auf einige wenige Aktien zu verlassen. Auch dann, wenn man diese lange Zeit hält.

Aktienfonds hingegen sollten mehr Diversifizierung bieten. Sie können nicht nur nach Aktien, sondern nach ganzen Auswahlmethoden streuen. Dafür nehmen sie in Kauf, in manchen Marktphasen nicht besser zu sein als der Index. Das wäre eine Art Daedalus-Prinzip für Überflieger: Nicht immer ganz oben, aber sicherer unterwegs. Das macht sie allerdings unbeliebt. Ich beobachte immer wieder, dass bei Anfängern umgekehrt gerade diejenigen Fonds der Renner sind, die ohnehin dieselben Aktien halten wie sie selbst.

Learning: Investieren Sie in mindestens 20 Einzelanlagen aus verschiedenen Branchen oder in diversifizierte Fonds.

Wir kennen nun die großen Anfängerfehler: zu wenig Diversifikation und zu viel Handeln. Profis sollten in erster Linie vor diesen schützen. Dann bleiben aber noch die professionellen Kapitalfehler und davon handeln nun die nächsten Kapitel.

Anmerkungen

1

.  Anderson, »All Guts, No Glory. Trading and Diversification among Online Investors«, 2004/2007, in:

European Financial Management 13(3)

:448–471, (verfügbar auf

www.researchgate.net

). Der Titel der Publikation persifliert übrigens das Sprichwort »No Guts, No Glory« – Nur Mutige gewinnen – und macht daraus sinngemäß: Viel Mut, aber keine Gewinne. Anderson schreibt: »On average, investors hold undiversified portfolios, show a strong preference for risk, and trade aggressively.« Den Zusammenhang mit übermäßigem Selbstbewusstsein untersuchen Grinblatt/Keloharju, 2009 und Glaser/Weber: Overconfidence and Trading Volume (April 14, 2003), verfügbar auf

https://ssrn.com

.

2

.  Auch Journalistinnen, die im Wort Journalisten selbstverständlich miteingeschlossen sind – meine Art der Pluralbildung soll keine geschlechtliche Aussage machen. Ich verwende sie der Einfachheit halber und hege nicht die Absicht, damit zu unterscheiden.

3

.  Das erfordert keine große Vorbereitung, da Börsenkrache (ja, es heißt eigentlich

Krache!

;-) zum normalen Börsengeschehen gehören. Außerdem sagen Crash-Propheten selten,

wann genau

so ein Krach kommt und wie tief die Kurse ihrer Meinung nach dann fallen. Das weiß niemand so genau. Auch nicht, wie schnell sich die Kurse wieder erholen und ob man nicht am Ende mehr davon hätte, einfach durchgehend im Markt zu bleiben.

4

.  Barber/Odean: »Trading Is Hazardous to Your Wealth: The Common Stock Investment Performance of Individual Investors«, in:

The Journal of Finance,

Volume 2 Nr 2, April 2000. Die Autoren haben 66 000 Depots eines Discout-Brokers untersucht und fanden, dass die Rendite von Privatanlegern umso schwächer wird, je mehr sie handeln. Bei den am meisten handelnden Anleger beträgt die Abweichung bis zu – 7 Prozent pro Jahr gegenüber dem Vergleichsindex.

5

.  Vor einigen Jahren etablierte sich der Name »FAANG-Aktien«. Dann stieß Tesla hinzu. Und Microsoft. Es wurden die

Magnificent Seven

. Inzwischen munkelt man wieder von anderen Begriffen, da Tesla-Aktien inzwischen nicht mehr so fabelhaft scheinen.

2Auch Profis irren – und zwar immer wieder

Warum wir homo sapiens heißen – und trotzdem Kapitalfehler machen

Wie alle Organe von Lebewesen hat auch unser menschliches Gehirn einen Sinn, und zwar soll es der Evolutionstheorie zufolge das Überleben und die Fortpflanzung sichern. Also über alles nachdenken, was für das Überleben in der natürlichen Umwelt wichtig war.1

Das menschliche Gehirn verbraucht allerdings ein Fünftel der Energie des gesamten Organismus. Das ist viel – unter all den Millionen Arten auf diesem Planeten sogar etwas völlig Einzigartiges.

Benötigen Tätigkeiten wie Jagen, Sammeln und Sex ein so großes Gehirn? Andere Tiere schaffen das doch auch mit weniger Geist! Unsere angeblich überragende Intelligenz und Bildung (die wir uns mit dem Wort »homo sapiens« selbst zusprechen) kann es nicht sein. Denn vor hunderttausend Jahren gab es kaum Mathematik oder Physik. Nicht mal irgendwen, der ein Buch lesen konnte. Die Schlauköpfe unter uns hatten kein Spielfeld, auf dem sie sich austoben konnten, und all die Errungenschaften, für die wir uns rühmen, waren hunderttausend Jahre entfernt. Nicht einmal die Simpsons liefen im Fernsehen. Trotzdem überlebten die Menschen. Wozu also dieses riesige Gehirn mit seinem gewaltigen Energieverbrauch?

Vielleicht für den aufrechten Gang oder die Feinmotorik der Finger? Ja, all dies braucht Gehirn, erklärt aber noch nicht unser Gehirn und seinen spezifischen Vorteil gegenüber anderen Homini (zum Beispiel homo errectus oder homo neandertalensis), die inzwischen nämlich eines sind: ausgestorben.

Was hat uns unser Gehirn ermöglicht, was anderen nicht möglich war?

Es ist die Fähigkeit, uns wirklich aufeinander einzulassen! Wir können nicht nur miteinander jagen und schlafen, was auch Affen können, sondern das, was wir jetzt gerade machen: Wir können miteinander reden! Nicht nur über einfache Dinge, sondern über alles: Die Sprache ist unser Werkzeug, mit dem wir uns immer wieder organisieren.

Wir sind erfolgreich, weil wir soziale Wesen sind.2 Unser Gehirn ist darauf ausgelegt, mit Menschen zu sprechen, uns in sie einzufühlen und mit ihnen zurechtzukommen.

Unser Gehirn kann auch lernen, mit Geldvermögen gut umzugehen. Aber das ist erst mal nicht seine natürliche Begabung. Wir können zwar Mathematik und Betriebswirtschaftslehre, Risiken kalkulieren und abstrakt denken, haben also das Zeug dazu, klug zu investieren … aber in der Praxis folgen wir unserer Grundeinstellung. Und die ist erst mal auf ganz andere Dinge ausgelegt, die für das Überleben wichtiger waren.3

Die Neigungen unserer Natur können aus heutiger Sicht zu unlogischen Handlungen führen. Unser Denken unterliegt Verzerrungen, die die moderne Verhaltenswissenschaft dokumentiert hat.4 Bei meinen Forschungen für dieses Buch stieß ich auf 244 verschiedene Effekte, deren Beschreibungen ich in einer Tabelle sammelte (siehe auszugsweise Tabelle 2). Die Kenntnis dieser Verhaltensweisen kann uns dabei helfen, am Kapitalmarkt erfolgreicher zu sein.

Mehr als hunderttausend Jahre lebten wir in kleinen Gemeinschaften, die sich fast ohne Werkzeuge in einer unwirtlichen Umgebung zurechtfinden mussten. Unsere große Stärke war dabei nicht das Rechnen im stillen Kämmerlein, sondern das Jagen in Gruppen.5

Abbildung 9: Die leichte Veränderung unserer Gene gegenüber verwandten Homini hat 250 000 Jahre gedauert. Die Börse existiert erst im letzten Tausendstel dieser Zeitspanne.

Aber für die Vermögensanlage ist eine andere (evolutionsbiologisch spätere) Perspektive der Maßstab. Schließlich finden wir heute eine völlig umgestaltete Umgebung vor. Nicht nur wegen der vielen Maschinen und Gebäude, sondern auch wegen der Anonymität, die uns Großstädte und digitale Kommunikationsweisen schenken. Wir leben – materiell und sozial – in einer anderen Welt. Wir müssen nicht mehr von der Hand in den Mund leben und verderbliche Vorräte im Dorf verteilen, sondern zahlen Steuern, verwalten Häuser und Unternehmensanteile, die für uns in Banken gelagert werden. Somit ist die urmenschliche Veranlagung unserer Gehirne nicht mehr in allen Situationen zeitgemäß. Eine neue Perspektive muss her: die der Logik.

Die Ratio ist der Maßstab, mit dem wir unser Handeln prüfen können. Wer Finanzentscheidungen nicht logisch prüfen will, kann ja weiter dem Gefühl folgen. Dies führt allerdings selten zum Erfolg, eben weil die Umgebung eines Kapitalmarktes einfach nicht mehr zu unseren Gefühlen passt.

Nehmen wir zum Beispiel den Besitztumseffekt. Wenn Sie eine Tasse in der Hand halten und es »Ihre« Tasse ist, werden Sie sie wertvoller finden, als wenn sie Ihnen noch nicht gehört. Auch dann, wenn Sie sie noch niemals benutzt haben! (Das kann man messen, indem man Menschen testet, die in unterschiedlichen Situationen Preise für Tassen ausrufen.) Das heißt: