Karriere  ist nicht alles - Patricia Vandenberg - E-Book

Karriere ist nicht alles E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Nun gibt es eine Sonderausgabe – Dr. Norden Extra Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. Ein Lächeln erhellte Wendys Gesicht, als Danielle Rodolfi die Praxis betrat. »Hallo, das ist aber mal eine angenehme Überraschung!« rief sie aus. »Sie kommen gerade recht, Danielle. Grad ist der letzte Patient bei Dr. Norden.« »So habe ich es mir auch gewünscht«, sagte die junge Dame fröhlich. Sie war eine Augenweide, wie Wendy bewundernd feststellte. Bei Danielle stimmte alles. Sie war nicht nur außer­ordentlich apart, sie hatte Stil und war bereits eine Persönlichkeit. »Hatten Sie Ärger, Wendy?« fragte Danielle teilnahmsvoll. »Sie sehen aus, als wäre Ihnen eine Laus über die Leben gelaufen.« »Das nicht gerade, aber ich habe mich tatsächlich geärgert.« »Doch nicht über unseren lieben Dr. Norden?« »Nein, wegen so einer Rotznase. Verzeihung, das sollte ich nicht sagen, es ist mir so herausgerutscht.« »Es wird wohl eine gewesen sein«

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Dr. Norden Extra – 56 –

Karriere ist nicht alles

Patricia Vandenberg

Ein Lächeln erhellte Wendys Gesicht, als Danielle Rodolfi die Praxis betrat.

»Hallo, das ist aber mal eine angenehme Überraschung!« rief sie aus. »Sie kommen gerade recht, Danielle. Grad ist der letzte Patient bei Dr. Norden.«

»So habe ich es mir auch gewünscht«, sagte die junge Dame fröhlich. Sie war eine Augenweide, wie Wendy bewundernd feststellte. Bei Danielle stimmte alles. Sie war nicht nur außer­ordentlich apart, sie hatte Stil und war bereits eine Persönlichkeit.

»Hatten Sie Ärger, Wendy?« fragte Danielle teilnahmsvoll. »Sie sehen aus, als wäre Ihnen eine Laus über die Leben gelaufen.«

»Das nicht gerade, aber ich habe mich tatsächlich geärgert.«

»Doch nicht über unseren lieben Dr. Norden?«

»Nein, wegen so einer Rotznase. Verzeihung, das sollte ich nicht sagen, es ist mir so herausgerutscht.«

»Es wird wohl eine gewesen sein«, meinte Danielle. »Ich ­kenne Sie doch, Wendy. Sie sind nie ungerecht, vor allem nicht, wenn es sich um junge Leute handelt.«

»Aber manche könnte man wirklich auf den Mond schießen. Da macht sich eine Mutter so große Sorgen um ihre sechzehnjährige Tochter, daß sie zusammenbricht und in die Klinik gebracht werden muß. Als ich die Tochter anrufe, um ihr das mitzuteilen, sagte die doch: Hoffentlich…, nein, das kann ich nicht wiederholen, es hat mich auf die Palme gebracht.«

»Ich kann es mir denken, was sie gemeint, hat, Wendy. Regen Sie sich nicht auf. Manche sind nicht zu retten. Warum macht sich die Mutter sorgen?«

»Weil sich dieses Gör herumtreibt, bereits alkoholsüchtig ist und anscheinend auch schon Drogen konsumiert. Und sie ist nicht bereit zu einem Gespräch.«

Danielles Gesicht war ernst geworden. »Vielleicht wird sie eines Tages nach der Mutter schreien, wenn sie ganz am Boden liegt und keiner mehr sie aufheben will. Solche Fälle sind mir nicht unbekannt.«

»Wenn alle so zielstrebig ihren Weg gehen würden wie Sie, sähe es anders aus in unserer Welt«, sagte Wendy leise.

»Und wenn ich nun zu ehrgeizig bin und auch eines Tages auf die Nase falle?«

»Sie doch nicht, Sie sind die geborene Karrierefrau«, erwiderte Wendy.

Danielle hörte es gern, denn für sie zählte nichts anderes, als ihre Karriere. Das Selbstbewußtsein brachte sie dazu mit.

Ihr Gespräch war nun beendet, denn Dr. Norden verabschiedete seinen Patienten, einen vornehmen alten Herrn, der Danielle mit einem kurzen, aber wohlwollenden Blick betrachtete. Wendy
war aufgesprungen und begleitete
ihn zur Tür, und Danielle folgte Dr. Norden in sein Sprechzim-
mer.

»Krank sind Sie nicht, Danielle, aber gerade deswegen freue ich mich, Sie zu sehen. Fehlt Ihrem Vater etwas?« fragte er dann besorgt.

»Sie werden es nicht glauben, aber ihm geht es sehr gut. Er macht gerade eine Weltreise.«

»Das gibt es nicht! Er hatte doch überhaupt keinen Unternehmungsgeist mehr.«

»Da sehen Sie, was eine kluge Frau alles vollbringen kann«, meinte sie mit einem verschmitzten Lächeln.

»Wie haben Sie es angefangen?«

»Ich doch nicht, das geht schon auf das Konto einer anderen. Aber lassen Sie sich die Vorgeschichte erzählen. Ich las vor zwei Wochen eine Annonce in der Zeitung. Eine Managerin für ein neues Programm wurde gesucht. Um es ganz genau zu sagen, Paps machte mich auf diese Annonce aufmerksam. Er sagte, ich soll mich bewerben. Ausgerechnet er, der nie etwas davon wissen wollte, daß ich eine Stellung annehme, die Flexibilität und Reisefreudigkeit verlangt. Er lebte doch in ständiger Angst, daß ich ihn alleinlassen würde. Aber die Annonce klang vielversprechend. Verlangt wurden auch mehrere Sprachen, gutes Aussehen und beste Umgangsformen. Das kann ich bieten, oder denken Sie anders?«

»Nicht einen Moment. Sie sind in jeder Beziehung attraktiv und überzeugend. Haben Sie sich beworben?«

»Ja, und in einer Stunde stelle ich mich vor. Aber ihnen wollte ich vor allem sagen, daß Paps mich vor die Tatsache stellte, daß er mit Josi van Dongen diese Weltreise unternimmt. Er behauptet, sie in Ihrer Praxis kennengelernt zu haben.«

»Was auch stimmt, dennoch bin ich überrascht. Den beiden hätte ich das nicht zugetraut, denn beide haben immer wieder betont, daß eine Heirat für sie nicht mehr in Frage käme.«

»Woran sie auch festhalten. Gemeinsame Reise, getrennte Kasse. Mich hat es fast umgehauen.«

»Warum denn? Jeder hat seine eigenen Ansichten. Sie wären auch unklug, wenn sie heiraten würden, denn jeder müßte etwas aufgeben. Sind Sie etwa schokkiert, Danielle?«

»Man darf sich doch wundern, wenn ältere Semester sich über Konventionen hinwegsetzen.«

»Das tun sie sicher nicht. Sie beweisen nur, daß sie mit der Zeit gehen und lebensnah sind.«

»Zwei Avantgardisten«, sagte Danielle amüsiert. »Ich habe ja nichts dagegen, aber Sie hätten Paps sehen sollen, als er es mir verkündete. Wie ein Feldherr, der eine große Schlacht gewann, stand er da und wartete anscheinend auf meinen Gegenangriff.«

»Und wie haben Sie reagiert?«

»Ich habe gesagt, daß ich es toll finde und mich um die Stellung bewerben würde.«

»Und nun werden Sie zu dem Vorstellungsgespräch gehen.«

»Ich bin gespannt, was tatsächlich dahintersteckt.«

»Mißtrauisch?«

»Ich weiß doch, wie man geködert werden kann.«

»Erfahre ich das Ergebnis?«

»Aber sicher. Vielleicht brauche ich ein paar Impfungen.« Sie lächelte umwerfend.

»Toi, toi, toi, Danielle.«

»Kommen Sie bald mal wieder«, sagte Wendy. Und als Danielle die Tür hinter sich zugemacht hatte, sagte sie zu Dr. Norden: »Ist sie nicht eine Schau?«

*

»Was liegt denn noch an?« fragte Jonas Olden seine Sekretärin ungeduldig.

»Das Vorstellungsgespräch«, erwiderte Friederike Josch.

»Können Sie das nicht machen, Joschi?« fragte er. »Ich muß heute noch nach Wien.«

»Das Gespräch ist eingeplant«, erwiderte sie gleichmütig. »Sie haben gesagt, daß Sie diese Entscheidung allein treffen wollen, wenn ich Sie erinnern darf.«

Sie konnte sich das erlauben, sie war bereits acht Jahre seine rechte Hand, geduldig, zuverlässig, niemals launisch und immer nachsichtig mit seinen Eigenheiten.

»Was ist der Bewerbung zu entnehmen?« fragte er.

Sie seufzte, weil er sich nicht einmal die Zeit genommen hatte, in diese hineinzuschauen.

»Glänzende Zeugnisse«, erwiderte sie. »Sie ist fünfundzwanzig, spricht vier Sprachen, laut Diplom perfekt, Führungsqualitäten sind ihr auch bescheinigt worden und außerdem ist sie nach dem Foto sehr attraktiv.«

»Fotos können lügen«, brummte er, aber er warf doch einen Blick darauf.

»Bißchen jung«, meinte er, »aber ich werde sie mir ansehen, vorausgesetzt, daß sie pünktlich ist.«

Danielle war pünktlich. Sie haßte Unpünktlichkeit. Sie bewegte sich mit solcher Selbstverständlichkeit, daß Friederike Josch sie beneidete. Wie hatte sie gezittert, als sie zum ersten Mal diese heiligen Hallen betreten hatte!

Da hatte allerdings noch der Seniorchef das Regiment geführt

Joschi, sie betrachtete es als Auszeichnung, so von ihrem Chef genannt zu werden, begrüßte Danielle freundlich und fühlte sich von den großen blaugrauen Augen forschend gemustert.

Der Boß scheint Wert auf seriöses Auftreten zu legen, dachte Danielle, denn Joschi machte auf sie einen durch und durch seriösen, jedoch auch sympathischen Eindruck.

»Dr. Olden erwartet Sie«, sagte Joschi. »Er hat wenig Zeit.«

Jonas Olden stand am offenen Fenster, als Danielle eintrat, nachdem Joschi sie angemeldet hatte. Sie verhielt verblüfft den Schritt, als er sich umdrehte, denn er war wahrlich eine markante Erscheinung, groß, breitschultrig, dunkles Haar und dunkle Augen, und ein ziemlich breites gebräuntes Gesicht.

»Nehmen Sie bitte Platz«, forderte er sie auf, ohne mit einem Wimpernzucken zu zeigen, welche Wirkung sie auf ihn hatte.

»Machen wir es kurz«, sagte er und reichte ihr einen Vordruck. »Übersetzen Sie das bitte in die Sprachen, die Sie beherrschen.«

Danielle sah ihn kurz an und lächelte flüchtig, dann übersetzte sie. Zuerst in Englisch, dann Französisch, Italienisch und Spanisch.

»Verständigen kann ich mich auch in den skandinavischen Sprachen«, erklärte sie, bevor er sich äußern konnte.

»Und was können Sie nicht?« fragte er spöttisch.

»Kochen«, erwiderte sie schlagfertig.

Seine Augenbrauen ruckten leicht empor.

»Sind Sie verlobt oder gar verheiratet?« fragte er.

»Nein.«

»Schwanger?« fragte er lässig.

Ihre Augen schossen zornige Blitze, und er wurde tatsächlich leicht verlegen.

»Ich bitte um Verständnis, aber da Sie öfter fliegen müssen, ist diese Frage in Ihrem Interesse. Außerdem kann ich es mir nicht leisten, diesen wichtigen Posten mit jemand zu besetzen, der schon nach ein paar Monaten wieder aussteigt. Sollten Sie ­einverstanden sein, müßten Sie umgehend nach Paris übersiedeln und dort unsere Filiale leiten.«

»Darf ich einmal fragen, was diese Filiale beinhaltet? Das geht aus Ihrer Annonce nämlich nicht hervor.«

Er zögerte. »Nennen wir es Konsumartikel. Weine aus aller Welt, andere Spirituosen, Tee, Kaffee, Kaviar und andere Delikatessen. Sie haben nur mit den Käufern die Kontakte zu pflegen, zu verhandeln und unsere Unternehmen zu repräsentieren. Die Angestellten werden von Monsier Colin betreut. Allerdings sollten Sie das Sagen haben.«

»Ich müßte mich mit der Branche erst vertraut machen«, sagte Danielle leicht irritiert, wenn man ihr das auch nicht anmerken konnte.

»Colin weiß bestens Bescheid, aber er ist nicht repräsentativ. Und da unsere Kunden vorwiegend Männer sind, es ist ein Großhandel, ist eine Repräsentantin sicher erfolgreicher.«

»Sofern nur rein geschäftliches Engagement erwartet wird«, erklärte sie kühl.

»Sie sind interessiert?« seine Stimme klang jetzt ein bißchen heiser und unsicher.

»Wenn das Honorar meinen Vorstellungen entspricht?«

Seine Augenbrauen schoben sich zusammen. »Was stellen Sie sich vor?«

»Das möchte ich zuerst Sie fragen.«

Er war konsterniert. Zum Kuckuck, dachte er, sie ist ein harter Brocken. Eine solche Frau war ihm noch nicht begegnet.

»Sagen wir Zehntausend und Gewinnbeteiligung. Wenn Sie meinen Erwartungen entsprechen, am Jahresende noch fünfzigtausend Prämie.«

Sie hatte doch den Atem angehalten, aber sie ließ sich nichts anmerken. »Ja, damit bin ich einverstanden. Allerdings räume ich ein, daß ich mich erst mit meinem Aufgabenbereich vertraut machen muß, und Sie mich selbstverständlich wieder entlassen können, wenn ich Ihren Vorstellungen nicht gerecht werde.«

»Okay, Joschi, ich meine Frau Josch, wird Sie mit den Einzelheiten vertraut machen. Ich muß heute noch nach Wien.«

»Dann wünsche ich Ihnen eine gute Fahrt.«

»Ich hoffe auf eine gute Zusammenarbeit.« Er machte eine leichte Verbeugung und verschwand, und gleich trat Joschi ein.

»Er ist in Eile«, sagte sie entschuldigend.

»Das war wohl das seltsamste Einstellungsgespräch, das man sich vorstellen kann«, meinte Danielle nachdenklich.

»Er ist dafür gar nicht geschaffen. Aber er ist ungeheuer dynamisch.«

»Hat er sich über mich geäußert?« fragte Danielle vorsichtig. Joschi verzog keine Mie-
ne. Sie verriet natürlich nicht,
daß er gesagt hatte, sie sei knallhart.

Joschi fand Danielle umwerfend, und Danielle hatte schon nach der ersten Stunde das Gefühl, eine Freundin gefunden zu haben. Alle Formalitäten waren bald geklärt. Dann schlug Joschi vor, gemeinsam in dem nahen Schweizer Restaurant zu essen.

Dagegen hatte Danielle nichts einzuwenden, denn ihr Magen knurrte bereits, und es war weit über die Mittagszeit. Sie wunderte sich, daß sie dennoch sehr höflich empfangen wurde. Joschi steuerte gleich auf einen versteckt liegenden Tisch zu.

»Das Restaurant gehört auch zur Unternehmensgruppe Olden«, erklärte sie. »Ich muß Ihnen noch eine ganze Menge erklären.«

»Ich danke für Ihr Entgegenkommen, Frau Josch. Sie sind sehr liebenswürdig.«

»Sagen Sie bitte Joschi, das ist mir lieber. Wie darf ich Sie anreden?«

»Sagen Sie Jella.«

»Ist Ihnen das lieber als Danielle? Es ist doch ein sehr schöner Name.«

»Jella ist kürzer.«

»Mein Vorname ist Friederike, aber in der Schule wurde ich immer Fritzchen genannt, und so gut hat mir das nicht gefallen.«

»Es paßt auch nicht zu Ihnen. Joschi klingt lieb. Der Boß nennt Sie auch so.«

»Er hat es eingeführt. Wie finden Sie ihn, Jella?« fragte sie beiläufig.

»Cool.« Joschi lachte. »Das ist der erste Eindruck. Er ist ein großartiger Boß.«

»Ich bin überrascht, daß er sich so schnell für mich entschieden hat. Es gab doch sicher mehrere Bewerberinnen.«

»Die habe ich vorher schon aussortiert. Ich wußte, daß er sich für Sie entscheiden würde. Wenn man so lange für ihn tätig ist, weiß man, was er will.«

Danielle sah sie forschend an. »Gibt es auch eine Frau Olden?« fragte sie zögernd.

»Ja, aber sie ist seine Mutter. Dann gab es mal drei Monate eine andere, aber nur für diese kurze Zeit. Er macht kurzen Prozeß, wenn etwas faul ist.«

Danielle wollte nicht den Eindruck erwecken, neugierig zu sein. Sie studierte jetzt die Speisekarte.

»Darf ich Ihnen die Spezialität des Hauses empfehlen? Eine Wildplatte mit verschiedenen Pilzen«, sagte Joschi.

»Das klingt gut.«

»Und wird für zwei Personen angerichtet.« Wenn Joschi lächelte, wirkte sie viel weicher. Auf den ersten Blick wirkte sie steif, aber sie gewann ungemein, wenn man mit ihr sprach. Sie hatte eine warme Stimme und ein ausdrucksvolles Gesicht. Ihr Alter war schwer zu schätzen, aber das war für Danielle auch nicht von Bedeutung. Sie sah in Joschi eine sehr intelligente Frau mit umfassenden Kenntnissen von einem Unternehmen, das viel weiter verzweigt war, als sie angenommen hatte. Die Firma war in allen europäischen Großstädten vertreten, und auch in Übersee und Asien. Danielle konnte sich kaum vorstellen, daß ein Mann von höchstens Mitte Dreißig da immer das letzte Wort haben sollte.

Das Essen war delikat, und sie genossen es. Beim Dessert erklärte Joschi, wer die ausländischen Filialen leitete. Es waren überwiegend Männer.

»Und warum ich in Paris als einzige Frau?« fragte Danielle nachdenklich.

»Es war Andrew Turners Idee. Ei, sieh da, da kommt er schon«, sagte Joschi.

Er war sicher Mitte Vierzig und hatte graue Schläfen. Er war schlank und hatte ein schmales Gesicht, helle Augen und einen Mund, der immer ironisch zu lächeln schien.

Danielle fühlte sich von An-drew Turner durchdringend gemustert, aber es war ihr nicht unangenehm. Er hatte etwas sehr Anziehendes an sich.

»Das ist also unser Neuzugang«, sagte er ganz lässig. »Habt ihr es euch denn schmecken lassen?«

Er benahm sich völlig unkonventionell, fragte sie, was sie trinken wollten, aber beide entschieden sich für Cappuccino. Er verdrehte die Augen und bestellte für sich einen Whisky.

»Aber du wirst dich doch nicht ans Steuer setzen, Andy«, sagte Joschi mahnend.