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Im Sonnenwinkel ist eine Familienroman-Serie. Schauplätze sind der am Sternsee gelegene Sonnenwinkel und die Felsenburg, eine beachtliche Ruine von geschichtlicher Bedeutung. Mit Michaela Dornberg übernimmt eine sehr erfolgreiche Serienautorin, die Fortsetzung der beliebten Familienserie "Im Sonnenwinkel". Michaela Dornberg ist mit ganzem Herzen in die bezaubernde Welt des Sonnenwinkels eingedrungen. Sie kennt den idyllischen Flecken Erlenried und die sympathische Familie Auerbach mit dem Nesthäkchen Bambi. Der bekannte, erfolgreiche und sehr geschätzte Notar Dr. Heinz Rückert gehörte nicht unbedingt zu den spontanen Menschen. Deswegen war er jetzt auch ein wenig sauer auf seine Ehefrau Rosmarie. Sie hatten mit ihren Hunden Beauty und Missie einen Spaziergang machen wollen. Eigentlich wären sie auch längst schon unterwegs gewesen, wenn Rosmarie nicht plötzlich diese Anwandlungen gehabt hätte von diesem merkwürdigen Gefühl, das sie plötzlich zögerlich werden ließ. In seiner Welt kam so etwas nicht vor, das war blanker Unsinn, und deswegen konnte er auch nicht nachvollziehen, was da mit ihr los war. Er liebte seine Rosmarie wirklich über alles. Doch mit diesen Anwandlungen kam er einfach nicht klar. Das war früher wesentlich einfacher gewesen, da war es lediglich um Geld gegangen, um das sie sich glücklicherweise keine Sorgen machen mussten. Na ja, wenn er ehrlich war, war ihm die Rosmarie von heute schon lieber, denn für die hatte er nach vielen Jahren Ehe, die nicht mehr als eine funktionierende Zweckgemeinschaft gewesen war, seine Liebe entdeckt. Er warf ihr einen Blick zu, Rosmarie schien wie erstarrt. Er schüttelte voller Nichtbegreifen den Kopf. »Rosmarie, entspann dich. Es wird der Briefträger sein, der geklingelt hat.« Er würde ihm jetzt die Tür öffnen, die Post in Empfang nehmen, was nicht zwingend notwendig war, denn die hätte er auch in den Briefkasten stecken können. Heinz vermutete, dass Meta diesem Mann einen Kaffee servierte, ein anderes Getränk. Sie hatte davon gesprochen, und dagegen war auch überhaupt nichts einzuwenden. Diesmal musste der Mann enttäuscht von dannen ziehen, denn er wollte so etwas gar nicht erst einführen. Er wollte endlich los! Wie auch immer, entweder kam Rosmarie gleich mit, oder er würde sich die beiden Hundedamen schnappen und mit ihnen allein losziehen, wenngleich es mit Rosmarie an seiner Seite natürlich unterhaltsamer wäre.
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Seitenzahl: 158
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Der bekannte, erfolgreiche und sehr geschätzte Notar Dr. Heinz Rückert gehörte nicht unbedingt zu den spontanen Menschen. Deswegen war er jetzt auch ein wenig sauer auf seine Ehefrau Rosmarie. Sie hatten mit ihren Hunden Beauty und Missie einen Spaziergang machen wollen. Eigentlich wären sie auch längst schon unterwegs gewesen, wenn Rosmarie nicht plötzlich diese Anwandlungen gehabt hätte von diesem merkwürdigen Gefühl, das sie plötzlich zögerlich werden ließ. In seiner Welt kam so etwas nicht vor, das war blanker Unsinn, und deswegen konnte er auch nicht nachvollziehen, was da mit ihr los war. Er liebte seine Rosmarie wirklich über alles. Doch mit diesen Anwandlungen kam er einfach nicht klar. Das war früher wesentlich einfacher gewesen, da war es lediglich um Geld gegangen, um das sie sich glücklicherweise keine Sorgen machen mussten. Na ja, wenn er ehrlich war, war ihm die Rosmarie von heute schon lieber, denn für die hatte er nach vielen Jahren Ehe, die nicht mehr als eine funktionierende Zweckgemeinschaft gewesen war, seine Liebe entdeckt.
Er warf ihr einen Blick zu, Rosmarie schien wie erstarrt. Er schüttelte voller Nichtbegreifen den Kopf.
»Rosmarie, entspann dich. Es wird der Briefträger sein, der geklingelt hat.«
Er würde ihm jetzt die Tür öffnen, die Post in Empfang nehmen, was nicht zwingend notwendig war, denn die hätte er auch in den Briefkasten stecken können. Heinz vermutete, dass Meta diesem Mann einen Kaffee servierte, ein anderes Getränk. Sie hatte davon gesprochen, und dagegen war auch überhaupt nichts einzuwenden. Diesmal musste der Mann enttäuscht von dannen ziehen, denn er wollte so etwas gar nicht erst einführen.
Er wollte endlich los!
Wie auch immer, entweder kam Rosmarie gleich mit, oder er würde sich die beiden Hundedamen schnappen und mit ihnen allein losziehen, wenngleich es mit Rosmarie an seiner Seite natürlich unterhaltsamer wäre. Mal sehen.
Ziemlich ungehalten, das war er noch immer, öffnete er die Haustür, er riss sie eher auf und prallte zurück. Er stand nicht der Briefträger vor der Tür, sondern …, es war nicht zu fassen, Stella!
Heinz hätte mit allem sonst gerechnet, mit seiner Tochter wahrhaftig nicht. Das war ein Ding! Schon wieder stieg Unmut in ihm hoch, denn jemand, der gefühlte Ewigkeiten nichts von sich hatte hören lassen, der meldete sich an, so wie es sich gehörte, der tauchte nicht einfach auf und erwartete, dass man sich jubelnd in seine Arme stürzte.
Heinz konnte das nicht. Er blickte seine Tochter voller Nichtbegreifen kann. Das konnte wirklich nicht wahr sein. Seine Stimme klang recht kühl und kurz angebunden, als er sagte: »Hallo, Stella.«
Sie sahen sich an. Offensichtlich war Stella ihrem Vater ähnlicher als er dachte, denn auch von ihr kam nur ein kurzes, kühles: »Hallo, Papa.«
Er zögerte kurz, trat dann einen Schritt zur Seite. »Dann komm mal rein. Deine Mutter befindet sich im Wohnzimmer.«
Stella ging an ihrem Vater vorbei, sie kannte sich aus in diesem Haus, und so hatte sie kein Problem damit, in das Zimmer zu gehen, in dem ihre Mutter sich befand.
Rosmarie reagierte vollkommen anders als Heinz. Sie starrte die Besucherin an, bekam so etwas wie eine Schnappatmung, konnte nichts sagen. Doch sie fasste sich schnell, sprang auf, und im Gegensatz zu Heinz stürzte sie sich in Stellas Arme und schluchzte: »Stella, mein Mädchen, du glaubst überhaupt nicht, wie sehr ich diesen Augenblick herbeigesehnt habe. Warum hast du nicht angerufen? Stell dir vor, wir wären nicht daheim gewesen.«
Stella blieb stocksteif stehen, doch das bekam Rosmarie erst einmal nicht mit, zu groß war ihre Freude, ihre Tochter endlich zu sehen, sie in ihre Arme schließen zu dürfen.
»Ihr seid aber da«, kam es kühl aus Stellas Mund, dann machte sie sich aus der Umarmung ihrer Mutter frei, die jetzt ziemlich enttäuscht und frustriert war. Sie blickte Stella jetzt erst richtig an.
Die sah sehr verändert aus, hatte ihre Haare, die sie halblang und offen trug, auffallend rot färben lassen, ihre Gesichtszüge waren hart, ihre Figur war hager. Sie wirkte vollkommen verändert, nicht nur wegen des so anderen Aussehens, das so überhaupt nicht zu ihr passte.
Sie bat Stella, sich zu setzen. Stella setzte sich auf einen Stuhl, eher auf die Stuhlkante, ganz so, als sei sie auf dem Sprung. Dabei war sie doch gerade erst gekommen.
Rosmarie schluckte. Was hatte sie sich alles vorgestellt, vor allem die Begrüßung, und nun war alles ganz anders gekommen.
»Möchtest du gern einen Kaffee trinken? Etwas anderes. Ich kann dir auch einen sehr leckeren von Meta gebackenen gedeckten Apfelkuchen mit Sahne anbieten, und …«
Sie wurde von Stella unterbrochen.
»Ich bin nicht hergekommen zu einem gemütlichen Plausch, sondern weil ich eine Bitte habe.«
Bei Heinz quollen die Zornesadern an, doch noch hielt er sich wegen Rosmarie zurück. Er fand das Verhalten seiner Tochter unglaublich. Er konnte gerade noch damit umgehen, doch Rosmarie tat ihm leid. Man konnte mit ansehen, wie sie in sich zusammenfiel.
»Und was willst du?«, erkundigte er sich nicht gerade freundlich. Die Anzahl der Frauen in seinem Leben war überschaubar, und eigentlich richtig gezählt hatten nur Adrienne, diese Liebe mit unglücklichem Ausgang und viel später Rosmarie, die er geheiratet hatte. So war es auch erklärbar, dass das Aussehen von Frauen ihn nicht interessierte, er es auch nicht bemerkte.
Doch jetzt fiel ihm auf, dass Stella unmöglich aussah mit diesen roten Haaren, die ihr ausgemergeltes Gesicht geisterhaft aussehen ließen. Stella sah ja älter aus als ihre eigene Mutter! Alle Achtung, dass Heinz das auffiel!
Stella kam sofort zur Sache.
»Ich habe mich entschlossen, mit den Kindern nach Berlin zu gehen. Das ist in Deutschland die einzige Stadt, die für uns infrage kommt, alles andere wäre für uns ein Kulturschock, schließlich haben wir in Weltmetropolen gelebt.«
Rosmarie war nicht in der Lage, etwas dazu zu sagen, nicht nur dazu. Sie war wie gelähmt, starrte Stella an. Ihre Beziehung zueinander war nie besonders herzlich gewesen, aber irgendwie doch familiär. Jetzt hatte Rosmarie das Gefühl, eine Fremde zu sehen. Was das Äußerliche betraf, war Stella das ja auch.
Was Heinz fühlte, ob er etwas fühlte, war ihm nicht anzusehen. Er blieb ganz ruhig. »Okay, deine Entscheidung, Stella. Du bist doch jetzt nicht hergekommen, um uns dieserhalb um Rat zu fragen, nicht wahr? Du hast immer getan, was du wolltest, und was Ratschläge betrifft, bist du gegen alles beratungsresistent.«
Stella schlug ihre Beine übereinander, die waren wirklich schön, lang und schlank.
»Und daran wird sich auch nichts ändern, Papa.«
Rosmarie fürchtete einen Eklat, erkundigte sich: »Stella, möchtest du nicht doch etwas trinken?«
Heinz ignorierte das, ehe Stella dazu etwas sagen konnte, erkundigte er sich mit diesmal schärferer Stimme: »Stella, noch einmal, was willst du?«
Stella ließ die Katze aus dem Sack.
»Ihr habt doch in Berlin diese wunderschöne Eigentumswohnung, und in die möchte ich mit den Kindern ziehen. Es ist genau das, was ich mir für uns vorstelle.«
Heinz Rückert war nicht so leicht aus der Fassung zu bringen, jetzt war er fassungslos, und es dauerte eine Weile, ehe er sagen konnte: »Stella, wie stellst du dir das vor? Die Wohnung ist langfristig vermietet, und wir erhalten wegen der bevorzugten Lage eine richtig gute Miete.«
»Die ihr nicht nötig habt«, wandte Stella ein, »ihr habt genug Geld, und mitnehmen kann keiner was. Und was den Mieter betrifft, da ist es kein Problem, den aus der Wohnung zu bekommen, dann klagt ihr halt auf Eigenbedarf.«
Rosmarie war fix und fertig, sie konnte nichts sagen, hatte alle Mühe, ihre Tränen zurückzuhalten, über die Stella vermutlich auch noch eine dumme Bemerkung gemacht hätte.
Was war bloß aus Stella geworden? Rosmarie war fassungslos. Sie war nicht gekommen, um ihre Eltern zu sehen, nein, sie wollte eine denen gehörende Wohnung. Und weil sie das wollte, sich in den Kopf gesetzt hatte, mussten die langjährigen Mieter halt heraus.
»Das werden wir nicht tun, Stella. Es sind ordentliche Mieter, die pünktlich ihre Miete bezahlen, und die bleiben in der Wohnung wohnen, solange sie wollen. Basta.«
Stella schnappte nach Luft.
»Ihr seid nicht auf die Miete angewiesen. Im Grunde genommen könntet ihr mir die Wohnung sogar als vorgezogenes Erbe übertragen.«
Es wurde immer besser!
»Wer sagt denn, dass es überhaupt etwas zu erben gibt?«, erkundigte Heinz sich mit immer noch erstaunlich ruhig klingender Stimme.
Stella blickte ihren Vater an.
»Es gibt doch nur Fabian und mich, nach unserem Tod die Kinder. Cecile muss nichts erben, das will sie ja auch überhaupt nicht, die Ramonds sind sehr reich. Für die ist doch das, was ihr besitzt, nicht mehr als Peanuts.«
Heinz bekam einen roten Kopf, blieb aber immer noch erstaunlich ruhig.
»Stella, ich weiß nicht, was du dir in deinem unbedarften Köpfchen ausgemalt hast. Es ist nicht zwangsläufig so, dass wir unser Vermögen an euch weitergeben müssen. Wenn wir Lust darauf haben, können wir einen Geflügelzüchterverein beglücken, ein Kinderheim, was auch immer.«
»Pah, mir kannst du keine Angst machen, ein Pflichtteil steht uns auf jeden Fall zu.«
Er nickte.
»Ja, Stella, von dem Vermögen, das am Ende noch vorhanden ist. Und ganz sicher wird das nicht so viel sein, um diesen Pflichtteil mit einer millionenteuren Eigentumswohnung in Berlins allerbesten Lage abzugelten.«
Stella hatte sich alles anders ausgemalt. Ihr war es gelungen, Fabian und Ricky so zu manipulieren, dass die nichts unternahmen, um sie aufzuregen. Vielleicht machten sie ja manchmal eine Faust in der Tasche, doch das war Stella so was von egal. Kampflos gab sie auch jetzt nicht auf, sie hatte schließlich noch etwas im Köcher, was ihre Eltern schon umstimmen würde.
»Und an die Kinder denkt ihr nicht?«, erkundigte sie sich mit beinahe versagender Stimme. »Deren Wohlergehen ist euch nicht so wichtig wie das Geld, das ihr für diese Wohnung bekommt?«
Rosmarie warf ihrem Mann einen Hilfe suchenden Blick zu, sie war drauf und dran, ihm zu sagen, dass sie doch alles unternehmen sollten, um Stellas Wunsch zu erfüllen, halt wegen der Kinder.
Heinz deutete den Blick seiner Frau schon richtig, doch er durchschaute Stellas Taktik, und das machte ihn erst so richtig wütend.
»Stella, die Kinder hättest du jetzt nicht ins Spiel bringen dürfen, und ich glaube auch nicht, dass deren Glück davon abhängt, in einer quirligen Großstadt zu leben. Die würden sich sehr viel wohler fühlen an Orten, die ruhiger sind, wo sie ungestört spielen können, wie beispielsweise unseren Sonnenwinkel. Du willst nach Berlin, und was die Kinder wollen, das ist dir dabei herzlich egal. Noch einmal, Stella, nein. Wir sind gern bereit, und da glaube ich auch für deine Mutter sprechen zu können, euch zu unterstützen. Wir können über alles reden, aber bitte, lass die Kinder aus dem Spiel, setze sie nicht als Waffen gegen uns ein.«
Stella sprang auf.
»Du kannst es nennen wie du es nennen willst. Für mich gibt es keine Alternativen. Ich möchte diese Wohnung, und wenn ich sie nicht bekomme, dann …«, sie machte eine kurze, bedeutsame Pause, und deswegen klangen ihre nächsten Worte wie Peitschenhiebe. »Dann werdet ihr die Kinder niemals mehr wiedersehen.«
»Stella, das kannst du nicht machen. Wir sind die Großeltern und haben die Kinder so entbehrt.«
Stella zuckte die Achseln.
»Tja, es gibt eine Alternative, entweder ich bekomme die Wohnung, oder ihr werden die Kinder weiterhin entbehren müssen. So einfach ist das.«
Rosmarie sank in sich zusammen, sie konnte sich nicht länger beherrschen.
Sie begann zu weinen. Seine Frau so hilflos zu sehen, machte Heinz wütend.
»Stella, du weißt, dass das eine Drohung ist, und glaube bitte nicht, dass ich das so einfach hinnehmen werde. Ich bin nicht deine Mutter, die nachgeben würde. Ich werde es durchziehen. Solltest du diese Drohung wahr machen und uns die Kinder entziehen, werde ich nicht nur einen Rechtsanwalt, sondern auch das Jugendamt einschalten, vortragen, wie du die Kinder manipulierst und wie du uns erpresst. Und ich werde mit Jörg sprechen, diesem großartigen Menschen. Ich weiß, dass der die Kinder sofort gern nehmen würde. Bei ihm könnten sie kindgerecht, vor allem an einem festen Platz aufwachsen, würden nicht von Kontinent zu Kontinent geschleppt.« Es war nicht sein Naturell, in erster Linie war Heinz Rückert abwägend, ruhig. Stella reizte ihn bis zur Weißglut.
Stella war jetzt ein wenig verunsichert, weil sie ihren Vater so nicht kannte. Hatte sie den Bogen überspannt? Hätte sie diplomatischer vorgehen sollen? Es war zu spät. Sie war auf jeden Fall clever genug zu wissen, dass es jetzt nichts mehr bringen würde zu bleiben. Es würde nur noch mehr eskalieren.
Sie stand auf.
»Ihr wisst, wo ihr mich findet. Und ich denke, dass ihr es euch noch überlegen werdet.«
In diesem Augenblick kamen Missie und Beauty aus dem Garten hereingestürmt. Es waren beide sehr freundliche Hunde, die an Menschen interessiert waren. Also stürzten sie sich auf Stella, sprangen zur Begrüßung an ihr hoch. Stella deutete das vollkommen falsch. Sie begann hysterisch zu schreien. »Haltet diese Köter von mir weg.«
Missie und Beauty wussten nicht, wie ihnen geschah, schon überhaupt nicht, dass sie jetzt wieder nach draußen gesperrt wurden. Sie blieben an der nun verschlossenen Terrassentür stehen, kratzten, ehe sie sich trollten.
»Was sollen denn die Köter hier?«, wollte Stella wissen, die sich wieder beruhigte, weil für sie keine Gefahr mehr bestand, die in Wirklichkeit nie bestanden hatte.
»Die gehören uns«, erklärte Rosmarie, »Beauty und Missie sind zwei ganz wunderbare Tiere, an denen wir sehr viel Freude haben.«
Stella konnte sich eine Bemerkung nicht verkneifen, die sie wohl besser nicht gemacht hätte. »Ihr seid also auf den Hund gekommen.«
»Keine Sorge, Stella«, bemerkte Heinz, »aber sag mal, bist du es? Hast du alles Geld, das Tante Finchen dir hinterlassen hat, bereits verpulvert? Wundern würde es mich nicht, diese ständigen Umzüge, und einen Beruf hast du ja auch nicht, mit dem du dich über Wasser halten könntest. Du hast ja nichts gelernt.«
Das war gemein!
Was war jetzt nur los mit ihm? Begab er sich auf das Niveau seiner Tochter?
»Tut mir leid«, lenkte er sofort ein, »doch gelogen habe ich ja nicht, und …«, er schaute sie an. »Stella, wenn du Geld benötigst, wir helfen dir und den Kindern.«
Das war ein sehr großzügiges, ernst gemeintes Angebot. Stella schlug es aus.
»Ist nicht nötig. Jörg zahlt für die Kinder wesentlich mehr, als er eigentlich zahlen müsste, und der Mann, mit dem ich nach Jörg zusammen war, war gleichfalls mehr als großzügig. Auch wenn ich nichts gelernt habe, so weiß ich doch, wie man den Männern das Geld aus der Tasche zieht.«
Rosmarie war entsetzt, sie schämte sich für ihre Tochter in Grund und Boden. Was war aus Stella geworden?
Heinz nahm alles viel gelassener.
»Nicht nur den Männern«, bemerkte er, was ihm einen strafenden Blick von Rosmarie eintrug. Das wäre jetzt doch nicht nötig gewesen. Die Stimmung war angespannt genug.
Stella wusste sofort, worauf ihr Vater anspielte.
»Ach, jetzt kommt wieder die Nummer mit Tante Finchen. Ich war es, die sich um sie gekümmert hat. Schon vergessen? Und demzufolge war es auch mehr als legitim, dass sie mich zu ihrer Alleinerbin einsetzte. Und was dieses Geld betrifft, keine Sorge, da ist noch genug davon vorhanden. Also, keine Sorge, ich bin nicht gekommen, um euch anzupumpen. Es geht mir einzig und allein um die Wohnung in Berlin, und die möchte ich haben, um jeden Preis. Die habe ich mir in den Kopf gesetzt. Wenn ihr also schlau seid, dann bekomme ich sie auch. Die Wohnung, oder ihr werdet die Kinder, eure Enkel, niemals mehr sehen. Dafür werde ich schon sorgen.« Sie schaute ihren Vater an. »Papa, du machst mir mit deiner Drohung keine Angst, nicht mit deinen Anwaltskollegen und mit dem Jugendamt schon überhaupt nicht. Den Kindern geht es gut. Sie sind nicht verwahrlost, sie bekommen die allerbeste Ausbildung, ich kümmere mich vor allem um sie, überlasse sie nicht wechselnden Kinderfrauen.« Das war ein Seitenhieb, der saß und der der armen Rosmarie auch heute noch Schuldgefühle verursachte. Vermutlich würde es auch immer so bleiben. Die Vergangenheit ließ sich nicht wegradieren. Leider. Aber man konnte lernen, damit umzugehen, zu verzeihen, wie Fabian es getan hatte. Doch davon schien Stella weit entfernt zu sein. Im Gegenteil, früher war sie die Umgänglichere gewesen, davon allerdings gab es keine Spur mehr.
Stella schaute ihre Eltern herausfordernd an.
Als weder von ihrem Vater noch von ihrer Mutter eine Reaktion kam, stand sie abrupt auf und sagte: »So, und jetzt gehe ich. Ihr wisst, wo ich vorerst noch zu erreichen bin. Gebt mir wegen der Wohnung Bescheid und das, bitte schön, zeitnah, okay?«
Besonders Heinz war anzusehen, dass er es nicht gewohnt war, dass so mit ihm, dem erfolgreichen, bekannten Notar gesprochen wurde. Er war drauf und dran, seiner Tochter ein paar entsprechende Worte zu sagen, die sich gewaschen hatten. Aus Rücksicht auf Rosmarie ließ er es bleiben, die einem nur leidtun konnte.
Stella war mit sich unzufrieden, sie hatte ihr Ziel nicht erreicht, und das machte sie wütend. Sie hatte ihre Kinder in die Waagschale geworfen und fest damit gerechnet, dass ihre Eltern darauf anspringen würden. Dumm gelaufen! Das machte sie sauer.
Rosmarie war wirklich vollkommen durch den Wind. Stella wollte jetzt tatsächlich gehen. War sie tatsächlich nur wegen der Eigentumswohnung gekommen, die sie sich in den Sinn gesetzt hatte? Gut, neu war eine derartige Verhaltensweise nicht, Stella hatte immer mit dem Kopf durch die Wand gehen wollen, wenn sie ein Ziel vor Augen hatte. Aber jetzt war es anders, sie hatten sich seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr gesehen, sie waren die Eltern. Man musste wirklich das Gemüt eines Fleischerhundes haben, wenn man so lieblos reagierte.
Rosmarie wollte nicht, dass Stella jetzt ging. Doch womit konnte sie ihre Tochter zurückhalten, die ja so stur war?
Essen, Trinken, das half nicht, das hatte Stella abgelehnt, die Eigentumswohnung, ja, das wäre ein Grund, doch das schied aus. Es war alles ganz furchtbar. Stella wollte gehen, ohne etwas über sich und die Kinder erzählt zu haben, über ihre Aufenthalte an allen nur möglichen Orten der Welt. Rosmarie konnte nicht mehr klar denken. Aber sagen musste sie etwas, auch wenn das eine Frage war, die sie wohl besser nicht gestellt hätte. Das zeigte Stellas Reaktion.
»Gehst du jetzt zu den Auerbachs?«
Die Antwort kam prompt und bestand lediglich aus einem einzigen Wort. »Wozu?«
Rosmarie schluckte, doch sie musste etwas dazu sagen. »Stella, Inge und Werner waren deine Schwiegereltern, mit denen du dich immer gut verstanden hast. Besonders Inge hat nach deiner Trennung von Jörg niemals schlecht über dich geredet. Du müsstest allein schon aus Höflichkeitsgründen kurz dort vorbeigehen, wenn du schon mal im Sonnenwinkel bist.«