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Die Kernfusion ist ein Hoffnungsträger für die künftige Energieversorgung. Es könnte einmal die aktuellen Probleme mit den CO2-Emissionen der heutigen fossilen Energieträger lösen. Aber es gibt noch viele Fragezeichen dahinter. Obwohl es schon vielversprechende Experimente in Versuchsreaktoren gab, ist die Kernfusion aktuell noch weit davon entfernt, einen stabilen Energieüberschuss zu erzeugen. Doch das Thema hat auf jeden Fall an Fahrt gewonnen. Es wird viel investiert und neben den staatlich geförderten Programmen und Reaktoren gibt es auch immer mehr Start-Ups, die sich dem Thema annehmen. Die Frage, welcher auch dieses Buch nachgeht, ist nur, wann wir mit dem ersten kommerziellen Einsatz rechnen können.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Die Texte dieses Buches entstammen zum großen Teil aus Quellen im Internet, die lückenlos im Anhang angegeben sind.
Texte: © 2023 Copyright by Udo Fehring
Umschlag: © 2023 by Eric Kinting
Verantwortlich
für den Inhalt:
Udo Fehring
Gierather Str. 82
51469 Bergisch Gladbach
Da die Menschheit immer weiterwächst und ebenfalls der Wohlstand unter großen Teilen von ihr, nimmt auch der Energiehunger immer mehr zu. Zu nennen sind hier in erster Linie Länder wie China und Südkorea. Die Wissenschaft hat errechnet, dass sich der weltweite Energieverbrauch seit 1973 mehr als verdoppelt hat und sich bis Ende des Jahrhunderts sogar verdreifachen könnte.
Gleichzeitig sollten fossile Energieträger mittelfristig komplett verschwinden und in einigen Ländern, wie z.B. Deutschland auch die Kernkraft.
Das würde bedeuten, dass andere Energieträger die bisherigen ersetzen müssen und das in einem noch viel größeren Ausmaß.
Die regenerativen Energieformen wie Solar- und Windenergie sind dabei leider nicht in der Lage, diese Rolle komplett auszufüllen.
Dazu kommt noch grüner Wasserstoff, der aber auf andere Art erstmal erzeugt werden muss.
Die Frage ist dann: Welche Energieform ist in der Lage, derart viel Energie zu produzieren, um damit auf lange Sicht Milliarden Menschen versorgen zu können?
Und hier kommt nun die Kernfusion ins Spiel, die eine saubere und praktisch unerschöpfliche Energiequelle verspricht. Natürlich gibt es hier, wie bei fast allen Energieformen, sehr unterschiedliche Meinungen: die einen sprechen von DER Energiequelle der Zukunft, für die anderen ist es nur ein riesiges Kostengrab: Weil die Fusionsforschung immer noch ziemlich weit weg ist von einem Strom produzierenden Kraftwerk, sprechen manche sarkastisch schon von der Fusionskonstante: Die Stromerzeugung durch einen Fusionsreaktor liege immer dreißig oder gar fünfzig Jahre in der Zukunft.
Ich möchte in diesem Buch zwei Ziele verfolgen:
1) zum einen dem Leser die Prinzipien der Kernfusion in einigermaßen einfachen Worten wiederzugeben
2) zum anderen den Stand der Forschung zu erläutern und ebenfalls die noch anstehenden Herausforderungen bis zu einer möglichen -wirtschaftlich konkurrenzfähigen - kommerziellen Nutzung der Kernfusion.
Am Ende darf der Leser dann entscheiden, ob ich die mir gesteckten Ziele erreicht habe.
Fusionsenergie in Form von Wärme entsteht, wenn leichte Atomkerne zu einem neuen Kern verschmelzen. Das passiert natürlicherweise jedoch nur bei Bedingungen, wie sie etwa in der Sonne herrschen. Kernfusionsreaktionen sind auch die Ursache dafür, dass die Sonne und alle leuchtenden SterneEnergieabstrahlen. In der Sonne verschmelzen Protonen, die Atomkerne des Wasserstoffs, unter Energiefreisetzung zu Helium. Wenn im Kern der Sonne der Wasserstoff dann irgendwann knapp geworden ist, kontrahiert sie und es beginnt die Fusion von Helium. Dabei steigt auch ihre Temperatur. Größere Sterne erzeugen infolge ihrer Masse auch einen stärkeren Gravitationsdruck, wodurch Dichte und Temperatur höhere Werte erreichen und am Ende auch schwerere Elemente durch Fusion entstehen können.
Diese Voraussetzungen versuchen Wissenschaftlerinnen und Ingenieure seit Jahrzehnten auch technisch zu erreichen. Von entscheidender Bedeutung für das Zustandekommen einer Fusion ist die Wahrscheinlichkeit, dass zusammenstoßende Atomkerne miteinander reagieren. Ausreichend groß ist diese Wahrscheinlichkeit meist nur dann, wenn die beiden Kerne mit hoher Energie aufeinanderprallen. Diese ist nötig, um die elektrostatische Abstoßung zwischen den positiv geladenen Kernen zu überwinden oder ihr schmales Maximum zu durchtunneln. Bei einem Abstand von nur noch etwa 10 Billiardstel Meter überwiegt die Anziehung durch die starke Wechselwirkung und die Kerne verschmelzen miteinander.
Fusionsreaktionen können exotherm (Energie abgebend) oder endotherm (Energie aufnehmend) sein. Exotherme Fusionsreaktionen können die hohen Temperaturen aufrechterhalten, die nötig sind, damit die thermische Energie zu weiteren Fusionsreaktionen führen kann.
Allen Ansätzen gemeinsam ist, dass sie sich den Prozess zum Vorbild nehmen, mit dem die Sonne Energie erzeugt: In ihr fusionieren die Kerne von Wasserstoffatomen bei einem Druck von rund 200 Milliarden Bar und gut 15 Millionen Grad Celsius zu Helium. Unter diesen Bedingungen liegt die Materie als Plasma vor, das heißt, Elektronen und positiv geladene Atomkerne sind nicht mehr aneinandergebunden. Die hohe Temperatur gibt den positiv geladenen Kernen die nötige Geschwindigkeit, um die abstoßende elektrostatische Kraft untereinander zu überwinden. Der Druck in der Sonne verdichtet die Materie außerdem so stark, dass das Aufeinandertreffen zweier Atomkerne wahrscheinlicher wird. Technisch kann dieser Druck von 200 Milliarden Bar auf der Erde und damit ein Aggregatzustand des Plasmas nicht erreicht werden, weshalb in den Fusionsreaktoren weitaus höhere Temperaturen – nämlich rund 100 Mio. Grad Celsius - nötig sind, um Atomkerne zur Fusion zu bewegen.
Trotz oder gerade wegen des mühsamen Fortschritts bei staatlich geförderten Großprojekten arbeiten inzwischen auch zahlreiche Unternehmen an der Kernfusion. Denn die Aussicht auf unbegrenzte saubere Energie ist zu verlockend. So versuchen sich laut der Fusion Industry Association weltweit 33 Firmen an diesem Vorhaben. Dabei verfolgen sie teilweise grundlegend verschiedene technische Ansätze der Kernfusion und versprechen – ihren Investoren wie auch der Allgemeinheit – die baldige kommerzielle Nutzung der Fusionsenergie. Doch während die Start-ups sicherlich agiler sind als staatliche Projekte, stehen sie in puncto wissenschaftlich-technischer Machbarkeit oftmals auf weitaus wackligeren Füßen.
Geschichte der Kernfusion
Die erste beobachtete Fusionsreaktion wurde – lange vor der Kernspaltung – durch Ernest Rutherford (1871 – 1937) im Jahre 1917 bei Experimenten mit Alphateilchen entdeckt. Es zeigten sich Protonen relativ hoher Energie, die nur auftraten, wenn das bestrahlte Gas Stickstoff enthielt.
Diese Umwandlung von Stickstoff in Sauerstoff stand, wie der Alphazerfall selbst, im Widerspruch zur klassischen Theorie, nach der die elektrische Abstoßung zwischen den positiv geladenen Atomkernen nur mit ausreichend Energie überwunden werden kann. Erst 1928 konnte George Gamow solche Vorgänge auf der Basis der neuen Quantenmechanik mit dem sogenannten Tunneleffekt erklären.
Schon 1920 hatte Arthur Eddington aufgrund der genauen Messungen von Isotopenmassen durch Francis William Aston (1919) Fusionsreaktionen als mögliche Energiequelle von Sternen vorgeschlagen. Da aus spektroskopischen Beobachtungen bekannt war, dass Sterne zum Großteil aus Wasserstoff bestehen, kam hier dessen Verschmelzung zu Helium in Betracht. 1939 veröffentlichte Hans Bethe (1906 – 2005) verschiedene Mechanismen, wie diese Reaktion in Sternen ablaufen könnte.
Die erste im Labor gezielt durchgeführte Fusionsreaktion war der Beschuss von Deuterium mit ebenfalls Deuteriumkernen 1934 durch Mark Oliphant (1901 – 2000), Assistent von Rutherford, und Paul Harteck. Hier zeigte sich mal wieder, dass in der Wissenschaft manchmal die Praxis vor der von Hans Bethe veröffentlichten Theorie kommt.