Klar wie Kloßbrühe - Amy Lane - E-Book

Klar wie Kloßbrühe E-Book

Amy Lane

0,0

Beschreibung

Eine Geschichte aus dem Kuriosen Kochbuch Emmett Gant   hatte sich fest vorgenommen, seinem Vater eines Sonntags etwas sehr Wichtiges zu erzählen – doch sein Vater war gestorben, ehe er dazu kam. Jetzt, drei Jahre später, kann Emmett sich einfach nicht darüber klar werden, mit wem er zusammen sein soll – mit dem Mädchen mit den Apfelbäckchen und der wunderbaren Familie? Oder mit Keegan, seinem scharfzüngigen Nachbarn, der seine Familie nie besucht, aber Emmett sehr glücklich macht, wenn er nur auf einen Schwatz rüberkommt? Emmett braucht Klarheit.  Zu Emmetts Glück hat die Mutter seines besten Freundes ein Kochbuch, das ihm Erkenntnis und gutes Essen verspricht. Emmett ist fasziniert. Und als ihm das Kochbuch nach Hause folgt, beschließen Emmett und Keegan, das Rezept "Für Klarheit" nachzukochen. Was sich daraus ergibt, ist einerseits völlig klar, aber andererseits auch ein bisschen überraschend – vor allem für Emmetts Freundin. Emmett wird ganz scharf über seine Vergangenheit und die wichtigen Dinge, die er seinem Vater zu sagen versäumt hat, nachdenken müssen, wenn er das Rezept für Liebe jemals richtig hinkriegen will. 

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 147

Veröffentlichungsjahr: 2017

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Klar wie Kloßbrühe

 

Von Amy Lane

Eine Geschichte aus dem Kuriosen Kochbuch

 

Emmett Gant hatte sich fest vorgenommen, seinem Vater eines Sonntags etwas sehr Wichtiges zu erzählen – doch sein Vater war gestorben, ehe er dazu kam. Jetzt, drei Jahre später, kann Emmett sich einfach nicht darüber klar werden, mit wem er zusammen sein soll – mit dem Mädchen mit den Apfelbäckchen und der wunderbaren Familie? Oder mit Keegan, seinem scharfzüngigen Nachbarn, der seine Familie nie besucht, aber Emmett sehr glücklich macht, wenn er nur auf einen Schwatz rüberkommt?

Emmett braucht Klarheit.

Zu Emmetts Glück hat die Mutter seines besten Freundes ein Kochbuch, das ihm Erkenntnis und gutes Essen verspricht. Emmett ist fasziniert. Und als ihm das Kochbuch nach Hause folgt, beschließen Emmett und Keegan, das Rezept „Für Klarheit“ nachzukochen. Was sich daraus ergibt, ist einerseits völlig klar, aber andererseits auch ein bisschen überraschend – vor allem für Emmetts Freundin. Emmett wird ganz scharf über seine Vergangenheit und die wichtigen Dinge, die er seinem Vater zu sagen versäumt hat, nachdenken müssen, wenn er das Rezept für Liebe jemals richtig hinkriegen will.

Inhalt

Zusammenfassung

Widmung

Prolog: Staub zum Abendessen

Gegrillte Rippchen und Wiener Würstchen

Heißes, gebuttertes Popcorn

Gemischtes Menü

Bittermandel

Hamburger und Frosties

Rote-Bete-Porridge – Für Klarheit.

Mehr Bücher von Amy Lane

Biographie

Von Amy Lane

Besuchen Sie Dreamspinner Press

Copyright

Für Mate, Mary und die gesamte Brut. Und für Marie, RJ und Amber, weil einer Frau komische Sachen passieren können, wenn sie mit Freunden in der Lobby von Konferenzhotels rumhängt – und das hier war mit die beste.

Prolog: Staub zum Abendessen

 

 

EMMETT GANT stand in seinem Zimmer im Studentenwohnheim vor dem Spiegel und fragte sich, wie schwul er eigentlich aussah. Er hatte ein längliches, kantiges Gesicht und graue Augen, also sah er ganz allgemein nur … zuverlässig und friedfertig aus, ein schlichtes, grobknochiges Durchschnittsexemplar amerikanischer Männlichkeit.

Aber er wusste, dass er schwul war. Hatte das schon auf der Highschool gewusst, als er in seinen besten Freund Vinnie verknallt gewesen war. Wenn auch nur kurz – vor allem, weil Vinnie als Freund einfach viel zu toll war, um lange in ihn verschossen zu sein. Ein Freund von seiner Sorte schmuggelte sämtliche Mitglieder der Highschool-Blaskapelle nach dem letzten Heimspiel im strömenden Regen aufs Football-Feld, so dass sie trotzdem auftreten konnten. Ohne Instrumente – sie hatten einfach aus vollem Halse gesungen. Ein Freund von seiner Sorte fuhr mal eben in seinem altersschwachen Mini-Cooper von Chico bis Sacramento und kreuzte bei einem im Wohnheim auf, ein Fässchen Bier im Kofferraum, nur weil er mit einem an den Strand gehen wollte, Sauerteigbrot essen und Mädchen angucken.

Ein Freund von seiner Sorte half Emmett über ein gebrochenes Herz hinweg, ohne zu fragen, wer es ihm gebrochen hatte. Nicht einmal, ob es eine Frau oder ein Mann gewesen war.

Ein Freund von seiner Sorte war eher sowas wie ein Bruder, aber kein Freund, in den man verknallt war. Nicht mehr.

Emmett hatte den Freund, in den man verknallt war, erlebt und sich das Herz gebrochen. Aber er hatte es seither geschafft, seine Zensuren wieder aus dem Keller zu holen. Und er hatte auch ein bisschen was von dem Gewicht wieder drauf, das er damals verloren hatte.

Und jetzt war es an der Zeit, seinem Vater zu sagen, warum er drei Monate lang ausgesehen hatte wie durchgekaut und ausgespuckt. Denn im Moment gab es außer ihm nur zwei Menschen auf der Welt, die das wussten, und die würden kein Sterbenswörtchen sagen.

Ob er nun schwul aussah oder nicht, sein sandfarbenes Haar würde deshalb weder dichter noch interessanter werden, befand Emmett. Es war Zeit zum Gehen. Er zückte sein Smartphone und tippte auf das Bild seines Vaters. Ira Gant hatte ein Bauerngesicht, obwohl er in einer Fabrik gearbeitet hatte – also war es ihm wohl einfach bestimmt gewesen, so ein Gesicht zu haben. Grobknochig wie Emmett, aber so ernst, als sähe er immer eine grimmigere Version der Welt vor sich, als Emmett sie sich vorstellen konnte. Sein Bild in Emmetts Handy war kein bisschen anders.

„Hey, Dad? Du bist anscheinend draußen beim Rasen mähen. Wie auch immer, ich wollte dich bloß daran erinnern, dass ich heute Abend zu Essen komme, okay? Ich koch‘ uns was– du kriegst es bestimmt langsam über, immer auswärts zu essen. Also bis dann.“

Emmetts Vater hatte nichts gesagt … naja, er sagte eigentlich nie was, aber Emmett hatte mitgekriegt, dass es seinem Dad gefiel, wenn er kochte. Als er ungefähr sechs war, hatte er in einem Schnellkochtopf Popcorn zu machen versucht, weil er allein zuhause war und Hunger hatte, und sie hatten zwar eine Popcornmaschine, aber an die war er nicht rangekommen. Er hatte sich glücklicherweise weder umgebracht noch die Küche in die Luft gejagt, aber der Deckel des Schnellkochtopfs hatte sich verklemmt, und als sein Vater nach Hause kam, hatte Emmett weinend vor dem Schnellkochtopf gestanden, weil er solchen Hunger hatte und das ganze Popcorn da drin war und er den Deckel einfach nicht aufkriegte.

Danach hatte sein Vater ihm gezeigt, wie man Nudeln kocht und Mac’n Cheese und sogar Eintopf aus Dosenbohnen mit Würstchen drin. Emmett war es, der das Kinder-Kochbuch in der Bücherei fand, und dann hatte Vinnies Mutter Flora ihm durch die einfachen Rezepte geholfen.

Emmett hatte eine Kochplatte und einen Mini-Kühlschrank in seiner Studentenbude, aber einmal in der Woche und an Feiertagen fuhr er zu seinem Dad nach Hause und kochte Sachen wie Chicken Cacciatore und Schweinebraten mit neuen Kartoffeln, und zwar richtig gern. Er wollte das nicht beruflich machen, aber seinem Dad eine Art greifbaren Beweis dafür geben zu können, dass Emmett dankbar für seine Erziehung war: das war wichtig.

Emmett konnte sich nicht an seine Mutter erinnern – sie hatte ihn und seinen Vater verlassen, ehe Emmett in den Kindergarten kam – aber Emmetts Dad war … nun ja, er war da gewesen. Er hatte ihn in den Arm genommen, wenn er weinte – ihm allerdings nie irgendwelche Ratschläge gegeben, wie man wieder damit aufhört. Und er hatte versucht, dafür zu sorgen, dass Emmett als gesundes Kind aufwuchs, auch wenn er dann erst nach nebenan zu Vinnie und seiner Familie gehen musste, um zu lernen, wie man als glückliches Kind aufwuchs. Nein, besonders mitteilsam war Ira Gant wahrhaftig nicht, aber Emmett war sich trotzdem irgendwie sicher, dass sein Daddy ihn liebte.

Zum einen saß sein Dad jeden Sonntag auf der vermodernden Holzveranda vor dem alten, stuckverzierten Haus und wartete auf Emmett, wenn er ankam, selbst wenn es schon fast Sommer war und brütend heiß draußen.

An diesem speziellen Tag Mitte April sollte es nicht über sechsundzwanzig Grad geben, daher war Emmett nach der zweistündigen Fahrt überrascht, seinen Vater nicht auf der Veranda vorzufinden. Das Haus sah aus wie immer – der Verputz war beschädigt und platzte ab, die Veranda gehörte gestrichen, und das Dach stürzte wahrscheinlich bald ein – aber Emmetts Dad war nirgendwo zu sehen.

„Dad? Dad!“ Emmett klopfte an die Tür, hörte aber nichts. Er musste seinen Schlüssel benutzen, um reinzukommen, da noch abgeschlossen war, und sein Vater hatte weder die Klimaanlage an noch die Fenster offen.

Das Haus roch … übel. Komisch. Wie ein wissenschaftliches Experiment, das zu lange in der Petrischale geblieben war, oder wie die Socken seines derzeitigen Mitbewohners.

Als wäre etwas Organisches, Tierisches dem Verfall überlassen worden.

Bis er beim Schlafzimmer seines Vaters war, wusste er schon, was er finden würde, aber das machte es auch nicht einfacher.

Später, nachdem er einen Krankenwagen gerufen hatte und die Leiche seines Vaters abgeholt worden war, würde der Arzt ihm sagen, dass es ein schwerer Herzinfarkt gewesen war. Doch das machte es nicht einfacher, seinen Vater zu finden, mit offenen, milchig-trüben Augen, blau im Gesicht, mit schwarzer Zunge, tot in demselben Bett, in dem er schon geschlafen hatte, als Emmett noch ein kleiner Junge war.

 

 

DAS BEGRÄBNIS war eine ruhige Angelegenheit. Dads Kollegen aus der örtlichen Lehmfabrik tauchten auf, sichtlich nüchtern und voller Unbehagen. Emmett hatte den Eindruck, dass sie seinen Vater wahrscheinlich später betrauern würden, bei einem Bier und in sehr viel bunteren Farben, wenn sie nicht mehr ums Grab herumstanden.

Vinnie, seine Eltern und seine ganze Familie waren da.

Sie brachten Farbe rein, und sie brachten die ganzen Blumen mit, und jeder einzelne von ihnen trat vor und sagte was Nettes über Emmetts Vater. Sie redeten davon, wie er immer Cola zu den Familienpicknicks mitgebracht hatte, wenn er eingeladen war, weil das das einzige war, was sie von Vinnies Mutter nie kriegten. Sie redeten davon, wie oft er etwas zurückgebracht hatte, was eine von Vinnies Schwestern verloren hatte – ein Haarband, eine Puppe, einen Rucksack – und wie er einmal eine ganze Nacht damit verbracht hatte, nach dem Kätzchen von Cecily, der jüngsten Schwester, zu suchen, als es weggelaufen war. Cecily, inzwischen ein schöner, dunkelhaariger, dunkeläugiger Teenager, trat weinend vor und erzählte allen, dass er ihr Kätzchen überfahren gefunden hatte, aber dann hatte er am nächsten Tag ein ähnlich aussehendes aus dem Tierheim geholt und es ihr unterzujubeln versucht.

„Mom und Dad hatten es mir schon gesagt, aber wir haben beide trotzdem einfach so getan als ob, wisst ihr? Ich hab‘ so getan, als wüsste ich’s nicht, und er hat so getan, als ob es wirklich Snuffles wäre, und Snuffles der Zweite lebt heute immer noch in meinem Zimmer.“

So hatten alle was Nettes über Emmetts Dad zu sagen.

Emmett stand auf und sagte: „Dad …“ Dad, ich bin schwul. Dad, ich bin schwul und hab‘ dir das nie gesagt. Ich bin schwul, und mein erstes gebrochenes Herz hätte mich fast umgebracht, und ich weiß nicht, ob ich schwul sein und mir das Herz brechen lassen und ein Mann sein kann, wenn du nicht zuhause auf der Veranda bist , bereit, einfach nur mein Dad zu sein. „Dad, wir hätten uns so viel zu sagen gehabt. Und alles, was wir hatten, war Schweigen. Ich weiß, dass da oft ein ‚ich liebe dich‘ in diesem Schweigen war – und das wird reichen müssen.“

Auf dem Rückweg vom Grab zum Haus von Vinnies Mutter, wo es den Riesenempfang mit dem vielen Essen geben würde, nahm Vinnie ihn beiseite.

„Sieh mal, ich weiß, dass er’s nicht gesagt hat, aber er hat dich geliebt.“

Emmett nickte. Er hatte den Tag bisher trockenen Auges überstanden – vielleicht, weil er die ganze Hysterie schon hinter sich gebracht hatte, als er seinen Vater fand. „Ich weiß“, sagte er. Seine Stimme klang trocken und abwesend.

„Nein – ich meine, weißt du noch, wie du früher immer bei uns auf der Veranda aufgekreuzt bist?“

Emmett nickte. Natürlich. Vinnies Eltern hatten ihn mit großgezogen.

„Na ja, du bist einfach los und rübergekommen. Und wenn meine Mom dich gefragt hat, ob dein Vater weiß, dass du bei uns bist, hast du bloß mit der Achsel gezuckt, stimmt’s? Also hat sie mich oder eins von den Mädels rübergeschickt und ihm Bescheid sagen lassen, dass du okay bist. Und jedes Mal mussten wir nur bis zum Zaun gehen, und da stand er dann und hat auf der Veranda nach dir geguckt. Er hat immer gewusst, wo du bist, Emmett. Weißt du … ich glaube … manchmal hat er einfach gedacht, du wärst bei uns besser aufgehoben als bei ihm.“

Und das waren dann die ersten Tränen, die Emmett beim Begräbnis seines Vaters vergoss.

Aber da dachte er auch zum letzten Mal: Ich bin schwul. Und mir ist das Herz gebrochen worden. In diesem Moment schien das nicht allzu wichtig zu sein.

Er hätte wissen müssen, dass es das Wichtigste überhaupt war.

Gegrillte Rippchen und Wiener Würstchen

 

 

BEI EMMETTS Freund Vinnie gab es die besten Familientreffen.

Emmett, der als Einzelkind mit seinem Vater aufgewachsen war, hatte ihn immer darum beneidet.

Wenn der vierte Juli kam, hatten Emmett und Vinnie immer Stühledienst und machten im Garten alles für die Verwandtschaft bereit, über hundert Leute, von denen nicht mal Vinnie alle kannte. Der Swimmingpool wurde für die Kinder aufgefüllt und gereinigt, und Bäume mussten gestutzt werden, so dass keine Blätter in den Pool oder auf irgendwelche Köpfe oder womöglich in die Riesenkübel mit dem Essen fallen konnten, das sämtliche weiblichen Verwandten von Vinnie mitbrachten oder in der Küche zubereiten halfen.

Emmett und sein Vater waren immer eingeladen, und für Emmett war es wie Weihnachten, wenn er mit den anderen Kindern rumrennen und Wunderkerzen schwingen und im Pool spielen durfte. Nein, besser. An Weihnachten bekam Emmett Geschenke, aber beim Familientreffen bekam er Familie.

Emmetts Vater war während Emmetts letzten Studienjahrs gestorben, und im vergangenen Jahr hatte Vinnie Angela geheiratet, und dieses Treffen kam ihm besonders wichtig vor. Christine, seine feste Freundin, konnte nicht dabei sein – sie musste arbeiten, und da sie Emmett an Weihnachten mit zu ihren Eltern nehmen wollte, hatte Emmett sich gedacht, dass er auch allein gehen konnte.

Außerdem stand er der ganzen Sache mit Weihnachten überraschenderweise ziemlich zwiespältig gegenüber, wusste aber nicht, was er dagegen tun sollte.

Stattdessen stürzte er sich unter Anleitung von Vinnies Mutter Flora in die Vorbereitungen fürs Familientreffen, und schließlich, nachdem er geholfen hatte, das Schwein in die Grillgrube und die Hochrippe in den Slow-Cooker zu packen, wurde er ihr Helfer in der Küche.

„Okay, also sechseinhalb Tassen warmes Wasser in die Schüssel“, sagte Flora. Sie machte grade irgendwas Kompliziertes mit einem Fleischwolf und den Zutaten für eine Farce, obwohl es mitten im Juli war. Emmett wusste jedoch, wie ihre Farce für den Vierten Juli schmeckte, und hatte überhaupt nichts dagegen.

„Erledigt“, sagte er gleich darauf.

„Drei Esslöffel Hefe.“

Emmett schaute in die braune Dose und versuchte, nicht daran zu denken, dass Hefe ein lebender Organismus war, der nur darauf wartete, aus dem Dornröschenschlaf geweckt zu werden. Er kippte die kleinen Biester ins warme Wasser und sagte: „Erledigt.“

„Gut, jetzt drei Esslöffel Salz – umrühren, bis es sich aufgelöst hat.“

„Erledigt!“

„Und jetzt dreizehn Tassen Mehl.“

Emmett grinste sie an, eine schlanke Frau mittleren Alters mit ergrauendem schwarzem Haar und Hängebusen unter einer geblümten Schürze, die wahrscheinlich schon ihre Mutter getragen hatte. Ihre fünf Kinder waren schon seit dem Kindergarten und noch länger ein fester Bestandteil von Emmetts Leben. „Das geht aber nicht so schnell“, sagte er sofort.

„Ich weiß. Ist doch gut. Dann können wir uns unterhalten. Jetzt erzähl mir von diesem Mädchen.“

Emmett begann gewissenhaft Tassen voll Mehl abzuzählen. „Sie ist nett“, sagte er vage. „Du würdest sie mögen.“

Flora würde Christine lieben. Christine kam aus einer großen Familie, sie war lieb und frech und kochte gern.

„Ja? Was würde ich denn an ihr mögen?“

„Sie hat viele Geschwister. Glaubt an große Familien. Du weißt schon. Emmett kriegt eine große Familie.“

Er lächelte glücklich, während er das Mehl in den immer dicker werdenden Teig rührte, denn er wollte diese Familie unbedingt.

„Emmett hat uns.“ Flora klang nicht so glücklich, wie Emmett gehofft hatte. „Mir wär’s lieber, wenn Emmett ein Mädchen hätte, mit dem er Babys machen will.“

„Igitt!“, rief Emmett, und dann hielt er den Löffel hoch, an dem ein matschiger Teigklumpen klebte. „Der ist, äh, zu feucht. Ich glaube, ich brauch‘ noch zwei Tassen, findest du nicht?“

„M-hm.“ Flora sah zu, wie er das Mehl reingab, die sonst so üppigen Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst. „Bitte lüg mich nicht an, Emmett.“

Emmett schaute weg. „Würde mir nicht im Traum einfallen“, log er.

„Außerdem weiß ich zufällig, dass Jordyn auch ein Männername ist “, sagte sie in einem Tonfall, der „erzähl‘ mir keinen Scheiß“ bedeutete, und Emmett knetete den Teig mit unnötiger Kraft.

„Ist ein Frauenname“, sagte er.

„Genug geknetet, sonst ruinierst du mir noch das Brot. Leg das Tuch hier über die Schüssel und stell‘ sie da drüben in die Ecke.“

Emmett gehorchte und überlegte dabei, wie er sich da wieder rauswinden sollte. Zu Anfang seines vorletzten Studienjahrs war er mit dem Bus von Sacramento nach Chico gefahren, nur um an Floras Tisch zu Abend zu essen, ehe er am nächsten Tag seinen Vater besuchen ging. Er hatte nicht gesagt, warum er kam, hatte nur Vinnie gefragt, ob seine Mom etwas dagegen haben würde.

An diesem Abend, als er sich gerade in Vinnies Zimmer zum Schlafen fertig machte, kam Flora mit einer zusätzlichen Decke herein.

„Du siehst echt schlimm aus“, sagte sie leise. „Wer hat dir das Herz gebrochen?“

Emmett sagte den Namen, ohne nachzudenken. „Jordyn.“

„Was hat sie gemacht?“

Also hatte er ihr die ganze Geschichte erzählt. Davon, einem anderen Menschen ein Studienjahr lang immer näher zu kommen, bis man an eine gemeinsame Zukunft glaubte und sich gegenseitig versprach, die Beziehung gleich zu Beginn des nächsten Semesters wieder aufzunehmen.

Und von unerwiderten Anrufen und SMS, und davon, aus den Ferien zu kommen und feststellen zu müssen, dass der Mensch, den man zu lieben geglaubt hatte, jetzt mit jemand anderem zusammen war und alle Welt sie für das perfekte Paar hielt.

Er hatte Vinnies Mom alles erzählt …

Mit Ausnahme von ein, zwei winzig kleinen Details.

Und außer Flora hatte kein Mensch davon gewusst, nicht einmal Emmetts Vater, den Emmett einmal pro Woche besuchte. Das blieb auch so bis Weihnachten, als Emmett Vinnie die Geschichte erzählte. Da war es ihm schon ein bisschen besser gegangen; er war nicht mehr ganz so dünn und verstört gewesen, und Vinnie hatte ihn brüderlich umarmt und ihm von Angela erzählt.

Und niemand hatte diese ein, zwei winzig kleinen Details je hinterfragt. Bis jetzt.

„Emmett?“, sagte Flora freundlich.

„Was soll ich als nächstes machen?“, fragte Emmett mit einem Lächeln, das Bereitwilligkeit signalisierte. Er hatte ein gutes Lächeln – sein Gesicht war ziemlich unscheinbar, knochig, mit langen Kinnbacken und Zähnen, die nicht ganz so weit vorstanden, dass er eine Spange gebraucht hätte – aber wenn er lächelte, wusste er, dass seine vollen Lippen die Härte minderten, den Eindruck seiner leicht schiefen Zähne auslöschten, ihn schön machten.