Kleiner Seelenschatz - Katharina Lindner - E-Book

Kleiner Seelenschatz E-Book

Katharina Lindner

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Beschreibung

Dieses Büchlein bietet fantasievolle Ideen und Impulse, um das eigene Selbstvertrauen zu steigern, fürsorglich auf die eigenen Bedürfnisse zu achten und mehr Mut zu gewinnen. Die Autorin stellt dir Gefühle wie Angst, Wut oder Neid als hilfreiche Begleiter zur Seite und zeigt dir, wie man seine eigenen Grenzen wirksam verteidigt. Neben leicht umsetzbaren praktischen Übungen enthält das Buch auch Exkurse zu Krafttieren, stärkenden Pflanzen, Düften und Gewürzen sowie zahlreiche Vorschläge, wie man im Alltag achtsam und liebevoll mit sich selbst umgeht. Farbige Collagen vervollständigen den Ausflug in die Welt der Selbstliebe.

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Seitenzahl: 206

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Wenn es einen Glauben gibt,

der Berge versetzen kann,

so ist es der Glaube

an die eigene Kraft.

Marie von Ebner-Eschenbach

Liebe Leserin, lieber Leser,

es ist nicht einfach, in unserer schnelllebigen, überkomplexen und durchaus komplizierten Welt nahe bei sich selbst zu bleiben. Zwar wünscht sich jeder ein erfülltes, glückliches und erfolgreiches Leben, doch die Realität sieht oft nicht einmal halb so schön aus wie die Vorstellung. Die Wahrheit ist: Wir alle scheitern, machen Fehler, gehen Irrwege, enden in Sackgassen. Wir geben unser Bestes und manchmal ist das einfach nicht genug. Oft erreichen wir unsere Ziele nicht und werden dem Bild, das wir von uns selbst haben, nicht gerecht. Manchmal liegt das an äußeren Umständen oder anderen Menschen – manchmal ist es aber auch in uns selbst begründet. Wir sind eben keine Maschinen, die tadellos funktionieren, sondern Menschen mit Gedanken, Gefühlen, Träumen, Hoffnungen und Ängsten. Und die Herausforderungen des Lebens sind manchmal mehr, als wir zu bewältigen vermögen.

Das ist in Ordnung! Wir können trotzdem ein erfülltes, glückliches und erfolgreiches Leben führen, denn letzten Endes kommt es allein darauf ein, wie sich „erfüllend“, „glücklich“ und „erfolgreich“ für uns definieren und wie wir zu uns selbst stehen. Ob wir uns gut behandeln. Ob wir mit unseren Werten und unseren Vorstellungen von der Welt im Einklang sind.

Natürlich kennen wir alle diese unangenehmen Momente voller Unsicherheit und Zweifel an unseren eigenen Fähigkeiten. Stellen uns hin und wieder – manchmal zu oft – die Frage, ob wir okay sind, so, wie wir sind, oder ob es etwas an unserem Äußeren, unserem Charakter, unseren Handlungen, Entscheidungen oder unseren Einstellungen zu verbessern gibt.

Vergiss diese Art von Selbstoptimierung! Sie kann niemals zum Ziel führen, weil das Ziel unerreichbar ist. Und sie ist auch nicht erstrebenswert, denn gerade mit unseren Kanten und Macken, ausgerechnet in unserer fehleranfälligen Einzigartigkeit sind wir genau so, wie das Leben sich uns gedacht hat. Wir sind okay. Wir müssen es nur endlich glauben und im Alltag danach handeln!

Mit diesem Büchlein möchte ich dir Gelegenheit geben, dir ein paar schöne Stunden mit dir selbst zu schenken, herauszufinden, wer du bist und dich mit einigen Gefühlen, unter denen du vielleicht zuweilen leidest, zu versöhnen.

Ich zeige dir, wie Selbstvertrauen entsteht, warum es manchmal fehlt und wie du es stärken kannst. Ich stelle dir kreative, lebendige und vielfältige Wege vor, um dich gut um dich selbst zu kümmern und damit der heutzutage so wichtigen Selbstfürsorge nachzukommen. Ich bin die Stimme, die dir leise flüsternd versichern wird, dass du wirklich okay bist.

In vielen, darunter sehr guten Büchern rund um diese Fragen, findest du ausführliche und zahlreiche Informationen und Übungen, die dir die Sachverhalte erklären, mit dir diverse Schritte umsetzen und gute Erfolge dabei erzielen. Dieses Buch hat nicht den Anspruch, wissenschaftlich, sachlich oder vollständig zu sein: Es ist weder ein Informations- noch ein Ratgeber! Es soll eine warme Decke für dich sein, in die du dich einhüllen und unter der du dich beim Lesen geborgen fühlen kannst. Es soll all deine Sinne erfreuen, deinen Alltag mit kleinen, leicht umsetzbaren Ideen verbessern und dich zu dir selbst zurückführen.

Vertraue darauf, dass du den Weg kennst! Ich gehe ihn an deiner Seite, wenn du möchtest – doch Wegweiser brauchst du kaum, denn deine Intuition weiß genau, welche Richtung sie einschlagen soll. Du musst nur einen Moment still genug werden, um sie zu hören!

Vertraue den Antworten, die in dir selbst liegen und nur darauf warten, in dir aufzusteigen. Und kuschle dich in meine Worte, die sich wie ein mitfühlender und stärkender Begleiter auf diese spannende kleine Reise mit dir machen.

Im Grunde erzähle ich dir mit diesem Buch die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, als säßen wir einander gegenüber auf dem Sofa, vielleicht mit einem heißen, duftenden Tee, ungestört und mit viel Zeit zur Verfügung. Wir sprechen miteinander, erzählen, quatschen, reden und kommen von Hölzchen auf Stöckchen. Und nach unserem Gespräch fühlen wir uns verstanden, geborgen und energiegeladen! Ist es nicht wunderbar, auf eine solche Weise selbst Energie erzeugen zu können – oder zu wissen, woher man sie erhält, wenn sie gerade fehlt?

Ich lade dich dazu ein, die Räume deiner eigenen Gedanken zu entfalten und ihnen nachzuspüren. Suche nach guten Gedanken wie Hänsel nach den Kieselsteinen, um deinen Weg zurück nach Hause zu finden.

Viele Freude bei der Lektüre und mit den Collagen, die dein Auge erfreuen und für dein Herz eine tiefe Berührung sein mögen.

Was du im Buch findest:

Kleine Kreativ-Aufgabe: Gestalte ein begleitendes Notizbuch

Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl: Welches Bild hast du von dir?

Selbstvertrauen: Was traust du dir selbst zu?

Selbstliebe: Wie sehr liebst du dich?

Selbstfürsorge: Passt du gut auf dich auf?

Kleine Kreativ-Aufgabe: Sammle deine Talente im Ich-kann-Glas!

Kleine Kreativ-Aufgabe: Sammle Erfolge im Schon-erreicht-Glas!

Gesund und lecker: Rezept für Hildegard-Kraftkekse

Starke Begleiter: Von Krafttieren und wie sie dir helfen

Ein Duft, der stark macht: Rezept für festes Parfüm mit Wirkung

Wärmend, nährend, tröstend: Mein Haferbrei-Geheimrezept

Nicht nur schön anzusehen: Welche Blumen dir Kraft geben

Werte, Prinzipien und Überzeugungen: Bleib authentisch!

Trau dich einfach mal! Angst in Mut verwandeln

Nutze deine Energien! Wut als Helfer und Ratgeber

Das viel grünere Gras fremder Leute: Wie gesunder Neid dich ins Handeln bringt

Scheitern und Versagen

Der Umgang mit eigenen Schwächen

Wenn der eigene innere Kritiker lärmt

Wenn du von Anderen kritisiert wirst

Nein heißt Nein! Grenzen setzen und verteidigen

Booster für dein Selbstvertrauen: Hilfreiche Übungen und Tipps

Hinweis:

Wenn du Symptome einer psychischen Krankheit im klinischen Sinn zeigst, helfen meine Tipps dir nicht weiter, Im Gegenteil könnten sie deine Situation noch verschlimmern. Du brauchst in einem solchen Fall unbedingt einen professionellen Ansprechpartner in Form eines Therapeuten, Psychologen oder Arztes.

Bildverzeichnis:

Einzigartig

Draußen

Blick aus dem Fenster

Traumzeit

Ewiger Frühling

Kuscheliger Ort

Weise

Schatzsucher

Geborgen

Etwas wagen

Kleine Kreativ-Aufgabe:

Gestalte ein begleitendes Notizbuch

Es könnte gut sein, dass dich die Texte, Bilder und Übungen in diesem Buch animieren, deine eigenen Gedanken dazu festzuhalten. Vielleicht bekommst du beim Lesen und Betrachten Lust, eigene Ideen zu notieren oder deinen Gefühlen auf den Grund zu gehen. Ich kann dir nur von Herzen dazu raten, denn alles, was du schriftlich festhältst, verankert sich tiefer in deinen Gedanken und zudem kannst du jederzeit darauf zurückgreifen.

Wenn du dann mal wieder einen dieser schlechten Tage hast, dann brauchst du nur dein Notizbuch aufzuschlagen und ein bisschen darin zu lesen, und schon wirst du dich besser fühlen.

Aus diesem Grund ist natürlich die erste Aufgabe, die dieses Büchlein dir vorschlägt, die Anschaffung und Gestaltung eines hübschen Tagebuchs. Keine Sorge, du musst nun nicht täglich oder regelmäßig darin schreiben, du „musst“ oder „sollst“ überhaupt nichts, wie wir noch besprechen werden. Du solltest das Büchlein einfach parat haben, falls dich während oder nach der Lektüre die Lust überkommt, es zu nutzen.

Im besten Fall ist es persönlich und individuell gestaltet, weil es dann noch mehr Freude bereitet, darin und damit zu arbeiten.

Als Begleitbuch zum Schreiben eignet sich jede Art von Heft oder Buch, am besten nicht so groß und gut in der Hand liegend. Du kannst ein klassisches Schulheft nehmen oder dir ein schönes, hochwertiges Notizbuch besorgen. Entscheide intuitiv, wie dick es sein soll, ob es Linien, Punkte, Kästchen oder Blankoseiten braucht, (Letzteres ist nützlich, falls du auch darin malen, zeichnen und skizzieren möchtest, eine Lineatur erleichtert dir hingegen das Schreiben), und wie es letztlich aussehen soll. Vielleicht magst du dein Notizbuch in einen bunten Umschlag oder Geschenkpapier hüllen? Es bemalen, bekleben, mit Bildern oder Fotos schmücken, die dir am Herzen liegen? Hast du Lust, Zitate, die dich berührt haben, einzubringen? Schmuckelemente, Aufkleber, Verzierungen zu verewigen?

Gestalte dein Notizbuch nach Herzenslust und vergiss nicht, schließlich deinen eigenen Namen auf dem Cover anzubringen. Denn dieses Notizbuch ist DEIN Begleiter und das darf man auch von außen erkennen!

Mit dieser Aufgabe, ein Begleitbuch zu gestalten, hast du bereits das getan, worum es hier gehen soll: Selbstfürsorge geübt.

EinzigartigWeißt du, dass es niemanden gibt, der so ist wie du?(Collage)

Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl:

Welches Bild hast du von dir?

Im Lauf deines Lebens wirst du in viele Spiegel blicken. Dir wird gefallen, was du siehst – oder auch nicht. Du wirst Dinge an dir akzeptieren, verändern oder innerlich bekämpfen. Aber in jedem Fall ist das Abbild deiner selbst im Spiegel, die physische Präsenz deiner Existenz, ein vertrauter Anblick, der dich immer begleitet, bis du das Ende deiner Zeit auf der Erde erreicht hast.

Gemäß dem Bild, das dir jeden Tag im Spiegel entgegenblickt, gibt es auch noch ein Bild von dir, das viel mehr umfasst als deinen Leib. Es steckt tief in dir und begleitet dich ebenfalls jederzeit und überallhin. Es umfasst deine Gedanken, Gefühle, Werte, Prinzipien, deine Entscheidungen, Einstellungen und Annahmen über die Welt und über dich selbst. Es ist das Bild, das du dir von dir selbst machst, das Spiegelbild in deiner Seele.

Wir haben besonders aufmerksame Antennen für Negatives. In Wahrheit zeigt unser Selbstbild eine wunderschöne innere und äußere Landschaft, aber leider erkennen wir das nicht immer, denn es hat zwei große Haken: Unser Bild von uns selbst ist erstens fremdgeprägt, in mehr oder weniger hohem Maß durch die Meinungen anderer Menschen eingefärbt, jedenfalls für unser Auge nicht neutral. Und zweitens ist es leider häufig negativ geprägt. Der zweite Haken ergibt sich meist zwangsläufig aus dem ersten. Warum ist das so?

Nun, unsere Welt ist auf Negativität ausgerichtet, was unseren Psychen nicht gerade dienlich ist. Hinsichtlich unserer evolutionären Entwicklung macht das Sinn, denn es war für unser Überleben unbedingt notwendig, ein feines Gespür für mögliche Bedrohungen zu besitzen. Der Säbelzahntiger, der im Gebüsch auf unsere Vorfahren lauerte, sollte schneller und klarer wahrgenommen werden als die leuchtenden Strahlen der untergehenden Sonne, die das Herz erfreuten. Ein toter, weil vom Tiger gefressener Mensch konnte sich auch nicht mehr über die Sonne freuen. Es ist also ein biologisches Erbe, gegen das wir nur bedingt etwas unternehmen können: Negatives im Fokus zu behalten, schützt uns vor Gefahren. Und wir spüren es auch in der modernen Welt ständig um uns herum: Wie oft erfahren wir Anerkennung, Lob oder Komplimente? Und wie häufig stattdessen Kritik? Oder sogar Missbilligung, Tadel, Ablehnung? Die Schönheit um uns herum wahrzunehmen dient nicht dem Überleben, jedenfalls nicht dem körperlichen. Dass auch die Psyche eine nicht unbedeutende Rolle für die Gesundheit spielt, weiß aber die Evolution nicht und deshalb fällt uns das Negative leider auch heute noch immer leichter in den Blick als das Positive.

Natürlich ist dieser ganze Prozess der Wahrnehmung und Deutung der Welt umfassender, vielschichtiger und komplizierter, als an dieser Stelle dargestellt werden kann, aber du wirst mir vielleicht aus eigener Erfahrung zustimmen, dass deine Erziehung und deine bisherigen Erfahrungen dich und deine Persönlichkeit geprägt haben, und dass es vor allem negative Erfahrungen waren und sind, die uns treffen. Uns von positiven Erfahrungen derart tief berühren zu lassen, müssen wir erst lernen, oft in einem jahrelangen und mühsamen Prozess. Wir müssen erst bewusst einüben, das Gute nicht mehr zu übersehen und genauso schwer zu gewichten wie das Schlechte. Nicht immer ist uns das wirklich bewusst! Und der Preis, den wir für unser evolutionäres Erbe und für unsere Erziehung zahlen, ist hoch:

Wir erhalten ein Bild von uns selbst, auf das wir selbst zu wenig Einfluss hatten und das negativer geprägt ist, als es uns gerecht wird. Wir nehmen unsere Fehler und Makel ins Zentrum unserer Betrachtung und verpassen es darüber, unsere wahre Größe zu bestaunen. Unser Bild von uns selbst ist getrübt oder verschleiert und uns – im schlimmsten Fall – ein völliges Rätsel, weil wir durch all die äußeren Einflüsse um uns herum manchmal vielleicht gar nicht mehr erkennen können, wer und was wir sind.

Wer und was bist du?

Wenn du dir einmal die Zeit nimmst, in dich zu gehen und darüber nachzudenken, wer und wie du bist, was für ein Bild steigt dann in dir auf? Wie lauten die Eigenschaften, mit denen du dich selbst beschreiben würdest? Sind sie positiv oder negativ oder etwas dazwischen? Und welches Gefühl überkommt dich bei dieser kleinen Denkübung? Ein warmes, zärtliches, friedliches? Oder Wut, Groll und Zorn, weil du vielleicht nicht so bist, wie du gern sein möchtest?

Das Bild, das dir erscheint, mag in irgendeine Richtung ausschlagen, aber sei dir gewiss: Es ist nur eins von vielen möglichen. Denn die Bewertungen und Maßstäbe, die die Menschen in deinem Umfeld dir angelegt haben und immer noch anlegen, sind keine unumstößlichen Fakten. Es sind Meinungen.

Um zu einem wirklich vollständigen Bild von dir selbst zu kommen, brauchst du mehr als fremde Meinungen. Du brauchst auch Stille und die Gelegenheit, deine eigene Stimme wieder wahrzunehmen. Die Stimme deiner eigenen Seele, die oft nicht gehört wird und doch so viel Wertvolles zu sagen hat.

Wir sind, was unsere Umwelt aus uns macht

Kinder werden urteilsfrei geboren. Erst im Lauf ihrer Erziehung lernen sie, Dinge zu beurteilen und auch, dass sie selbst es sind, die beurteilt werden. Ein Baby käme nicht auf die Idee, zu überlegen, was die Mutter oder andere Menschen wohl von ihm halten, wenn es ein nicht erfülltes Bedürfnis lautstark hinausbrüllt. Ein Kleinkind, das den Eltern gefallen will, weil es von ihnen abhängig ist, hingegen schon. Es dauert nur wenige Jahre, bis dieses einst freie und völlig unbekümmerte Wesen zu jemandem geworden ist, der scheinbar pausenlos darüber nachgrübelt, was seine Umwelt wohl von ihm denkt. Und selbst machen wir es ja auch nicht anders: Auch wir urteilen stets und ständig, über Menschen, Dinge, Situationen. Wir können gar nicht anders. Es ist etwas, was unser Gehirn automatisch tut und das muss es auch, weil dieses Vorgehen einst unser Überleben sicherte. Um Teil einer Gruppe sein zu können, muss man sich anpassen und unsere Sozialisation lehrt uns, wie das geht. Wir erleben eine Situation, wir fällen ein Urteil darüber, wir handeln entsprechend. So läuft es eben und aus unserer menschlichen Haut können wir nicht. Und wir können auch nicht verhindern, dass uns am laufenden Band Urteile über uns selbst eingegeben werden, erbeten und unerbeten, ständig und jederzeit. Bis zu einem gewissen Grad ist Anpassung hilfreich und wünschenswert, denn wenn jeder täte, was ihm gerade in den Sinn kommt oder ausschließlich selbst nützt, hätten wir ein gesellschaftliches Chaos und kämen gar nicht mehr gemeinsam klar. Aber es kann eben auch zu viel des Guten werden: Wenn wir die Meinungen unserer Mitmenschen grundsätzlich höher gewichten als unsere eigene, verlieren wir das Vertrauen in uns selbst und unseren klaren Blick auf unsere Persönlichkeit.

Unsere Erziehung prägt uns in jeder Hinsicht. Unsere Erfahrungen vermitteln uns Meinungen, die wir für Tatsachen halten. Wenn wir klein sind, glauben wir, was wir hören und stellen es nicht infrage. Während wir größer (und scheinbar unabhängiger) werden, mögen uns Zweifel kommen und der Drang, eine eigene Ansicht zu entwickeln, aber später wird es sehr schwer, sich aus diesen psychischen Verstrickungen wieder zu lösen. Sie sitzen zu tief. Oft sind sie uns nicht einmal bewusst. Die Rückmeldungen zu uns selbst, die wir erhalten, erfolgen in der Regel ungebeten, und sie müssen nicht notwendig über faktische Richtigkeit verfügen. Manchmal sind sie nicht einmal wohlwollend.

Niemand von uns ist davon frei: Lehrer, Eltern und andere erwachsene Menschen, die, wie wir als Kind glaubten, klüger und erfahrener waren als wir selbst, und deren Urteil wir nicht infrage stellten, erzählten oder zeigten uns, welche Meinung sie von uns hatten. Wir lernten schnell, dass Anpassung und Gehorsam gut funktionieren, um sich in einer unberechenbaren Welt zurechtzufinden und uns der Liebe und Anerkennung unserer Mitmenschen auch weiterhin versichern zu können. Wir erkannten, dass bestimmte Eigenschaften und Handlungsweisen wünschenswert und zielführend waren und andere weniger. In jeder Interaktion und Kommunikation empfingen wir neben sachlichen Informationen auch Urteile über uns selbst, die uns wie Fakten erschienen, unumstößlich und wie in Stein gemeißelt. Wir lernten, was wir sind und was nicht. Wir übernahmen fremde Urteile, ohne sie infrage zu stellen oder zu überprüfen. Um Teil unserer Gruppe zu bleiben – zunächst der Familie, später des Freundeskreises oder der Arbeitswelt – bemühten wir uns, dem Bild, das Andere von uns hatten, gerecht zu werden. Manchmal rebellierten wir vielleicht auch dagegen, aber dieser Widerstand führte zu inneren Konflikten, die uns zusätzlich quälten, und natürlich zu Stress im Außen, der uns viel Kraft abverlangte. Ob wir wollten oder nicht: Wir wurden zu einem Bild, das unsere Mitmenschen von uns zeichneten. Es konnte viele Striche von vielen verschiedenen Leuten beinhalten, kohärent oder widersprüchlich sein, sich sicher anfühlen oder brüchig.

Was wir aber niemals bekamen, war die Chance, uns selbst einmal völlig unvoreingenommen und unbeeinflusst von den Urteilen Anderer wahrzunehmen. Weil unsere Erfahrungen in uns stecken und unsere Wahrnehmungen einfärben ist es uns bis heute nur schwer möglich, uns im wahrsten Sinne des Wortes ein eigenes Bild von unserer Persönlichkeit und unserer Aufgabe in der Welt zu machen.

Allzu oft werden Menschen, ihre Eigenschaften, Fähigkeiten und Eigenheiten in Schubladen gesteckt und man ist selbst ja auch schnell mit einem Urteil an der Hand. Einem Urteil, das bewundernd, vernichtend oder tausend andere Dinge sein kann, niemals aber neutral ist. Aus vielen unbedeutenden Situationen kann sich so ein Bild herausformen, das uns scheinbar genau beschreibt und sich immer wieder bestätigt, in Wahrheit unserem Kern aber gar nicht gerecht wird.

Hast du manchmal das Gefühl, verkannt zu werden? Falsch gesehen, zu Unrecht beurteilt, missverstanden? Oder, schlimmer noch, hast du hin und wieder den Eindruck, dich selbst eigentlich gar nicht zu kennen und nur die Karikatur eines Bildes darzustellen, das dir eigentlich überhaupt nicht entspricht?

Wir können aber auch sein, was WIR zu sein glauben – Es ist unsere Entscheidung

Du kannst heute, was du als Kind oder Jugendlicher womöglich (noch) nicht konntest: Du hast heute die Freiheit, dir selbst auf den Grund zu gehen und mit Neugier und Freude zu entdecken, was dir dort begegnen mag.

Vielleicht hast du unzählige Bewertungen deiner selbst in den letzten Jahrzahnten gehört und sie haben dich tief geprägt. Aber jetzt, als erwachsener und durchaus urteilsfähiger Mensch darfst du dir die Möglichkeit herausnehmen, dir ein Bild von dir selbst zu zeichnen, das deinem echten Wesen näherkommt. Du darfst dem, was du innerlich denkst und fühlst, begegnen und dir daraus ein Bild erschaffen. Dieses Bild wird auch nicht in Gänze der Realität entsprechen, denn jeder von uns hat blinde Flecken und vermag nicht alle Dinge vollständig zu überblicken. Aber in jedem Fall hast du das Recht, infrage zu stellen, was deine Mutter, dein Vater, deine Verwandten, dein Partner, deine Kinder, dein Chef, deine Nachbarn, deine Freunde oder sonst wer in dir sahen oder sehen! Du darfst deine Vorstellung von dir selbst um deine eigene, ganz persönliche Meinung erweitern! Auf diese Weise kannst du vollständiger und heiler werden.

Klingt einfach? Nein, das ist es nicht. Die Bewertungen, die du anhand der vielen Botschaften, die dir im Lauf deines bisherigen Daseins begegnet sind, über dich vernommen und verinnerlicht hast, wirken lang nach. Sie sind wie Trampelpfade im Gehirn, die bei jeder gedanklichen Aktion wieder genommen werden und sich auf diese Weise immer tiefer einschleifen. Bei jeder Erfahrung, die du machst und die dein bisheriges Bild von dir bestätigt, verankert sich diese Vorstellung ein bisschen fester in deiner Psyche und irgendwann ist es so verkantet, verdrahtet und verkrustet, dass du das Gefühl hast, es niemals loswerden zu können. Du kommst dir vielleicht sogar wie ein Idiot vor, wenn du es versuchst. Denkst: Wer bin ich denn, dass ich mich für etwas Anderes halte, als alle Leute in meiner Umgebung? Hier befindet sich eine fiese Falle, denn je mehr du versuchst, diesem eigentlich falschen Bild von dir zu entsprechen, umso mehr verbiegst du dich, umso stärker passt du dich an. Irgendwann weißt du dann selbst gar nicht, wer und wie du nun eigentlich bist, weil das angepasste Bild von dir das echte so weit überlagert, dass du nichts mehr erkennen und schon gar nicht unterscheiden kannst. Verwirrung ist die Folge. Du kannst dann nicht mehr wissen, was an diesem Bild von dir echt ist und was du vorspielst, um die Gunst bestimmter Menschen oder gewisse Vorteile nicht zu verlieren. Du wirst zu einer Farce und ahnst, dass du nicht mehr echt bist. Dieser Prozess, dich selbst nicht mehr authentisch zu fühlen, kostet dich zusätzlich Selbstvertrauen, weil er neben der anstrengenden Aktivität, deinem Umfeld und dir selbst etwas vorzumachen, auch Scham- und Schuldgefühle im Gepäck hat.

Wir alle müssen von Zeit zu Zeit Rollen spielen, die uns mehr oder weniger entsprechen, um ein Ziel zu erreichen oder eine bestimmte Situation zu meistern. Aber wir sollten dabei nicht vergessen, dass wir manchmal eben auch nur schauspielern, dass wir mehr sind, als „nur“ unsere Rollen! Wir sollten ehrlich uns selbst gegenüber bleiben. Dazu gehört, sich auf die Suche nach dem echten, unverfälschten Ich zu begeben und es kennen- und lieben zu lernen.

Der erste Schritt ist, festzustellen, welches Bild du tatsächlich von dir hast und woher es stammt.

Notiere dir dafür in deinem Notizheft alle Eigenschaften, Schrullen und Eigenheiten, mit denen du dich selbst charakterisieren würdest. Auf welche Weise verhältst du dich in bestimmten Lagen oder bestimmten Menschen gegenüber? Wie löst du Probleme? Wie triffst du Entscheidungen? Auf welche Weise gehst du mit konfliktbehafteten Situationen um? Was unterscheidet dich von anderen Menschen? Wie trittst du auf, wie agierst du, wie kommunizierst du, wie denkst und fühlst du? Was fesselt und fasziniert dich? Was liebst du? Was ängstigt und verunsichert dich? Wer bist du in den Augen deiner Umwelt?

Sammle alles, was dir einfällt. Notiere unbedingt positive UND negative Eigenschaften zu gleichen Teilen, denn dein Bild von dir soll ja so vollständig wie möglich sein. Beziehe auch alles mit ein, was du als verletzend und beleidigend empfindest, lasse aber auch Komplimente und liebe Worte nicht außen vor. Du darfst deine Liste gern um die Menschen ergänzen, die dein Selbstbild in dieser Form geprägt haben. Wer hat dir wann und in welcher Situation diese eine bestimmte Zuschreibung verpasst? Waren es deine Eltern? Ein Lehrer? Ein Vorgesetzter? Bedenke, dass diese Menschen es oft gar nicht böse gemeint haben, manchmal wussten sie es einfach nicht besser oder wollten dir sogar helfen, haben dafür aber einfach einen falschen Weg eingeschlagen. Und Menschen stecken immer in ihren eigenen Gedanken- und Lebenswelten fest! Es ist also auch gut möglich, dass einige dieser Zuschreibungen nur Ventile anderer Menschen waren, um ihren eigenen Frust zu ertragen, sich selbst besser zu fühlen, eigene Widrigkeiten hinnehmen zu können. Oder dir bewusst an den Kopf geknallt wurden, um dich zu verletzen. Diese Urteile sind falsch, aber nicht wertlos: Du kannst sie dafür nutzen, dein eigenes Bild von dir selbst vollständiger zu zeichnen, indem du erkennst, aus wessen Mund sie stammen und aus welchen Gründen sie dir zugeschrieben wurden.

Es könnte dich erstaunen, bekümmern oder sogar schockieren, zu entdecken, wie sehr du dich in deiner Bewertung deiner Person auf andere Menschen verlässt! Das ist in Ordnung. Lass diese Gefühle zu und dann weiterziehen. Du machst diese Übung ja, um dich selbst besser kennenzulernen, nicht, um Groll zu wecken. Bisher hast du vielleicht viele Urteile ungeprüft übernommen, ab jetzt machst du es eben anders. Verliere dein Ziel nicht aus den Augen. Ziele hadern nicht mit der Vergangenheit – sie sind in der Gegenwart verankert und auf die Zukunft ausgerichtet und genau dorthin sollte auch deine Energie fließen.

Hast du wirklich hälftig gute wie schlechte Eigenschaften notiert? Wir neigen leider häufig dazu, uns selbst in einem schlechten Licht zu sehen und unser Licht unter den Scheffel zu stellen. Sich selbst zu lieben und das auch nach außen zu zeigen ist nicht up-to-date, auch, wenn das oft so propagiert wird. Selbstliebe wird gern mit Überheblichkeit und Arroganz gleichgesetzt und weckt sofort unangenehme Gefühle. Mach dir klar, dass es NICHT arrogant ist, dich selbst möglichst gut zu kennen, im Schlechten wie im Guten, sondern eine absolute Notwendigkeit, in unserer Welt zu überleben. Und bleib fair. Beurteile dich, wie du auch eine Freundin oder einen Freund bewerten würdest: mit Mitgefühl und Nachsicht. Niemand von uns, auch du nicht, hat nur oder überwiegend negative Aspekte an sich. Überarbeite gegebenenfalls deine Liste nochmal mit einem freundlichen Blick.

Du hast gesammelt. Das alles bist du! Oder auch nicht, denn das alles sind Dinge, die dir von etwas, das außerhalb deiner selbst liegt, zurückgemeldet wurden! Damit ist dieses Bild von dir nur EIN Teil von dir und nicht der wichtigste! Es kann nur vollständig sein, wenn du dein eigenes, unbeeinflusstes Urteil mit einbeziehst. Das erfordert ein bisschen Mut, sogar Unverfrorenheit, und die Erlaubnis, deine eigene Meinung für den Moment über die deiner Mitmenschen zu stellen. Das darfst du heute!

Nun prüfe im zweiten Schritt, welche Eigenschaften dir deiner Meinung nach tatsächlich entsprechen.