Komm zu nix – Nix erledigt und trotzdem fertig - Tommy Jaud - E-Book
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Komm zu nix – Nix erledigt und trotzdem fertig E-Book

Tommy Jaud

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Beschreibung

Das perfekte Geschenk gegen den Alltagsstress – vom genialen Beobachter des täglichen Wahnsinns Warum ist die Steuererklärung komplizierter, als Hebräisch zu lernen? Darf man lästige Werbeanrufer in den Wahnsinn treiben? Warum dauert es länger, die Wohnung saugrobotergerecht zu machen, als selbst zu saugen? Und was tun mit der Zeit, wenn der Lieferdienst meldet, dass die Sportsocken nur noch sieben Stopps entfernt sind? Der Alltag ist irre. Aber auch irre lustig. Wenn man ihn angeht wie Comedy-Bestsellerautor Tommy Jaud, hat man die besten Chancen, ihn mit einem Lachen zu meistern. »Eine Selbstoffenbarung, so lustig, dass es geradezu heilsam ist.« Dr. Dr. Daniel Wagner, Psychotherapeut »Kurzgeschichten! Was für eine Bankrotterklärung! Dennoch gelacht. Er kann's halt.« Kester Schlenz, Stern-Kritiker

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Seitenzahl: 183

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Tommy Jaud

Komm zu nix – Nix erledigt und trotzdem fertig

Gute-Laune-Storys

 

 

Über dieses Buch

 

 

»Bestimmt kennen Sie das auch: Sie fahren ins Büro, und dann ist es plötzlich Abend. Dabei wollten Sie dieses Mal wirklich was erledigt kriegen! Doch dann fragen Ihre Freunde, ob Sie eine Restaurantidee für Freitag haben, Ihr Urlaubshotel möchte eine Bewertung und die WhatsApp-Gruppe ›Gaby wird 50‹ Ihre Geschenkideen.

Kennen Sie? Dann geht es Ihnen wie mir. Ich wollte mit meinem neuen Buch anfangen, doch irgendwie kam ich nicht dazu. Immer war irgendetwas. Feierabend zum Beispiel. Und dann standen plötzlich Adventskränze im Supermarkt. Später Osterhasen, Blumenerde, Sonnencreme und dann wieder Adventskränze.

Erst meine Frau kam auf die perfekte Lösung: Mein tägliches Scheitern IST mein neues Buch! Denn nur ich schaffe es derart atemberaubend dämlich, mir selbst das größte Hindernis zu sein. Wie, das erfahren Sie in diesen Geschichten.«

 

Herzhaft, Ihr Tommy Jaud

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Biografie

 

 

Tommy Jaud ist ein deutscher Schriftsteller, Satiriker und Drehbuchautor. Bereits mit seinem ersten Roman »Vollidiot« landete Jaud 2004 auf Platz 1 der Bestsellerlisten. 2006 setzte sich »Resturlaub«, ein »Hammer von Gegenwartsroman« (DER SPIEGEL) an die Spitze der Liste. Die Kino-Adaptionen beider Bücher lockten fast zwei Millionen Zuschauer an. Jauds Drehbuch für die TV-Komödie »Zwei Weihnachtsmänner« wurde 2009 mit dem Deutschen Comedy-Preis ausgezeichnet. Es folgten das Vollidiot-Romansequel »Millionär« und die Reisekomödie »Hummeldumm«, der Jahresbestseller 2010. Zwei Jahre später veröffentlichte Jaud mit »Überman« den letzten Teil seiner Simon-Peters-Reihe, 2016 die Ratgeber-Parodie »Einen Scheiß muss ich: Das Manifest gegen das schlechte Gewissen«. 2019 wurde sein Bestseller »Der Löwe büllt« zur perfekten Ferienlektüre. Auch in den Wirren des Jahres 2022 kommt Jaud seinem Unterhaltungsauftrag nach und veröffentlicht »Komm zu nix – Nix erledigt und trotzdem fertig«. Kein Roman, sondern Gute-Laune-Storys für unsere Zeit. Zurzeit tüftelt Jaud am Drehbuch für die Verfilmung von »Hummeldumm« und überlegt sich Titel für seinen neuen Roman. Derzeitige Favoriten sind die Auswander-Comedy »West Coast Zipfelklatscher« und die skurrile Sportkomödie »Trümmertruppe«. Der gebürtige Franke lebt, lacht und arbeitet, wenn er dazu kommt, in Köln, Wien und Bamberg.

Was bisher geschah

Herzlichen Glückwunsch, Sie haben das wichtigste Buch meines Lebens gekauft. Und Sie werden es nicht bereuen, dafür stehe ich mit meinem Namen.

In diesem Buch geht es um Alltag, und ja, ich bin kein normaler Mensch, so wie Sie, ich bin ein Comedy-Autor. Trotzdem bin ich mir sicher: Noch während Sie in meine Alltagseskalationen hineintauchen, werden Sie feststellen, dass das Leben eines Autors exakt so wahnwitzig und unberechenbar ist wie Ihres. Sie werden sich bisweilen vermutlich sogar klammheimlich freuen, dass ich an einem handelsüblichen Tag (EU-Norm 2837–3) noch weniger auf die Kette kriege als Sie. Sie kennen ja diese Tage, an denen es plötzlich Abend ist und Sie sich fragen, was zum Teufel das jetzt wieder sollte. Egal ob Sie Busfahrer, Kassierer oder Astronautentrainerin sind, wir teilen das gleiche Schicksal: Was auch immer ich mir für den Tag vornehme, ich komm zu nix. Und wenn ich mir etwas ganz besonders vornehme, dann komme ich zu gar nix. Weil halt einfach immer irgendwas ist. In den folgenden, für Sie womöglich sehr erheiternden Geschichten, die teils auf halbwahren Begebenheiten beruhen, erfahren Sie, warum.

 

Dieses Buch ist kein Roman. Nun ist es nicht so, dass ich keinen Roman mehr schreiben wollte. Ich wollte sogar wahnsinnig gern einen Roman schreiben, ich kam nur einfach nicht dazu. Immer war irgendwas, schon die kleinste Kleinigkeit lenkte mich ab: das Hochwasser, die Pandemie, das Finanzamt, die Klimakatastrophe, die Inflation und natürlich meine Frau.

Ja, ich bin leicht abzulenken. Selbst das Hüsteln einer Fruchtfliege, das Scharren eines Zweiges an meinem Fenster oder die Meldung, meine Funkmaus aufladen zu müssen, genügt, um mein komplettes Tagwerk zu pulverisieren. Schon eine einzige Textnachricht meiner Frau kann mich dermaßen aus dem Konzept bringen, dass ich danach wie gelähmt auf den großen Baum vor meinem Bürofenster starre, von dem ich noch immer nicht weiß, was es für einer ist. Hätte ich mal Zeit, würde ich Birke googeln, wegen des weißen Stammes. Zu meiner Frau: Oft will sie von mir wissen, was wir am Abend essen, schlägt dann aber stets indisch vor. Ich hasse indisch. Also das Essen, nicht die Inder, die Inder finde ich toll. Na jedenfalls, wenn ich so eine Essensnachfrage von meiner Frau bekomme, dann war’s das. Dann klicke ich meinen Roman vom Bildschirm und starre auf eine wirre indische Speisekarte, die vornehmlich aus Reis-Gemüse-Lumumpe mit oder ohne Fleisch besteht. Ich rieche das doch schon den ganzen Tag! Weil sich nämlich direkt gegenüber von meinem Büro ein Restaurant mit ebendieser Kulinarik befindet. Dessen brodelnde Garküche feuert täglich so viel Lumumpen-Abluft durch den Schornstein, dass sich die Sonne über Köln verdunkelt. Einmal bin ich sogar mittags nach Hause gegangen, weil ich dachte, es sei schon Abend. Die schnatternden Lieferfahrer vor meinem Büro kann ich auch nicht ertragen. Ich versteh nämlich kein Wort, weil ich kein Indisch kann, und nein, ich will es auch nicht lernen. Ich bin mir aber sicher, dass die Fahrer beleidigend über meinen letzten Roman sprechen. Oder über Curry.

Ich weiß, Curry sagt man nicht mehr, aber das ist mir egal. Curry wird man ja wohl noch sagen dürfen. Die Inder dürfen auch gerne Wurst sagen. Ich darf über Indien sowieso alles sagen, weil ich seit neuestem Yoga mache und Nadi Shodana beherrsche. Nadi Shodana ist Sanskrit und bedeutet Wechselatmung. Man atmet mit einem Nasenloch ein und mit dem anderen aus, den Rest können Sie gerne googeln, wenn es Sie interessiert. Ich praktiziere Nadi Shodana täglich, nachdem ich die indischen Fahrer beschimpft und mein Bürofenster geschlossen habe. Natürlich schimpfen sie zurück. Aus den mutmaßlichen Anfeindungen der Fahrer gegen mich mache ich mir aber nichts, da bin ich als Kölner janz tolerant.

Natürlich hab ich mehrfach versucht, meiner Frau BBQ-Burger und Pommes vorzuschlagen, doch leider schaltet die geschickteste Ehefrau von allen ihr Handy während der Arbeit aus mit der Begründung, sie käme sonst zu nichts. Meine Frau ist auch Autorin und beendet ein Projekt nach dem anderen, wie sie mir gerne stolz verkündet, wenn wir uns am Abend bei einem Tandoori Murgh Masala darüber streiten, warum sie meine Burger-Nachricht nicht gelesen hat.

 

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich liebe meine Frau und gehe gern ins Büro zum Schreiben, so wie andere ja auch zur Arbeit gehen. Mein Büro liegt in der Kölner Innenstadt, und meine Arbeitszeiten sind Montag bis Donnerstag von 11 bis 13 Uhr und 15 bis 18 Uhr, freitags bis 16 Uhr, damit ich rechtzeitig zu »Zwischen Tüll und Tränen« vor dem Fernseher sitze.

Leider habe ich es bisher noch nie geschafft, meine Arbeitszeiten einzuhalten, und war neulich deswegen so ungehalten über mich, dass ich mir mein Gehalt kürzen musste. Sie sehen: Ich bin zwar Autor, aber am Ende des Tages dann eben doch ein ganz normaler Mensch, so wie Sie.

Ich muss zugeben: Am liebsten arbeite ich alleine. Dennoch eröffnete ich vor wenigen Jahren aus Gründen der sozialen Teilhabe eine Bürogemeinschaft mit anderen Autoren. Oder Autorenden, wie man jetzt ja sagt. Es waren anstrengende Jahre. Immer wenn ein Autor jeglichen Geschlechts erfolgreicher wurde als ich, erläuterte ich in einem verständnisvollen Gespräch die mannigfaltigen Vorteile der Heimarbeit und kündigte den Untermietvertrag. Dies ging so lange gut, bis irgendwann der Punkt kam, an dem sechs Büroräume für mich allein keinen rechten Sinn mehr ergaben.

 

Viel Verständnis kann ich für all dies natürlich nicht erwarten, im Gegenteil: Vermutlich fragen Sie sich, was zum Teufel dieser egozentrische Schreib-Monk eigentlich den ganzen Tag macht, seit man nichts mehr von ihm gehört hat. Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht, ich bin einfach zu beschäftigt.

Ich fahre ins Büro, und dann ist es plötzlich Abend. Ja, ich weiß, ich bin Autor, ich kenne die Vorurteile. Kommen Sie mir also bitte nicht mit dem überholten Bild der Schreibblockade. Ein Autor mit einer Blockade ist leer und hat keine Ideen. Ich hingegen hab so viele Ideen, dass ich gar nicht weiß, wohin damit!

Es sind Tausende, und stündlich kommen neue dazu. Mal schreibe ich sie auf einen Zettel, mal erzähle ich sie dem Chatbot meiner Krankenkasse, dann wieder kritzle ich sie auf meine eigens für Ideen angefertigte Schultafel in der Büroküche. Noch immer steht dort direkt neben der Kaffeemaschine mit oranger Kreide: »Super-Idee für einen Bestseller!« Sobald ich rausfinde, was für eine Idee das war, lege ich los, versprochen.

Heute ärgere ich mich über meine vormals mangelhafte Notizkultur. Damit mir kein einziger Blockbuster, Bestseller oder Broadway-Knaller mehr verschüttgeht, verwalte ich meine Geistesblitze jetzt akribisch und digital in meinen Ideen-Clouds Dropbox, iCloud und einer dritten, die ich vergessen habe. Dort sind die Ideen sauber abgespeichert in Ordnern wie »Ideen«, »Ideen neu«, »Ideen ganz neu«, »Ideen für Romane«, »Romanideen« und »Romanideen ganz neu«. Jaja, ich weiß, bösartige russische Hacker könnten meine Ideen klauen und gegen den unschuldigen Westen verwenden. Das ist aber gar nicht mein Problem, mein Problem ist, dass meine Ideen so gut sind, dass ich jede Woche eine andere favorisiere.

Was ich aktuell schreibe, fragen Sie? Ah, fragen Sie nicht. Ich erzähle es Ihnen trotzdem gern. Also, zurzeit sitze ich an der Geschichte über den antiken griechischen Gallionsfigurschnitzer Attik, den der Lärm des benachbarten indischen Hufschmieds so nervt, dass er ihn mit einer gefrorenen Lammschulter erschlägt und den Leichnam heimlich in eine Gallionsfigur zimmert, die er dann auf dem Athener Marktplatz aufstellen lässt. Als die vorbeijoggende Göttin Nike Blut aus dem Denkmal rinnen sieht, ruft sie das Athener Ordnungsamt an und … na ja … mir ist schon klar, da steckt eventuell noch ein wenig Arbeit drin. Und dann sei eine Gallionsfigur etwas anderes als ein Denkmal und Gefrierschränke noch nicht erfunden, ließ mich meine sympathische Verlagslektorin wissen. Seitdem bin ich ein wenig verunsichert.

 

Trotz meiner auffallenden Verhaltensunauffälligkeit weiß ein ehrbarer Verlag natürlich, was er an mir hat: Es sind nicht eingehaltene Abgabetermine, wochenlange Nichterreichbarkeit und seit gut drei Jahren: kein Roman. Als ich das letzte Mal in Frankfurt war, sagte mir die Programmleiterin, ich solle mir mit dem Roman keinen Druck machen und mir alle Zeit der Welt nehmen. Aber einen neuen Vertrag könne man doch schon mal aufsetzen, mit einem Abgabedatum, das mir keine Angst mache. Ich nahm sofort ein Taxi zum Bahnhof.

Mir macht jedes Abgabedatum Angst, auch der 19.8.2056. Eine Deadline killt einfach jede Kreativität. 280 Seiten bis 2056 schreiben zu müssen, ist in etwa so, wie bis zum 19.8.2056 zehn Kilo abzunehmen. Da denken Sie sich doch auch: Das ist jetzt aber echt viel Zeit, da kann ich doch bis Ende 2055 noch lecker essen gehen und danach die Diät machen. Und einen Tag vor dem 19.8.2056 stellen Sie dann gefrustet fest, dass Sie immer noch unfassbar fett sind, und halten Ihr Leben für sinnlos.

 

Jetzt wissen Sie, warum Sie keinen Roman in Ihren gepflegten Händen halten, sondern einen Band mit Alltagssatiren. Satiren haben kein Abgabedatum und schreiben sich daher wie von selbst. Satiren sind eine Win-win-win-Situation für Sie, den Verlag und für mich.

 

Die Einzige, die mir noch Druck macht, ist meine Mutter. Bei meinem letzten Besuch suchten wir gerade bester Laune Silberfischchen-Köderdosen in einem Drogeriemarkt aus, da platzte es plötzlich aus ihr heraus:

»Die Gaby Scheller hat deinen letzten Roman gelesen!«

»Und?«

»Warst schon mal lustiger!«

Ich bin dann recht zügig zurück nach Köln gefahren und habe meinen Mental-Coach kontaktiert. Mein Mental-Coach ist eigentlich Psychotherapeut, aber Mental-Coach klingt besser.

»Was bremst Sie denn mit dem Roman?«, war die erste Frage meines Coaches, über dessen Namen man keine Witze machen darf, weil er da sehr sensibel ist.

Ich wusste nicht, was mich bremst. Erst nach siebzehn Sitzungen gebar mein tiefstes Unter-Ich eine zittrige Ahnung:

»Ich glaube, ich habe Angst, dass der Roman Gaby Scheller nicht gefällt.«

»Da haben wir es! Schreiben Sie den Roman doch einfach für Gaby Scheller!«, schlug Dr. Hutschnur vor.

»Das ist gut. Wirklich gut. Danke. Hut ab!«

Gute hundert Meter von der Praxis entfernt hatte ich bereits ausgerechnet, dass es totaler Blödsinn war, einen Roman nur für Gaby Scheller zu schreiben. Mit einem einzigen verkauften Exemplar pro Jahr würde ich meinen aufwendigen Lebensstil mit Netflix für vier Geräte, unterbrechungsfreiem Notstrom für meinen Weinkühlschrank und einem Magnum Mini täglich niemals halten können.

 

Ausgerechnet die kreativste Ehefrau von allen kam mit der goldenen Satiren-Idee um die Ecke. Sie wissen schon, das ist die, die auch Autorin ist und ein Projekt nach dem anderen beendet und die ich dennoch sehr liebe. Sie fragte mich, warum ich nicht einfach darüber schriebe, dass ich zu nichts käme. Sie jedenfalls finde es sehr witzig, wie mich mein Saugroboter in den Wahnsinn getrieben hätte, DHL und meine Mehrwegsalatbox.

»Ich schreib doch nicht über meinen Saugroboter, das wird doch nie ein Roman.«

»Ja, eben! Schreib einfach kurze, lustige Geschichten!«

»Und das Buch nenne ich dann ›Komm zu nix‹ und schreib ›Kein Roman‹ drunter, oder was?«

Verärgert griff ich zu meinem Handy und stöberte in der Shop-Apotheke, wo ich ein pflanzliches Beruhigungsmittel mit einem Rabatt von drei Prozent und eine von Günther Jauch signierte Nasendusche erwarb. (Günther Jauch muss TV-Werbung für die Shop-Apotheke machen, seit im letzten Jahr so viele die Millionenfrage geknackt haben.) Meine Frau schaltete den Fernseher ein und lenkte sich mit einer Folge »Kampf der Realitystars« inklusive aller Werbeblöcke (unter anderem mit Günther Jauch) ab. Ich hingegen dachte nach. Als meine Frau zur Doku »Die ungefährlichsten Schulwege der Welt« schaltete, sagte ich zu ihr: »Du hast recht. Ich schreib einfach, warum ich zu nix komme! Und ich nenne es ›KOMM ZU NIX‹.«

»Gut!«

»Und mit dem Saugroboter fange ich an.«

»Super.«

 

Am Morgen notierte ich mir für die nächste Sitzung bei Dr. Hutschnur meine Gefühle im Ordner »Gefühle neu«, frühstückte einen Haferkeks mit ugandischem Fairtrade-Kaffee und bestieg stolz die Straßenbahn der Linie 1, die mich und meinen Tatendrang ins Büro bringen würde. Unglücklicherweise hatte eine Entenfamilie das Wort »Gleisbett« falsch verstanden und es sich dort so gemütlich gemacht, dass unsere und die vierzehn Bahnen dahinter erst dann weiterfahren konnten, als das Kölner Ententaxi, das Ordnungsamt und das SEK die wertvollen Tiere unter dem Applaus der dehydrierten Fahrgäste gerettet hatten.

Egal, dachte ich mir, als ich gegen 16 Uhr in meinem Büro kurz vor den Wasserflaschen zusammenklappte. Fange ich halt morgen an mit »Komm zu nix«.

🤘

Der Bachelor

Neulich merkte meine Frau an, dass der Fußboden in meinem Büro der Pflege bedürfe. Als Beweis, dass dem nicht so war, rollte ich mit meiner blitzweißen Leinenhose darüber. Da ich danach aussah wie ein Wiener Schnitzel, musste ich meiner Frau recht geben. Und nun? Da ich keine wertvolle Zeit in Raumpflegearbeiten investieren wollte und eine Putzkraft beim konzentrierten Verfassen meines neuen Romans sicher stören würde, entschloss ich mich zum Kauf eines modernen Saugroboters.

Ich ging in den besten Laden. Mit dem RV 400, so versprach mir der engagierte Verkäufer, könne ich mich in Ruhe dem Schreiben widmen. Zur gleichen Zeit würde mein neues Helferlein sämtliche Böden selbständig, geräuscharm und gründlich reinigen. Ein wahres Zeitsparwunder sei das Ding und genau das Richtige für mich. Zudem sei der formschöne Saugroboter gerade im Angebot: Zusammen mit dem großen Ersatzteilepaket und einem Thermomix würde ich auf der Stelle satte zwei Prozent im Vergleich zu den teuren Einzelverkaufspreisen sparen! Nun wusste ich zwar nicht, was ein Thermomix ist, aber machen wir uns nichts vor: Wer will in diesen Zeiten keine zwei Prozent sparen? Da dieses exklusive Angebot zudem nur noch bis Ladenschluss galt, musste ich einfach zuschlagen.

Mit zwei riesigen Tüten stolzierte ich aus dem Geschäft und war froh, diesen Kauf getätigt zu haben. Warum sollte ich mein wahres Talent mit der nachhaltigen Pflege von Parkettböden verschwenden, wenn ein Roboter dies viel schneller und besser konnte? Der Verkäufer winkte noch einmal kurz hinter der Glastür und zog dann eilig das Rollgitter nach unten.

 

Im Büro machte ich mich beschwingt an das Auspacken meines brandneuen Saugroboters. Das Einrichten war kinderleicht: Es gab eine 159-seitige Gebrauchsanweisung, die ich vor Inbetriebnahme unbedingt lesen sollte. Tat ich das nicht, so hieß es bereits auf der zweiten Seite, könnte der Roboter entweder in Flammen aufgehen, gefährliche Gegenstände von Schränken fallen lassen oder gar explodieren. Er könnte mich zudem zerquetschen, überrollen, ersticken, massakrieren, frittieren oder hinterrücks meucheln. Ferner riet mir der Hersteller dringend, den Saugroboter nicht ins offene Feuer zu werfen. Das leuchtete mir ein, und ich war dankbar, dass man mir diese wichtigen Informationen zur rechten Zeit zukommen ließ. Sicherheitshalber notierte ich mir mit Kreide »Roboter nicht ins Feuer werfen!« auf meiner großen Schultafel.

Zunächst, so hieß es in der Anleitung, musste ich mein Büro »robotergerecht« machen: Also stellte ich alle Bodenlampen, Abfalleimer und Stühle hoch, nahm die Gardinen ab, schleppte meinen runden Teppich und den Ventilator auf den Balkon, entfernte sämtliche lose auf dem Boden liegenden Stromkabel und deponierte Klobürste, Wäschekorb und Schuhe auf meinem Schreibtisch. Während ich die Schutzfolien des RV 400 entfernte, klingelte mein Handy, vermutlich jemand vom Verlag. Da ich das Telefon unter den abgenommenen Gardinen vermutete, auf denen mehrere Stühle standen, würde ich einfach später, während des geräuscharmen Saugvorgangs, zurückrufen.

Behutsam montierte ich die Seitenbürste und löste die Transportsicherung. Nun war es gleich so weit: Ich musste nur noch die Basisstation einrichten und meinen Roboter mit fairem Ökostrom aufladen. Ein Kinderspiel! Schon nach wenigen Handgriffen signalisierten mir blinkende LEDs, dass ich alles falsch gemacht hatte.

Erst eine Stunde später wurde mir die erfolgreiche Endmontage vermeldet, so dass ich mich mit einer Tafel Ritter Sport Knusperkeks belohnte. Da ich sämtliche Stühle bereits auf die Couch gestellt hatte, genoss ich die Schokolade auf dem schmutzigen Boden und dachte dabei über einen Namen für meine neue Putzkraft nach. Als von vielen Seiten gepriesener Frauenversteher und Reality-Fan entschied ich mich für »Der Bachelor«. Nur eine Kleinigkeit musste ich noch erledigen: Wenn ich den Bachelor über die App steuern wollte, musste er ins WLAN. Nachdem ich mein Handy in der Gardinenrolle gefunden hatte, lud ich die App, klickte auf »Verbinden« und bewunderte die Fehlermeldung.

Dann sprach ich mit dem Hersteller meines WLAN-Routers, der Telekom, Apple, der Rheinenergie, dem 1. FC Köln und Toni Schumacher. Dieser hatte zufälligerweise den gleichen Saugroboter und verriet mir, dass ich für eine WLAN-Verbindung beide Funktionstasten am Roboter einfach nur so lange gedrückt halten müsse, bis die LED grün blinke. Ich bedankte mich und folgte den Anweisungen der Kölner Saugroboterlegende.

Als die LED nach drei Stunden immer noch gelb blinkte, nahm ich die letzte Straßenbahn nach Hause, wo ich den Thermomix an prominenter Stelle in der Küche platzierte. Ich wusste zwar immer noch nicht, was man mit diesem geheimnisvollen Dings machen konnte, aber da auf der Verpackung diverse Lebensmittel und eine glückliche Frau abgebildet waren, schien es genau das richtige Gerät für meine Frau.

 

Als ich am nächsten Morgen gegen Mittag erwachte, war meine Frau schon zur Arbeit gefahren und der Thermomix unangetastet. Seltsam. Ich schrieb »Für dich!« auf einen Zettel und eilte ins Büro, wo ich mich mit frischer Kraft an die Inbetriebnahme meines Saug-Bachelors machte.

Plötzlich gelang alles mit Leichtigkeit: Die LED leuchtete grün, und die übertrieben benutzerfreundliche App führte mich durch alle Schritte. Schon war es so weit: Der Bachelor war einsatzbereit! Von der Büroküche eilte ich in mein Schreibzimmer. Da mein Bürostuhl auf dem Schreibtisch stand, setzte ich mich unter den Schreibtisch, von wo aus ich den Roboter via App startete. Augenblicklich drang ein Geräusch aus der Küche, das sich mit »frischgestartete Triebwerke einer alten Boeing 737« wohl am besten beschreiben lässt. Hatte der pomadige Verkäufer nicht etwas von »geräuscharm« gesagt?

Nicht ohne mir den Kopf an der Tischplatte zu stoßen, sprang ich auf und hastete in die Küche. Dort raste der Bachelor gerade auf seine eigene Bedienungsanleitung zu. Mit einem beherzten Sprung konnte ich sie ergreifen, kurz bevor die rotierende Seitenbürste sie zerfetzt hätte. Mit einem überraschenden Schlenker bog der Roboter Richtung Couch ab.

Er will unter die Couch!

Dank einer geschickten Rollbewegung rettete ich ein paar alte Tennissocken und eine angebissene Ritter Sport Alpenmilch. Seltsam, die aß ich seit Jahren nicht mehr. Fieberhaft suchte ich den Abfalleimer, wobei ich beinahe von einer hochgestellten Bodenlampe erschlagen wurde. Nach mehrminütiger Wechselatmung (Nadi Shodana!) im eilig verriegelten Waschraum wurde mir klar, dass ich so vermutlich nicht würde arbeiten können.

Ich schloss den dröhnenden Bachelor in der Küche ein. Für eine Weile war ich froh, doch dann überkam mich ein schlechtes Gewissen, schließlich war es das erste Mal, dass ich jemanden einsperrte. Jemanden?

»Jetzt stell dich nicht so an, es ist ein verdammter Roboter!«, stöhnte ich laut und beschloss, mit meiner eigentlichen Arbeit zu beginnen: dem Schreiben. Dann ging ich zu meinem Schreibtisch, stellte ruhig meinen Stuhl wieder auf den Boden, nahm den Wäschekorb von der Tastatur und schaltete meinen Rechner ein.

Nichts.

Irritiert blickte ich zu Boden. Ah! Ich hatte ja den Stecker gezogen, damit das Kabel den Saugvorgang nicht störte! Da rumpelte es an der geschlossenen Küchentür. Einmal. Zweimal. Dreimal. Der Bachelor!

»Is’ zu!«, rief ich. »Wofür hast du denn 23 Sensoren, du Idiot?«

Unbeeindruckt und mit lautem Getöse donnerte der Bachelor weiter gegen das Holz. Jetzt reichte es mir. Ich riss die Tür auf. Der Bachelor nutzte dies skrupellos, um mich zu umfahren und Kurs auf mein Schreibzimmer zu nehmen. Verwirrt starrte ich ihm nach.

»Nein! Nicht dahin. Mach das Bad sauber! Das Bad, hörst du? Ich muss schreiben! Hallo?«

Der Roboter ignorierte mich und traktierte stattdessen meinen Bürostuhl. Ich flüchtete über das Treppenhaus aus dem Gebäude und eilte zur erstbesten Parkbank, wo ich mich abermals mit Wechselatmung beruhigte.

Ich musste etwas tun! Nur was? Dann fiel mir ein, woran mich mein Saugroboter erinnerte. Ich zog mein Handy und las die Zusammenfassung von »Terminator«:

Intelligente Maschinen übernehmen die Kontrolle. Doch die Menschheit leistet Widerstand, angeführt von John Connor. Deshalb schicken die Maschinen den »Terminator« in das Jahr 1984, um Connors Mutter zu töten, bevor sie den Kopf des Widerstands gebären kann.

Ich hielt die Luft an und starrte in den grauen Kölner Himmel. Die Sache war klar: ICH