Man müsste mal – Nix gemacht und trotzdem happy - Tommy Jaud - E-Book
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Man müsste mal – Nix gemacht und trotzdem happy E-Book

Tommy Jaud

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Beschreibung

»Wer sich oder anderen einen großen Spaß schenken will, liegt mit Tommy Jaud genau richtig.« Weser Kurier Warum unternehmen alle anderen immer mehr als man selbst? Hat die künstliche Intelligenz eine Chance gegen die natürliche Dummheit? Und wo zum Teufel ist der rote Aufreißfaden der Prinzenrolle hin? Da müsste man doch mal ... Tommy Jaud stellt sich dem täglichen »Man müsste mal«: Er kämpft um Paybackpunkte, Rückenmuskulatur, Spülmaschinen-Ästhetik und geistige Gesundheit. Und zeigt mit tatkräftiger Hilfe von Ehefrau Nina, Nachbar Oski und den Britisch-Kurzhaar-Kätzchen Fanny und Coucou: Verzetteln ist menschlich, und nix machen macht auch nix. Neue Alltagsgeschichten vom Meister der guten Laune. Jetzt mit der Alpaka-Formel!  »Der perfekte Stimmungsheber.« Hörzu

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Seitenzahl: 155

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Tommy Jaud

Man müsste mal – Nix gemacht und trotzdem happy

Neue Gute-Laune-Storys

 

 

Über dieses Buch

 

 

Viel geplant, aber nix geschafft? Egal: Bestseller-Autor Tommy geht’s ständig so, und er macht die lustigsten Storys und beste Laune draus.

»Was man nicht alles mal müsste: Was gegen die Rückenschmerzen tun, der Ehefrau beweisen, wie perfekt man die Spülmaschine einräumt – und natürlich müsste man diesen nervigen Vogel eliminieren, der den Waschmaschinen-Piepston zum Programmende so echt nachzwitschert, dass halb Köln sinnlos durch die Wohnungen rennt. Am besten wäre es freilich, wenn man einfach dümmer würde: weil einen dann nichts mehr aufregt und man sich über die schlichtesten Sachen freut. Sagt zumindest mein Nachbar. Ob das Experiment klappt und was bei allem anderen rausgekommen ist, lesen Sie in meinen neuen Gute-Laune-Geschichten. Viel Spaß dabei!« Tommy Jaud

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Biografie

 

 

Tommy Jaud kommt zu nix, das ist bekannt. Vielleicht auch, weil er ständig überlegt, was man so alles mal machen müsste. Witzige Storys schreiben, die ihm nie passiert sind, zum Beispiel. Denn wenn die Laune im Keller ist, kann man ja einfach oben bleiben. Tommy Jaud ist erfolgreicher Autor und erfolgloser Selbstoptimierer, verbessert dafür aber erwiesenermaßen die Stimmung seiner vielen Leserinnen und Leser. Seine Romane sind allesamt Bestseller, die Kino-Adaptionen lockten Millionen Besucher an, und als Drehbuchautor und Satiriker wurde er mit dem Deutschen Comedy-Preis ausgezeichnet. Der gebürtige Franke pendelt je nach Laune zwischen den beiden Bierstädten Köln und Bamberg.

Inhalt

Man müsste mal – Warum etwas planen, was man gar nicht machen will?

Punktlandung – Vom Versuch, einer vermeintlich harmlosen Sucht zu entfliehen

Gluteus minimus – Was passiert, wenn man als Frau einmal die Wahrheit sagt

Dumm und Dümmer – Dumm müsste man sein, dann wäre man zufriedener. Wirklich? Eine Nachbarschafts-Challenge

Prinzenrolle – Kundenrevolution: Ich will meinen alten Aufreißfaden zurück!

Klaus – Schockierende Diagnose beim Hausarzt verändert alles!

Mehr machen – Man müsste mal mehr machen, meint meine Frau – kann sie haben

Der Miele-Vogel – Jagd auf einen nervigen Vogel, der den »Ende«-Pieps der Waschmaschine perfekt imitiert

Das Rasthaus im Spessart – Amüsantes Bon-Bon für Freund und Feind Tank & Rast

Tagdiebe – Wie meine Frau gegen professionelle Banden vorgeht, die uns wertvolle Lebenszeit rauben

Du hast ein Leben! – Viele Frauen bestätigen: Männer sprechen einfach anders miteinander

Schalömchen – Die unpassendste Mail des Jahres geht aus Versehen an den Zentralrat der Muslime

Spülmeister – Spülmaschinen-Einräum-Battle gegen die beste Ehefrau von allen

Alles gut – Generationen-Scharmützel im Tennisfachgeschäft

Das Arbeitswochenende – Vom Versuch, die Arbeit mal in ein schöneres Setting zu verlegen

Erhöhter Aufwand – Schockierender Einblick in die dunklen Machenschaften unserer Ärzte

[Newsletter-Hinweis]

Man müsste mal

Es ist schon seltsam, was man angeblich so alles mal müsste: Das Gästezimmer aufräumen, den Stromversorger wechseln, die WhatsApps vom letzten Jahr beantworten und so weiter. Ich weiß, wovon ich schreibe, denn ich bin ein wahrer Meister der konsequenten Anforderungsvermeidung. Warum sollte man ausgerechnet dann den Keller ausmisten, wenn die Bundesliga läuft und kühles Bier auf seinen Verzehr wartet? Eben.

Die Frage ist nur, warum man sich dennoch ständig vormacht, dass man dies und das schon mal müsste.

Sind wir vielleicht alle so faul geworden, dass wir nicht mal mehr die einfachsten Dinge erledigen können? Ich glaube nicht. Es ist doch eher so: Wenn wir »Man müsste mal …« sagen, dann haben wir eigentlich längst beschlossen, dass wir das genannte hanebüchene Vorhaben niemals in Angriff nehmen werden. Sonst würden wir ja »ich« sagen und nicht »man« – und »Ich werde« und nicht »Man müsste«.

Und schon gar nicht »mal«. Rein grammatikalisch kann man präziser also gar nicht beschreiben, dass man die beiläufig dahergeplapperte Aufgabe definitiv niemals erledigen wird. Wenn Ihnen Ihr Nachbar also beim Grillabend vorseufzt: »Man müsste echt mal nach Australien …!«, dann können Sie sich jetzt schon auf ein Handyfoto vom Baggersee freuen.

 

Die geschickteste Ehefrau von allen (meine) geht sogar noch einen Schritt weiter: Sie hält jegliches von mir geäußerte »Man müsste mal« für einen arglistigen, passiv-aggressiven Arbeitsauftrag an sie selbst. Entsprechend antwortet sie einfach immer mit: »Dann mach doch.«

Das Dumme ist: Meistens mache ich es eben nicht, und dann hat sie auch noch recht. Weil die Aussage »Man müsste mal« im Grunde genommen eine als Alliteration verkleidete Arbeitsverweigerung bedeutet. Hätte ich meinem Verlag mitgeteilt, dass man mal einen neuen Satireband schreiben müsste, dann hätten Sie jetzt vermutlich eine TV-Fernbedienung in der Hand und kein schönes rotes Buch mit einem Alpaka drauf.

Das Alpaka ist im Übrigen kein stumpfer Marketingtrick, sondern mein absolutes Lieblingstier, denn Alpakas machen wie ich gute Miene zum bösen Spiel. Oder hätten Sie Lust, mit zwanzig bräsigen Touris durch den flachen Ruhrpott zu wandern, wo Ihre Heimat doch eigentlich das peruanische Andenhochland ist? Eben. Alpakas lächeln zwar stets gutmütig, einen Hals haben sie aber trotzdem. Das müsste man den Anhängern des peruanischen Trendtiers wirklich mal sagen.

 

Dass »Man müsste mal« die transusige Vermeidungsfloskel von professionellen Müßiggängern ist, ist mir leider erst seit kurzem bewusst. Noch im letzten Jahr habe ich heldenhaft versucht, alle Dinge höchstpersönlich und tatsächlich umzusetzen, die man mal müsste. Das hat mich einige Zeit gekostet und geriet mir stets zu einem grandiosen Reinfall.

Man müsste der Frau (!) endlich mal beweisen, dass sie die Spülmaschine schlechter einräumt als man selbst: Lassen Sie es. Man müsste endlich mal so richtig dumm werden, weil die ganzen Dummen, die man kennt, so unfassbar zufrieden wirken: Das war auch nicht die beste Idee meines Jahres. Auch müsste man endlich mal den verdammten Vogel fangen, der den Programm-Ende-Pieps der Waschmaschine so täuschend echt imitiert, dass man immer wie ein Trottel mit Wäschekorb vor der noch rotierenden Trommel steht. Heute weiß ich – und Sie wissen es bald auch: Einen talentierten Vogel einfangen zu wollen, ist nicht nur wider das Tierwohl, es bringt auch nichts.

Tiere sind uns in der Gestaltung ihres Alltags ohnehin überlegen. Sie denken nicht groß, sie machen einfach. Der Waschmaschinen-Vogel hat sich ja ganz sicher nicht gedacht: »Haha, den Wäsche-fertig-Pieps vom Jaud müsste ich mal imitieren, das gäbe vielleicht einen Spaß!«

Und auch bei unseren frisch adoptierten Kätzchen Fanny und Coucou finden sich zwischen den Schnurrhaaren keinerlei Konstrukte wie: »Man müsste echt mal alle Pflanzen umwerfen, den Trinkbrunnen zerlegen und auf den neuen Teppich kotzen.«

Nein, sie machen es einfach. Natürlich verzeihen wir unseren süßen Napfnasen ihre kindlichen Streiche, denn sie schauen ja so unschuldig, wenn man sie vor dem zerfetzten Design-Fadenvorhang erwischt hat. Außerdem riechen ihre Pfoten phantastisch.

All das sind durchaus beneidenswerte Katzenwaffen. Ich jedenfalls käme sicher nicht damit durch, wenn ich sämtliche Kosmetik meiner Frau verschüttet hätte und sie als Entschuldigung mit treudoofem Blick an meinen Füßen schnuppern ließe. Verstehen Sie mich nicht falsch: Meine Füße sind seit den 40-fach Payback-Punkten auf Körperpflege bei dm stets gewaschen, aber zu meiner Cashback-Sucht kommen wir später.

 

Vieles in meinen Gute-Laune-Storys ist mir übrigens tatsächlich passiert. Als begeisterter Geschichtenerzähler und vehementer Witzaktivist habe ich meine Erlebnisse allerdings ein wenig aufgehübscht und ordentlich dramatisiert. Wenn Sie also ein empfindsames Gemüt haben und sich an der ein oder anderen Stelle denken, »Das kann man dem Jaud nicht durchgehen lassen, da müsste man sich mal vor sein Büro kleben!«: Lassen Sie es. Denn zum einen ist mein satirisches Ich nicht justiziabel, zum anderen führe ich stets einen großen Eimer mit extrem starkem Klebstoffentferner mit mir (6-fach Punkte bei Amazon auf Produkte in der Kategorie Verkehrssicherheit).

Nun wünsche ich aber wirklich ein außergewöhnlich schönes Verweilen mit meinen fünfzehn neuen Alltagseskalationen. Mein Verlag hat gesagt, man müsste mal erwähnen, dass diese noch lustiger seien als die aus dem ersten Band. Das habe ich hiermit getan. Wusste ich doch, dass ich das wieder machen muss.

Punktlandung

In meiner ersten, erbarmungslos halbwahren Geschichte möchte ich Ihnen berichten, wie eine fürchterliche Sucht fast mein Leben zerstört hätte. Mein Verhalten war komplett außer Kontrolle geraten, doch ich konnte nichts tun – die Sucht war übermächtig. Tatsache ist: Auf dem Höhepunkt meines tollkühnen Ritts in den Abgrund war ich nur noch ein Schatten meiner selbst. Tatsache ist aber auch, dass es meine Sucht offiziell gar nicht gibt. Oder geben darf? Googelt man nach ihr, findet man rein gar nichts. Umso wichtiger ist es mir daher, meinen Leidensweg mit Ihnen zu teilen. Denn es kann jeden erwischen. Ja, auch Sie!

 

Ich habe recherchiert: Die meisten Süchte werden zunächst heimlich ausgelebt. So war es auch bei mir. Mein Umfeld konnte mein inneres Martyrium also gar nicht erkennen, es war ein Geheimnis. Nur REWE, dm und Amazon wussten Bescheid, Aral, Apollo, Baby Walz, Fressnapf, mymuesli, BurdaDirect und natürlich Herr Maurer von Sky. Sie ahnen es längst: Ich war süchtig nach Payback-Punkten.

Statt meine wertvolle Zeit aktiv für YouTube, TikTok und Insta zu nutzen, scrollte ich ohne Sinn und Verstand durch die neuesten eCoupons der Payback-App: 10-fach-Punkte auf Produkte der Kategorie Garten bei Amazon? Wenige Minuten später lag eine Akku-Astschere in meinem Warenkorb. 15-fach für Online-Einkäufe bei Tchibo? Binnen Sekunden tauchte ich in die Themenwelt »Küchenhelden« ein und erwarb ein formschönes Schneidebrett mit herausnehmbarer Küchenwaage.

Ich unterbrach sogar einen morgendlichen Videocall mit meiner Verlagslektorin, weil es bei Aral nur bis zehn Uhr 150 Extrapunkte auf einen Kaffee gab. Natürlich hab ich mich gleich am Nachmittag bei ihr entschuldigt: mit 100 Packungen Eisbergsalat (12-fach auf Florette-Salate UND 2.000 Extrapunkte für die erste Bestellung beim REWE-Lieferservice).

Ausreden für mein erratisches Verhalten hatte ich immer. Akku-Schere: Der Blauregen im Innenhof sei nur mit Körperkraft nicht mehr in Schach zu halten. Aral-Kaffee: Mein linker Autoreifen habe zu wenig Luft, da müsste man mal schauen, und Tchibo-Silikontablett: Snackwürste für Kätzchen schneide man hygienischer auf einem solchen Brett und nicht auf der Küchenarbeitsplatte.

»Aber wir haben doch gar keine Katzen!«, wandte meine Frau ein.

»Stimmt. Was natürlich sehr, sehr schade ist.«

»Ach, plötzlich?«

Eines führte zum anderen, und schließlich öffnete meine Frau nach gut vier Wochen überglücklich das Türchen unserer neuen Katzentransportbox (10-fach-Punkte für Neukunden bei Fressnapf), und zwei flauschige Britisch-Kurzhaar-Kitten tapsten heraus.

»O Gott, sind die süß!«, jubilierte meine Frau und schnappte sich gleich eines der Kätzchen.

»Sehr süß!«, bestätigte ich lachend, denn auch ich war in einer Art Freudenrausch. Hatte ich doch vor meiner Katzenzusage akribisch errechnet, dass uns zwei kleine Napfnasen bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 15 Jahren mindestens 100000 Punkte für Futter, Streu und Spielzeug einbringen würden und somit mindestens einen gemeinsamen Flug nach Hawaii. Wie man mir zugetragen hatte, ließen sich Payback-Punkte nämlich eins zu eins in Lufthansa-Meilen tauschen.

 

Die beiden putzigen Fellfürze waren freilich erst der Anfang. Ich wechselte den Stromanbieter (1.000 Extrapunkte bei Lichtblick), kündigte bei Vodafone (8.000 Extrapunkte auf einen MagentaZuhause-Neuvertrag) und zahlte meine wöchentliche Zahnbehandlung mit der nigelnagelneuen Payback-Kreditkarte (1 Punkt pro Euro). Leider war mein Zahnarzt irgendwann der Meinung, dass bei mir nun wirklich alles gemacht sei.

»Aber irgendwo ist doch sicher noch was!«

»Nein, Tommy. Wir haben alles gemacht.«

»Aber die Krone hier wackelt, oder?«

»Tut sie nicht.«

»Wie wäre es mit einer neuen Schnarchschiene? Die sind doch schön teuer!«

»Ja, aber du hast schon drei.«

»Prophylaxe?«

»Ab der zehnten kann ich das medizinisch nicht mehr rechtfertigen.«

»Dann wenigstens eine Wurzelkanalbehandlung! Ich hätte noch Zeit, bis Alnatura zumacht.«

»Ich leider nicht. Schönes Wochenende.«

In meiner Enttäuschung über die entgangenen Punkte kaufte ich bei bücher.de sofort 200 Exemplare meines letzten Buches. Ein Fehlschlag, wie ich bald feststellen musste: Für den Aufstieg von »Komm zu nix« von Rang 79 auf 78 in den Buch-Charts wurde meine Payback-Visa-Karte mit dreitausend Euro belastet, was mir sehr viel mehr Kosten als Punkte brachte. 5-fach-Punkte für meinen Kauf gab es nämlich gar nicht, denn wegen der Buchpreisbindung sind Bücher von der Bepunktung ausgeschlossen.

Ich war so sauer, dass ich mein eigenes Buch mit nur einem Stern bewertete und die vier Pakete von bücher.de im Bürokeller hinter den drei Heißluftfritteusen versteckte (12-fach bei Severin). Eigentlich hätte ich spätestens hier skeptisch werden müssen, was mein Verhalten angeht. Ich wurde es nicht.

 

Im Rückblick ist es schon verwunderlich, dass es ausgerechnet mich erwischt hatte. Mich, den einst größten Payback-Gegner südlich des Polarkreises!

Noch vor einem Jahr hatte ich jede gegen das verschmierte Kassenplexiglas geschnodderte »Payback?«-Frage mit einem süffisanten »Natürlich nicht« erwidert. Für all jene, die stolz ihre jämmerlichen Cashback-Kärtchen oder das Handy zückten, hatte ich nur Verachtung übrig. Warum sollte ich den raffgierigen Konzernen für ein paar lausige Cents verraten, dass ich stets nach 19 Uhr Fleisch, Rotwein und Zigaretten einkaufte? Die Daten würden sicher schneller an meine Krankenkasse gehen, als ich wieder zu Hause wäre.

Nun weiß ich: Wenn ich die Krankenkasse wechsle, bekomme ich 3.000 Punkte von Check24. Damals dachte ich anders. Was hätte ich für die kärglichen Sammelpunkte schon bekommen? Ein »Bild der Frau«-Abo? Ein Strandboccia-Set? Eine Alpaka-Wanderung mit der Tante von Jochen Schweizer? Payback war totaler Bullshit und alle, die mitmachten, so dumm wie eine blökende Herde, die von einem blauen Payback-Schäferhund gehütet wurde.

Das war meine Überzeugung bis zu jenem Abendessen mit unseren lieben Nachbarn, den Lendts, bei dem mir Oskar, kurz Oski, nicht ohne Stolz erzählte, dass ihr Portugalurlaub sie so gut wie nichts gekostet hätte. Als ich ihn verdutzt fragte, wie so was gehe, tuschelte er mir ins Ohr:

»Mit dem Payback-Meilen-Abo … Kannst du auch machen …«

»Ich? Ha! Im Leeve nit!«

 

Nur eine Woche später war ich stolzer Besitzer mehrerer neuer Kreditkarten und verbrachte schlaflose Nächte, weil die neuen eCoupons erst um Mitternacht in der App standen. Besonders aufgeregt war ich vor REWE-Superpunktetagen (20-fach auf alles).

Oski und ich wurden bald zu einem verschworenen Team, das sich bei Telegram heimlich über die neuesten Aktionen und Coupons austauschte. Meine tollkühne Katzenaktion nötigte ihm gehörigen Respekt ab, lag ich doch nunmehr in Punkten nur noch knapp hinter ihm. Umso erbarmungsloser schlug er zurück. An unserem Dachterrassenmäuerchen gestand er mir grinsend bei einem Glas Rosé (6-fach bei Weinfreunde), dass er und seine Frau nun doch noch ein Kind wollten.

»Du verarschst mich!«, stammelte ich, »warum das denn plötzlich?«

»Ganz einfach. Ich hab das mal durchgerechnet: Bis zum Abi sind da gut und gerne drei Millionen Punkte drin!«

Zitternd löste ich den ersten Knopf meines neuen, azurblauen Polos (5-fach bei herrenausstatter.de). Ein solches Verhalten war asozial, schamlos und zudem altersdiskriminierend! Oski wusste genau, dass meine Frau und ich das Thema Kinder abgeschlossen hatten. Immerhin gelang es mir, ihn ebenfalls zu verwirren:

»EIN Kind nur? Da lasst ihr ja ordentlich Punkte liegen!«

Oski und sein Rosé starrten mir verdutzt hinterher, als ich nach drinnen eilte.

»Schatz?«, sagte ich zu meiner Frau. »Wir müssen da noch mal reden.«

 

Leider wollte meine Frau lieber die zweite Staffel »The White Lotus« schauen, statt an lukrativen Mehrlingen zu arbeiten. Jetzt, wo wir alle Kanäle von Sky hatten (500 Punkte pro Abo), war das natürlich verständlich.

Das Seltsame war, dass sie mein neues Verhalten nie wirklich hinterfragte. Im Nachhinein weiß ich, warum: Schließlich befriedigte MEINE Sammelsucht auch unendlich viele IHRER Wünsche. So erfreute sich die geschickteste Ehefrau von allen an recht vielen Gutscheinen für Swarovski, Ralph Lauren und Douglas.

Zu einem ernsten Gespräch mit ihr kam es erst, als ich nach dem Büro mit blauen Haaren heimkam. Der Grund war ein 40-fach-eCoupon (!) auf Haarcolorationenvon dm.Nun wurde meine Frau doch stutzig und wollte wissen, was genau mit mir los sei. Ich hatte keine Antwort parat und flüchtete in unsere kleine Haushaltskammer, wo ich mehrere Kilo Päckchen mit Katzenfutter alphabetisch ordnete: Animonda, Cat’s Love, Felix …

»Kommst du da noch mal raus?«

»Ich arbeite!«

Happy Cat, IAMS, Kitty’s Cuisine, Mjammjam …

»Aber irgendwas ist doch mit dir. Jetzt komm raus, bitte!«

Royal Canin, Schmusi, Sheba und Wildes Land. Das war’s. Kleinlaut öffnete ich die Tür und brach in Tränen aus. Meine Frau umarmte mich, und schließlich rückte ich mit der Sprache raus.

»Ich hab’s nicht mehr im Griff mit den Punk-ten!«

»Sind deswegen deine Haare blau?“

„Nein. Es ist wegen dem 15-fach-Colorations-Coupon.«

»Du hättest die Coloration ja auch nur kaufen können.«

»Darauf bin ich nicht gekommen …«, weinte ich und merkte, wie ich schon wieder nach meinem Handy schielte, um nach Haarentfärber-Coupons zu suchen.

Meine Frau war entsetzt. Über mich, aber auch über sich, weil sie es nicht mitbekommen hatte. Die Katzen, die vielen neuen Polohemden und die drei Kaffeevollautomaten!

»Wir haben das alles also nur wegen irgendwelcher Freiflüge?«

»So kann man das nicht sagen, es gibt auch Prämien und Upgrades, und man kann mit den Punkten auch bezahlen.«

»Aber die Kätzchen haben wir nicht deswegen, oder?«

»Natürlich nicht. Die beiden sind mir schon so ans Herz gewachsen. Ich liiiiiebe Ferdi und Loulou!«

»Fanny und Coucou!«

»Natürlich.«

»Was ist mit meinen Gutscheinen? Hast du die wirklich gewonnen?«

»Ich hab sie … gekauft. Gab Punkte. Viele Punkte.«

»Und meine goldene Halskette? Waren da wirklich 95 % Rabatt drauf?«

»Nein, aber ich hab sie mit der Payback-Visa bezahlt.«

»Aber das kostet doch alles ein Vermögen! Haben wir denn überhaupt noch Geld?«

Ich senkte den Kopf.

»Tommy??«

»Nein, aber das ist auch besser so: Bei Check24 gibt’s 6.000 Extrapunkte für Kredite ab 10000 Euro!«

 

Noch am selben Abend fuhr ich mit meinem bei Sixt geleasten Porsche (2.500 Punkte pro Abschluss) zu einem Treffen der Anonymen Punktoholiker. Da ich an diesem Tag klein mit Hut war, stieß mein Kopf zum ersten Mal nicht ans Verdeck.

Das Treffen fand in einer ehemaligen Lagerhalle neben der Kölner REWE-Zentrale statt. Ein gutes Dutzend geduckter Konsumopfer hatte sich in einem Halbkreis auf Stühlen formiert, so wie man das aus Filmen kennt. Einer von ihnen war mein Nachbar Oskar; er war nicht mal überrascht, mich zu sehen.

Als wir alle saßen, fragte mich eine mittelalte, brünette Punktologin, ob ich mich vorstellen oder erst mal nur zuhören wolle. Ich wollte erst mal nur zuhören.

Ein beschämter Priester berichtete davon, dass er bereits eine halbe Million Punkte gesammelt hatte, indem er sämtliche Ausgaben seiner Gemeinde über Payback laufen ließ, sogar den Messwein, die neuen Glocken und den Orgelspieler.

Ich schlug ihm vor, die Gemeinde mit einem PrayBack-Programm an den gesammelten Punkten zu beteiligen, also zum Beispiel 10-fach für Gebete vor Sonnenaufgang.

Die Punktologin wies mich zurecht. Ich sei albern und hätte die Problematik und den Ernst der Situation offenbar noch nicht ganz verstanden. Die Sucht nach Bonuspunkten habe ihren Ursprung nämlich in fehlender Anerkennung. Programme wie Payback, Miles & More und die Douglas Beauty Card nutzten diese Schwäche geschickt aus und belohnten die Konsumenten für gewünschte Aktivitäten, was dann über eine Dopamin-Ausschüttung das sehnlich erhoffte, positive Gefühl auslöse. Daher seien gerade solche Menschen gefährdet, bei denen im Alltag Belohnungen oft ausblieben, also Pfarrer, Hausfrauen und Autoren.