Kompetenzmodelle - Stefan Krumm - E-Book

Kompetenzmodelle E-Book

Stefan Krumm

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Beschreibung

Kompetenzmodelle stellen ein wichtiges Hilfsmittel dar, um systematische HR-Aktivitäten im Unternehmen vornehmen zu können und unterschiedliche Systeme und Methoden der Personalarbeit miteinander zu verzahnen. Ihr Einsatz bietet im Gegensatz zur isolierten Anwendung von Einzelmethoden die Möglichkeit, das operative Tagesgeschäft von HR-Managern mit den Zielsetzungen des strategischen Managements zu verknüpfen. Dieser Band beginnt mit einer Definition des Begriffs des Kompetenzmodells und einer Abgrenzung inhaltlich verwandter Begrifflichkeiten. Darüber hinaus werden die in der psychologischen Forschung bekannten Modellvorstellungen zu verschiedenen Bereichen menschlicher Verhaltensweisen und Eigenschaften beschrieben, wobei immer wieder ein Bezug von wissenschaftlichen Erkenntnissen zu in der Praxis sinnvoll einsetzbaren Methoden und Vorgehensweisen hergestellt wird. Besonders wird auf den konkreten Prozess der Entwicklung von Kompetenzmodellen eingegangen. Hierdurch erhält der Leser ein anschauliches Bild davon, welche Fragen vor Beginn der Entwicklung zu beantworten sind, welche Schritte zur Umsetzung notwendig sind und welche Personen in den Prozess mit einbezogen werden sollten. Zudem werden Tipps für die Implementierung gegeben und die Entwicklung von Kompetenzmodellen vor dem Hintergrund unterschiedlicher Anforderungen eines Unternehmens anhand mehrerer Fallbeispiele dargestellt.

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Kompetenzmodelle

Praxis der Personalpsychologie

Human Resource Management kompakt

Band 27

Kompetenzmodelle

von Dr. Stefan Krumm, Dr. Inga Mertin und Prof. Dr. Christian Dries

Herausgeber der Reihe:

Prof. Dr. Heinz Schuler, Dr. Rüdiger Hossiep,

Prof. Dr. Martin Kleinmann, Prof. Dr. Werner Sarges

Kompetenzmodelle

von

Stefan Krumm, Inga Mertin

und Christian Dries

Dr. Stefan Krumm, geb. 1978. Studium der Psychologie und Promotion zum Dr. rer. nat. an der Philipps-Universität Marburg. Während der Promotion wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Psychologische Diagnostik in Marburg und freiberuflicher Berater am Trans-MIT-Zentrum für Psychologisches Assessment (Tätigkeits-Schwerpunkt: Eignungsdiagnostik). Von 2008 bis 2010 Berater und Spezialist für Forschung und Entwicklung beim kölner institut für managementberatung (Köln). Seit 2010 akademischer Rat am Lehrstuhl für Organisationspsychologie der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster sowie Projektleiter der BFO (Beratung und Fortbildung für Organisationen). Inhaber der Lizenz A für berufsbezogene Eignungsbeurteilungen nach DIN 33430. Forschungsschwerpunkte: kognitive Leistungsfähigkeit, Eignungsdiagnostik, Teamfähigkeit und Kompetenzen der virtuellen Teamarbeit.

Dr. Inga Mertin, geb. 1979. Studium der Psychologie und Promotion zum Dr. rer. nat. an der Philipps-Universität Marburg. Von 2006 bis 2012 Beraterin beim kölner institut für managementberatung. Tätigkeitsschwerpunkte: Beratung von Unternehmen zu Themen der Eignungsdiagnostik, Personalentwicklung, Coaching und Feedbacksystemen. Seit 2012 Consultant HR Development bei der Lekkerland AG & Co. KG. Tätigkeitsschwerpunkte: Entwicklung und Implementierung internationaler Personalentwicklungsmaßnahmen und -prozesse. Inhaberin der Lizenz A für berufsbezogene Eignungsbeurtteilungen nach DIN 33430.

Prof. Dr. Christian Dries, geb. 1960. Studium der Psychologie und Ökonomie an der Universität Gießen. 2000 Promotion zum Dr. phil. Seit mehr als 20 Jahren in der Personal- und Managementberatung tätig, heute Gesellschafter und wissenschaftlicher Leiter im kölner institut für managementberatung. Seit 2007 tätig als Professor an der Hochschule Fresenius in Köln.

© 2012 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG

Göttingen • Bern • Wien • Paris • Oxford • Prag • Toronto • Boston

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Merkelstraße 3, 37085 Göttingen

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Format: EPUB

EPUB-ISBN 978-3-8444-2392-1

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Anmerkung:

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Inhaltsverzeichnis

1Beschreibung des Gegenstandsbereichs

1.1Definitionen

1.1.1Definition von Kompetenzen

1.1.2Definition von Kompetenzmodellen

1.2Ähnliche Begriffe: Einordnung und Abgrenzung

1.2.1Knowledge, Skills & Abilities (KSAs) oder Knowledge, Skills, Abilities & Other Characteristics (KSAOs)

1.2.2Anforderungen oder Anforderungsmerkmale

1.2.3Fähigkeiten und Fertigkeiten

1.2.4Persönlichkeitsmerkmale

1.2.5Arbeitsanalyse und Anforderungsanalyse

1.2.6Anforderungsprofil

1.2.7Unternehmensleitbild

1.3Bedeutung für das Personalmanagement

1.3.1Verbreitung

1.3.2Aufwand

1.3.3Involvierte Personen

1.4Betrieblicher Nutzen

1.4.1Valide Grundlage für Personalinstrumente

1.4.2Verzahnung und strategische Ausrichtung der Personalinstrumente

1.4.3Kommunikationsinstrument

2Modelle

2.1Grundlegendes zu Arbeits- und Anforderungsanalysen

2.2Modelle zur Beschreibung menschlicher Eigenschaften

2.2.1Persönlichkeit

2.2.2Ein Modell intellektueller Fähigkeiten

2.3Modelle zur Beschreibung relevanter Kompetenzen für ausgewählte berufliche Tätigkeiten

2.3.1Wichtige Kompetenzen für die Arbeit in traditionellen Teams

2.3.2Wichtige Kompetenzen für die Arbeit in virtuellen Teams

2.3.3Kompetenzen für kontextbezogene Leistungen

2.3.4Wichtige Kompetenzen für Führungskräfte

2.3.5Sind sie bereit zu arbeiten? – Anforderungen an junge Menschen, die in den Arbeitsmarkt eintreten

2.4Modelle zur globalen Beschreibung berufsbezogener Leistungen

3Analyse und Maßnahmenempfehlung

3.1Ist ein Kompetenzmodell immer notwendig?

3.2Ist ein bestehendes Kompetenzmodell noch gültig?

3.3Single-Job- oder One-Size-Fits-All-Kompetenzmodell?

3.4Eigenschaftsbasierte oder aufgabenbasierte Kompetenzmodelle?

3.5Berücksichtigung verschiedener Komplexitätslevel?

3.6Gliederung der verschiedenen Kompetenzen?

3.7Berücksichtigung älterer Mitarbeiter bei der Erstellung von Kompetenzmodellen?

3.8Wie kann die Akzeptanz des Kompetenzmodells gefördert werden?

4Vorgehen

4.1Entwicklung eines Kompetenzmodells

4.1.1Festlegung der Zielsetzung

4.1.2Erstellen eines Aktionsplans

4.1.3Durchführung der Anforderungsanalyse

4.1.4Entwurf einer Strategie zur Einführung des Kompetenzmodells

4.1.5Anpassen der bestehenden Personalinstrumente an die Inhalte des Kompetenzmodells

4.1.6Regelmäßige Überprüfung der Angemessenheit des Kompetenzmodells

4.1.7Die Ebenen eines Kompetenzmodells auf einen Blick

4.2Beschreibung konkreter Methoden für die Datengewinnung

4.2.1Fragebogenerhebungen

4.2.2Exkurs: Fragebogen zum Erleben der Arbeitsplatzinhaber

4.2.3Interviews

4.2.4Personenbezogen-empirische Anforderungsanalyse

4.2.5Verhaltensbeobachtungen

4.2.6Analyse von Arbeitsplatzbeschreibungen

4.2.7Kombination verschiedener Methoden

4.3Kompetenzmodellentwicklung kompakt und chronologisch

4.4Abschließende Empfehlungen

5Fallbeispiele aus der Unternehmenspraxis

5.1Klassifikation

5.2Beispiele der Unternehmenspraxis

5.2.1Fallbeispiel 1: Schunk Group

5.2.2Fallbeispiel 2: VPV Versicherungen

5.2.3Fallbeispiel 3: kölner institut für managementberatung (ki.m)

5.2.4Fallbeispiel 4: Commerzbank AG123

6Literaturempfehlungen

7Literatur

Karten:

Checkliste zur Erstellung eines Kompetenzmodells (Teil 1 und Teil 2)

1 Beschreibung des Gegenstandsbereichs

Begriff „Kompetenzmodell“ in Fachliteratur selten

Die wissenschaftliche Forschung im Bereich der Organisationspsychologie, Lehrbücher der Organisationspsychologie und Leitfäden für die Praxis beschäftigen sich ausgiebig mit Themengebieten wie Personalentwicklung, Personalauswahl, Recruiting oder Leistungsbewertungs- und Anreizsystemen. Der Begriff Kompetenzmodell taucht hingegen nur sehr selten auf.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten in der Praxis

Ungeachtet der geringen Verbreitung in der Fachliteratur verfügen viele Großunternehmen und Konzerne über ein oder mehrere Kompetenzmodelle. In diesen sind verschiedene, in der jeweiligen Organisation als relevant erachtete Kompetenzen spezifiziert. Kompetenzmodelle werden als Grundlage für Auswahl- und Entwicklungsentscheidungen herangezogen oder zur Gestaltung von Anreizsystemen genutzt – um nur einen Teil der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten im Human Resource1 Management zu nennen.

Häufig intuitive Entwicklung

Es ist sicherlich auch auf die scheinbar geringe Verfügbarkeit von fundierter Fachliteratur zurückzuführen, dass Kompetenzmodelle in der Praxis bislang häufig intuitiv und ohne Bezug zu gut etablierten Erkenntnissen der Organisationspsychologie generiert werden. Der vorliegende Band zielt darauf ab, die bereits vorhandenen, unter anderen Labels aufgeführten, wissenschaftlichen Erkenntnisse so zu präsentieren, dass diese bei der Erstellung von Kompetenzmodellen berücksichtigt und umgesetzt werden können. Davon erhoffen wir uns einen Beitrag zur engeren Verzahnung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und gängiger Praxis.

Nutzung der Forschungsergebnisse verwandter Bereiche

Die Relevanz einer besseren Verzahnung sei an einem Beispiel veranschaulicht: Stellen Sie sich einen Mitarbeiter der Abteilung Strategische Personalentwicklung eines größeren Unternehmens vor. Für ihn steht die Aufgabe an, das seit längerem bestehende Kompetenzmodell komplett neu zu gestalten. Er möchte seine Aufgabe gut machen und vertieft sich in die ihm bekannte psychologische Fachliteratur. Leider findet er unter den Begriffen „Kompetenzmodelle“ und „Kompetenzen“ kaum Auskünfte (eine Ausnahme stellt dabei das Buch Personalentwicklung in Organisationen dar; Sonntag, 2006). Er ist daher pragmatisch und greift auf weniger fundierte Literatur oder Erfahrungswissen von Kollegen zurück. Sicherlich kann auch so ein gutes Kompetenzmodell entstehen – nichtsdestotrotz würde der Mitarbeiter auf diese Weise ein großes Spektrum an relevantem Know-How unbeachtet lassen oder nur implizit berücksichtigen; nämlich jene wissenschaftlichen Erkenntnisse, die in der psychologischen Fachliteratur unter den Begriffen „Anforderungsanalyse“ oder „Anforderungsmerkmale“ zu finden sind. Zu diesen Begriffen gibt es eine lange Forschungstradition, die eine Fülle an relevanten Erkenntnissen produziert hat (vgl. Kapitel Arbeits- und Anforderungsanalyse in Schuler, 2007). Wir sagen nicht, dass die in dieser Forschungstradition entstandenen Erkenntnisse stets unmittelbar in die Praxis der Erstellung von Kompetenzmodellen zu übertragen sind. Jedoch erscheint uns eine gesunde Mischung aus psychologischem Fachwissen zu Anforderungsanalysen und praktischem Erfahrungswissen zur Erstellung von Kompetenzmodellen vielversprechend.

Fazit

Es gibt vergleichsweise wenig Literatur, die wissenschaftliche Erkenntnisse zur Entwicklung und Anwendung eines eigenen Kompetenzmodells so darstellt, dass diese Erkenntnisse in der Praxis anwendbar sind.

In Kapitel 1 sollen unter anderem die folgenden Fragen beantwortet werden:

Was versteht man unter Kompetenzen?

Was ist ein Kompetenzmodell?

Wie unterscheiden sich Kompetenzen von Anforderungsmerkmalen? Wie lassen sich beide Konzepte in einem Kompetenzmodell integrieren?

Wie groß ist der ungefähre Aufwand bei der Entwicklung und Einführung eines Kompetenzmodells?

Worin liegt der Nutzen von Kompetenzmodellen?

1.1 Definitionen

„Kompetenz“ als Kernbegriff

Bevor wir uns mit Kompetenzmodellen beschäftigen, ist es notwendig, das Kernelement dieses Begriffs, Kompetenz, zu definieren. Wie sich gleich zeigen wird, ist dies gar nicht so einfach.

1.1.1 Definition von Kompetenzen

Mehrere Bedeutungen

Der Begriff Kompetenz wird in vielfältiger Weise benutzt. Dies gilt sowohl für den allgemeinen Sprachgebrauch als auch für die Verwendung im Bereich der (Personal-)Psychologie. Deutschsprachige Lexika unterscheiden in der Regel zwei Bedeutungen: Zum einen wird Kompetenz als Sachverstand, Fähigkeit, Vermögen umschrieben, zum anderen als Zuständigkeit oder Befugnis (Langenscheidt, 2012). Letztere Bedeutung wird häufig in der Politik verwendet und bezeichnet die Zuständigkeiten von Staatsorganen. Bisweilen streitet man sich in der Politik auch über die sogenannte Kompetenzkompetenz, d.h. die Befugnis, Streitigkeiten über die Zuständigkeit von Staatsorganen zu regeln (Schubert & Klein, 2006).

Unterschiedliches Verständnis unter Experten

Um die Bedeutung von Kompetenz(en) für das HR-Management zu klären, hat eine Taskforce der amerikanischen Society of Industrial and Organizational Psychology (SIOP) Experten aus Wissenschaft und Praxis befragt. Das Ergebnis zeigt, dass fast jede befragte Person ein eigenes Verständnis hat. Die Antworten der Experten auf die Frage, was sie unter Kompetenzen2 verstünden, reichten von „Ein Mischmasch aus Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Anforderungen der beruflichen Tätigkeit“ bis hin zu „Ich weiß es nicht“ (Schippmann et al., 2000, S. 706).

Nützlichkeit des Begriffs umstritten

Neben der Debatte, was unter Kompetenzen zu verstehen sei, wird in der Wissenschaft auch kontrovers diskutiert, ob Kompetenzen überhaupt sinnvolle Beschreibungen menschlichen Verhaltens darstellen. Kompetenzen sind in der wissenschaftlichen Literatur nämlich keineswegs unumstritten. Im Gegenteil, einige Forscher vertreten die Auffassung, dass man statt des in den vergangenen Jahrzehnten erst aufkommenden Kompetenzbegriffs eher die in der (personal)psychologischen Forschung lange etablierten Begriffe Fähigkeiten und Fertigkeiten3 verwenden oder einfach von Anforderungsmerkmalen sprechen sollte (Woodruffe, 2000). Andere Wissenschaftler wiederum betonen explizit die Nützlichkeit des Kompetenzbegriffs (Sarges, 2001).

Die Frage der Definition und die Frage des Nutzens hängen eng miteinander zusammen. Versteht man Kompetenzen lediglich als ein Synonym für Fähigkeiten oder Fertigkeiten, ist die kritische Frage nach dem zusätzlichen Nutzen gegenüber diesen etablierten Konzepten natürlich berechtigt. Wenn andererseits Kompetenzen definiert werden als Konzept, das über Fähigkeiten und Fertigkeiten hinausgeht und einen praktischen Nutzen hat, so ist eine Verwendung dieses Konzeptes durchaus berechtigt. Eine ausführliche und sehr nützliche Darstellung, was unter Kompetenzen zu verstehen ist, nimmt Scherm (2009) mit Bezug auf Erpenbeck und von Rosenstiel (2005) vor, die wir in die hier aufgeführte Definition integriert haben:

Eine Kompetenz ist ein Set von Fähigkeiten, Fertigkeiten und anderen Merkmalen, das ursächlich dazu beiträgt, dass eine Person in der Lage ist, komplexe Situationen effektiv zu bewältigen (in Anlehnung an Eck, Jöri & Vogt, 2007); dieses „Set“ kann durch Lernen und Erfahrung entwickelt werden. Die in der personalpsychologischen Praxis verwendete Bezeichnung der jeweiligen Kompetenz orientiert sich weniger an psychologischen Merkmalen als vielmehr an der komplexen beruflichen Situation, für die das Merkmals-„Set“ benötigt, wird.

Erläuterung anhand „Sozialer Kompetenz“

Was meinen wir mit einem Set von Fähigkeiten, Fertigkeiten und anderen Merkmalen? Dies sei am Beispiel des Begriffs „Soziale Kompetenz“ erläutert: Um ein hohes Maße an sozialer Kompetenz zeigen zu können, sollte man über verschiedene Eigenschaften verfügen, wie z. B. ein hohes Einfühlungsvermögen, gute Kommunikationsfertigkeiten und ein umfangreiches Wissen über soziale Normen. Die einzelnen Eigenschaften alleine (Einfühlungsvermögen etc.) sind nicht als Kompetenz zu verstehen; sie werden als psychologische Merkmale bzw. Eigenschaften bezeichnet, oder, sofern sie relevant sind für berufliche Leistungen, als Anforderungsmerkmale. Im Gegensatz dazu beschreibt Soziale Kompetenz als Sammelbegriff verschiedener Eigenschaften, dass eine Person sich ihres Einfühlungsvermögens, ihrer Kommunikationsfertigkeiten und ihres Wissens (und noch weiterer Merkmale) angemessen und effektiv bedienen kann, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen. So würde man von einem Mitarbeiter mit hoher sozialer Kompetenz erwarten, dass er in einer Verhandlung mit einem schwierigen Kunden in der Lage ist, eine gute Gesprächsatmosphäre zu schaffen, die Ziele und Wünsche des Kunden wahrzunehmen und aufzugreifen, seinen eigenen Standpunkt bzw. den des Unternehmens zu vertreten und angemessen zu kommunizieren.

Fokus auf komplexe Situationen

Die hier verwendete Definition fokussiert auf das effektive Bewältigen von komplexen Situationen. Es geht also nicht um einzelne Tätigkeiten (wie z. B. Lenken oder Beschleunigen eines Busses), sondern um einen Verhaltenskomplex, der zur Bewältigung von erfolgsrelevanten beruflichen Situationen erforderlich ist, für die es keine vorgefertigten Lösungsmuster gibt (Scherm, 2009). Oder wie McClelland (1973) es sinngemäß ausdrückte: Man kann alle notwendigen Fertigkeiten haben, um einen Bus zu steuern, aber dennoch nicht über die Kompetenz verfügen, mit den Passagieren angemessen zu interagieren (siehe Furnham, 2008). Während das Steuern eines Busses sehr klar definierte Handlungsmuster erfordert (Lenken, Beschleunigen, Bremsen etc.), ist der angemessene Umgang mit Passagieren ein komplexer Vorgang, für den es keine klare Routinelösung gibt. Diese Kompetenz könnte man als Kompetenz, mit Passagieren zu interagieren, bezeichnen. Oder einfacher: Soziale Kompetenz.

Praxistaugliche Bezeichnungen

Um bestimmte Kompetenzen zu benennen, werden häufig Bezeichnungen gewählt, die nahe an dem kriterienrelevanten Verhalten sind (z. B. die Kompetenz „Führen mit Zielen“). Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass Kompetenzen als ein Set zu verstehen sind, das aus verschiedenen psychologischen Merkmalen besteht. Allerdings können diese Merkmale sehr unterschiedlich sein, effektives „Führen mit Zielen“ verlangt viele verschiedene Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten. Statt einen komplizierten Sammelbegriff für diese psychologischen Merkmale zu finden, wählt man naheliegender Weise eine Bezeichnung, die den Bezug zu den relevanten, komplexen beruflichen Herausforderungen – in diesem Fall „Führen mit Zielen“ – deutlich macht.

Kompetenzen werden erworben und entwickelt

Kompetenzen können erworben und entwickelt werden. Gerade weil es um effektives Agieren in komplexen Situationen geht, für die es keine eindeutigen Lösungen gibt, ist es wichtig, auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen zu können und ständig dazuzulernen. Der Umgang mit schwierigen Kunden erfordert ein umfangreiches Verhaltensrepertoire, das entwickelt werden kann und situationsangemessen eingesetzt werden muss. Auch der situationsangemessene Einsatz von bereits erlernten Verhaltensweisen kann trainiert werden.

Kompetenz ist keine hinreichende Bedingung für Leistung

An dieser Stelle soll auf einen wichtigen Punkt hingewiesen werden: Die hier verwendete Definition besagt nur, dass Personen, die über die notwendige Kompetenzen verfügen, prinzipiell in der Lage sind, die damit verbundenen Leistungen zu erbringen. Das bedeutet nicht automatisch, dass sie diese Leistungen auch jederzeit zeigen. Umgekehrt lässt eine unzureichende Leistung nicht automatisch auf fehlende Kompetenzen schließen. Es geht uns also, wenn wir über Kompetenzen sprechen, um die Voraussetzungen für gute Leistungen. Man kann sich viele Gründe denken, warum Menschen über notwendige Kompetenzen verfügen, diese aber in bestimmten Situationen nicht in entsprechende Leistungen umsetzen können: – mangelnde Motivation (z. B. weil ein Mitarbeiter erwartet, dass seine Anstrengungen keine Beachtung finden)

erschwerende Bedingungen in der Interaktion mit anderen Personen (z. B. in einem Gespräch mit einem sehr kritischen Kunden)

erschwerende Randbedingung (z. B. eine Kundenpräsentation, auf die man sich wegen hohen Termindrucks nicht vorbereiten konnte).

Zusammenfassung und kritische Würdigung des Kompetenzbegriffs

Die von uns gewählte Definition und die Erläuterungen zu dieser Definition sind nicht unumstritten und können aus verschiedenen Gründen kritisiert werden. Das zentrale Anliegen, diesem Band ein gemeinsames Begriffsverständnis von „Kompetenzen“ zugrunde zu legen, macht es jedoch erforderlich, sich festzulegen, obwohl viele Aspekte unserer Definition in der wissenschaftlichen Literatur kontrovers diskutiert werden. Die folgende Aufzählung nennt kontroverse Aspekte und fasst die von uns gewählte Definition hinsichtlich dieser Aspekte zusammen. Für die Erstellung und Anwendung von Kompetenzmodellen in Organisationen empfehlen wir aufgrund der unterschiedlichen Vorstellungen, was unter Kompetenzen zu verstehen ist, ebenfalls eine gemeinsame Verständigung auf eine Definition. Dazu können die folgenden Punkte hilfreich sein (vgl. Furnham, 2008):

Kompetenzen als Voraussetzungen für Leistungen: Statt zu sagen, „eine Person ist kompetent“ bevorzugen wir die Formulierung „eine Person verfügt (in einem bestimmten Ausmaß) über bestimmte Kompetenzen“, da ersteres eher verwendet wird, wenn man von Kompetenz als Resultat einer Leistung spricht. Wir benutzen letztere Formulierung, um zum Ausdruck zu bringen, dass Kompetenzen als Voraussetzungen für Leistungen verstanden werden und das Vorhandensein einer Kompetenz nicht automatisch zu einer exzellenten Leistung führt.

Zusammenwirken von Fähigkeiten, Fertigkeiten und anderen Eigenschaften: Wir sprechen nicht von „der Kompetenz“ als globale Beschreibung (etwa des „Potenzials“ einer Person), sondern gehen davon aus, dass stets mehrere, ganz unterschiedliche Fähigkeiten, Fertigkeiten und andere Eigenschaften zusammenwirken, sich auch gegenseitig kompensieren können, sodass Kompetenz als Singular eine zu globale Auffassung des Kompetenzbegriffs darstellt.

Graduelle Ausprägung von Kompetenzen: Wir fassen Kompetenzen als graduell ausgeprägt und nicht als „Alles-oder-Nichts“-Phänomen auf. Psychologische Merkmale als „Fundament“ von Kompetenzen sind in aller Regel ebenfalls graduell ausgeprägt, daher ist es sinnvoll, auch Kompetenzen so zu konzeptualisieren. Ein graduelles Verständnis von Kompetenzen ist nicht vereinbar mit der häufig zu vernehmenden Aussage „Herr/Frau XY hat Potenzial“. Wenn eine kompetenzbasierte Potenzialeinschätzung erfolgt, sollte hier beispielsweise von großem oder überdurchschnittlichem Potenzial gesprochen werden.

Lernbarkeit: Mit dem vorherigen Punkt einhergehend teilen wir die Auffassung, dass der Grad der Ausprägung von Kompetenzen grundsätzlich veränderbar ist (z. B. durch Training). Wie gut dies gelingt, mag von Kompetenz zu Kompetenz variieren. Ebenfalls erlernbar sind Strategien, wie Schwächen in Teilaspekten einer Kompetenz kompensiert werden können.

Die häufigste Kritik an dem Kompetenzbegriff bezieht sich auf unklare bzw. nicht mit etablierten psychologischen Konzepten zu vereinbarende Definitionen und der, zumindest aus Sicht vieler Wissenschaftler, festzustellenden Beliebigkeit der von Unternehmen formulierten Kompetenzen. An dieser Stelle kann Entwicklern von Kompetenzmodellen bereits empfohlen werden, klar zu definieren, was sie unter Komptenz(en) verstehen. In diesem Band werden zudem Hinweise gegeben, wie der Beliebigkeit bei der Formulierung von Kompetenzen entgegengewirkt werden kann.

Nachdem wir hergeleitet haben, welche Definition von Kompetenzen wir diesem Band zugrunde legen, bleibt noch zu klären, was unter einem Kompetenzmodell – manche Unternehmen sprechen auch von einem Kompetenzrahmen – verstanden wird.

1.1.2 Definition von Kompetenzmodellen

Definition Kompetenzmodell

Ein Kompetenzmodell ist eine – für die Kommunikation in einer Organisation geeignet aufbereitete und gestaltete – Sammlung und Beschreibung von Kompetenzen, die als relevant erachtet werden, um in Teilen der jeweiligen Organisation oder der Gesamtorganisation (derzeit und in Zukunft) erfolgreich agieren zu können (siehe auch Mansfield, 1996).

Das heißt, ein valides Kompetenzmodell beschreibt Kompetenzen von Menschen, die in einer Organisation oder einem bestimmten Arbeitsplatz erfolgreich sind oder es in Zukunft sein werden (Dalton, 1997). Die Ausrichtung auf Kompetenzen, die in Zukunft relevant sein werden, ist ein nicht unwesentliches Element von Kompetenzmodellen: Die zukünftige Unternehmensstrategie und die damit verbundenen Anforderungen an Mitarbeiter können so berücksichtigt werden.

Die Bezeichnung Kompetenzmodell mag ein wenig irreführend sein, da die meisten Kompetenzmodelle eher eine Auflistung oder Sammlung von Kompetenzen darstellen und selten Aussagen über Hierarchie und Interaktion der enthaltenen Kompetenzen machen, also kein Modell sind. Streng genommen wäre die Bezeichnung Kompetenzrahmen oder Kompetenzprofil zutreffender. Wir verwenden hier jedoch bewusst den in der Praxis weitaus verbreiteteren Begriff Kompetenzmodell.

Single-Job versus One-Size-Fits-All

Kompetenzmodelle können einen unterschiedlich breiten Geltungsbereich haben. Mansfield (1996) beschreibt ein Kontinuum, von einem sogenannten „Single-Job-Kompetenzmodell“ bis hin zu den „One-Size-Fits-All-Kompetenzmodellen“. Single-Job-Modelle beschreiben lediglich die Kompetenzen, die an einem konkreten Arbeitsplatz notwendig sind. One-Size-Fits-All-Modelle setzen auf einer übergeordneten Ebene an und subsumieren Kompetenzen, die bei sehr vielen Arbeitsplätzen und Tätigkeiten in einer Organisation relevant sind. Noch allgemeinere Gültigkeit haben unternehmensübergreifende Kompetenzmodelle, sogenannte generische Kompetenzmodelle (Sarges, 2001). Diese Modelle versuchen, Kompetenzen zu integrieren, die über einzelne Organisationen hinaus bedeutsam sind. Sie werden vor allem dann kreiert, wenn HR-Instrumente auf verschiedene Organisationen angewendet werden sollen. Dies ist z. B. bei Personalabteilungen einer Holding der Fall, genauso wie bei Beratungsunternehmen. Wenn beispielsweise ein Fragebogen erstellt werden soll, der ein erstes Screening von Nachwuchsführungskräften unterschiedlicher Unternehmen erlaubt, so wird der Konstrukteur des Fragebogens sich überlegen, welche Kompetenzen denn für den Kreis der avisierten Unternehmen insgesamt relevant sind. Diese Kompetenzen bilden ein generisches Kompetenzmodell und können dem Fragebogen zugrunde gelegt werden.

Eigenschaftsversus aufgabenbasiert

Man kann darüber hinaus zwischen eigenschaftsbasierten und aufgabenbasierten Kompetenzmodellen unterscheiden (vgl. Paschen, 2003). Unter Ersterem versteht man Kompetenzmodelle, die auf Eigenschaften der Personen abzielen (z. B. Zielorientierung, Flexibilität); letzteres bezeichnet Modelle, die hauptsächlich Aufgabenbereiche aufführen (z. B. Strukturierung der Vertriebsaufgaben).

Inhaltliche Ebenen

Idealerweise enthalten Kompetenzmodelle verschiedene inhaltliche Ebenen. Man kann zwischen folgenden Gliederungsebenen unterscheiden, wobei 1. die globalste und 4. die detaillierteste Ebene bezeichnet:

Ebenen eines Kompetenzmodells

Kompetenzcluster (z. B. Business Skills oder Personale Kompetenzen), also Überbegriffe unter denen verschiedene Kompetenzen zusammengefasst werden,

Kompetenzen (z. B. Unternehmerisches Denken und Handeln) sowie

dafür relevante psychologische Merkmale (z. B. kognitive Fähigkeiten, also Intelligenz) und