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Konferenzposter und Wissenschaftsposter prägen die Wissenschaftskommunikation. Mit diesem Buch lernen Sie Schritt für Schritt, wie Sie ein Konferenzposter aufbauen und gestalten. Es wird das Publikum in seinen Bann ziehen. Smart gestaltete Wissenschaftsposter dienen nicht nur der Vermittlung neuester Erkenntnisse, sondern auch dem Forschungsmarketing. Mit gut gestalteten Postern erregen Sie Aufmerksamkeit und gewinnen neue Kontakte. Gedruckt, hybrid oder als e-Poster, die Gestaltungsprinzipien von Form, Farbe, Raumaufteilung, Schriften, Grafiken und Visuals bleiben stets dieselben. Diese Prinzipien sind universell und gelten ebenso für Präsentationen, Berichte oder Flyer. Tragen Sie mit smart und ansprechend gestalteten Postern neues Wissen in die Welt. Dieses Buch zeigt Ihnen, wie Sie mit Postern überzeugen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2022
© Tanya Karrer, 2022
Alle Rechte sind der Autorin Tanya Karrer vorbehalten,
auch die des Nachdrucks von Auszügen oder einzelnen Beiträgen. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Haftungsausschluss: Alle Angaben in diesem Buch wurden sorgfältig recherchiert und bearbeitet. Die Autorin übernimmt aber keine Gewähr und haftet nicht für die Angaben oder etwaige Verluste, die aufgrund der Umsetzung von Gedanken oder Ideen entstehen oder Folgen von Irrtümern, mit denen der Text behaftet sein könnte. Die in diesem Buch verwendeten Internetadressen entsprechen dem Stand Januar 2022. Die Autorin übernimmt keine Gewähr für Aktualität und Inhalt der Internetseiten oder Links.
Titelbild: Tanya Karrer unter Verwendung einer historischen Grafik, zur Verfügung gestellt von der Wellcome Collection, London.
Gestaltung: Tanya Karrer
Lektorat: Paul Karrer, Marcella Karrer
Bildnachweise: sind bei der entsprechenden Abbildung genannt. Abbildungen ohne genannten Nachweis unterliegen dem Urheberrecht der Autorin.
Verschiedene Buchformate: Dieses Buch liegt vor als eBook, als PDF und als Print-Version. Die Inhalte dieses illustrierten Buches werden in fixen Formaten grundsätzlich besser dargestellt.
Tanya Karrer
Konferenzposter gestalten
Mit smarten Wissenschaftsposternüberzeugen
Anleitungen, Tools und Tipps
Copyright Fremdmarken
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Wissenschafts- und Konferenzposter
2 Elemente eines Konferenzposters
3 Von den Elementen zum Poster
4 Poster gestalten
5 Visuals
6 Poster-Analyse
7 Poster drucken
8 Von statisch zu bewegt und interaktiv
9 Präsentation von Postern
10 Ein Wort zur Wissenschaftskommunikation
11 Tools, Links und Literatur auf einen Blick
12 Zu guter Letzt
Einleitung
Ein ganzes Buch über Wissenschaftsposter?
Ja! Gute Forschung zu machen, mit den eigenen Resultaten ein Stück weit zur Verbesserung der Welt beizutragen, vielleicht auch reich und berühmt zu werden, das ist der Traum vieler Forschenden. Hochschulen bieten Freiräume zur Entfaltung und für die eigene Reflexion. Allerdings sind Hochschulen schon lange keine abgeschlossenen Elfenbeintürme mehr, in denen still vor sich hingehirnt wird. Auch Universitäten und andere Hochschulen sind in ihrem Wirken, vielleicht sogar zunehmend, marktwirtschaftlichen Gesetzen und Interessen unterworfen.
Auch Forschung muss verkauft werden
Forschung ist teuer und Fördermittel fließen nicht mehr so üppig wie auch schon, und wenn, dann müssen sie oft akquiriert werden. Sei es bei Förderfonds oder privaten Unterstützern. Für Forschende bedeutet dies oft, dass sie sowohl ihre bisherige Arbeit als auch ein geplantes Forschungsvorhaben ins beste Licht rücken müssen. Damit sie Gelder erhalten, müssen sie ihr Projekt gut verkaufen.
Wissenschaftsposter bieten Gestaltungsfreiraum
Hier kommt das Wissenschaftsposter ins Spiel. Es ist eines der wenigen klassischen Medien im Wissenschaftsbetrieb, das Ihnen in visueller Hinsicht gestalterischen Freiraum bietet. Diesen finden Sie weder in Antragsformularen für Fördermittel bei öffentlichen und privaten Fonds noch bei der Publikation ihrer wissenschaftlichen Beiträge in Fachzeitschriften. Meist müssen Sie dort Ihre Inhalte in ein fix vorgegebenes Raster einpassen. Die Möglichkeiten, Ihr Projekt ansprechend und auf einen Blick erfassbar zu visualisieren, erhalten Sie selten. In diesem Buch möchte ich deshalb dafür plädieren, die Möglichkeiten zur visuellen Gestaltung zu nutzen, sobald sie sich bieten. Mit Visualisierungen sind Sie in der Lage, Ihre Inhalte schneller und eingängiger zu transportieren und verständlich zu machen. Ein gut gestaltetes Poster erregt die Aufmerksamkeit der es betrachtenden Personen. Es könnte den Beginn einer fruchtbaren Zusammenarbeit einleiten oder die Chance auf ein Jobangebot oder die Gewinnung von Fördergeldern bedeuten.
Poster erregen Aufmerksamkeit
Mit dem vorliegenden Buch über den Aufbau und die Gestaltung von Konferenz- und Wissenschaftspostern erhalten Sie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung. Sie lernen, wie Sie aus einer Fülle an Information und Wissen die relevanten Inhalte herausziehen, auf den Punkt bringen und so aufbereiten und gestalten, dass Sie an Poster-Sessions und Konferenzen ins Auge stechen und Aufmerksamkeit erregen.
Selbstverständlich können die in diesem Buch vermittelten Gestaltungsgrundlagen auch auf andere Präsentationsformate übertragen werden. Ich bin sicher, Sie werden nach dem Lesen einen ganz anderen Blick auf PowerPoint-Folien, Unterrichtsmaterialien, Flyer oder elektronische Medien haben. Vielleicht möchten Sie Ihr neues Gestaltungswissen gar für eine Ausstellung oder eine interaktive Präsentation einsetzen. Mit den Forderungen nach Open und Citizen Science und dem zunehmenden Interesse der Gesellschaft an Forschung bieten sich mit gestalterischem Wissen innovative Formen der Wissenschaftskommunikation und -vermittlung.
Gestalterisches Know-how prägt die Kommunikation
Warum mir das elegant designte Wissenschaftsposter so am Herzen liegt, fragen Sie sich vielleicht. Zeit meines Berufslebens pendle ich zwischen Wissenschaft, Gestaltung und Kommunikation hin und her. Nach dem Universitätsstudium der Sozialanthropologie wurde ich zur Schneiderin und arbeitete im Modedesign. Die Kostüm- und Textilgeschichte führte mich anschließend als Kuratorin in bedeutende Museen. Ein Weiterbildungsstudium in Informationswissenschaft brachte mich als Informationsspezialistin wieder zurück an die Universität, wo ich Forschende bei Ihren Studien mit systematischen Recherchen in medizinischen Datenbanken unterstütze.
Hauptberuflich aber widme ich mich meiner Kommunikationsagentur mit Schwerpunkt Geschichte und Medizinjournalismus. Hier spielen die drei Komponenten Wissenschaft, Gestaltung und Kommunikation wunderbar zusammen. Gerade aber durch den Blick durch diese drei Brillen fiel mir auf, dass viele Wissenschafts– und Konferenzposter, die die Wände in den Instituten schmücken, häufig wie ein in Plakatform gepresster Fachartikel daherkommen, vollgepackt mit Informationen. Natürlich, Wissenschaft ist anspruchsvoll und komplex, werden Sie denken, aber wäre es nicht auch schön, wenn jede und jeder, der dieses Poster betrachtet, auf den ersten Blick erkennen könnte, was Sie Wertvolles im Dienste der Menschheit leisten?
Ich sehe das Plakat als etwas, das Aufmerksamkeit erregen will. Das war auch seine historische Bestimmung, wie Sie erfahren werden. Oder wie eine Kleinst-Ausstellung, die komplexe Inhalte in erlebbarer, emotionaler, fesselnder, interaktiver und haptischer Form auf den Punkt bringt. Die ansprechende Gestaltung von Konferenz- und Wissenschaftspostern birgt die Möglichkeit, Ihr Publikum für Ihre Forschung, Ihr Thema und Ihre Arbeit einzunehmen.
Ihr Gewinn: Mehr Aufmerksamkeit für Ihre Arbeit, mehr Praxistransfer, mehr Kontakte und sehr wahrscheinlich bessere Jobangebote und Zugang zu Fördergeldern.
Werden Sie also sozusagen zur Kuratorin oder zum Kurator Ihres individuellen Wissenschaftsposters!
Werden Sie Kurator:in Ihres Wissenschaftsposters!
Was erwartet Sie in diesem Buch?
Zu Beginn versuchen wir uns in verschiedenen Perspektiven: Wie sehen Sie Ihre Forschung, wie sehen sie andere? Diese Frage ist zentral für den bereits erwähnten „Verkaufseffekt“ und wird die gesamte Postergestaltung begleiten und beeinflussen.
In Kapitel 2 widmen wir uns der Informationsextraktion und wie Ihr umfangreiches Wissen auf den Punkt gebracht wird. Was soll es aufs Poster schaffen, was nicht?
Welche Elemente eines Wissenschaftsposters zwingend sind und welche fakultativ, erfahren Sie anschließend ebenso, wie weshalb Sie eine möglichst einfache Sprache anwenden sollten.
Wie gliedert man die große, weite Fläche eines Posters? Sollen Sie Grafiken oder gar andere visuelle und interaktive Elemente in das Poster einbinden? Um die Welt der Gestaltung, des Designs geht es in Kapitel 4. In diesem umfangreichsten Kapitel schauen wir uns Programme und Tools an, welche die Gestaltung von Postern erleichtern. Auch wie Sie Farben und Schriften wählen und kombinieren, lernen Sie in diesem Kapitel.
Gerade aus der Wissenschaft sind Tabellen, Diagramme und Grafiken nicht mehr wegzudenken. Kapitel 5 widmet sich verschiedenen Visuals und wie sie im Konferenzposter am besten zur Geltung kommen.
Nachdem Sie viel Gestaltungswissen gewonnen haben, wird es in Kapitel 6 getestet. Wir werfen einen Blick auf ein - sagen wir - verbesserungswürdiges Posterdesign. Die Analyse wird zeigen, dass schon wenige, kleine Anpassungen eine große Wirkung erzielen können.
Mit Ihrem Wissen haben Sie nun das perfekte Poster gestaltet. Doch die Druckerei lehnt Ihre Vorgabe ab. Die Begründung: Die Auflösung sei zu gering, der Farbraum falsch gewählt, die Schrift nicht eingebettet. Mist!
Damit Ihnen das nicht passiert, ist Kapitel 7 der Datenanlieferung an die Druckerei gewidmet.
Erscheint Ihnen ein solches Papierposter manchmal auch zu statisch und eindimensional? Dann können Sie sich in Kapitel 8 Inspiration dazu holen, wie Sie einfache, interaktive Elemente in ein Poster einbinden.
Covid-19 hat es gezeigt: Die digitale Präsentation von Postern ist auf dem Vormarsch. Das ändert wenig an den Gestaltungsgrundsätzen, bietet aber Vorteile, wie zum Beispiel das direkte Einbinden von Videos oder anderen „bewegten Dingen“ in das Poster. Wie das geht und mit welchen Tools, schauen wir uns in Kapitel 9 an.
Endlich, das Poster ist bereit. Jetzt geht es nur noch darum, sich zusammen mit dem Poster im besten Licht zu präsentieren! Davon handelt Kapitel 10.
Das Letzte ist hier vielleicht das Beste: Am Ende des Buchs finden Sie eine Liste mit Tools, die Ihnen während des gesamten Poster-Herstellungsprozesses helfen. Von Grafik- und Animationsprogrammen bis hin zu Anleitungen, zum Beispiel für einen guten Pitch. Nur die Forschung müssen Sie sozusagen noch selbst machen.
Dieses Buch ist kein typisch wissenschaftliches Lehrbuch mit Fußnoten und listenlangen Referenzen. Vielmehr soll es ein praktischer Begleiter während der Konzeption und des Designprozesses eines Posters sein und dazu anregen, den gestalterischen Freiraum zugunsten der Ästhetik zu nutzen. Und natürlich dazu, Ihre Forschung ins beste Licht zu rücken.
Die Anwendung von gutem Design im wissenschaftlichen Betrieb besitzt noch viel Potenzial. Nutzen Sie das Wissen für Ihre erfolgreiche Forscher:innenkarriere!
Tanya Karrer, 2022
1 Wissenschafts- & Konferenzposter
1.1 Definition
Die einen sprechen vom Wissenschaftsposter, andere vom Konferenzposter. Auch in der englischen Sprache ist sowohl das scientific poster als auch das conference poster bekannt. Die Begriffe werden oft als Synonyme verwendet, wobei sich das Konferenzposter – wie sein Name sagt – vor allem an das Publikum einer Konferenz oder eines Kongresses wendet, während dem dem Wissenschaftsposter zusätzliche Verwendungsbereiche vorbehalten sind: Zum Beispiel die Präsentation von Forschung und ihrer Resultate im wissenschaftlichen Umfeld, in der Forschungsgruppe, als Aushang im Institut oder als Instrument der Lehre. Auch für Präsentationen in einem nicht-akademischen Umfeld können Wissenschaftsposter eingesetzt werden.
Das Konferenzposter visualisiert das Forschungsprojekt an einer Konferenz
Nur selten wird im Zusammenhang mit dieser Form der wissenschaftlichen Präsentation der Begriff Plakat verwendet, obschon die Wortherkunft von Plakat dies nahelegen würde: Mit Plakaten und ihren Vorläufern wurden einst Bekanntmachungen angeschlagen (franz.: plaquer). Mit einem Wissenschaftsposter möchten Sie ebenfalls etwas bekanntmachen, nämliche Ihre Forschungsarbeit.
Das Wissenschaftsposter bietet verschiedene Anwendungsbereiche
Der Begriff Poster wiederum stammt aus dem Amerikanischen und bezieht sich meistens auf einen dekorativen Papierdruck. Im modernen Sprachgebrauch erhält „the poster“ jedoch wieder eine dem Plakat verwandte Bedeutung: Es ist der- oder diejenige, die im Web oder auf Social Media eine Bekanntmachung postet.
Nun, Sie sind jedenfalls frei, das Beste aus den verschiedenen Begriffen und Bedeutungen im Wissenschaftsposter zusammenzufügen und Ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen.
Ein in seiner Aufmachung klassisches Konferenzposter
Ein in seiner Gestaltung und seinem Zweck freieres Wissenschaftsposter von wissenschaftsposter.ch, unter Verwendung eines Hintergrundbildes von iStock.com
1.2 Geschichte des Wissenschaftsposters
Wie schon der Begriff Plakat erkennen lässt, wurzelt das Bedürfnis, Wissen kundzutun und Wissen aufzunehmen tief in uns Menschen.
Auch der Wunsch, mit anderen Menschen zusammenzukommen, um Wissen auszutauschen, ist in uns verankert. Lange Zeit kam man vor allem mit Menschen aus der näheren Umgebung zusammen. Bildungsreisen, wie sie im 16. Jahrhundert aufkamen, waren Gelehrten und Wohlhabenden vorbehalten. Diese machten unter anderem Halt an Universitäten und besuchten dort ansässige Intellektuelle, um mit ihnen neue Erkenntnisse auszutauschen, zu diskutieren und zu erweitern. Erst mit der Verbesserung der Reisewege und der Entstehung von Eisenbahnlinien wurden große internationale wissenschaftliche Kongresse und Konferenzen wie wir sie heute kennen, möglich. Die zunehmende Entstehung und Verbreitung von Fachzeitschriften im 18. Jahrhundert trug zusätzlich zum Wissenstransfer bei. In einer Konferenz stand - streng genommen - das miteinander Reden im Vordergrund, denn die Konferenz stammt vom lateinischen Wort conferre ab. Es kann als verhandeln übersetzt werden. Es wurde also über Wissen verhandelt und debattiert. Dem Kongress hingegen, unterliegt der lateinische Begriff congredere, das Zusammenkommen. Heute werden Konferenz und Kongress fast synonym verwendet.
Die Verbesserung von Reisewegen und Transportmitteln im 17. Jahrhundert förderte die Zusammenkunft von Gelehrten an wissenschaftlichen Kongressen und Konferenzen.
Wann in der Geschichte erste Konferenz- und Wissenschaftsposter als solche auftauchten, ist schwierig zurückzuverfolgen. Bekannt sind Wissensausstellungen mit vielen Plakaten an der Zeitenwende vom 19. zum 20. Jahrhundert, als sowohl Wissenschaft als auch Industrie und Technik wichtige Errungenschaften verbuchen konnten. Erkenntnisse zur Hygiene, also Gesundheit, sollten in Ausstellungen der breiten Masse nähergebracht werden. Diese wurde schließlich als Arbeits– und Kriegskraft benötigt. In jener Zeit erfuhren auch internationale Kongresse regen Zulauf. Schon bald dürften jeweils so viele Personen an ihnen teilgenommen haben, dass nicht jeder Person Redezeit eingeräumt werden konnte. Zusätzliche Präsentationen der Forschungsergebnisse über Plakate in den Foyers sind also denkbar. Plakate und selbstgemalte Lehrtafeln waren schließlich auch das Mittel der Wahl in der Hochschullehre. Einen Boom dürften die Postersessions, wie wir sie heute kennen, in den 1980er und 1990er Jahren erlebt haben, noch vor dem Einsetzen der umfassenden Digitalisierung.
Seither haben Wissenschaftsposter ebenso wie das wissenschaftliche Publizieren und Präsentieren einige Entwicklungen durchlaufen. Lange Zeit spielte die ansprechende Gestaltung von wissenschaftlicher Information eine stiefmütterliche Rolle. Inhalt kam vor Form. Indem Wissenschaft möglichst kompliziert dargestellt wurde, war sie für Nicht-Akademiker:innen unzugänglich. Der viel zitierte Elfenbeinturm verkam zu einer Art heiligem Gral der geistigen Eliten. Heute ändern sich die Ansichten dazu grundlegend. Die Welt und die Wissenschaft werden demokratischer. Das Wissen will vermittelt werden, und zwar so, dass es auch Laien verstehen. Nicht selten finanzieren Letztere Forschung indirekt durch Steuergelder mit. Gestaltung, Design und Visualisierungen unterstützen diese Wissenskommunikation.
Mit dem Iconic beziehungsweise Visual Turn wurde in den 1990er Jahren der Grundstein zur Entwicklung der visuellen Kommunikation als Wissenschaft gelegt. Diese Hinwendung zum Bildhaften fußt auf Erkenntnissen der Neurowissenschaften: Das Visuelle ist für die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen im Gehirn essenziell, und es unterstützt das Lernen. Bilder und Grafiken sind in der Lage, unmittelbar Emotionen und Assoziationen hervorzurufen, weshalb an Bildhaftes geknüpfte Informationen länger im Gedächtnis verankert bleiben. Es lohnt sich deshalb, bei der Informations- und Wissensvermittlung nicht nur inhaltlich, sondern auch bildhaft und visuell zu arbeiten. Die erfolgreiche Bildkultur in den sozialen Medien soll Beweis und Inspiration sein für die visuelle Gestaltung Ihrer wissenschaftlichen Kommunikation.
Mit dem Iconic und Visual Turn in den 1990er Jahren erhielt die visuelle Gestaltung mehr Bedeutung für die Wissenschaft. Bilder und bildhafte Sprache können kognitiv rascher und einfacher verarbeitet werden
1.3 Ziel und Zweck von Wissenschaftspostern
Das Erstellen von Wissenschaftspostern darf durchaus Spaß machen, doch die allerwenigsten von Ihnen werden ein Poster nur aus blossem Spaß erstellen. Der wichtigste Beweggrund bleibt die Zielerreichung. Schon von Beginn weg, sollten Sie sich deshalb die Ziele Ihrer Posterpräsentation bewusst machen. Diese sind zudem von der Zielgruppe abhängig, vom Präsentationsort und dem Kontext der Präsentation. Wenn Sie das Poster an einer Konferenz vorstellen, verfolgen Sie ein anderes Ziel, als wenn Sie Ihrer Forschungsgruppe einen Überblick über Ihre neuen Resultate verschaffen möchten. Ein in der Forschungsinstitution ausgehängtes Poster dient einer anderen Absicht, als das von einer Studentin präsentierte Poster im Seminar. Und als Dozentin möchten Sie mit Ihrem Wissenschaftsposter wiederum etwas anderes vermitteln als ein Doktorand mit seinem Plakat.
Widmen wir uns also zunächst den möglichen Zielen und Zwecken, die Sie mit einem Konferenzposter verfolgen können. Für Ihre Arbeit am Poster werden Sie den Fokus voraussichtlich nur auf zwei oder drei davon legen.
1.3.1 Aufmerksamkeit wecken
Mit einem Wissenschaftsposter möchten Sie auf sich und Ihre Forschungsarbeit aufmerksam machen. Ihre Arbeit ist wichtig, Sie sind bahnbrechenden Erkenntnissen auf der Spur: Die Welt soll davon erfahren!
1.3.2 Networking
Ein beachtlicher Teil der heutigen Forschung findet in der Gruppe oder im Netzwerk statt. Der einsam im Kellerlabor tüftelnde Forscher ist passé, Forschung ist Teamwork. Nutzen Sie deshalb das Poster und seine Präsentation, um wertvolle Kontakte zu knüpfen, sei es mit Kollegen und Kolleginnen, die in einem ähnlichen Gebiet arbeiten, oder sei es mit Forschenden aus anderen Bereichen, mit denen Sie innovative, interdisziplinäre Projekte angehen können. Oder seien es wiederum potenzielle Arbeitgeber oder die Presse. Ein gutes Netzwerk ist für die wissenschaftliche Karriere unentbehrlich.
1.3.3 Diskussionen, Feedback & Evaluation
Auffallende Poster bewirken Rückmeldungen. Diese Feedbacks und daraus entstehende Diskussionen sind wertvoll für die Entwicklung Ihrer Forschungsarbeit. Dank der Kommentare können Sie Ihre Arbeit besser im gesamten Geschehen verorten. Diskussionen und Feedback werden Sie zudem veranlassen, Ihre Arbeit in die eine oder andere Richtung weiterzuentwickeln Ein weiteres Ziel der Präsentation von Konferenzpostern ist, zusammen mit dem Publikum Inspiration zu finden und neue Themenfelder zu ergründen.
1.3.4 Wissensvermittlung
Hochschul-Forschung wird größtenteils über öffentliche Gelder finanziert, also indirekt durch die steuerzahlende Gesellschaft. Mit der Vermittlung der aktuellen Erkenntnisse können Sie der Gesellschaft etwas zurückgeben. Selbst wenn Ihre Arbeit durch Drittmittel finanziert ist, sind die Geldgebenden daran interessiert zu erfahren, was mit den finanziellen Mitteln geschieht. Das Wissenschaftsposter ist ein ideales, übersichtliches Medium, um diesen Ansprüchen zu genügen.
1.3.5 Forschungsmarketing
Beim Begriff Forschungsmarketing mag einigen leidenschaftlichen Forscher:innen und Wissenschaftler:innen die Galle hochkommen. Werbung für Forschung, was für ein Unding! Wissenschaft muss frei und unabhängig sein! Doch sobald Sie Forschungsgelder für Ihre Projekte akquirieren müssen, sehen Sie sich unweigerlich mit einer Art des Marketing konfrontiert. Sie konkurrieren mit anderen Forschenden um das knappe Gut Fördergelder. Sie müssen sich also auf dem Forschungsmarkt positionieren. Forschungsmarketing gehört mittlerweile zum akademischen Alltag. Mit gut durchdachten, einfach zugänglichen und visuell ansprechend gestalteten Informationen in Form eines Posters können Sie potenzielle Geldgeber vom Nutzen Ihrer Arbeit für die Welt und die Gesellschaft überzeugen.
1.3.6 Preisgelder und Anerkennung
An vielen Konferenzen werden die besten Poster prämiert. Auch wenn in erster Linie die Inhalte zählen, so wird sich auch ein Juror oder eine Jurorin kaum den unbewusst ablaufenden Prozessen entziehen können, die eine visuell ansprechende und den Inhalt tragende Gestaltung im Gehirn auslösen. Auch wenn es nicht zu einem Preis reicht, ein gutes und schönes Poster erntet trotzdem Lob und Anerkennung. Und die tut gut!
1.3.7 Persönlicher Erkenntnisgewinn
Ein Poster mag noch so groß sein. Damit ein ganzes Forschungsprojekt auf einem Poster Platz findet, muss das vorhandene Wissen auf das Wesentliche beschränkt, vereinfacht und auf den Punkt gebracht werden. Manch einem oder einer wird es weh tun, weniger wichtige Aspekte zugunsten der Übersichtlichkeit des Posters fallenzulassen. Jedoch wird Ihnen genau dieser Prozess der Reduktion aufzeigen, was der Kern Ihrer Arbeit ist. Dies führt wiederum zu einem persönlichen Erkenntnisgewinn.