Könige im Wartestand - Dieter Berg - E-Book

Könige im Wartestand E-Book

Dieter Berg

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Beschreibung

Obwohl die englischen Prinzen von Wales als Thronfolger eine zentrale Bedeutung für die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen im Land besaßen, fanden sie bislang kaum Beachtung in der deutschen Historiografie. Diese Lücke schließt das vorliegende Werk und zeigt erstmalig in deutscher Sprache die Entwicklung dieser »Würde« in einem Rückblick auf die Historie der Prinzen von Wales seit dem Mittelalter auf. Da das »Amt« bis heute konstitutionell nicht existiert, nahmen die Prinzen in höchst unterschiedlicher Weise ihre Aufgaben wahr. Wie diese divergierenden Vorstellungen der Prinzen von ihrer »Würde« sich auswirkten, wird hier ausführlich dargelegt. Zumeist besaßen sie großen Einfluss auf die Geschicke des Landes; doch oftmals bestand eine Rivalität und Konkurrenz zum Monarchen bzw. zur Regierung – mit gravierenden Folgen. Damit entsteht hier auch eine komplexe Darstellung von 700 Jahren englischer bzw. britischer Geschichte aus neuer Perspektive.

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Dieter Berg

Könige im Wartestand

Die Geschichte der Prinzen von Wales vom Mittelalter bis zur Gegenwart

Für Luisein Dankbarkeit

Inhalt

Vorwort

I. Grundlagen: Die walisischen Prinzen von Wales

II. Die englischen und britischen Herrscherhäuser und ihre Prinzen von Wales

1. Mittelalterliches Rittertum und die Prinzen von Wales (1301–1484)

Umstrittener und ritterlicher Prinz

Eduard (II.) von Caernarfon | Plantagenet (1284–1327)

Eduard von Woodstock (Schwarzer Prinz) | Plantagenet (1330–1376)

Tragischer und verherrlichter Prinz

Richard (II.) von Bordeaux | Plantagenet (1367–1400)

Heinrich (V.) von Monmouth | Lancaster (1387–1422)

Gefallener, ermordeter und unvollendeter Prinz

Eduard von Westminster | Lancaster (1453–1471)

Eduard (V.) von Westminster | York (1470–1483)

Eduard von Middleham | York (1473–1484)

2. Konkurrierende Herrscherhäuser und ihre Prinzen von Wales (1490–1688)

Farbloser und epochemachender Prinz

Arthur von Winchester | Tudor (1486–1502)

Heinrich (VIII.) von Greenwich | Tudor (1491–1547)

Frühvollendeter und machtbewusster Prinz

Heinrich Friedrich von Stirling | Stuart (1594–1612)

Karl (I.) von Dunfermline | Stuart (1600–1649)

Merry Prince und glückloser Prinz

Karl (II.) von St. James | Stuart (1630–1685)

James Francis Edward von St. James | Stuart (1688–1766)

3. Landfremde Dynastie und ihre Prinzen von Wales (1714–1820)

Landfremder und vergessener Prinz

Georg (August) II. | Hannover (1683–1760)

Friedrich Ludwig | Hannover (1707–1751)

Kranker und vergnügungssüchtiger Prinz

Georg III. | Hannover (1738–1820)

Georg IV. | Hannover (1762–1830)

4. Neue Dynastie mit neuem Namen und ihre Prinzen von Wales (1841–1958)

Lebensfroher und staatstragender Prinz

Eduard (VII.) | Sachsen-Coburg und Gotha (1841–1910)

Georg (V.) | Sachsen-Coburg und Gotha / Windsor (1865–1936)

Monarchiegefährdender und zukunftsweisender Prinz

Eduard (VIII.) | Windsor (1894–1972)

Charles | Windsor (* 1948)

III. Typologie der Prinzen von Wales

IV. Schluss

Weiterführende Literatur

Anmerkungen

Personenverzeichnis

Vorwort

»Meine Rolle ist nicht festgelegt. Es kommt einzig und allein darauf an, was ich daraus mache.«1 Diese Beschreibung der »Würde« eines Prince of Wales durch den gegenwärtigen Prinzen Charles Windsor ist sicherlich zutreffend, verdeutlicht aber gleichzeitig die ganze Problematik, die mit der Wahrnehmung dieses »Amtes« verbunden ist. Zweifellos stellt es ein wichtiges Element der Kontinuität in der Herrschaftstradition Englands bzw. später Großbritanniens dar. Dennoch besitzt diese »Würde« staatsrechtlich eine Besonderheit, da deren Träger keinerlei verfassungsrechtlich festgelegte Funktion besitzt, d. h. staats- bzw. verfassungsrechtlich nicht existent ist. Auch fungiert der Prinz nicht als eine Art »Staatsoberhaupt« für Wales und kann zumindest in der Neuzeit dort keinerlei eigenständige Regierung ausüben. Hinzu kommt, dass der Titel nicht erblich bzw. vererbbar ist und die »Würde« wieder an die Krone zurückfällt, sobald deren Inhaber König geworden ist.

Die Entstehung der »Würde« eines englischen Prince of Wales ist nur historisch zu erklären: Sie entstand um 1300 unter König Eduard I. von England im Rahmen seiner Eroberungspolitik in Wales und knüpfte an die vorangegangenen Funktionen an, die walisische Fürsten über Jahrhunderte wahrgenommen hatten. Bei dem englischen Titel »Prince of Wales« handelt es sich um eine dynastische »Würde«, wobei die korrekte deutsche Übersetzung »Fürst von Wales« lauten müsste. Doch hat sich die Bezeichnung als »Prinz« im deutschsprachigen Raum seit Langem durchgesetzt, und sie soll daher auch hier verwendet werden. Typisch für den dynastischen Charakter der »Würde« ist die Tatsache, dass diese allein vom Monarchen verliehen wird, und zwar in der Regel an dessen ältesten lebenden Sohn. Dieser war zumeist Heir apparent, d. h. ein Prinz, der seinen ersten Rang in der Thronfolge nicht mehr durch die spätere Geburt eines weiteren Kindes verlieren konnte. Die Entscheidung über die Verleihung des Titels lag ganz im Ermessen des Monarchen. So waren nicht alle britischen Monarchen zuvor auch Prinzen von Wales gewesen, während nicht alle Prinzen von Wales auch Monarchen wurden. Zudem ist zu betonen, dass infolge der Primogenitur in der Thronfolge des Inselreiches Frauen von dieser »Würde« bis 2015 ausgeschlossen blieben. Die zahlreichen Princesses of Wales führten diesen Ehrentitel daher nicht aufgrund eigenen Rechts, sondern nur aufgrund ihrer Ehe mit dem jeweiligen Thronfolger.

Die große Abhängigkeit, in welcher die Prinzen von Wales zum jeweiligen Monarchen standen, hatte zwangsläufig auch Auswirkungen auf die Existenz der jungen Fürsten. Hierbei lassen sich für alle Prinzen zumeist drei Aufgaben feststellen, die sie jeweils zu erfüllen hatten: Zum einen den Fortbestand der Dynastie zu sichern, indem sie in hinreichender Zahl für Nachkommen sorgten. Zum anderen hatten alle Prinzen die Aufgabe, den jeweiligen Herrscher in seinen Tätigkeiten zu unterstützen – deutlich im Motto der Prinzen seit Eduard von Woodstock: »Ich dien«. Die dritte Aufgabe des Prince of Wales bestand schließlich bis zur Tudor-Zeit darin, die Principality of Wales enger an das englische Reich zu binden, in königlichem Auftrag intensiver Herrschaft auszuüben und die finanziellen Ressourcen des Landes zu nutzen. Alle diese Aufgaben versuchten die Prinzen im Laufe der Jahrhunderte in unterschiedlicher Weise zu erfüllen. Da es diesbezüglich – wie erwähnt – keine konstitutionellen Festlegungen gab bzw. gibt, besaßen die Prinzen zwar eine zentrale Bedeutung für das politische und gesellschaftliche Leben des Landes. Doch wie bzw. in welcher Form die Prinzen diese Funktion erfüllten, lag ganz im eigenen Ermessen.

Daher entwickelten sich in den 700 Jahren, in denen Prinzen von Wales aktiv waren, sehr verschiedene Existenzformen und Tätigkeitsfelder. So waren die mittelalterlichen Prinzen oftmals Militärführer, die für sich oder die englische Krone Ruhm erlangen wollten – wie Eduard Plantagenet (Schwarzer Prinz) und Heinrich V. Ihnen folgten eher glamouröse, renaissancehafte Fürsten aus den Häusern Tudor und Stuart – wie Heinrich VIII. und Karl II. Stuart. Eine besondere Rolle spielten Hannoveraner Prinzen, die alle mit den jeweiligen Monarchen zerstritten waren und sich daher oftmals politisch gegen den Hof betätigten – von Georg II. bis Georg IV. Eine andere Bedeutung besaßen die nächsten Prinzen von Wales, die aus den Häusern Sachsen-Coburg und Gotha bzw. Windsor stammten. Mehrere von ihnen waren prägende Figuren des Gesellschaftslebens ihrer Zeit und fungierten zeitweise als Playboys, deren Privatleben umstritten blieb. Noch größere Bedeutung erlangte hingegen Eduard (VIII.), der zur Sicherung seines »privaten Glücks« wegen der gewünschten Heirat mit der geschiedenen US-Amerikanerin Wallis Simpson als König abdankte und hierdurch den Fortbestand der Monarchie im Inselreich ernsthaft gefährdete. Als zukunftsweisend ist hingegen der aktuelle Prince of Wales anzusehen, dem es als einem der wenigen Fürsten gelang, einen eigenständigen Lebensentwurf zu entwickeln und verantwortungsvolle Tätigkeiten in der Gesellschaft auszuüben.

Die Geschichte der Prinzen von Wales fand in der Historischen Forschung unterschiedliche Beachtung: So gibt es bis zum heutigen Tage in der deutschsprachigen Forschung keine einzige Untersuchung, welche die Historie aller Prinzen von Wales behandelt. Lediglich einige, zumeist biographische Studien zu einzelnen Prinzen liegen vor. Hinzu kommen einige wenige deutsche Übersetzungen der englischsprachigen Werke. Größere Beachtung hingegen fand seit Jahrzehnten die Geschichte der Prinzen in der englischsprachigen historischen Forschung. Doch das Gros der Untersuchungen betrifft die Historie bzw. die Biographie einzelner Prinzen, wobei die meisten Werke die neuzeitlichen Prinzen behandeln. Deutlich geringer fällt hingegen die Zahl der Monographien aus, welche die gesamte Historie aller Prinzen von Wales vom Mittelalter bis zur jeweiligen Gegenwart darstellen. So liegen bislang aus den letzten 160 Jahren lediglich elf ernstzunehmende Gesamtdarstellungen vor (1860–2008). Durchgehend weisen aber alle diese Werke deutliche »royalistische Tendenzen« auf, die auch die Darstellung einzelner Prinzen beeinflussten. Studien etwa mit »nicht-royalistischer Ausrichtung« fehlen sowohl für einzelne Prinzen wie für deren Gesamtgeschichte.

Insgesamt ist der Forschungsstand bei den elf relevanten Gesamtdarstellungen überschaubar. Fast alle sind populärwissenschaftlich orientiert und besitzen bis auf wenige Ausnahmen weder Anmerkungsapparat noch Literaturverzeichnis. Zumeist handelt es sich um unterschiedlich strukturierte Darstellungen der Ereignisgeschichte für die einzelnen Prinzen ohne kritische Analyse. Diese Feststellung gilt besonders für die erste umfassende Darstellung zur Historie der Prinzen von Wales, die der irischstämmige Publizist John Doran verfasste (1860).2 Das Werk behandelt alle Prinzen bis zur Zeit König Georgs IV. in chronologischer Reihenfolge, wobei – wie in späteren Studien – eine Strukturierung nach Herrscherhäusern erfolgte. Zwar weist die Darstellung eine bemerkenswerte Informationsfülle auf, doch bleibt sie weitgehend unkritisch und um »Verständnis« für die mitunter fragwürdigen Existenzen einzelner Prinzen bemüht.

Die nächsten Gesamtwerke über die Historie der Prinzen von F. Maynard Bridge und Elsie Thornton-Cook erschienen erst ca. 60 bzw. 70 Jahre später (1922, 1931) und reichen bis zum zwanzigsten Prince of Wales.3 Auch diese quantitativ ausgewogenen Darstellungen behandelten die Prinzen in chronologischer Reihenfolge, wobei sich die Autoren auf die jeweils bekanntesten Aktionen der Fürsten konzentrierten. Zwar sind die Darstellungen materialreich und mit unterhaltsamen Anekdoten versehen, doch ebenfalls zumeist unkritisch gegenüber dem jeweiligen »Helden«.

In der Folgezeit erschienen in jeweils einem Jahrzehnt zumeist jeweils ein bis zwei Monographien über die Geschichte der Prinzen von Wales – so zuerst in den 1950er-Jahren das Werk von Thomas Sidney (1957).4 Dieses umfasst nur die Zeit von Georg II. bis zu Eduard (VIII.), während die früheren Prinzen unberücksichtigt blieben. Auch diese Darstellung erweist sich als materialreich und instruktiv, wobei der Verfasser stärker auf die Probleme der Prinzen mit dem »Amt« sowie auf innerfamiliäre Konflikte eingeht. Zwar ist der Text unterhaltsam geschrieben und informativ, doch werden auch hier die »royalistischen Neigungen« des Verfassers insbesondere bei seinen Wertungen überdeutlich. – Das zweite Werk über die Prinzen-Geschichte in den 1950er-Jahren stammt vom Juristen Leslie Gilbert Pine und behandelt alle Prinzen bis zur Frühzeit von Charles Windsor (1959).5 Auch dieses ist in chronologische Blöcke gegliedert und bemüht sich um einen stärker systematischen Zugriff bzw. um Vergleiche zwischen den Prinzen. Er wagt sogar mitunter indirekte Kritik an den Prinzen und beklagt etwa die Abdankung Eduards VIII. als »tragedy«.

Die beiden folgenden Bände zur Prinzen-Geschichte in den 1960er-Jahren sind in Konzeption und Gestaltung höchst unterschiedlich. Das erste Werk aus dieser Epoche der Historikerin Annette Joelson erschien 1966 und behandelt die jeweiligen Prinzen als Angehörige ihrer Herrscherhäuser.6 Hierbei unterscheiden sich die einzelnen Beiträge deutlich in Ausführlichkeit – offensichtlich nach Meinung der Autorin gemäß ihrer politischen Wichtigkeit. Neu ist in diesem Werk nicht nur die (übliche) Verwendung von Staatspapieren etc., sondern auch von Briefen, Tagebüchern etc. – leider ohne Quellennachweise. So entsteht eine gut lesbare Darstellung mit lebendigen Figuren, wobei mitunter eine partielle Affinität der Autorin zu einigen ihrer »Helden« deutlich wird.

Völlig anders ist das bald darauf erschienene Werk von Francis Jones angelegt, der als Wales Herald Extraordinary u. a. im Rahmen der Investitur von Charles Windsor als Prince of Wales eine umfassende Geschichte aller Prinzen von Wales sowie der Principality vorlegte (1969).7 Zweifellos ist dies die bedeutendste und umfangreichste Untersuchung der Historie der Prinzen von Wales, die bislang publiziert wurde. Das Werk ist nicht biographisch, sondern thematisch-systematisch angelegt und behandelt alle relevanten Problembereiche zur Prinzen-Geschichte in sieben Kapiteln – von der »monarchischen Tradition« in der frühen Geschichte von Wales über die Ausdehnung, Herrschaftsstrukturen und Einkünfte der Principality, über die Dynastien und Zahl der Prinzen bis hin zu deren jeweiligen Investituren und Heraldik. Das Werk bietet eine ungeheure Fülle an Materialien, Informationen etc. und ist als einschlägiges Kompendium unabdingbar. Dagegen ist das Handbuch sicherlich nicht als unterhaltsame, kursorische Lektüre über die Prinzen-Geschichte für historisch interessierte Leserinnen und Leser gedacht.

Auf wiederum ganz andere Art sind die beiden folgenden Werke strukturiert, die im nächsten Jahrzehnt erschienen – zuerst von Alan Palmer (1969),8 dann von Wynford Vaughan-Thomas (1979).9 Beide Autoren behandeln sämtliche Prinzen in chronologischer Reihenfolge, wobei sie materialreiche und informative Darstellungen bieten. Beide Werke sind unterhaltsam geschrieben und versuchen, episodenhaft die Lebenswirklichkeit der Prinzen zu verdeutlichen. Hierbei weist das Werk von Palmer größere Quellennähe durch einen knappen Anmerkungsapparat auf. Insgesamt sind beide Studien für eine kursorische Information zur Prinzengeschichte sicherlich nützlich.

Gleiches gilt für die nächste Darstellung der Prinzen-Geschichte von Deborah Fisher (2006), die zuvor bereits eine Geschichte der Princesses of Wales vorgelegt hatte (2005).10 In ihrer Prinzen-Historie werden diese wie üblich in chronologischer Reihenfolge abgehandelt, doch besitzt das Werk nur einen sehr knappen Umfang in Mikro-Taschenbuch-Form. In dem gut lesbaren Werk, das ansprechend geschrieben ist, berücksichtigt die Autorin auch walisische Prinzen von Wales. Während bei einigen Prinzen – wie den Georgs und Eduard VII. – traditionelle Monita vorgebracht werden, bleibt die Darstellung ansonsten weitgehend unkritisch. Dies gilt weniger für die neueste Darstellung der Prinzen-Geschichte, die der renommierte britische Tudor-Forscher David Loades veröffentlicht hat (2008).11 Auch er behandelt sämtliche Prinzen in chronologischer Reihenfolge, jedoch mit ausführlicher Berücksichtigung der Forschung mit reichen Quellen- und Literaturnachweisen. Seine Darstellung besitzt hohes wissenschaftliches Niveau, ist differenziert und bemüht sich um kritische Würdigung seiner »Helden«. Zweifellos stellt seine Untersuchung das bislang gültige Standardwerk zur Prinzen-Geschichte im englischsprachigen Raum dar.

Angesichts der Bedeutung, die die Prinzen für die englische bzw. britische Geschichte besaßen, erscheint es vielleicht als angebracht, erstmals eine Gesamtdarstellung der Historie sämtlicher Prinzen von Wales in deutscher Sprache zu veröffentlichen. Auszugehen ist hierbei von der erwähnten Tatsache, dass es für diese »Würde« keinerlei konstitutionellen Festlegungen gibt. Hieraus resultiert, dass – wie Prinz Charles Windsor konstatierte – jeder einzelne Prinz für sich entscheiden musste, wie er dieses »Amt« wahrnehmen wollte. Insofern soll in vorliegender Darstellung zuerst untersucht werden, in welche Art bzw. Form die jeweiligen Prinzen diese Aufgabe wahrnahmen. Ferner ist davon auszugehen, dass sich im Laufe der Geschichte höchst unterschiedliche Erscheinungsformen entwickelten, in denen die Prinzen ihre Aufgaben erfüllten. Hiermit verbunden ist zu klären, welche Aufgaben und Funktionen die Prinzen im jeweiligen gesellschaftlichen und politischen System des Inselreiches wahrnahmen – dieser Entwicklungsprozess soll hier ebenfalls ausführlicher dargestellt werden.

Hiermit hängt die folgende Analyse der Art und Formen der Tätigkeiten der Prinzen von Wales zusammen. Auch hier gab es im Laufe der sieben Jahrhunderte gravierende Veränderungen, die von der Tätigkeit als mittelalterliche Heerführer über glamouröse Repräsentanten der Krone, einflussreiche Politiker, umstrittene Playboys, staatsgefährdende Fürsten bis hin zu zukunftsweisenden Prinzen reichte. Ebenfalls zu klären ist das Verhältnis der Prinzen zur Principality of Wales, als dessen Herren sie zumindest bis in die Tudor-Zeit aktiv agierten, während diese Beziehungen in der Folgezeit eher zurücktraten.

Zudem sollen – im Gegensatz zu den vorliegenden englischsprachigen Prinzen-Geschichten – hier die Aktivitäten der Prinzen im Kontext des politischen Geschehens des Landes und des Handelns der jeweiligen Monarchen dargestellt werden. Die Aktionen der Prinzen werden nicht länger isoliert, sondern im Rahmen der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der Zeit gewürdigt. Nunmehr sollen die Handlungen der Prinzen als konstitutiver Teil der politischen Geschehnisse der Zeit berücksichtigt und daher im Folgenden jeweils in Grundzügen skizziert werden.

Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch nach dem Selbstverständnis zu fragen, welches die jeweiligen Prinzen besaßen und das ihr Handeln nachhaltig beeinflusste – ebenfalls ein bislang vernachlässigter Aspekt der Historie der Prinzen von Wales.

Weitere Untersuchungsgegenstände vorliegender Darstellung betreffen die Rolle, welche die Prinzen in der zeitgenössischen Gesellschaft bei der Ausübung ihres »Amtes« spielten. Dies betraf vorrangig die Beziehungen, die der jeweilige Prinz zum Königshof und insbesondere zum Monarchen besaß. Da dieser nicht nur über die Ernennung des Thronfolgers zum Prince of Wales, sondern auch danach über dessen Wirkungsmöglichkeiten entschied, war das Verhältnis des jeweiligen Prinzen zum königlichen Vater von großer Wichtigkeit. Zweifellos gab es hier im Laufe der Zeit gravierende Unterschiede, die auch die Aktivitäten der Prinzen in der Gesellschaft betrafen – oftmals in Opposition zum Hof und als eigenständige Kraft im politischen Leben der Zeit.

Hiermit hing ein weiteres Element der Existenz der Prinzen zusammen – nämlich ihr soziales Ansehen. Dieses wurde oftmals nicht nur durch das Verhältnis des Prinzen zum Königshof, sondern vor allem durch seine Aktivitäten als Prince of Wales bestimmt. Auch hier gab es gravierende Unterschiede, die besonders von der jeweiligen Lebensführung der Prinzen abhingen – nicht nur als oppositionelle Politiker, sondern vor allem als Playboys, die verantwortungslos das Leben mit Gelagen, Geldwetten, Frauenaffären etc. genossen und zeitweise in der Öffentlichkeit das Image von verachtenswerten Schmarotzern erlangten. Als weiterer Faktor für das Ansehen der Prinzen war deren Eheleben von Bedeutung, zumal diese zumeist dynastisch bestimmte Verbindungen eingehen mussten und nur selten eine glückliche Beziehung führen konnten. Andererseits erlangten die Prinzen durch die Heirat die Möglichkeit einer stärker unabhängigen Existenz und der Schaffung eines eigenen »Hofes«. Wie dieser – zumeist von den Prinzessinnen – konstituiert wurde und welche gesellschaftliche Funktion er – etwa als eine Art »Gegenhof« – besaß, ist ebenfalls im Folgenden zu klären.

Im Gegensatz zu den meisten englischsprachigen Geschichten der Prinzen von Wales beschränkt sich die folgende Studie nicht auf die Darstellung der oftmals komplexen Aktivitäten dieser Fürsten. Vielmehr wird die Perspektive der Darstellung in jeweils eigenen Kapiteln deutlich erweitert: So soll für die Prinzen, die später Könige wurden, untersucht werden, ob bzw. in welcher Weise die existentiellen Erfahrungen und die Lebensweise der jungen Fürsten als Prinz von Wales Bedeutung für ihr Handeln als Monarchen besaßen. Nicht selten zeigten einige Fürsten als Könige ähnliche Verhaltensweisen wie bereits als Prinzen von Wales. Somit darf wahrscheinlich eine deutliche Prägung des Monarchen in seinem Handeln durch seine Existenz als Prince of Wales angenommen werden. In welcher Weise bzw. in welchem Umfang dies der Fall war, ist ebenfalls Gegenstand der vorliegenden Untersuchung.

Diese wird abgeschlossen durch den Versuch des Autors, eine Art »Typologie« der Prinzen von Wales zu entwerfen. Es soll also geklärt werden, ob bzw. in welcher Form eine Art »Typus« des Prince of Wales über die Jahrhunderte existierte. Zu prüfen ist, ob es trotz aller Unterschiede im Handeln und in der Verhaltensweise strukturelle Gemeinsamkeiten gab, die auch in verschiedenen Epochen erkennbar sind und die Aktionen der Prinzen prägten. Nur in einem systematischen Vergleich der verschiedenen Existenzen lassen sich vielleicht grundsätzlich ähnliche Verhaltensbzw. Handlungsformen erkennen, die mit der Wahrnehmung des »Amtes« eines Prince of Wales verbunden waren.

Insofern bieten derartige Betrachtungen auch die Möglichkeit, durch die Beschreibung und Analyse der Aktivitäten der Prinzen von Wales in unterschiedlichen Epochen auch einen neuen Blick auf 700 Jahre Geschichte Englands bzw. Großbritanniens zu eröffnen – gleichsam aus der politisch »zweiten Reihe« mit Auswirkungen auf das Handeln in der politisch »ersten Reihe«. Eine derartige Sichtweise fehlt bislang in Deutschland ebenso wie eine umfassende Würdigung der Bedeutung aller Prinzen von Wales unter Einbeziehung der politischen, sozio-ökonomischen und kulturellen Geschichte.

Zur technischen Gestaltung des vorliegenden Werkes ist zu bemerken, dass nur die Namen der behandelten Könige und Prinzen von Wales in der deutschen Sprachform verwendet werden, während alle übrigen englischen Personennamen in Englisch belassen werden. Gleiches gilt für die Titel und Würden der behandelten Personen – wie Earl oder Duke; auch diese werden in der englischen Form verwendet. Zudem ist zu betonen, dass der Umfang der Darstellung des Lebens der einzelnen Prinzen bzw. deren Ausführlichkeit im Folgenden variiert und sich nach der »Amtsdauer« und nach der Bedeutung der Tätigkeiten der Fürsten richtet. So wurde ein Prinz, der schon als Teenager starb, kürzer behandelt als Fürsten, die etwa als Heerführer, Politiker oder Mäzene von Kunst und Wissenschaft agierten und Ruhm erlangten. Zeitlich liegt der Schwerpunkt der Darstellung auf den Herrschern seit der Frühen Neuzeit bzw. im 19. und 20. Jahrhundert, da deren Wirken besser als etwa das der mittelalterlichen Prinzen dokumentiert ist.

Um der besseren Lesbarkeit willen wurden die Quellen- und Literaturnachweise auf ein Minimum reduziert. Zudem werden die Monographien zum Wirken der einzelnen Prinzen sowie einschlägige weiterführende Literatur in den jeweiligen Kapitelanmerkungen genannt. Zur Entlastung des Textes wurden alle zeitlich und thematisch übergreifenden Werke in geringer Zahl im Literaturverzeichnis im Anhang aufgeführt. Das Problem divergierender Zahlen- und Jahresangaben in der umfangreichen Literatur wurde pragmatisch gelöst, indem zur Entlastung von Text und Anmerkungen auf eine Diskussion der unterschiedlichen Datierungsansätze verzichtet und zumeist die Angaben in gängigen Handbüchern etc. verwendet wurden.

Schließlich ist vom Verfasser den zahlreichen Personen und Institutionen herzlich zu danken, die zum Entstehen des vorliegenden Werkes beigetragen haben. So ist den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der National Archives Kew, der British Library London, der Universitätsbibliothek der Ruhr-Universität Bochum, der TIB Universitätsbibliothek Hannover und der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen zu danken, die bei der Beschaffung der umfangreichen Spezialliteratur behilflich waren.

Zu Dank ist der Autor auch dem Lektoratsteam des Verlages mit Herrn Stefan Gücklhorn und Frau Aline Wollmer für die gründliche Redaktion des Manuskriptes verpflichtet.

Großer Dank gebührt zudem Herrn Verleger Lothar Wekel für die Aufnahme des Werkes in sein Verlagsprogramm und für die vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Den größten Dank möchte der Verfasser hingegen seiner Ehefrau, Dr. Luise Berg-Ehlers, für ihre stete verständnisvolle Fürsorge und ihre hilfreiche Unterstützung aussprechen; ihr ist daher der vorliegende Band gewidmet.

I. Grundlagen: Die walisischen Prinzen von Wales

Die folgende Skizze der Historie der walisischen Prinzen ist sicherlich wenig unterhaltsam und mitunter wegen der teilweise kaum zu unterscheidenden Namen von Provinzen und Persönlichkeiten vielleicht etwas befremdlich. Dennoch ist eine stichwortartige Einführung in die frühe walisische Geschichte unabdingbar, um die Grundlagen bzw. Voraussetzungen für die Entstehung der »Würde« eines englischen Prince of Wales zu verstehen. Erschwerend für die Lektüre dieses Kapitels ist zudem die Tatsache, dass sich die walisische Geschichte bis ins Spätmittelalter hinein oftmals als eine schier endlose Abfolge von Machtkämpfen zwischen Königen bzw. Fürsten, Willküraktionen rivalisierender Großer, politischer Zerrissenheit des Landes sowie von Not und Elend der einfachen Bevölkerung erweist. Daher sollen im Folgenden die sich immer wiederholenden internen Konflikte und Kämpfe nicht ermüdend im Einzelnen behandelt werden. Vielmehr sind nur die entsprechenden Höhepunkte in der Entwicklung der »Würde« eines walisischen Prinzen von Wales seit deren Entstehung im Frühen Mittelalter bis zur Ablösung durch englische Prinzen im 14. Jahrhundert zu verdeutlichen.1

Zumindest seit der Spätantike wurde Wales als Einheit wahrgenommen und als »Cymru« bzw. später von Engländern als »Wallia« bzw. »Cambria« mit eigener Sprache bezeichnet. Dennoch gab es trotz gemeinsamen Rechts und eigener Kirchenorganisation weder eine »walisische Nation« noch ein »Staatsvolk«; auch fehlte ein zentraler Herrscherhof bzw. eine Art »Hauptstadt«. Stattdessen dominierten seit der Zeit der Angelsachsen in Wales zahlreiche Kleinkönigreiche, die sich oftmals gegenseitig bekriegten. Der hiermit verbundene Regionalismus machte die Ausbildung zentralistischer Herrschaftsstrukturen bzw. die Entstehung der Macht eines Prinzen von Gesamt-Wales nahezu unmöglich. Als ebenso hinderlich erwies sich das walisische Erbrecht mit fehlender Primogenitur. So beherrschten zahlreiche rivalisierende Reiche bis zum Beginn der Normannenherrschaft in England weitgehend das politische Geschehen in Wales.

Doch seit dem 9. Jahrhundert gab es zeitweise politische Gegenbewegungen im Land, da einige Fürsten begannen, Hegemonialansprüche zu erheben und ihre Macht auf andere Reiche auszudehnen. Erstmalig gelang es einem Fürsten von Gwynedd (Rhodri Mawr), als King of Wales über weite Teile des Landes zu herrschen. Doch war seine Macht nur von kurzer Dauer, da das Reich nach seinem Tod (878) zerfiel und Nachfolgekämpfe einsetzten. Damit begann ein ständiger Wechsel zwischen Dezentralisation und Hegemonialbestrebungen in Wales, der das politische Geschehen für die nächsten zweihundert Jahre bestimmte. Nur einigen wenigen Fürsten gelang es etwa im 10. Jahrhundert zeitweise, als Kings of the Britons eine hegemoniale Stellung zu erlangen; doch auch ihre Reiche hatten keinen Bestand.

Eine Zäsur in der walisischen Geschichte trat mit der Eroberung Englands durch die Normannen ein (1066), da Wilhelm I. als »rex totius Britanniae« in Anknüpfung an die angelsächsische Herrschaftsideologie einen Machtanspruch auf ganz Britannien, d. h. auch auf Wales, erhob.2 Dies sollten die Waliser bald nach der normannischen Herrschaftskonsolidierung im Inselreich zu spüren bekommen. Um seinen Oberherrschaftsanspruch durchzusetzen, unternahm der Normanne nicht nur einige Feldzüge gegen Wales, sondern er ließ an der walisischen Ostgrenze Marken (Welsh Marches) unter Führung anglonormannischer Großer (Marcher Lords) einrichten. Diese waren zwar englische Vasallen, konnten aber in ihren Gebieten nach eigenen Normen herrschen. Da sie die Marken nicht nur verteidigen, sondern soweit wie möglich erweitern sollten, begann eine englische Expansionspolitik, die die folgenden Jahrzehnte walisischer Geschichte bestimmte.

Seit den 1070er-Jahren konnten die Grenzbarone große Teile von Wales unterwerfen, wobei sich für sie als Vorteil erwies, dass die Waliser wieder untereinander zerstritten waren und über keinen überregional anerkannten Fürsten verfügten. Zwar gab es häufiger lokale Konflikte mit den Baronen, doch viele walisische Große arrangierten sich mit den neuen Herren und leisteten Tribut. Erst in den 1090er- und 1130er-Jahren kam es zu einigen Aufständen gegen die englischen Besatzer. Hierbei traten sogar zeitweise einige Fürsten auf, die als Kings of the Britons Hegemonialansprüche gegenüber anderen Großen erhoben. Als erster walisischer Fürst, der sich zuerst rex Waliae nannte und dann (ca. 1165) von seinen Landsleuten als Tywysog Cymru oder als Prince of Wales bezeichnet wurde, wird traditionellerweise Owain ap Gruffydd von Gwynedd betrachtet. Er musste zwar dem englischen König Heinrich II. huldigen, ansonsten konnte er aber seine Hegemonialansprüche in Wales durchsetzen.3 Zwar zerfiel sein Reich nach dem Tod des Prinzen (1170); doch damit begann die Serie an walisischen Prinzen von Wales, deren Wirken im Folgenden skizzenhaft darzustellen ist.

Das Vorbild von Owain wirkte bald nach, da in den folgenden Jahrzehnten weitere Fürsten (etwa Rhys ap Gruffydd) Oberherrschaftsansprüche erhoben, verbunden mit dem Titel Prince of Wales. Schließlich gelang es Prinz Llywelyn ap Iorwerth, nicht nur seine Hegemonialstellung im Land zu sichern, sondern auch die übrigen Fürsten zur Leistung des homagium zu veranlassen (1216). Auch seine Nachfahren setzten als Prinzen von Wales die Hegemonialbestrebungen erfolgreich fort, oftmals verbunden mit Kämpfen gegen die englischen Besatzer. Diese Konflikte verliefen zumeist nach ähnlichem Schema, indem ein walisischer Großer in einen regionalen Streit mit Engländern geriet, gegen diese revoltierte, hierbei mitunter Unterstützung durch andere Waliser erhielt, jedoch rasch militärisch unterworfen wurde.

Auch in der Folgezeit wurde der Titel eines Prince of Wales von walisischen Großen wie Dafydd ap Llywelyn (1244) und später von Llywelyn ap Gruffydd verwendet (1258). Dieser Fürst entwickelte sogar neue politische Perspektiven, indem er innenpolitische Konflikte in England für eigene Zwecke nutzte – etwa in dem Barons’ War (1258–1265).4 Er konnte nicht nur territoriale Gewinne gegen die Marcher Lords erringen, sondern auch seinen Oberherrschaftsanspruch gegenüber zahlreichen walisischen Fürsten durchsetzen. Schließlich vermochte er sogar seine Anerkennung als Prince of Wales durch die englische Krone zu erlangen. Doch seine Fehleinschätzung der Lage in England nach der Thronbesteigung von Eduard I. (1272) führte nicht nur zur Schwächung der eigenen Macht, sondern auch zu seinem Untergang.5 Der Plantagenet war nämlich entschlossen, den Revolten in Wales ein Ende zu bereiten und dort die englische Herrschaft durchzusetzen. Ihm gelang es in wenigen Heerzügen (in den Wars of Welsh Independence), binnen Kurzem weite Teile des Landes zu erobern und den Prinzen zum Frieden zu zwingen (1277).

Bei den anschließenden Konflikten des Fürsten mit Eduard kam es hingegen zu Veränderungen im Charakter der Auseinandersetzungen: Nun beschränkte sich der Prinz nicht mehr auf die eigenen Kämpfe gegen den Monarchen. Vielmehr nutzte er die zwischenzeitlich aufgestaute Wut und Verbitterung in der Bevölkerung über die repressiven Maßnahmen englischer Beamter für die Entfesselung eines allgemeinen Volksaufstandes. Dieser sollte die Beendigung der Fremdherrschaft der Engländer und die Wiederherstellung der Eigenständigkeit des Landes sowie der alten Rechte der Waliser herbeiführen – Zielsetzungen, die bei späteren walisischen Revolten immer wieder auftauchten. Zwar fand der Prinz im Laufe der Auseinandersetzungen den Tod, doch setzte sein Bruder Dafydd die Kämpfe fort. Aber auch dieser Fürst war der überlegenen Truppenmacht der Engländer nicht gewachsen, sodass er – verraten von den eigenen Leuten – als Gefangener Eduards getötet wurde. Damit hatte der walisische Freiheitskampf zumindest vorläufig ein Ende gefunden (1283).

Allerdings gab sich König Eduard mit dem militärischen Sieg über die Waliser nicht zufrieden: Vielmehr strebte er eine völlige Neustrukturierung der politischen Ordnung im Lande im sog. »Statut von Wales« (früher »Statut von Rhuddlan«) an (1284).6 Nun kam es zu einer territorialen Neuordnung mit der Schaffung der Principality of Wales auf der Grundlage des alten Königreiches Gwynedd. Während das Fürstentum unmittelbar mit der Krone verbunden blieb, wurden die Marches unverändert von den Grenzbaronen beherrscht, während die übrigen Territorien im Besitz walisischer Großer blieben. Hinzu kam eine Verwaltungsreform mit Justiciars sowie mit Exchequers und Gerichtshöfen, gefolgt von der Durchsetzung des Common Law im Strafrecht. Somit waren nach dem Statut »gemäß göttlicher Vorsehung Land und Leute von Wales der Krone von England einverleibt und mit ihr verbunden worden«. Um seine Herrschaft über das Land dauerhaft zu sichern, veranlasste Eduard ferner ein umfangreiches Burgenprogramm bei alten walisischen Widerstandszentren. Hinzu kam ein Kolonisierungs- bzw. Siedlungsprogramm für englische Bauern und Siedler mit Verteidigungsaufgaben gegen Waliser. Auch die Kirche war hilfreich, indem etwa Erzbischof John Peckham vorschlug, die Kinder aus der walisischen Oberschicht zur Erziehung nach England zu schicken und dort entsprechend zu sozialisieren.

Da der Plantagenet seine Herrschaft in Wales mit aller Härte durchsetzte und das Land mit hohen Abgaben, Steuern und Rekrutierungen von Soldaten für seine Feldzüge belastete, war es nicht verwunderlich, dass es in den 1280er- und 1290er-Jahren mehrfach zu Unruhen bzw. zu zwei größeren Revolten (1287, 1294) kam. Diese verliefen nach ähnlichem Schema, indem jeweils ein walisischer Großer – ausgehend von privaten Besitzstreitigkeiten etc. mit Engländern – die große Unzufriedenheit der Bevölkerung wegen der Bedrückungen durch die englischen Besatzer nutzte, um einen Volksaufstand als »nationale Erhebung« gegen die englischen Herren zu initiieren. Hierbei titulierten sich die Führer auch als rechtmäßige Prinzen von Wales. Beide Unternehmen hatten zwar anfangs Erfolg, doch bald zerfielen die Koalitionen der Oppositionellen, und englische Truppen konnten die Revolten niederschlagen.

Dennoch veranlassten diese Unruhen den englischen Monarchen zu einer strategischen Änderung seiner Wales-Politik. Eduard erkannte, dass er nicht länger nur auf Gewalt und Härte setzen konnte. Vielmehr musste er mit der Bevölkerung – insbesondere mit der aufstrebenden »Mittelschicht« – kooperieren und dem walisischen Streben nach Eigenständigkeit sowie Wahrung überkommener Traditionen und Rechte Rechnung tragen. Deshalb konstituierte er zum einen im Lande zur Machtdemonstration eine spezielle Rittertafel. Zum anderen veranlasste Eduard, dass seine hochschwangere Gattin nach Caernarfon Castle gebracht und dort von dem Sohn Eduard (II.) entbunden wurde (25. April 1284). Gleichzeitig soll der König nach der Legende den Walisern vor Ort den Neugeborenen präsentiert und verkündet haben, dass diese nun einen eigenen Prinzen besäßen, der zudem kein Wort Englisch spräche – für einen Neugeborenen sicherlich keine Schwierigkeit. Unabhängig von der umstrittenen Historizität dieser Vorgänge ist zumindest anzunehmen, dass der Plantagenet durch diese Propagandaaktion eine engere Bindung der gerade erst unterworfenen walisischen Bevölkerung an die englische Krone fördern wollte.

Den nächsten Schritt, um die Waliser für sich zu gewinnen, unternahm Eduard wenige Jahre später, indem er an walisische Traditionen anknüpfte und nun den Titel des Prince of Wales adaptierte. Innovativ verwendete der Monarch den Prinzen-Titel, indem er seinem 16-jährigen Sohn 1301 die »Würde« eines Prince of Wales verlieh (s. unten Kap. II/1). Obwohl nicht verfassungsrechtlich verankert, konstituierte der Angevine hierdurch eine neue englische Tradition, nach welcher der König gemäß eigener Entscheidung und Kraft seiner Machtvollkommenheit dem Thronfolger diesen Titel verleihen konnte. Dieser sollte jedoch nicht nur eine bloße »Würde« sein, sondern die Eigenständigkeit des Prinzen in einem eigenen Machtbereich betonen. Zwar stand dieser unverändert in Abhängigkeit von der englischen Krone; doch erhielt der Thronfolger einen eigenen Hof in Ludlow mit eigenem Verwaltungspersonal, welches die vom König übertragene Principality beherrschte und dem Fürsten ein eigenes Einkommen sicherte. Da der neue englische Prince of Wales zum Fokus walisischen Selbstbewusstseins werden sollte, fand gleichzeitig hiermit die Geschichte der walisischen Prinzen von Wales aus englischer Sicht ein Ende.

Diese Auffassung wurde von den Walisern nicht geteilt. Deren Fürsten beharrten auf der »Würde« des traditionellen walisischen Prinzen von Wales, wobei oftmals ein Zusammenhang zwischen der Proklamation dieser »Würde« mit gleichzeitigen Revolten zur Beendigung der englischen Fremdherrschaft bestand. Diese Entwicklungen hielten für über zwei Jahrhunderte an und fanden erst mit den Wales-Gesetzen Heinrichs VIII. (1535–1542) ihr Ende. Doch blieb nach der Ernennung des ersten englischen Prince of Wales (1301) vorerst offener Widerstand bei der walisischen Bevölkerung aus, obwohl dieser nach der Erhebung weder zu Lebzeiten des Vaters noch zu Beginn der eigenen Königsherrschaft engeren Kontakt zur Principality besessen zu haben scheint. Erst im Laufe des 14. Jahrhunderts kam es lediglich zu drei größeren Rebellionen in Wales, die im Folgenden kurz behandelt werden sollen.

Wahrscheinlich infolge einer Ernüchterung der Waliser über die anhaltenden finanziellen und militärischen Bedrückungen durch die Engländer brach 1316 unter Führung von Lord Llywelyn Bren eine erste große Revolte gegen die Besatzer aus.7 Auslöser waren wieder Besitzstreitigkeiten des Adligen mit englischen Verwaltern, wobei es auch diesem gelang, die Unzufriedenheit der Bevölkerung für einen allgemeinen Aufstand zu nutzen. Zwar konnte der Lord Verbündete gewinnen und anfangs militärische Erfolge erringen; doch sobald die englische Kriegsmaschinerie unter dem Earl of Hereford in Gang kam, hatten die Oppositionellen keine Chance. So ergaben sich diese binnen weniger Wochen und wurden als Hochverräter hingerichtet. Doch hatte ihr Aufstand zumindest indirekte Auswirkungen auf Konflikte englischer Barone mit Eduard II., der schließlich gestürzt wurde (1327).

Zwar blieb die englische Herrschaft über Wales für die folgenden fünf Jahrzehnte weitgehend unangefochten; doch stellte diese Friedenszeit nur eine temporäre Unterbrechung im Kampf der Waliser um ihre Freiheit dar. Der zweite Aufstand der Waliser gegen die englische Fremdherrschaft – nun unter Führung von Owain Lawgoch – stand ebenfalls im Zusammenhang mit politischen Entwicklungen in England. Während König Eduard III. wegen seiner Ansprüche auf den französischen Thron in den Hundertjährigen Krieg verwickelt wurde, wuchsen in Wales infolge anhaltender Bedrückungen durch die Engländer sowie wegen gesellschaftlicher Spannungen, Armut und Not in der Bevölkerung der Unmut und die Bereitschaft zum Aufstand. Diese wurde durch walisische Barden intensiviert, die an alte Prophetien u. a. von Merlin erinnerten und die baldige Ankunft eines »nationalen Befreiers« zur Beendigung der Fremdherrschaft vorhersagten. Bei den Bemühungen, die Prophetien zu aktualisieren, stieß man auf einen Angehörigen des Herrscherhauses von Gwynedd, den erwähnten Owain.

Dieser brachte als Söldner in französischen Diensten vorerst wenig Voraussetzung für einen walisischen Befreier mit. Doch veränderte sich seine Lage im Verlauf des Hundertjährigen Kriegs, da er aufgrund seines englischen Erbes in Konflikt mit der dortigen Regierung geriet. Animiert durch walisische Freunde entschloss sich Owain daraufhin, Ansprüche auf das Erbe eines Fürsten von Gwynedd zu erheben – notfalls gewaltsam. Daher unternahm er in der Folgezeit insgesamt drei Aktionen, eine Invasion in Wales durchzuführen und seine Forderungen militärisch durchzusetzen. Nachdem die erste Unternehmung, mit einer Flottille von Frankreich nach Wales überzusetzen, an widrigem Wetter gescheitert war (1369), startete er bald einen zweiten Versuch. Zwar wurde dieser vom französischen König unterstützt und propagandistisch als Aktion des einzig legitimen Prince of Wales gefeiert; doch auch dieses Unternehmen schlug fehl (1372). Ehe der Prinz einen dritten Invasionsversuch unternehmen konnte, schlug die englische Regierung gegen ihn zu, indem sie dessen Ermordung in Frankreich durch einen schottischen Auftragsmörder veranlasste, der erfolgreich war (1378). Auch nach Owains Tod blieb sein Wirken in Wales populär, woraufhin nach dem Aussterben des Hauses Aberffraw andere fürstliche Dynastien – u. a. in Deheubarth, Powys – den Anspruch erhoben, den Titel eines Prince of Wales zu führen und den Freiheitskampf fortzusetzen.

Doch erst nach drei Jahrzehnten trat ein neuer walisischer Fürst auf – Owain Glyndŵr, der den letzten, jedoch gefährlichsten Aufstand gegen die englische Herrschaft in Wales entfesselte.8 Eher zufällig geriet er nach längerer juristischer und militärischer Tätigkeit in englischen Diensten als Nachfahre der Fürstenhäuser von Powys und Deheubarth in die Rolle eines Rebellen. Auch bei ihm waren private Besitzkonflikte mit englischen Großen sowie englischen Gerichten der Auslöser, sich die fortbestehende Wut der Bevölkerung auf die englischen Herren zunutze zu machen und gegen diese aufzustehen. So ging er – unterstützt von Barden – als Fünfzigjähriger in die Offensive, sammelte Verbündete und ließ sich von diesen als Fürstennachfahre zum Prince of Wales proklamieren (September 1400). Dies geschah nicht zufällig, da kurz zuvor der Sohn des usurpatorischen englischen Monarchen Heinrich IV., Heinrich von Monmouth (später Heinrich V.), zum englischen Prince of Wales erhoben worden war (Oktober 1399; s. unten Kap. II/1).

Im folgenden Jahrzehnt führte Owain eine Rebellion, die wie so oft die Befreiung der Waliser von Fremdherrschaft und die Wiederherstellung der Rechte und Freiheiten des Landes zum Ziel hatte. Aus der wechselvollen Geschichte dieses Aufstandes sei hier nur erwähnt, dass der Prinz über mehrere Jahre in einer Koalition mit walisischen Fürsten zahlreiche militärische Erfolge erringen konnte. Trotz diverser Feldzüge König Heinrichs, Strafgesetzen des englischen Parlaments etc. hielten die Oppositionellen Stand – unterstützt durch propagandistische Kampagnen von Barden, die den Prinzen als »the sole head of Wales or the Welsh« und als Führer der »Welsh race« feierten. Zustrom erhielt die »nationale Bewegung« sogar von walisischen Studenten und Soldaten, die im Ausland tätig waren und nun Owain zu Hilfe eilten. Zudem fand dieser Unterstützung sowohl bei englischen Oppositionellen als auch in Frankreich, da König Karl Flottenkontingente zur Verfügung stellte. Schließlich wurde Owain sogar von anderen auswärtigen Mächten wie Kastilien, Schottland als souveräner Prince of Wales anerkannt (1404).

Besondere Bedeutung erlangte die Rebellion jedoch durch die Tatsache, dass deren Leiter zunehmend »staatsmännisches Format« erlangte. Auf dem Höhepunkt seiner Macht (ca. 1404) entwickelte Owain ein »politisches Programm«, in dessen Mittelpunkt die »nationale Erlösung« (national salvation) stand, d. h. die Befreiung des Landes von englischer Fremdherrschaft. Neu war hingegen, dass erstmals ein Prince of Wales als Hauptziel verkündete, einen souveränen »walisischen Staat« mit eigenen politischen Institutionen zu schaffen – etwa ein selbstständiges walisisches Parlament und ein funktionsfähiges Verwaltungs- und Finanzsystem. Und gerade hieran scheiterten die Pläne des Prinzen: Abgesehen von einer Kanzlei konnten die erforderlichen Einrichtungen ebenso wenig aufgebaut werden wie eine eigenständige walisische Kirche. Gleiches galt für den Plan des Fürsten, zwei eigene Universitäten im Lande – jeweils eine im Norden und Süden – zu gründen, um eine eigenständige walisische Bildung unabhängig von englischen Bildungseinrichtungen zu gewährleisten.

Trotz temporärer Rückschläge war Owain weiterhin bestrebt, die Kämpfe in Wales politisch auszuweiten bzw. zu »internationalisieren« und ausländische Akzeptanz eines souveränen »walisischen Staates« zu erlangen. Seine offensive Außenpolitik war sogar zeitweise erfolgreich, da er erneut die Unterstützung durch Karl VI. von Frankreich erhielt. Dessen militärische Intervention mit einem Expeditionskorps in Wales schlug jedoch fehl (August 1404). Dies hinderte Owain nicht an noch weiterreichenden Plänen – etwa für eine Absetzung Heinrichs IV. Mit einigen englischen Oppositionellen – wie Edmund Mortimer IV. und Henry Percy – ging er sogar so weit, für den Sturz des Königs eine neue Machtordnung auf dem Inselreich unter eigener Beteiligung vorzusehen (1405). Der Prinz glaubte sicherlich, umfassende Macht zu besitzen und eine glänzende Zukunft als Herrscher zu haben.

Doch die politische Wirklichkeit sah völlig anders aus. Zwar erhielt Owain die Unterstützung durch ein walisisches Parlament (in Harlech Castle), doch dann begannen die ersten großen militärischen Niederlagen (Sommer 1405). Vor allem der Einsatz des englischen Thronfolgers Heinrich (V.) mit einem Strategiewechsel machte sich bemerkbar, sodass immer mehr Burgen für den Prinzen verloren gingen und sich die englische Wirtschaftsblockade negativ bemerkbar machte. Daher konnte Prinz Heinrich eine walisische Region nach der anderen zurückerobern und sogar verschiedene Familienmitglieder Owains gefangen nehmen, die als Gefangene im Tower starben. Zwar unternahm Owain noch einige verzweifelte Angriffe auf englische Garnisonen, doch brachten diese keine Veränderungen.

Die Situation verschlechterte sich für den Fürsten nach dem Tode Heinrichs IV. bzw. nach der Thronbesteigung des Sohnes (1413) weiter, da nun der Widerstand der Oppositionellen rasch zusammenbrach. Auch Owain dürfte zu dieser Zeit den Kampf weitgehend aufgegeben haben, da er aus der Öffentlichkeit verschwand. Im Gegensatz zu früheren Rebellen wurde er jedoch niemals von seinen eigenen Leuten verraten; auch lehnte er alle Amnestieangebote durch den König ab. So ist sein weiteres Schicksal ungeklärt. Wahrscheinlich wird er sich die folgenden Jahre – geduldet durch Heinrich V. – auf den Besitzungen seiner Töchter bzw. Schwiegersöhne bis zum Tode ca. 1415 aufgehalten haben. Insgesamt endete die von Owain angeführte Rebellion im Desaster, dessen verheerende soziale, wirtschaftliche und politische Auswirkungen das Land noch Jahrzehnte belasteten.

Zwar blieb Owain trotz seines Scheiterns auch nach dem Tod im Land u. a. in Legenden populär, doch kam es in der Folgezeit in Wales zu keinen nennenswerten weiteren Revolten gegen die englische Herrschaft. Vielmehr fanden sich offenbar die Waliser mit ihrem Schicksal ab, keinen eigenen Prince of Wales zu besitzen und in Abhängigkeit von der englischen Krone zu stehen. Diese Bindung wurde schließlich durch die ursprünglich walisische Dynastie der Tudors vollendet, indem es der englische König Heinrich VIII. wagte, Wales vollständig in das Königreich England zu inkorporieren (Laws in Wales Acts 1535–1542).

Erst im späten 19. Jahrhundert wurde das Andenken an die verlorene Unabhängigkeit des Landes und an die Rebellion Owains u. a. im Rahmen der Bewegung Young Wales (Cymru Fydd) neu belebt (seit 1886). Ihn erklärte man nun zum »Vater des Walisischen Nationalismus« und zu einem »Welsh Hero«. Seine Verehrung hielt bis ins 21. Jahrhundert an, indem etwa im Jahre 2000 Gedenkfeiern für seine Revolution abgehalten wurden. Auch eine Universität (in Wrexham) erhielt seinen Namen (2008). Sogar der gegenwärtige englische Prince of Wales sah sich veranlasst, seine enge Verbindung zu dem Land zu betonen, indem er zumindest ansatzweise die Sprache lernte und regelmäßige Besuche in Wales absolvierte. Wie Charles Windsor zur Geschichte der walisischen Prinzen von Wales steht, ist jedoch unklar.

II. Die englischen und britischen Herrscherhäuser und ihre Prinzen von Wales

1. Mittelalterliches Rittertum und die Prinzen von Wales (1301–1484)

Umstrittener und ritterlicher Prinz

Eduard (II.) von Caernarfon | Plantagenet (1284–1327)

Eduard als Prinz bzw. als Prinz von Wales

Die Geschichte der englischen Prinzen von Wales beginnt mit Eduard (II.), dem vierten und einzig überlebenden Sohn (von 14 Kindern) von König Eduard I. und seiner Gattin Eleonore von Kastilien.1 Die Geburt des späteren Thronfolgers auf einer Wales-Reise des Königspaares erfolgte sicherlich nicht zufällig in Caernarfon Castle (25. April 1284). Vielmehr stand sie in Zusammenhang mit der Unterwerfung von Wales, welche der König seit geraumer Zeit betrieb. Um die Waliser für die englische Herrschaft zu gewinnen, ließ der Monarch den Sohn – unter Bezug auf walisische Prophezeiungen – angeblich als einen Prinzen ankündigen, »der in Wales geboren wäre und nie ein Wort Englisch sprechen könne«.2 Doch hatte dieser nach Abschluss der Unterwerfung von Wales durch den Vater für ein Jahrzehnt keinerlei Beziehungen zu der Region. Gleiches galt für die Eltern, die das Baby in den ersten Jahren nicht zu Gesicht bekamen, da sie sich in der Gascogne aufhielten. Stattdessen wurde für den Sohn ein eigener Haushalt – ähnlich dem Königshof – mit Zentrum in Langley, später Mortlake, geschaffen.

Wie in der Oberschicht üblich, kümmerten sich Kinderfrauen um den Prinzen, zuerst Mary Maunsel, dann Alice de Leygrave, die den Jungen liebevoll betreuten. Die Leitung des Haushaltes wurde Giles von Oudenarde, später William von Blyborough übertragen. Hier bestand eine Ämterhierarchie mit zahlreichen Funktionsträgern, die mit der Wardrobe den Unterhalt des Prinzenhofes sicherten. An diesem erhielt Eduard auch eine zeitgenössische Ausbildung, für welche die Eltern nur geringes Interesse zeigten. Schwerpunkte hierbei waren ritterliche Tätigkeiten (wie Reiten, Fechten etc.), in denen der Prinz bald durch den Ritter Guy Ferre unterwiesen wurde. Da wie üblich bei dem Jungen keinerlei Wert auf »intellektuelle Fähigkeiten« gelegt wurde, ist unklar, ob er lesen oder schreiben konnte. Während er Anglo-Französisch sprach, besaß er vielleicht auch Kenntnisse in Latein und Englisch. Da der Prinz später mit seinem Hof viel umherreiste, entwickelte sich dieser zu einem wichtigen, aber teuren Kommunikationszentrum. So wuchs er zu einem kräftigen, gutaussehenden jungen Mann heran, der Musik liebte, sportlich aktiv war – mit Reiten, Jagd, Falknerei – und sich später mit unstandesgemäßen Tätigkeiten wie Graben, Maurerarbeiten etc. beschäftigte.

Trotz der häufigen Abwesenheit der Eltern zumeist auf Kriegszügen zog der König den Sohn schon früh zum Dienst für die Krone heran. So erhob er ihn nach dem Tod der Königin (1290) zum Grafen von Ponthieu, ernannte ihn während seiner Abwesenheit im französisch-englischen Krieg (1294–98) zum (nominellen) Oberbefehlshaber der Armee auf der Insel und später während seines Flandern-Feldzuges (1297–98) zum offiziellen Regenten Englands. Zwar agierten Stellvertreter für den Prinzen, doch erlangte er hierbei politische Erfahrungen. Diese waren ihm schon 1297 in den Konflikten mit oppositionellen Magnaten nützlich, wobei er großes Geschick bei der Beilegung des Machtkampfes bewies. Noch wichtiger war die Übertragung der königlichen Besitzungen in Wales (Principality) sowie des Earldom of Chester im Parlament von Lincoln auf Eduard (7. Februar 1301 – Wirkungszeit ca. 6,5 Jahre).3 Doch erst im Mai tauchte der Titel eines Prince of Wales in Dokumenten auf. Zweck dieser Ernennung war nach dem sog. Statut von Wales (1284) bzw. nach den Revolten in Wales (1294–95) im Blick auf den Konflikt mit Schottland wahrscheinlich die engere Bindung dieser Region an das Herrscherhaus und die Ausstattung des Thronfolgers mit eigenem Territorialbesitz bzw. Einkünften. Dieser begab sich im April nach Wales, um die Huldigung seiner neuen Untertanen zu empfangen; doch verließ er das Land bald wieder. Zudem richtete man einen walisischen Council (mit 15 Magnaten) ein, welcher die Region in seinem Namen verwaltete. Nach weiteren Besitzübertragungen (u. a. Aquitanien) war der Prinz einer der mächtigsten Großen des Landes.

Dennoch blieb die große Abhängigkeit Eduards von seinem Vater bestehen, zumal ihn dieser weiter konsequent in seine herrscherlichen Aktivitäten einbezog. Dies betraf auch die künftige Ehe des Prinzen, die wie üblich eine dynastische Angelegenheit darstellte. So begann der Vater schon 1290 mit Heiratsplänen für Eduard, die zuerst – im Blick auf die Schottland-Unterwerfung – die Verbindung mit der jungen Margarete von Norwegen und ihre schottischen Thronansprüche betrafen. Nach deren frühen Tod wurde im Hinblick auf den anglo-französischen Krieg die Heirat mit einer Tochter des Grafen Guido von Flandern projektiert; doch auch dieses Projekt scheiterte. Schließlich wurde zur Beendigung der Kämpfe mit Frankreich bzw. um die Gascogne die Verlobung Eduards mit der Tochter Phillips IV. von Frankreich, Isabella, vereinbart (1303), gefolgt von der Hochzeit nach der Thronbesteigung Eduards II. (1308).

Nachdem die Kämpfe in Frankreich beendet worden waren, wandte sich der König wieder seinem Hauptziel zu – der Unterwerfung Schottlands. Unabhängig von dem Engagement des Prinzen in Wales bzw. im Earldom of Chester glaubte der König, ihm intensiver militärische Erfahrungen vermitteln zu müssen, sodass er ihn die folgenden Jahre an den Kämpfen aktiv beteiligte. Diese Einsätze begannen unter dem Oberbefehl des Vaters mit einem Kommando über Armee-Kontingente bei Belagerungen (1301), gefolgt von der Teilnahme an weiteren Kampagnen (1303–04). Bei diesen Aktionen, die nur teilweise erfolgreich waren, zeigte der Prinz zwar Engagement, jedoch geringe Führungsqualitäten, sodass er die Erwartungen des Vaters nicht erfüllte. Zwischenzeitlich übernahm Eduard andere Aufgaben wie die Teilnahme an Ratsversammlungen der Magnaten und an Parlamentssitzungen (1302).

Gleichzeitig kam es zu einer allmählichen Entfremdung vom Vater, deren Ursachen unklar sind. Wahrscheinlich wird die extravagante Lebensführung des Prinzen, der keinerlei Interesse an den politischen wie militärischen Zielen des Monarchen zeigte, dessen Missfallen hervorgerufen haben. In aufwändiger Hofhaltung feierte der Prinz teure Feste, betrieb Glücksspiel und ließ Musikanten auftreten. Die kostspielige Lebensweise führte zu baldiger Verschuldung Eduards und zu starker Belastung der königlichen Kasse, woraufhin der Treasurer Walter Langton beim Monarchen intervenierte. Im folgenden Konflikt stellte sich der Vater gegen den Sohn und verbannte ihn zeitweise vom Hofe (1305). Zwar kam es bald zu einer Versöhnung, doch blieben die Beziehungen zwischen beiden belastet, zumal der Prinz seine Lebensführung nicht änderte.

Noch gravierender waren hingegen die Auseinandersetzungen zwischen Vater und Sohn um dessen fragwürdigen Freundeskreis, insbesondere um die Rolle des gascognischen Ritters Piers Gaveston, der seit 1300 Mitglied des Haushalts von Eduard war.4 Wie genau die Beziehung der beiden Männer aussah, ist unklar, wobei schon bald Gerüchte über ein angeblich homosexuelles Verhältnis aufkamen. Zwar standen die beiden in immer engerem Kontakt zueinander, und Gaveston übte verstärkt Einfluss auf den Prinzen aus. Doch könnte auch eine sog. »Blutsbrüderschaft« (Adoptive Brotherhood) bestanden haben, die dauerhaft ein gegenseitiges Füreinander-Einstehen ohne sexuelle Konnotation vorsah. Auf jeden Fall sorgte das Verhältnis nicht nur bei den Zeitgenossen für Furore, sondern war auch in der Folgezeit Gegenstand literarischer bzw. künstlerischer Darstellungen, etwa von Marlow. Unverändert missbilligte der König diese Beziehung und wollte Gaveston loswerden. Dennoch übertrug er dem Sohn nicht nur das wichtige Herzogtum Aquitanien, sondern erhob ihn in einer großen Feier mit ca. 260 anderen jungen Männern zum Ritter (Knight of the Bath) in Westminster Abbey (April/Mai 1306).

Trotz der Spannungen vertraute der König dem Prinzen ein Kommando im neuerlichen Schottland-Krieg an (August). Bei diesem Heerzug bewies der Sohn zwar wenig militärisches Geschick, jedoch umso größere Grausamkeit gegenüber der schottischen Bevölkerung. Sogar der harte Monarch zeigte sich verärgert über das Verhalten Eduards, den er zurück beorderte und mit Verhandlungen über die Modalitäten für dessen geplante Heirat im Parlament in Carlisle beauftragte (Januar 1307). Zusätzliche Konflikte traten wegen der Aktivitäten des Vertrauten von Eduard (Gaveston) auf, den der König verbannte (26. Februar). Zwar kam es zu einer erneuten Aussöhnung des Prinzen mit dem Vater, der beharrlich den Krieg in Schottland gegen Robert Bruce fortsetzte. Doch im Verlauf des Heerzuges starb der Monarch in Burgh-by-Sands, Northumberland (7. Juli). Noch auf dem Sterbebett verpflichtete er (gen. Hammer of the Scots) den Sohn zur vollständigen Unterwerfung Schottlands. Zugleich hinterließ er ein schweres Erbe: So bestand trotz innenpolitischer Reformen nicht nur ein spannungsreiches Verhältnis zu Adel und Parlament, sondern es existierten auch extreme Belastungen für das Finanzwesen infolge großer Schulden der Krone und das ungelöste Problem einer »Befriedung« Schottlands.

Eduard als König

Bald nach der Thronbesteigung als Eduard II. hatte dieser Isabella von Frankreich in Boulogne geheiratet (25./28. Januar 1308) und war dann in Westminster Abbey gekrönt worden (24./25. Februar). In den zwei Jahrzehnten seiner Herrschaft zeigte er sich stark von den Prägungen seiner Prinzenzeit beeinflusst. So distanzierte er sich umgehend vom Vater, indem er eine völlig andere Politik betrieb. Vor allem war er weder willens noch in der Lage, dessen Expansionsbemühungen fortzusetzen. Auch erwies sich Eduard als schwach und labil mit Desinteresse an politischen Aktionen; zudem war er unfähig, außenpolitische Krisen – etwa in Frankreich – zu bewältigen. Andererseits setzte er auch als König seine aufwändige Hofhaltung aus der Prinzenzeit fort und pflegte die Gemeinschaft mit »niederer Gesellschaft« sowie seine Günstlingswirtschaft. Dies führte umgehend zu Konflikten, indem die Barone gewaltsam die königlichen Herrschaftsrechte einschränkten (Ordinances 1311), den Favoriten Gaveston töteten (1312) und eine Regierung des Reformers Thomas von Lancaster etablierten (1314–1322). Nach dessen Scheitern und militärischen Niederlagen (u. a. Bannockburn 1314) brach unter neuen Günstlingen Eduards (Despensers) ein Bürgerkrieg aus, in dessen Verlauf der König die Oberhand erlangte und mit den Favoriten eine Zeitlang eine autoritäre Herrschaft ausüben konnte.

Ein Umschwung wurde durch die Königin eingeleitet, die sich u. a. wegen der Favoriten vom Gatten entfremdet hatte und – nominell in diplomatischer Mission – an den französischen Hof gereist war (1325). Dort bereitete sie mit ihrem Liebhaber Roger Mortimer den Sturz der Günstlinge und die Rückkehr auf die Insel vor. Die Invasion gelang ihr mit französischen Truppen in Suffolk (24. September 1326), woraufhin die Herrschaft des Königs zusammenbrach. Dieser floh mit den Despensers nach Südwales, doch geriet er bei Llantrisant in Gefangenschaft (16. November). Während man die Despensers hinrichtete, wurde der inhaftierte König von einer Art »Parlament« wegen zahlreicher Vergehen und »Unfähigkeit« zur Abdankung zugunsten des Sohnes Eduard (III.) gezwungen (25. Januar 1327). Die folgenden Monate verbrachte der Monarch weiter in Haft (in Kenilworth Castle, Berkeley Castle), wo er zu Tode kam (21. September). Die Umstände seines Ablebens sind bis heute ungeklärt; doch wird zumeist ein Mord im Auftrage der neuen Machthaber Isabella und Mortimer angenommen.5 Diese wurden ihrerseits wegen eklatanter Misswirtschaft von Eduard (III.), der niemals Prince of Wales war, gewaltsam gestürzt (1330).

Eduard von Woodstock (Schwarzer Prinz) | Plantagenet (1330–1376)

Der zweite Prinz von Wales wurde in einem Land geboren, das von großen innen- und außenpolitischen Problemen belastet war. Seine Eltern waren der künftige König Eduard III. und seine Gattin Philippa von Hennegau, die dem ältesten Sohn Eduard in Woodstock (Oxfordshire) das Leben schenkte (15. Juni 1330).6 Das Prinzenpaar wurde in die Wirren um die Herrschaft des Vaters, Eduards II., und seiner Günstlinge hineingezogen. Schon als Dreizehnjähriger musste sich der Thronfolger nämlich an den französischen Königshof begeben und zur Beendigung des Krieges von Saint-Sardos den Lehnseid für das Herzogtum Guyenne leisten (1325). Auch in den folgenden Machtkampf zwischen dem König und seiner Gattin Isabella sowie ihres Liebhabers Roger Mortimer wurde der Prinz involviert, da er nach der erfolgreichen Invasion des Paares und nach dem Sturz Eduards II. als König Eduard III. dessen Nachfolger auf dem englischen Thron wurde (25. Januar 1327). Faktisch führten Isabella und Mortimer jedoch die Regentschaft für den minderjährigen Monarchen, der Philippa von Hennegau heiratete (1328) und bald Vater eines Sohnes (Eduard) wurde. Zudem nutzte Eduard III. den wachsenden Widerstand gegen die Herrschaft des Paares im Lande und stürzte kurz vor seinem 18. Geburtstag seine Mutter und ihren Liebhaber (1330). Nachdem Mortimer hingerichtet und die Königin unter Hausarrest gestellt worden war, konnte der Sohn endlich selbstständig über das Land herrschen.

Hierbei bemühte sich Eduard III., nach der innenpolitischen Befriedung Englands die überkommenen außenpolitischen Probleme zu lösen, d. h. die Konflikte in Schottland, Irland und Frankreich zu bewältigen. Damit begann eine jahrzehntelange Folge von Kriegen auf diversen Schauplätzen, wodurch der Monarch zu langer Abwesenheit von England und damit auch von der Familie gezwungen war. Daher übernahm die Königin für ca. sieben Jahre in ihrem Haushalt die Erziehung des Prinzen Eduard und seiner Geschwister. Schon in dieser Zeit unterwiesen zumeist Frauen den Jungen, der eigene Bedienstete besaß, in ritterlichem Verhalten. Gleichzeitig war der Vater bestrebt, den Sohn in sein Herrschaftssystem einzubeziehen, indem er schon den Dreijährigen an Repräsentationsveranstaltungen teilnehmen ließ. Zur selben Zeit ernannte er ihn zum Earl of Chester und 1337 zum Duke of Cornwall; die hiermit verbundenen Einnahmen wurden im mütterlichen Haushalt zum Unterhalt verwendet.

Seit dem achten Lebensjahr erfolgte die Erziehung des Prinzen mit Standesgenossen bei Hofe durch Haushaltsmitglieder und Tutoren wie Walter Burley. Wahrscheinlich beschränkte man sich auf die Vermittlung von »Elementarbildung« wie Lesen, Schreiben und Latein – Kenntnisse, die für die spätere herrscherliche Tätigkeit nützlich waren. Ein späterer Besuch des Queen’s College (Oxford) ist umstritten, zumal der Prinz kein großes Interesse an »Buchwissen« oder selbst an moderner Literatur wie »Romanzen« zeigte. Wichtiger war die chevalereske Ausbildung, der sich Eduard mit großem Eifer widmete. Auch besaß er bereits als Achtjähriger eine umfangreiche Sammlung an Waffen und Rüstungen. Alle erzieherischen Aktivitäten dienten somit – nach dem Vorbild des Vaters – der Vorbereitung auf ein »Leben in Waffen«.

Bereits als Teenager wurde der Prinz in eine Serie an Kriegen seines Vaters involviert, die das weitere Leben Eduards prägen sollten. Zuerst wurde dieser zum (zweiten) Prinzen von Wales im Parlament von Westminster ernannt bzw. feierlich investiert (12. Mai 1343 – Wirkungszeit: ca. 33 Jahre) und ein Council zur Verwaltung des Besitzes eingerichtet. Abgesehen von der nominellen »Würde« hatte der Prinz aber in der Folgezeit persönlich – außer der Rekrutierung von Truppen – keinerlei Beziehungen zur Principality. Danach wurde er in die Aktivitäten des Vaters in Schottland einbezogen, da dieser in den dortigen Thronwirren um Edward Balliol zur Durchsetzung seines Oberherrschaftsanspruchs intervenierte. Dieses Eingreifen erfolgte sowohl infolge der schottisch-französischen Auld Alliance als auch wegen eines Konfliktes mit Philipp VI. von Frankreich. Dessen Herrschaft stellte Eduard III. nämlich aufgrund eigener Thronansprüche in Frage, wodurch der Hundertjährige Krieg ausgelöst wurde (1337–1453). Ergänzt wurden die folgenden militärischen Aktionen von Eduard durch den Aufbau eines komplexen außenpolitischen Bündnissystems, das zahlreiche Herrscher auf dem Kontinent – wie Kaiser Ludwig den Bayern – einbezog.

In die kriegerischen Auseinandersetzungen wurde der Sohn von Beginn an involviert, indem dieser zuerst wegen des Flandern-Zuges des Königs als Guardian of the Kingdom mit einem Council fungierte (1338, wiederholt 1340, 1342). Danach bezog ihn der Vater in seinen Krieg in Frankreich ein, der das Leben des Thronfolgers in den kommenden Jahren weitgehend bestimmen sollte. Schon in der ersten Phase des Hundertjährigen Krieges nahm der Prinz, der bei Saint-Vaast-la-Hougue zum Ritter geschlagen worden war (1346), an wichtigen Kämpfen teil – etwa an der berühmten Schlacht bei Crécy, in der er Tapferkeit und Führungsqualitäten bewies (August 1346).7 Für die Geschichte der Prinzen von Wales ist wichtig, dass Eduard nach der Schlacht die Leiche des gefallenen blinden Königs Johann von Böhmen und dessen Helmschmuck (drei Federn) mit dem Wahlspruch »Ich dien« gefunden haben soll. Angeblich übernahm er dieses Motto aus Verehrung für den vorbildlichen Ritter. Doch andere Quellen berichten von einem walisischen Ursprung, wonach der Wahlspruch in Wirklichkeit »Eich Dyn« (engl. »Your Man«) gelautet habe und einen Bezug zu den walisischen Kämpfern in der Schlacht besessen haben soll. Während die Entstehungsgeschichte unklar bleibt, ist jedoch unstrittig, dass spätere Prinzen von Wales das Abzeichen (Badge) rezipierten, das aus drei Straußenfedern besteht, die in einer kleinen Krone stecken. Darunter befindet sich ein blaues Band mit dem Motto »Ich dien«. Bis heute findet dieses Abzeichen (nicht Wappen) von den Prinzen von Wales Verwendung.8

Dessen ungeachtet genoss der Prinz den Ruf eines vorbildlichen Ritters und Truppenführers, dem schon bald der Beiname »Schwarzer Prinz« verliehen wurde – entweder wegen der Farbe seiner Rüstung oder aufgrund seines grausamen Verhaltens im Krieg.9 Seine Kampfkraft bewies er auch in der Folgezeit, etwa bei der Belagerung von Calais (Winter 1346–1347). Auch dieses Unternehmen war erfolgreich und sicherte den Engländern für längere Zeit einen wichtigen Brückenkopf auf dem Kontinent. So war der Vater nach der Rückkehr nach England bereit, die Leistungen des Sohnes zu honorieren, indem er ihn in den neu gegründeten Hosenbandorden aufnahm (1348). Doch nach einer kurzen Ruhephase gingen die Feldzüge weiter, wobei sich der Vater auf den Krieg in Schottland konzentrierte, während der Thronfolger nach einer Intervention gegen Rebellen in Cheshire (1353) eine große Kampagne in Aquitanien begann.10 Nachdem ihn der Vater zum Lieutenant der Gascogne ernannt und er das homagium der dortigen Großen erhalten hatte, konnte er militärisch weitgehend selbstständig agieren (1356). Hierbei konzentrierte er sich auf die üblichen Chevauchées (Reiterzüge), die weniger strategische Bedeutung besaßen, sondern vorrangig der systematischen Verwüstung des Landes dienten. Hieran schlossen sich Plünderungszüge bis nach Poitiers an, wo der französische König Johann II. in der Schlacht bei Maupertuis gefangen genommen wurde (19. September 1356).

Nach diesen Erfolgen gönnte sich der Prinz eine Ruhephase, indem er mit seinem königlichen Gefangenen Johann nach England zurückkehrte. Hier wurde er begeistert gefeiert und avancierte bald zu einer Art »Nationalheld«, dessen strategische Planungen bei seinen Feldzügen gerühmt wurden. Gleichzeitig genoss er sein Leben in zahlreichen Festen, Turnieren etc., wobei er eine aufwändige Hofhaltung betrieb. Dies führte dazu, dass Eduard rasch hoch verschuldet war und Probleme mit der Rückzahlung auftraten. Finanzielle Entlastung sollten daher weitere Heerzüge bringen – wie etwa die erfolgreiche Kampagne um Reims, gefolgt von Friedensverhandlungen mit den Franzosen. Das Ergebnis war der Friedensvertrag von Brétigny zwischen Eduard III. und Johann II. Hierin verzichtete der Engländer zwar auf den französischen Thronanspruch, konnte dafür aber beträchtliche französische Gebietsgewinne (wie Calais, Ponthieu, Aquitanien) verzeichnen (8. Mai 1360). Nach der Rückkehr auf die Insel fand der Prinz Zeit, sein Privatleben zu ordnen und Johanna von Kent in Windsor zu heiraten (10. Oktober 1361). Die 33-jährige Braut war eine Verwandte Eduards, hatte eine angeblich »skandalöse Vorgeschichte« und brachte nach zwei vorangegangenen Ehen vier Kinder in die Ehe. Erstaunlicherweise dürfte es sich bei dieser Verbindung um keine dynastische Ehe, sondern um eine Liebesheirat gehandelt haben.

Nach dem Friedensvertrag von Brétigny und nach der Eheschließung begann im Leben des Prinzen eine neue, friedlichere Phase, die mehrere Jahre dauern sollte. Zudem hatte der König Eduard zum Herzog von Aquitanien mit dazugehörigem Besitz erhoben (19. Juli 1362). Nun konnte das Paar seinen Hof in Angoulême bzw. in Bordeaux aufbauen, eine prächtige Hofhaltung führen und zum Sinnbild ritterlicher »Höfischkeit« werden. Auch seine Gattin, die später die Söhne Edward (* 1365) und Richard (II.) (* 1367) in Bordeaux gebar, schwelgte im Luxus und genoss das höfische Leben mit Festen und Turnieren. Doch binnen Kurzem war der Prinz wieder militärisch aktiv, indem er die Kriegsführung in Frankreich übernahm, während sich der König weiter auf Schottland konzentrierte. So griff der Prinz zuerst in Konflikte in der Bretagne bzw. in der Normandie ein, danach in den Ersten Kastilischen Bürgerkrieg zwischen Peter I. (el Cruel) und Heinrich (II.) von Trastámara. Da sich die dortigen Interventionen Eduards jedoch als Fehlschlag erwiesen, musste er bald mit dezimierten Truppen nach Bordeaux zurückkehren (1367).

Der letzte Abschnitt im Leben des Prinzen begann mit seiner Rückkehr nach Aquitanien, wo er nun auf wachsende Opposition der Barone stieß und einer Invasion der Herzöge von Anjou und Berry ausgesetzt war. Zwar konnte der Prinz einige Siege erringen, doch war er deutlich gealtert und vermochte wegen Krankheit nur schwache Gegenwehr zu leisten. So musste er schließlich erkennen, dass er die Verteidigung von Aquitanien gegen französische Bedrohungen u. a. wegen Krankheit nicht länger wahrnehmen konnte. Nach dem Tod der Mutter Philippa (1369) traf den Prinzen ein weiterer Schicksalsschlag mit dem Ableben seines ältesten Sohnes Edward von Angoulême (September 1370 / Januar 1371). Daher reiste Eduard nach England zurück, wo er sich in Berkhamsted Castle niederließ und bald auf den Besitz von Aquitanien bzw. Gascogne verzichtete (Oktober 1371).

Auch im Inselreich hatte sich die politische Lage verändert, da der König senil geworden und kaum mehr handlungsfähig war. Somit übernahmen eine Clique von Günstlingen und sein Sohn Johann von Gent (engl. John of Gaunt) die Herrschaft. Auch sie konnten die riesigen territorialen Einbußen in Frankreich, die unter König Karl V. erfolgten, nicht verhindern. Hinzu kam, dass der Schwarze Prinz weiter dahinsiechte; ob er zu dieser Zeit Kontakte zum Good Parliament und Regierungskritikern pflegte, ist unklar. Ohne Bedeutung blieben hingegen die erwähnten Versuche des walisischen Söldnerführers Owain Lawgoch, mit französischer Hilfe eine Rebellion in Wales durchzuführen und für sich gegen Eduard die »Würde« eines Prince of Wales zu reklamieren (1369/1372; s. Kap. I).