Können Tiere lügen? - Cord Riechelmann - E-Book

Können Tiere lügen? E-Book

Cord Riechelmann

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Beschreibung

Cord Riechelmann sucht nach Potenzialen des Lügens im Tierreich und kommt zu dem Befund, dass es durchaus Täuschungsversuche bei verschiedenen Arten gibt, was er anhand von zahlreichen Anekdoten und Geschichten zeigt, dass aber die explizite Lüge wohl eine sehr menschliche Erscheinung ist. Denn die Sprache, und damit auch die Schrift, schafft es, der Lüge ein eigenes vom Körper unabhängiges Verhaltensterrain zu erschaffen, das Tieren nicht zur Verfügung steht.

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Seitenzahl: 21

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Lauter Lügen

 

Inhalt

Cord Riechelmann | Können Tiere lügen? Eine Reise durch die Natur

Anhang

Der Autor

Impressum

Cord RiechelmannKönnen Tiere lügen?Eine Reise durch die Natur

Wenn man die aktuelle Suche nach Lügen in Politik und Medien in die nicht menschlichen Sozial- und Kommunikationssysteme versucht auszudehnen, fällt erst einmal auf, dass nur der Wissenschaftsjournalismus von der Lüge unter Tieren spricht. Verhaltens-, Psycho- und Evolutionsbiologen vermeiden das Wort Lüge in der Regel selbst dann, wenn sie sich in ihren Texten an ein allgemeines Publikum wenden. Sie sprechen lieber von Manipulation, Täuschung oder der Sendung falscher Informationen als von der Lüge.

»Signaling False Information« heißt eine Kapitelüberschrift in Dorothy L. Cheneys und Robert M. Seyfarths Buch How Monkeys See The World, das im amerikanischen Original 1990 erschienen ist.1 Die amerikanischen Primatologen beginnen in ihrem mittlerweile zum Klassiker gewordenen Werk mit einem Beispiel aus der Welt der Insekten, das ihre Kapitelüberschrift eindeutig illustriert. Es gibt männliche Skorpionsfliegen, die es schaffen, das Verhalten von weiblichen Fliegen so täuschend echt zu imitieren, dass andere Männchen ihnen das normalerweise die Paarung einleitende Futterbrautgeschenk übergeben, das sie dann selbst als Brautgeschenk benutzen oder einfach auffressen. Das ist natürlich ein Akt, der auf der Vortäuschung falscher Tatsachen beruht: Die männliche Fliege ist kein Weibchen. Um aber als Lüge im menschlichen Sinn bezeichnet werden zu können, fehlt den Skorpionsfliegen ein entscheidendes Moment: die Sprache. An die Nachahmung des weiblichen Verhaltens durch eine männliche Fliege knüpft sich keine Erzählung, der Akt wird nicht in einer weitergesponnenen Narration über sich selbst hinaus verlängert oder verdoppelt. Der Täuschungsakt bleibt, auch wenn er wiederholt werden kann, in gewisser Weise einmalig. Er findet statt und endet mit dem Klau des Brautwerbegeschenks.

Und damit hat man einen der Gründe benannt, warum Verhaltenswissenschaftler es vermeiden, unter Tierverhältnissen von Lüge zu sprechen. Es fehlt in Tierkommunikationen die menschliche Sprache und damit ein ganzes Ensemble an Möglichkeiten, die die Lüge noch einmal unabhängig von körperlichen Bewegungen und Gesten inszenieren beziehungsweise verkleiden können. Die Sprache, und damit auch die Schrift, schafft es, der Lüge ein eigenes vom Körper unabhängiges Verhaltensterrain zu erschaffen, das Tieren nicht zur Verfügung steht. Das heißt aber nicht, dass tierische Manipulationen und Täuschungen nicht genau die Funktionen erfüllen können, die menschliche Lügen auch erfüllen sollen.

Nur bleibt die Erforschung von Täuschungen und Manipulationen in tierischen Sozialsystemen, vor allem unter Primaten wie Schimpansen,