Kontinuität oder Neubeginn? Die Entwicklung der Presse in Deutschland zwischen 1945-1949 - Michael Ludwig - E-Book

Kontinuität oder Neubeginn? Die Entwicklung der Presse in Deutschland zwischen 1945-1949 E-Book

Michael Ludwig

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Geschichte Europas - Neueste Geschichte, Europäische Einigung, Note: 1,0, Technische Universität Dresden (Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V.), Veranstaltung: Deutschland unter alliierter Besatzung 1945 - 1949, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Politik der vier Besatzungsmächte hat im deutschen Mediensystem einschneidende Veränderungen hervorgerufen, die noch heute gültig sind – zumindest die von den Amerikaner, Briten und Franzosen ingeführten. Doch zeigt die Forschung der letzten Jahrzehnte über die Nachkriegspresse in Deutschland nicht nur Neuerungen, sondern auch Altbewährtes. Ob Neubeginn, Fortbestand oder Veränderung des Bestehenden, die Klärung der Frage ist das Ziel dieser Arbeit. Was passierte mit dem Journalismus und der Presse in Deutschland im Zeitraum zwischen 1945 und 1949? Als Stunde Null wird der Zeitpunkt der Kapitulation Deutschlands bezeichnet. Der Begriff soll die enorme Reichweite der Veränderungen veranschaulichen, die Deutschland auf staatlicher, militärischer, gesellschaftlicher und sozialer Ebene erwarteten. Für den Bereich Journalismus und Medien hat Harald Hurwitz, ein ehemaliger amerikanischer Presseoffizier und Wissenschaftler, den Begriff Stunde Null vor über 30 Jahren eingeführt (vgl. Hurwitz, 1972). Die Bezeichnung ist noch immer aktuell, wie Norbert Freis Buch zeigt (vgl. Frei, 1999). Jedoch sei bereits an dieser Stelle die Frage erlaubt, ob eine solche Stunde Null, die begrifflich einen absoluten Neuanfang impliziert, im deutschen Journalismus überhaupt existierte? Die Politik der vier Besatzungsmächte hat im deutschen Mediensystem einschneidende Veränderungen hervorgerufen, die noch heute gültig sind – zumindest die von den Amerikaner, Briten und Franzosen ingeführten. Doch zeigt die Forschung der letzten Jahrzehnte über die Nachkriegspresse in Deutschland nicht nur Neuerungen, sondern auch Altbewährtes. Kurt Koszyk spricht daher von einer Mischung aus „Kontinuität“ und „Neubeginn“ (vgl. Koszyk, 1986), bei Günter Kieslich heißt es „Tradition“ und „Neubeginn“ (vgl. Kieslich, 1963). Ob Neubeginn, Fortbestand oder Veränderung des Bestehenden, die Klärung der Frage ist das Ziel dieser Arbeit. Was passierte mit dem Journalismus und der Presse in Deutschland im Zeitraum zwischen 1945 und 1949. Welche Entwicklung hat er durch-laufen? Klar ist, vom Himmel ist er nicht gefallen und die Alliierten haben ihn auch nicht gebracht, denn er begann seine Entwicklung in Deutschland bereits mit Erscheinen der ersten Wochenzeitung Aviso am 15. Januar 1609 in Wolfenbüttel (Wilke, 2002a:463f). Für ein Verständnis der Vorgänge zwischen 1945-1949 ist daher eine Analyse der Bedingungen in Deutschland und der Vorstellungen der Alliierten vor 1945 notwendig.

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Veröffentlichungsjahr: 2008

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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Strukturelemente des Vergleichs
3 Presse in Deutschland bis 1945
3.1 Entwicklung vor 1919
3.2 Entwicklung in der Weimarer Republik (1919-1933)
3.3 Entwicklung im Dritten Reich (1933-1945)
4 Alliierte Planungen vor Kriegsende
4.1 Reeducation-Konzept der Briten und Amerikaner
4.2 Französische Nachkriegsplanung
4.3 Sowjetische Nachkriegsplanung.
5 Presseentwicklung in Deutschland unter alliierter Kontrolle
5.1 Die Anfänge der Besatzungspresse
5.2 Die Lizenzphase für deutsche Zeitungen.
5.2.1 Lizenzphase im amerikanischen Sektor
5.2.2 Lizenzphase im britischen Sektor.
5.2.3 Lizenzphase im französischen Sektor.
5.2.4 Lizenzphase im sowjetischen Sektor.
5.3 Übergang der Presse in deutsche Verwaltung
6 Aspekte der Lizenzphase
6.1 Entnazifizierung.
6.2 Veränderung der Berufskultur
6.3 Pressefreiheit
6.4 Status der Altverleger
6.5 Nachrichtenagenturen.
7 Fazit
8 Abkürzungsverzeichnis
10 Referenzen

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1 Einleitung

AlsStunde Nullwird der Zeitpunkt der Kapitulation Deutschlands bezeichnet. Der Begriff soll die enorme Reichweite der Veränderungen veranschaulichen, die Deutschland auf staatlicher, militärischer, gesellschaftlicher und sozialer Ebene erwarteten. Für den Bereich Journalismus und Medien hat Harald Hurwitz, ein ehemaliger amerikanischer Presseoffizier und Wissenschaftler, den BegriffStunde Nullvor über 30 Jahren eingeführt (vgl. Hurwitz, 1972). Die Bezeichnung ist noch immer aktuell, wie Norbert Freis Buch zeigt (vgl. Frei, 1999). Jedoch sei bereits an dieser Stelle die Frage erlaubt, ob eine solcheStunde Null,die begrifflich einen absoluten Neuanfang impliziert, im deutschen Journalismus überhaupt existierte? Die Politik der vier Besatzungsmächte hat im deutschen Mediensystem einschneidende Veränderungen hervorgerufen, die noch heute gültig sind - zumindest die von den Amerikaner, Briten und Franzosen ingeführten. Doch zeigt die Forschung der letzten Jahrzehnte über die Nachkriegspresse in Deutsch-land nicht nur Neuerungen, sondern auch Altbewährtes. Kurt Koszyk spricht daher von einer Mischung aus „Kontinuität“ und „Neubeginn“ (vgl. Koszyk, 1986), bei Günter Kieslich heißt es „Tradition“ und „Neubeginn“ (vgl. Kieslich, 1963). Ob Neubeginn, Fortbestand oder Veränderung des Bestehenden, die Klärung der Frage ist das Ziel dieser Arbeit. Was passierte mit dem Journalismus und der Presse in Deutschland im Zeitraum zwischen 1945 und 1949. Welche Entwicklung hat er durchlaufen? Klar ist, vom Himmel ist er nicht gefallen und die Alliierten haben ihn auch nicht gebracht, denn er begann seine Entwicklung in Deutschland bereits mit Erscheinen der ersten WochenzeitungAvisoam 15. Januar 1609 in Wolfenbüttel (Wilke, 2002a:463f). Für ein Verständnis der Vorgänge zwischen 1945-1949 ist daher eine Analyse der Bedingungen in Deutschland und der Vorstellungen der Alliierten vor 1945 notwendig. Es gab eine Presse in der Weimarer Republik (1919-1933), es gab auch Zeitungen und Zeitschriften während des Dritten Reichs (1933-1945). Im Folgenden soll erläutert werden, welche Elemente nach derStunde Nullwiederbelebt, welche aus der Nazizeit übernommen und welche von den Alliierten im Zuge ihrer Umerziehungspolitik hinzugefügt wurden. Dabei betrachtet die vorliegende Arbeit insbesondere den Bereich der Zeitungen. Vorgänge bei anderen gedruckten Mediengattungen (Zeitschriften, Buch) sowie dem Rundfunk sind nicht Thema dieser Arbeit und dienen im Einzelfall nur der Veranschaulichung einzelner Vorgänge.

Für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Amerikaner und Briten bereits konkrete Vorstellungen und Pläne, die unter der Sammelbezeichnung Reeducation-Maßnahmen bekannt geworden sind. Deren Ziel wird gerne mit den vier großen „D‘s“

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beschrieben: Demilitarisierung, Denazifizierung, Dezentralisierung und Demokratie. Innerhalb dieser Konzeption kam der Presse und dem Rundfunk eine große Bedeutung zu, denn sie wurden als wichtigstes Instrument zur Umerziehung angesehen. Ihnen sprachen die Alliierten eine große Wirkung auf die deutsche Bevölkerung zu. Die Sowjetunion schloss sich dieser „D-Kampagne“ zwar nicht an, doch kam auch sie mit klaren Vorstellungen von der Neuordnung des Mediensektors nach Deutschland. Entsprechend forsch gingen die Besatzungsmächte vor, stoppten alle deutschen Presseveröffentlichungen, gründeten neue Organe und besetzten sie mit handverlesenen Journalisten. Die Aufarbeitung der Pressegeschichte in diesen bewegten fünf Jahren ist bislang aber noch nicht in befriedigendem Umfang erfolgt. Das veranlasste Bernd Blöbaum zur konsternierten Feststellung: „Die lange auf Politik- und Ereignisgeschichte fixierte Geschichtswissenschaft schenkt der Rolle der Presse in gesellschaftlichen Wandlungsprozessen kaum Aufmerksamkeit“ (Blöbaum, 2002:172). Dabei, so bemerkt Jörg Requate, kommt „den Medien bei der Untersuchung gesellschaftlicher Kommunikationsprozesse eine Schlüsselfunktion zu“ (Requate, 1999:9). Im Fall der alliierten Pressepolitik sind die Auswirkungen noch heute sichtbar: „Die strukturellen und personellen Eingriffe der Alliierten erlangten in keinem anderen Bereich so fundamentale Bedeutung für die spätere Entwicklung in der Bundesrepublik wie bei Presse und Rundfunk“ (Frei, 1989:370). Doch selbst heute sind noch kritische Stimmen über die damalige Entwicklung zu vernehmen.1Aufklärung über die deutsche Pressetradition und die von den Alliierten eingeführten Veränderungen helfen, diese Entwicklung zu verstehen.

2 Strukturelemente des Vergleichs

Die Presse, im Folgenden als Synonym für Zeitungen gebraucht, setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen. Die nachstehenden drei Elemente gliedern die Darstellung und Auswertung der Entwicklung zwischen 1945-1949 in Anlehnung an die Systematisierung von Bernd Blöhbaum (vgl. Blöbaum, 2002:170f):

• Die Organisation der Presse bezeichnet deren Struktur. Organisatorische

• Die Ebene der Beschäftigten gibt primär Auskunft über Journalisten, also

1Dr. Heinz Peter Volkert, ehemaliger Präsident des Landtages von Rheinland-Pfalz schreibt in seinem Vorwort zum Buch von Stephan Schölzel „Von heute-nach über vierzig Jahren-aus gesehen war die Lizenzierung wohl keine Patentlösung; [...] (Schölzel, 1986:o.S.).