Kreatives Schreiben - Christoph Krelle - E-Book

Kreatives Schreiben E-Book

Christoph Krelle

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Beschreibung

Ein Märchen ist noch kein Märchen, nur weil es die altbekannten Figuren eines Märchens enthält, der Wolf mal wieder die Großmutter frisst und das siebte Geißlein sich in der Standuhr versteckt. Kreatives Schreiben ist weit mehr als das Analysieren alter Textvorlagen, das Befolgen von Schreibratgebern, Plot-Anleitungen und Stilfibeln. Was ein Autor wirklich braucht, ist ein eigenes Verständnis davon, kreativ zu sein; ein eigenes Bewusstsein dafür, wie frei und ausdrucksstark er schreiben kann. Er braucht Schreiberfahrung jenseits aller Erwartung und einmal festgelegter Vorstellungen. Diese Erfahrung zu sammeln und selbstverantwortlich aus ihr zu lernen, dazu ermuntert dieses Büchlein. Der Autor Christoph Krelle stellt in einer Abhandlung über Kreativität, Schreiben und Kreatives Schreiben die aus seiner Sicht jeweils wichtigsten Grundlagen und Erkenntnisse vor. Er verflechtet verschiedene Aspekte aus Philosophie, Wissenschaft und eigener Erfahrung zu einem komprimierten Ganzen, das helfen soll, eine eigene Position zu finden. Im praktischen Teil finden sich exklusive Schreibübungen und Beispieltexte aus einer Schreibwerkstatt, die der Autor als Dozent in einem Wolfspark in Niedersachsen leitete. Das Buch bietet erwachsenen Schreibanfängern einen sehr direkten und unkonventionellen Einstieg ins kreative Schreiben; Fortgeschrittenen bietet es Gelegenheit, gewohnte schriftstellerische Ansichten und Schreibmuster zu überdenken und sich neue anzueignen.

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Christoph Krelle

Kreatives Schreiben

Christoph Krelle

Kreatives Schreiben

Sag mal, wie schreibe ich ein Wolfsmärchen?

Irgendwo zwischen Essay und Ratgeber

© 2016 Christoph Krelle

Umschlag, Illustration: Sandra Kretzmann Lektorat: Inga Bertz

Am Kapitel Übungen und Beispiele haben mitgewirkt: Cornelia Bemelmann, Gertrud Bieber, Andrea Faustmann, Stefanie Hauptmann, Katharina Herrmann, Patty und Cato Quinlan sowie Th. Wurzelseppel

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN Paperback 978-3-7345-7003-2 e-Book 978-3-7345-7005-6

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors bzw. der Autoren unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Die Frage danach, wie Sie ein Wolfsmärchen schreiben sollten, intoniert bereits, dass es dafür eine Anleitung, einen Leitfaden oder gar einen perfekt durchdachten Plan geben muss. Doch tatsächlich gibt es dafür keine Anleitungen, Leitfäden oder gar perfekt durchdachte Pläne. Sie entscheiden von Anfang an komplett selbst, wie Sie ein Wolfsmärchen schreiben.

Sobald die Frage aber erstmal im Raum steht, dauert es nicht lange, bis sich die Antwortgeber wie Krähen auf sie stürzen. Dazu werden Bücher studiert, Enzyklopädien gewälzt, Literaturwissenschaftler befragt und Germanisten angerufen.

Am Ende erfahren Sie, dass es eigentlich gar keine Wolfsmärchen gibt, sondern nur Märchen, in denen Wölfe als Protagonisten vorkommen. Sie erfahren, dass außergewöhnliche Wesen mit überirdischen Fähigkeiten oder magischen Kräften ins Märchen gehören, dass es im Märchen immer eine Heldenfigur gibt, dass ein Märchen immer gut ausgeht und eine Moral hat, dass auf eine lange Einleitung verzichtet und stattdessen „Es war einmal“ geschrieben wird. Sie erfahren, dass einzelne Szenen in leicht veränderter Form wiederholt werden. Sie erfahren, dass Reime, Gedichte oder Lieder fürs Märchen typisch sind und seine Handlung oft zum Vorausahnen simpel erscheint.

Diese Merkmale und Konventionen, die uns helfen sollen, ein Märchen zu schreiben, stammen alle aus der Vergangenheit. Sie sind das zusammengefasste Ergebnis von Beobachtungen und Analysen, die sich auf Märchen stützen, die es schon lange vor Ihnen und Ihrem Märchen gegeben hat. Sie sind alt. Und sie haben nur solange Bestand, wie Sie sich auch weiterhin an sie halten wollen. Ich finde, das sollte Ihnen klar sein.

Betrachten wir nun noch den Wolf als Märchenfigur, dann wird er besonders in den Grimm’schen Märchen als überaus einseitig dargestellt. Er frisst Menschen, ist hinterlistig, gierig und größenwahnsinnig. Alles Böse, was der Mensch so kennt, das steckt im Märchenwolf.

Vor dem Hintergrund aber, dass zum Beispiel die Vorlage für Rotkäppchen und der böse Wolf zu einer Zeit entstand, in der der Wolf schon lange von den Menschen gefürchtet und gejagt wurde, nämlich Mitte des 15. Jahrhunderts, frage ich mich, wie „überirdisch“ und „wundersam“ dieser Märchenwolf eigentlich war. Denn in der Angst der Menschen wird diese Figur schon längst präsent gewesen sein.

Falls Sie sich also noch immer fragen, wie Sie ein Wolfsmärchen schreiben sollten, lautet meine Antwort: „Beginnen Sie einfach!“

Und wenn Sie sich nun erst recht fragen, wie Sie ein Wolfsmärchen schreiben sollten, lesen Sie hier erstmal weiter …

Inhalt

Kreatives Schreiben

Versuch einer Annäherung

Goldenes Dreieck des kreativen Schreibens

Ursprung und Wissenschaft

Übungen und Beispiele

Ein Foto als Anreiz

Das Mini-Märchen, Variante 1

Das Mini-Märchen, Variante 2

Die zusammengesetzte Folge-Geschichte

Schreiben wie ein Wolf

Weitere Schreibanregungen

Das Unterbewusstsein schreiben lassen

Achtsames Schreiben

Auf dem Weg zur Phantasie

Offen für Neues

Schritt für Schritt

Mosaik der Charaktere

Alltag als Plot

Sprichwörter und Redensarten nutzen

Alles lebt

Männlich oder weiblich?

Wie die Tiere

Landschaftspoesie

Neue Zusammenhänge finden

Aus der Ruhe heraus

Weiterführende Literatur

Über Friedrich Schiller wird gesagt, er konnte nicht schreiben, ohne den Geruch von faulen Äpfeln in seiner Schreibtischschublade.

Sollte dieses Buch nur dazu taugen, in Ihrer Schreibtischschublade zu lagern, möge Sie zumindest der Geruch des Altpapiers inspirieren.

Kreatives Schreiben

Versuch einer Annäherung

Eng an den Worten betrachtet, geht es nachfolgend um zwei Disziplinen: Kreativität und Schreiben. Doch reicht es aus, der Kreativität das Schreiben hinzuzurechnen, um kreatives Schreiben als Summe zu erhalten? Was bedeutet Kreativität? Was bedeutet Schreiben? Was ist kreatives Schreiben?

Allgemein wird Kreativität häufig mit Kunst, Gestaltung, Formen und Farben assoziiert. Zeichnen, Malen, Schreiben – das alles sei kreativ. Nun, wäre das Schreiben selbst schon kreativ, dann bräuchte es das Adjektiv kreativ ja nicht. Schreiben, Malen und Zeichnen sind Ausdrucksmittel, mit denen wir kreativ sein können, die für sich genommen aber gar nicht kreativ sind. Kreativität ist vielmehr eine Eigenschaft, eine menschliche Fähigkeit, die jeder Einzelne besitzt.

Jeder kann kreativ sein. Wie jede menschliche Fähigkeit ist auch die Kreativität trainierbar. Dem einen mag es leichter fallen, er mag ein Talent dafür haben, dem anderen fällt es schwerer, kreativ zu sein. Das ist normal. Ich denke, viele Menschen wissen gar nicht, wie kreativ sie sind. Nicht weil sie noch nie probierten, kreativ zu sein, sondern weil sie sich selbst noch nie dabei beobachtet haben – nicht wissen, dass sie in ihrem Leben schon häufig kreativ waren.

Der Duden erklärt Kreativität als „schöpferische Kraft“ und setzt sie unter anderem mit Einfallsreichtum und Erfindungsgabe synonym. Das passt zum wissenschaftlichen Tenor, der die Kreativität als etwas formuliert, das imstande ist, Neues hervorzubringen.

Immer dann, wenn wir in unserem Leben schon einmal etwas anders gemacht haben – anders als andere oder als erwartet, wenn wir einen individuellen, eigenen Weg gegangen sind, wenn wir neue Lösungen für ein Problem gefunden haben, waren wir kreativ.

So leicht das vielleicht klingt, so schwierig kann es sein, für seine Kreativität anerkannt zu werden. Denn wann hat Kreativität einen Nutzen? Dann, wenn sie wirklich etwas Neues hervorbringt. Das wissen auch die Kritiker, die schnell Sätze wie „Das ist ja nichts Neues, das gibt es ja schon!“ oder „Das überrascht mich nicht!“ von sich geben. Manchmal sind wir ein solcher Kritiker auch selbst. Dabei sollten wir darauf achten, uns nicht zu sehr einzuschränken. Denn das schadet unserer Kreativität. Sie lebt von der Offenheit gegenüber dem Neuen. Diese Offenheit gegenüber dem Neuen meint, sogar noch im Gewohnten das Potenzial für etwas Neues zu sehen. Als Kinder sind wir hervorragend darin. Und später?

Was ist schon neu für uns? Wir haben uns weitestgehend den Phänomenen des Alltags angepasst. Wir sind darauf beschränkt, Mensch zu sein. Mehr noch: Wir fühlen uns erwachsen. Und was sollten wir auch als neu erleben, können wir phänomenologisch nicht einmal über die Außenseite unserer eigenen Haut steigen? Wir sind darin begrenzt, unserem Körper, unserer Wahrnehmung zu vertrauen. Eine Erfahrung fernab der eigenen Wirklichkeit, fernab des eigenen Bewusstseins erscheint uns illusorisch, obwohl ein Streben danach inspirierend sein kann.

Vielleicht ist es deshalb für Künstler und Musiker schon immer verlockend gewesen, sich dem Rausch bewusstseinsverändernder Substanzen hinzugeben: um Neues zu entdecken; nur leider oft mit qualvollen bis tödlichen Folgen.