Krebs ist, wenn man trotzdem lacht - Sabine Dinkel - E-Book

Krebs ist, wenn man trotzdem lacht E-Book

Sabine Dinkel

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Beschreibung

Ein Ratgeber, der Mut macht Diagnose: Krebs. Von heute auf morgen verändert sich das Leben von Sabine Dinkel radikal. Das entsprechende Ratgeberangebot wirkt auf sie überwiegend trostlos: zu medizinisch, zu esoterisch, zu betroffenheitsduselig. Sie beschließt kurzerhand, selbst etwas zu schreiben: über das Gute im Schlechten und den Schutzfaktor Humor. „Krebs ist, wenn man trotzdem lacht“ ist ein Ratgeber, der Mut macht – zur Bewältigung, zum spielerischen Umgang und zum Wiedergewinn der eigenen Souveränität.

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INHALT

Geleitwort von Nana – Recover your smile e.V.

Arschbombe in die Untiefen des Lebens

Über das Gute im Schlechten

Planet Schnieptröte

Was eigentlich los ist

Was Sie für sich tun können

Erste Hilfe zur Selbstberuhigung

Informationen wohl dosieren

Was andere für Sie tun können

Navigation

Immer dieses Kopfkino

Sich gut rüsten

Eine Haltung finden und Zuversicht bewahren

Praktische Entscheidungen treffen

Das innere Erleben modellieren

Die Gedanken besser steuern

Wortkosmetik praktizieren

Den Körper mit einbeziehen

Ein bisschen Fachgedöns – anders erklärt

Auf die Wortwahl kommt es an

Die fünf „S“ der akuten Heilbehandlung

Stärkung

Arzt(be)suche und -gespräche

Vom Behandelten zum Handelnden

Für sich selber einstehen

Kleine Patiententypologie

Für Angehörige, Familie und Freunde

Zur Seite stehen und unterstützen

Praktisch helfen

Spezielle Momente begleiten

Was keiner braucht

Wie Sie für sich selbst sorgen

Schutzfaktor Humor

Eine Prise Heiterkeit

Den Humor auch in schweren Zeiten hervorkitzeln

The Return of the Schnieptröte

Der Grusel vorm Rezidiv

Was Sie für sich tun können

Booster für die Seele

Positive Gefühle locken und nähren

Geschafft!

Dankesgrüße

Reiselektüre

Wertvolle Links

GELEITWORT VON NANA – RECOVER YOUR SMILE E.V.

Liebe Leserin, lieber Leser,

eine Krebsdiagnose ist ein enormer Einschnitt im Leben, der das Vertrauen in den eigenen Körper maximal in Frage stellt und Therapien erfordert, die große Auswirkungen auf die eigene Person, das Privat-und Berufsleben sowie sämtliche bisherige Planungen und Träume haben. Nichts ist jemals wieder wie zuvor!

Ich habe diese Katastrophe als Mutter miterlebt und meine Tochter Nana 15 Monate bis zu ihrem Tod begleitet. Seit dieser Zeit arbeite ich aktiv daran, Nanas Projekt umzusetzen: Nana – Recover your smile e. V. bietet Krebserkrankten gerade in der schwierigen Zeit der Chemotherapie Workshops, in denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch Make-up-Artists geschminkt werden und anschließend ein professionelles Fotoshooting erhalten. Miterleben zu dürfen, wie das Selbstvertrauen gestärkt und die Erkenntnis der eigenen Schönheit wie ein Sonnenaufgang ein Strahlen ins Gesicht zaubert, zeigt mir jedes Mal wieder, dass es ganz oft kleine Dinge sind, die unendlich viel Mut machen können, seinen eigenen Weg in und durch die Erkrankung hindurch zu finden.

Als ich gefragt wurde, ob ich für das vorliegende Buch ein Geleitwort schreiben möchte, habe ich direkt zugesagt, denn bereits beim Lesen des Manuskriptes habe ich so viel gelacht, geschmunzelt, aber auch über gute Tipps gestaunt, dass mir spontan klar war: Das ist ein Buch, das ich einer guten Freundin, die eine Krebsdiagnose erhalten hat, sofort schenken würde.

Sabine Dinkel spricht die Dinge an und die Gedanken aus. „Scheiße nochmal!“ darf erstmal offen gesagt werden – um uns dann mit viel Humor, Comics und Wortakrobatik klarzumachen, dass die von ihr propagierte Wortkosmetik unsere Gedanken und den Umgang mit der Erkrankung positiv beeinflussen kann.

Es ist, als ob man von einer Freundin an die Hand genommen wird, um gemeinsam diese noch vollkommen neue und Angst machende Welt durch die Tür mit der Aufschrift „Krebs“ zu betreten.

Alltagstaugliche Unterstützung verbunden mit hilfreichen Gedanken und Tipps, großes Fachwissen, die eigene Erfahrung gepaart mit viel Einfühlungsvermögen, das sind die Schätze, die Sabine Dinkel für dieses Buch mitbringt.

Und in meinen Augen am Wichtigsten: diese riesengroße Portion Humor, die ihr nichts und niemand nehmen kann! Humor, der überlebenswichtig durch die schwierigsten Situationen trägt.

So können Lesende, egal ob selbst betroffen, Freunde, Freundinnen oder Angehörige, problemlos blättern, irgendwo hängen bleiben und Wissen vertiefen, länger oder kürzer am Stück lesen, oder manchmal vielleicht einfach nur die witzigen Comics ansehen und lachen.

Mein Wunsch an die Leser und Leserinnen des vorliegenden Buches: Lasst euch ermuntern, euren ganz persönlichen Weg zu finden, habt den Mut, eurem Bauchgefühl zu vertrauen und lacht, so oft es nur möglich ist!

Barbara Stäcker

ARSCHBOMBE IN DIE UNTIEFEN DES LEBENS

Zunächst erfahren Sie, wie es mir nach der Diagnose ging und wie schwierig die Suche nach Literatur war, die mich nicht noch mehr runterzog. In meinem Buch werden Sie auf keine gruseligen Informationen stoßen, versprochen! Ich gebe Ihnen hier einen Überblick, wie mein Buch aufgebaut ist und warum Sie es auch als Lesemuffel oder in Zeiten verminderter Konzentration mit wenig Aufwand lesen können. Und: Auch wenn Sie es (noch) nicht glauben, die Erkrankung kann durchaus auch positive Seiten haben.

Sämtliche Ärzte guckten mich bei der Visite mit traurigen Triefaugen an. Was sie zu sagen hatten, lag schon auf ihren Gesichtern. Klar, dass ich mich bereits auf dem Friedhof wähnte. Denn ich bekam eine echte Doof-Diagnose: Eierstockkrebs. Ziemlich weit fortgeschritten. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich wirklich: „Jetzt ist alles aus. Bald flattere ich im Nachthemd durch die Wolken und zupfe Harfe.“

Danach wurde meine Zukunft neu geschrieben. Mein Verstand konnte sehr lange Zeit nicht begreifen, dass sich in meinem Körper tatsächlich ein wütender Griesgram eingenistet hatte. Ich war doch immer zur Vorsorge gegangen! Oft wachte ich morgens auf, alles war vertraut und gewohnt wie immer. Doch nur ein paar Sekunden später plötzlich der Gedanke: „Scheiße, du hast ja Krebs!“ Ein Albtraum, der leider keiner war.

Fast genau 15 Monate später schreibe ich diese Zeilen. Es geht mir gut. Das Leben macht wieder Freude – trotz oder gerade wegen des Weges, der hinter mir liegt. Auch liegt noch ein Weg vor mir, den ich mit Lebenseifer gehe.

Es wäre jedoch gelogen, zu behaupten, dass ich den Weg jederzeit gerne wieder entlangschlingern würde. Dennoch kann ich sagen: Er hat mir wertvolle Erfahrungen gebracht, die ich ohne ihn nicht gemacht hätte.

Damals habe ich allerhand Informationen zu meiner Erkrankung bekommen. Doch diese vermochten eher meine Ängste zu schüren als mich zu beruhigen.

Wenn man gerade eine Krebsdiagnose bekommt, hört man nur bla, bla, KREBS, bla, bla, DU WIRST STERBEN, bla, bla, KREBS.

Kris Carr, „Kämpfen, Leben, Lieben“

Ich weiß noch genau, wie ich anfing, mir die Finger nach ermutigender Lektüre krumm zu googeln, das Internet einmal rauf und runter. Es fiel mir echt schwer, das passende Buch für mich zu finden. Allein schon die trübe-tümpelige Covergestaltung! Da kann ich mir ja gleich selber den Schädel wegpusten!

Viele Bücher, die ich gefunden oder gelesen habe, waren mir entweder zu sachlich, zu schonungslos, zu medizinisch, zu esoterisch oder zu freudlos. Von Lesehunger keine Spur. Auch vermochten sie mich kaum aus meinem Stimmungstief herauszuholen. Im Gegenteil: Ich wurde immer mutloser und musste aufpassen, neben allem körperlichen Leid nicht auch noch einer depressiven Verdunkelung anheimzufallen.

Auch kann ich mit dieser Art von „Tschakka-Büchern“, die ein „Jetzt erst recht!“ oder eine „Shopping-Therapie“ (kein Witz) propagieren, nicht wirklich etwas anfangen, weil ich ein ganz anderer Typ bin. Außerdem war mir zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht nach Aktionismus oder aufrüttelnden Appellen zumute. Ich war doch noch gar nicht soweit, sondern befand mich mitten in einer nervlichen Auszeit.

Jedenfalls hatte ich bei den meisten dieser Bücher das Gefühl, dass ich mich durchbeißen, diese Bücher „erleiden“ oder mir zumindest schwer erarbeiten musste. Auch spürte ich einen latenten Grusel, auf Informationen zu stoßen, die mir den letzten verschüchterten Nerv rauben würden.

Zum Glück habe ich auch sehr hilfreiche Bücher gefunden oder empfohlen bekommen, die gar nicht mal zwingend bei der Krebs-Literatur angesiedelt waren. Welche das sind, verrate ich Ihnen in der Literaturliste.

Dieser Ratgeber soll Ihnen ein hilfreicher und humorvoller Begleiter sein. Freundlich wie eine Umarmung – heiter wie ein kleines Kichern. Sie haben dieses Buch wahrscheinlich nicht in der Hand, weil Ihnen gerade die Sonne aus dem Allerwertesten scheint. Ganz im Gegenteil. Man hat Ihnen oder einem Ihrer Liebsten eine Diagnose gestellt, die ein gedankliches Tourette-Syndrom auslöst: „Scheiße nochmal, ich muss sterben! Scheiße nochmal, ich muss sterben! Scheiße nochmal …“ Vermutlich sind Sie auf der Suche nach Trost und Orientierung – so wie ich damals. Ich möchte Ihnen dieses Buch geben, das ich damals erfolglos gesucht habe.

Meine Psychoonkologin, die mir im Krankenhaus ermutigend und hilfreich zur Seite stand, hat mir damals eine schöne Metapher geschenkt: Wenn jemand die Diagnose Krebs bekommt, ist es, als wäre dieser Mensch ungefragt auf einem fremden Planeten abgeworfen worden, von dem er schon viele grausige Geschichten gehört hat. Womöglich kennt er auch Leute, die schon auf diesem Planeten verloren gegangen sind.

Er weiß weder, was los ist, noch, was ihn auf diesem komischen Planeten erwartet. Alles ist unheimlich, alles macht einfach nur ganz arg Angst. Doch nach und nach stellt sich heraus, dass der Planet nicht nur groß und gruselig ist, sondern dass man ihn erobern und dabei viel Schönes entdecken kann.

Es gibt z. B. zahlreiche freundliche Bewohner, die sich bestens mit den Gepflogenheiten dieses speziellen Planeten auskennen. Solche, die wissen, wie man furchteinflößende Schluchten durchquert oder wo die kuschligsten Plätze sind. Sie treffen sogar auf Gleichgesinnte, die ebenso dabei sind, diesen Planeten für sich zu erobern. Und das sind ganz schön viele!

Tja, und jetzt bin ich eine von ihnen. 15 Monate habe ich schon den Planeten erkundet und finde mich inzwischen recht gut auf ihm zurecht. Ich habe viele spannende Momente erlebt und spezielle Dinge entdeckt, die mir diesen Planeten schon viel näher gebracht haben. Und tatsächlich, trotz der Schattenseiten, die es ja auf jedem Planeten gibt, fange ich an, mich hier langsam einzuleben und – darf man das überhaupt sagen? – mich wohlzufühlen.

Lassen Sie mich Ihre Weggefährtin sein! Ihre Lotsin, die Sie durch unwegsames Gelände führt. Die mit Ihnen die Angst vor den gruseligen Passagen teilt. Die Ihnen Alternativen aufzeigt und sich schützend über Sie schmeißt, wenn ein Bösewicht um die Ecke lugt.

Ich zeige Ihnen kleine Wohlfühloasen, verrate Ihnen Tipps gegen die „doofe Tante Angst“ und stelle Ihnen hilfreiche Übungen und Gedanken vor, mit denen Sie Körper und Seele wieder ins Lot bringen können. Vor allem solche, für die Sie nicht erst stundenlang meditieren müssen, bis es flutscht.

Geben Sie mir Ihre Hand. Oder haken Sie sich unter. Ich stehe Ihnen bei Ihrem persönlichen Abenteuer ermutigend zur Seite. Versprochen.

Meine tiefe Überzeugung: Da kommen wir durch!

Mein Mann

Diese Dinge möchte ich dem Buch voranschicken:

• Dieses Buch habe ich für Sie lesefreundlich in Häppchen aufbereitet, damit Sie es auch in Phasen verminderter Aufmerksamkeit und prima während Wartezeiten beim Arzt lesen können, ohne den Faden zu verlieren. Lesen Sie dieses Buch so, wie Sie mögen. Sie können nach Herzenslust (oder Bammelgrad) mittendrin einsteigen oder von Anfang bis Ende chronologisch lesen. Ich habe es so geschrieben, dass beides prima möglich ist. Es soll ja Ihr kleiner Genesungsbegleiter sein und nicht Ihr Drill Sergeant.

• Sie müssen hier überhaupt nicht tapfer sein wie beim Lesen so mancher Krebsbroschüren oder Forenbeiträge. Ich selber hatte ja ständig Angst, etwas zu lesen, was mein fragiles Hoffnungsgebäude in Nullkommanix zusammenhaut. So was blüht Ihnen hier nicht, denn ich will Sie ja ermutigen, erheitern und stärken. Und Ihnen dabei helfen, in all dem Doofen, das so eine Erkrankung mit sich bringen kann, immer auch das Positive zu sehen. Es gibt immer (!) etwas Gutes im Schlechten. Hätte ich nicht Krebs bekommen, hätte ich dieses Buch nie geschrieben und könnte Sie jetzt nicht aufmuntern.

• Ich möchte Ihnen, der oder dem es gerade nicht so gut geht, Heiterkeit vermitteln. Auch wenn Sie Ihren Humor angesichts der mistigen Diagnose gerade verloren glauben. Doch seien Sie versichert: Humor kann man auch in scheinbar ausweglosen Situationen wiedergewinnen. Er will nur gelockt werden.

• Sie dürfen beim Lesen dieses Buches gerne lachen, auf verschiedene Arten und Weisen: verschwörerisch kichernd, erleichtert, fassungslos, voyeuristisch, genussvoll, schallend, galgenhumorig, lebensbejahend. Lachen erlöst Sie und Ihre Mitmenschen von lähmender Betroffenheit und nimmt dem ganzen Mist die Schwere. Lachen ist eine kleine Insel der Erholung. Es tröstet und es stärkt. Sie müssen sich nicht auf die Schenkel klopfen, ein breites Grinsen oder inneres Frohlocken reicht auch, um sich besser zu fühlen. Daher habe ich dem Humor sogar ein eigenes Kapitel gewidmet.

• Sie werden in diesem Buch so selten wie möglich die Worte „Krebs“, „Tumor“, „Metastasen“ oder „Chemotherapie“ lesen. Worte wie „Nebenwirkungen“, „Tod“, „Sterben“ und „Leiden“ erspare ich Ihnen ebenso, ohne diese wichtigen Themen auszulassen. Denn diese Begriffe fördern den ohnehin schon traumatisierten Erkrankten so richtig schön in die Abwärtsspirale. Und es wäre unfair, das noch zu unterstützen. Kurzum: Ich habe hie und da ein bisschen Feenstaub daraufgestreut und Wortkosmetik betrieben.

• Viele Begriffe aus der „Krebsszene“ habe ich auch in meinem neuen Alltag durch sehr viel schönere Worte ersetzt. So nutze ich mit Vorliebe solche, die mich und mein Umfeld emotional entlasten und dem ohnehin schon mistigen Thema den scharfen Stachel ziehen. Diese Worte möchte ich an Sie weitergeben. Nutzen Sie diese gerne, wenn Sie mögen. Oder erfinden Sie nach Herzenslust Ihre eigenen. Sie glauben gar nicht, wie hilfreich und entlastend das sein kann!

Alles im Leben kann einen Sinn haben, auch der Blödsinn.

Andreas Kienzl, „Humor trotz Tumor“

• Ich werde nicht in aller Ausführlichkeit darlegen, welche Nebenwirkungen Ihnen den Tag versauen könnten, welche Studien es gibt oder wie Ihre Heilungschancen stehen. Das halte ich nicht für nützlich, da ich Sie ja ermutigen will. Außerdem geht das auch gar nicht, weil jeder Krebs anders ist und ich schließlich keine Onkologin bin. Jedoch verrate ich Ihnen, welche Lektüre, Webseiten und Tipps und Tricks mir durch die abenteuerliche Zeit geholfen haben. Zupfen Sie sich einfach das raus, was zu Ihnen passt.

• Spielen stärkt die Selbstheilungskräfte, daher finden Sie hier viele spielerische Methoden, die Sie ohne großes Brimborium für sich nutzen können. Sobald Ihre Lebensgeister wieder erwachen, können Sie jede Menge Spaß damit haben. Zum Beispiel habe ich meiner Angst einen Namen gegeben, weil mir das hilft, einen guten Umgang mit ihr zu finden. Warum so was gut ist und wie Sie mit Ihren eigenen Ängsten spielerisch umgehen können, das verrate ich Ihnen später.

• Dieses Buch habe ich auch für Ihre Angehörigen geschrieben. Und natürlich freue ich mich auch, wenn Ärzte, Therapeuten und Artverwandte es lesen und ihren Patienten ans Herz legen. Denn auch professionelle Helferlein sind manchmal ratlos, wie sie ihren Patienten noch helfen können.

• Sollten Sie daran interessiert sein, was inzwischen aus mir geworden ist, schauen Sie gerne in meinen Blog. Und da Papier sehr geduldig ist und mich ggf. irgendwann überlebt – das ist einfach so, „irgendwann hat halt jeder seinen letzten Furz geröchelt“, wie meine Oma zu sagen pflegte –, seien Sie gewiss: Ich bin trotzdem noch da. Irgendwo kichere ich noch herum. Wer weiß, vielleicht erschrecke ich auch als Zombie meinen ehemaligen Chef, hehe.

Wenn du nachts den Himmel anschaust, wird es dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne haben, die lachen können!

Antoine de Saint-Exupéry, „Der kleine Prinz“

Um diese Fragen geht es in meinem Buch:

• Was passiert da plötzlich mit mir und um mich herum?

• Was kann ich dafür tun, meiner Genesung ein kleines Stückchen näher zu kommen?

• Was können andere für mich tun?

• Wen kann ich um Hilfe bitten?

• Wie kann ich andere um Hilfe bitten?

• Was können meine Angehörigen für sich tun?

• Welches Verhalten schwächt?

• Welches stärkt?

• Was ist im Augenblick wirklich wichtig?

Ich lege Ihnen den Inhalt wie ein großes Buffet ans Herz: Picken Sie sich einfach das raus, was Ihnen gerade schmeckt und bekömmlich erscheint.

Über das Gute im Schlechten

Wenn jemand einem ernsthaft Erkrankten sagt, dass es auch positive Seiten an der Erkrankung gibt, möchte dieser demjenigen meist von jetzt auf gleich eine runterhauen. Völlig verständlich, finde ich.

Gleichwohl habe ich in meinem Leben, rückblickend betrachtet, immer (!) festgestellt, dass alle meine leidvollen Erfahrungen auch ihre guten Seiten hatten. Unfassbar, aber wahr. Ein paar Beispiele gefällig?

• Mein vor Jahren gemeisterter Burnout war das Sprungbrett in genau das Leben, das ich führen wollte: selbstständig sein und das tun, was ich liebe. Und das mache ich noch heute.

• Als meine Mutter starb, fing ich an, die Beziehung zu meinem Vater zu hinterfragen. Und zu verbessern. Wir kamen uns seelisch sehr viel näher.

• Als mein Vater ein Jahr später von einem Herzinfarkt dahingerafft wurde, habe ich bei der Auflösung meines Elternhauses so viele tolle Menschen kennen- und schätzen gelernt, die ich heute nicht mehr missen möchte.

• Keine Sorge, mein Vater hat sich immer gewünscht, sich auf diese Weise zu absentieren. Er wollte schon immer „tot umfallen“, wenn es soweit sein würde. Genau das ersparte mir und vor allem meinem Vater, ihn als Pflegefall betreuen zu müssen. Das lehnte er nämlich dermaßen vehement ab, dass er mich sogar vorsorglich um Sterbehilfe bat („Bine, du musst mir versprechen, dass du mich nicht pflegst, sondern mir dabei hilfst, mir den Garaus zu machen“). Was bin ich froh, dass mir dieser Wunsch nicht den nächsten Wachstumsschub (inklusive Traumatherapie) beschert hat. Ehrlich.

• Und hätte ich nicht Krebs bekommen, könnten Sie jetzt dieses Buch nicht in den Händen halten. Denn ich hätte keinen Grund gehabt, es zu schreiben. Krebs ist nichts, wofür man sich bedankt. Er kann jedoch ein prima Katalysator sein.

• Außerdem reiben meine Oberschenkel von innen nicht mehr aneinander, weil ich so schön schlank geworden bin (25 Kilo weniger). Das meine ich nicht ironisch oder sarkastisch. Ich finde es toll, weil ich das schon immer nervig fand und momentan endlich mein Traumgewicht habe. So bin ich letzten Sommer selbstbewusst ohne Radlerhose unterm Kleid spazieren gegangen.

Sehen Sie, und das ist nur ein Bruchteil meiner guten Dinge. Ich könnte sogar ein eigenes Buch damit füllen.

Das Doofe ist nur, dass der Preis so hoch ist. Und dass man die guten Seiten meist erst mit ein bisschen Abstand sehen kann und dafür auch Geduld braucht. Wer seine Geduld unterstützen möchte, sucht sich Hilfe. Und davon gibt es ganz viel von professioneller Seite.

Mit den Wendepunkten, die uns das Schicksal liefert, das Bestmögliche anfangen und uns dabei stets daran erinnern, dass uns das Schicksal nicht persönlich meint.

Christian Ankowitsch, „Dr. Ankowitschs Kleiner Seelenklempner“

Zum Beispiel in Form von gut ausgebildeten Gesprächspartnern, die einem helfen, die Perspektive zu wechseln oder eine andere Brille aufzusetzen. Muss ja nicht gleich die rosarote sein, ein optimistisches Gelb tut es auch. Hauptsache, man setzt in dieser Zeit überhaupt eine neue Brille auf.

Daher ist es wichtig, dass Sie Ihr „emotionales Konto“ immer wieder ins Plus bringen, auch wenn es Ihnen noch so unwahrscheinlich erscheint, dass das klappt. Natürlich wird es auch richtige Kacktage geben. Innere Mitte? Am Arsch! Doch so was erleben Gesunde ja auch.

Gerade während einer Erkrankung wird besonders viel von Ihrem Gute-Laune-Konto abgehoben. Wie Sie das Minus gut wieder ausgleichen können, erfahren Sie in diesem Buch.

Zu der Zeit, als dieses Buch entstand, war ich schon aus dem Gröbsten raus und hatte zahlreiche Monate mit der Erkrankung hinter mir. Ich war sozusagen in Phase 4 (die Phasen erkläre ich Ihnen im nächsten Kapitel). Dennoch war alles noch ganz frisch. Ich kann Ihnen versichern: Mein Leben macht mir wieder Freude. Auch wenn mir meine Angst Hildegard zwischendrin immer mal wieder die Ohren volljammert. Das darf sie, solange ich auch mal was sagen darf.

Ihnen und den Menschen, die Ihnen am Herzen liegen, wünsche ich eine ermutigende Lektüre.

IhreSabine [email protected]

PLANET SCHNIEPTRÖTE

Es ging alles so schnell. Mein Hirn kam gar nicht mehr hinterher, geschweige denn meine Seele. Es fehlte mir komplett an Orientierung. Ich kam mir vor, als hätte ich eine Bruchlandung auf jenem fremden Planeten hingelegt, von dem ich schon viele grausige Schauergeschichten gehört hatte. Dieser Planet, auf dem schon mein Patenonkel (Zungen-Schnieptröte) und meine Mutter (Hirn-Schnieptröte) umherirrlichtern. All die Jahre hatte ich Schiss, auch auf diesem Planeten leben zu müssen. Tja, und nun hab ich den Salat.

Voller Freude war ich dabei gewesen, meinen vierten und total überbuchten Nasenmännchen-Zeichnen-Workshop vorzubereiten. Dazu war ich bereits in einem Seminarhaus in Mecklenburg-Vorpommern zugange und von Vorfreude durchflutet.

Allerdings war mir mein Bauch in den letzten Tagen so seltsam üppig vorgekommen, dabei hatte ich gar nicht so viel gefuttert. Auch war er so seltsam geformt, als sei ich im achten Monat schwanger. Kurzum: Er war mir nicht ganz geheuer. Also fuhr ich kurzentschlossen zu meiner Hausärztin und wurde auf ihr Geheiß sofort in die Notaufnahme des hiesigen Krankenhauses überwiesen. Im Ärztesprech war mein Bauch nämlich reichlich „prominent“.

Im Krankenhaus wurde ich dann mehrere Tage komplett auf den Kopf gestellt. Die Diagnose: Eierstock-Schnieptröte! Ja, Sie lesen richtig: „Schnieptröte“, so habe ich meinen Krebs getauft.

Mit mir auf diesem Scheißplaneten abgeworfen: mein Mann, meine Familie und meine Freunde.

Damals waren wir alle total fassungslos und komplett in Schockstarre. Und haben schleunigst alles getan, um schnell wieder abzuhauen. Ging aber nicht. Kein Rückflug in Aussicht. Jedenfalls nicht gleich. Erst mal hatten wir ein paar Abenteuer zu bestehen.

Zum Glück haben wir es uns inzwischen auf Planet Schnieptröte einigermaßen muckelig gemacht – allen Schrecknissen zum Trotz. Dennoch bin ich fest entschlossen, die Heilungsbewährung nach fünf Jahren zu erreichen. Und dann entscheide ich, ob ich mir eine Rakete schnappe und wieder abhaue.

Was eigentlich los ist

Wir Menschen haben bei Veränderungen – nicht nur den ungewollten – meistens keine passenden Handlungsmuster. Daher sind sogar freudige Ereignisse mit einem gewissen Angstpotenzial verbunden: heiraten, Kinder kriegen oder in Rente gehen. Das alles macht uns Angst, denn was damit wirklich verbunden ist, müssen wir erst mal erlernen. Gleichzeitig freuen wir uns in diesen Fällen auch auf die Veränderung – daher können wir die Angst gut ertragen.

Alle Veränderungen, sogar die meistersehnten, haben ihre Melancholie. Denn was wir hinter uns lassen, ist ein Teil unserer selbst. Wir müssen einem Leben Lebewohl sagen, bevor wir in ein anderes eintreten können.

Anatole France

Da kann man sich vorstellen, dass eine Veränderung, die mit einer fiesen Diagnose eingeläutet wird, ein ganz anderes Kaliber sein muss. So geht es schon mit einem Paukenschlag los!

Der Schock

Auf nahezu jede lebensbedrohliche Diagnose erfolgt ein fieser Schock. Tunnelblick. Kampf oder Flucht – oder einfach totstellen. Kann man ja schon mal üben, ist ja eh bald soweit – sagt einem zumindest das Gefühl …

Bei extremer Angst funktionieren wir, stammesgeschichtlich gesehen, auf einer echt primitiven Ebene des Gehirns. Banale Beschwörungsformeln wie „Beruhig dich mal“ vermögen eher eine Faust ins Gesicht des meist wohlmeinenden Gegenübers zu überführen als Todesangst zu mildern.

Panik: eine Situation, in der niemand weiß, was zu tun ist – und das auch noch schnell.

Graffito in Claudia Cardinal,„Gutes Leben trotz Krebs und schwerer Krankheit“

Komplizierte Informationen oder Übungen, die Ruhe erfordern, funktionieren hier definitiv nicht. Wir sind überhaupt nicht in unserer Kraft und können nicht wirklich auf unsere Kompetenzen zugreifen. Ist ja auch kein Wunder, unser Kopf ist schließlich irgendwo auf der Strecke geblieben. Daher auch der Ausdruck „kopflos durch die Gegend rennen“ – oder eben „wie gelähmt vor sich hinglotzen“. Sofern das ohne Kopf überhaupt geht.

Kopflos sein und gleichzeitig Katastrophenszenarien durchgehen ist in einer solchen Lage ganz normal, macht aber leider überhaupt keinen Spaß. So eine Phase kann angeblich bis zu sieben Wochen anhalten. Doch eines kann ich Ihnen versichern: In diesen – womöglich – sieben Wochen werden Sie hundertprozentig schon die ersten Schritte in Richtung Genesung und Linderung machen. Sie bekommen es vermutlich nur nicht mit, weil Ihr Hirn nur noch rudimentär funktioniert.

Damit Sie wenigstens wissen, wo Sie und Ihre Lieben sich gerade befinden, möchte ich Ihnen zunächst ein bisschen Orientierung geben. Denn die fehlt ja nun mal in diesem Zustand.

KRISEN- UND TRAUERPHASENMODELL – DIE VIER PHASEN NACH VERENA KAST

Phase 1: Die Phase des Nicht-wahrhaben-Wollens

Diese Phase geht mit einer großen Fassungslosigkeit einher. Man kapiert erst mal überhaupt nicht, dass es einen selbst getroffen hat. Bei vielen kommt eine Art Verdrängung hinzu: Was nicht sein soll, darf auch nicht sein! Bitte stellen Sie in dieser Phase keine hohen Erwartungen an sich und Ihre Mitmenschen. Der seelische Zustand ist meist so diffus, dass er eine fundierte Entscheidung sehr erschwert und bisweilen sogar unmöglich macht. Warten Sie lieber, bis das Gröbste vorüber ist.

Phase 2: Die Phase der aufbrechenden chaotischen Emotionen

Das ist die Zeit der emotionalen Achterbahn. In dieser Phase brechen sich meist Angst, Wut und Verzweiflung Bahn. „Warum gerade ich?“ Schuldgefühle, Ohnmacht und Resignation geben sich die Klinke in die Hand. Die Angst vor dem neuen Leben oder sogar dem Ableben tritt einem auf der wunden Seele herum. Genauso gut kann man auch zwischendrin Freude und Hoffnung empfinden oder herzhaft lachen. Alle diese Emotionen haben ihre Richtigkeit. Ich kam mir in dieser Phase vor, als hätte ich eine Vollmeise.

Phase 3: Die Phase des Suchens, Findens und Sich-Trennens

Man fängt an, die Verluste zu akzeptieren. Oft damit verbunden: Die Trauer um eine (möglicherweise) verlorene Zukunft, so wie sie geplant war.

Phase 4: Die Phase des neuen Selbst- und Weltbezugs

Man fängt an, eine neue Sicht auf sich selbst und auf das Leben zu entwickeln. Jeder Tag ist kostbar. Kleine Freuden bekommen einen ganz hohen Stellenwert und werden intensiv wahrgenommen. Banalitäten und Dinge, über die man sich früher geärgert hat, interessieren nicht mehr. Gefühle von Dankbarkeit und Zufriedenheit keimen immer häufiger auf – gekommen, um zu bleiben.

In dieser Phase bin ich jetzt. Doch manchmal purzle ich auch in Phase 2 zurück, wenn die nächste Kontrolluntersuchung ansteht. Doch komme ich da immer schneller wieder raus.

Diese Phasen scheren sich nicht immer um die richtige Reihenfolge. Sie schlagen bisweilen geschickt ein paar Haken; manche lassen sich mehrmals erleben, manche gar nicht. Eben eine emotionale Achterbahnfahrt mit Looping-Garantie.

In jeder Phase wird etwas anderes wichtig. Konnte ich mich in Phase 1 noch überhaupt nicht für bestimmte Tipps erwärmen, wurden diese in einer der anderen Phasen hochinteressant und wertvoll. In Phase 4 traute ich mich an Lesestoff heran, den ich in Phase 2 noch nicht mal mit der Kneifzange angefasst hätte.

In all diesen Phasen brauchen Sie vor allem eines: Zeit, Geduld und Fürsorge. Ihre eigene und die Ihres Umfelds.

Bitte seien Sie wohlmeinend und liebevoll mit sich und lassen Sie sich weder von sich noch von anderen unter Druck setzen. Versuchen Sie immer wieder, darauf zu vertrauen, dass Sie in jeder Phase das Ihnen Mögliche tun werden, um auf Ihrem Genesungspfad voranzukommen. Mal geht es langsam, mal geht es zügig, mal geht es scheinbar gar nicht voran. All das ist ganz normal und gehört zur Genesung dazu.

Was Sie für sich tun können

In jeder noch so gruseligen Situation gibt es immer etwas, das Sie für sich tun können – sofern Sie bei Bewusstsein sind und nicht gerade narkotisiert auf dem OP-Tisch liegen. Dann tun andere ihr Bestes für Sie.

Zunächst einmal geht es darum, wieder handlungsfähig zu werden und das verstrubbelte Gehirn wieder zusammenzupuzzeln. Wie Sie und andere sich dabei helfen können, zeige ich Ihnen hier.

Die Schuldfrage in die Tonne treten

Angeblich stellt sich jeder, der an Schnieptröte erkrankt ist, diese Frage: Bin ich an meiner Erkrankung selbst schuld?

Die Antwort: Nein! Sie sind nicht schuld an Ihrer Erkrankung! Sie sind nicht schuld an Ihrer Erkrankung! Und noch einmal: Sie sind nicht Schuld an Ihrer Erkrankung!

Es gibt unfassbar viele Einflussfaktoren für die Entstehung einer Erkrankung.

Der amerikanische Philosoph Richard Rorty litt unter Bauchspeicheldrüsenkrebs. Nachdem er die Diagnose erhalten hatte, sagte er, das sei wohl von zu viel Heidegger-Lektüre gekommen.

Das mit den ungeklärten Dingen in der Vergangenheit begegnet einem häufiger. Ich finde die Vorstellung sehr interessant, dass alle denkbaren psychischen Probleme mit einem Schlag gelöst werden können, wenn diese ungeklärte Angelegenheit in der Vergangenheit nur endlich behoben wird. Aber ich vermute, dass man den allgemeinen Neurotizismus, unter dem man als Kind der bürgerlichen Gesellschaft leidet, nicht so einfach loswird.

Dr. iur. Michael Jack, Präsident des Informations- und Forschungsverbundes Hochsensibilität e.V.

Auch Kinder, Tiere und Pflanzen können krank werden. Würden Sie diesen etwa die Schuldfrage stellen? Wenn „falsches“ Verhalten dazu führen kann, dass eine Krankheit entsteht, müsste im Umkehrschluss „richtiges“ Verhalten dazu führen, dass man nie krank wird.

Wenn sich der Erkrankte selbst nicht diese nervige Frage stellt, wird sie früher oder später von außen kommen. Was ich an Mutmaßungen und Unterstellungen zu hören bekommen habe, ist unfassbar erschütternd. Selbst gut gemeinte Fragen, die in diese Richtung gehen, können eine sehr destruktive Wirkung haben.

Jedenfalls ist die Schuldfrage alles andere als genesungsfördernd und entbehrt jeder vernünftigen Grundlage. Sie finden zum Thema noch mehr im Kapitel „Für Angehörige, Familie und Freunde“. Lassen Sie sich bitte nicht durch diese Frage irre machen!

Eine (…) Frage, die sich Krebskranke angeblich häufiger stellen, die Frage „Warum ich?“, ist mir dagegen noch nicht gekommen. (…) Warum ich? Warum denn nicht ich? Willkommen in der biochemischen Lotterie.

Wolfgang Herrndorf, „Arbeit und Struktur“

Schriftlichen Gedanken-Großputz machen

Wenn man gerade kopflos und zähneklappernd die Diagnose verstoffwechselt, ist man ziemlich handlungsunfähig. Und mit dem strukturierten Denken klappt es schon gar nicht.

Was in so einer Situation erwiesenermaßen sehr hilfreich ist: aufschreiben. Idealerweise nutzen Sie dafür ein kleines, möglichst hübsches und ansprechendes Notizbuch. Lose Zettel machen Sie noch verrückter, weil Sie Gefahr laufen, sich buchstäblich damit zu verzetteln.

Ich nutze auch jetzt noch mein kleines grünes Notizbuch, das mir mein Mann mit ins Krankenhaus gebracht hat, für alles rund um meine Erkrankung: für Arztgespräche, zu erledigende Dinge, tröstliche Sprüche, heitere Witze, kleine Zeichnungen etc.

Schreiben Sie ab jetzt alles auf, was Ihnen gerade durch den Kopf geht, seien es Dinge, die Sie unbedingt regeln wollen: Arbeitgeber informieren, Hundesitter bestellen, Ladekabel mitbringen lassen, oder Dinge, die Sie beschäftigen: Wie sag ich’s meinen Kollegen im Sportverein? Wo hab ich eigentlich meine Police für die Zusatzversicherung?

Quälen Sie sich nicht mit einer übersichtlichen Struktur. Nutzen Sie das Notizbuch einfach von zwei Seiten: Von vorn und von hinten. Das ist auch eine Struktur – und zwar eine ganz einfache.