Kristallschädel - Dankmar H. Isleib - E-Book
SONDERANGEBOT

Kristallschädel E-Book

Dankmar H. Isleib

0,0
6,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Schöner Schlamassel, in das der 'Doktor' da wieder reingerasselt ist. Privatdetektiv Daniel Richter, alias der 'Doktor', ist ja einiges gewöhnt. Aber das verschlägt selbst dem coolen Ex-LKAler die Sprache. Tatort: Singapur Freeport, ein Supersafe für Superreiche. Mitten in der riesigen Schatzkammer ein Toter, dem man einen halben Meter langen Holzpfahl in den Hintern gerammt hatte. Kein schöner Anblick. Die Ouvertüre eines Falles, der Richter um den ganzen Globus treibt. Auftraggeber ist der Münchener Werbeguru Jacob Folgmann. Ein schmieriger, geldgieriger, völlig skrupelloser Gangster, der mit Kunstfälschungen handelt. Die in Singapur beginnende Spurensuche führt über London nach Zürich und zurück nach München. Richter trifft auf Londoner Aristokraten mit exzellenten Mafia-Connections, einen ermordeten Kunstprofessor aus Zürich und die bulgarische Mafia, die überall ihre blutige Fährte hinterlässt. Ein gefährliches Spiel, auf das sich der 'Doktor' da einlässt. Und alles führt zu Jacob Folgmann … FREEPOR† ist der vierte Band aus der Reihe "münchenMAFIAmord" um den gerechtigkeitsliebenden Privatermittler Daniel Richter.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 337

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



DANKMAR H. ISLEIB

KRISTALLSCHÄDEL

THRILLER

münchenMAFIAmord

5

Inhalt

Prolog

Kapitel I

Kapitel II

Kapitel III

Kapitel IV

Kapitel V

Kapitel VI

Kapitel VII

Kapitel VIII

Kapitel IX

Kapitel X

Kapitel XI

Kapitel XII

Kapitel XIII

Kapitel XIV

Kapitel XV

Kapitel XVI

Kapitel XVII

Kapitel XVIII

Kapitel XIX

Kapitel XX

Kapitel XXI

Kapitel XXII

Kapitel XXIII

Kapitel XXIV

Kapitel XXV

Kapitel XXVI

Kapitel XXVII

Kapitel XXVIII

Kapitel XXIV

Kapitel XXX

Kapitel XXXI

Kapitel XXXII

Kapitel XXXIII

Kapitel XXXIV

Kapitel XXXV

Kapitel XXXVI

Kapitel XXXVII

Kapitel XXXVIII

Kapitel XXXIX

Prolog

WAS war das für ein Jahr! Ein echtes Scheißjahr, oder? Mir liegt die vulgäre Sprache nicht, aber für 2020 gab es doch keine andere treffende Bezeichnung!? Wer war denn nun schuld an dem Virus? Corona. Covid 19. Das Unwort des Jahrtausends. In den Geschichtsbüchern der Enkelkinder unserer Enkelkinder wird mal wieder ein Märchen stehen. So wie immer, wenn Geschichte gefälscht wird. Corona, Corona, Corona! Nix mehr mit mexikanischem Bier. Die Krise kam aus dem Nichts. Wurde aufgebauscht und verharmlost, machte normale, unter uns lebende Menschen zu Bettlern, andere zu Verbrechern, wieder andere zu Helden, die sie nicht waren und Reiche noch reicher. Wem sollte man glauben? Wissenschaftlern? Wissen schaffen? Wie? Gibt es überhaupt einen richtigen Weg? Krieg oder Versehen, Mutter Natur oder militärisches Geheimlabor? Der eine, Nobelpreisträger, Virologe – also vom Fach – Luc Montagnier, ist sich sicher, dass das Virus eine durch Menschen gemachte Monsterwaffe ist, „also ein im Labor künstlich erzeugtes Virus“, andere ‚Experten‘ widersprechen vehement; der Spitzenpathologe Dr. Roger Hodkinson, CEO der kanadischen Firma Western Medical Assessments, sagte auf einer Online-Konferenzschaltung mit Regierungsbeamten in Alberta/Kanada, dass „Covid-19 der größte Schwindel sei, der je an einer ahnungslosen Öffentlichkeit verübt worden sei“. Politiker vieler Länder wurden zu Witzfiguren, andere zu ‚Helden‘, die Völker litten und tausende überwiegend alter, sehr alter und älterer Menschen – ohnehin überflüssig und zu kaum noch etwas zu gebrauchen, außer Geld zu kosten, Pflege in Anspruch zu nehmen, Wohnungen zu besetzen, in die Junge einziehen könnten, oder im Altenheim nutzlos dahinzugammeln – raffte es dahin. Ein Professor Drosten aus Berlin wurde plötzlich zum Superstar, bekam das „Bundesverdienstkreuz I. Klasse“. Geschissen darauf, ich mag keine Orden!

Freund oder Feind der Freiheit zugleich. Welcher Weg aus der Pandemie war und ist der richtige? Noch sind wir ja nicht raus. Gab und gibt es überhaupt einen richtigen Weg? Krieg oder Versehen, Mutter Natur oder militärisches Geheimlabor? Ja, ich wiederhole das. Was ist nur dieses Corona-Virus? Immerhin habe ich im letzten Jahr einiges dazugelernt. Wusste ich trotz Abitur und Studium doch nicht, was eine Inzidenz ist. Das sollte ich mir nun behalten, wie auch den Zusammenhang der Inzidenz zu einer Mortalität, der Prävalenz und dass die Inzidenz ein Maß für die Morbidität in der Gesellschaft ist. Dabei stellte ich fest, dass nach wissenschaftlicher Erkenntnis meine Morbidität gering ist! Glück gehabt! Ab Anfang 2021 wurde dann begonnen, die Menschen zu verimpfen. Es wurde nur noch verstorben. Was für eine Welt: Verimpft, verstorben, vergammelt, verbannt, verbrannt, vergeben, verängstigt, verlassen, vergessen, verfälscht, verhasst, verlogen, verloren …

Wie es weitergeht mit Covid 19, dem Virus aus dem Militärlabor aus Wuhan in China? Die Zukunft, unsere Zukunft wird es zeigen. Einige – allerdings viel weniger als prognostiziert, Gott sei’s gedankt – starben zumeist eines grausamen Todes, den ich nicht mal meinen Freunden gewünscht hätte. Nur gut, dass ich außer Anna und Fanny keine echten Freunde habe. Das lässt mein Job nicht zu. Nur keine Nähe aufbauen. Immer schön zweifeln, an allem. So hatte ich es schon während meiner Ausbildung zum Spezialermittler beim LKA gelernt.

Fakt war: Auch mir waren die Hände gebunden. Ich hatte zwar schon vor der ‚Corona-Krise‘ einen fetten Auftrag erhalten, konnte ihn aber nicht aufgreifen, da auch ich während dieser Zeit zum Nichtstun verurteilt war. Theoretisch hätte ich mir sogar vom Amt ein wenig Kohle holen können. Aber in Deutschland läuft das ja anders ab als in Österreich. Da kann man die Staatsspende behalten. Bezahlt von Steuergeldern. Hier muss man sie zurückzahlen. Die Steuergelder. Also habe ich darauf verzichtet. Hätte eh nicht mal für zwei Tankfüllungen meines Jags gereicht …

Wie soll man einen Kristallschädel finden und die Begleitumstände von mysteriösen Morden im Zusammenhang mit noch mysteriöseren weiteren Kristallschädeln aufklären, wenn man nicht aus dem Haus darf? Mit ’ner überflüssigen Schmutzmaske durch den Garten rennen – das bringt wenig.

Bill Gates – für die einen ein Heilsbringer, für die anderen der Obergangster, der alle Menschen impfen will und ihnen einen Chip verpassen möchte. Was will der Mann wirklich, außer noch mehr Kohle raffen? Nanotechnologie, winzig klein, kaum nachzuweisen und vermutlich viel besser funktionierend als die Corona-App, die Millionen auf ihren Handys haben und sich dennoch infizieren? Infizieren! Das Wort der Stunde. Aber ist ‚infizieren‘ auch gleichzusetzen mit krank sein? Nein! Um Statistiken zu verfälschen, sagt man einfach, „der/die haben sich mit dem Covid-19-Virus oder einer seiner Mutationen – DB119, XL 2022a, oder so – ‚infiziert‘.“ Dabei spüren die meisten der ‚Infizierten‘ nichts und sind weiterhin kerngesund! Wer verbietet eigentlich mal die Statistiker? Verschwörungstheorie? Wieder so ein Modewort. Alle, die gegen irgendetwas was sagen, sind Verschwörer! Verschwörer wovon, gegen wen, wofür?!

Mal ehrlich, wir haben doch alle keine Ahnung, auch nicht die Virologen. Das Virus ist da. Basta. Es verschwindet auch nicht mehr von dieser Erde! Es mutiert und mutiert und lacht sich kaputt! Hase und Igel. Und dann gibt es noch andere Verrückte: Die Biohacker! Völlig krank, wollen sie Mutter Natur überlisten und Menschen nach ihrem Gutdünken herstellen. Ekelhaft! Und wer sind nun wir, die ‚normalen‘ Menschen?

Mir ging das alles ziemlich auf den Sack. ‚Social Distancing‘ war angesagt. Was für eine Scheiße! Ich wollte nichts weiter als ein normales Leben führen. Würde das in Zukunft noch einmal möglich sein?

Erste Welle, zweite Welle, dritte Welle, Monsterwelle.

Fönwelle.

Dauerwelle.

Dauerwelle?

Eine Welt im Umbruch und ich mittendrin. Ein winziges Licht, ein Miniatom im menschlichen Kosmos. Vom Weltall will ich gar nicht reden. Trotzdem: Wer hat uns denn nun die Corona-Kacke eingebrockt? Wir Menschen oder Teile von uns. Die Natur. Die wilden Tiere? Was ist die Natur? Unmenschen? Was hat das viel gepriesene G5-Netz mit dem Covid-19-Virus zu tun? G5: Millimeterwellen, die in die menschliche Zelle eindringen. Komisch, dass das Covid-19-Virus sich genau in den Gebieten der Welt am fürchterlichsten ausbreitete, die schon mit der G5-Technologie versaut wurden. Verschwörungstheorie?

Oder war es doch „Mutter Natur“, die sich zur Wehr setzte und es auch weiterhin tun wird, wenn wir Menschen uns nicht ändern. Obwohl, mir ist da was in die Finger gekommen, das mich nachdenklich sein lässt.

CORONA:

3

15

18

15

14

1

Unser Leben, unsere Ansprüche, unsere idiotischen, maßlosen Vorstellungen von materiellem Muss-Ich-Haben weiter strapazieren? Transhumanismus-System. Das wollen uns meine Freunde um ‚Mr. Global‘ aufzwingen.

Ich war froh, dass ich zwischen zwei Wellen endlich wieder in meinem Job arbeiten konnte. Spannender als das unfassbare Covid-19-Virus allemal …

I

DAS war schon eine schräge Vögelin, die Dame aus der Münchener Society, die mich bereits vor knapp einem Jahr beauftragt hatte, ihr bei der Suche von einem ihr gestohlenen ‚Kristallschädel‘ behilflich zu sein. Sie war geliftete-Ende-vierzig aussehend, aber ging locker auf die achtzig zu oder darüber. Ihr Schönheitschirurg aus der Münchener Lift-Society hatte aus Sicht seiner Klientin gute Arbeit geleistet, aber ihr wirkliches Alter war dennoch nicht zu übersehen. Falten kann man wegbügeln, aber das ist es ja nicht allein. Eine Erscheinung, die Dame, noch heute, und dabei sehr zurückhaltend-aufdringlich. Bei der passte nichts zusammen und das war das Faszinierende für mich. Auf beschämende Art alt-sexy, zugleich irgendwie introvertiert und schüchtern, eine Denkerstirn, die zu einer Krebsforscherin gepasst hätte und gleichzeitig vulgär in einer Art, dass man sich fremdschämen konnte. Man munkelte, sie hätte in den fünfziger/sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts international gemodelt, was ich mir nicht vorstellen konnte, denn Models sollen ja immer um die 1,80 Meter groß sein. Sie war um die 1,60 – höchstens. Mit Pumps. In ihrer körperlichen Statur eher an die Mutter des einstigen Prominenten-Hilf-Schneiders Rudolf Moshammer – der sich ‚Modedesigner‘ nannte, aber nie eine Schneiderlehre gemacht hatte, geschweige denn ein Designer war – erinnernd. Die brachte es immerhin auf geschätzte 1,40 Meter lichte Höhe.

Wie meine Klientin zu ihrem großen Vermögen gekommen war, entzog sich – noch – meiner Kenntnis. Auf jeden Fall hatte sie eines. Das war schon mal gut, so musste ich um mein Honorar nicht bangen.

Damals, also Monate vor Corona, rief mich ein Typ an. Ob ich denn für ihn arbeiten könne. Also indirekt, denn eigentlich für eine prominente Lady aus der Gesellschaft, die er vertrete, als Freund und Berater. Er erläuterte mir kurz, worum es gehen würde. Ich sagte ihm, dass ich gerade in einen anderen Auftrag involviert sei und den mir angebotenen Job erst danach übernehmen könne. Er war sauer, stimmte aber zu, da er meinte, mein Ruf wäre so gut, dass er nur mir vertrauen würde und ich solle mich doch melden, wenn ich wieder frei wäre, mich auf seinen Auftrag voll konzentrieren zu können. Dann kam Covid-19 dazwischen und meine lange, unfreiwillige Arbeitslosigkeit, die ich mit Lesen, ausgiebigen Spaziergängen mit meinen Liebsten, also Fanny und Anna, etlichen körperlich anstrengenden, aber jedem Paar zu empfehlenden Aktivitäten mit meiner wunderschönen jungen Frau und sonstigen als sportlich zu bezeichnenden Tätigkeiten sowie desaströs ausgehenden Kochversuchen verbrachte …

Und dann lernte ich Hermine Doberman kennen. Die junge-alte Dame, die in einem winzig kleinen Holzhaus in Solln lebte. Der Typ, der mich seinerzeit anrief und in ihrem Namen beauftragte, etwas ganz Wichtiges und Geheimnisvolles, einen ‚Kristallschädel‘, zu finden, war in der Zwischenzeit verstorben. Wie und in welchem Zusammenhang er sein Leben aufgab, auch darum sollte ich mich nun zuallererst noch kümmern. Der mich damals Anrufende hatte nicht einmal das 40. Lebensjahr vollendet, als Hermine ihn tot in seiner Mansarde, im Obergeschoss ihres eigentlich völlig unscheinbaren und gerade deshalb auffälligen Hexenhäuschens, fand. (Übrigens passte der Garten zu Haus und Frau perfekt. Düster, mehr als voll mit alten, knorrigen Bäumen, die wenig Licht zulassen, wildem Rasen, der Gott sei Dank noch nie manikürt wurde, Buschwerk aus aller Herren Länder, das sich auch in Deutschland wohlzufühlen schien, einem Trampelpfad als Gartenweg, eng, eingefasst von Wildrosen voller Dornen und unfassbarer Lärm, den tausende von Hundertschaften von Vögeln veranstalteten. Ein Dauerkonzert der besonderen Art.)

Das Telefonat zwischen Mr. Schon Tot und mir hatte am 23. März 2020 stattgefunden. Einen Tag später, am 24. März, hatte es den durch die Regierung verordneten ersten Lockdown gegeben, der, zusammen mit dem zweiten und dritten und vierten, wie man nun sehen konnte, das Land in eine große Krise, um nicht zu sagen, in ein schier unüberwindbares Chaos geführt hat. Ja, man fing mit dem Impfen an, damals, im Dezember 2020, aber das Impfen brachte auch nicht den ersehnten Durchbruch, denn die Impfstoffe waren nicht so stabil, wie man es sich erhofft hatte und das schlaue Corona-Virus veränderte laufend seine Taktik, uns Menschen zu ärgern. Keiner wusste in der Zeit der Lockdowns, wie er sich verhalten sollte, was er tun durfte, um den Regierenden zu gefallen und nicht von der Polizei eingesperrt oder gleich ganz in die Psychiatrie verbracht zu werden. Von der sich rapide ausbreitenden Armut, dem Verlust hunderttausender Arbeitsplätze ganz zu schweigen, den Kneipen, die auch mir fehlten, na, Sie wissen schon: der ganze Wahnsinn, der uns seit dem März 2020 alle begleitet. Dazu mindestens 1.750 Milliarden neue Schulden in Europa, die keiner zurückzahlen kann, weil kein reeller Gegenwert dafür erwirtschaftet werden wird, also letztlich eine Hyperinflation, die die Kinder der heutigen heranwachsenden Kinder bezahlen sollen. Eigentlich also alles wie immer und doch ganz anders.

War der Verstorbene ihr junger Lover oder ein Freund des Hauses, ihr Buchhalter oder Vermögensverwalter gewesen? Ich würde es herausfinden. Google gab nicht viel her. Weder für Baader, den Verstorbenen, noch für die Multimillionärin, die sie zu sein schien. Eigentlich lebte sie für eine reiche Frau viel zu zurückgezogen, obwohl sie bei etlichen Events der Münchener Society ein gern gesehener Gast war. Aber es gab – bis über die wenigen Zeilen in den überflüssigen Klatschteilen der Münchener Zeitungen – halt nicht viel über sie zu finden.

Die drei kleinen Zimmer im Erdgeschoss ihres Hauses, zusammen keine 50 qm, waren vollgestopft mit Kunstschätzen, echten Antiquitäten jeder Art. Da hingen Chagalls rum – nicht nur einer –!, Fabergé schien nur für Frau Doberman gearbeitet zu haben – auf der barocken Kommode stand ein gutes Dutzend der berühmten Fabergé-Eier im Wert von mindestens 50 Mio. Euro rum, als ob es nichts wäre – und auch sonst – ein Paradies für Experten und Diebe! Allein daran konnte man erkennen, dass die kleine Hermine eine mehr als wohlhabende Frau sein musste. Warum sie in dem eher winzigen Holzhaus und nicht in einer schicken Villa in Bogenhausen oder in Kitzbühel wohnte, keine Ahnung. Also noch nicht, als ich sie das erste Mal besuchte und einigermaßen verwirrt war, weil sie eben so war, wie sie war. Klug, streng, vulgär, kindlich, wissend und doch irgendwie dumm, hatte ich den Eindruck. Und eine Stimme! Lautstark mit knarrigem Sound einer ausgeleierten und abgesungenen Altistin und zart in einem. Eine Raucherstimme, wenn Sie verstehen, was ich sagen will. Obwohl ich keine Zigarette oder Zigarre in ihrem verwunschenen Häuschen sah. Nur Ginflaschen standen en masse rum. Darunter allein ein halbes Dutzend Bombay Sapphire Revelation. Da kostet die Flasche mal locker zwischen 180.000 und 200.000 Euro! Vor allem die Flasche selbst trägt zu diesem enorm hohen Preis bei, der Inhalt wohl weniger. Sie besteht aus französischem Kristall. Das in Frankreich hergestellte Kristall gilt als besonders wertvoll und nahezu perfekt verarbeitet. Unter anderem gehört auch noch Baccarat-Kristall zu den verwendeten Materialien für die Flasche. Hinzu kommen noch an der Flasche angebrachte Edelsteine. Diese verzieren den Verschluss und machen ebenfalls einen Großteil des hohen Preises aus. Der Gin ist nicht in einer gewöhnlichen Flaschenform abgefüllt worden, die Flasche ähnelt einem Diamanten. Allerdings ist sie um einiges größer und massiver. Die Form ist besonders und unverkennbar, daher ist auch die Herstellung deutlich teurer als bei anderen Flaschen. Dann gab es noch circa 30 Flaschen anderer Destillen wie der Nolet’s Dry Gin – The Reserve, halbleer oder ungeöffnet. Ein Vermögen! Die Gin-Vorräte waren quasi die Deko, unpassend/passend, zu den Kunstschätzen, aber immerhin. Wie ich es schon sagte, bei Hermine Doberman passte nichts zusammen … Aber mir wurde klar, dass der ‚Kristallschädel‘, den sie vermisste, etwas Besonderes sein muss und die Doberman auf Glas steht … wie bei den Flaschen. Denn auch Kristallschädel sind aus einem Mineral, Glas. Aus besonderem? Keine Ahnung. Auch das würde ich herausfinden müssen.

Ja, ich hatte Fanny mitgenommen, wie immer, wenn mich jemand beauftragt, für ihn zu arbeiten. Und was soll ich sagen: Ich habe Fanny in all den Jahren, in denen er mich helfend begleitet, noch nie so zurückhaltend, so liebevoll mit einem fremden Menschen umgehen sehen, wie er es mit der auffallend kleinen, auffallend alten-jungen Dame tat. Fast hätte ich neidisch werden können, so verliebt schien mein Tosa Inu, doppelt so groß und doppelt so schwer wie meine Auftraggeberin, zu sein. Er tänzelte um sie herum und lächelte sie an. Ehrlich! Verdammt, Doktor, du bist abgemeldet. Was hat sie nur an sich, dass mein Köter sich so verhält! Mir unverständlich, aber auch den Grund für sein für mich ungewöhnliches Verhalten würde ich herausfinden.

»So gutaussehend habe ich Sie mir gar nicht vorgestellt. Ernesto, mein schwuler Freund, um dessen Tod Sie sich auch gleich mal kümmern müssen, hatte Sie mir empfohlen. Wie er auf Sie gekommen ist, keine Ahnung! Von Ihnen weiß ich gar nichts. Also wenn Sie für mich arbeiten wollen, dann müssen Sie mir erst mal erzählen, wer Sie sind. Damit das klar ist!«

Die ersten Sätze aus ihrem lockeren Mundwerk, mit dem ich noch viel Freude und noch mehr Ärger haben würde. Aber das wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Dazu traf mich der Sound ihrer Stimme und stieß mit aller Wucht auf meinen musikalischen Nerv: grässlich, aufdringlich, versoffen, einschüchternd, zart. Alles in einem und mit einem Wort nicht zu beschreiben.

»Ich kann auch gleich wieder gehen, wenn Sie meinen, dass ich nicht der Richtige für Sie bin. Und ich will und muss auch nicht für Sie arbeiten, Ihr toter Freund rief mich an, nicht ich ihn. Damit das klar ist! Und wie ich aussehe, spielt für meinen Job wohl keine Rolle, denke ich, oder?!«

Die Fronten waren fürs Erste geklärt, das Terrain abgesteckt und die Madame Doberman schaute mich aus ihren wasserblauen Augen an, als sei ich Mister Adonis himself. Die Hexe, die perfekt in ihr Hexenhäuschen passte – wohl deshalb hatte sie sich keine mondäne Villa bauen lassen –, machte mich definitiv an! War Hermine Doberman einfach nur peinlich oder glaubte sie tatsächlich, mich beeindrucken zu können? Sie hätte meine Großmutter sein können. Mindestens! Und so sehr ich auf schöne und interessante Frauen – ich denke da nur an Frau Haberschmus aus Zürich oder Hannelore Wille, die Verführerin aus meinem ersten Fall „Feingeist“! – stehe und manchmal in der Vergangenheit auch nicht gerade der treueste Mann war, sie war nun wahrlich nicht mein Beuteschema.

Anna konnte ganz beruhigt sein.

Die Doberman saß mir gegenüber auf einem Schaukelstuhl, der schon bessere Zeiten gesehen hatte, wie auch Hermine Doberman. Knallgelber Minirock, der bis zu der Hüfte hochgerutscht war, eine königsblaue Seidenbluse, ebenso königsblaue Stöckelschuhe und ein goldener Armreifen, der so schwer sein musste, dass ich mich fragte, wie sie ihren ausgemergelten, schmalen Arm damit heben konnte. Ihre wasserblauen Augen waren eingerahmt von knallkönigsblauen Lidstrichen, die die Ausmaße von Autoreifen hatten. Was Hermine mir nach ihrer missglückten Anmache auftischte, nachdem ich ihr kurz und knapp meine Vita geschildert hatte, das ließ mich dann doch sehr aufmerksam werden. Sollte ich das alles glauben oder doch lieber Fanny der Hermine entreißen und mit meiner Eifersucht auf meinen geliebten Riesenköter das Hexenhäuschen verlassen und ein Märchenbuch schreiben …?

Vieles von dem, was sie mir in gut einer Stunde erzählte, erinnerte mich an den Film „Indiana Jones“ mit Harrison Ford und war doch gänzlich anders.

Hermine Dobermans Story fing im Dritten Reich an. Mit Göring und Himmler … Und mit ihrer Mutter, der Sängerin Martha Frühling, einer Geliebten von Göring.

Hermine war demzufolge das Ergebnis einer exzessiven Nacht mit Hermann, dem Göring, gewesen. So erzählte es mir Hermine in ihrer schnodderigen Art frank und frei: »Sie müssen wissen, meine Mutter und der Göring haben sich über Monate fast zu Tode gevögelt. Meine Mutter war gerade mal auf den Tag genau 17, als Göring sie in einem kleinen Münchener Cabaret singen und tanzen sah. Da hat er sie sich gleich in der Nacht geschnappt, ist mit ihr in sein Büro im Führerbau gefahren, Sie werden es vielleicht nicht wissen, das ist die heutige Hochschule für Musik in der Arcisstraße – und der perverse Arsch hat sie auf seine perverse, von ihm bevorzugte Stellung auf seinem riesigen Schreibtisch entjungfert und gnadenlos durchgeritten. Das war zwischen den beiden von der ersten Sekunde an eine Hassliebe. Meine blutjunge Mutter war vernarrt in den Kokainprotz und fand es spannend, durch einen so berühmten Mann ihre Jungfernschaft verloren zu haben. Gleichzeitig, so erzählte sie mir später, ging ihr seine fiese Art, wie er sie brutal und ohne jegliche Rücksicht auf ihren jungen und schönen Körper von allen möglichen Seiten nahm, ziemlich auf die Nerven. Sie war hin- und hergerissen. Spannend, ja, aber auch erniedrigend, brutal. So war er halt, der Göring. Ständig kam er zu ihr nach München, manchmal flog sie auch zu ihm nach Berlin und dann wieder trafen sie sich in Hitlers Wochenendanwesen Berghof auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Meine Mutter war so geil, wie ich es heute noch bin – das liegt wohl in der Familie –, und der fette Göring, der zum Zeitpunkt meines Entstehens noch schlanker gewesen sein soll und überaus attraktiv, wenn ich meiner Mutter, der alles vögelnden Schlampe, zu der sie sich binnen Wochen nach dem Kennenlernen Görings entwickelte, Glauben schenken durfte. Also für sie. Aber da sie auch was mit dem Himmler hatte, der ebenfalls auf Nachtklubsängerinnen stand, könnte es auch sein, dass ich zwei Väter habe oder der Himmler mein Erzeuger war. Attraktiv soll der auch gewesen sein. Sagte meine Mutter. Das sehe ich anders. Auf den Fotos, die mir meine gar nicht so schlecht singende Mutter zeigte, sah der jedenfalls grässlich aus. Ein verkniffener, spröder, spießiger Typ. Tja, die Geschmäcker sind verschieden. Schauen Sie selbst, Herr Richter.« Und schon kramte sie aus dem überladenen Sekretär ein Bild von Himmler hervor, schob es mir unter die Nase und fragte: »Finden Sie den etwa gutaussehend? Soll ich dessen Kind sein? Doch eher wohl nicht! Ich war doch mal bildhübsch, nicht wahr? Nun ja, das bin ich ja eigentlich auch bis heute geblieben«, überschätzte sie sich im Brustton vollster Überzeugung, fuhr sich – wie sie glaubte – verführerisch mit ihren alten, faltigen, kleinen Händchen mit den pinkfarbenen, überlangen und sorgfältig manikürten Fingernägeln über ihre ebenso kleinen, vermutlich total schrumpeligen Brüste und glaubte, mich damit anmachen zu können. Na bravo, das war der Gipfel meiner Karriere als Privatermittler! Doktor, nimm dich in Acht, die will dich tatsächlich umreißen! Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, so grotesk war die Situation in ihrem Hexenhäuschen.

»Na ja, Herr Richter, nun wissen Sie, dass ich nicht mehr 35 bin und auch, was ich von meiner Mutter gehalten habe. Sie war wirklich, Sie können es mir glauben, eine ausgemachte Schlampe und hat sich im Laufe der Jahre alles ins Bett geholt, was irgendwie Rang und Namen im Dritten Reich hatte. Also gehen Sie mal davon aus, dass ich weiß, dass meine Mutter meine Mutter war, aber wer mein Erzeuger …? Eigentlich auch egal. Auf jeden Fall hat mir meine Mutter eine beachtliche, von ihr zusammengevögelte Kunstsammlung hinterlassen. Ich glaube, dass von den rund 1.000 geklauten und irgendwie zusammengerafften Gemälden, sogenannter Raubkunst, die eigentlich für Hitlers Führermuseum in Linz bestimmt waren, mindestens 50 bis 100 davon bei meiner Mutter gelandet sind. Einmal ein guter Fick – und schon gab es wieder ein Gemälde. So sind wir zu Geld gekommen. Na ja, Raubkunst war nicht dabei. Meine Mutter mochte auch Juden. Das hätte sie nicht zugelassen und hat wohl jedes Bild checken lassen, damit sie später, also nach dem kurzen 1000-jährigen Reich, keine Probleme bekommen würde. Aber die eigentliche Geschichte ging erst vor zwanzig Jahren los. Doch die erzähle ich Ihnen erst, wenn wir uns nähergekommen sind und ich Ihnen voll vertrauen kann.«

Fanny hatte während der ganzen Zeit ihrer Erzählung seine Riesenschnauze auf ihre Oberschenkel gelegt und sie mit schmachtenden Augen angeschaut. Echt, so kannte ich meinen Mastiff nicht! Ich war geschockt, fasziniert und verwundert in einem. Ich hätte wetten mögen, dass Hermine für die nächsten vier Wochen riesige Hämatome auf ihren dürren, alten Stelzen mit sich schleppen müsste.

II

»SIE müssen sofort kommen. Sofort, verstehen Sie!«

Mit diesem Anruf weckte mich Hermine Doberman um sage und schreibe 04:43 Uhr des nächsten Morgens. Ich hatte vergessen, mein Handy auszuschalten und das dämliche Ding schnarrte mich fast so ekelhaft an, wie mich die Stimme von der Doberman anblaffte. Rau, ängstlich, schrill und hypernervös. Fanny, auf den ich noch immer ein wenig sauer war und ihn das auch mit meiner Zurückhaltung spüren ließ, da er sich gestern von Hermine verabschiedet hatte, wie es nur Verliebte tun, schmiss mich quasi aus dem Bett! Mein Köter und Hermine – na das war ein Pärchen! Wie der massige Kerl das Unheil ahnte und mich traktierte, weil ich nicht sofort meinen Hintern aus dem Lotterbett bekam. Wir, Anna und ich, hatten uns noch nach meiner Rückkehr aus Solln etwas um das gekümmert, was die Alte mir unverschämter Weise angeboten hatte, und eine Superrunde ‚geschnakselt‘, wie die Münchener sagen, wenn sie meinen, dass eine gute Nummer den Abend verschönern kann. Der Mistkerl stieg mir mit seinen Schweißpfoten einfach mitten ins Gesicht. Als ob er einem Mafiatypen Angst machen wollte! Soweit waren wir schon gekommen. Ich war mir sicher, dass das seine Retourkutsche auf meine Missachtung ihm gegenüber war. Ist ja auch blöd von mir, auf Hermine und Fanny eifersüchtig zu sein.

Liebe kann schon merkwürdige Formen annehmen.

Also raffte ich mich auf, schlug Fanny weniger zärtlich als gewollt seine Pfoten aus meinem Gesicht und Minuten später fuhren wir wieder als Freunde von Grünwald nach Solln.

So kann Liebe auch gehen.

Was hört man für zehn Minuten morgens um fünf Uhr für Musik? Ich entschied mich für ›Dirty Honey‹ und ihren Song „Rolling 7s“. Eine harte Newcomerband aus L.A., die richtig gut abgeht und mir den letzten Schlaf aus den Knochen räumte: „No need to socialize / No need for fantasy / I’ll shine on, like a star at first night / And show you all you need / ’Cause I know all your vices / Yeah, I know where you’ve been / So baby, take another toss of the dice / I’m rolling sevens again now / When you need a little lovin’ / Baby, all night long / When you need a little lovin’ / Come and turn me on / When you need a little lovin’ / All night long / When you need a little lovin’ / Oh yeah“ – Keine Notwendigkeit, Kontakte zu knüpfen / Keine Notwendigkeit für Fantasie / Ich werde weiter leuchten, wie ein Stern am ersten Abend / Und zeige ihnen alles, was sie brauchen / Denn ich kenne all ihre Laster / Ja, ich weiß, wo du warst. / Also Baby, nimm einen weiteren Würfelwurf / Ich würfle jetzt wieder die Sieben / Wenn du ein wenig Liebe brauchst / Baby, die ganze Nacht lang / Wenn du ein wenig Liebe brauchst / Komm und mach mich an / Wenn du ein wenig Liebe brauchst / Die ganze Nacht lang / Wenn du ein wenig Liebe brauchst / Oh ja.

Das hatte ich hinter mir, war gar nicht lange her, Anna …

Fanny war als Erster an der Tür des Hexenhäuschens und es dauerte auch nur Sekunden und die alte-junge Frau Doberman stand in der Tür in einem rosafarbenen Negligé, das jedem Supermodel zur Ehre gereicht hätte, bei Hermine aber einfach nur peinlich aussah.

Stimmte etwas nicht mit ihr oder mit mir?

»Bei mir wurde eingebrochen. Kaum war ich ins Bett gegangen – ich nehme immer einen kleinen Gin, manchmal auch einen größeren, mit gutem Tonic Wasser, 1724 oder Haindl’s sind die besten, dazu einen Spritzer Zitrone und eine Prise Pfeffer, bevor ich in die Nacht eintauche –, da hörte ich ungewöhnliche Geräusche. Direkt aus meinem Wohnzimmer. Im ersten Moment dachte ich, Sie und Ihr Hund seien zurückgekommen. Ich riss dennoch die Nachttischschublade auf, griff mir mein Pfefferspray und schlich die Stiege runter. Scheiße, der Wichser –, es war definitiv ein Mann, so Ende dreißig vielleicht, wie ein Rocker aussehend, breite Schultern, Muckis ohne Ende, lange dunkle Haare zu einem Zopf gebunden, Tätowierung am rechten Unterarm –, sprang gerade aus dem Fenster und verschwand in der Dunkelheit. Ich konnte mir das Pfefferspray sparen und auch ihm hinterherzurennen, in meinem Alter, wissen Sie, das hätte auch nichts gebracht! Also habe ich Sie angerufen. Die Anrichte war aufgebrochen, aber es fehlt nichts. Na ja, der scheint etwas Bestimmtes gesucht zu haben. Was, kann ich Ihnen nicht sagen. Denn das Einzige, was mir wichtig ist, ich wollte es Ihnen eigentlich erst bei Ihrem nächsten Besuch sagen, ist der fehlende Kristallschädel. Na ja, das wissen Sie doch schon durch Ernesto. Scheißegal. Sie haben doch Zeit, oder? Na ja, die Nacht ist ohnehin versaut. Also lassen Sie uns einen Drink nehmen, Sie trinken doch einen mit mir? Mögen Sie Gin auch so wie ich? Manchmal nehme ich sogar ein Gin-Bad. Da sind gute Kräuter drin im Gin, Rosmarin, Thymian, Bärwurz, aber auch Safran, Fenchel oder Sellerie, wussten Sie das? Sicher nicht. Na ja, man kann nicht alles wissen. Sie haben sicher auch Ihre Qualitäten, Daniel!« Hermine ließ es schon wieder darauf ankommen. Der Körper unter dem durchsichtigen Negligé begann auf eigenartige Weise zu vibrieren. Hatte sie den Einbruch nur vorgetäuscht, um mich zu sich zu locken? Wollte sie ernsthaft mit mir ins Bett? Fanny, pass auf. Lass nicht zu, dass die exzentrische alte, geile Schachtel mich verführt! Das habe ich wirklich nicht verdient!

»Jetzt lassen Sie uns mal sachlich an die Dinge herangehen, Frau Doberman. Zuerst erzählen Sie mir, was es mit dem Kristallschädel auf sich hat. Dann versuchen wir es mal mit einer Skizze von dem Typen, der in Ihr Haus eingebrochen ist und dann werde ich den suchen, falls das Sinn macht.« Mit ihrem ständigen „na ja“ ging sie mir am mehr als frühen Morgen ziemlich auf den Senkel!

»Ich heiße Hermine, bitte sagen Sie Hermine zu mir, ja!«

Ein Befehl war das, keine Aufforderung.

»Okay, Hermine!«

»Na ja, vor gut zwanzig Jahren bekam ich ganz plötzlich und unerwartet Besuch von sechs Bikern. Sie kamen auf ihren fetten Harleys einfach so auf mein Grundstück geprescht, machten Lärm für eine ganze Kompanie und ich dachte, sie wollen mich vergewaltigen. Nicht, dass ich da keinen Spaß dran gehabt hätte, aber nur ein halbes Dutzend auf einmal?«

Hermine krächzte wie eine Nebelkrähe, der der Nebel ausgegangen war. Fanny wurde schon ganz unruhig. Er lag, von der Sekunde des Eintreffens im Hexenhäuschen an mit seinem Riesenschädel wieder auf ihren zarten Oberschenkeln und himmelte sie an, als sei sie die Göttin der nördlichen und südlichen Hemisphäre zusammen! Ihre Stimme hatte einen Sound angenommen, der mich stutzig machte.

»Weiter!«

»Die Jungs drängten mich ins Haus – Sie können sich vorstellen, dass mir plötzlich gar nicht mehr nach einem guten Fick zumute war – und füllten den Raum. Besser gesagt, sie hatten kaum Platz, denn die Männer waren alle so um die zwei Meter und keiner wog weniger als 100 Kilo. Der Anführer sagte, dass er für mich etwas ganz Besonderes habe und sie wüssten, dass ich Devotionalien aus dem Dritten Reich sammeln würde. Wer ihnen den Blödsinn erzählt hat, fragen Sie mich nicht, Daniel Richter! Dann ging er noch mal raus zu seiner Maschine und kam wenig später mit einer hölzernen Kiste wieder, die ich sofort erkannte. Also nicht den Inhalt, aber die Art der Kiste. Die war definitiv aus dem Dritten Reich. Die sahen damals alle gleich aus. Also die, in denen Hitlers Vertraute, also SS-Leute einer Sondereinheit, Beutekunst jeglicher Art transportierten. Sie waren in düsterem Militärgrün, hatten Stahlarmierungen ringsherum, trugen alle mehrere eingebrannte Stempel, so wie Rinder, die man quält, bevor sie verkauft und dann letztlich doch geschlachtet werden. Registriernummern, Siegel, braune Lederriemen zum besseren Tragen usw., alles genauso, wie es die SS benutzte, um meist geklaute Kunst zu tarnen und gut geschützt zu transportieren. Während der ganzen Zeit hingen die anderen fünf nur rum, beobachteten mich und sagten kein Wort. Es sprach immer nur der große Blonde. Wäre er hundert Jahre früher geboren, hätte meine Mutter gesagt, ein „reinrassiger Arier“. Wobei die ja eigentlich Indogermanisch sprechen müssten und ihre Wurzeln im persisch-indischen Raum hatten und mit uns Deutschen wenig gemein haben. Aber im 20. Jahrhundert beanspruchten halt die Deutschen den Begriff Arier für sich. Jedenfalls sprach der Blonde definitiv Deutsch, wenn er auch aus dem Raum Ingolstadt/Nürnberg zu kommen schien, also eine Mischung aus Nordbairisch und Ostfränkisch. Für mich ein grauenvoller Slang. Das ist doch kein Deutsch! Mein Puls ging hoch, auch ohne sexuelle Handlungen an mir, und ich wurde richtig scharf darauf, zu sehen, was sich in der Kiste befand. Sie war quadratisch, wie ein Würfel, und so circa 40 mal 40 cm groß. Anhand der Art der hölzernen Kiste wusste ich, dass der Inhalt echt sein musste, wie die Kiste echt war. Niemand außerhalb eines inneren Zirkels der SS um Göring, Himmler und Hitler sonst wusste, was in den Kisten transportiert wurde. Ich kannte sie von meiner Mutter, da ich von ihr all die Gemälde, die Sie hier hängen sehen, geerbt hatte. Die Transportkisten habe ich noch immer im Keller – und sie sehen aus wie die Kiste, mit der die groben Gestalten mich heimsuchten!«

»Also auch die Ihnen gelieferte Kiste?«

»Was denken Sie! Bin ich verblödet?! Sagte ich doch bereits!«

Der Sound in ihrer Stimme klang nach einer Säge, wie sie der Folgmann in ›Freeport‹ benutzt haben musste, als er seiner Frau den Kopf abtrennte; nach Wald, trockenem Geäst und zickig wie ein aufheulender Motor eines getunten Mofas. Fanny erhob sich blitzartig, war so verschreckt, ja verstört, wie ich ihn gar nicht kannte. Seine ‚Geliebte‘, der er noch gerade den linken Fuß abgeleckt hatte, voller Inbrunst und Liebe, hatte ihn geschockt. Sollte das schon das Liebesaus zwischen den beiden gewesen sein, die doch gerade erst am Anfang einer innigen Beziehung standen?

»Die Kiste kann ich Ihnen zeigen, den Inhalt von damals, den Kristallschädel, müssen Sie finden!«

Hermine schüttete sich gerade wieder einen Gin ein, sie schien ziemlich aus ihrer Mitte geraten zu sein und der Kristallschädel von großer Bedeutung für sie.

Sie setzte gerade an, mich über Kristallschädel zu informieren, als wir alle drei ein Geräusch vernahmen, dass mich zu meiner nicht mitgenommenen Derringer Double-Tap greifen ließ. Shit, es war zu früh am Morgen und mein Besuch bei einer alten Dame hatte mich nachlässig werden lassen und meine schlanke, unauffällige, aber große Durchschlagskraft habende Derringer lag auf meinem Nachttisch, wo sie mir in dieser Situation wenig nützte. Gott sei Dank hatte ich meinen Verteidiger mit: Fanny. Der war längst in Angriffsstellung übergegangen. Irgendjemand wurstelte ziemlich auffällig an der alten, aber stabilen Haustür. Um diese Zeit war das weder der Briefträger noch der Hermes-Paketbote. Hermine hielt inne, das Glas, gefüllt mit Gin, verschüttete sie vor Nervosität auf den Perserteppich. Fanny schlich nun zur Haustür und ich versuchte, mich ungeschützt irgendwie in Deckung zu bringen. Ein armseliges Bild für einen Ex-LKA-Star und Verteidiger der Gerechten! Aber wollte ich mich um diese Uhrzeit schon erschießen lassen? Hermine sah uns, Fanny und mich, mit ängstlich/fragenden Augen an. Ich bedeutete ihr, sich sofort hinter der Couch zu verstecken und Ruhe zu bewahren und überlegte selbst, wie ich Herr der Situation werden könne. Meine einzige Waffe war Fanny. Der schlaue Kerl hatte sich schon so neben der Tür positioniert, dass er einen zu erwartenden Eindringling direkt anspringen könnte, wenn der denn vorhaben sollte, sich ungefragt Eintritt in das Hexenhäuschen verschaffen zu wollen.

Und er wollte. Kaum war Fanny in Position gegangen, ich hatte mich auf die andere Seite der Tür gestellt, um dem, der da kommen wollte, wenigstens meine Fäuste entgegensetzen zu können, da krachte auch schon die Tür, die der Eindringling in Höhe des Schlosses aufgehebelt zu haben schien, und Fanny umarmte ihn liebevoll. Damit konnte der große Blonde mit einer Eisenstange in der Rechten nicht rechnen. Im ersten Moment dachte ich, Fanny würde den Mann küssen wollen – mir war sofort klar, wer der Typ war, Hermine hatte ihn deutlich beschrieben, auch wenn er jetzt um Jahrzehnte gealtert war –, aber er biss ihm kurz und knackig das Genick durch. Eine herzliche Begrüßung, dabei wollte mein kleiner Schoßhund doch sicher nur spielen … Noch mal Shit! Eine Leiche am frühen Morgen! Wie sollte ich das Vadim Langholtz, dem für solche Delikte verantwortlichen Kommissar der Münchener Mordkommission, erklären? Schließlich wollte ich Fanny noch behalten, denn er war neben Anna mein Ein und Alles. Es ging alles so schnell und ich hatte keine Chance einzugreifen, Fanny von seinem Liebesbeweis mir gegenüber abzuhalten.

Hermine Doberman machte uns nichts als Ärger.

Ich hatte keine Wahl und wählte die Handynummer von Vadim. Er würde eine Lösung für uns haben. Nachdem ich ihn lange vor dem Aufstehen erreicht hatte, kümmerte ich mich um Hermine, die besinnungslos hinter ihrer weinroten Samtcouch lag und Fannys Rettungsaktion mit starrem Blick verfolgt hatte …

III

»DAS kann doch nicht sein! Immer diese Alleingänge von Achim und nun das! Was wollte der in München? Was wollte er mit dem Schädel?! Sein eigenes Süppchen kochen? Die hat den doch nicht mehr. Da möchte ich jede Wette eingehen. Wer konnte damals schon ahnen, dass die Dinger plötzlich so wertvoll werden würden! Nach zwanzig Jahren? Damals dachten wir, dass es nur wenige Verrückte gibt, die so einen Nazischeiß sammeln und waren froh, die Alte gefunden zu haben. Eine halbe Million hat sie uns bezahlt. Cash auf die Kralle! Nur weil der Schädel tatsächlich von den Nazis kam! Wisst ihr noch, was wir damals für ein Zeugs zusammengesammelt hatten? Alles aus der Nazizeit. Eine Dechiffrieranlage, Unterlagen für den Bau von Superraketen, wie sie Wernher von Braun später für die USA gebaut hat, ein paar dieser komischen Schädel, das Bernsteinzimmer usw. Das alles hatten wir und haben es an Russen, Deutsche und Amerikaner verscherbelt. Aus heutiger Sicht viel zu billig. Eben verscherbelt! Wir waren eine Rockercrew, die viel Spaß hatte und wir wurden erst mit den Jahren zu einer der schlagkräftigsten Mafiabanden im deutschsprachigen Raum! Wir waren stolz drauf, nie mit Drogen und so einem Scheiß gehandelt zu haben. Wir waren immer sauber. Aber wer konnte das damals ahnen, dass die Preise für die Schädel plötzlich so durch die Decke gehen würden! Dass ihr beide jetzt fast gleichzeitig ins Haus der Doberman eindringen wolltet! Das war so nicht vorgesehen. Dich hatte ich hingeschickt. Und das auch nur, weil ich mir sicher war, dass die alte Hexe die letzten drei der unserem Käufer noch fehlenden Schädel irgendwo gebunkert hat. Wo sonst sollen die sein? Wir haben in Bolivien, Paraguay und Marokko gesucht. In Mexiko und Panama! Die Schlange war so raffiniert. Das hätte ich ihr nie zugetraut. Ich muss übermorgen nach Houston fliegen und den aus unserer Sammlung, den wir nicht mehr haben, an Fitzgerald verkaufen. Eine Milliarde will der dafür zahlen. Für jeden einzelnen. Versteht ihr, eine Milliarde Dollar. Bis er alle 13 in seinen Besitz genommen hat. Dann gehört ihm die Welt, sagt er. Besser noch: Der Kosmos, daran glaubt er. Also zumindest unsere Galaxie! Wenn … ja wenn … Aber wir haben sie nicht. Das wäre für uns der Schlussstrich in dieser Sache gewesen. Zwanzig Jahre harte Arbeit und wir hätten unseren Laden wegen Reichtum schließen können.«

Arnim von Radebusch saß mit seinen Kumpels im Garten seiner Villa in Münchsmünster an der Donau im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm, etwa 15 km donauabwärts von Ingolstadt. Er war der Geschäftsführer der dortigen Bank. Er und seine Kumpels, sie waren inzwischen fast alle so Mitte fünfzig, gut situierte Geschäftsleute, zum Teil verheiratet und nach außen hin ehrbar, bieder und angesehen, Harley-Fans und seit ihrer Jugend befreundet. Dass sie neben ihrem biederen Leben in der kleinen Kleinstadt, eher dem großen Dorf, große Fans der Nazizeit waren und letztlich Sammler von Devotionalien aus allen Zeiten des Katholizismus und speziell eben des Tausendjährigen Reiches, ahnte in dem Nest niemand. Dass sie bei ihrer Suche nach wertvollen Stücken über Leichen gingen und mindestens so skrupellos waren wie ihre sizilianischen Kollegen Mafiosi, das ahnten nicht mal ihre Frauen und Kinder. Bis zum gestrigen Tage gingen Arnim von Radebusch, Gernfried Klabau, Harry Röckeschmid, Wilhelm Wanderbausch und Norbert Köterich davon aus, dass sie sich auch auf Achim Mäzler verlassen konnten. Sie waren immer nur zu sechst gewesen in all den Jahren. Eine verschworene, aufeinander eingespielte Bande, die über die Grenzen Bayerns, Deutschlands und Europas hinaus gute, sehr gute und weniger gute Geschäfte gemacht hatte und auf deren Konto bis jetzt ebenso viele Morde gingen, wie sie an Mitgliedern zählten. Sechs! Und nun war Achim, der Verräter, ihr blonder Halbgott, tot, und Wilhelm Wanderbausch schon wieder in München, um herauszubekommen, was da im Haus der Doberman gelaufen war …

IV

INES