Kunst als menschliche Praxis - Georg W. Bertram - E-Book

Kunst als menschliche Praxis E-Book

Georg W. Bertram

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Beschreibung

In der Theorie und Philosophie der Kunst wird gemeinhin die Differenz der Kunst zu anderen menschlichen Praktiken betont. Dies führt dazu, dass weder die Pluralität der Künste noch die Relevanz der Kunst im Rahmen der menschlichen Lebensform hinreichend verständlich werden. Georg W. Bertram plädiert aus diesem Grund für einen Neuansatz in der Bestimmung von Kunst und verteidigt die These, dass in der Auseinandersetzung mit Kunstwerken unterschiedliche Bestimmungen der menschlichen Praxis neu ausgehandelt werden. In diesem Sinne ist Kunst eine hochproduktive reflexive Praxis im Rahmen des menschlichen Weltverhältnisses. Mehr noch: Kunst ist eine Praxis der Freiheit.

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In der Theorie und Philosophie der Kunst wird gemeinhin die Differenz der Kunst zu anderen menschlichen Praktiken betont. Dies führt dazu, dass weder die Pluralität der Künste noch die Relevanz der Kunst im Rahmen der menschlichen Lebensform hinreichend verständlich werden. Georg W. Bertram plädiert aus diesem Grund für einen Neuansatz in der Bestimmung von Kunst und verteidigt die These, dass in der Auseinandersetzung mit Kunstwerken unterschiedliche Bestimmungen der menschlichen Praxis neu ausgehandelt werden. In diesem Sinne ist Kunst eine hochproduktive reflexive Praxis im Rahmen des menschlichen Weltverhältnisses. Mehr noch: Kunst ist eine Praxis der Freiheit.

Georg W. Bertram ist Professor für Philosophie an der Freien Universität Berlin. Im Suhrkamp Verlag hat er zuletzt veröffentlicht: In der Welt der Sprache. Konsequenzen des semantischen Holismus (stw 1844, zus. mit David Lauer, Jasper Liptow und Martin Seel).

Georg W. Bertram

Kunst als menschliche Praxis

Eine Ästhetik

Suhrkamp

Zur Gewährleistung der Zitierbarkeit zeigen die grau hinterlegten Ziffern die jeweiligen Seitenanfänge der Printausgabe an.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2014

© Suhrkamp Verlag Berlin 2014

© Georg W. Bertram 2014

Der folgende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2086.

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

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eISBN 978-3-518-73397-4

www.suhrkamp.de

5Inhalt

Vorbemerkung

Einleitung

Kapitel 1Eine Kritik des Autonomie-Paradigmas

1. Kunst als ein anderes Gutes: Menke

2. Kunstwerke als bedeutungsvolle Gegenstände: Danto

3. Das Autonomie-Paradigma und seine Verkürzungen

4. Auf dem Weg zu einem unverkürzten Kunstbegriff: Kunst im Rahmen der menschlichen Lebensform

Kapitel 2Von Kant zu Hegel und darüber hinaus

1. Kunst als Reflexion von Erkenntnisfähigkeit: Kant

2. Kunst als Verlebendigung wesentlicher Orientierungen: Hegel

3. Praktische Reflexion

4. Über Kant und Hegel hinaus: ästhetische Freiheit

Kapitel 3Autonomie als Selbstbezüglichkeit: Die praktische Reflexion der Kunst

1. Die sinnliche Materialität der Kunst: Hegel

2. Kunstwerke als spezifisch sinnliche Muster: Goodman

3. Die Spezifik der Kunst, interaktiv verstanden: ein programmatischer Aufriss

4. Die selbstbezügliche Konstitution von Kunstwerken

5. Interpretative Aktivitäten in der Auseinandersetzung mit Kunstwerken

6. Interpretative Aktivitäten und die Objektivität der Kunst

7. Kunst als reflexive Praxis, erster Teil

8. Eine allgemeine Ästhetik?

Kapitel 4Kunst als Praxis der Freiheit

1. Generische Konstellationen: Die Pluralität der Kunstwerke und der Künste

2. Ästhetische Erfahrung

3. Die Modernität von Kunst und das Ringen um ästhetisches Gelingen

4. Ästhetische Urteile und die Klassifikation von Kunstwerken

5. Die Grammatik des Kunstbegriffs und der Streit um die Kunst

6. Kunst als reflexive Praxis, zweiter Teil: Kunst als kritische Praxis

Literatur

7Für HG

9Vorbemerkung

Die Überlegungen dieses Buches sind das Ergebnis einer jahrelangen Auseinandersetzung mit Fragen der Kunst und des Ästhetischen.[1] Ihren Ausgangspunkt hat diese in meinem Studium und in der Zeit meiner Dissertation genommen, angeregt und orientiert vor allem durch Odo Marquard und Martin Seel. Ein weiterer wichtiger Schritt für meine Arbeit ist mir in dem Kontext möglich geworden, den mir die Universität Hildesheim mit ihrer Verbindung von künstlerischer Praxis und Theorie geboten hat und hier vor allem die Zusammenarbeit mit Tilman Borsche. Besonders profitiert habe ich dann vom Sonderforschungsbereich 626 »Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste« an der Freien Universität Berlin – einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft großzügig geförderten Arbeitskontext, den ich mir idealer nicht vorstellen kann. Er bietet mir eine einmalige Chance, meine ästhetischen Überlegungen in einem überaus inspirierenden Umfeld weiterzuentwickeln. Dies gilt auch ganz konkret für das vorliegende Buch, das in einer Vorversion im Rahmen eines Workshops im Januar 2013 intensiv diskutiert worden ist. Ich danke besonders Alessandro Bertinetto, Dorothea von Hantelmann, Gertrud Koch und Michael Lüthy für ihre hilfreichen Kommentare und ihre Kritik sowie den Mitgliedern des Sonderforschungsbereichs 626 und meines Forschungskolloquiums für eine überaus produktive Diskussion. Danken will ich auch Manuel Scheidegger, Henning Tegtmeyer und Holm Tetens für Diskussionen des Manuskripts, Daniel Martin Feige und Frank Ruda für die stete, kritische Begleitung bei seiner Entstehung, Eva Gilmer für ein überaus um10sichtiges Lektorat und schließlich David Blumenthal und Tobias Wieland für ihre Korrekturen und Hilfen bei der Fertigstellung – sowie Juliane Schiffers und Jonathan dafür, dass sie nicht nur bei der Arbeit an diesem Buch da waren. Ob es mir gelungen ist, aus diesen Anregungen, die meine Arbeit begleitet haben, etwas zu machen, müssen die Leserinnen und Leser dieses Buches beurteilen. Jedenfalls hoffe ich, mit meinen Überlegungen denjenigen, für die Kunst ein wichtiges Element der menschlichen Lebensform ist, meinerseits etwas Herausforderndes an die Hand geben zu können.

Berlin, im Dezember 2013

11Einleitung

Ludwig Wittgenstein hat in seiner Spätphilosophie einen grundlegenden Versuch unternommen, unserem Denken neue Wege aufzuzeigen. Wittgenstein artikuliert diesen Versuch, indem er davon spricht, es gelte, einen Aspektwechsel zu vollziehen.[1] »Sieh es doch so!« ist die eindringliche Aufforderung, mit der Wittgensteins philosophische Umdeutung einsetzt. Auch dieses Buch verlangt eine Übung in der Schule des Aspektwechsels. Es plädiert dafür, eine vertraute und liebgewordene Perspektive auf Kunst in Frage zu stellen, für die der Gedanke zentral ist, dass Kunst sich von anderen Praktiken des menschlichen Lebens abgrenzt. Kunst weist demnach Besonderheiten auf, die sie von Nicht-Kunst unterscheidet. Zentral für einen Begriff der Kunst sei der Unterschied von Kunst zu anderem. Die folgenden Überlegungen machen den Vorschlag, Kunst anders zu sehen. Sie steht, so der Grundgedanke der hier entwickelten und verteidigten Sichtweise, in einer tiefgreifenden Kontinuität zu anderen menschlichen Praktiken, da sie nur durch ihre Bezugnahme auf diese Praktiken überhaupt das Potential gewinnt, das für sie spezifisch ist.

Einen entsprechenden Perspektivwechsel in der Bestimmung von Kunst haben nicht zuletzt viele künstlerische Interventionen der letzten 100 Jahre angemahnt, indem sie zum Beispiel die Unterscheidung von Kunst und Nicht-Kunst unterlaufen haben. Viele in dieser Zeit entstandene Kunstwerke und ästhetische Ereignisse machen deutlich, dass Kunst ein Teil der menschlichen Praxis ist. Nun ist Kunst auch nicht einfach eins mit der menschlichen Praxis, denn sie weist zweifelsohne Besonderheiten auf: Kunstwerke entstehen aus besonderen Materialien, setzen eine besondere Materialbeherrschung voraus, verlangen sowohl auf Seiten der Produzierenden als auch auf Seiten der Rezipierenden bestimmte Kenntnisse in Bezug auf die Gattungen und Epochen der Künste 12sowie spezifische Wahrnehmungsfähigkeiten. Zudem beruhen sie auf besonderen Traditionen, etwa der Entwicklung der Künste in Europa seit der Renaissance. Aber kann der Begriff der Kunst bei ihnen ansetzen? Strömungen in der neueren und neuesten Kunst – etwas der Dokumentarismus oder das postdramatische Theater –, die die Kunst als integralen Teil der menschlichen Praxis begreifen, sind von theoretischer Seite als Herausforderungen für den Begriff der Kunst gewürdigt worden, weil die Kunst sich in ihnen gegen Grundlagen gewandt habe, die vormals selbstverständlich für sie waren. Dadurch ist eine neue Kunst entstanden, die allen Anspruch auf künstlerische Besonderheit aufgegeben hat.

Solche Entwicklungen in den Künsten geben aus meiner Sicht Anlass dazu, der Spezifik der Kunst nicht unbesehen zu vertrauen. Stattdessen sollte man nach der Stellung fragen, die Kunst im Rahmen der menschlichen Praxis hat. Oder anders gesagt: Man sollte fragen, welchen Platz Kunst im geistigen Haushalt des Menschen einnimmt. Handelt es sich einfach um eine Praxis, die im Kontrast zu anderen Praktiken bestimmt werden kann? Ist Kunst eine Praxis wie das Spazierengehen oder Kuchenbacken, nur dass sie – wie diese auch – einige Besonderheiten aufweist? Ich werde die These vertreten, dass dies nicht der Fall ist. Kunst ist eine Praxis, für die ein Bezug auf andere Praktiken wesentlich ist und die aus diesem Grund nicht in Abgrenzung von anderen Praktiken, sondern unter Rekurs auf die Art und Weise dieses Bezugs zu begreifen ist. Charakteristisch für Kunst ist dabei eine komplexe Verbindung von Typen von Praktiken, die ich im Folgenden als »Praxisform« bezeichne. Im Vokabular der philosophischen Ästhetik ausgedrückt: Die Autonomie der Kunst lässt sich nicht als Unabhängigkeit von anderen menschlichen Praktiken fassen. Positionen, die das behaupten, gehören zu dem von mir so genannten Autonomie-Paradigma. In kritischer Auseinandersetzung mit diesem Paradigma argumentiere ich für ein anderes Verständnis ästhetischer Autonomie, wonach diese als ein Aspekt ebenjenes Zusammenhangs zwischen Kunst und der sonstigen menschlichen Praxis zu begreifen ist. In anderen Worten: Ästhetische Autonomie muss als Aspekt der Praxisform der Kunst begriffen werden, wenn sie nicht in einer irreführenden Weise gedeutet werden soll.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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