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Auf den ersten Blick könnten die Welten, die in diesem Buch aufeinandertreffen, kaum gegensätzlicher sein. Anselm Kiefer, einer der bedeutendsten und international erfolgreichsten Künstler der Gegenwart, beschäftigt sich in seinem Werk mit den wesentlichen Fragen der Gesellschaft. Seine Bilder sind geheimnisvolle Chiffren zur Entschlüsselung der Welt und ihrer immer neuen Rätsel, sie offenbaren Überlagerungen, Durchdringungen, Verschmelzungen. Peter Handke nannte ihn "einen stillen Wilden ..., auf dem Sprung, eine Art neuen Alphabets der Malerei zu entwerfen". Ihm gegenüber Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, ursprünglich jedoch Germanist, Musikwissenschaftler, Journalist. Aus dem Kontrast entsteht ein fesselnder, erhellender Dialog über Kunst und Politik, Natur und Mythos, Kultur und Geschichte, Theologie und Ökonomie, Philosophie und Literatur.
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Seitenzahl: 138
Veröffentlichungsjahr: 2012
Anselm Kiefer – Mathias Döpfner
Kunst und Leben, Mythen und Tod
Ein Streitgespräch
Herausgegeben von Manfred Bissinger
Die Fotos in diesem Buch entstanden während des Gesprächs in Anselm Kiefers Atelier in Croissy-Beaubourg bei Paris im Oktober 2011.
Sie stammen von Wolfgang Steche/VISUM.
Lübbe Digital
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG erschienenen Werkes
Lübbe Digital in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG
Originalausgabe
Copyright © 2012 by Quadriga Verlag, Berlin, in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG, Köln
Umschlaggestaltung: Uwe C. Beyer, Hamburg
Umschlagfoto: Wolfgang Steche/VISUM
Datenkonvertierung E-Book: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN 978-3-8387-2055-5
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Vorwort von Walter Smerling
Anselm Kiefer, Mathias Döpfner, Manfred BissingerKunst und Leben, Mythen und TodEin Streitgespräch
Anhang
Anselm KieferGenet, Nietzsche, Osama – Lässt sich die Kunst mit dem Leben vereinbaren?
Mathias DöpfnerKlang der Freiheit – Richard Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg
Vorwort
Der unverstellte Blick
Von Walter Smerling
Der Treffpunkt für dieses Gespräch ist eine ehemalige Lagerhalle in Croissy-Beaubourg, 25 km südöstlich von Paris. Die Halle gehörte zum legendären Pariser Luxuskaufhaus La Samaritaine, das 2005 geschlossen wurde. Heute ist sie das Atelier des Künstlers Anselm Kiefer, der hier, so scheint es, Tag und Nacht arbeitet. Mit rund 36000 Quadratmetern ist es wohl die weltweit größte »Factory« eines bildenden Künstlers. Zahlreiche Großformate, Installationen, Werkgruppen, ja ganze Ausstellungen für Museen und Galerien sind hier entstanden und verwandeln die riesige Halle in einen geheimnisvollen Ort.
Ein außergewöhnlicher Ort, ein ungewöhnliches Treffen, ein Vergnügen, es organisieren zu dürfen. Unterschiedlicher könnten die Personen nicht sein, die zusammenkommen, um ein Gespräch zu führen über ihre Haltungen zu Gesellschaft, Politik, Kultur, zum Leben: Der Künstler Anselm Kiefer empfängt in seinem Atelier den Journalisten Manfred Bissinger und den Medienmanager Mathias Döpfner. Überwiegen die Unterschiede, oder treten vielleicht doch mehr Gemeinsamkeiten zutage, als man zunächst glauben mag?
Manfred Bissinger, der Autor und Blattmacher, der Essayist und Kommentator, ist jemand, dem man Berührungsängste nicht nachsagen kann. Seine Partner will er zum Gespräch verführen: Mathias Döpfner ist Vorstandsvorsitzender von Europas größtem Zeitungshaus, dem Axel-Springer-Konzern. Döpfner tritt oft und gern in der Öffentlichkeit auf und scheut keinerlei Kontroverse. Dabei kann man ihm diplomatisches Geschick mit dem Willen zum Ausgleich nicht absprechen.
Die bildende Kunst hat es ihm – abgesehen von der Musik und seinem »erotischen Verhältnis« zur Sprache – besonders angetan. Seit ein paar Jahren lädt Mathias Döpfner regelmäßig zu Ausstellungen zeitgenössischer Künstler in die Villa Schöningen an der Glienicker Brücke in Potsdam ein, die er und sein Freund Leonhard Fischer restauriert und als Ausstellungsort etabliert haben. Hier organisierte er im Jahr 2010 eine Ausstellung mit bis dato nicht gezeigten Werken von Anselm Kiefer, den »Kühen« aus der Serie »Europa«. Der Künstler hatte sie zwar schon seit einigen Jahren in seinem Atelier präsentiert, wollte die Arbeiten aber nicht öffentlich zeigen. Mathias Döpfner war fasziniert von den Bildern, er überredete Anselm Kiefer, und die Ausstellung wurde ein großer Erfolg. Döpfner dokumentierte mit diesem Projekt nicht nur sein Interesse an Kiefers Kunst; in der Folge entwickelte er auch ein Faible für die Person des Künstlers.
Anselm Kiefer, einer der bedeutendsten und international erfolgreichsten Künstler der Gegenwart, beschäftigt sich in seinem Werk mit der Vergangenheit und Zukunft unserer Gesellschaft und den wesentlichen Fragen des Lebens. Seine Bilder sind Prozesse, Schichten, Überlagerungen, sie bestehen aus Überlappungen, Durchdringungen, Verschmelzungen. Der Künstler scheint all das zu sammeln, was unsere Zivilisation hervorbringt, um es dann in seine Werke zu integrieren. Die Werkgruppen handeln von den grundsätzlichen Erfahrungen unserer Existenz, von Natur und Mythos, Kultur und Geschichte, Mikrokosmos und Makrokosmos. Wie ein roter Faden zieht sich das Paradoxe durch Kiefers Werk. Seine Bilder sind geheimnisvolle Chiffren zur Entschlüsselung der Welt und ihrer immer neuen Rätsel. Und natürlich ist da diese besondere »Kiefer’sche« Nachkriegsverarbeitung. Kein anderer zeitgenössischer Künstler hat sich derart spektakulär und riskant unserer jüngeren deutschen Geschichte zugewandt, keiner bearbeitet derart intensiv religionsgeschichtliche Themen. Und keiner widmet sich so kontinuierlich dem Medium Buch. Ob aus Blei, Leinen oder Karton, es gehört als Parallelmedium zu Kiefers wichtigsten Ausdrucksformen und steht gleichwertig neben seinen Bildern und Installationen. Auch seine Bücher sind übermalt, geschichtet, rätselhaft.
Dieser Künstler mit der großen Affinität zum Buch und ausgezeichnet mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels trifft sich in Croissy mit zwei Menschen, die ihrerseits das Buch, den Text, das Wort zum Thema ihres Lebens gemacht haben. Manfred Bissinger stellt in diesem Band über einhundert Fragen – schon daran wird deutlich, wie intensiv er sich mit seinen Gesprächspartnern auseinandergesetzt hat. Eine Leistung, die dokumentiert, wie sehr sich der Journalist zur Ethik des »Recherche-Journalismus« bekennt. Mit Mathias Döpfner sammelte er bereits Erfahrungen in einem 2006 geführten Gespräch mit dem Literaturnobelpreisträger Günter Grass. Grass gehört zu den Intellektuellen, die seit 40 Jahren die Springer-Presse boykottieren. Für Mathias Döpfner ein Grund, mit ihm das Gespräch zu suchen. Man könnte den Springer-Chef einen Seismographen für spannende und kontroverse Dialoge nennen, denn das ist es, was ihn interessiert: Menschen, die durch ihre Leistung, Seriosität und Integrität eine klare Haltung vertreten und dabei gern auch unterschiedlicher Auffassung sein dürfen.
Manfred Bissinger gelingt mit seinem komplexen Fragenkatalog ein unmittelbarer und unverstellter Blick in die Gedankenwelt zweier Charaktertypen, die sich in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit immer wieder treffen: Hier der international renommierte Künstler, dort der international agierende Manager mit feingeistigem Anspruch. Kiefer, der nicht um die Dinge herumredet, sondern gerade heraus und bisweilen undiplomatisch seine Vorstellungen und Fragen formuliert. Döpfner, der interessiert und offen das Geheimnis von Kiefers Welt durchdringen möchte. Wie halten wir es mit der Religion? Wie mit Zerstörung und Wiederaufbau? Besteht die Bedeutung des Anselm Kiefer auch darin, dass er das Verhältnis zwischen Theologie und Ökonomie, zwischen Politik und Kunst in die Kunstgesellschaft und in den Kunstmarkt einführte? Dies sind die Fragen, die den Medienmanager Döpfner und den Journalisten Bissinger gleichermaßen interessieren.
Ein Streitgespräch ist es nicht geworden, dafür aber ein höchst unterhaltsamer Gedankenaustausch über Fragen und Phänomene der Kunst und des Lebens, die uns alle interessieren, seien es der Wiederaufbau der Bundesrepublik Deutschland oder der Stadt Berlin, das Verhältnis zur Architektur oder zum grausamsten Teil unserer Geschichte. Eine Debatte, von der ich mir erhoffe, dass sie fortgesetzt wird, damit wir schließlich auch erfahren können, wie der Künstler und der Manager ihr Ziel erreichen: in ihrem Tun das Beste zu wagen. Denn das ist es, was sie wirklich vereint.
Bonn, im März 2012
Walter SmerlingVorsitzender der Stiftung für Kunst und Kultur e.V.
Ein Streitgespräch
Kunst und Leben, Mythen und Tod
Anselm Kiefer, Mathias Döpfner, Manfred Bissinger
Manchmal ärgere ich mich über das, was Kiefer sagt, und hinterher stelle ich fest: »Verdammt noch mal, der hat auch noch recht.«
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