Lassiter 2775 - Pete Hackett - E-Book

Lassiter 2775 E-Book

Pete Hackett

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Scharf umriss das Licht der Morgensonne die Gestalten der fünf Reiter, die im Galopp auf den Kamm einer Bodenwelle ritten. Oben parierten sie ihre prustenden Pferde. Überraschung prägte ihre von Wind, Sonne und Regen gegerbten Gesichter. Jack Strouth traute seinen Augen nicht. Das waren nicht nur ein paar Schafe, die unten in der Senke grasten. Es war ein Meer aus wollenen Leibern schmutzigweißer Farbe, schätzungsweise an die zehntausend Tiere. Ihr Blöken trieb durch die Senke. Die penetrante Ausdünstung der Tiere lagerte wie eine unsichtbare Wolke zwischen den Hängen ringsum. Unermüdlich trieben die Wachhunde mit heiserem Gekläffe ausbrechende Schafe zurück. Drei Reiter umrundeten langsam die Herde. "Stinkende Shepherds!", knirschte einer der Cowboys verächtlich und spuckte aus ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Inhalt

Pulverdampf am Pecos River

Vorschau

Hat Ihnen diese Ausgabe gefallen?

Impressum

Cover

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsbeginn

Impressum

Pulverdampfam Pecos River

von Pete Hackett

Scharf umriss das Licht der Morgensonne die Gestalten der fünf Reiter, die im Galopp auf den Kamm einer Bodenwelle ritten. Oben parierten sie ihre prustenden Pferde. Überraschung prägte ihre von Wind, Sonne und Regen gegerbten Gesichter.

Jack Strouth traute seinen Augen nicht. Das waren nicht nur ein paar Schafe, die unten in der Senke grasten. Es war ein Meer aus wollenen Leibern von schmutzigweißer Farbe, schätzungsweise an die zehntausend Tiere. Ihr Blöken trieb durch die Senke. Die penetrante Ausdünstung der Tiere lagerte wie eine unsichtbare Wolke zwischen den Hängen ringsum. Unermüdlich liefen die Wachhunde hin und her und trieben mit heiserem Gekläffe ausbrechende Schafe zurück. Drei Reiter umrundeten langsam die Herde.

»Stinkende Shepherds!«, knirschte einer der Cowboys verächtlich und spuckte aus.

Jack Strouth, ein sechsunddreißigjähriger hagerer Mann, richtete seinen stechenden Blick auf die vier Conestoga-Schoner mit den von der Witterung ausgebleichten, bogenförmigen Planendächern, die inmitten des wogenden Leibermeers anmuteten wie Segelschiffe in der Weite des Ozeans. Einige gesattelte und gezäumte Pferde standen bei den Fuhrwerken. Sie waren an den Rädern angebunden.

Um das Camp war eine Absperrung aus Lassos gezogen. Dieser provisorische Zaun hielt die Schafe aus der unmittelbaren Nähe des Lagers fern.

Vier Männer lungerten hinter der Absperrung herum. Sie trugen Patronen- und Revolvergurte. Die Reservepferde der Schafzüchter weideten in einem Seilcorral. Die Remuda bestand aus ungefähr zwanzig Tieren.

Bei den Wagen brannte ein rauchloses Feuer. Ein eiserner Dreifuß stand darüber, von dem an vier Ketten ein großer, verrußter Kessel hing. Jack Strouth sah zwei Frauen, eine junge mit langem schwarzem Haar sowie eine ältere, deren Haar schon angegraut war. Beide waren offenbar damit beschäftigt, das Frühstück für die Mannschaft zuzubereiten.

Strouth fuhr sich mit der Zungenspitze über die schmalen Lippen, dann knurrte er: »Tom Shelby hat nicht übertrieben, als er dem Boss von einer wahren Invasion dieser Wollschwänze berichtete.« Sein Pferd tänzelte nervös auf der Stelle, und der Vormann musste es hart in die Kandare nehmen. »Reiten wir hinunter. Ich werde dem Oberschafhirten dort unten klarmachen, dass er auf dieser Weide mit seinen übelriechenden Woolies nichts verloren hat. Wenn er nicht freiwillig verschwindet, jagen wir ihn samt seinem Anhang und den Wollschwänzen über den Pecos bis nach Mexiko.«

Jack Strouth trieb sein Pferd an und lenkte es den Abhang hinunter. Die Weidereiter folgten ihm. Ihre Mienen drückten aus, was sie empfanden. Schafe waren ein Gräuel für jeden Weidereiter.

Im Camp wurde man auf das Rudel aufmerksam. Ein grauhaariger Mann rief einen Befehl und griff nach seiner Winchester, die an einem der Wagenräder lehnte. Die vier anderen Männer bei den Schonern, keiner älter als dreißig Jahre, folgten seinem Beispiel. Entschlossen repetierten sie. Die beiden Frauen kletterten in eines der Fuhrwerke und ließen sich nicht mehr blicken.

Angespannt und misstrauisch erwarteten die Schafzüchter die Weidereiter.

Rücksichtslos trieben diese ihre Pferde zwischen die Schafe. Die Gäule schnaubten prustend und rollten mit den Augen. Die Schafe drängten und schoben und blökten jämmerlich. Einige Tiere wurden zu Boden gestoßen, die anderen sprangen erschreckt über sie hinweg. Bewegung ging durch die Herde im Umkreis der Reiter.

Schließlich zügelten sie vor der Absperrung ihre Pferde.

»Ihr seid wohl verrückt geworden?«, schrie Jack Strouth. »Wie könnt ihr es wagen, eure stinkenden Wollschwänze auf das Weideland der JC-Ranch zu treiben? Verschwindet auf der Stelle, oder wir machen euch Beine!«

»Das ist Regierungsland!«, entgegnete der Grauhaarige, der wahrscheinlich der Boss des Schafzüchter-Clans war. »Mein Name ist Jedidiah Bradford. Wir ziehen mit den Schafen von Weide zu Weide. In spätestens einer Woche treiben wir die Herde weiter.«

»Ihr treibt das Viehzeug auf der Stelle fort!«, fauchte der Vormann der JC-Ranch. »Mit den Schafen ruiniert ihr die Weide, außerdem verseuchen sie die Wasserstelle. Kein Rind geht mehr zu der Stelle beim Fluss zur Tränke, an der Schafe gestanden haben.«

»Das ist freie Weide!«, beharrte der Schafzüchter. »Ich darf sie ebenso in Anspruch nehmen wie die Ranch, für die ihr arbeitet. Und nun verschwindet, ihr elenden Kuhtreiber. Auf euch sind fünf Gewehre gerichtet. Du hast gedroht, uns Beine zu machen. Ich denke vielmehr, dass wir euch Beine machen. Also dreht eure Zossen herum und gebt ihnen die Sporen!«

Unter der Plane des Conestoga-Schoners, in dem die beiden Frauen verschwunden waren, wurde der Lauf eines Gewehres hervorgeschoben, und eine helle Stimme erklang: »Es sind sechs Gewehre! Und sie werden losgehen, wenn ihr hier die Helden spielen wollt.«

Im Gesicht des Vormanns arbeitete es. Aus engen Augenschlitzen, in denen es unheilvoll funkelte, starrte er auf die Gruppe der Schafzüchter.

»Okay«, rief er schließlich, »wir verschwinden! Aber wir kommen wieder. Und solltet ihr dann noch da sein, blasen wir euch den Marsch. In euren Ohren wird es klingen wie die Trompeten von Jericho. Wenn wir mit euch fertig sind, werdet ihr heulen und mit den Zähnen knirschen.«

»Sieh an!«, rief einer der jüngeren Männer auf Seiten der Schafzüchter. »Der Kuhtreiber kennt die Bibel. Allerdings kannst du uns damit nicht beeindrucken, Mister. Und nun macht euch vom Acker. Mein Zeigefinger wird schon unruhig.«

Wortlos und mit verkniffenen Mienen zogen die Weidereiter ihre Pferde herum und trieben sie an. Auch jetzt nahmen sie keine Rücksicht auf die Schafe. Die Schafzüchter beobachteten es mit Zorn in den Augen. Aber sie bewahrten die Ruhe.

Jedidiah Bradford ließ das Gewehr sinken. »Diese eingebildeten Halbaffen!«, knurrte er. »Sie halten sich tatsächlich für eine herausgehobene Spezies. Nun, sie werden in der Tat noch einmal aufkreuzen. Und dann wird es weniger friedlich zugehen. Wir sollten die Gewehre nicht mehr aus den Händen legen.«

In den Ohren der Männer, die bei ihm waren, und der jungen Frau, die jetzt wieder vom Fuhrwerk kletterte, klang es wie eine unheilvolle Prophezeiung.

Lassiter folgte dem Pecos River. Er kam von Lincoln herunter, wo er zwei Banditen festgenommen und dem County-Sheriff übergeben hatte. Sie hatten auf der Flucht vor dem Gesetz drei Kavalleristen der US-Army, die in Fort Stanton stationiert gewesen waren, aus dem Hinterhalt erschossen und ihre Pferde gestohlen.

Die neue Order des Agenten der Brigade Sieben lautete: Begeben Sie sich nach Langtry, Val Verde County, Texas, und nehmen Sie mit Captain Johnson von den Texas Rangers Kontakt auf. Grund ist das Banditenunwesen an der Grenze zu Mexiko, das kaum unter Kontrolle gebracht werden kann!

Der Pecos River hatte im Laufe der Jahrmillionen sein Bett durch eine felsige Landschaft gegraben. Die Ufer bildeten oftmals steile Felswände. Es gab aber auch flache Uferstellen, die es den Rindern der Viehzüchter ermöglichten, zur Tränke an den Fluss zu laufen.

Lassiter ritt über ein felsiges Plateau, das sich nach Süden zu mehr und mehr absenkte und schließlich in weitläufiges Grasland überging. Eine riesige Rinderherde weidete dort. Es handelte sich um Longhorns.

Einige Rudel tummelten sich am flachen Ufer des Pecos. Die Rinder trugen als Brandzeichen ein J und C.

Von Süden her sprengten zwei Reiter auf Lassiter zu. Der Reitwind bog die Krempen ihrer Hüte vorne nach oben und ließ ihre Halstücher flattern.

Lassiter nahm wahr, dass sie Chaps trugen, und sagte sich, dass es sich um Cowboys der Ranch handelte, zu der auch diese Herde gehörte.

Als sie auf zwei Pferdelängen heran waren, zerrten sie ihre Vierbeiner in den Stand. Die Tiere prusteten mit geblähten Nüstern und stampften auf der Stelle.

Auch Lassiter hatte angehalten, tippte mit Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand lässig an die Krempe seines Stetsons und grüßte: »Howdy, Männer.«

Danach legte er beide Hände, ohne die Zügel loszulassen, übereinander auf das Sattelhorn.

»Wer bist du, Mister, und was hat dich auf die Weidegründe der JC-Ranch verschlagen?«, blaffte einer der Weidereiter. »Überall an den Weidegrenzen stehen Schilder, die Unbefugten das Betreten der Weide untersagen!«

»Ich habe keines dieser Schilder gesehen«, erwiderte Lassiter. Dann nannte er seinen Namen und gab zu verstehen, dass er nach Langtry an der mexikanischen Grenze wolle, da er dort einen Auftrag zu erledigen habe. Um welche Art von Auftrag es sich handelte, verriet er nicht.

Die Cowboys fragten auch nicht danach. Derjenige, der eben die beiden Fragen gestellt hatte, ergriff wieder das Wort, indem er hervorstieß: »Kann es sein, dass du zu den elenden Schaftreibern gehörst, die weiter südlich mit einer riesigen Herde von Woolies die Weide und das Flussufer besetzt halten?«

»Nein, ich gehöre nicht zu den Leuten mit der Schafherde«, antwortete Lassiter. »Handelt es sich denn um Weideland der JC-Ranch? Wofür stehen die beiden Buchstaben überhaupt?«

»Es handelt sich um Regierungsland«, erwiderte der Cowboy. »Freie Weide – Rinderweide. Die Longhorns der JC grasen auf dieser Weide, und das Flussufer ist ausgesprochen flach, sodass die Rinder kein Problem haben, zur Tränke zu gelangen. Das J steht für Jerome, das C für Carter. Jerome Carter ist der Herr über das gesamte Weideland hier!«

Der Cowboy vollführte, während er die letzten Worte sprach, eine umfassende Armbewegung.

»Auf Regierungsland dürfen auch Schafzüchter ihre Tiere treiben«, erklärte Lassiter mit ruhigem Tonfall.

»Nicht auf diese Weide!«, stieß der Cowboy hervor. »Carter nutzt sie seit mehr als zwanzig Jahren. Daraus hat sich ein Gewohnheitsrecht entwickelt. Schafe zertrampeln mit ihren kleinen Hufen das Gras bis in die Wurzeln. Wo Schafe geweidet haben, wächst für viele Jahre kein Gras mehr, das unsere Rinder ernähren könnte. Außerdem wird kein Rind mehr zu bewegen sein, dort am Fluss zur Tränke zu gehen, wo zuvor Schafe ihren Durst gelöscht haben.«

»Schafzüchter haben die gleichen Rechte wie Rinderzüchter«, gab Lassiter zu verstehen, zuckte mit den Schultern und fügte hinzu: »Aber das ist nicht mein Problem.«

Er nahm die Hände vom Sattelhorn, gab dem Pferd den Kopf frei und schnalzte mit der Zunge. Gleichzeitig trieb er den Braunen mit einem Schenkeldruck an.

Die Cowboys versuchten nicht, ihn aufzuhalten.

Lassiter folgte weiterhin dem Pecos. Nach etwa vier Meilen sah er von der Kuppe eines Hügels aus die Schafherde und das Schafzüchtercamp.

Es ging auf den Abend zu, und die Sonne stand über den zerklüfteten Felsketten im Westen. Einige Wolkenbänke hatten sich vor das Gestirn geschoben und erglühten in einem geheimnisvollen schwefelgelben Licht. Der laue Wind, der von Süden kam, trug den penetranten Geruch der Schafe mit sich.

»Donnerwetter!«, entfuhr es Lassiter. Dass dieser Anblick die Leute von der JC nicht erfreute, war klar. Im Gegenteil, er versetzte sie wahrscheinlich geradezu in Rage. Das roch nach Verdruss.

Er ritt den Abhang hinunter, in die Ebene hinein, und lenkte den Braunen durch die Masse der Schafe, darauf bedacht, keines der Tiere zu verletzen. Sein Pferd schnaubte nervös. Der Geruch schien es zu beunruhigen.

Als Lassiter das Camp mit den vier Planwagen erreichte, schaute er in fünf Gewehrmündungen. Er hob, ohne eine Spur von Unruhe zu zeigen, die rechte Hand zum Gruß, dann rief er: »Ihr könnt die Gewehre herunternehmen. Ich gehöre nicht zur JC.«

»Sie scheinen aber gut informiert zu sein!«, rief Jedidiah Bradford, der Clanboss.

»Ich komme von Lincoln herunter und bin weiter nördlich auf zwei Reiter der JC-Ranch gestoßen.«

Lassiter registrierte, dass zwei der jüngeren Männer dem Grauhaarigen ziemlich ähnlich sahen, und vermutete, dass es sich um seine Söhne handelte. Er streifte mit einem schnellen Blick auch die beiden Frauen, die beim Feuer standen und wahrscheinlich das Abendessen zubereiteten. Die eine mochte Mitte fünfzig sein, die andere Mitte zwanzig. Sie war verdammt hübsch.

»Ich denke, Sie kriegen mit der JC-Ranch immensen Ärger«, sagte Lassiter.

»Den hat man uns schon angedroht«, erklärte der grauhaarige Schafzüchter. »Vielleicht sind sie jedoch vernünftig und lassen uns in Ruhe. Wir wollen hier nicht sesshaft werden. In etwa einer Woche ziehen wir weiter. Es handelt sich um eine Wanderherde.«

»Sie werden überall, wo Rinder gezüchtet werden, auf Widerstand stoßen«, erklärte Lassiter.

»Daran sind wir gewöhnt, Mister«, versetzte Jedidiah Bradford. »Bis jetzt konnten wir uns immer durchsetzen. Wir werden uns auch gegen die JC behaupten.«

»Können Sie mir sagen, ob es hier in der Nähe eine Stadt gibt?«, erkundigte sich Lassiter.

»Zwei Meilen südlich von hier«, antwortete der grauhaarige Schafzüchter. »Der Ort heißt Mentone. Ein verschlafenes Nest. Aber es verfügt über alles, was eine Stadt ausmacht.«

»Vielen Dank.« Lassiter tippte an die Hutkrempe und zog dann sein Pferd herum, trieb es an und bahnte sich wieder einen Weg durch das Gewimmel von Schafen.

»Wir waren in Mentone und haben dort unsere Vorräte ergänzt!«, rief ihm Bradford hinterher. »Bestellen Sie dem Deputy-Sheriff, der dort das Gesetz vertritt, dass uns Carter gedroht hat!«

»Von wem soll ich das bestellen?«, rief Lassiter über die Schulter.

»Von Jed Bradford!«, erhielt er zur Antwort.

Lassiter erreichte den Fluss und ließ die Herde hinter sich zurück. Er ließ das Pferd traben, denn er wollte so schnell wie möglich den Ort Mentone erreichen.

Er war verstaubt und verschwitzt, und in seinem Gesicht wucherten mehrere Tage alte Bartstoppeln. Außerdem wollte er sein Pferd, das ihn zig Meilen von Lincoln heruntergetragen hatte, mit einer gehörigen Portion Hafer verwöhnen.

Er konnte nicht ahnen, dass auf der JC-Ranch bereits die Hölle vorbereitet wurde und ihn die Ereignisse zwingen würden, in diesem Landstrich mit zähmender Hand einzugreifen, um für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Die Sonne schickte ihre ersten Strahlen ins Land am Pecos River, als man im Camp der Schafzüchter ein dumpfes Rumoren vernahm. Es trieb über den Hügel weiter nördlich heran.

»Was ist das?«, fragte die dunkelhaarige Susan Bradford ihren Vater.

Jed Bradford wandte sich an einen seiner Söhne. »Sieh nach, Howard!«

Der Bursche holte sich eines der Pferde, die, bereit für einen schnellen Einsatz, ständig unter dem Sattel standen, und ritt auf den Kamm der Anhöhe.

Vollkommen aufgelöst kehrte er gleich darauf zurück. »Sie treiben eine Herde Rinder auf uns zu!«, rief er. »Ich schätze die Herde auf mindestens tausend Longhorns!«

Obwohl Jedidiah Bradford irgendeine Aktion von Seiten der JC-Ranch erwartet hatte, traf ihn die bittere Erkenntnis wie ein Schock. Was war gegen zehntausend Schafe wirksamer als eine große, in Panik versetzte Herde Rinder?

»An die Gewehre, Leute!«, brüllte der fünfundfünfzigjährige Schafzüchter. »Wir müssen sie aufhalten!«

Im Camp brach Hektik aus. Die Herdenwachen kamen auf ihren Pferden herangejagt, sprangen ab und gesellten sich den anderen Männern des Clans hinzu. Gesattelte und gezäumte Pferde wurden herangeführt, die Männer saßen auf und ritten, angeführt von Jed Bradford, Richtung Norden. Die Schafe bildeten ihnen blökend eine Gasse.

Auf dem Hügelkamm tauchten die ersten Rinder auf. Die Erde dröhnte und schien zu erbeben. Die Herde war keilförmig angeordnet. Die Spitze bildete ein mächtiges Leittier, das von einem Cowboy geführt wurde.

Jedidiah Bradford stemmte sich gegen die Zügel und brachte sein Pferd zum Stehen. Sein Gefolge tat es ihm gleich. Bei den Schafzüchtern herrschte Atemlosigkeit. Sie ahnten, dass sich hier eine Hölle anbahnte.

Brodelnder Staub stieg über der Masse der Longhorns in die glasklare Morgenluft. Muhend und brüllend wälzte sich die Herde über die Kuppe und ergoss sich auf den Hang. Einige Cowboys, die als Flankenreiter agierten, hielten die Longhorns zusammen. Es war ein Bild, das den Schafzüchtern mit geradezu schmerzlicher Schärfe in die Augen sprang.

Die Rinder drängten gegeneinander. Horn klapperte. Aber noch war die Herde ruhig.

Sie kam zum Stehen.

Zwei Reiter lösten sich von der Herde, näherten sich Bradford und seinen Begleitern und zügelten etwa zehn Schritte vor ihnen ihre Pferde. Es waren Jack Strouth, der Vormann der JC-Ranch, und ein Weidereiter.

»Ich werde deine ekelhaften Woolies in alle Winde zerstreuen, Bradford!«, brüllte Strouth. Wild riss er den Kopf herum und blickte die Hügelflanke hinauf.

Etwa viertausend Hufe wühlten dort die Erde auf. Große, feucht glänzende Augen glotzten in die Senke. Der Reiter, der den Leitstier führte, grinste schief und hämisch, geradezu niederträchtig.

Jedidiah Bradford schwieg, denn er hatte längst begriffen, in welch gefährlicher Situation er und die seinen steckten. Sein Oberkörper beschrieb eine halbe Drehung, mit dem linken Arm stützte er sich auf die Kruppe des Pferdes. Sein Blick schweifte nach hinten.

Hell leuchteten im Morgensonnenschein die Planen der Prärieschoner inmitten der Schafherde. Im Camp befanden sich Ann, seine Gattin, sowie Susan, seine fünfundzwanzigjährige Tochter.