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Der Handelsposten befand sich östlich von Rawlins an der Überlandstraße, die von Laramie kommend nach Rock Springs führte. Es war Joey Blair, der zweiundzwanzigjährige Sohn des Stationers, der die vier Reiter sah, die sich dem Posten näherten. Er stand am Fenster im Haupthaus der Station. Die Hufe der Pferde rissen Staubfahnen in die heiß flirrende Luft. "Dad, da kommen vier Reiter von Süden!", rief Joey über die Schulter. "Sie sehen nicht gerade vertrauenerweckend aus!" Elam Blair, der am Tisch saß, kam zum Fenster und beobachtete kurz das Quartett. Dann wandte sich wortlos ab, holte seine Henrygun aus dem Ständer neben der Tür, repetierte und ging nach draußen. Savannah, Joeys ältere Schwester, trat neben ihren Bruder und spähte durch die schmutzige Scheibe. Sie sah die vier heruntergekommenen Typen und spürte das Unheil tief in ihrer Seele.
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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
Savannah, die Unbezähmbare
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Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
von Pete Hackett
Der Handelsposten befand sich östlich von Rawlins an der Überlandstraße, die von Laramie kommend nach Rock Springs führte. Es war Joey Blair, der zweiundzwanzigjährige Sohn des Stationers, der die vier Reiter sah, die sich dem Posten näherten. Er stand am Fenster im Haupthaus der Station. Die Hufe der Pferde rissen Staubfahnen in die heiß flirrende Luft. »Dad, da kommen vier Reiter von Süden!«, rief Joey über die Schulter. »Sie sehen nicht gerade vertrauenerweckend aus!«
Elam Blair, der am Tisch saß, kam zum Fenster und beobachtete kurz das Quartett. Dann wandte sich wortlos ab, holte seine Henry Gun aus dem Ständer neben der Tür, repetierte und ging nach draußen.
Savannah, Joeys ältere Schwester, trat neben ihren Bruder und spähte durch die schmutzige Scheibe. Sie sah die vier heruntergekommenen Typen und spürte das Unheil tief in ihrer Seele.
Zwei Pferdelängen vor Elam Blair zügelten die vier ihre Pferde. Sie waren verschwitzt und verstaubt, in ihren Gesichtern, in denen ein unstetes Leben deutliche Spuren hinterlassen hatte, wucherten mehrere Tage alte Bärte, die Augen waren entzündet, die Lider rot gerändert.
Joey wandte sich ab, ging zum Gewehrständer und angelte sich ebenfalls eine Rifle. Es handelte sich um eine Sharps Borchardt.
Nun stand nur noch eine Schrotflinte im Gewehrständer. Auch die nahm er heraus und reichte sie Savannah.
Sie knickte den Doppellauf ab, sah die Böden der Patronen und klappte die Läufe wieder zu. Ihr schönes, gleichmäßiges Gesicht, das von einer Flut dunkler Haare eingerahmt wurde, verriet Anspannung.
Immer wieder kamen verwegene Gestalten auf die Station, oft waren es Gesetzlose. Sie versorgten sich und verschwanden wieder.
Von diesen vier, die eben angekommen waren, ging jedoch eindeutig Gewalttätigkeit und Gefahr aus. Savannah fühlte es.
Einer der Kerle, ein dunkler Typ, dessen Gesicht im Schatten lag, weil die Sonne im Süden stand und das Quartett sie im Rücken hatte, tippte lässig gegen die Krempe seines Stetsons und rief: »Howdy, Amigo. Wir haben Hunger und Durst, und unsere Pferde wollen getränkt werden. Ich denke, wir sind hier richtig, um unsere Bedürfnisse stillen zu können.«
»Sicher«, antwortete Elam Blair und verbarg seine Gedanken hinter einem nichtssagenden Gesichtsausdruck. »Vorausgesetzt, ihr könnt zahlen«, fügte er hinzu.
»Natürlich«, erwiderte der Sprecher der vier heruntergekommenen Gestalten und grinste. »Wir sind ehrliche Pilger auf dem Weg nach Norden.«
Er schwang sich aus dem Sattel. Von den Schultern seines braunen Staubmantels, der ihm bis über die Knie reichte, rieselte Staub, ebenso von der Krempe seines schwarzen Stetsons. Da er den Staubmantel nicht zugeknöpft hatte, konnte man sehen, dass er darunter einen Revolvergurt trug.
Seine Begleiter folgten seinem Beispiel. Auch sie waren mit langen Staubmänteln bekleidet und mit Revolvern bewaffnet. Aus dem Scabbard am Sattel eines jeden ragte der glatte Kolben einer Winchester.
Sie führten die Pferde zum Tränketrog beim Brunnen und wuschen sich Staub und Schweiß aus den Gesichtern, während die Tiere zu saufen begannen.
Die vier trockneten sich mit ihren Halstüchern die Gesichter ab, dann wandten sie sich Elam Blair zu.
Dieser sagte: »Ich kann euch von meiner Tochter eine Pfanne Eier mit Speck braten lassen. Zu trinken habe ich Brunnenwasser oder Brandy. Wenn euch das genügt, dann geht da hinein.« Er wies auf die Tür eines Nebengebäudes. »Ich bringe euch das Essen in zwanzig Minuten.«
Nachdem die Pferde getränkt und an einem von Hitze und Regen verkrümmten Holm festgebunden waren, gingen die vier in das bezeichnete Gebäude.
Elam Blair spürte ebenso wie auch seine Tochter den Anprall einer mitleidlosen Strömung, die von diesen Kerlen ausging wie etwas Tierisches. Er beschloss, auf der Hut zu sein und das Gewehr nicht aus der Hand zu legen, solange die vier auf der Station weilten.
In dem Raum, den das Quartett betrat, standen zwei Tische mit jeweils zwei Bänken an jeder Längsseite. Sie setzten sich, drehten sich Zigaretten und rauchten. Gesprochen wurde nicht.
Elam Blair hatte Savannah aufgetragen, Eier und Speck zu braten und Brot zu schneiden. Er selbst begab sich zu den vier Kerlen in den Gastraum und fragte, was sie trinken wollten.
Sie verlangten nach Brandy.
Er brachte eine Flasche und vier Gläser, und nach den angekündigten zwanzig Minuten trug er die Pfanne mit den Eiern und dem Speck sowie vier hölzerne Löffel in den Gastraum.
Hungrig machten sich die Kerle über das Essen her. Sie schlangen es regelrecht in sich hinein. Dazu tranken sie den Brandy.
Nach dem Essen begaben sich zwei – der dunkle Bursche, der bei ihrer Ankunft das Wort geführt hatte, sowie ein blondhaariger Kerl mit einer auffälligen Hasenscharte – hinüber ins Stationshaus.
Savannah stand am Herd. Stechende Blicke voll Habgier streiften sie.
Ihr Vater und ihr Bruder saßen am Tisch, an dem auch die Henry Gun lehnte.
Die Tür zu einem Nebenraum stand offen. Man konnte ein Bett sehen, in dem bleich und mit eingefallenem Gesicht Savannahs und Joeys Mutter lag. Sie war unheilbar krank, und ihr Gesicht war bereits vom nahen Tod gezeichnet ...
Weder Elam Blair noch sein Sohn und seine Tochter bemerkten, dass auch die beiden anderen Kerle das Gästehaus verlassen hatten und – die Revolver in den Fäusten – an das Haupthaus heranpirschten.
»Was müssen wir bezahlen?«, fragte der Dunkelgesichtige.
Elam nannte den Preis.
»Gib ihm das Geld, Everett«, knurrte der Bursche, der scheinbar der Anführer des Rudels war.
Der Mann mit der Hasenscharte griff unter den Staubmantel.
Als seine Hand wieder zum Vorschein kam, lag in ihr der schwere Colt-Revolver.
Er feuerte ohne jede Warnung.
Mit dem Brechen des Schusses wurde die Fensterscheibe eingeschlagen, und die Läufe von zwei Revolvern stießen durch die Fensterhöhlung in den Raum. Donnernd entluden sich die Waffen.
Elam Blair wurde regelrecht vom Hocker gefegt, auf dem er gesessen hatte. Joey bekam eine Kugel in die Brust, krümmte sich nach vorn und stürzte auf den Fußboden.
Die beiden Kerle, die sich angeschlichen hatten, drangen in den Raum ein. Aus den Mündungen ihrer Sechsschüsser kräuselten dünne Rauchfahnen.
Der Geruch von verbranntem Pulver hatte sich ausgebreitet, ätzender Pulverdampf legte sich auf die Schleimhäute und brannte in den Augen.
Savannah, die nach der Schrotflinte greifen wollte, die am Schrank lehnte, wurde brutal zurückgerissen. Sie stürzte mit einem Aufschrei zu Boden.
»Legt sie auf den Tisch und haltet sie fest!«, gebot der Dunkelgesichtige.
Sie wurde gepackt, rücklings auf den Tisch gedrückt und festgehalten.
Der Dunkelgesichtige trat vor sie hin, schlug ihren Rock zurück und riss ihr die Unterhose vom Leib. »Wir werden es dir jetzt besorgen, kleine Lady.«
Er grinste wie ein Teufel, nahm seinen Revolvergurt ab und öffnete seine Hose.
Savannah wusste, dass sie es über sich ergehen lassen musste. Nur so hatte sie eine Chance, zu überleben.
Eine unsichtbare Hand schien sie zu würgen, als der Bandit in sie eindrang ...
✰
Die Bande legte eine Blutspur durch Wyoming. Fast ein Jahr war seit dem blutigen Vorfall auf der Station nahe bei Rawlins vergangen.
Savannah folgte dieser Spur von Tod und Unheil. Sie war gekleidet wie ein Mann und trug einen Revolvergurt. Im Holster steckte ein 44er Colt, im Scabbard am Sattel ihres Pferdes die Henry Gun ihres brutal ermordeten Vaters.
Sie wusste, dass sie auf der richtigen Fährte ritt. Von den vier Banditen gab es in der Zwischenzeit Steckbriefe. Die Rede war unter anderem von einem blondhaarigen Bandenmitglied mit einer Hasenscharte sowie einem rotblonden Burschen, dem das halbe rechte Ohr fehlte.
Die beiden waren auf der Station dabei gewesen. Savannah würde die Gesichter niemals vergessen. Sie hatten sich in ihr Gedächtnis wie mit glühenden Zangen eingebrannt. Ja, die Erinnerung an das, was sie erlebt hatte, war schrecklich.
Trotz allem aber hatte sie das Furchtbare seelisch und mental überwunden. Oftmals wunderte sie sich selbst, dass sie die Kraft dazu gefunden hatte.
Die Bande hatte in Lander die Bank ausgeraubt und einen Kassierer erschossen. Auf der Poststraße von Casper nach Sheridan hatte sie eine Postkutsche überfallen und den Begleitmann ermordet. In Worland hatte sie das Büro der Wells Fargo überfallen und mehrere tausend Dollar erbeutet, in Cody hatten sie auf einer Pferdewechselstation zwei Tote zurückgelassen. Die Beute waren Geld und frische Pferde gewesen.
Seit etwa drei Monaten war es jedoch still geworden um die Bande. Savannah hatte die Spur, so schien es, verloren.
Ein Deputy-Sheriff in Powell hatte ihr gegenüber die Ansicht geäußert, dass den Banditen in Wyoming der Boden unter den Füßen zu heiß geworden sei, sodass sie sich nach Montana abgesetzt hatten. Also hatte sich Savannah auf ihr Pferd geschwungen, war nach Norden geritten und war schließlich in Red Lodge, Montana, gelandet.
Sie hatte ihr Pferd im Mietstall untergestellt und dem Stallmann die Steckbriefe gezeigt, doch der hatte nur den Kopf geschüttelt und erklärt, keinen der Banditen gesehen zu haben.
»Falls die Kerle nach Red Lodge gekommen sind«, hatte er hinzugefügt, »haben sie ihre Gäule nicht bei mir untergestellt.«
»Gibt es in der Stadt einen Sheriff oder Marshal?«, hatte sich Savannah erkundigt, die der Stallmann für einen jungen Burschen hielt.
»Wir haben einen Deputy«, hatte er geantwortet. »Hey, Junge, bist du etwa hinter diesen vier Schuften her?«, war es plötzlich aus ihm herausgeplatzt. »Du bist meiner Meinung nach nicht mal trocken hinter den Ohren. Dir wächst ja noch nicht mal 'n Bart. Willst du es mit Kerlen von diesem Kaliber aufnehmen?«
»Ja, das hab ich vor«, versetzte Savannah trocken. »Und ich werde den Hurensöhnen genauso wenig Chancen einräumen, wie sie meinem Dad und meinem Bruder eingeräumt haben. Ich mache sie auch für den Tod meiner Mutter verantwortlich.« Dann hatte sie gefragt: »Kann ich hier im Stall übernachten? Ich muss mit dem Geld, das ich besitze, sparsam umgehen und kann es mir nicht leisten, mich im Hotel einzumieten.«
Der Stallmann hatte scheinbar Mitleid und gestattete es.
Jetzt saß Savannah im Saloon des kleinen, unbedeutenden Ortes. Es war Abend, die Nacht hatte den Tag verdrängt, und im Saloon brannten die Laternen. Fast alle Tische waren besetzt. Auch einige Cowboys bevölkerten den Gastraum.
An einem der Tische saß Lassiter, der auf seinem Weg nach Laramie in dem Nest Station gemacht hatte.
✰
Savannah hatte einen Teller Stew gegessen und saß nun gedankenverloren vor einem Krug mit Wasser.
Ein heruntergekommener Mann – er war alt, zumindest sah er alt aus, denn sein Gesicht war von tiefen Runzeln und Falten zerfurcht – kam in den Saloon. Seine Kleidung war zerschlissen, ein weißer Bart, strähnig und wild wuchernd, bedeckte sein Kinn und seine Wangen. Unter seiner speckigen, abgegriffenen Melone hervor fielen dünne, weiße Haare in seinen Nacken. Seine Augen waren gerötet, seine Nase großporig und bläulich verfärbt. Es war das Gesicht eines Trinkers, eines Mannes, der nicht viel Glück ihm Leben gehabt hatte.
Die Cowboys sahen ihn in den Schankraum kommen, johlten und grölten, und einer rief: »Hey, Dusty, altes Haus! Du scheinst ja noch nüchtern zu sein. Hat dir noch niemand einen Brandy ausgegeben?«
Die Blicke fast aller richteten sich auf den stadtbekannten Säufer.
»Ich komme geradewegs aus dem Jail«, erwiderte der Alte mit näselnder Stimme. »Vierundzwanzig Stunden hat mich Milt Wagener festgehalten. O verdammt, hab ich Durst. Das ekelhafte Wasser, das mir Wagener vorgesetzt hat, hab ich nicht angerührt. Wie sieht es aus, Cowpuncher, gibst du mir einen aus?«
Der Keeper, vielleicht war es auch der Salooner, kam hinter der Theke hervor, trat hinter Dusty und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Verschwinde, Dusty. Niemand hier gibt dir einen Brandy aus. Komm wieder, wenn du Geld genug hast, um dir einen Brandy zu kaufen. Ich will dich hier nicht haben, solange du bettelst.«
»Warte, Bill!«, rief der Cowboy, der scheinbar großen Spaß an der Anwesenheit des Säufers empfand. Er griff in die Westentasche, holte eine Münze heraus, hielt sie in die Höhe und rief: »Ein Quarterdollar, Dusty. Du sollst ihn haben. Dafür bekommst du einige Gläser. Komm her und hol ihn dir.«
Dusty reagierte, als hätte man ihn mit einem Brandeisen berührt, schüttelte die Hand des Salooners ab und setzte sich in Bewegung.
Als er den Cowboy erreicht hatte und nach der Münze greifen wollte, warf der Weidereiter sie in den Spucknapf aus Messing, der vor der Theke auf dem Boden stand.
»Hol dir den Quarterdollar raus, Dusty!«, rief er lachend. »Du musst ihn dir schon verdienen!«
Die anderen Cowboys stimmten in sein Gelächter ein.
Dustys starrer Blick war auf den Spucknapf gerichtet. Er ging davor auf das linke Knie nieder, und seine linke Hand näherte sich zittrig der Öffnung des ekligen Behältnisses.
Savannah konnte nicht länger zusehen. Sie hatte das Schauspiel eine Weile beobachtet, und bei ihr stellte sich Zorn auf den übermütigen Cowboy ein – er kam in giftigen, rasenden Schüben und übermannte sie. Mit einem Ruck erhob sie sich.
»Stopp!«, rief sie mit klirrender Stimme. »Lass den Quarterdollar, wo er ist, alter Mann!«
Dusty hielt mitten in der Bewegung inne, drehte den Kopf und legte ihn etwas in den Nacken. Er sah Savannah um den Tisch herumkommen.
Lassiter, selbst kurz davor, dem üblen Spiel des Cowboys ein Ende zu bereiten, war überrascht, zwang sich aber dazu, ruhig zu bleiben und der Dinge zu harren, die sich anbahnten. Auch er hielt Savannah für einen jungen Burschen, und er bewunderte seinen Mut. Es gehörte nämlich eine gehörige Portion Zivilcourage dazu, sich mit einem halben Dutzend raubeiniger, hartgesottener Weidereiter anzulegen.
Der Cowboy, der die demütigende Nummer abziehen wollte, hatte die Augen zusammengekniffen und starrte Savannah an, die er für einen grünen Jungen hielt, als zweifelte er an dessen Verstand.
»He, he!«, stieß er hervor. »Halt du dich da raus, Milchbart! Du bist wohl größenwahnsinnig.«
»Du solltest dich schämen, Mister!«, rief Savannah. »Einen alten, hilflosen Mann behandelt man nicht in dieser Art und Weise. Darum wirst du den Quarterdollar aus dem Spucknapf holen, ihn säubern und ihn dann dem alten Mann geben.«
Savannah war jetzt bis auf drei Schritte heran und blieb stehen. Sie ließ den vorlauten Cowboy und seine Gefährten nicht einen Moment aus den Augen.
»Du bist verrückt, Kleiner!«, tönte der Cowboy. »Du hast ja noch nicht mal einen Stimmbruch. Vielleicht denkst du, dass ich dir Welpenschutz einräume. Aber ich denke nicht daran. Verschwinde, du Zwerg, oder ich mach dir Beine. Ich zähle jetzt bis drei. – Eins!«
Blitzschnell zog Savannah den Colt, richtete ihn auf den vorlauten Sprecher und spannte den Hahn. Klickend drehte sich die Trommel um eine Kammer weiter.
»Zähl weiter, Cowpuncher!«, stieß Savannah hervor. »Und wenn du bei drei nicht die Münze aus dem Spucknapf geholt hast, schieße ich dir ein Loch ins Knie. Vorwärts, zähl weiter!«
Natürlich hatte der Vorfall bei der Theke längst die Aufmerksamkeit aller im Saloon erregt. Die Gäste hielten regelrecht den Atem an. Ein vermeintlich Halbwüchsiger legte sich mit einer Schar raubeiniger Cowboys an. Das war eine Sensation.
Der großspurige Weidereiter zeigte Anzeichen von Unruhe. »Nimm die Mündung von meiner Figur, Junge«, knurrte er. »Das Eisen könnte losgehen ...«
»Es geht los, wenn du nicht weiterzählst, Großmaul!«, klirrte Savannahs Stimme.
In die Gruppe der Cowboys geriet Bewegung. Sie rückten auseinander. Ihre Gesichter waren wie aus Granit gemeißelt. Wenn jemand mit einem Revolver auf einen von ihnen zielte, verstanden sie keinen Spaß.
»Gut, dann zähle ich für dich«, stieß Savannah hervor, als der Weidereiter verbissen schwieg. »Zwei!« Ihr Gesicht drückte unumstößliche Entschlossenheit aus.
Die Atmosphäre im Schankraum war gefährlich, geradezu unerträglich geworden. Die Hände der Cowboys tasteten sich zu den Revolvern. Nur der Bursche, der in die Mündung von Savannahs Revolver schaute, stand still und wagte kaum noch zu atmen.
»Wenn einer von euch zur Waffe greift, erschieße ich euren Freund!«, erklärte Savannah. Dann: »Drei!«
Das Wort fiel wie ein Hammerschlag.
Savannah drückte ab.
Aber sie hatte die Faust mit der Waffe gesenkt, und die Kugel fuhr vor den Stiefelspitzen des Cowboys in die Fußbodendiele. Die Detonation drohte, den Raum zu sprengen. Vor Savannahs Gesicht zerflatterte eine Pulverdampfwolke.
Sie hatte sofort wieder den Hammer des Sechsschüssers in die Feuerrast gezogen.
Die Cowboys standen wie zu Salzsäulen erstarrt.
»Die nächste Kugel hast du im Knie, Cowpuncher!«, drohte Savannah und hob die Hand mit dem Sechsschüsser etwas an.
Dusty hatte sich erhoben. »Lass es gut sein, Junge«, näselte er. »Ich werde den Spucknapf jetzt umdrehen, und dann wird die Münze herausfallen. Wenn ...«
»Nein!«, fiel ihm Savannah ins Wort. »Die Münze holt dieser Witzbold aus dem Spucknapf.«