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Der sechzehnjährige James Atkins vernahm die rumorenden Hufschläge, die sich dem Ranchhaus näherten, und rief: "Dad, da kommen drei Reiter! Ich kann sie noch nicht richtig erkennen, aber ich glaube, es sind Bill Hawkins und zwei seiner Raureiter!" "Dieser verdammte Hurensohn!", stieß Steve Atkins, James' Vater, hervor. Er holte die Winchester aus dem Gewehrständer neben der Tür, repetierte und verließ das Haus. Die Sonne blendete ihn. In der Hitze schien die Luft zu vibrieren. Der laue Südwind war heiß und brachte keine Kühlung. Zum Schutz gegen das grelle Sonnenlicht schirmte Steve seine Augen mit der flachen Hand ab. Er ahnte Schlimmes. Deutlich fühlte er den unsichtbaren Strom von Härte und Brutalität, der von dem Trio ausging.
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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
Grabgesang für einen Desperado
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Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
von Pete Hackett
Der sechzehnjährige James Atkins vernahm die rumorenden Hufschläge, die sich dem Ranchhaus näherten, und rief: »Dad, da kommen drei Reiter! Ich kann sie noch nicht richtig erkennen, aber ich glaube, es sind Bill Hawkins und zwei seiner Raureiter!«
»Dieser verdammte Hurensohn!«, stieß Steve Atkins, James' Vater, hervor. Er holte die Winchester aus dem Gewehrständer neben der Tür, repetierte und verließ das Haus. Die Sonne blendete ihn. In der Hitze schien die Luft zu vibrieren. Der laue Südwind war heiß und brachte keine Kühlung. Zum Schutz gegen das grelle Sonnenlicht schirmte Steve seine Augen mit der flachen Hand ab. Er ahnte Schlimmes. Deutlich fühlte er den unsichtbaren Strom von Härte und Brutalität, der von dem Trio ausging.
Sie waren schließlich nahe genug, sodass Steve Einzelheiten erkennen konnte. Sein Sohn hatte sich nicht getäuscht. Es handelte sich um Bill Hawkins, den Boss der H-im-Kreis-Ranch, seinen Vormann Kevin Clifton sowie den Revolvermann der Ranch namens Vincent Forbes. Sie kamen auf dem Weg, der nach La Junta führte.
Einige Schritte vor Steve zerrten sie ihre Pferde in den Stand. Der hielt das Gewehr mit beiden Händen schräg vor seinem Körper.
Bill Hawkins setzte sich im Sattel bequemer zurecht, beugte sich vor und musterte Steve durchdringend, forschend und auf besondere Art prüfend. Es wurde kein Gruß ausgetauscht, und die finsteren Mienen der Männer von der H-im-Kreis-Ranch riefen in Steve düstere Ahnungen hervor.
Etwas Beklemmendes lag in der Luft. Steve glaubte, es beinahe körperlich zu spüren.
»Was verschafft mir die Ehre, Mr. Hawkins?«, fragte er kühl. »Haben sich wieder einmal einige meiner Rinder über den Creek verirrt und sind auf Ihre Weide gelaufen?«
Die Mundwinkel des Ranchers bogen sich geringschätzig nach unten. Bill Hawkins verströmte Überheblichkeit und Erhabenheit.
Er schüttelte fast gemächlich den Kopf und grollte: »Nein, Atkins. Es geht nicht um Rinder. Es geht um Land. Um Ihr Land, Atkins. Sicherlich ist Ihnen bekannt, dass sich seit einigen Tagen John Chadwick von der Kansas Pacific and Colorado Central Railroad in La Junta aufhält. Er und sein Stab sollen die Bahnlinie planen und vermessen. Sie wird über Ihr Land führen.«
Ein mattes Lächeln umspielte Steves Mund, ein Lächeln ohne jede Freude oder Freundlichkeit, und er versetzte: »Da werde ich wohl auch ein Wort mitzureden haben. Und ich glaube nicht, dass ich auch nur einen Quadratzoll meines Landes an die Bahngesellschaft verkaufe. Die Bahn kann ihre Trasse weiter im Westen oder von mir aus auch im Osten an meinem Land vorbeiführen. Übrigens, Chadwick war bereits bei mir. Und ich habe ihm meinen Standpunkt unmissverständlich klargemacht.«
»Ein schlechter Standpunkt, Atkins«, knurrte Bill Hawkins. »Das Land weiter östlich oder im Westen ist ungeeignet für den Gleisbau. Zu viele Hügel und Felsen. Der finanzielle Aufwand stünde wahrscheinlich in keinem Verhältnis zum Erfolg.«
Steves Lider verengten sich. »Das interessiert mich nicht. Es ändert nichts an meiner Einstellung.«
Hawkins' Schultern strafften sich. »Ich will, dass die Bahn so schnell und so nahe wie möglich an mein Land herangeführt wird. Die Kansas Pacific and Colorado Central Railroad wäre sogar bereit, hier eine Viehverladestation einzurichten.«
»Auf meinem Land?«, erboste sich Steve. »Kommt nicht infrage.«
»Die Bahn zahlt hohe Preise«, erklärte Bill Hawkins mit Nachdruck. »Sie bekämen für Ihr Land dreimal so viel, als sie dafür bezahlt haben. Sie erzielen einen horrenden Gewinn, wenn Sie verkaufen, und mir wäre geholfen. Meine Herden hätten nur noch kurze Strecken zur Verladung zurückzulegen und ...«
»Ich lasse weder zu, dass Sie Ihre Rinder über meine Weidegründe treiben, Hawkins, noch lasse ich mich auf einen Handel mit der Bahngesellschaft ein. Schlagen Sie es sich aus dem Kopf. Daraus wird nichts.«
»Sie sind ausgesprochen uneinsichtig, Atkins«, gab Hawkins zu verstehen, und es klang fast bedauernd. »Es gibt aber Mittel und Wege, Sie zur Einsicht zu bringen und zum Verkauf zu veranlassen.« Er deutete ein vielsagendes Grinsen an. »Sie täten also gut daran ...«
Plötzlich stutzte er. Es schien, als drängte sich ihm unvermittelt ein Gedanke auf, und er schob sein kantiges Kinn vor.
»Hat Sie vor mir vielleicht schon Charles Powell aufgesucht?« Über der Nasenwurzel des Ranchers hatten sich zwei senkrechte Falten gebildet. Sein stechender Blick hatte sich an Steve regelrecht verkrallt. »Hat er Ihnen gedroht, Sie zurechtzustutzen, falls Sie auf die Idee kommen, an die Bahngesellschaft zu verkaufen? Wenn die Bahnlinie kommt, ist er nämlich ziemlich fertig mit seinem Fuhrunternehmen. Raus mit der Sprache! War er bei Ihnen?«
Diese letzte Frage kam scharf und drohend.
»Nein, Powell war nicht bei mir«, antwortete Steve gedehnt. »Aber selbst wenn – ich lasse mir keinen fremden Willen aufzwingen. Nicht den Ihren, Hawkins, nicht den von Powell – und auch nicht den der Eisenbahnmanager.«
»Ist das Ihr letztes Wort, Atkins?«
»Mein allerletztes.« Steves Miene und seine ganze Haltung drückten Unnachgiebigkeit und Unbeugsamkeit aus.
Obwohl er Bill Hawkins nicht aus den Augen ließ, entging ihm nicht die Reaktion der beiden Begleiter des Ranchers. Ihre Schultern strafften sich, sie musterten ihn geradezu gierig und schienen nur auf einen Befehl ihres Bosses zu warten.
»Ich ahnte es.« Bill Hawkins nickte wie zur Bekräftigung seiner Worte. »Sie sind sein sturer Bock, Atkins. – Kevin, Vincent!«
Mehr als die beiden Namen brauchte er nicht zu sagen. Die Unmissverständlichkeit in Hawkins' Unterton war nicht zu überhören. Darin lag die unausgesprochene Aufforderung, in Aktion zu treten.
Seine Männer wussten Bescheid. Hawkins hatte sein Vorgehen mit ihnen abgesprochen, für den Fall, dass Atkins sich seinen Vorstellungen widersetzte.
Mit niederträchtigem Grinsen glitten sie von den Pferden ...
✰
Steve nahm das Gewehr in den Hüftanschlag und ließ die Mündung zwischen den beiden hin und her pendeln. Sofort hielten sie an, als wären sie gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Ihre Hände tasteten sich zu den Revolvern.
Steve biss die Zähne zusammen. Hart traten die Backenknochen unter der Haut hervor. Er straffte seine Muskeln.
»Macht nur weiter«, stieß er abgehackt, aber drohend hervor. »Sobald eure Hände die Griffe der Schießeisen berühren, drücke ich ab.«
Er gab sich keinen Illusionen hin. Er war chancenlos gegen Bill Hawkins und die beiden Kerle, die der Rancher mitgebracht hatte. Aber die Ranch bedeutete seine Existenz. Er hatte sie vor drei Jahren gegründet und den letzten Cent hineingesteckt. Seine Frau starb ein Jahr später und wurde auf dem Grund und Boden der Ranch begraben. Jetzt, da der Betrieb endlich die ersten Gewinne abwarf, sollte er einfach alles aufgeben? Außerdem wollte er für seinen Sohn eine solide Existenz aufbauen.
Eine wilde Entschlossenheit durchflutete ihn – es war fast so etwas wie der Mut der Verzweiflung. Er stellte sich auf den Kampf ein und war bereit, seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen.
James stand im Ranchhaus neben dem Fenster und beobachtete alles. Der Junge hatte Angst. Hawkins hatte geschworen, den Eisenbahnbau in diesem Landstrich durchzusetzen. James wusste von seinem Vater, dass Hawkins, um seinem Willen Geltung zu verschaffen, über Leichen ging. Er hatte schon eine Reihe von Siedlern vom Creek vertrieben. Hawkins schreckte vor nichts zurück.
»Nehmen Sie Vernunft an, Atkins!«, rief der Rancher. »Denken Sie doch mal nach!«
Steve richtete das Gewehr auf ihn. »Verschwindet von meinem ...«
Kevin Clifton und Vincent Forbes sahen, dass Steve von ihnen abgelenkt war, und griffen nach den Sechsschüssern. Der Sekundenbruchteil, der zwischen Erkennen und Reagieren liegt und den Steve benötigte, genügte.
Die schweren Revolver brüllten auf, die Geschosse fegten Steve von den Beinen, er krachte der Länge nach in den Staub des Hofes und lag reglos.
Vor den Gesichtern seiner Mörder zerflatterten die Pulverdampfwolken. Die Detonationen verhallten.
Ungerührt starrten der Rancher und seine beiden Schnellschießer auf den Toten.
»Er hat es herausgefordert«, knurrte Hawkins. »Das ist die Quittung. Dem Bau der Eisenbahn steht nichts mehr im Weg. Verschwinden wir.«
»Was ist mit seinem Sohn?«, fragte Kevin Clifton, der Vormann der Ranch.
Hawkins winkte ab. »Er kann uns nicht gefährlich werden. Seine Aussage steht gegen meine und eure. Natürlich waren wir nie hier. Steve Atkins haben irgendwelche Satteltramps erschossen.« Er lachte auf. »Chuck Walton habe ich den Stern angesteckt. Er wird die Sache als ungeklärten Fall zu den Akten nehmen. Und damit hat es sich.«
Die beiden Mörder rammten die Colts in die Holster, gingen zu ihren Pferden und zogen sich in den Sattel. Sodann zerrten sie die Tiere herum, trieben sie an und gaben ihnen die Köpfe frei. Staub quoll unter den wirbelnden Hufen in die Höhe.
James lief aus dem Haus und kniete bei seinem reglos daliegenden Vater nieder.
»Dad«, flüsterte er mit brüchiger Stimme, »mein Gott, Dad ...«
Sein Vater hörte ihn nicht mehr.
James richtete sich auf und schaute den Reitern hinterher. Sie verschwanden soeben über eine Bodenwelle. Nur noch der aufgewirbelte Staub markierte ihren Weg.
»Dafür werde ich dich und deine Handlanger töten, Hawkins«, flüsterte der Sechzehnjährige mit Besessenheit im Tonfall. »Ja, ich werde euch in die Hölle schicken. Einen nach dem anderen, dich, Hawkins, deine Schießhunde und jeden, der Hand an dieses Stück Land legt. Ja, Hawkins, jeden. Du hast Dad aufgefordert, nachzudenken. Ich werde es an seiner Stelle tun. Und am Ende meiner Gedanken werden eine Menge Särge stehen. Das ist ein Versprechen, Hawkins.«
Der Junge kniete wieder neben seinem Vater nieder und nahm seine Hand. Tränen rollten über seine Wangen hinunter, tropften von seinem Kinn und wurden vom Stoff seines Hemdes aufgesaugt.
✰
La Junta war Endstation für das Nebengleis der Bahnlinie, die von Trinidad über Pueblo und Colorado Springs nach Denver führte.
Lassiter stieg aus dem Zug und schaute sich um.
Die Ventile der Lok zischten. Wasserdampf hüllte sie ein.
Der Bahnhof war nahe der Stadt errichtet worden. Aus der früheren Pferdewechselstation der Wells-Fargo-Company hatte sich der Ort entwickelt. Es handelte sich um zwei Häuserreihen, entlang der alten Poststraße entstanden, die nun von einem Ortsende bis zum anderen die Mainstreet bildete. Es gab auch noch weitere Gebäudereihen an engen Seitenstraßen, die parallel zur Mainstreet verliefen oder in gerader Linie von ihr wegführten.
Hinter den Häusern befanden sich Corrals, Koppeln und Pferche für die Nutztiere der Stadtbewohner sowie Heuschober, Ställe und Schuppen. Der laue Wind trieb Staubwirbel über die Straße und trug den Geruch von Tierausscheidungen heran.
Lassiter nahm sämtliche Eindrücke auf, die sich ihm boten. Die staubige Mainstreet war stark bevölkert. Er sah Gespanne, Reiter und Passanten zu beiden Seiten auf den Gehsteigen. Kinder spielten am Straßenrand. In den Schatten lagen einige Hunde. Klirren, Scheppern und Geschrei sowie das Ächzen und Knarren der Fuhrwerke, das Quietschen der Räder in den Naben, Wiehern, Hundegebell und Hufgetrappel vermischten sich zu einer verworrenen Geräuschkulisse, die die Stadt bis in den letzten Winkel erfüllte.
Die Bahnstation war ein flacher Bau aus Holz mit drei Fenstern und einer Tür in der Front, neben der in die Wand eine kleine, viereckige Öffnung mit einem Holzladen davor eingelassen war: der Fahrkartenschalter. Der Bahnsteig war aus groben Bohlen gefertigt.
Wie ein glitzerndes Band zog sich der Schienenstrang nach Südwesten in Richtung Trinidad. Auf zwei Abstellgleisen standen einige Güter- und Passagierwaggons, außerdem eine schwere Lokomotive, die jedoch nicht unter Dampf stand. Stapel von Gleisen und Schwellen warteten auf einem großen Abstellplatz darauf, verarbeitet zu werden.
Hinter der Station war das Arbeitercamp errichtet worden, das aber, wie es schien, seit Fertigstellung der Linie nach La Junta verlassen und dem Verfall preisgegeben war. Die Gleis- und Schwellenstapel ließen aber vermuten, dass der Schienenstrang von hier aus weitergeführt werden sollte. Wann das sein würde, stand allerdings in den Sternen.
Lassiters Gepäck bestand lediglich aus einem Satteltaschenpaar, das er sich über die Schulter gehängt hatte. In der linken Hand trug er die Winchester.
Außer ihm waren drei Männer, zwei Frauen und drei Kinder ausgestiegen. Die Frauen mit ihren Kindern waren erwartet worden. Ein Mann, eine Frau und zwei der Kinder fuhren mit einem Buggy, den ein Pferd zog, weg. Die andere Frau ging mit ihrem Kind an der Hand, eingehakt bei ihrem Mann, der auch ihre Reisetasche trug, stadteinwärts.
La Junta war eine typische Stadt am Ende des Schienenstrangs: laut, hektisch und wahrscheinlich auch sündig.
Lassiter setzte sich in Bewegung. Unter seinen Stiefelsohlen knirschte der Staub. Gelblicher Staub puderte auch seine Stiefel.
Es gab zwei Saloons, ein Hotel, eine City Hall, einen Mietstall, eine Kirche, und das Sheriff's Office.
Der große Mann mit dem sandfarbenen Haar mietete sich im Hotel ein, brachte seine Satteltaschen und das Gewehr aufs Zimmer und machte sich auf den Weg zum Büro des Sheriffs.
Der Name des Gesetzeshüters war Chuck Walton. Es handelte sich um einen hageren Mann von zweiundfünfzig Jahren, grauhaarig, faltig, desillusioniert und müde. Diesen Eindruck vermittelte er jedenfalls. Er saß hinter seinem Schreibtisch, hatte die Beine weit von sich gestreckt und die Hände über dem Leib verschränkt. So döste er vor sich hin.
Als Lassiter das Office betrat, zuckten seine Lider in die Höhe, und er zog ruckartig die Beine an.
Im Office roch es penetrant nach Bohnerwachs. Auf der verstaubten Scheibe des Fensters krochen Stubenfliegen herum. Eine Vielzahl toter Fliegen lag auf dem Fensterbrett. Das Ticken des Regulators an der Wand war sekundenlang das einzige Geräusch in dem Raum, bis Lassiter die Stille mit seiner Stimme sprengte.
»Guten Tag«, grüßte er. »Mein Name ist Lassiter. Und Sie sind sicherlich Sheriff Walton.«
Das Gesicht des Gesetzeshüters hatte sich verschlossen. »Sehr richtig.« Er setzte sich gerade, legte die Hände auf den Schreibtisch und räusperte sich. »Man hat mir telegrafisch einen Mann namens Lassiter angekündigt. Bitte, nehmen Sie Platz.«
Walton wies auf den Stuhl, der vor dem Schreibtisch mit der zerkratzten Platte stand.
»Danke.« Lassiter ließ sich nieder.
»Ich denke, Sie wissen Bescheid, Lassiter«, ergriff der Sheriff das Wort. »Man hat einen Zug zum Entgleisen gebracht und einen Mann, nämlich Kevin Clifton, den Vormann der H-im-Kreis-Ranch, erschossen. Außerdem haben ich und einige Gentlemen seltsame und höllisch unheilvolle Botschaften erhalten.«
Der Sheriff zog den Schub seines Schreibtisches auf und griff hinein. Seine Hand kam mit einem zusammengefalteten Blatt Papier wieder zum Vorschein.
Er reichte es Lassiter und sagte: »Diesen Zettel hat mir ein übler Zeitgenosse vor über einer Woche an die Tür meines Offices geheftet. Sie können sich denken, dass ich mich seitdem gar nicht mehr wohlfühle in meiner Haut.«
Lassiter faltete das Blatt Papier auseinander und warf einen Blick darauf.
Jemand hatte mit Tintenstift einen grinsenden Totenschädel darauf gemalt. Darunter stand der Name des Sheriffs. Einen Text gab es darüber hinaus nicht.
»Ein solcher Zettel war auch an Cliftons Weste geheftet«, sagte der Sheriff. »Clifton ist mit einem Schuss mitten ins Herz getötet worden. Sein Mörder hat ihn auf sein Pferd gebunden, und der Gaul hat den Leichnam zur Ranch getragen. Kurz darauf hat eine Explosion fünf Meilen vor der Stadt ein ganzes Stück des Schienenstrangs zerstört, sodass ein Zug entgleist ist. An einen Baum neben der Unglücksstelle war ebenfalls ein Blatt Papier mit einem aufgemalten Totenkopf geheftet. Allerdings war kein Name darauf vermerkt.«
»Hat man denn keine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?«, fragte Lassiter.
Der Gesetzeshüter wiegte den Kopf. »Ein Verdacht besteht«, erwiderte er. »Aber es ist eben nur ein Verdacht, also eine reine Mutmaßung.«
»Ich höre, Sheriff«, knurrte Lassiter, holte einen Zigarillo aus der Brusttasche seines Hemdes, schob ihn sich zwischen die Lippen, riss an der Unterseite der Schreibtischplatte ein Streichholz an und hielt die Flamme ans Ende des dunklen Tabakröllchens.
Er blies den Rauch in den Raum, löschte das Streichholz, indem er die Hand schlenkerte, und warf es in den Aschenbecher auf dem Schreibtisch.
»Es gab vor sieben Jahren einen Zwischenfall«, berichtete der Gesetzeshüter. »Das war, als die Bahngesellschaft den Plan fasste, La Junta an ihr Schienennetz anzuschließen. Da der Schienenstrang über Weideland verlegt werden sollte, gab es ein Problem mit einem der Rancher. Sein Name war Steve Atkins. Während Bill Hawkins – er besaß und besitzt die größte Ranch in diesem County – großen Wert darauf legte, dass La Junta eine Bahnverbindung bekam, musste er seine Rinder doch nicht mehr nach Trinidad oder Pueblo zur Verladung treiben, war Atkins nicht bereit, Land an die Gesellschaft abzutreten. Außerdem gab es ein Frachtwagenunternehmen, dessen Betreiber natürlich auch nicht scharf auf den Anschluss La Juntas an die Bahnlinie war.«
»Atkins wurde enteignet, wie?«, fragte Lassiter.
»Soweit kam es gar nicht. Er wurde erschossen, und sein damals sechzehnjähriger Sohn verschwand spurlos.«
