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Dieser Band enthält folgende Western: Pete Hackett: Logan - Für Recht und Gesetz Max Brand: Silvertip und der gestohlene Hengst Er stand dreiundsechzig, aber seine Hufe drückten den Boden wie die Pfoten einer Katze. Wo immer das Mondlicht ihn berührte, ob an der Schulter oder an der Flanke, berührte es ihn auf Seide. Mit erhobenem Kopf blickte er in den Wind, und es schien eine Leichtigkeit in ihm zu sein, als ob er in die Luft springen und auf ihr schreiten könnte; aber die ledernen Querstangen eines Halfters waren über seinem Kopf angebracht, und ein Führungsseil führte in die Hand von Lake, dem Halbblut. Der Hengst, der so sehr wie der König der Erde aussah, als wäre ein Falke jemals der König des Himmels gewesen, war fest an eine brutale Menschlichkeit gebunden. Lake wandte sein wildes Gesicht. Derselbe Mond, der auf der Schönheit des Pferdes verweilte, zeichnete die Hässlichkeit des Mannes mit ein paar hohen Lichtern und schädelartigen Schatten nach. "Wie heißt er?", fragte Lake. Harry Richmond grinste, denn er verstand die Aufregung, die die Stimme von Lake hart und schnell machte.
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Seitenzahl: 361
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Western Doppelband 1045
Copyright
Logan - Für Recht und Gesetz: Pete Hackett Western Edition 176
Silvertip und der gestohlene Hengst
Titelseite
Cover
Inhaltsverzeichnis
Buchanfang
Dieser Band enthält folgende Western:
Pete Hackett: Logan - Für Recht und Gesetz
Max Brand: Silvertip und der gestohlene Hengst
Er stand dreiundsechzig, aber seine Hufe drückten den Boden wie die Pfoten einer Katze. Wo immer das Mondlicht ihn berührte, ob an der Schulter oder an der Flanke, berührte es ihn auf Seide. Mit erhobenem Kopf blickte er in den Wind, und es schien eine Leichtigkeit in ihm zu sein, als ob er in die Luft springen und auf ihr schreiten könnte; aber die ledernen Querstangen eines Halfters waren über seinem Kopf angebracht, und ein Führungsseil führte in die Hand von Lake, dem Halbblut. Der Hengst, der so sehr wie der König der Erde aussah, als wäre ein Falke jemals der König des Himmels gewesen, war fest an eine brutale Menschlichkeit gebunden.
Lake wandte sein wildes Gesicht. Derselbe Mond, der auf der Schönheit des Pferdes verweilte, zeichnete die Hässlichkeit des Mannes mit ein paar hohen Lichtern und schädelartigen Schatten nach.
"Wie heißt er?", fragte Lake.
Harry Richmond grinste, denn er verstand die Aufregung, die die Stimme von Lake hart und schnell machte.
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Alfred Bekker
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U.S. Marshal Bill Logan
Band 54
Western von Pete Hackett
U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht.
Über den Autor
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
Die fünf Reiter zügelten ihre Pferde vor der Bank in Dalhart. Zwei der Männer saßen ab. Einer nahm das Satteltaschenpaar, das über dem Widerrist seines Pferdes hing.
Es war früher Morgen. Die Menschen der Stadt saßen noch beim Frühstück. Über dem Mustang Creek hingen weiße Nebelbänke. Die Main Street mutete an wie ausgestorben. Lediglich Jim Dexter, der Storebesitzer, befand sich auf dem Gehsteig und schob das Gitter zur Seite, mit dem seine Ladentür in der Nacht gesichert war.
Der Ort vermittelte Ruhe und Frieden.
Aber das Unheil hatte bereits Einzug in die Stadt gehalten.
Die beiden Kerle gingen in die Bank. Der Clerk war gerade dabei, sein Schreibzeug aus der Schreibtischschublade zu holen. Er schaute auf – und blickte in die Mündung eines Revolvers ...
Ein kaltes, metallisches Knacken ertönte, als der Bandit den Hahn spannte. Der stoppelbärtige Bursche sagte: "Das ist ein Überfall." Er warf das Satteltaschenpaar auf den Schalter. "Steck alles Geld, was du hast, hier hinein. Mach schon, mein Freund. Wir wollen nämlich keine Wurzeln schlagen."
Es war ein Bursche Mitte der 30, blondhaarig, blauäugig und etwas über sechs Fuß groß. Auf seinem Kopf saß ein schwarzer Stetson mit flacher Krone und breiter Krempe. Das Hutband war aus Schlangenleder. Bekleidet war er mit einem dunklen Anzug, der aber ziemlich verstaubt und mitgenommen aussah.
Der andere Bankräuber war etwas kleiner und dunkelhaarig. Er war hager und sah sehr geschmeidig aus. Auch er hielt den Revolver in der Faust.
Der Clerk riss die Arme in die Höhe. Entsetzt entfuhr es ihm: "Nicht schießen ..." Seine Lippen zuckten. Er erhob sich, kam zum Tresen, und griff nach den Satteltaschen. Nachdem er zweimal ansetzte, entrang es sich ihm: "Sie – Sie sollen alles kriegen, was ich im Safe habe. Einen Augenblick ..."
Auf butterweichen Knien ging der Angestellte zum Tresor, der an der Wand stand. Er betätigte das Zahlenrad, stellte die Kombination ein, und schließlich legte er den Hebel um. Die Stahltür schwang mit einem saugenden Geräusch auf. In den Fächern lagen ganze Bündel von Banknoten.
"Nur das Papiergeld!", forderte der blonde Bandit. "Mach schon!"
Der Clerk beeilte sich. Dann hatte er sämtliches Papiergeld in die Satteltaschen gestopft. Er schnallte sie zu und trug sie zum Schalter. Seine Hände zitterten. In seinem Gesicht zuckten die Nerven. Der dunkelhaarige Bandit beugte sich etwas über den Tresen und riss dem Angestellten die Satteltaschen aus den Händen. Er warf sie sich über die Schulter, schwang herum und rannte zum Ausgang.
In diesem Moment kam draußen ein Mann schräg über die Main Street. Er war grauhaarig. Einer der Kerle, die vor der Bank zurückgeblieben waren, zog seinen Colt. Dem Grauhaarigen blieb es nicht verborgen. Er reagierte sofort und warf sich herum, um wegzulaufen. Seine Lippen sprangen auseinander: "Überfall! Die Bank wird überfallen! Hilfe! Hiiilfe!"
Ein Schuss krachte. Der Grauhaarige brach zusammen. Die Detonation stieß durch die Stadt wie eine Botschaft des Verderbens.
Der dunkelhaarige Bandit rannte aus der Bank.
Der Clerk griff unter den Schalter. Als seine Hände wieder zum Vorschein kamen, hielten sie eine Schrotflinte. Der blonde Bandit schoss auf den Clerk und folgte dann seinem Kumpan nach draußen. Der Dunkelhaarige saß schon im Sattel. Jetzt hielten sämtliche Banditen die Revolver in den Fäusten. Sie trieben ihre Pferde hin und her und feuerten auf alles, was sich bewegte. Der blondhaarige Outlaw griff nach dem Sattelhorn und kam mit einem kraftvollen Sprung auf den Rücken seines Pferdes.
Dann hämmerten die Kerle ihren Pferden die Sporen in die Weichen. Die Tiere streckten sich. Hämmernder Hufschlag erfüllte die Main Street. Staub quoll unter den Hufen empor. Die Banditen jagten aus der Stadt. Als die ersten bewaffneten Männer auf die Straße rannten, waren sie schon außer Schussweite. Nur noch aufgewirbelter Staub markierte ihren Weg.
Die Banditen folgten dem Mustang Creek nach Süden.
In der Stadt wurde ein Aufgebot gebildet. Es waren fast ein Dutzend Reiter, die den Banditen folgten. Was diese Männer in den Herzen trugen, war tödlicher als die Waffen in den Holstern und Scabbards. Es war der Schrei nach blutiger Vergeltung. Denn zwei Männer der Stadt waren bei dem Überfall ums Leben gekommen.
Schon bald merkten die Banditen, dass sie verfolgt wurden. Sie rissen ihre Pferde zurück. Der Anführer des Rudels rief in das Stampfen der Hufe und Klirren der Gebissketten hinein: "Verteilt euch auf die Hügel. Wir fegen sie mit Pulver und Blei von unserer Fährte."
Die Banditen ritten auseinander.
Das Aufgebot ritt in den Hinterhalt. Schüsse krachten. Pferde und Männer brachen zusammen und blieben liegen. Die Banditen kannten keine Gnade und kein Erbarmen. Es ging ihnen nur darum, die eigene Haut zu retten. Als die Waffen schwiegen, lagen zwei tote Männer sowie vier tote Pferde am Boden. Fünf Männer waren verwundet. Die Posse kehrte nach Dalhart zurück.
Die Banditen verschwanden ...
*
Joe und ich kamen nach Dalhart. Wir sprachen mit dem Town Mayor. Einen Gesetzeshüter gab es in der Stadt nicht. Der Bürgermeister sagte: "Es handelte sich um Butch Garrett und seine Banditen. Die Kerle werden seit längerer Zeit schon gesucht. Postkutschenüberfälle und Bankraub gehen auf ihr Konto. Jetzt kommt Mord dazu. Butch Garrett ist 1000 Dollar wert."
Wir befanden uns in der City Hall im Büro des Town Mayors. Er zog jetzt seinen Schreibtischschub auf und holte einige Blätter Papier hervor. "Das sind die Steckbriefe der Banditen. Jagen Sie diese Hundesöhne und bringen Sie sie an den Galgen. Sie haben den Tod verdient."
"Wie hoch war die Beute?", fragte ich und griff nach den Steckbriefen.
"6.500 Dollar."
Ich schaute mir die Fahndungsblätter an. Es waren fünf. Die Namen der Banditen waren Butch Garrett, Mike Cassidy, John O'Neal, Ringo McKelly und Rick Jackson. Keiner war unter 500 Dollar wert. Es war ein höllisches Quintett.
Ich reichte Joe die Steckbriefe. Er blätterte sie durch, dann sagte er: "Seit dem Überfall ist eine Woche vergangen. Sie werden über alle Berge sein."
"Die Bande hat sich nach Süden abgesetzt", erklärte der Town Mayor. Und im Brustton der Überzeugung fügte er hinzu: "Sie wird aber sicher wieder in Erscheinung treten. Die Fangprämie für jeden einzelnen der Kerle dürfte, nachdem Blut geflossen ist und Männer getötet wurden, immens erhöht werden."
"Das wird wohl so sein", versetzte ich. "Können wir die Steckbriefe behalten?"
"Natürlich."
Wir verließen Dalhart und folgten dem Mustang Creek nach Süden. Nachdem wir etwa 30 Meilen geritten waren, erreichten wir Channing. Hier waren die Banditen nicht gesehen worden. Wir ritten weiter nach Süden und kamen nach Tascosa.
Wir erfuhren, dass Butch Garrett in der Stadt gesehen worden war. Es war der Salooner, von dem wir diese Auskunft erhielten. Lange Zeit hatte der Mann den Steckbrief betrachtet. Er sagte: "Ein Zweifel ist ausgeschlossen. Es war Butch Garrett. Allerdings war er alleine."
"Vielleicht hat sich die Bande getrennt", gab Joe zu verstehen. "Wann war Garrett hier, und in welche Richtung hat er die Stadt verlassen?"
"Das war vor drei Tagen. Er erkundigte sich bei mir, wie viele Meilen es bis Canadian seien."
"Verließ er die Stadt ostwärts?", fragte ich.
"Ich weiß es nicht."
Wir fragten mehrere Leute auf der Straße. Zweimal wurde uns bestätigt, dass ein Mann, der aussah wie Butch Garrett, die Stadt ostwärts verlassen hatte.
"120 Meilen bis Canadian", knurrte Joe nicht gerade begeistert.
"Drei Tage", erwiderte ich. "Wir können in Puente und Borger übernachten.
"Wenigstens ein Lichtblick."
Wir verließen Tascosa. Am Abend erreichten wir Puente. Wir blieben über Nacht in der Stadt. Im Mietstall erfuhren wir, dass auch Butch Garrett in Puente übernachtet hatte. Am drauffolgenden Abend kamen wir nach Borger. Auch hier war Garrett gesehen worden. Am folgenden Morgen nahmen wir die restlichen Meilen nach Canadian unter die Hufe unserer Pferde.
Am Abend waren wir in der Stadt. Wir ritten in den Mietstall, saßen im Wagen- und Abstellhof ab, und führten die Tiere in den Stall. Der Geruch von Heu und Pferdeausdünstung schlug uns entgegen. Der Stallmann hatte uns gehört und kam uns auf dem festgestampften Mittelgang entgegen.
Wir übergaben ihm unsere Pferde. Er führte sie in zwei leere Boxen und begann, Joes Tier den Sattel abzunehmen. Ich zeigte ihm Butch Garretts Steckbrief. Der Stallmann hielt in seiner Arbeit inne, fixierte das Konterfei des Banditen einige Zeit und nickte schließlich. "Dieser Bursche ist seit drei Tagen in der Stadt. Sie finden ihn entweder im Hotel oder im Saloon. Aber seltsam ist das schon ..."
Der Stallmann brach ab und zuckte mit den Achseln.
"Was ist seltsam?"
"Der Mann erkundigte sich, ob fünf Reiter nach Canadian gekommen sind. Einen der Kerle beschrieb er. Mitte der 30, blondhaarig, blauäugig und etwas über sechs Fuß groß. Die Beschreibung passt auf diesen Burschen." Der Stallmann tippte mit dem Zeigefinger seiner Linken auf das Bild Butch Garrets. "Dabei fällt mir jetzt auf, dass die Beschreibung, die der Bursche abgab, auch auf ihn selbst passte." Der Stallmann fasste sich an den Kopf. "O verdammt, das war der Kerl auf dem Steckbrief. Was wollte er damit bezwecken?"
Darauf konnten wir ihm auch keine Antwort geben.
Wir nahmen unsere Gewehre und Satteltaschen und verließen den Stall. Wenig später betraten wir das Hotel. Wir erkundigten uns nach Butch Garrett. Der Mann hinter der Rezeption schlug das Gästebuch auf und drehte es mir zu, so dass ich die Namen, die hier aufgelistet waren, lesen konnte. Der letzte Eintrag lautete James Freeman. Ich zeigte dem Burschen den Steckbrief. Er warf einen Blick darauf und sagte: "Das ist er. Er kam mir gleich recht seltsam vor. Er sucht angeblich fünf Männer. Die Beschreibung eines der Kerle, die er sucht, könnte auf ihn passen." Der Bursche hob die Schultern, ließ sie wieder sinken und schloss: "Er ist nicht hier. Wahrscheinlich sitzt er im Saloon."
Einem jähen Impuls folgend fragte ich: "Waren die fünf Kerle, die er angeblich sucht, in der Stadt?"
"Nein."
Wir mieteten zwei Zimmer, brachten unsere Satteltaschen hinauf, dann gingen wir in den Saloon.
Der Mann, auf dessen Spur wir ritten, saß an einem Tisch beim Fenster. Vor ihm stand ein halb geleerter Bierkrug. Außer ihm befanden sich noch sieben Leute im Saloon. Sie saßen verstreut an Tischen, zwei lehnten am Tresen.
Auf Anhieb war mir klar, dass wir Butch Garrett vor uns hatten. Seine Schultern schienen sich zu straffen, als er uns sah. Die Sterne an unseren Westen waren nicht zu übersehen. Joe und ich nahmen die Gewehre in Anschlag und richteten sie auf Garrett. Ich rief: "Keine falsche Bewegung, Garrett. Sie sind verhaftet. Was man Ihnen vorwirft, brauche ich Ihnen ja nicht zu sagen. Stehen Sie auf und heben Sie die Hände."
Garrett zögerte einen Augenblick. Dann nahm er die Hände hoch und erhob sich. Ich ging zu ihm hin, trat hinter ihn und zog ihm den Revolver aus dem Holster. Die Waffe schob ich hinter meinen Hosenbund. "Sehr vernünftig", knurrte ich. "Legen Sie die Hände auf den Rücken, damit ich Sie fesseln kann."
Ich lehnte das Gewehr gegen den Tisch und nahm das Handschellenpaar von meinem Gürtel.
"Ich bin nicht Butch Garrett", sagte der Bursche plötzlich. "Sie verhaften den falschen Mann." Er sprach es, senkte die Hände und legte sie auf den Rücken. Die Handschellen schnappten um seine Handgelenke zu. Ich drückte ihn wieder auf den Stuhl nieder, auf dem er gesessen hatte.
Im Schankraum war es ruhig wie in einer Gruft um Mitternacht. Man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können. Die ungeteilte Aufmerksamkeit gehörte uns und dem Banditen.
"Wenn Sie nicht Butch Garrett sind", stieß ich hervor, "wer sind Sie dann?"
Joe war an den Tisch herangetreten. Er hatte die Winchester gesenkt. Von Garrett ging keine Gefahr mehr aus.
"Mein Name ist James Garrett", sagte der Bursche. "Ich bin Butchs Zwillingsbruder. Ich reite auf der Spur meines Bruders. Es ist nicht das erste Mal, dass ich mit ihm verwechselt werde. Wir sehen uns frappierend ähnlich. Ich musste mir sogar schon einige Kopfgeldjäger vom Leib halten. Irgendwann hatte ich es satt, ständig gejagt zu werden, obwohl ich nie ein Verbrechen begangen habe. Ich suche meinen Bruder, um ihn dem Gesetz zu überantworten."
Ich war wie vor den Kopf geschlagen und wusste nicht, was ich davon halten sollte.
"Eine schöne Story", hörte ich Joe sagen. "Allerdings glauben wir sie Ihnen nicht, Garrett. Der Mann auf dem Steckbrief sind Sie, und kein anderer. Es sei denn, Sie können es beweisen, nicht Butch Garrett zu sein."
"Wie soll ich das beweisen?", knirschte Garrett.
Ich nagte an meiner Unterlippe. Dann sagte ich: "Falls Ihre Geschichte stimmt, Garrett: Führt die Spur der Bande hierher, nach Canadian also?"
"Sie führte von Tascosa aus nach Osten."
"In Tascosa sind nur Sie gesehen worden", sagte ich. "Alleine!"
"Ich traf in der Nähe der Stadt einen fahrenden Händler", sagte Garrett. "Er kam von Sanford herüber und ist Butch und seinen Männern begegnet. Sie folgten dem Canadian."
"Wir werden herausfinden, ob Sie die Wahrheit sprechen, Garrett", gab ich zu verstehen. "Weshalb haben Sie sich im Hotel unter dem Namen Freeman einquartiert?"
"Weil der Name Garrett nicht gerade den besten Klang in Texas hat", antwortete der Bursche.
Ich misstraute seiner Geschichte. Die Beschreibung auf dem Steckbrief traf eindeutig auf sein Aussehen zu. Versuchte er, uns mit der Story von seinem Zwillingsbruder Sand in die Augen zu streuen?
"Wir bringen Sie nach Amarillo", sagte ich. "Das Gericht wird herausfinden, wer Sie wirklich sind."
"Sie können sich in San Marcos erkundigen. Dort lebt unsere Mutter. Sehen Sie die Narbe über meiner rechten Augenbraue? Da habe ich mich als Kind mal aufgeschlagen. Butch hat diese Narbe nicht. Meine Mutter wird es Ihnen bestätigen."
"Wo liegt San Marcos?"
"Im Hays County, südlich von Austin."
"Das sind mehrere 100 Meilen", knurrte Joe.
"Das Gericht wird wohl nicht umhin können, meine Mutter anzuhören", erklärte Garrett.
*
Drei Tage später ...
Fünf Reiter ritten durch die staubige Main Street von Wellington. Wellington war eine Stadt im Südwesten des Panhandle. Sie lag an der Poststraße, die von Childress herauf nach Norden und ab Shamrock nach Nordwesten, nach Pampa führte. Dort mündete sie in die Überlandstraße, die Canadian mit Amarillo verband.
Die Reiter erregten Aufmerksamkeit. Es ging auf den Abend zu. Die Sonne stand weit im Westen. Die Schatten wuchsen schnell über die Main Street und stießen gegen die Häuser auf der anderen Seite.
Vor dem Depot der Wells & Fargo Company parierten die Kerle die Pferde. Zwei von ihnen saßen ab. Einer hängte sich ein leeres Satteltaschenpaar über die Schulter. Die anderen Reiter blieben auf den Pferden und sicherten in die Umgebung. Auf den Gehsteigen waren einige Passanten stehen geblieben und beobachteten die Fremden. Ein Stück weiter lärmten einige Kinder.
Die beiden Kerle, die von den Pferden gestiegen waren, betraten das Büro. Der Stationer blickte ihnen entgegen. Plötzlich zog einer der beiden den Revolver. Er war blond, blauäugig und über sechs Fuß groß. Sein Alter mochte um die 35 Jahre sein.
Es war Butch Garrett, der Mann, der der Regierung 1.000 Dollar wert war. Tot oder lebendig ...
"Du hast doch sicher ein paar Dollars für uns in deinem Tresor", stieß der Bandit hervor und nahm die Satteltaschen von seiner Schulter. "Stopfe sie da hinein. Nur das Papiergeld. Mach schon."
Der Stationer erhob sich wie von Schnüren gezogen. Aus seinen Augen brüllte die Angst. Es war ein Mann um die 50 Jahre mit grauen Haaren. "Es – es sind nur 1.500 Dollar", stammelte er und griff nach den Satteltaschen. Sein Atem ging stoßweise. Er verspürte eine kalte, verzehrende Furcht. Sie kam in jedem seiner Züge zum Ausdruck.
Der Stationer öffnete den Safe und stopfte alles Geld, das darin aufbewahrt war, in eine der Satteltaschen. Dann reichte er sie dem Banditen. Der riss sie an sich und warf sie seinem Kumpan zu. Es handelte sich um einen dunklen, geschmeidigen Burschen. Er fing die Taschen geschickt auf. "Verschwinden wir."
Die beiden Banditen rannten hinaus und schwangen sich auf ihre Pferde. Der Stationer war ihnen gefolgt. Er erschien in der Tür und schrie: "Überfall! Diese Schufte haben das ganze Geld ..."
Ein Schuss krachte. Die weiteren Worte des Stationers gingen im Knall unter. Der Mann rutschte am Türstock nach unten und kippte zur Seite. Die Banditen droschen ihren Pferden die Sporen in die Seiten. Die Tiere begannen zu laufen.
Ein beherzter Mann auf der Straße riss seinen Colt heraus und feuerte auf die Banditen. Ein zweiter rannte aus einer Gasse. Er hielt ein Gewehr in den Fäusten. Die Banditen hatten die Revolver gezogen und feuerten. Der Mann mit dem Colt brach zusammen. Einer der Banditen wurde aus dem Sattel gefegt. Dann stürzte auch der Bursche mit dem Gewehr. Staub schlug unter seinem aufprallenden Körper auseinander.
Die Banditen stoben aus der Stadt. Mit Windeseile entfernten sie sich. Schnell wurden die Hufschläge leiser, und schließlich waren sie nicht mehr zu hören.
Männer und Frauen bevölkerten plötzlich die Main Street. Sie liefen zu den am Boden Liegenden. Der Mann mit dem Revolver war tot. Jener, der mit dem Gewehr auf die Banditen geschossen hatte, war schwer verwundet. Er hatte, wie der Stationer, eine Kugel in die Brust bekommen. Wie auch der Stationer war er besinnungslos. Der nahe Tod zeichnete bereits sein Gesicht.
Der Bandit, den eine Kugel aus dem Sattel geholt hatte, stöhnte. Er hatte das Projektil in die Schulter bekommen. Einige Männer zerrten ihn auf die Beine. Sie nahmen keine Rücksicht auf seine Verwundung. Ein Faustschlag traf ihn mitten ins Gesicht. Blut schoss aus seiner Nase.
"Diese dreckigen Schweine", knirschte ein Mann. Er trat vor den Banditen hin. "Wie ist dein Namen?"
"Rick Jackson", presste der Bursche hervor.
"Okay, Jackson", sagte einer. "Ein Mann ist tot, und die beiden anderen werden den Morgen wohl kaum noch erleben. Wir werden dich aufhängen."
Die Angst stieg in dem Banditen hoch, krallte sich in ihm fest und ließ ihn nicht mehr los. Ein eisiger Schauer rann ihm den Rücken hinunter. Er schluckte mühsam.
"Bringt einen Strick!", rief jemand. "Wir machen mit dem Hurensohn kurzen Prozess!"
"Das – das dürft ihr nicht", keuchte Jackson. "Das ist Mord. O mein Gott ..."
"Das sagst ausgerechnet du!", fauchte ein Mann.
"Aufhängen!", brüllte jemand mit überschnappender Stimme. "Hängt den Hurensohn auf!"
Der Ruf pflanzte sich fort. Der Schrei nach einem Strick für den Banditen erhob sich aus zig Kehlen. Die Volksseele kochte. Sie schrie nach Vergeltung.
Der Bandit wurde von stahlharten Fäusten gepackt und unter eine uralte Linde am Stadtrand geschleppt. Die Menschenrotte folgte. Unheilvolles Stimmengewirr hing über der Menge. Jemand warf ein Seil über einen der waagrecht abstehenden, dicken Äste. Das Ende war zu einer Schlinge geknüpft. Ein Stuhl wurde gebracht. Jackson wurden die Hände auf den Rücken gefesselt. Er wurde auf den Stuhl gehoben, jemand legte ihm die Schlinge um den Hals und zog sie etwas zusammen.
Das Schicksal raste. Es ging nur um Vergeltung. Niemand hatte Mitleid. Die Herzen waren versteinert angesichts der Männer, deren Blut im Straßenstaub versickerte.
"Nein", entrang es sich dem Banditen. "Nein ..."
Der Stuhl wurde unter seinen Füßen weggezogen. Mit einem Ruck straffte sich das Seil. Der Mund des Banditen klaffte auf. Die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Seine Beine zuckten einige Male unkontrolliert, dann hing er still am Strick. Die Meute hatte einen gnadenlosen Schlusspunkt unter sein Leben gesetzt.
Der Stationer und der andere Verwundete waren von der Straße getragen worden. Man hatte sie in den Saloon gebracht und auf Tische gelegt. Der Doc kam. Er beugte sich über einen der Männer und blickte in gebrochene Augen. Der Mann, der einen der Banditen vom Pferd geschossen hatte, war gestorben. Der Arzt drückte ihm die Augen zu.
Der Stationer lebte noch. "Bring heißes Wasser und saubere Tücher", forderte der Arzt den Keeper auf. "Ich muss operieren ..."
*
Garrett befand sich im Gefängnis.
Drei Tage nach dem Überfall auf die Wells & Fargo Agentur in Wellington erfuhren wir davon. Den Überfall hatte die Garrett-Gang durchgeführt. Butch Garrett war eindeutig identifiziert worden. Einer der Banditen – so hieß es – war ums Leben gekommen.
Damit stand fest, dass James Garrett die Wahrheit gesprochen hatte. Er wurde noch am selben Tag aus dem Gefängnis entlassen. Joe und ich warteten vor dem Sheriff's Office auf Garrett. Als er aus dem Gebäude kam, trat ich an ihn heran. "Tut mir leid", sagte ich. "Aber ..."
Garrett winkte ab. "Das ist mir in den vergangenen Jahren, seit mein Bruder mit seiner Bande Texas unsicher macht, immer wieder passiert. Ich sagte es Ihnen schon: Sogar einiger Kopfgeldjäger musste ich mich erwehren. Sie gehen im Endeffekt auch auf das Konto meines Bruders, aber ich konnte mich doch nicht seinetwegen erschießen lassen."
"Sie haben die Kerle getötet?"
"Drei von ihnen. Ich hatte keine andere Wahl."
"Was werden Sie jetzt tun?"
"Ich werde weiterhin auf der Fährte meines Bruders reiten und versuchen, ihn aus dem Verkehr zu ziehen. Seine Verbrechen hängen wie ein Fluch an mir. Ich will, dass Butch endlich seine verdiente Strafe erhält, damit auch ich wieder Ruhe und Frieden finde."
Das konnte ich verstehen. "Ich wünsche Ihnen viel Glück", sagte ich.
"Danke."
Einer der Gehilfen des Sheriffs brachte Garretts Pferd. Der Mann, den ein ungnädiges Schicksal zum Gejagten gemacht hatte, saß auf. Er legte beide Hände auf das Sattelhorn, beugte sich ein wenig vor und sagte: "Ich habe geschworen, meinem Bruder das Handwerk zu legen. Ich bin sogar bereit, ihn zu töten. Er hat sich in eine reißende Bestie verwandelt. Butch hat den Tod verdient."
Das waren harte Worte. Irgendwie war ich seltsam berührt. Hass wob in Garretts Augen. Er trieb sein Pferd an. Ohne sich noch einmal umzuwenden ritt er davon.
Joe und ich sattelten unsere Pferde und brachen ebenfalls auf. Unser Ziel war Wellington. Am übernächsten Tag erreichten wir Clarendon. Einige Meilen südlich der Stadt, am Mulberry Creek, lebte Jane Carter auf ihrer Pferderanch. Jane war meine Geliebte. Ich war nahe daran, einen Abstecher zu ihr zu machen. Aber dann überwog das Pflichtgefühl und ich besuchte sie nicht.
Am Buck Creek wandten wir uns nach Westen. Und am dritten Tag nach unserem Aufbruch in Amarillo waren wir endlich in Wellington. Es war um die Mittagszeit. Die Stadt lag im Sonnenglast. Ein heißer Südwind trieb den Staub der Main Street vor sich her. Ein Hund lag im Schatten. Menschen waren kaum zu sehen. Sie hielten Siesta.
Wir ritten zum Mietstall. Der Stallmann, ein Oldtimer mit einem wilden Bartgestrüpp im Gesicht, sagte: "Es hat zwei Tote gegeben. Der Stationer schwebt immer noch in Lebensgefahr. Nun, jener Bandit, den Fred Miller vom Pferd geschossen hat, musste dafür büßen. Sie haben ihn ..."
Erschreckt brach er ab. Ihm schien plötzlich bewusst geworden zu sein, dass wir U.S. Marshals waren. Schnell wollte er sich abwenden.
Ich hielt ihn am Arm zurück. "Was haben sie mit ihm gemacht?" Zwingend blickte ich dem Stallmann in die Augen.
Er zog den Kopf zwischen die Schultern und schien zu schrumpfen. Seine Lider zuckten hinauf und hinunter. Er druckste herum, schien nach Worten zu suchen und sagte schließlich: "Sie haben nicht lange gefackelt und den Kerl aufgehängt. Am Stadtrand, an der alten Linde."
"Wer sind ‚sie‘?" Ich war schockiert. Lynchjustiz war Mord. Die Schuldigen waren zur Verantwortung zu ziehen.
Auch Joe schaute ziemlich betroffen drein. Es war immer wieder erschreckend, wie schnell eine Menschenmenge außer Rand und Band geraten und sich in einen alles verschlingenden Moloch verwandeln konnte.
"Reden Sie schon!", herrschte ich den Stallmann an.
"Fast alle waren auf der Straße", stieß der Oldtimer hervor. "Und fast alle brüllten nach einem Strick. Wer dem Burschen schließlich den Strick um den Hals legte und wer den Stuhl unter ihm wegzog, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß es nicht."
Ich ließ den Mann los. Meine Stimme grollte: "Wir werden die Schuldigen finden und zur Rechenschaft ziehen."
Der Stallmann zog die schmalen Schultern an, als fröstelte ihn. Er drehte mir den Rücken zu und griff nach dem Kopfgeschirr meines Pferdes.
Ich zog die Winchester aus dem Scabbard. Auch Joe angelte sich sein Gewehr. Dann verließen wir den Mietstall. Die Gehsteige zu beiden Seiten der Hauptstraße waren meist nicht länger als die Gebäude, vor denen sie verliefen. Sie waren also oft unterbrochen. Zwischen den Gebäuden waren freie Flächen, auf denen hüfthoch das Unkraut wucherte. Die Main Street machte einen Knick. An diesem Knick war der Saloon errichtet worden. Am Haltbalken davor standen keine Pferde.
Unsere Schritte polterten über den Vorbau. Joe stieß die Pendeltür auf. Wir traten ein. Hinter uns schlugen die Türflügel knarrend aus. Im Schankraum war es düster. An einem Tisch beim Frontfenster saßen zwei Männer. Der Keeper lümmelte am Tresen und las in einer Zeitung. Jetzt blickte er auf und taxierte uns. Auch die beiden Männer beim Fenster schenkten uns ihre Aufmerksamkeit.
Wir gingen zur Theke, lehnten unsere Gewehre dagegen und bestellten uns jeder ein Bier. Nachdem ich einen Schluck getrunken hatte, wandte ich mich um, lehnte mich gegen den Handlauf aus Messing und sagte in die Richtung der beiden Männer beim Fenster: "In dieser Stadt wurde ein Lynchmord verübt. Mein Kollege und ich werden die Schuldigen herausfinden und zur Rechenschaft ziehen."
Ich gebrauchte fast dieselben Worte wie im Mietstall. Mein Blick hing an den beiden Burschen beim Fenster. Sie starrten mich an. Plötzlich sagte einer: "Jackson hat bekommen, was er verdiente. Es hat zwei Tote und einen Schwerverletzten gegeben. Redliche, ehrliche Männer. Swanson und Miller hatten Familie. Wer soll künftig ihre Kinder ernähren?"
"Waren Sie auch auf der Straße?", fragte Joe.
"Fast die ganze Stadt war auf der Straße", antwortete einer der Männer. "Wen wollen Sie anklagen, Marshal? Die ganze Stadt?"
"Einige werden sich hervorgetan haben", versetzte ich. "Einer muss Jackson ja den Strick um den Hals gelegt haben. Jemand hat ihm den Stuhl unter den Füßen weggezogen. Irgendjemand hat den Strick zur Verfügung gestellt und die Schlinge geknüpft ..."
Die beiden Männer erhoben sich. Jeder von ihnen warf eine Münze auf den Tisch. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verließen sie den Schankraum. Der Keeper kam um die Theke herum, ging zu dem Tisch, schob das Geld ein und räumte die beiden Bierkrüge ab. Sie waren noch halb voll.
Knarrend und quietschend schlug die Pendeltür aus. Draußen verklangen die Schritte der Männer auf dem Vorbau. Joe und ich wechselten einen schnellen Blick. Mein Freund und Partner sagte zwischen den Zähnen: "Wir werden hier auf eine Mauer des Schweigens stoßen, Logan-Amigo."
Der Keeper war wieder hinter der Theke. Er schüttete den Rest Bier aus den beiden Krügen in einen Eimer, dann legte er die leeren Gefäße in das Spülbecken. Unter halb gesenkten Lidern hervor beobachtete er uns.
"In welche Richtung sind die Banditen aus Wellington geflüchtet?"
"Süden", versetzte er knapp.
"Waren Sie auch dabei, als Jackson gelyncht wurde?"
"Yeah", dehnte der Keeper. "Und ich würde wieder zuschauen. Kerle wie Jackson sind die Luft nicht wert, die sie atmen. Die einzige Antwort auf ihre Schandtaten ist der Strick oder ein Stück Blei."
In seinen Worten spiegelte sich die Einstellung in der Stadt wider. Die Einstellung, die dem Banditen das Leben kostete. Ich registrierte es mit Verbitterung.
"Wer waren die Initiatoren?", fragte ich. "Es sind Mörder. Wenn Sie sie schützen, machen Sie sich mitschuldig."
"Von mir erfahren Sie nichts", presste der Keeper hervor. "Gar nichts." Es klang abschließend und endgültig.
*
James Garrett war von Clarendon aus südöstlich geritten und erreichte am Abend die Ortschaft Childress. Er brachte sein Pferd in den Mietstall. Beim Stallmann erkundigte er sich, ob in den vergangenen Tagen vier Reiter durch die Stadt gekommen waren. Er beschrieb das Aussehen seines Bruders.
Der grauhaarige Stallmann musterte ihn mit einem seltsamen Blick. Dann nickte er. "Vor zwei Tagen waren die Kerle hier. Es handelte sich um Butch Garrett und seine Banditen. Sie blieben eine Nacht."
"Warum hat niemand in der Stadt versucht, die Kerle festzuhalten und dem Gesetz zu übergeben?"
"Weil niemand in der Stadt lebensmüde ist", antwortete der Stallbursche. "Butch Garrett und seine Banditen sind tödlicher als Cholera."
"Wohin haben sie sich von hier aus gewandt?"
"Nach Süden. Kurz nachdem sie die Stadt verlassen hatten, kam die Nachricht an, dass sie in Wellington die Wells & Fargo Station überfallen haben. Es hat Tote gegeben."
James Garretts Brauen schoben sich düster zusammen. Seine Stirn umwölkte sich. "Ich werde die Nacht über in der Stadt bleiben", erklärte er mit belegter Stimme. "Gibt es hier ein Hotel?"
"Ja. Gehen Sie einfach die Hauptstraße hinunter. Dann sehen Sie es schon. Sie können es gar nicht verfehlen."
James Garrett nahm sein Gewehr und seine Satteltaschen und verließ den Mietstall. Der Stallbursche folgte ihm bis zum Tor und blickte hinter ihm her. In seinem Gesicht arbeitete es. Sein Blick schien sich nach innen verkehrt zu haben. "1000 Dollar", flüsterte er vor sich hin. "Der Schuft ist 1000 Dollar wert. Tot oder lebendig ..."
Als Garrett aus seinem Blickfeld verschwunden war, lief der Stallmann ein Stück die Main Street entlang und begab sich in den Saloon. Hier befanden sich etwa ein Dutzend Männer. Über den Tischen hingen Lampen von der Decke, eingehüllt vom Zigarren- und Zigarettenrauch. Verworrener Lärm erfüllte den Schankraum.
Der Stallmann holte tief Luft, dann rief er: "Ihr glaubt es nicht, Leute! Soeben ist Butch Garrett in die Stadt zurückgekommen. Er ist alleine. Wahrscheinlich hat er sich von seinen Männern getrennt."
Sofort wurde es still. Die Gäste starrten den Stallmann an und verarbeiteten, was sie gehört hatten. Ein Mann sagte laut. "Wenn er alleine ist, könnten wir ihn überwältigen. Falls er sich wehrt, schießen wir ihn in Stücke. Wer macht mit?"
Fünf Männer meldeten sich. Unter ihnen der Stallmann. Er sagte: "Ich habe ihn erkannt, Overmill. Mir stehen zwei Teile von der Belohnung zu."
Overmill nickte. "All right, Jeff. Zwei Teile für dich. Wir teilen die Belohnung durch sieben. Holt eure Waffen, Leute, soweit ihr sie nicht bei euch habt. Es wäre doch gelacht, wenn wir den Hombre nicht dingfest machen könnten."
Die Männer, die sich bereit erklärt hatten, gegen Garrett vorzugehen, verließen den Saloon, um ihre Waffen zu holen. Auch der Stallbursche eilte davon. Die anderen, die es vorgezogen hatten, sich herauszuhalten, bezahlten und gingen nach Hause.
Als eine halbe Stunde später James Garrett den Saloon betrat, standen nur zwei Männer am Schanktisch. Neben ihnen lehnten Gewehre. Garrett setzte sich an einen Tisch und bestellte sich ein Bier. Die beiden Männer am Tresen schienen ihn gar nicht zu beachten. Garrett bekam das Bier und trank einen Schluck. Er dachte sich noch immer nichts, als die Hintertür aufging und zwei weitere Männer in den Schankraum traten. Fast im selben Moment kamen zwei durch die Vordertür herein. Unter ihnen war der Stallmann. Die vier hielten Revolver oder Gewehre in den Fäusten.
Und jetzt kam auch in die beiden Kerle beim Tresen Leben. Sie packten ihre Gewehre und schlugen sie auf Garrett an.
James Garrett begriff und versteifte.
Ben Overmill stieß ungnädig hervor: "Wenn du auch nur falsch mit der Wimper zuckst, kassierst du heißes Blei, Bandit. Steh auf und streck die Flossen zur Decke."
James Garrett seufzte. Dann sagte er: "Ihr verwechselt mich mit Butch Garrett. Ich bin nicht der gesuchte Bandit. Sicher, ich sehe ihm verdammt ähnlich, aber mein Name ist ..." Er zögerte ein wenig, dann schloss er: "... James Freeman. Ich komme von Amarillo herüber, wo ich einige Nächte im Gefängnis verbrachte, weil mich auch zwei Staatenreiter mit Butch Garrett verwechselten."
"Das kannst du deiner Großmutter erzählen, Bandit!", schnaubte Overmill. "Hoch mit dir und Hände in die Höhe. Zwing uns nicht, mit dir kurzen Prozess zu machen. Auf deinem Steckbrief steht tot oder lebendig."
James Garrett, der nichts herausfordern wollte, drückte sich hoch. Er hob die Hände in Schulterhöhe. Einer der Männer, die ihn bedrohten, glitt hinter ihm heran und zog ihm den Revolver aus dem Holster.
"Wir fesseln ihn und sperren ihn in deinem Keller ein, Lane", wandte sich Overmill an den Salooner. "Und dann muss ein Bote nach Amarillo reiten, um das Bezirksgericht davon in Kenntnis zu setzen, dass wir Garrett gefangen haben. Der Richter muss einige Marshals schicken."
"So nehmt doch Vernunft an, Leute", ließ James Garrett seine Stimme erklingen. "Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet. Es ist nicht das erste Mal, dass man mich für Butch Garrett hält. Beim Bezirksgericht ..."
Der Mann, der Garrett den Revolver aus dem Holster gezogen hatte, rammte ihm die Mündung seiner Waffe gegen die Wirbelsäule. Ein gequälter Ton brach über James Garretts Lippen. Er begriff, dass er mit Worten nichts ausrichten konnte. Sekundenlang wollte er resignieren. Seine Schultern sanken nach unten. "Ihr begeht einen Fehler."
Der Salooner brachte ein paar Schnüre, mit denen sie Garretts Hände auf den Rücken fesselten. Dann wurde er in den Keller getrieben und in einen fensterlosen Raum eingesperrt. Es war hier finster wie im Vorhof der Hölle.
Die Kälte schien aus dem Boden durch seine Kleidung zu kriechen. James Garrett erhob sich. Er versuchte, die Schnüre zu lockern, die seine Hände fesselten. Schmerzhaft schnitten sie sich in seine Haut ein. Die Schnüre hielten stand. Vorsichtig bewegte Garrett sich. Nach drei kurzen, tastenden Schritten stieß er gegen die Wand. Er ging in die andere Richtung. Fünf Schritte, dann stieß er gegen ein Regal. Er ging nieder und kauerte auf den Hacken. James Garrett war sich seiner Einsamkeit bewusst. Verlorenheit senkte sich in sein Herz. Er verfluchte seinen Zwillingsbruder, der raubend und mordend mit seiner Bande durchs Land zog. Und er wiederholte für sich den Schwur, seinem Bruder das verbrecherische Handwerk zu legen ...
*
Wir stießen in Wellington tatsächlich auf eine Mauer des Schweigens. Wen wir auch fragten: Keiner wusste etwas. Sicher aber kannte jeder die Initiatoren der Hängepartie, die dem Banditen Rick Jackson das Leben gekostet hatte. Man begegnete uns geradezu feindselig in der Stadt. Die Menschen in Wellington hielten in diesem Fall zusammen wie Pech und Schwefel.
Joe und ich beschlossen, nicht in der Stadt zu bleiben, sondern weiter nach Süden zu reiten. Je größer der Vorsprung der Banditen wurde, desto geringer wurde unsere Chance, die Bande zu erwischen.
Es war fast finster, als wir Wellington verließen. Am Himmel flimmerten die Sterne. Der Mond hing im Osten über dem hügeligen Horizont. Die Straße führte in Windungen nach Süden. Zu beiden Seiten erhoben sich Hügel und Tafelberge. Die Vegetation bestand aus hohem Gras und dichtem Strauchwerk.
Wir dachten nicht an Gefahr. Und so ritten wir ziemlich sorglos durch die Dunkelheit. Etwa 200 Yards vor uns verengte sich die Straße und bohrte sich zwischen Steilhänge. Über diese Distanz war die Beschaffenheit des Terrains im Mond- und Sternenlicht trotz der Dunkelheit auszumachen.
Unsere Pferde gingen im Schritttempo. Nur langsam rückte die Engstelle näher. Scharf wie Scherenschnitte zeichneten sich die Konturen der Hügel gegen die hellere Kulisse des Nachthimmels ab. Die Hufe unserer Pferde pochten monoton. Manchmal knarrte das Sattelleder oder klirrte eine Gebisskette.
Das alles wurde vom Peitschen eines Schusses übertönt. Auf einem der Hügel vor uns blitzte es grell auf. Und sogleich fiel ein zweiter Schuss. Die Detonationen vermischten sich zu einem einzigen lauten Knall, der über uns hinweg geschleudert wurde.
Joe und ich hatten mit dem Aufglühen der Mündungslichter reagiert und den Pferden die Sporen gegeben. Ich glaubte den sengenden Strahl eines der Geschosse zu spüren. Das Tier unter mir hatte einen Satz nach vorn vollführt. Joes Pferd wieherte. Dann stieg es auf die Hinterhand und drehte sich auf der Stelle.
Im nächsten Moment hatte ich die Winchester in der Hand. Ich jagte am Rand der Straße entlang auf die Steilhänge zu. Und erneut wurde ich unter Feuer genommen. Ich riss den Rotbraunen, den ich ritt, nach links, dann wieder nach rechts. Hinter mir hörte ich Hufgetrappel. Am Fuß des Hügels, auf dem sich die beiden Heckenschützen postiert hatten, sprang ich vom Pferd und eilte in den Schutz eines Strauches.
Joe kam heran und sprang gleichfalls ab. Auch er ging in Deckung. Ich hörte, wie er seine Winchester repetierte.
"Wer mag das sein?", hörte ich Joe fragen.
"Wahrscheinlich Männer aus Wellington, die verhindern möchten, dass wir unsere Nasen zu tief in die Sache mit dem Lynchmord stecken."
Joe schwieg.
Ich rief halblaut: "Gib mir Feuerschutz, Joe. Ich versuche, mich den Hang hinauf zu arbeiten."
"In Ordnung. Sei auf der Hut."
Ich rannte los. Joe schickte sein Blei hangaufwärts. Oben wurde zurückgeschossen. Wie gierige Feuerzungen leckten mir die Mündungslichter entgegen. Der Krach schlug über mir zusammen. Aber Joe zwang mit seinen Geschossen die Kerle in Deckung und so gaben sie nur ungezielte Schnappschüsse ab.
Ich hastete den halben Hang hinauf und warf mich keuchend in Deckung. Die Gewehre verstummten. Raunende Stimmen wehten zu mir her. Dann ein Klirren, wie wenn Stahl gegen Stein stößt. Ich lauschte und witterte. Schließlich hörte ich ein schabendes Geräusch. Und dann sah ich einen Schemen von einem Strauch zum nächsten huschen. Einer der Kerle kam hangabwärts. Seine Absicht war es wahrscheinlich, mich zwischen ihn und seinen Kumpan zu bekommen.
Ich entschloss mich von einem Augenblick zum anderen und hetzte los. Meine Atmung hatte sich wieder beruhigt. Mein Herz schlug wieder den regulären Takt. Schießend rannte ich weiter den Hang hinauf. Der Bursche, den ich hinter dem Strauch unterhalb des Kammes verschwinden sah, rührte sich nicht. Auch die Waffe auf der Hügelkuppe schwieg.
Ich hatte wieder hinter einem Strauch Zuflucht gesucht. Meine Lungen pumpten. Der Hang war steil und beschwerlich. Noch dreißig Schritte etwa trennten mich vom Hügelkamm. Der Bursche, der ein Stück hangabwärts gelaufen war, ließ sich nicht mehr sehen. Er wartete ab.
Nachdem ich ein wenig verschnauft hatte, schlich ich weiter. Schließlich befand ich mich auf einer Höhe mit dem Hombre, der am Abhang lauerte. Ich fasste den Strauch, hinter dem ich ihn verschwinden sah, ins Auge. Er mutete an wie ein großer, schwarzer Klecks. Von dem Kerl, den ich bei dem Busch vermutete, sah ich nichts.
Ohne den Strauch aus den Augen zu lassen pirschte ich weiter. Und dann sah ich es aufblitzen. Für den Bruchteil einer Sekunde wurde der Schütze aus der Finsternis gerissen. Er kniete bei dem Busch, den ich beobachtete. Seine Gestalt war in der Dunkelheit damit verschmolzen. Ich sprang zur Seite und schoss auf das verglühende Mündungslicht. Oben fing das Gewehr an zu krachen. Ich rollte über den Boden. Am Fuß des Hügels eröffnete Joe das Feuer.
Schließlich lag ich hinter einem Busch und atmete auf. Noch ein paar vereinzelte Schüsse fielen, dann kehrte Ruhe ein. Ich verharrte im Schutz des Strauches und spähte durch das Zweiggespinst nach oben. Von dem Kerl, der seitlich von mir bei dem Busch gelauert hatte, sah ich nichts mehr.
Die Sekunden reihten sich aneinander, wurden zu Minuten. Die Zeit verstrich nur zähflüssig. Die Stille, die eingetreten war, zerrte an den Nerven. Eine Fledermaus zog ihre lautlose Bahn über mich hinweg. Ich ließ meinen Instinkten freien Lauf. Sie warnten mich. Ich blieb hinter dem Strauch, um das Schicksal nicht herauszufordern.
Ahnungslos, wie viel Zeit verstrichen war, lauerte ich. Plötzlich vernahm ich Hufschläge. Sie sickerten über die Hügelkuppe heran und entfernten sich schnell. Es war ein einzelnes Pferd, das durch die Nacht gejagt wurde. Der Bursche, der auf der Kuppe geblieben war, suchte das Weite.
Ich erhob mich. Geduckt rannte ich zu der Stelle, an der ich den anderen der beiden Kerle gesehen hatte. Er lag neben dem Strauch auf dem Gesicht.
Unten hörte ich trommelnden Hufschlag.
Joe Hawk stob in die Nacht hinein. Er nahm den Weg nach Norden, ritt also in Richtung Wellington. Joe wollte den fliehenden Reiter schnappen.
Ich beugte mich über den am Boden Liegenden und drehte ihn auf den Rücken. Er war entweder besinnungslos oder tot. Sein Gewehr war ein Stück hangabwärts gerutscht. Einen Revolvergurt trug er nicht. Ich sah das Gesicht eines Mannes von etwa 40 Jahren. Die Augen hatte er geschlossen. Die Lippen waren zusammengepresst. Ich fühlte den Puls. Er ging noch ganz schwach.
Kurzentschlossen schob ich mein Gewehr auf dem Rücken hinter den Revolvergurt, dann packte ich den Burschen unter den Achseln und schleppte ihn hangabwärts. Bei meinem Pferd angekommen ließ ich seinen Oberkörper zu Boden gleiten. Dann suchte ich dürres Holz zusammen und machte ein Feuer. Der Feuerschein geisterte über die reglose Gestalt hinweg. Ich sah, dass die Hemdbrust des Burschen dunkel und feucht war. Im Licht des Feuers machte ich mich daran, dem Mann Weste und Hemd auszuziehen. Die Kugel war ihm in die Brust gedrungen. Wahrscheinlich würde er den Morgen nicht mehr erleben. Ich holte Verbandszeug aus meiner Satteltasche und legte dem Mann einen Verband an ...
*
Joe Hawk jagte durch die Dunkelheit. Die Hufe seines Pferdes trommelten ein hämmerndes Stakkato. Der Lärm, den das Pferd verursachte, rollte vor dem Marshal her durch die Nacht. Er stob etwa drei Meilen dahin, als vor ihm die Lichter Wellingtons auftauchten. Joe fiel dem Pferd in die Zügel und drosselte das Tempo.
Das Tier prustete. Schaum tropfte von seinen Nüstern.
Bei den ersten Häusern der Stadt hielt Joe an. Er führte sein Pferd in den Schlagschatten eines Schuppens und postierte sich im Schutz eines der Gebäude. Seine Geduld wurde auf keine lange Probe gestellt, dann vernahm er Hufschlag. Er näherte sich von Süden der Stadt.
Joe machte sich bereit. Er wusste, dass sich einer der Heckenschützen näherte, die ihm und seinem Partner Bill Logan heißes Blei serviert hatten. Härter umkrampften Joes Hände das Gewehr. Es war entsichert. Eine Kugel befand sich in der Patronenkammer. Joe wappnete sich mit kalter Selbstbeherrschung.
Dann schälten sich Pferd und Reiter aus der Dunkelheit. Das Tier kam im Trab. Die Hufschläge waren deutlicher geworden. Im Mondlicht funkelten die Nieten an Zaumzeug und Sattel.
Als sich der Reiter auf fünf Schritte genähert hatte, trat Joe aus dem Schatten. Er hielt das Gewehr an der Hüfte im Anschlag. Erschreckt parierte der Reiter das Pferd.
"Damit hast du wohl nicht gerechnet", stieß Joe hervor. "Absitzen und Hände in die Höhe. Und keine krummen Gedanken, mein Freund. Mit Leuten, die aus dem Hinterhalt ihre Kugeln verschießen, kenne ich keinen Pardon."
"Wovon redest du?", kam es von dem Reiter. "Ich komme von Childress herauf und will nach Hause. Das sind immerhin 40 Meilen, die ich geritten bin ..."
"Absitzen!", kommandierte Joe ungeduldig.
Der Reiter schwang sich vom Pferd und hob die Hände.
Joe näherte sich ihm. Ihm entging nicht, dass der Reiter keinen Revolvergurt trug. Nur im Scabbard steckte ein Gewehr. Joe zog es heraus und schnüffelte an der Mündung. Der ätzende Geruch von verbranntem Pulver stieg ihm in die Nase. Mit diesem Gewehr war erst geschossen worden.
Joe stieß es wieder in den Scabbard.
In diesem Moment warf sich der Mann auf ihn. Joe musste einen Treffer einstecken, der ihn zur Seite taumeln ließ. Sofort setzte der Bursche nach. Joe stolperte und ging zu Boden. Das Bein seines Gegners schnellte auf ihn zu. Joe wehrte den Tritt mit dem Gewehr ab, das er in beiden Händen hielt.
Der Bursche schleuderte sich herum und war mit zwei Sätzen bei seinem Pferd. Die Winchester flirrte aus dem Scabbard. Der Mann riss am Ladebügel ...
Joes Gewehr donnerte. Dem anderen wurde das rechte Bein vom Boden weggerissen. Er brach auf die Knie nieder. Sein Schuss dröhnte, aber die Kugel pfiff über Joe hinweg. Joe feuerte erneut. Das Gewehr entglitt dem Burschen, er kippte mit einem verlöschenden Ton zur Seite.
Joe kämpfte sich auf die Beine. Das Gewehr im Anschlag ging er zu dem Burschen hin. Er beugte sich über ihn und blickte in ein erstarrtes Gesicht. Die Augen waren geöffnet und glitzerten wie Glasstücke. Joe konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen.
Innerhalb kürzester Zeit war die Straße voll von Menschen. Viele von ihnen trugen nur Nachtzeug. Sie rotteten sich um Joe und den Toten herum zusammen. Einige brachten Laternen mit. Licht- und Schattenreflexe huschten über den Toten, die Meute und über Joe hinweg. Jemand rief: "Bei Gott, das ist Fred Yaspers, der Schmied. Warum haben Sie ihn erschossen, Marshal?"
"Er und ein weiterer Mann legten etwa drei Meilen südlich von hier meinem Kollegen und mir einen Hinterhalt. Dieser Mann floh. Ich habe ihn hier am Stadtrand erwartet."
Drohendes Geraune und Gemurmel erhob sich. Sekundenlang sah es so aus, als wollte sich die Menschenrotte auf Joe stürzen. Der Marshal lud durch. Das kalte Schnappen des Gewehrschlosses schien die Meute zur Besinnung zu bringen. Joe sagte laut: "Yaspers und ein weiterer Mann wollten verhindern, dass wir uns die Schuldigen des Lynchmordes an Rick Jackson kaufen. Er selbst war wahrscheinlich einer von denen, die mit Hand anlegten, um Jackson zu töten."
Joe ging zu seinem Pferd und schwang sich in den Sattel.
"Was ist mit dem anderen Mann?", rief jemand in der Menge.
"Ich weiß es nicht."