LAVAT - Stephan Klemann - E-Book

LAVAT E-Book

Stephan Klemann

4,4

Beschreibung

Die Studenten Rashno und Hamid gestehen sich an einem Nachmittag ihr Interesse an Männern. Beide wissen, dass in ihrem Land, im Iran, auf gleichgeschlechtliche Liebe die Todesstrafe steht. Als Rashno auf einer Familienfeier seiner zukünftigen Braut vorgestellt wird, bricht er das Tabu. Eine wilde Hetzjagd beginnt. Rashno und Hamid sind sich sicher: Auf sie wartet der Strang.

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Klemann

Lavat

Inhaltsverzeichnis

Lavat

Inhaltsverzeichnis

Titel

Über den Autor

Impressum

In Gedenken

Vorwort

Lavat

Teil 1 – Iran

1 – Persischer Sommer

2 – Dunkle Abgründe

3 – Überraschungen

4 – Familienbande

5 – Himmel

6 – Hölle

7 – Auswege

Teil 2 – Deutschland

1 – Gelobtes Land

2 – Frühlingserwachen

3 – Geister der Vergangenheit

4 – Zukunft

Anmerkungen

Programm

Endstation Wirklichkeit

Sommergayflüster

Sekundensache

Club 96 – Ein Tobias Hennings-Fall

Der Stammbaum

Stephan Klemann

Lavat

Roman

Über den Autor

Stephan Klemann wurde 1963 geboren und wuchs in Köln auf. Aus einer ersten „Heteroehe“ ist er Vater von zwei mittlerweile erwachsenen Kindern und arbeitet als Personalleiter bei einem internationalen Unternehmen.

Sein Coming-out hatte er erst im Alter von 32 Jahren. Dennoch hat er nicht das Gefühl, vorher ein falsches Leben gelebt zu haben. Heute ist Stephan seit vielen Jahren glücklich mit seinem Mann Daniel verheiratet.

Sein Interesse am Schreiben fand er bereits Ende der 70er Jahre – damals nur für den „Eigengebrauch“ und nicht mit schwulen Themen. Nach dem Coming-out entschied er sich, dieses neue Leben auch zum Inhalt seiner Geschichten zu machen.

Mit seinem Erstlingswerk „Endstation Wirklichkeit“ fasste er den Entschluss, nicht mehr nur für sich zu schreiben, sondern seine Werke auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Mehr Informationen über den Autor auf www.HOMOLittera.com oder auf www.stephanklemann.de

Stephan Klemann, Lavat - Gefährliche Liebe

© HOMO Littera Romy Leyendecker e. U.,

Am Rinnergrund 14, 8101 Gratkorn,

www.HOMOLittera.com

Email: [email protected]

Coverfoto:

© fcafotodigital – istockphoto.com

Foto im Buch:

© epa/picturedesk.com

Das Model auf dem Coverfoto steht in keinem Zusammenhang mit dem Inhalt des E-Books. Der Inhalt des E-Books sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Models aus.

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages gestattet.

Handlung, Charaktere und Orte sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen ist rein zufällig.

Die geschilderten Handlungen dieses E-Books sind fiktiv! Im realen Leben gilt verantwortungsbewusster Umgang miteinander und Safer-Sex!

Originalausgabe: Juli 2014

ISBN PDF: 978-3-902885-55-5

ISBN EPUB: 978-3-902885-56-2

ISBN PRC: 978-3-902885-57-9

ISBN Print: 978-3-902885-54-8

In Gedenken an

Mahmoud Asgari (†16)

und

Ayaz Marhoni (†18)

die zunächst mit je 228 Peitschenhieben gefoltert wurden, bis sie das „zugaben“, was die Behörden hören wollten.

Sie wurden am 19. Juli 2005 in Maschhad/Iran öffentlich gehängt, weil sie schwul waren.

Mögen sie den Frieden und die Erlösung gefunden haben, die ihnen auf Erden verweigert wurde!

Vorwort

Dieser Roman erzählt nicht die Lebens- und Leidensgeschichte von

Mahmoud Asgari (†16) und Ayaz Marhoni (†18).

Sie soll lediglich an ihr Martyrium erinnern, ihr tragisches Leben, die ihnen angetane grausame Folter und ihr qualvolles Ende in den Erinnerungen der Menschen wach halten. Dabei sollen die beiden nur stellvertretend für viele andere genannt sein, die ein ähnliches Schicksal erleiden mussten.

Die hier dargestellten Ereignisse sind frei erfunden. Einige Handlungssequenzen entsprechen aus dramaturgischen Gründen nicht zwangsläufig realen Abläufen und Begebenheiten. Manche Passagen mögen einigen Lesern brutal und abstoßend vorkommen.

Diesen Menschen möchte ich mit auf den Weg geben:

Das ist die auch noch im 21. Jahrhundert praktizierte Realität im Iran und in vielen anderen Ländern dieser Welt! Auf diese will diese Geschichte aufmerksam machen.

Auch heute noch werden Menschen staatlich oder religiös verordnet gefoltert und getötet, weil ihre Liebe nicht den vorgegebenen Normen entspricht.

Medienberichten zufolge sind seit der islamischen Revolution von 1979 im Iran vermutlich Tausende Männer und Jugendliche wegen ihrer Homosexualität hingerichtet worden. Darunter viele, die zur „Tatzeit“ noch minderjährig waren. Die genaue Zahl ist unbekannt.

Diese Angaben beziehen sich nur auf die Zahlen von e i n e m Land. Es gibt noch viele andere Staaten, in denen eine ähnliche Verfolgung von Homosexuellen stattfindet.

Stephan Klemann

Lavat

Teil 1 – Iran

1 – Persischer Sommer

Rashno1 war froh, dass er noch einen Platz im Schatten eines Baumes gefunden hatte, an dem er sich niederlassen konnte. Es war ein geeigneter Ort, um die Anstrengungen der hinter ihm liegenden Woche abzustreifen. Hier konnte er in Ruhe entspannen.

Die Sonne stand hoch am Himmel über Teheran und trieb die Nachmittagstemperaturen selbst an den höher gelegenen Ausläufern des Kolaktschal-Berges auf annähernd 30 °C. Unzählige Menschen nutzten den Nachmittag, um im Jamshidieh-Park nicht nur den Tag ausklingen zu lassen, sondern auch, um den noch viel höheren Temperaturen der weiter unten gelegenen Innenstadt zu entfliehen. Außer in den klimatisierten Büros der Hochhäuser, war es zu dieser Jahreszeit fast unerträglich dort. Den Smog im Zentrum, der sich wie trüber Nebel über der Stadt permanent ausbreitete und alles zu ersticken versuchte, konnte man im Park ohne viel Aufwand hinter sich lassen. Die vielen künstlich angelegten Wasserläufe und eine geschickte Mischung aus beeindruckenden Felsformationen und üppiger Bepflanzung boten jedem Besucher ein geeignetes Umfeld, um sich zu entspannen. Zahlreiche Teehäuser und Sportplätze luden an vielen Stellen zum Verweilen ein. Kinder spielten auf den Wiesen und Spielplätzen und tobten ausgelassen herum, während ihre Eltern es sich nebenan gemütlich machten und bei mitgebrachtem Essen ihre Schwatzereien austauschten.

Langsam verstummten auch die Nachmittagsrufe der Muezzins, die in der ganzen Stadt die Gläubigen zum Gebet gerufen hatten. Aus allen Winkeln Teherans hatte der sanfte Wind den Sprechgesang aus den unzähligen Minaretten hier heraufgetragen.

Rashno war erleichtert, als die nervende Ablenkung endlich verstummte. So konnte er sich wieder in Ruhe auf das Gedicht konzentrieren, das er seit Tagen mit sich herumtrug und jetzt in Händen hielt. Auch wenn es ständige Diskussionen innerhalb der Familie gab, er konnte der Religion nichts abgewinnen. Sie war ihm viel zu altmodisch und einschränkend. Nichts für moderne, junge Menschen.

Er hatte sich entschlossen, die Nachmittagsvorlesungen an der Shahid Beheshti Universität, an der er seit einigen Monaten Sportwissenschaften studierte, ausfallen zu lassen. Stattdessen hatte er auf dem Weg nach Hause einen Abstecher in den Park gemacht. Ihm war heute nicht danach gewesen, die schönsten Stunden des Tages in irgendeinem Hörsaal zu verbringen. Er wollte die Zeit nutzen, um in der frischen Luft endlich sein Versprechen gegenüber seinem Studienfreund Hamid2 einzulösen. Er wollte das von diesem selbst geschriebene Gedicht lesen.

Sie hatten sich Anfang dieses Jahres kennengelernt, als sie nicht nur gemeinsam ihr Studium begonnen hatten, sondern auch etwa zur gleichen Zeit Mitglied des universitätseigenen Basketballteams geworden waren. Der Mannschaft fehlten noch zwei Spieler, und nachdem sie nach ein paar Testspielen bewiesen hatten, dass Basketball ihre Welt war und sie zum Team passten, erhielten sie Stammplätze. Hamid und er wohnten beide im gleichen Stadtteil im Nordosten Teherans und hatten sich auf Anhieb gut verstanden. Sie teilten viele gemeinsame Interessen, und auch in den meisten Fragen der Weltanschauung waren sie auf einer Wellenlänge. All das hatte dazu geführt, dass aus der anfänglichen Bekanntschaft schnell eine intensive Freundschaft geworden war. Sie sahen sich gegenseitig als besten Freund an.

Rashno war genau wie Hamid ein ruhiger, eher verschlossener Typ, der nur beim Sport aus sich herauskam. Ansonsten konzentrierte er sich lieber auf sein Studium. Er hatte nicht den Wunsch, mit den anderen seines Semesters seine Freizeit zu verbringen. Die waren entweder den religiös geprägten Lehren ihrer Eltern oder der Imame absolut ergeben und kannten keinen anderen Lebensinhalt als ihren Glauben. Oder aber sie wetteiferten mit unglaublichen oder zumindest maßlos übertriebenen Geschichten über ihre Erfahrungen mit Mädchen. Natürlich ging es darum, wer die meisten hatte.

Beides war nichts für Rashno. Er hatte schon vor vielen Jahren sein Interesse am Sport, insbesondere an Basketball, entdeckt. Seither hatte er konsequent darauf hingearbeitet, an der Universität Sportwissenschaft zu studieren. Seine Körpergröße von 1,91 Meter prädestinierte ihn für seinen Lieblingssport. Bereits in der Schule hatte er seine Begeisterung und die Verantwortlichen sein Talent dafür entdeckt. Umso perfekter erschien ihm sein Glück, als die Shahid Beheshti Universität ihn nicht nur zum Studium zugelassen, sondern er im dortigen Basketballteam auch einen Stammplatz erhalten hatte. Diese Chance wollte er nicht vertun und konzentrierte sich daher vollends auf sein Studium und den Sport.

In den Stunden, die er nicht in den Hörsälen der Universität zubrachte oder sich bei seinem Sport bis zur totalen Erschöpfung verausgabte, zog er sich oft zurück. Dann vertiefte er sich in irgendwelche Bücher – meist historische Abenteuerromane oder romantische Liebesgeschichten –, oder er hing einfach nur mit geschlossenen Augen seinen Träumen nach. Er ließ seine Gedanken in jenen Momenten davonfliegen, auf eine Reise gehen, und versuchte zu ergründen, was die Zukunft für sein Leben bereithielt. Er hatte ganz klare Pläne über das, was er wollte, wonach er strebte und welche Anstrengungen er unternehmen musste, um seine Ziele zu erreichen. Das Basketballnationalteam war sein Traum. Ihm wollte er eines Tages angehören. Doch diese Vision und das Wissen um den Weg sie umzusetzen, war nicht genug, um ihm ein vollständig klares Bild seiner Zukunft zu zeigen. Denn das Fehlen einer eindeutigen Antwort zu einem bestimmten Thema, einer brennenden Frage, die seit Langem in seinem Inneren herumspukte, ließ den weiteren Verlauf des möglichen Weges seines Lebens hinter einem undurchdringlichen Nebel verschwinden. Auch nach unzähligen Stunden des Nachdenkens hatte er keine Antwort gefunden. Beinahe so wie der Dunst, der an jedem Tag über der Stadt lag und der den Blick auf die Details der Häuser und Straßen verschleierte, hinderte dieses Problem ihn daran, eine genaue Vorstellung dessen zu haben, was einmal seine Zukunft sein würde. Je mehr Entscheidungen er traf, je mehr Fragen er diesbezüglich beantwortete, desto stärker rückte dieses eine Thema in den Vordergrund – wie der Kern eines Apfels, von dem man mehr und mehr Stücke abschnitt. Früher hatten sich seine Gedanken nur gelegentlich zu diesem Punkt verirrt. Er hatte sie einfach wieder, ohne sich wirklich mit ihnen auseinanderzusetzen, versinken lassen. Doch nun beschäftigte ihn die Angelegenheit immer öfter. Er grübelte täglich darüber, was er tun sollte, um den Schleier zu heben und die Antwort zu sehen.

Im Park war wieder etwas Ruhe eingekehrt. Rashno versuchte sich auf die Zeilen auf dem Blatt Papier zu konzentrieren, doch auch jetzt zog ihn seine Nachdenklichkeit fort – weg von den Worten des Gedichtes, das zu lesen er Hamid versprochen hatte. Oder war womöglich die Lyrik der Auslöser, sich wieder mit dieser einen unbeantworteten Frage in seinem Inneren zu beschäftigen? Hatten die romantischen Worte seine Gedanken mit auf diese Reise ins Ungewisse genommen? Hatten die ersten Zeilen eine verborgene Sehnsucht in ihm geweckt, die zwar deutlich spürbar war, aber von der er nicht wusste, ob er sie haben wollte?

Rashno atmete tief durch. Selbst wenn er es akzeptierte, war er sich nicht sicher, ob er jemals Erfüllung und Zufriedenheit in seinem Leben fände. Schon wieder Fragen über Fragen und keine Antworten. Auch heute waren sie nicht in Sicht.

„khodaya man ra komak kon! – Gott hilf mir!“

Obwohl er überhaupt nicht religiös war, hatte er schon oft dieses Hilfsgesuch stumm ausgesprochen. Er hoffte auf eine äußere Eingebung „von oben“. Es musste doch eine Macht geben oder wenigstens irgendjemanden, der ihn an die Hand nahm und zu der Erkenntnis führte, nach der er sich sehnte. Oder ein Fingerzeig des Schicksals, der ihm die Richtung wies. Aber bisher verweigerte ihm das Leben jegliche Hilfe.

Rashno versuchte sich erneut auf den vor ihm liegenden Text zu konzentrieren. Hamid hatte ihn in den letzten Tagen schon mehrfach gefragt, ob er das Gedicht endlich gelesen hätte und was er davon hielt. Er hatte sein Interesse am Schreiben entdeckt und hoffte nun auf die ehrliche Meinung seines besten Freundes zu seinem Erstlingswerk. Niemandem sonst wollte er diese romantische, künstlerische Ader, die er in sich entdeckt hatte, offenbaren. Sie hätten es als „unmännlich“ abgetan und ihn verspottet. So wartete er nun ungeduldig auf Rashnos Rückmeldung.

Rashno begann die Worte Hamids von Anfang an zu lesen:

Erste Liebe

So wie die Sonne sich am Morgen in den Himmel erhebt

und wie der Falke zu einer neuen Jagd die Luft erklimmt,

so ist mein Herz zum ersten Mal emporgestiegen,

hoch hinauf in unbekannte Höhen,

nur getragen von tiefer Sehnsucht, die mich durch Dich erfüllt.

Gleich dem Erwachen eines neuen Frühlings auf den Bergen,

dem Erblühen von zarten Rosenknospen in den Gärten der Täler,

ist jetzt in meiner Seele diese neue Kraft,

das nie gesehene Verlangen, das mich zu Dir zieht,

und die Welt ist nicht mehr, wie sie jemals für mich war.

Wem gebührt der Dank, dass unsere Wege sich hier kreuzten,

dass unsere Leben sich verflochten haben?

Was hat aus ersten zarten Bändern meiner Leidenschaft

solch undurchtrennbare Ketten werden lassen,

die meine Liebe nun auf immer an Dich binden?

Erfasst mich jeden Abend auch ein Schmerz,

weil jede Nacht mich von Dir trennt,

so leg’ ich gern mich doch zur Ruh’

schließ freudig und erwartungsfroh die Augen

damit in meinen Träumen ich Dich wiederseh’ und nah’ Dir bin.

Hamid

Rashno war zutiefst überrascht. So was hatte er nicht erwartet. Er war kein besonderer Anhänger von Gedichten, schon gar nicht von Liebesgedichten, aber die Worte, die sein Freund gefunden und die er in diesen Zeilen so poetisch aneinandergereiht hatte, berührten ihn tief in seinem Innern. Sie erreichten seine eigene verborgene Sehnsucht nach Liebe und Zärtlichkeit. Er fand das Gedicht wunderschön. Niemals hätte er damit gerechnet, dass sein Freund zu so etwas fähig war. Sicher, Hamid war keiner dieser Machotypen, aber dass er Emotionen auf eine solche Art und Weise zu vermitteln vermochte, war dennoch eine Überraschung.

Doch wem galten diese Worte? War Hamid tatsächlich verliebt und hatte seine Gefühle in beeindruckender Form zu Papier gebracht?

Er hatte nie mit ihm darüber gesprochen, dass es möglicherweise ein Mädchen gab, für das sein Herz entflammt war. Es war ihm auch nicht anzumerken gewesen. Er hatte sich nie auffällig verhalten.

Rashno dachte darüber nach, wie sie ihre gemeinsame Zeit in den letzten Wochen verbracht hatten. Aber er konnte sich nicht erinnern, dass Hamid jemals erwähnt hätte, verliebt zu sein. Auch hatte er nie ein Mädchen in seiner Nähe gesehen. Vielleicht war das Gedicht nur ein künstlerisches Werk, das seiner Fantasie entsprungen war? Das keinen Bezug zu tatsächlichen Gefühlen für jemanden hatte?

Rashno nahm sich vor, Hamid danach zu fragen. Er las das Gedicht ein zweites und drittes Mal und musste zugeben, dass es ihn nicht unberührt ließ. Es führte ihn wieder zu jenem ungeliebten Thema, das sein eigenes Denken schon so lange quälte. Die Botschaft einer starken Leidenschaft, eines tief im Inneren verborgenen Verlangens, passte nahezu perfekt zu den Empfindungen, die er in sich fühlte. Sie füllten die Leere in ihm aus, als wären sie dafür geschaffen worden. Er war nicht verliebt, aber er wünschte sich, er wäre es und könnte genauso schöne Worte wie Hamid finden.

Rashno schrak hoch. Das Klingeln seines Handys unterbrach seine Gedankenausflüge. Er war nicht wirklich unglücklich darüber. Ein kurzer Blick auf die Anzeige seines Telefons zeigte ihm, dass Hamid versuchte ihn zu erreichen.

„Hallo, Hamid!“, meldete er sich.

„Hey, Rashno. Wo bist du? Wieso warst du heute Nachmittag nicht bei der Vorlesung? Ist irgendwas passiert?“ Hamid klang besorgt.

„Nein, nein. Ich hatte einfach keine Lust. Ich bin im Jamshidieh-Park. Die Woche war anstrengend, und ich wollte einfach ein wenig ausspannen. Da meine Eltern für mich morgen eine Feier als Belohnung für meinen Studienbeginn an der Universität organisiert haben, fehlt mir dann die Zeit dafür. Wo treibst du dich herum?“

„Ich verlasse gerade die Uni und mache mich auf den Weg nach Hause.“ Hamid unterbrach sich kurz. „Rashno – hast du es gelesen?“

Rashno spürte deutlich, dass sein Freund darauf brannte, endlich eine Rückmeldung zu seinem Gedicht zu hören. Schließlich war er es gewesen, der ihn dazu ermutigt hatte, nicht nur vom Schreiben zu träumen, sondern es auch mal anzugehen. Jetzt wollte Hamid natürlich endlich seine Meinung hören.

„Ja, ich habe es gelesen.“ Er machte eine bedeutungsvolle Pause und spannte Hamid damit weiter auf die Folter.

„Und? Wie ist es? Gefällt es dir?

„Hast du Zeit und Lust hierherzukommen? Dann reden wir darüber.“

„Klar, gerne“, willigte Hamid ein. Natürlich konnte er dem Angebot nicht widerstehen. „Wo genau bist du?“

„Ich bin auf der kleinen Wiese oberhalb des Sees. Dort unter dem Baum, wo wir neulich schon mal waren.“

„Gut, dann weiß ich wo. Ich bin so in 40 Minuten bei dir. Ich bin auf deine Meinung zu meinem Gedicht gespannt. Bis gleich.“

„Bis gleich.“

2 – Dunkle Abgründe

Gedankenverloren verfolgte Rashnos Blick das Flugzeug, das sich in stetigem Sinkflug dem internationalen Flughafen im Westen der Stadt näherte. Es hatte sich aus südwestlicher Richtung der Stadt genähert und hielt jetzt nach einer Linkskurve auf seinen Zielpunkt zu. Da der Park auf deutlich höherem Terrain lag als der Flughafen, nahm er den Flieger zunächst auf Augenhöhe wahr, bis dieser schließlich immer tiefer sank und mehr und mehr im Dunstschleier der Stadt verblasste. Nach einigen Minuten waren seine Umrisse nur noch verschwommen zu erkennen. Die Sonne, die ihren Zenit längst überschritten hatte und die sich jetzt im Südwesten langsam dem Horizont zubewegte, erschwerte Rashnos Sicht zusätzlich. Er kniff die Augen zusammen, musste aber schließlich aufgeben. Die Maschine war nicht mehr zu erfassen. Vermutlich war sie kurz vor der Landung oder sie hatte bereits auf der Landebahn aufgesetzt.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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