LebensNetze - Carsten Pötter - E-Book

LebensNetze E-Book

Carsten Pötter

4,6

Beschreibung

Das Buch LebensNetze versucht, wichtige Bereiche menschlichen Handelns unter verschiedenen Aspekten so darzustellen, dass Motive und Wirkungen in ihrer Zwangsläufigkeit deutlich werden. Die Betrachtung soll zeigen, dass die Probleme des Menschen auf gemeinsame Quellen zurückzuführen sind. Die Tatsache, dass es Menschen schwerfällt, in Zusammenhängen zu denken, liegt im Umstand begründet, dass Wissen von Kindesbeinen an in getrennten Kategorien vermittelt wird. Das lineare Denken führt dazu, dass sie nicht erkennen, dass das, was sie mit großem Aufwand bekämpfen, letztlich Reaktionen und Auswirkungen auf ihr eigenes Handeln darstellt. Menschen lösen daher so gut wie keine Probleme, die mit ihnen selbst zu tun haben, sondern produzieren ständig neue. Das Buch bietet dem Leser einen Einblick in vernetztes Denken, das auf tiefliegende Betrachtung der Einzelaspekte verzichtet und die Dinge stattdessen zueinander in Bezug setzt. Es entstand in Anlehnung an das Werk Lebensnetz von Fritjof Capra, der mit Hilfe der Systemtheorie ein neues Verständnis der lebendigen Welt beschrieben hat. Capra untersucht dort die Bezüge innerhalb der Organismen und seiner Gesetzmäßigkeiten. Im vorliegenden Buch wird dieses Modell auf die Lebensorganisation des Menschen übertragen und mit Hilfe von Analogien beschrieben.

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Seitenzahl: 574

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Über das Buch

Das Buch LebensNetze versucht wichtige Bereiche menschlichen Handelns unter verschiedenen Aspekten so darzustellen, dass Motive und Wirkungen in ihrer Zwangsläufigkeit deutlich werden. Die Betrachtung soll veranschaulichen, dass die wesentlichen Probleme des Menschen auf gemeinsame Ursachen zurückzuführen sind. Die Tatsache, dass es Menschen schwerfällt, in Zusammenhängen zu denken, liegt im Umstand begründet, dass Wissen von Kindesbeinen an in getrennten Kategorien auf linerare Weise vermittelt wird. Das lineare Denken führt dazu, dass Menschen nicht erkennen, dass das, was sie mit großem Aufwand bekämpfen, letztlich Reaktionen und Auswirkungen auf ihr eigenes Handeln darstellen. Menschen lösen daher so gut wie keine Probleme, die mit ihnen selbst zu tun haben, sondern produzieren ständig neue.

Dieses Buch wurde nicht zuletzt durch meinen Mentor Ulrich Jürgen Heinz inspiriert. Ich hatte das Glück, diesen Menschen kennenzulernen und von 1990 bis 2000 von ihm zu lernen, die Welt nicht nur einfach zu adaptieren, sondern diese in ihrer Kohärenz zu erfassen und in ihrer Wechselwirklichkeit zu verstehen. Ulrich Jürgen Heinz verstand es, die unterschiedlichsten Wissensgebiete nicht nur ihrem Wesen nach zu durchdringen, sondern darüber hinaus ihre Prinzipien miteinander in Verbindung zu bringen. Als Philosoph war er dazu in der Lage und er hat eine praktische Methode des Wissenstransfers entwickelt, in der diese Prinzipien Niederschlag gefunden haben: ClusterMedizin. Dieses diagnostische und therapeutische Verfahren bedient sich der Mustererkennung einerseits und der Musterverarbeitung andererseits, indem alle möglichen Zugänge zu biologischen Systemen genutzt werden, um Geschichte abzubilden. Mit Hilfe gezielter Impulse lässt sich diese Geschichte in Resonanz zu bringen, um sich gemäß ihrer Anlage selbst zu korrigieren.

Über den Autor

Carsten Pötter (Jahrgang 1962) hat sich nach dem Pharmaziestudium intensiv mit Philosophie und Systemdenken auseinandergesetzt und seine Schlussfolgerungen daraus in seine Arbeit einfließen lassen. Er ist Leiter der Abtei-Apotheke in Visbek und Chef der Firma Resonalogic, die sich mit der Entwicklung und Herstellung von ResonanzMitteln beschäftigt.

Carsten Pötter besitzt über 30 Jahre praktische Erfahrungen im Bereich der Regulationsmedizin, Alchemie und Naturheilverfahren, deren Kenntnisse er in Seminaren und Vorträgen vermittelt.

Inhaltsverzeichnis

1.

Prolog

2.

Wir ernten, was wir säen

2.1. Nährboden und seine Früchte

2.1.1. Gegenwart

2.1.2. Geschichtlicher Rückblick

2.1.3. Zwischenbilanz

2.2. Kinder – Spiegel und Abbild ihrer Quellen

2.2.1. Befruchtung – Zusammenkunft von Bild und Impuls

2.2.2. Schwangerschaft – Weichenstellung für das neue Bild

2.2.3. Kindheit – Die Entwicklung des eigenen Bildes

2.2.4. Pubertät – Die Freisetzung des eigenen Bildes

2.2.5. Adoleszenz – Die Gestaltung des eigenen Bildes

2.2.6. Reifeprozesse

3.

Lebenshinderliche Wege (

Über

leben mit Störungen)

3.1. Hintergründe der Abwehr

3.2. Kompensation als Überlebensstrategie

3.2.1. Krankheit (Selbstblockade/-zerstörung)

3.2.1.1. Analogien

3.2.1.2. Krankheitsbilder

3.2.1.3. Die Welt der Mikroben

3.2.2. Ventile des Zorns

3.2.2.1. Gewalt

3.2.2.2. Krieg und Tyrannei

3.2.2.3. Kriminalität

3.2.3. Ventile der Ohnmacht

3.2.3.1. Künste

3.2.3.2. Literatur

3.2.3.3. Musik

3.2.4. Gier – Ausdruck von Lebenshunger

3.2.4.1. Kranke Finanzsysteme

3.2.4.2. Eliten

3.3. Folgen der Kompensation

3.3.1. Unmündigkeit – Humus der Politik

3.3.2. Abhängigkeit – Basis der Sicherungssysteme

3.3.3. Verwaltung – Lähmung durch Regelsysteme

3.3.4. Unterhaltung – Quelle des Stumpfsinns

3.3.5. Berufswahl – wer ruft wen?

4.

Lebensförderliche Wege (

Er

leben durch Inhalte)

4.1. Sicherheit und Orientierung

4.2. Achtung und Respekt

4.3. Annahme und Selbstakzeptanz

4.4. Identifikation und Selbstbild

4.5. Kommunikation

4.6. Wurzeln und Quellen

4.7. Bildung versus Erziehung

4.8. Korrektur versus Strafe

5.

Wege nach Außen (Aus-Wege)

5.1. Religion (Glauben)

5.2. Philosophie (Denken)

5.3. Wissenschaft (Vermuten)

5.4. Sucht (Flüchten)

6.

Wege nach Innen (In-Wege)

6.1. Regulation versus Manipulation

6.2. Leben ist Resonanz

6.3. Der Resonanz-Weg

7.

Resümee

8.

Epilog

1. Prolog

Wenn wir von Naturereignissen absehen, werden große und kleine Katastrophen von Menschen verursacht. Anstatt nach den Strukturen zu suchen, die dazu führen, werden ihre Auswirkungen mühselig bekämpft und abgewehrt. Menschen ertragen die Folgen duldsam, weil sie glauben - oder weil man ihnen glaubhaft zu verstehen gibt, dass ein Leben ohne Katastrophen nicht möglich sei und dass das Leiden und Unbotmäßigkeiten zum Leben per se dazu gehören. (Das Leben als Jammertal hat sich bis in die Gegenwart als Bild festgesetzt.) Leiden ist kein Naturgesetz, sondern ein Produkt menschlichen Denkens. Leiden ist vermeidbar, wenn man menschliches Verhalten und Wirken nicht wie bisher in isolierte Kategorien wie Bildung, Psychologie, Kultur, Medizin, Kriminalistik, Gewaltforschung, Pädagogik, Soziologie, Philosophie, Religion, Wirtschaft usw. trennt, sondern die unterschiedlichen Aspekte menschlichen Handelns zusammenhängend betrachtet. Aus den daraus ergebenden Erkenntnissen müssen Konsequenzen gezogen werden. Solange diese Verknüpfung und das Denken in Zusammenhängen unterbleiben, können durch Menschen gemachte Probleme nicht gelöst werden.

Warum denken wir nicht in Zusammenhängen? Die Antwort ist so schlicht wie banal: Wir haben es nicht gelernt und es wird alles unternommen, um das zu verhindern, denn selbstständig denkende Menschen sind weder gewünscht noch gewollt. Originäres vernetztes Denken ist nur bei nicht dressierten Kindern zu beobachten, deren Welt von außen noch nicht in Kategorien eingeteilt worden ist. Sobald sie die Regelschule besuchen, ist es mit dem verknüpften Wahrnehmen der Welt vorbei, denn von diesem Zeitpunkt an trennt sich alles - streng nach Lehrplan - in isolierte Kategorien, die zu überwinden wir uns anschicken sollten, wenn wir menschengemachte Probleme lösen wollen. Isolierte Wissensvermittlung führt zwangsläufig dazu, dass Menschen eine Sicht- und Denkweise annehmen, die ihnen das Verstehen der Welt in Zusammenhängen nahezu unmöglich macht. Dieses Problem setzt sich bis in die Universitäten1 fort, die dann Experten2 freisetzen, von denen bekannt ist, dass sie zwar von ganz wenig sehr viel, aber von vielem leider gar nichts verstehen.

Im Zentrum der Kritik dieses Buches stehen das seit 450 Jahren bestehende isolierte Tatsachenverständnis, das den Einzelteilen des Wissens höchste Priorität zubilligt und das Versäumnis, die gefundenen Tatsachen zueinander in Beziehung zu setzen. Anstatt aus einer Gesamtschau entsprechende Erkenntnisse zu ziehen, die nicht nur über den Tag hinaus Bestand haben, sondern sich als allgemeingültige Plattform menschlichen Handelns anbieten, produzieren wir weiter Fragmente und unverknüpfte Mosaiksteine. Die philosophische und politische Aufklärung des 17. Jahrhunderts ist nicht zu Ende geführt worden. Die Französische Revolution hat eben nicht zur Freiheit des Denkens geführt, sondern die Tyrannei der oberen Stände3 durch die Tyrannei der Ignoranz abgelöst, deren Höhepunkt derzeit im Strudel von Mittelmaß, Beliebigkeit und Charakterlosigkeit der Systemeliten erreicht wurde. Der Mensch ist weit davon entfernt, ein zoon politikon4 zu sein, sondern ist zu einem dem Egoismus und der Selbstliebe verfallenem Wesen mutiert, dessen Vereinsamung und Pervertierung immer schneller voranschreitet. Woher kommt das? Warum machen wir das, was wir tun? Wo liegen die Motive unseres fragwürdigen Handelns? Wie bekommt das, was manche Menschen tun Gewicht, was ist dann wichtig? Wie und wo wirkt dieses Gewicht und auf welche Art und Weise drückt es sich dann letztlich als Wirklichkeit aus? All diese Fragen sollten neugierig machen und Interesse auf das wecken, was wir täglich tun und unterlassen.

Immanuel Kant hat einst gefordert, Menschen sollten den Mut entwickeln, sich des eigenen Verstandes zu bedienen (sapere aude) und den Einflüsterungen der sogenannten Gelehrten mit Vorsicht begegnen. Diese Forderung ist bis heute ein unerfüllter Wunsch geblieben, weil Menschen das gründliche Nachdenken nicht gelernt haben und heute aufgrund der Desinformation kaum mehr etwas in Frage stellen. Es ist zugegebenermaßen einfacher und bequemer, Gedachtes und Gesagtes unreflektiert zu wiederholen, anstatt selbst zu denken.

„Unterhaltungsarme“ Individuen sind im Gegensatz zu „bildungsfernen“ Schichten eher eine exotisch anmutende Randerscheinung, die nicht selten argwöhnisch beobachtet wird. Es ist daher an der Zeit, Fragen nach dem Warum und dem Wieso zu stellen und sich dabei seiner Phantasie zu bedienen, die frei von Denk- und Vorstellungsverboten ist. Diese existieren zwar in unserer aufgeklärten Zeit offiziell nicht mehr, treiben aber unter dem neuen Kleid der „politischen Korrektheit“ aberwitzige und skurrile Blüten. Das vorliegende Buch verzichtet zugunsten der Vermittlung von Zusammenhängen ganz bewusst dort auf die Darstellung von Details, wo diese anderweitig hinreichend beschrieben worden sind.

Es sollen die Knotenpunkte und dessen Verknüpfungen im Netz menschlichen Wirkens aufgezeigt und nur dort die Punkte selbst näher betrachtet werden, wo eine Erläuterung sinnvoll ist. Das gilt insbesondere für die Beispiele, die der Illustration von bestimmten Mustern dienen. Sie sollen zum verknüpften Denken Anstoß geben, in dem es die Zusammenhänge menschlichen Handelns auf den unterschiedlichsten Gebieten anschaulich darstellt. Wenn man die verschiedenen Themen mit Hilfe von Analogien detailliert betrachtet, erschließen sich die Ähnlichkeiten, Verwandtschaften und Bedingtheiten zu- und miteinander zwanglos. Wir werden feststellen, dass nicht nur nichts wirklich voneinander getrennt ist und alles zusammengehört und zusammenpasst, sondern dass alles miteinander zu tun hat und in Beziehung zueinandersteht.

1 die eigentlich Universalisten hervorbringen sollte

2 Expertentum ist die höchste Ausdrucksform menschlicher Selbstbegrenzung

3 Klerus und Adel

4 „der Mensch als geselliges Wesen“ (Ausspruch von Aristoteles)

2. Wir ernten, was wir säen

Das, was Menschen zum Ausdruck bringen oder produzieren, ist letztlich immer ein Spiegel dessen, was in Ihnen wirksam ist. Menschen reagieren auf ihre Lebenswirklichkeit sehr unterschiedlich. Der Erste bleibt gesund, weil er sein Leben lebt, der Zweite wird krank, weil er das Leben eines anderen führt, der Dritte wird kriminell, weil er in seiner Kindheit Missachtung erfahren hat, der Vierte schreibt Gedichte oder singt, weil ihm niemand richtig zuhört, der Fünfte geht ins Kloster und sucht seinen Gott, weil ihn seine Mutter zurückgewiesen hat, der Sechste wird Investmentbanker und verwaltet leblose Zahlen, weil ihm seine Welt menschliche Wärme vorenthalten hat, der Siebte ist gewalttätig, weil ihn sein Vater im Namen einer fragwürdigen Pädagogik züchtigte und der Achte führt Krieg im Namen eines Gottes, um erfahrene und lebendige Qualen nicht mehr wahrnehmen zu müssen. Wenn wir also jene Phänomene beklagen, die uns Angst machen und vor denen wir uns fürchten, müssen wir uns vor Augen führen, dass dies letztlich Auswirkungen unseres eigenen Handelns sind, die direkt oder indirekt auf uns zurückfallen. Da wir den Zusammenhang zwischen dem, was wir machen und dem, was wir zurückbekommen nicht sehen, beschränken wir unsere Aktivitäten auf das Abwehren dieser Phänomene, weil wir diese nicht als Reaktionen auf unser eigenes Denken und Handeln begreifen. Wir begnügen uns mit oberflächlichen und vordergründigen Erklärungen und vergeuden vor diesem Hintergrund unsere Kräfte gegen Allergien, Mobbing, Terrorismus, Krebs, Demenz, Armut, AIDS, Kindesmissbrauch usw. Wir haben nicht begriffen, dass es sich um selbst produzierte Symptome derselben Störung handelt, nämlich um die Art und Weise, wie (zivilisierte) Menschen entgegen ihrer angelegten Säugerprogramme ihr Leben führen, bzw. ertragen und erdulden.

Wir sehen uns zunehmend mit dem Umstand konfrontiert, dass unsere aufwendigen Abwehrmaßnahmen gegen diese vielfältigen Symptome nicht mehr funktionieren und aus dem Ruder laufen, da jede Aktion mindestens eine weitere Reaktion des Systems nach sich zieht, was die nachfolgenden Szenen exemplarisch illustrieren mögen:

Ein im Leben wiederholt Gedemütigter wird seinem Zorn später auf verschiedenen Wegen Luft machen.

Eine erfolgreich behandelte Neurodermitis wird bald unter einem anderen Kleid, z.B. als Asthma, die gleiche Not zum Ausdruck bringen.

Antibiotika motivieren Keime dahingehend, Maßnahmen zu ergreifen, diese Substanzen unschädlich zu machen. (Resistenzbildung)

Genmanipulierte Pflanzen werden zwar für den „Schädling A“ ungenießbar, aber mit der Zeit wird ein Käfer des Weges kommen und sich ihrer als schmackhafte Quelle bedienen.

Schnäppchenjäger büßen ihr gespartes Geld durch erhöhte Steuern und Abgaben, mit denen entlassene Mitarbeiter verlustiger Firmen über Umlagen alimentiert werden.

Das Schließen von „Steuerschlupflöchern“ wird nur kurzfristig Steuermehreinnahmen generieren, weil clevere Menschen als Reaktion darauf sofort Umgehungsstrategien entwickeln, um sich dem Zwang zu entziehen.

Wer sich 10.000 Euro leiht und nach einem Jahr 11.000 Euro zurückzahlen muss, wird den Differenzbetrag (Zins) jemandem stehlen oder wegnehmen müssen, da dieses Geld als Äquivalent in Wirklichkeit nicht existiert, sondern aus dem Nichts generiert wird. Am Ende des Spiels polarisiert sich die Welt die „Habenichtse“ und „Habealles“ und entlädt sich in Krieg und Zerstörung.

Wer einen friedlichen Hund oder Menschen oder ein friedliches Volk ständig drangsaliert und knechtet, wird irgendwann seine Quittung dafür erhalten.

2.1. Nährboden und ihre Früchte

2.1.1. Gegenwart (2022)

Im Frühjahr 2020 begann ein Virus die Welt zu erobern, das die Menschen noch immer in seinem Bann hält. Das aus Wuhan5 stammende Wesen hat es geschafft, die Welt und seine Bewohner in Angst und Schrecken zu versetzen. Dieses Virus ist dem Vernehmen nach so gefährlich, dass die WHO eine weltweite Pandemie ausrief und fieberhaft nach Lösungen gefahndet wurde. Ein Wettlauf von Pharmaunternehmen begann. Die einzige von offiziellen Stellen propagierte Lösung war eine Impfung gegen das Virus mit dem Namen SARS-Cov2 unter der Bezeichnung Corona (Krönung). Niemand propagierte eine gesunde Lebensführung oder Training des Immunsystems. Impfen sei alternativlos.

Diese Entwicklung war so dramatisch, dass dem Philanthropen und Microsoft-Gründer Bill Gates im April 2020 in den Tagesthemen knapp 10 Minuten eingeräumt wurde, um den GEZ-Zuschauern mitzuteilen, dass diese Gefahr erst dann gebannt werden könne, wenn er jeden Menschen auf diesem Planeten mit einer Impfung versehen hat. Das gerade Bill Gates mit dieser Mitteilung an die Öffentlichkeit trat, ist mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen worden, denn dem Herrn ist es nie gelungen ein Betriebssystem zu etablieren, dass vor Viren schützt. Und nun empfiehlt sich ebendieser als Menschenretter, um uns gegen Corona zu schützen.

Die Menschen wurden weltweit mit dem Angebot gelockt, sie bekämen ihre Freiheit zurück, wenn sie sich impfen lassen würden. Nun sind viele diesem Angebot nicht deswegen gefolgt, weil sie sich vor dem Virus schützen wollten, sondern weil sie glaubten, dadurch ihr altes Leben zurückzuerhalten. Viele davon merkten allerdings, dass sie mit Zitronen gehandelt haben. Auf die zweifache Impfung folgte der Booster. Das Impfen wird also kein Ende nehmen, da immer weitere Varianten aufgetreten sein sollen. Es sollen Mutationen in Regionen aufgetreten sein, von denen die Menschen in diesen Regionen noch nie etwas gehört hatten. (z. B die Südafrika-Variante). Das Corona-Impfen sieht ganz nach einem Abonnement aus.

Bis Ende 2021 wurden nun mehrere mRNA6-Impfstoffe entwickelt worden und sind zum Einsatz gekommen. Es sollen weltweit 3,3 Milliarden7 Menschen geimpft sein. Inzwischen sollen auch nach verschiedene Varianten aufgetaucht sein, die nach dem griechischen Alphabet kodifiziert wurden, obwohl es noch nicht gelungen ist, dieses Virus zu isolieren und nachzuweisen.

Merkwürdig in diesem Zusammenhang ist auch, dass der Nachweis von Coronaviren mittels PCR-Test laut seinem Erfinder Dr. Karry Mullis8 gar nicht möglich ist, weil mittels der Polymerase-Kettenreaktion alles nachgewiesen werden kann, was gewünscht ist. Nur keine Infektionen.

Obwohl das auch bei den Entscheidungsträgern bekannt sein dürfte, beruhen auf diesen Testungen die erhobenen Maßnahmen, zu denen unter anderem Kontaktverbot, Tragen von Gesichtsmasken9 und Abstandsregeln gehören. Das Herunterfahren des Normalen Lebens wird als Lockdown bezeichnet, ein Begriff, der aus dem Strafvollzug stammt und das Einschließen von Häftlingen bedeutet. Dies hat zum Teil zu dramatischen Auswirkungen im Wirtschaftsleben geführt. Es wurde nicht nur in Deutschland offen über eine Impfpflicht zur Eindämmung einer vermeintlichen Pandemie gesprochen, obwohl die eigenen Statistiken keine Übersterblichkeit10 nachweisen konnten. Eine Übersterblichkeit hingegen wurde 2021 im Zusammenhang mit der intramuskulären Applikation von experimentellen Substanzen sichtbar.

Welches Motiv könnte hinter der Absicht stehen, jeden Menschen auf der Welt gegen das Coronavirus zu impfen? Wenn wir der Geschichte des Begriffs zu seinem Ursprung folgen, stoßen wir auf einen Prozess, der in der Botanik beheimatet ist. Diesen Prozess nennt man Pfropfung. Damit wird eine Technik beschrieben, die der Veredelung dient, mit dem Ziel, das Pflanzen in Zukunft nur noch bestimmte Merkmale ausbilden. Alle geimpften Pflanzen entstammen einer gemeinsamen Herkunft.

Ist es vorstellbar, dass mit den gepfropften Menschen eine neue Nation gegründet werden soll, da das Merkmal einer jeden Nation die gemeinsame Herkunft seiner Mitglieder ist? Der Impfpass weißt dann jeden Bewohner dieser neuen Nation aus, die zwar keine sichtbaren Grenzen besitzt und auch keinen Staat begründet, aber eine genetische Gemeinsamkeit aufweist. Eine gemeinsame Konstruktion in ihrem Stammbaum. Und die Mitglieder dieser Nation sind auch gleich unter dem Dach einer neuen Religion vereint, die sich gegen den „menschengemachten Klimawandel“ und gegen das Coronavirus richtet.

Klingt das plausibel?

Angesichts dieser Befunde, dem Niedergang von bestimmten Teilen der Wirtschaft und das Aufzwingen einer Impfung, stellt sich folgende Frage: Cui bono? Gibt es einen Zusammenhang? Könnte das Ganze vielleicht einem bestimmten Zweck dienen? Welche Rolle spielt das Geld in diesem Spiel?

Wer sich mit dem Finanzsystem näher beschäftigt wird feststellen, dass dem FiatMoney11 ein Zerstörungsimpetus innewohnt. Die aufkommende Angst und das Bedürfnis nach Sicherheit dienen als Begründung, um Freiheitsrechte weiter einzuschränken, an dessen Ende eine Neue Weltordnung (NWO) stehen soll. Wenn die Architekten dieses Planes erfolgreich sein werden, wird es keine souveränen Staaten und keine freie Menschen mehr geben, sondern nur noch abgerichtete und dressierte, domestizierte Primaten, die nach Pawlow´schen Reflexen12 reagieren und sich Mammon13 unterwerfen. Bei der Errichtung dieser NWO steht insbesondere Deutschland als Haupthindernis im Wege. Die irdischen Repräsentanten dieses Gottes haben die Vorstellung, dass Geld „arbeiten“ könne, erfolgreich in die Gehirne der Mensch implementiert, und seither unterliegen die mit diesem Bild geimpften Menschen der Illusion der Geldvermehrung durch „Anlage“. Dem normalen Zeitgenossen ist schwer zu vermitteln, dass „arbeitendes“ Geld nichts anderes ist als eine Illusion auf Rechnerebene, die nur noch virtuell generiert wird und deren weltweite Wertschöpfung inzwischen 99,5% aus Mickey Mouse-Geld besteht, oder wie es manche Banker nennen: FIAT-Money14. Der kleine Rest von 0,5% steht einem tatsächlichen Wert in Form von Waren oder Objekten gegenüber. Barack Obama trat das Erbe von George W. Bush an, und führte weiterhin Krieg im Irak. Bush Junior bekämpfte das, was sein Vater einst installierte15. Dort wurde versucht, den Menschen die Segnungen des US-amerikanischen Demokratiemodells – die Pax Americana – mit Schnellfeuergewehren zu vermitteln16. „Betreutes Bomben“ schafft ein förderliches Milieu der Angst für Interessen, die nicht dem Menschen dienen, sondern empathielosen Wesen, die diesen Erdball über Geld, Medien und Politik kontrollieren. Demokratie entpuppt sich als Weiterentwicklung von Faschismus; Verschmelzung von einst Industrie und Politik, hin zu Hochfinanz und Politik.

Damit die Architekten des Geldsystems selbst unbehelligt und vor allem schadlos bleiben, müssen in regelmäßigen Abständen Werte und Vermögen zerstört werden. Das geschieht in aller Regel mittels Krieg. Am besten mit einem Weltkrieg. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass wir den 3. Weltkrieg erlebt hätten, wenn Hillary Clinton die Nachfolge von Barack Obama angetreten hätte. Stattdessen hielt ein Mann mit einer merkwürdigen Frisur und seltsamen Ansichten Einzug ins Weiße Haus. Dieser Herr beendete nicht nur alle Kriege, die seine Vorgänger begannen, sondern besaß darüber hinaus die Frechheit, keine neuen Kriege vom Zaun zu brechen. Das konnte jenen nicht gefallen, die auf eine Fortsetzung von Krieg und Zerstörung Wetten abgeschlossen hatten.

Nun wohnt Donald Trump glücklicherweise nicht mehr im Weißen Haus, weil nach Angaben der Systemmedien Joseph Biden im Jahre 2020 mehr Stimmen auf sich vereinigt haben soll, als Barack Obama17. Diejenigen, die auf Hillary Clinton gewettet hatten, haben 4 Jahre verloren, ihren Zerstörungsplan zu Ende zu führen. Da sie mit Herrn Biden nicht so ohne weiteres einen Weltkrieg führen können, brauchte es einen anderen Plan, um das Geldsystem am Leben zu erhalten. Dieser Plan heißt Great Reset und wurde mit großer Verve von Klaus Schwab18 vorgetragen. Sein Credo im Jahre 2020 lautete: „Ihr werdet in 10 Jahren nichts mehr besitzen und glücklich sein.“ Er versprach ein Bürgergeld für Jedermann und Schuldenerlass, wenn sich die Menschen dazu entscheiden, all ihr Eigentum auf jene zu übertragen, die sich Philanthropen nennen und nur das Beste für alle Menschen wollen. Das Bürgergeld wird sicherlich nicht ohne Bedingungen gewährt, sondern wird an ein Sozialkreditsystem gekoppelt, so das nur diejenigen in den Genuss dieser Zahlungen kommen werden, die sich sozial, politisch und klimakorrekt verhalten. Inwieweit diese dystopische Aussicht noch etwas mit einem Leben freier Menschen zu tun hat, mag jeder für sich selbst bewerten.

Verlassen wir nun das globale Kriegsgebiet und schauen einem erfahrenen Bauern auf seinem Feld bei seiner Arbeit zu. Wenn der Autor von einem Bauern spricht, meint er keinen modernen Landwirt, der sein Handeln nach den Maßgaben von Experten in einer (EU-)Verwaltung oder eines Chemiekonzerns ausrichtet, sondern einer, der eine instinktive Verbindung zu dem Boden besitzt, auf dem er steht, und weder ein Laptop noch eine Aussaatanweisung eines Herstellers benötigt, um seinem Beruf nachzugehen. Stellen wir uns diesen Menschen vor, der diesen Boden, auf dem er steht, in die Hand nimmt, seine Konsistenz überprüft, in dem er diesen zwischen Daumen und Zeigefinger zerreibt und daran riecht. Er kann die Zeichen seines Feldes lesen und weiß, wie es seinem Boden geht. Er weiß vor allem, was dieser Boden braucht, wie er angefasst und bearbeitet werden will. Er muss das alles wissen, um sicher zu stellen, dass sein Boden später reife und gesunde Früchte tragen soll. Er wird dann durch Hinweise der Natur die richtige Zeit erkennen, um den Samen auszubringen und diesen Samen im Schutze seines Bodens ruhen lassen. Von der Beherbergung dieses Samens hängt es nämlich ab, ob er heranreifen kann oder nicht. Wenn der Keimling die Bodenkrume durchbrochen hat, bedarf es der richtigen Hege und Pflege, damit dieses Pflänzchen heranwachsen kann, um schließlich erwachsen zu werden. Der Bauer weiß, dass seine Pflanzen nicht nur um ihrer selbst willen da sind, sondern vor allem, um Früchte zu tragen, die ihrerseits den Samen für das Fortpflanzen enthalten. Ob seine Pflanzen also ein eigenständiges Dasein führen können hängt im Wesentlichen davon ab, ob die in ihnen programmierten Anlagen gelebt werden können oder nicht. Dafür bedarf es Raum, Zeit und Gespür. Der Bauer wird alles daransetzen, damit seine Keimlinge unter förderlichen Bedingungen heranwachsen. Mit anderen Worten, die Zeit der Hege und Pflege ist die wichtigste im Leben von Lebewesen, die der Zuwendung bedürfen. Das Bild des umsichtigen Bauern möge auch Pate stehen, wenn er sich seinen Tieren zuwendet, die er mit Namen anspricht und ihnen Respekt erweist. Nur achtsame und empfindsame Menschen wissen, dass jede Form des Lebens Respekt verdient, weil es lebendig ist.

Woran mag es liegen, dass der moderne Landwirt hingegen keinen oder wenig instinktiven Bezug zu dem hat, was er macht? Könnte es damit zusammenhängen, dass er von Kontrolleuren und Vorschriften getrieben und davon abgehalten wird, Bauer zu sein? Pflanzen und Tiere sind für ihn daher in erster Linie Produkte einer Technologie, die man nach Belieben benutzen und ausbeuten kann und keine Lebewesen, denen man mit Respekt begegnet. Und er wird entsprechend mit ihnen umgehen. Nun haben Pflanzen verschiedene Möglichkeiten auf Umstände zu reagieren, die ihnen nicht guttun. Sie verändern ihr Äußeres, produzieren Gifte, damit sie ungenießbar werden, wachsen anders oder ersinnen sonstige Maßnahmen, um ihr Überleben zu sichern. Wenn diese Pflanzen nicht gesund heranwachsen und krank werden, kann man davon ausgehen, dass etwas in sie hineinwirkt, was ihnen nicht guttut. Entweder, weil sie Dinge tun sollen, die sie nicht können oder nichts mit ihnen zu tun haben. Sie werden eingehen und sterben.

An den Früchten erkennen wir die Qualität ihrer Quellen, sie sind das Abbild ihrer Herkunft. Sie haben nur dann eine Zukunft, wenn ihre Herkunft sichernden und schützenden Charakter besitzt.

Betrachten wir nun nach diesem Ausflug den Menschen selbst. Wie sehen seine Quellen aus? Wie ist der Boden beschaffen, auf dem seine Früchte wachsen?

2.1.2. Geschichtlicher Rückblick

Um die Verhaltensmuster des Menschen der Gegenwart verstehen und einordnen zu können, ist ein Blick in die Vergangenheit unerlässlich, da wir nur dort unsere Quellen vorfinden. In der nun folgenden Beschreibung geht es nicht darum, Perioden aneinander zu reihen, sondern den Wesenskern für den Menschen und seine Entwicklung herauszustellen und diesen als „roten Faden“ deutlich zu machen, an dem man sich orientieren kann. Es geht nicht darum, lediglich historische Tatbestände zu benennen, sondern deren Auswirkungen (besonders für das menschliche Denken) zu betrachten und im Auge zu behalten.

Im Zentrum dieses Rückblicks steht die Beleuchtung des sogenannten Anthroprozentrismus19, dessen wesentliches Merkmal im Alleinstellungsanspruch des Menschen besteht, aus dem er das Recht ableitet, zu herrschen und zu gebieten. Die Art und Weise, wie der Mensch gegenwärtig mit sich und seiner Umwelt umgeht, wozu nicht nur seine Mitmenschen gehören, sondern vor allem Tiere, Pflanzen und die Erde, auf der er lebt, beruht nämlich auf diesem Selbstverständnis. Die Denkhaltung, dass sich die Welt um den Menschen drehe, begann im antiken Griechenland. Der, wenn auch nur erkenntnistheoretische Satz, dass „der Mensch das Maß aller Dinge“20 sei, kennzeichnete eine wesentliche Zeitenwende, in der der Verstand nun endgültig die Kontrolle über das menschliche Tun zu übernehmen trachtete, in dem er den Logos, also das Rationale als ultimatives Werkzeug seines Handelns entwickelte und sich dabei anschickte, auf Eidos21 zu verzichten. Je mehr sich der Mensch dem rationellen Denken widmete und sich von seinen Wahrnehmungen verabschiedete, desto mehr rückten die Vorstellungen des Möglichen in den Vordergrund. Menschen taten fortan Dinge, nicht weil sie nötig, sondern weil sie machbar waren. Das zeigte sich bereits deutlich in der Abkehr von den Göttern, die vormals Naturgestalten waren und nunmehr menschliche Gestalt annahmen. Während die in die Natur eingebundenen Menschen in sehr großen Zeitläufen dachten und sich in die Kreisläufe der Welt einpassten, änderte sich der Zeithorizont mit der Dominanz des Verstandes und der damit verbundenen Machbarkeit auf die eines Menschenlebens. Die Vervollkommnung des Machbaren, aus der sich dann Macht und Bemächtigung herleiteten, wurde durch die Römer vorangetrieben, die sich endgültig vom Eingebundensein des Menschen in die Natur verabschiedeten und ihre Welt mit allen darin lebenden Kreaturen nur noch als Gebrauchsgüter für den Menschen ansahen. Cicero22 schrieb, dass die Welt „in erster Linie der Götter und Menschen wegen geschaffen worden“ sei „aber all ihre Einrichtungen sind nur zum Nutzen des Menschen ersonnen und ausgeführt.“ Das Selbstbild der römischen Potentaten und Führer zeigt sich vor allem in den so genannten „Gottkaisern“. Die Ägypter waren zu dieser Zeit in ihre natürlichen Vorstellungen der Welt eingebunden, was sich in ihrem Modell des Osiris23 zeigte. Ihre Vorbilder stammten von den Sumerern, den „Erfindern“ der Zivilisation, die die Grundlagen der späteren Kulturen des mittleren Ostens und Europas lieferten.

„Die Sumerer betrachteten die Natur als lebendige Einheit, die Götter und Göttinnen waren Verkörperungen dieser lebendigen Kräfte, und jeder hatte bei den Kräften der Natur seine Rolle zu spielen. Manche dieser Götter waren für die Fruchtbarkeit des Bodens und seiner Nutzer zuständig, während andere die Verantwortung für die Stürme hatten“24

Das zwischen Euphrat und Tigris gelegene Sumer war auch die Heimstatt des Stammvaters der Juden: Abraham, der in Ur lebte und dies während des Niedergangs verließ, nachdem er die Aufforderung dazu von einem neuen Gott erhielt. Dieser Gott soll sich nach Überlieferung dem Stammvater Abraham offenbart und ihm mitgeteilt haben, dass er alles aufgeben solle, was er besäße. Seine Nachfahren wurden in Ägypten reich und mächtig und gerieten dadurch in die Sklaverei. Die Ägypter nannten die herumwandernden semitischen Beduinen Habiru, woraus sich der Begriff „Hebräer“ ableitete. Erich Fromm formulierte, dass sie „die Vision des einen Gottes, des Gottes ihrer nomadischen Vorfahren“ verlieren „und stattdessen Götzen anbeten; die Götter der Reichen werden später zu ihren Herren.“25 Das jüdische Weltbild besaß keinen Naturbezug. Ihr Modell blieb eine Wüstenreligion, was sich beim Einzug der Hebräer ins gelobte Land zeigte, als sie die Kanaaniter26 niedermetzelten, die ihrerseits Erde und Himmel als Götter verehrten. Das Alte Testament legt keinerlei Zeugnis von einem tiefen Weltverstehen ab, sondern zeigt im Gegenteil einen exklusiven Machtanspruch eines patriarchalischen Wesens, den die Hebräer in der Gestalt Jehova sublimierten, einem Gott, dem alles gehört27 und der den Menschen nach ihren Vorstellungen die Erde anvertraute, um die Welt mit all ihrem Inhalt im Sinne der Gebote Jehova zu erfüllen. Die Tatsache, dass wir in der Schöpfungsgeschichte lesen „Lasset uns Menschen machen“28 lässt darauf schließen, dass es sich um mehrere Schöpfer gehandelt haben muss. Jehova wird von Rudolf Steiner29 als einer der 7 Elohim30 bezeichnet, die insgesamt als „Schöpfer der Form“ gelten. Jehova zog es aber offenbar vor, sich selbstständig zu machen und diesen Titel für sich allein zu beanspruchen. Er bezeichnet sich als „Gott der Götter“, obwohl er nur als Gott der dritten Generation anzusehen ist. Als Gefallener oder gar Ausgestoßener aus einer Gruppe von Göttern wird durchaus verständlich, warum sich Jehova als eifersüchtiger Zeitgenosse entpuppt31, den Angst vor Mangel umtreibt und sich jähzornig, strafend und brutal in eine Welt transzendiert, die sich nur noch um ihn selbst zu drehen habe. Jehova buhlt um Aufmerksamkeit und würde heutzutage wahrscheinlich als „ADHS-Kind“ klassifiziert werden. Da er aber nicht als Kind, sondern als Gott in Erscheinung tritt, ist seine Wirkung als Autorität verheerend, da er den Menschen als Mangelwesen gegenübertritt. Er duldet niemanden an seiner Seite und fordert von den Hebräern absoluten Gehorsam, wobei er sich zur Durchsetzung seiner Gebote einer umfassenden Strafandrohung bedient32:

Wenn ihr euch an meine Vorschriften haltet und meine Gebote befolgt, will ich es immer zur rechten Zeit regnen lassen. Dann wird die Erde ihre Erträge hervorbringen und die Bäume ihre Früchte. Die Dreschzeit wird bis zur Weinlese dauern und die Weinlese bis zur Saatzeit. Ihr werdet mehr als genug zu essen haben und sicher in eurem Land leben. (...) Wenn ihr jedoch nicht auf mich hört und meine Gebote nicht befolgt, sondern den Bund mit mir brecht, indem ihr meine Gesetze missachtet und meine Vorschriften gering schätzt und daher nicht alle meine Gebote befolgt, werde ich euch folgendermaßen bestrafen: Ich werde schreckliches Leid über euch kommen lassen, ihr werdet unter unheilbaren Krankheiten und Fieber zu leiden haben, sodass ihr erblindet und langsam dahinsiecht. Ich werde wilde Tiere auf euch loslassen, die eure Kinder fressen, euer Vieh reißen und so viele von euch töten, dass eure Straßen menschenleer daliegen.

Jehova benahm sich aber nicht nur seinen Gegnern gegenüber brutal, sondern auch seinen Anhängern33:

Und als Mose unterwegs in der Herberge war, kam ihm der HERR entgegen und wollte ihn töten. Da nahm Zippora einen scharfen Stein und beschnitt ihrem Sohn die Vorhaut und berührte damit seine Scham und sprach: Du bist mir ein Blutbräutigam. Da ließ er von ihm ab. Sie sagte aber Blutbräutigam um der Beschneidung willen.

Jehova ist der Prototyp der Ein-Gott-Systeme, von denen sich Islam und Christentum als Schwesterreligionen ableiten. Beiden gemeinsam ist das unwandelbare Gesetz, das ewig Gültigkeit besitzt. Auch später erlangte Kenntnisse müssen sich an das Gesetz anpassen und nicht etwa umgekehrt. So mussten die Menschen des Abendlandes 1500 Jahre glauben, dass die Erde eine Scheibe sei, obwohl ein Grieche34 bereits nachgewiesen hatte, dass sie eine Kugel ist. Das Christentum lässt sich als eine Synthese aus römischem und jüdischem Modell verstehen, in der sich zum einen Macht und zum anderen Exklusivität als Merkmal herausbildete. Das Christentum brachte das zu Ende, was die Hebräer angefangen hatten, dessen Jehova weder Name noch Gestalt besaß. Gott ist in Jesus Christus schließlich Mensch geworden und katapultierte diese Spezies damit in das Zentrum der Welt, um die sich alles andere an - und unterzuordnen hatte.

Dieser Paradigmenwechsel hatte weitreichende Konsequenzen, denn der bis dahin in die Gesetzmäßigkeiten der Natur eingebundene, mythologisch geprägte Mensch ist seiner seit Tausenden von Jahren tradierten Wurzeln beraubt worden. Fortan war er gezwungen, die Überlieferungen seiner Vorväter zu leugnen, seinem Empfinden und seinem Gefühl zu misstrauen, da diese der neuen göttlichen Ordnung widersprachen. Alle instinktmäßigen Verbindungen, die ihn als Mitglied der Welt auszeichneten, wichen dem erzwungenen Bild, sich nun die Welt untertan zu machen. Gefühle wurden als Aberglauben verfemt und systematisch mit allen – vor allem gewalttätigen - Mitteln ausgetrieben. Der Verstand mutierte zum Maßstab der Dinge. Das Verheerende an dieser Entwicklung ist aber nicht die Kappung der Wurzeln allein, sondern die Implementierung eines ferngesteuerten „Sprengsatzes“, der nach Belieben gezündet werden konnte. Bei diesem Sprengstoff handelt es sich um die Verkündung der Erbsünde35, die den Menschen einen Schuldkomplex in sein Bewusstsein einpflanzte, der bis heute in aller Brutalität wirkt. Die Schuld ist ein Begriff, der durch die römische Kirche eingeführt wurde und die lebenslange Abhängigkeit der Menschen von der klerikalen Ordnung ermöglichte, die sich als Sachwalterin der neuen Wahrheit etablierte. Der „Sünder“ konnte nur durch den „gnädigen“ Akt der kirchlichen Absolution von der Schuld freigesprochen werden. Damit war seine Schuld aber keineswegs getilgt, sondern nur gestundet. Sie wird nicht vergessen, denn die Schlussabrechnung erfolgt zum „Jüngsten Gericht“. Der Begriff Schuld leitet sich vom germanischen Skuld ab, worunter die „Folge einer Tat“ verstanden wurde. In diesem Zusammenhang geht es weder um Abhängigkeit noch um Strafe; Skuld ist ein Vektor der Zeit, nämlich dessen, was kommt. Skuld ist eine der Nornen36, die in der germanischen Mythologie die Göttin der Zukunft darstellt. Sie wurde von den Germanen ehrerbietig um Weissagung gebeten. Ändern konnte man das Schicksal nicht, das die Nornen zuteilen, aber ihren Spruch akzeptieren, annehmen und danach leben. Die katholische Kirche hat Skuld in „Schuld“ transformiert und daraus den wirksamsten „Klebstoff“ kreiert, der je entwickelt worden ist. Mit Schuld werden Menschen angeklagt und gefügig gemacht. Da auf der Schuld die Strafe auf dem Fuße folgt bildet die Schuld sehr früh die Muster der Angst, da mit Strafe der Entzug in Verbindung steht: Der Entzug von Zuwendung, Wärme und Nahrung. Diese tiefgreifenden Muster wurden im Alarmsystem (Psyche) des Menschen abgelegt und an weitere Generationen weitergegeben, deren Erkennungssystem dann ein riesiges Sensorium von Abwehrwerkzeugen ausbildet. Seit dieser Zeit lässt dieser Schuldkomplex Menschen unförderlich und fehlerhaft - da reflexartig - reagieren. Mit diesem Denkmuster war es fortan nicht mehr möglich, weitere Taten zu verhindern, da die einer Tat vorausgehenden Muster nicht geheilt werden können. Stattdessen werden die Voraussetzungen geschaffen, dass die aus der mit Schuld verknüpften Bestrafung die Saat für spätere Taten legt. Ein Teufelskreis entsteht, der durch das Jehova-Modell ständig und fortwährend genährt und unterfüttert wird, da dieses Modell seit Anbeginn durch Gewalt verbreitet wurde.

Wie präzise diese Indoktrination37 funktioniert, zeigt sich an der Schizophrenie38 der bis heute verkündigten „frohen Botschaft“. Sie besteht darin, dass Menschen zunächst mit Gewalt dazu bekehrt worden sind und auch glauben, dass sie gesündigt haben, und man ihnen anschließend zu verstehen gibt, dass sie der Hilfe der Kirche bedürfen, um sich der „Schuld“ zu entledigen. Damit wurde das am besten funktionierende Kontrollsystem des Denkens installiert, das bis in die Gegenwart präzise seinen Dienst verrichtet. Die „Bekehrung“ zum Christentum haben die Europäer des Mittelalters Karl I von Franken39 zu verdanken, der sich mit Papst Leo III auf einen folgenschweren Handel einließ. Zur Unterjochung der Sachsen benötigte er mehr als drei Jahrzehnte, die von Zwangstaufen, Verwüstungen, Deportationen, Massentötungen und strengen Gesetzen begleitet wurden. Die dabei an den Tag gelegte Brutalität trug ihm schnell den Beinamen Sachsenschlächter ein. Als Gegenleistung für seine Unterstützung gegen die Langobarden40 ließ er sich schließlich von selbigem Papst im Jahre 800 n. Chr. zum Kaiser krönen.

Ihrer Führungsköpfe entledigt, wurden die Menschen ihrer Quellen, ihrer Traditionen und vor allem ihrer Identität beraubt. Um zu überleben, hielten bei den einst stolzen und selbstbewussten Menschen Lüge und Heuchelei Einzug. Das Ergebnis dieser „Bekehrung“ ist ein infantiler Mensch, der nicht erwachsen werden kann und in diesem Zusammenhang nicht nur kindlich bleibt, sondern vor allem zornig wird, da er in Zwangssystemen leben muss, aus denen er nicht ausbrechen kann. Es ist vor allem dieser Zorn, der im Unterbewusstsein das Verhalten der Menschen steuert und nach Ausdruck und Kompensation sucht. Nur so ist das Verhalten der Menschen in und nach dieser Zeit verstehbar. Sie denken nicht selbst nach, da das Fragenstellen - also auch das Infragestellen des Modells - den Ausschluss aus der Gemeinschaft jener zur Folge hat, die das Geoffenbarte glauben. Da Kinder - also Nichterwachsene - keine Chance haben, ohne ihre Quellen zu leben, kehren die meisten in den „Schoß“ ihrer Systeme als Gefangene zurück. Ihr Unterbewusstsein registriert diese Gefangenschaft sehr wohl, und lässt diese Menschen diesen Umstand auf unterschiedliche Art und Weise zum Ausdruck bringen. Sie werden zornig, auch wenn sie resignieren. Dieses vor Jahrhunderten implementierte Programm sorgte dafür, dass Menschen für etwas bezahlen müssen, das sie nicht erworben haben, sondern ihnen aufgezwungen wurde.

(Wenn wir uns mit historischen Prozessen beschäftigen, sollten wir nicht nur die Ereignisse isoliert aneinanderreihen, sondern uns mit den Fern- und Breitenwirkungen dieser Ereignisse für die Menschen, die das erlebt und weitergegeben haben, auseinandersetzen. Wir müssen die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass all das in jedem von uns steckt, weil diese Informationen nicht verloren gehen, sondern gespeichert werden.)

Die Hauptwirkung des Jehova-Modells liegt also in der vollständigen Unmündigkeit und der Kontrolle des Menschen begründet, der nicht mehr für sich selbst verantwortlich ist, da der neue Gott alle Geschicke lenkt und der Mensch dies nur noch erdulden und ertragen darf. Der bekehrte Mensch kann in diesem Zustand nicht erwachsen werden und bleibt vor allem emotionell ein Kind, bei dem die Mechanismen des Gehorchens und des Bestrafens fraglos funktionieren. (Bezeichnenderweise spricht der Pontifex maximus41 auch nur von den Kindern Gottes und nicht von den Erwachsenen desselben.)

Die Menschen wurden durch das Jehova-Modell - der Prototyp der Eingott-Systeme - nicht nur ihrer Wurzeln und ihrer Identität beraubt, sondern auch allen Quellen des Wohlbefindens, der Sinnesfreude, ihrer Körperlichkeit und Natürlichkeit, wozu auch die Sexualität gehört, weil sie fortan abwehren und bekämpfen mussten, was bislang Teil ihres Selbstempfindens und Selbstverständnisses war. Hier beginnt die folgenschwere Abspaltung jener natürlichen Anteile, die die Grundlage für das Leben im Allgemeinen darstellen. Freude zu empfinden war nun nicht mehr Privatangelegenheit, sondern hatte der Befriedigung des Gottes zu dienen, was bis in die Gegenwart wirksam geblieben ist. Alle Freuden, die nicht dem Gotte dienten, waren Frevel und wurden bestraft. Damit wurde die Brutstätte für jede Form von Aggression installiert, die sich sowohl gegen den Menschen selbst durch Krankheit, als auch gegen andere durch Zerstörung wendet. Diese Destruktion natürlicher menschlicher Inhalte zeigt sich historisch auf verschiedenen Ebenen. Zunächst wären die Kreuzzüge zu nennen, bei denen es weniger um die „Befreiung“ Jerusalems von den Muslimen ging, als um die Ausweitung und Kontrolle der neuen Handelsgebiete. Die Inquisition und die Hexenverfolgungen hatten nicht nur die Zerstörung alten und bewährten Wissens zum Ziel, sondern die Kontrolle der Sexualität und damit die Verfügbarkeit der Frau. Das hat nicht nur weitreichende Folgen für das Selbstempfinden der Frau, das sich bis in die Gegenwart fortsetzt, sondern auch für die Weitergabe von Informationen an die Kinder, denn durch den Verlust mythologischer Kenntnisse wurden die Menschen mental heimatlos und damit besser manipulierbar. Die Menschen dieser Zeit blieben im Kerker ihrer Gedanken gefangen, da jede von der Kirche abweichende Äußerung die Gefahr in sich barg, der Häresie42 bezichtigt zu werden. Die Wirkung des Jehova-Modells blieb aber nicht auf Europa und Nordafrika beschränkt, sondern wurde durch die Conquista43 der Spanier und Portugiesen nach Südamerika exportiert, was die Zerstörung der dortigen Hochkulturen zur Folge hatte. Das gleiche Schicksal erlitten die Stämme Nordamerikas, als überwiegend Engländer und Franzosen im Namen ihres Herrn die Neue Welt zu besiedeln begannen. Die europäischen „Nomaden des Barocks“44 breiteten dieses Modell auf dem neuen Kontinent mit unglaublicher Rücksichtslosigkeit und Brutalität aus. Da sich die Indianer als ungeeignet erwiesen, als Sklaven in den Zuckerrohrplantagen zu arbeiten, begann die wohl größte Zwangsdeportation in der Geschichte der Menschheit. Bis 1850, also bis zum Beginn der industriellen Revolution, wurden ca. 15 Millionen Afrikaner in die Neue Welt verschifft, um den reichen und satten Menschen Europas das Leben zu versüßen. Was der Zucker für die Wohlhabenden bedeutete, stellte für die Leidtragenden jene Bitterkeit dar, mit der nicht nur das Leben der Deportierten zerstört wurde, sondern den schwarzen Kontinent die Lebensgrundlage an arbeitsfähigen Menschen beraubte, dem der Kolonialismus später den letzten Lebensfunken austrieb. Die Folgen sind bis heute zu sehen. Afrika ist die größte Freilandversuchsanstalt der Welt, deren Bewohner nach Gutdünken für unterschiedliche Zwecke benutzt werden. Vor diesem Hintergrund sollte auch die Migration von Afrikanern nach Europa verstanden werden. Als Entwurzelte werden sie ihre Aggression nach Aufruf in fremder Umgebung ausdrücken und damit jene historisch gewachsenen Kulturen zerstören, die nur Bestand haben können, wenn sie homogen bleiben. Kultur ist eine mentale und spirituelle Leistung von Menschen, die ähnlich ticken. Multikultur ist eine Contradictio in objecto45.

Die Hoffnung, dass mit dem Niedergang des Mittelalters und der Rückbesinnung antiker Inhalte in der Renaissance die Kirchendogmen an Einfluss einbüßen würden, hat sich nicht erfüllt. Im Gegenteil. Da alle westlichen Philosophien, ausgehend von der Scholastik46 christlichen Ursprung waren, wurde der Wesenskern des Anthroprozentrismus – über diesen Punkt wurde bereits am Anfang diese Kapitels ausführlich berichtet – nicht angetastet. Obgleich sich auf der einen Seite das Freidenkertum zu entwickeln trachtete, wurde auf der anderen Seite alles unternommen, um das freie Denken zu unterbinden und das restliche Denken zu kontrollieren. Giordano Bruno47 wurde noch wegen seiner These, dass der Mensch in die Natur eingebunden sei und weil er für die Freiheit des Denkens eintrat, ad majoriam gloriam dei48 verbrannt, Galileo Galilei49 entrann dem Feuertod nur durch Abschwören vom heliozentrischem50 Weltbild, starb aber später an der Lüge, die ihm sein Weiterleben unter diesen Bedingungen unmöglich machte. Wie groß die Angst vor freiem Denken war, lässt sich durch die Anekdote untermauern, als Galilei durch das Fernrohr die Dinge beobachtete, die Bruno bereits vorwegnahm. Nach dieser Geschichte weigerten sich seine gelehrten Kollegen durch das Rohr zu blicken, da das Gerät Phänomene zu zeigen drohte, von denen in den Büchern nichts zu lesen war. Es galt der Grundtenor, dass die Wahrheit nicht in der Welt und der Natur zu finden sei, sondern ausschließlich in der Vergleichung der Texte der Bibel. Die Empirie galt als Widerspruch zum Buch der Bücher und war nichts anderes als Ketzerei, die mit dem Tode bedroht wurde.

Johannes Kepler51 schließlich brachte das geozentrische Weltbild nun endlich zu Fall und setzte die Sonne in den Mittelpunkt. Damit verdrängte er nicht nur die Erde aus ihrer Position, sondern vor allem den Menschen aus seinem angemaßten Zentrum. Das Mittelalter starb damit unweigerlich, der Anthroprozentrismus allerdings nicht. Mit dem Zusammenbruch der mittelalterlichen Welt begann nun die Reflexion über ein neues politisches Ordnungssystem im Spannungsbereich von res publica und res civis. Es galt mit anderen Worten zu klären, was nunmehr öffentlich, also staatlich und was als privat zu gelten und sich demnach der Kontrolle des Staates (und der Kirche) zu entziehen habe. In diesem Umfeld entstanden die ersten Universitäten, die sich zunächst der Betrachtung der Universitas52 widmeten, aber mehr und mehr den Einheitsgedanken aufgeben mussten und eine folgenschwere Trennung in die Bereiche Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften vollzogen, da fortan nicht mehr zusammenhängend geforscht und gelehrt wurde, sondern nach Kategorien getrennt. Diese Spaltung wirkt bis heute auf fatale Weise nach.

Mit dem Verlust kirchlicher Macht wurden gestalterische Freiräume gebildet, die in der Renaissance den Humus für die beginnende Prosperität darstellten. Der produzierte Reichtum auf der Seite der Tüchtigen schuf allerdings Begehrlichkeiten auf der Seite adliger Müßiggänger, deren Geltungssucht zunehmend die Staatseinnahmen verschlang. Johannes Gutenberg53 revolutionierte die Buchdruckkunst und setzte damit die schnelle Verbreitung von Informationen in Gang. Wissen verbreitete sich nicht mehr allein in Klerikerkreisen, sondern erreichte nun auch die unteren Stände. Damit wurde den Gebildeten die Möglichkeit eröffnet, ihre Gedanken einem breiten Publikum vorzustellen und sich Meinungen außerhalb des „katholischen Körpers“ zu bilden, die über die Bildungshoheit der damaligen Zeit verfügte. Thomas Morus veröffentlichte die „Utopie“, in dem er das Bild einer idealen Stadt beschrieb, deren Menschen sich vor allem durch die Freiheit des eigenen Denkens auszeichneten. Ein weiterer Vordenker dieser neuen Prinzipien war Erasmus von Rotterdam, der ebenfalls die humanistische Forderung erhob und an den geistigen, entscheidungsfreien Menschen glaubte. Dieser Glauben wurde jedoch zu Grabe getragen, als am 06. Juli 1535 Thomas Morus aufs Schafott stieg.

Das Fenster der Welt, das die Renaissance im aufkeimenden Humanismus aufgestoßen hatte, schloss sich wieder - im Grunde bis in die Gegenwart, denn etwas Entscheidendes ist bis heute nicht passiert, nämlich die Überwindung des zwanghaften und dressierten Denkens, das die Menschen befähigen würde, sich ihre eigene Meinung zu bilden und das Vorgesetzte und Vorgelegte in Frage zu stellen. Friedrich Schiller ließ seinen Helden in Don Carlos etwas fordern, was bis heute aktuell geblieben ist: „Gebt Gedankenfreiheit, Sire.“ Die Freiheit, zu denken und zu sagen, was man dachte, wurde im Zuge der Gegenreformation beerdigt. Da es den Menschen der Renaissance, die ihren Blick auf das Diesseits lenkten und ein säkularisiertes Weltbild entwarfen, nicht gelang, sich auf ihr gegenwärtiges Dasein zu konzentrieren, erstarkte der Einfluss der katholischen Kirche während des Barock. In dieser Zeit begann sich die Perspektive der Menschen nun wieder durch den Tod und das Jenseits beherrschen zu lassen. Die gewonnene Lust an der Welt und am Leben blieb zwar erhalten, doch waren sich die Menschen ihrer Endlichkeit gewiss. Der Vanitas-Gedanke54 beherrscht alle Lebensbereiche, aus dessen Kern das Memento mori55 tönt, welches das damalige Lebensgefühl als Ausdruck der Todesgewissheit durchdrang und die Menschen mit Existenzängsten bedrohte. (Die Lebensgewissheit hätte einen einheitlichen Menschen vorausgesetzt, der aber aufgrund der Trennung von sich selbst nicht vorhanden war.) Ihre Widersprüchlichkeit zeigte sich darin, dass sie einerseits annahmen, dass alles Irdische nur Schein und Trug sei, dass Freuden und Schönheit keinen Bestand haben, sie sich aber andererseits dem drallen Leben in vollen Zügen begierig zuwandten, weil sie eben wussten, dass nichts von Dauer, sondern vergänglich sei. Alles, was der Mensch sich im Diesseits ersehnt, ist eitel: Glück, Macht, Erfolg, Reichtum, Liebe, Lust. In den üppigen Stilleben stellen faule Früchte und Würmer, angebissenes Brot den Hinweis auf die Vergänglichkeit, Zerstörung und Unlebendigkeit. Auf diesem Nährboden der inneren Zerrissenheit und des Todes wuchsen jene selbstzerstörerischen Elemente, auf der sich die Syphilis als analoger Ausdruck des damaligen Denkens und Handelns zwanglos ausbreiten konnte.

Das Wesen der Destruktion ist bis heute erhalten geblieben. (Auf diesem Fundament entstand die Oper als Ausdruck nicht lebbarer antiker Inhalte.) Der spanische Dramatiker Pedro Calderón de la Barca56 fasste die Wesenheit des barocken Lebens in dem allegorisch religiösen Schauspiel „Das große Welttheater“ zusammen, in dem er das Leben als Spiel überzeichnet. Vor Gottvater und seinem Hofstaat agieren die Menschen als Schauspieler, die ihr eigenes Leben auf der Bühne ihres Lebens spielen. Die Welt überreicht jedem Spieler, wenn er die Bühne durch die Wiege betritt, seine Insignien, also die Requisiten seines Standes. Wenn er die Bühne durch das Grab verlässt, beginnt der dramatische Augenblick des barocken Menschen, der über Täuschung und Enttäuschung entscheidet, denn wenn der Vorhang gefallen ist, bleiben nur noch die vier letzten Dinge: Tod, Gericht, Himmel oder Hölle.

Die Ausweglosigkeit aus diesem Dilemma beherrschte die Menschen nun stärker als im Mittelalter, aus der sich jener Fatalismus entwickelte, der die antagonistische57 Konstanten des Barock kennzeichnete: Sein und Schein, Macht und Ohnmacht, Pomp und Askese. Barock ist ein Spiel der Verblüffung, hinterlässt aber nur ein Gefühl der Leere, deren Vakuum schnell gefüllt werden will. Dieser Antagonismus ist aber nur auf dem Hintergrund der Zerrissenheit und des Getrenntseins von sich selbst verständlich. Die Menschen werden daher wieder für Erlösung und Heilsversprechungen im Jenseits empfänglich. Vor diesem Hintergrund werden die Öffnung des Scheinraumes über dem realen Raum in Form der perspektivischen Deckenmalereien in Kirchen und Palästen zum Zwecke der Blendung der Menschen verständlich. Die Monarchie wird in einem abgeschlossenen Lehrsystem als Staatsform vergöttlicht, wobei sich das gesamte öffentliche Leben in den Formen einer hochtrabenden Eloquenz bewegt, die vollkommen ernst genommen werden will. Im Zeitalter der Feste feiert sich eine dekadente, vergnügungssüchtige Welt selbst. Loys Le Roy58 hat seinerzeit bereits prognostiziert, dass Macht, Weisheit, Wissenschaft und Welterkenntnis in die Krise geraten werden und dass Ordnung und Vollkommenheit durch Verwirrung, Verfeinerung durch Grobheit, Gelehrsamkeit durch Unwissen und Eleganz durch Barbarei abgelöst werden. Nicola Machiavelli59 untersuchte in seinem Werk „Der Fürst“ die nackte Wirklichkeit des untergegangenen Roms, verglich sie mit der Gegenwart und betrachtete Cesare Borgia60 mehr als Lorenzo de Medici61, die Kleinheit mehr als die Erhabenheit des Menschen. Er sah im Menschen die Bestie und fand, dass mit der Kirche und den Priestern die Christen religionslos und schlecht geworden seien. Nachdem der Krieg Europa 30 Jahre lang verwüstet hatte, wurde zwar in Osnabrück 1648 der westfälische Frieden geschlossen, aber der innere Krieg tobte in den Menschen weiland weiter. Sie durften zwar fortan zwischen zwei christlichen Modellen wählen, doch frei denken und entscheiden durften sie immer noch nicht. Der Protest der Lutheraner richtete sich nämlich nicht gegen die Art des Denkens, sondern nur gegen die Ausgestaltung der kirchlichen Doktrin. Religion – oder besser die unterschiedlichen Auslegungen des christlichen Modells – war nicht der Grund für den dreißigjährigen Krieg, sondern diente lediglich der Rechtfertigung dieses machtpolitischen Unterfangens. Der Protestantismus hatte nämlich nichts an der Vormachtstellung der „christlichen Ratio“ ändern können. Auch diese Variante lieferte die Losung, dass alles auf schlichte Mechanik zurückzuführen sei und dass es nur des Verstandes bedürfe, um aus dem „Haufen Ton“, dem Jehova seinem Atem „einhauchte“, einen echten - nämlich gottgefälligen Mensch werden zu lassen.

Der Mensch versteht sich auch hiernach nicht als sich selbst formendes Individuum, sondern bleibt als Marionette Gottes im Dunkel einer Weltmaschine zurück, die nach einer abstrakten Mechanik funktioniert62. Erst Voltaire63 wendet dieses Bild: Er ersetzt den alten Gott durch einen neuen: Die Vernunft. Und dieser Gott regiert bis heute.

Nun bleibt die Frage, ob uns diese Vernunft dazu verholfen hat, einsichtig zu werden und uns selbst zu erkennen? Denn solange Vernunft zweckgebunden ist und bestimmten Regeln (Dogmen, Ideologien, Glaubenssätzen) gehorchen muss, bringen uns die Ergebnisse dieses unfreien Denkens nicht weiter. Auch die Französische Revolution hat nicht zur Freiheit des Denkens geführt, obwohl die Abkehr von der absolutistischen Macht den freien Bürger hervorbringen sollte. Hier wurde nur ein Übel durch ein anderes ersetzt: Die Monarchie wurde gegen den Staatsterror der Jakobiner getauscht, aus dessen Schmelztiegel einstiger Kohletrimmer elitäre Machtzirkel entstanden sind. Während des Thermidors64 brachten die neuen Führungsfiguren mehr Menschen aus den eigenen Reihen auf die Guillotine, weil sie sich gegen die „reine Lehre“ stellten und sonstige Revierkämpfe austrugen, als Monarchisten im Jahre der Revolution selbst. Die Nachfahren dieser Zirkel nennen sich heute weltweit Demokraten, aber die Völker herrschen immer noch nicht. Diese dürfen sich damit begnügen, jene zu alimentieren, die vorgeben, ihre Interessen über eine Reihe von Umwegen zu vertreten. Obwohl sie das nicht tun, sondern ihre eigenen Ziele verfolgen, ist bis jetzt offenbar noch niemand auf die Idee gekommen, dass man sich den Umweg auch sparen könnte. Demokratie funktioniert nach dem Prinzip der Frohen Botschaft des Christentums. Man versetzt die Menschen in den Stand der Unmündigkeit, indem man alles unterlässt, um sie reif werden zu lassen und gibt ihnen dann zu verstehen, dass sie der Obhut staatlicher Organe und Institutionen bedürfen, um ihr Leben zu organisieren, die sie dann nach Belieben bevormunden und verwalten. Das Ergebnis ist in „zivilisierten“ Ländern zu beobachten, in denen sich die Parteien als Sprachrohr der mündigen Menschen den Staat zur Beute gemacht und den Demokratiegedanken zur „Parteiendemokratur“ korrumpiert haben.

2.1.3. Zwischenbilanz

Nun bleibt nach diesem Schnelldurchgang durch die Geschichte die Frage, was der Mensch zu Wege gebracht hat. Er kann zwar zum Mond und bald auch zum Mars fliegen (obwohl nicht ganz klar ist, was er dort sucht, wenngleich die dort anzutreffende Lebensfeindlichkeit sein Dasein präzise widerspiegelt), aber er ist nicht in der Lage, soziale Probleme, also Probleme, die ihn als Lebewesen betreffen, zu lösen.

Menschen hungern, führen Kriege, zerstören ihre Umwelt ohne Rücksicht und frönen einer vordergründigen Selbstbelohnung. Sie sind in Modellen gefangen, die sie daran hindern, ihr Leben zu leben und unterwerfen sich stattdessen den Geschicken aufgesetzter Ordnungen, die sie nicht (mehr) hinterfragen. Menschen werden nicht nur am freien Denken gehindert, sondern auf subtile und unterschwellige Art mittels Desinformation indoktriniert, manipuliert und kontrolliert, glauben aber tatsächlich frei in ihren Entscheidungen zu sein. All das ist nur vor dem Hintergrund der in der Vorrede beschriebenen Zusammenhänge verständlich, die einen Menschen hervorgebracht hat, der in seiner bewusst hervorgerufenen Unvollständigkeit auf fremde und unförderliche Hilfe angewiesen ist. Die Ablehnungs- und Abwehrmechanismen der Macht in Form von Politik, Religion und Wissenschaft verhindern aber das Erkennen dieser Zusammenhänge, weil die zerrissenen Teile des menschlichen Gebarens jeweils Deutungshoheit für sich in Anspruch nehmen und eine Verbindung mit anderen Teilen kategorisch ablehnen.

Aus einem in die Natur integriertem Menschen ist ein Fremdkörper geworden, der all das verloren hat, was ein empfindendes Lebewesen auszeichnet: Mitleid, Respekt, Empathie, Sorge um sich und den anderen. Unsere Wirklichkeitsmodelle sind zwar technisch perfekt, aber seelenlos geworden. Wir wissen auch so gut wie nichts mehr über uns selbst. Wir glauben zwar viel von dieser Welt zu wissen, doch eigentlich wissen wir gar nichts, da wir lediglich einen Austausch von Systemen vorgenommen haben ohne einen Erkenntnisgewinn daraus ziehen zu können.

Das Evangelium der schwarzen Kittel wurde durch das Evangelium der weißen Kittel ersetzt. Die Träger dieser neuen Gewänder wissen nicht oder wollen nicht wahrhaben, dass sie letztlich nur Glaubenssätze vertreten: Sie huldigen dem Gott der Mechanik, dessen Apostel Wiegen, Messen und Zählen heißen und ignorieren beharrlich, dass sie ebenso wenig wissen, wie die „Herren in Schwarz“. Beide liefern als Resultate nur Modelle ihres Denkens, die zwar mit Wirklichkeit, aber nichts mit Realität zu tun haben. Wir besitzen zwar seit Anfang des 20. Jahrhunderts Kenntnisse über die Quantentheorie65, doch wurden diese Kenntnisse weder in die Biologie noch in die Philosophie implementiert. So liefert in diesem Dogma des Getrenntseins auch die Genetik nur Fragen, aber keine Antworten auf das Warum. Im alten Rom verfuhren ihre Herrscher nach der Devise divide et impera66. Nach dieser Methode haben sie über Jahrhunderte ihren Einflussbereich über die antike Welt ausbreiten können. Nach dieser Denkmaxime wurden nicht nur Völker unterjocht, sondern auch Menschen im Allgemeinen von sich getrennt. Wir haben es mit in jeder Hinsicht geteilten Menschen zu tun, die von außen beherrscht und kontrolliert werden und auch nur im Außen nach Lösungen ihrer inwendigen Probleme suchen. Goethes Faust wollte wissen und verkaufte Mephisto seine Seele: Nun weiß er, dass er nichts weiß, aber seine Seele ist er los. Der seelenlose Zeitgenosse hat nichts mehr zu verlieren und ist damit willfährig. Er lässt sich beliebig vor fremde Karren spannen, die ihn irgendwo hinführen, nur nicht zu ihm selbst. Diese Erkenntnis wird am Ende seiner Reise stehen, die sich als Sackgasse entpuppt und von medialen Sirenenklängen orchestriert wird.

2.2. Kinder – Spiegel und Abbild ihrer Quellen

Kehren wir nun in unsere Gegenwart zurück und fragen uns, welche Schlüsse sich aus der Tatsache ziehen lassen, dass die im Vorspann beschriebenen Erfahrungen als Erinnerungsmuster in uns allen hinterlegt und codiert sind und auf Abruf warten. Es sollte uns zu denken geben, dass unser Verhalten durch diese elementaren und zentralen Lebensbestandteile in jedem von uns unbewusst gesteuert werden. Welche Muster aktiviert werden und welche nicht, wird daher von unseren unmittelbaren Lebenseinflüssen abhängen, die wiederum darüber entscheiden, ob ein Mensch respektvoll, gesund und damit friedfertig, umgänglich und zufrieden leben wird oder von Missachtung, Zerstörung und Krankheit gekennzeichnet sein wird.

Mit jedem Kind, das gezeugt und geboren wird, wird der Versuch unternommen, Anlagen, Ideen, Impulse und Bilder zu einem zur Reflexion befähigten Lebewesen zu transzendieren. Jeder Versuch des Menschseins ist aber mit den Widrigkeiten der Menschwerdung durch fehlerhaftes Denken behaftet und wird dadurch wesentlich behindert. Unsere Kinder zeigen uns das täglich auf unterschiedliche Art und Weise, allerdings ohne großen Erfolg, weil wir weder verstehen, was sie uns mitteilen wollen, noch dass wir in ihnen das unbewusst fortsetzen, was bereits in uns gesetzt worden ist. Selbst wenn wir sie fragen würden, was ihnen fehlt, würden wir ihre Anliegen nicht verstehen, weil unsere Anliegen als Kinder in der Regel auch nicht verstanden worden sind. Gleichwie hält uns die offenkundige Wirklichkeit nicht davon ab, zu betonen, dass uns das Wohl unserer Kinder am Herzen liege, obwohl davon in der Praxis nicht viel zu spüren ist, da wirtschaftliche und persönliche Argumente im Vordergrund stehen. Wir sind weitestgehend blind für unsere eigenen tatsächlichen Bedürfnisse und produzieren vor diesem Hintergrund ständig neue Probleme.

Wenn man Antworten auf die Frage sucht, warum Menschen ihre Probleme nicht lösen können, muss man sich mit der Geschichte spezifisch menschlicher Strukturen befassen, um auf die Punkte zu stoßen, die dieser Problematik innewohnen. Die Tatsache, dass Menschen leiden, auffällig, kriminell und/oder gewalttätig werden, ist in ihnen selbst begründet. Sie entstehen nicht im Ungefähren, sondern sind das Ergebnis einer langen Kette von übertragenen Einflüssen, die sie als Prägung67 und Konditionierung68 im Laufe ihres frühen Lebens als Dressur erfahren. Sie reproduzieren später exakt das, was in sie hineingewirkt hat und wirksam geblieben ist. Um die Unfähigkeit zu verstehen, ihre eigene Not nicht erkennen und wenden zu können, müssen wir auf die Quellen des menschlichen Lebens zurückblicken. Denn hier liegen die Gründe für unser Dasein und Sosein. Sie ergeben die Optionen unseres Lebens.

2.2.1. Befruchtung: Koinzidenz69 von Bild und Impuls

Wir haben zwar eine detaillierte Vorstellung davon, was während der Konzeption geschieht, aber nicht warum. Das liegt nicht zuletzt daran, dass wir bis heute nicht wissen, warum das Sein überhaupt ist und nicht das Nichtsein.70 Die Frage, warum sich Zellen teilen, ist bis heute nicht beantwortet. Die klassische Physik und die Modelle der Thermodynamik71 sind dazu jedenfalls nicht geeignet, da es sich bei Lebewesen um Organismen und nicht um Mechanismen handelt. Ein erster Versuch, biologische Abläufe nicht mehr wie eine Maschine (Funktionsmodell nach Newton72) zu betrachten, wurde durch die Begründer der Systemtheorie73 gestartet. In diese neue Disziplin wurden Begriffe wie Rückkopplung und Selbstorganisation in die Wissenschaft eingeführt, um biologische Prozesse besser verstehen zu lernen. Der springende Punkt in der Betrachtung ist der, dass wir bis heute Debatten darüber führen, wann das Leben beginnt, obwohl mit der ersten Zellteilung durch Verschmelzung zweier unvollständiger Erbanlagen eine neue, bis dahin nicht exisistente Form entsteht, die eine singuläre - also einzigartige Information in sich trägt. Das neue Leben beginnt exakt in diesem Moment. Das Problem besteht darin, dass man diesem neuen Leben mit unterschiedlicher Haltung begegnet. Für die einen ist dies nur ein Zellhaufen, über den man nach Belieben verfügen kann, für die anderen ist dies bereits ein Mensch, wenn auch nicht vollzählig, so doch vollständig. Da wir uns auf Grund unserer rationalen Ausrichtung nicht in den Embryo hineinversetzen können oder wollen, ist es für uns nicht nachvollziehbar, dass wir es bereits zu diesem Zeitpunkt mit einem empfindenden Wesen zu tun haben, das auf seine Umwelt reagiert und beispielsweise abstirbt, wenn die von ihm empfundenen Lebensbedingungen lebensverneinend sind. Es bedarf neben der reinen Anwesenheit von Samen und Ei noch etwas Fundamentalem, dessen Existenz sich allen Analysegeräten bis dato erfolgreich verborgen hat. Wenn wir die Entstehung und die Entwicklung des Lebens als einen rein biochemischen Prozess verstehen, müsste sich dieser vollständig in der Retorte darstellen lassen. Wie wir aber wissen, hört die Zellteilung ab einem bestimmten Grad der Komplexität auf und dieses neue Lebewesen stirbt, weil etwas Wesentliches fehlt: Die Kommunikation mit der Mutter, die ihr Kind bestätigt und beherbergt. Dieser Umstand lässt die Vermutung zu, dass der genetische Code nichts mit dem Leben selbst als Phänomen zu tun hat, sondern bestenfalls seine Funktionen enthält. Der Code enthält zwar die Bauanweisungen für die Proteinsynthese, aber keine Steuerzentren, die diese Prozesse aufrufen oder stoppen. Weder die Impulse des Lebens noch die eigentliche Idee zum Leben sind darauf zu finden. Der Code liefert bestenfalls den Rahmen, aber nicht das Prinzip der Schöpfung.

Obwohl dieses Dilemma in der Reproduktionsmedizin bekannt sein dürfte - was man angesichts der Komplikationen hätte vermuten können -, hat dies nicht zu einem Umdenkprozess geführt. Ganz im Gegenteil. Dieser Bereich der Medizin geht davon aus, dass man im Laufe dieses Jahrhunderts so weit sein werde, dass Menschen nicht mehr in ihren Müttern heranwachsen, sondern dass dies vollständig außerhalb in einer künstlichen „Gebärmutter“ ablaufen wird. Man stellt sich vor, dass die Embryonen im Reagenzglas hergestellt und die Feten in bestimmten Nährlösungen heranwachsen werden und dass dieser Prozess nur noch von einem Kinderarzt überwacht werden soll. Wenn diese Prozedur jemand überleben sollte, wäre das eine Horrorvorstellung für dieses Wesen, da es vollständig ohne emotionale Bindung an seine Mutter heranwachsen würde. Wenn man dann einen Schritt weiterdenkt, brauchten nur noch die ursprünglichen Instinkte und Erwartungsmuster des Säugers inaktiviert und durch neue Belohnungssysteme ersetzt zu werden und wir hätten den perfekten uniformen Menschen; mit anderen Worten, den seelenlosen Zombie, den Dr. Frankenstein seinerzeit vergeblich zu entwickeln suchte.

Das erschreckende an dieser Vision ist nicht die Tatsache, dass dies irgendwann einmal möglich sein könnte, sondern, dass diejenigen, die an diesen Entwicklungen arbeiten, tatsächlich glauben, dass dies einen Fortschritt für die Menschen darstellen würde. Einen Fortschritt wohin? Wenn wir davon ausgehen können, dass auch Wissenschaft nicht im luftleeren Raum betrieben, sondern immer auch kontextbezogen praktiziert wird, legt eine solch skizzierte Vision die Vermutung nahe, dass es durchaus ein elementares Interesse an einer solchen Entwicklung gibt, die darauf hinausläuft, den zukünftigen Menschen komplett von seiner lebensstiftenden Quelle abzutrennen und ihn damit für andere (und vor allem für andere Interessen) verfügbar zu machen.