Lehrkonzepte (E-Book) - Thomas Heun - E-Book

Lehrkonzepte (E-Book) E-Book

Thomas Heun

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Beschreibung

Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen. Alternativen zu klassischen Lehrkonzepten wie der Vorlesung sind gut erforscht, aber noch zu wenig verbreitet Deshalb haben wir eine Sammlung und konkrete Praxistipps für Lehrende entwickelt. Die 33 Lehrkonzepte werden in einem attraktiven Kartenset prägnant und anwendungsorientiert dargestellt. Darüber hinaus enthält das Buch eine Anleitung zur Entwicklung von individuellen Lehrkonzepten in sieben einfachen Schritten. Damit ermöglichen wir es Leser*innen, etablierte oder eigene Konzepte in ihren eigenen Lernveranstaltungen umzusetzen. Das Ziel: weg von der Fokussierung auf traditionelle Lehrkonzepte, hin zu zeitgemässen, effektiven und individuellen Lehrformen wie dem Flipped Classroom oder dem Forschenden Lernen.

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Thomas Heun

Lehrkonzepte

Theorien und Methoden zur erfolgreichen Gestaltung von Lehre an Hochschulen

ISBN Print: 978-3-0355-1417-9

ISBN E-Book: 978-3-0355-1418-6

Alle Abbildungen auf den Karten sind von freepik.com.

1. Auflage 2022

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 hep Verlag AG, Bern

hep-verlag.com

Inhalt

Einleitung

1 LEHREN MIT KONZEPT – EINE FRAGE DER DIDAKTIK

1.1 Drei Thesen zur geringen Verbreitung von Lehrkonzepten

1.2 Was ist Didaktik?

1.3 Didaktik historisch: Vom Behaviorismus zum Konnektivismus

1.4 Elf Kennzeichen erfolgreicher Lehr-Lern-Prozesse

2 DIE IDEE DES LEHRKONZEPTS

2.1 Zum Konzeptbegriff im Bildungswesen und darüber hinaus

2.1.1 Das Konzept als Weltanschauung: Konzeptionen des Lernens

2.1.2 Das Konzept als inhaltlicher Fixpunkt der Lehrpraxis: Die Erschließung von Fachkonzepten als Lernziel

2.2 Das Lehrkonzept

2.2.1 Was ist ein Lehrkonzept?

2.2.2 Studie zur Bekanntheit und Nutzung von Lehrkonzepten

3 35 LEHRKONZEPTE

3.1 Orientierung an einer Lehrperson

3.2 Orientierung an Dritten

3.3 Individuelles Erkunden

3.4 Gemeinsames Erarbeiten

4 DIE KONZEPTION VON LEHRVERANSTALTUNGEN

4.1 Titel und Thema der Lehrveranstaltung

4.2 Die Analyse der Rahmenbedingungen

4.2.1 Ziele der Organisation

4.2.2 Vorwissen der Lernenden

4.2.3 Motivation & Interessen der Lernenden

4.2.4 Kursgröße und Räumlichkeiten

4.3 Die Definition der Lernziele

4.4 Die konzeptionelle Herausforderung

4.5 Das Lehrkonzept

4.6 Erläuterung und Ausführung der Konzeptidee

4.7 Die Lehrkonzeptevaluation

5 Quellen

EINLEITUNG

Lernen findet in einer Fülle von unterschiedlichen Kontexten sowohl als Teil von organisationalen Strukturen als auch im Alltag statt. Brinker und Schumacher kommen zu der Erkenntnis, das Lernen «zu 50 % informell» geschieht und «viel mehr im Alltag gelernt wird als in gezielten Lernsituationen» (2014, S. 15). Diese überraschende Erkenntnis zum geringen Wirkungsgrad von gezielten Lehraktivitäten in Bildungseinrichtungen wird von Autoren wie Donaldson und Allen-Handy (2019) bestätigt. Sie verweisen auf Studien, nach denen Studierende in der heutigen Zeit alles andere als optimal lernen: «Our students continue to develop only shallow understandings, accumulate vast amounts of irrelevant and disconnected pieces of knowledge, and fail to develop into critical thinkers […]». Um so erstaunlicher ist es, dass es im Laufe des 20. Jahrhunderts nur zu geringfügigen konzeptionellen Änderungen in der Lehrpraxis gekommen ist (Tyack & Cuban 1995). Wirft man einen Blick auf das am stärksten genutzte Lehrkonzept an deutschen Hochschulen, fällt die Dominanz der Vorlesung auf. Dieses Konzept, das auch heute primär für die Verbreitung von Fachinformationen von Lehrenden in Richtung Studierender im Sinne eines klassischen «Frontalunterrichts» steht, scheint im deutschen Sprachraum nach wie vor als idealtypische Form akademischer Lehre zu gelten. Und auch auf der sprachlichen Ebene manifestiert sich die starke Orientierung an der Vorlesung allzu deutlich: Auch heute noch werden «Vorlesungsverzeichnisse» verbreitet und die Semesterferien sind für Lehrende die «vorlesungsfreie Zeit». Wirft man einen Blick auf die Nutzung dieser Art zu lehren, bestätigt sich der Eindruck der Dominanz der Vorlesung auch für den Bereich der Lehrpraxis. Nach einer Studie von Heun & Casagranda (hier im Buch S. 31) hat die Vorlesung auch in Zeiten der Digitalisierung von Bildungswegen den höchsten Verbreitungsgrad: Über 70 Prozent der befragten Lehrenden an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen nutzen sie nach wie vor.

Die starke Orientierung an klassischen Lehrkonzepten wie der Vorlesung irritiert im 21. Jahrhundert um so mehr, als dass mit der zunehmenden Digitalisierung von Lehr-Lern-Szenarien die Entwicklung von neuen Möglichkeiten des Lehrens und Lernens einhergeht. So sind die Stimmen, die eine stärkere Partizipation von Lernenden bei der Gestaltung von digitalen Lehr-Lern-Prozessen fordern, vielfältig (Denker et al. 2021, Gloerfeld 2021). Der grundlegende Ansatz des «Blended Learning», die Verschränkung von Präsenzangeboten und Online-Elementen, bietet eine Fülle an Möglichkeiten der Flexibilisierung von Lehrangeboten und verspricht einen positiven Einfluss auf das Lernen (Ulrich 2021, S. 158). Online-Angebote ermöglichen die Teilhabe an Bildungsangeboten unabhängig von räumlichen und zeitlichen Restriktionen. Und hybride Formen ermöglichen die synchrone Durchführung von Lehre in Präsenz und online.

Das vorliegende Buch möchte einen Beitrag zur Bereicherung und Optimierung von Lehraktivitäten in Bildungseinrichtungen wie Schulen oder Hochschulen durch die Orientierung an der Idee des Lehrkonzepts leisten. Was genau ist ein Lehrkonzept? Ein Lehrkonzept ist eine didaktisch-methodische Gestaltungsidee, die eine Lehrveranstaltung durch eine formgebende logische Struktur prägt und Lernprozesse unterstützt.

Ein Beispiel:

Das Lehrkonzept des «Forschenden Lernens» ermöglicht den Lernenden die Anwendung von Forschungsmethoden beim Durchlaufen eines wissenschaftlichen Forschungsprozesses. Das Lehrkonzept des Forschenden Lernens setzt auf den Lerneffekt eines Learning by Doing und versetzt Lernende in die Rolle von Forschenden. Lehrende haben in diesem Lehrkonzept weniger die Rolle von Fachexpert*innen, sondern sie sind mehr als Lehrcoaches gefragt, wenn es darum geht, stockende Forschungsprozesse der Arbeitsgruppen über den Einsatz von Coachingtechniken wieder anzustoßen. Wenn sich Lehrende für das Lehrkonzept des Forschenden Lernens entscheiden, resultieren daraus nicht nur eine Organisationsform (Arbeitsgruppen beantworten eine Forschungsfrage) und eine grundlegende Struktur (zwecks Beantwortung der Fragen durchlaufen sie einen Forschungsprozess), mit dem Lehrkonzept geht auch eine regulierende Wirkung im Sinne einer didaktischen Reduktion einher. Bedeutet: Die Lehrenden nutzen die Inhalte bzw. das Ausmaß an Fachwissen, welches für das erfolgreiche Absolvieren des Forschungsprozesses notwendig ist. Lehre orientiert sich, dank des konzeptionellen Rahmens des Lehrkonzepts, fast «automatisch» an den für den Lernprozess notwendigen Inhalten und überfrachtet den Lernprozess nicht mit weiteren Informationen.

Abbildung 1:Analogie-Graffiti «Lehrkonzepte»

Die Vorteile einer Orientierung an Lehrkonzepten bei der Planung und Gestaltung von Lehraktivitäten lassen sich im Wesentlichen in drei Punkten zusammenfassen. Erstens limitiert der Einsatz von Lehrkonzepten die methodischen Freiheitsgrade von Lehrenden und ermöglicht einen ersten Schritt in Richtung einer didaktischen Reduktion im Sinne eines «Weniger ist mehr». Zweitens haben Lehrkonzepte eine unmittelbare didaktisch-methodische Funktion. Lehrkonzepte sind oft mit grundlegenden Lehr-Lern-Theorien verbunden und ihnen sind wirkungsvolle methodische Grundannahmen, wie zum Beispiel die Aktivierung von Lernenden oder die Definition des Arbeitsverhältnisses zwischen Lehrenden und Lernenden, immanent. Drittens bietet die Bandbreite der etablierten Lehrkonzepte den Lehrenden die Möglichkeit, passgenaue Konzepte für ihre spezifischen Lehrherausforderungen zu identifizieren.

Dieses Buch verfolgt im Kern drei Ziele. Erstens will es für Klarheit rund um den Begriff des Lehrkonzepts sorgen. Auch wenn der Begriff immer wieder in der bildungswissenschaftlichen Literatur auftaucht (z. B. Osterroth 2018), sucht man eine Definition oder differenzierte Auseinandersetzungen mit diesem Ansatz vergeblich . Hierbei ist zudem entscheidend, dass es sich bei Lehrkonzepten nicht nur um kreative Lehrideen handelt, sondern dass Lehrkonzepte vielmehr eine didaktische Funktion in Lehr-Lern-Prozessen haben. Aus diesem Grund leitet dieses Buch mit einem kurzen Theorieteil ein, in dem der Begriff des Lehrkonzepts und wichtige bildungswissenschaftliche Grundlagen kurz dargestellt werden.

Zweitens will dieses Buch Lehrenden einen Überblick über existierende Lehrkonzepte bieten. Aus diesem Grund wird den Leser*innen anhand eines Ordnungssystems ein Überblick über 33 etablierte Lehrkonzepte gegeben. Um den Anwendungscharakter des Buches zu stärken, finden sich die aufgeführten Lehrkonzepte an zwei Stellen im Buch. Zum einen werden alle Konzepte in Kapitel 3 dargestellt. Zum anderen finden sich die Konzepte in alphabetischer Reihenfolge und in einer gekürzten Version im Kartenteil des Buches. Diese Karten lassen sich dem Buch entnehmen und sollen die Konzeption von individuellen Lehrkonzepten der Leser*innen unterstützen. Hierzu findet sich neben der Konzeptdarstellung auf der Vorderseite ein Anwendungsbeispiel auf der Rückseite der Karte.

Drittens verfolgt das Buch das Ziel, Lehrende in die Lage zu versetzen, eigene Lehrkonzepte zu entwickeln. Da die Lehrherausforderungen in Abhängigkeit von den jeweiligen Rahmenbedingungen sehr unterschiedlich sein können, wurde ein Prozess der Konzeption von Lehrkonzepten in sieben Schritten entwickelt, der in Kapitel 4 des Buches Schritt für Schritt dargestellt und erklärt wird.

Mein besonderer Dank gilt allen Beteiligten, die einen Beitrag zur Entwicklung und Herstellung dieses Buches geleistet haben. Neben den Mitarbeiter*innen des hep Verlags sind hier die Gastautor*innen zu nennen. Isabella Casagranda unterstützte mich bei der Durchführung der Studie zu der Bekanntheit und Nutzung von Lehrkonzepten, deren Ergebnisse hier erstmalig publiziert werden. Birte Heidkamp-Kergel, David Kergel, Barbara Kotte, Friederike Helmert, Ina Sieberling, Jannis Stork und Daniel Wolffram erklärten sich bereit, in diesem Buch ihr Wissen und ihre Erfahrungen als Konzeptentwickler*innen oder überzeugte Anwender*innen von spezifischen Lehrkonzepten mit einer breiteren Leserschaft zu teilen. Ihre Lehrkonzeptbeiträge finden sich, inklusive ausführlicher Praxisbeispiele, in Kapitel 3 des Buches.

1 LEHREN MIT KONZEPT – EINE FRAGE DER DIDAKTIK

Dieser Teil des Buches dient der Entwicklung eines Grundverständnisses rund um den Begriff des Lehrkonzepts. Lehrkonzepte sind lehr-lern-theoretische Ideen für die Lehrpraxis. Damit diese Ideen auch von Lernenden und Dritten als gut bewertet werden, ist es wichtig, diese Ideen konsequent aus dem abzuleiten, was das Ziel allen Lehrens darstellen sollte: dem Lernen. Damit sind grundlegende lerntheoretische Überlegungen und definitorische Ausführungen entscheidende Schritte auf dem Weg zu überzeugenden und wirkungsvollen Lehrkonzepten.

1.1 Drei Thesen zur geringen Verbreitung von Lehrkonzepten

«Gute methodisch-didaktische Konzepte gibt es schon lange, sie werden aber aus verschiedenen Gründen nicht genutzt.»

Die Erkenntnis von Osterroth, formuliert nicht etwa im 20. Jahrhundert, sondern im Jahr 2018 (S. 5), mag irritieren, deckt sich aber mit den Erkenntnissen des vorliegenden Buches: Die geringe Nutzung von die Lehre und das Lernen positiv unterstützenden Konzepten in Bildungseinrichten des 21. Jahrhunderts ist keine Frage eines «Entwicklungsstaus» von Lehrkonzepten. Es existieren viele unterschiedliche Konzepte, die darüber hinaus seit längerer Zeit Gegenstand von wissenschaftlichen Publikationen sind. In diesem Zusammenhang lässt sich allenfalls kritisieren, dass die existierenden «Konzepte», «Großmethoden» oder «Lehrformen» bisher erstens nicht einem einheitlichen Oberbegriff, wie zum Beispiel dem des Lehrkonzepts, zugeordnet wurden. Zweitens wurden die schon länger existierenden Ansätze noch nicht Gegenstand einer «größeren» Publikation, wie dem hier vorliegenden Buch. Wenn sich Lehrende bisher auf die Suche nach gewinnbringenden Konzepten für ihre Lehraktivitäten begeben haben, landeten sie bisher wahlweise auf Webseiten, wie zum Beispiel dem «Kölner Methodenpool» der Universität Köln (http://methodenpool.uni-koeln.de), oder allgemeinen Buchpublikationen zum Thema Lehren, in denen oft nur eine geringe Anzahl an Konzepten aufgeführt wird (z. B. Osterroth 2018, S. 70 ff.).

Doch wie lässt sich, jenseits dieser definitorischen und publizistischen Unzulänglichkeiten, die geringe Verbreitung von «Konzepten» und die starke Orientierung an traditionellen Formen des Lehrens erklären? Es folgt ein Erklärungsversuch in Form von drei Thesen:

These 1: Eine Orientierung an Inhalten und einem «Kanon des Wissens» scheint nach wie vor wichtiger als didaktisch-methodische Fragestellungen. Hieraus resultiert zudem die Wahrnehmung eines geringen Spielraums für didaktischkonzeptionelle Ideen von Lehrenden.

Nach Markowitsch, Messerer und Prokopp (2004) wurde der «Mainstream» im akademischen Bereich im Wesentlichen durch die Entwicklung der Universitäten und Hochschulen im 19. Jahrhundert und durch die Entwicklung von Massenuniversitäten ab der Mitte des 20. Jahrhunderts bestimmt. Der im Wissenschaftsbetrieb vorherrschende «cognitive view» führte zu Curriculums- und Ausbildungsformen, die explizitem Wissen und Abstraktion den Vorrang gegenüber praktischem Wissen und Erfahrung gaben (S. 19). Hieraus resultierten, basierend auf dem Rollenverständnis der Hochschullehrenden als Experten für bestimmte Fachgebiete und der Studierenden als interessierten Laien, entsprechend «passende» Konzepte für Lehrveranstaltungen. Das auch heute noch weit verbreitete Konzept der «Vorlesung» kann diesbezüglich als idealtypische Vermittlungsform von faktischem Wissen («know that») verstanden werden, da es in der Regel formal und räumlich darauf ausgelegt ist, dass eine einzelne Lehrperson vielen Studierenden gleichzeitig und über den Zeitraum von neunzig (!) Minuten größere Mengen an Theorien und «Fakten» präsentiert und erklärt. Hallet betont in diesem Zusammenhang die «starke institutionelle Bindung der Lehr- und Lernformen» und die Dominanz von «starren Formen», wie der Vorlesung an Hochschulen, die dazu geführt haben, dass nach wie vor «der Spielraum für didaktische Entscheidungen der Lehrperson eher gering ist» (2009, S. 56).

These 2: Der Anreiz für didaktische Weiterbildung ist eher gering. Dementsprechend ist die grundlegende Auseinandersetzung von Lehrenden mit Fragen zu Lernprozessen eher die Ausnahme als die Regel.

Als weitere Ursache hierfür kann der niedrige Stellenwert didaktischer Aus- und Weiterbildung angeführt werden. Zumindest im Bereich der Hochschule sind die Gratifikationen für gute Lehre, verglichen mit denen im Bereich der Forschung, eher gering. Einheitliche Standards sucht man oft vergeblich, didaktische Weiterbildung wird oft als Zusatzqualifikation wahrgenommen, die nicht den gleichen Stellenwert einnimmt wie die Hauptqualifikation der Fachkompetenz der Lehrenden.

These 3: Lehrende imitieren zu oft eigene Bildungserfahrungen, anstatt eigene Ideen für gute Lehre zu entwickeln. Kreativität und Lehrinnovationen sollten gefördert werden.

Als eine weitere Erklärung führt Osterroth an, dass die Lehrtätigkeit heute häufig durch eine Praxis des Imitierens und Verbesserns eigener Lehrerfahrungen geprägt ist (2018, S. 2). Das würde bedeuten, dass Lehrende die eigene Rolle wenig reflektieren und bei der Gestaltung von Lehre auf ihre Erfahrungen als Schüler*innen und Studierende zurückgreifen und sie allenfalls punktuell optimieren anstatt eigene und grundlegende Überlegungen zu erfolgreichen Lernprozessen anzustellen. Hierzu würde passen, dass «kreative Vielfalt» zwar im Rahmen der Hochschulrektorenkonferenz 2010 postuliert wurde, Werte wie Kreativität und Innovation im Bildungssystem aber nach wie vor einen eher geringen Stellenwert haben.

So unterschiedlich die Erklärungsansätze für die geringe Verbreitung von Lehrkonzepten auch sein mögen, so lassen sich die drei Thesen auf eine zu geringe Orientierung an didaktisch-methodischen Fragen rund um die Gestaltung von Lehrveranstaltungen zurückführen. Auch wenn es nicht an qualitativ-hochwertigen Ausarbeitungen zum Thema Didaktik mangelt, werden zentrale und für die Idee des Lehrkonzepts wichtige Annahmen im Folgenden kurz dargestellt. Einerseits soll auch diese Publikation helfen, für die Bedeutung didaktisch-methodischer Fragen und Antworten zu werben. Andererseits dienen die folgenden Ausführungen dem Ziel, den Zusammenhang zwischen der Wahl eines Lehrkonzepts und didaktischmethodischen Entscheidungen zu verdeutlichen.

1.2 Was ist Didaktik?

«Das Festhalten an einer lehrerzentrierten Didaktik, in der beispielsweise die Tische und Stühle frontal zum Lehrer hin ausgerichtet sind, kann als Zeichen einer instruktiv-autoritären Didaktik und in Konsequenz als Merkmal eines autoritären Lehr-/Lernverständnisses gedeutet werden.» Kergel und Heidkamp-Kergel (2020, S. 13)

Das Wort Didaktik bezeichnet ursprünglich nicht nur die Praxis des Lehrens und Unterrichtens, sondern auch die des Lernens und Unterrichtetwerdens. Demnach ist in dem Begriff bereits das die Lehrsituation prägende Verhältnis von Lehrenden zu Lernenden angelegt. Nach Terhart (2015, S. 73) setzt sich Didaktik «auf wissenschaftlicher Basis und in einem umfassenden Sinne mit allen Fragen des Lehrens und Lernens» auseinander. Dementsprechend ist nachvollziehbar, dass Kergel und Heidkamp Kergel (2020) ihr Verständnis von Didaktik, in Anlehnung an Autoren wie Reich (2012), von dem «didaktischer Rezeptbücher» (S. 13) abgrenzen. Didaktik ist für sie weniger eine «rezeptförmige Methodenanreichung» zur Bewältigung von Lehrsituationen als vielmehr durch tiefgreifende Reflexionsprozesse von Lehr-Lern-Prozessen gekennzeichnet. Didaktik als Methode verstehen sie «als ein geregeltes Verfahren für die Entwicklung von Lehr-/Lernszenarien und als Moderationsstrategie in Lehr-/Lernkontexten» (Kergel & Heidkamp-Kergel 2020, S. 12). Dementsprechend ist Didaktik mehr als eine «reine Anwendungstechnologie», nämlich einerseits durch die Praxis der Lehre bestimmt und andererseits durch «lerntheoretische Reflexionen fundiert» (ebd.). Lerntheoretische Grundüberlegungen sind wichtig, weil sie Lehrenden helfen, eigene Vorstellungen von Wissen und Lernen anzustellen und für sich zu klären. Eines der zentralen Ergebnisse derartiger Überlegungen bezeichnet Reich als «didaktisches Menschenbild», aus dem «eine Haltung und ein Stil» resultieren (2012, S. 21).

Die lerntheoretische (und oft normative) Fundierung des Didaktikbegriffs verdeutlichen Macke, Hanke und Viehmann (2007, S. 12), indem sie die idealtypische Beziehung von Lehrenden und Lernenden mit der Situation in einem Mannschaftsballsport vergleichen. Der Reiz eines Spiels mit dem «Ball des Wissens» ergibt sich weniger aus der Dominanz einzelner Spieler*innen, sondern vielmehr aus einem Zusammenspiel von gleichberechtigten Teilnehmer*innen. An dieser Metapher schätzen die Autoren die Ähnlichkeit einer «dialektischen Spannung». Wie beim Ballspiel können auf kunstvolle Spielzüge laienhafte Aktionen folgen. Auch wenn in der Spiel- wie der Lehrpraxis versucht wird, die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns durch das Planen und Einüben von Spielzügen und Lehrpraktiken zu minimieren, bleibt ein Restrisiko des Scheiterns. Sowohl das Ballspiel als auch die Lehrsituation sollten darüber hinaus als sinnliche Erlebnisse begriffen werden, die «Lehrende und Lernende ganz packen, geistig, emotional und auch körperlich» (ebd., S. 12).

Didaktik ist Wissenschaft des Lehrens und Lernens. Lehrkonzepte werden entwickelt und eingesetzt, um das Lernen positiv zu unterstützen. Dementsprechend sind sie Ausdruck methodisch-didaktischer Reflexion.

1.3 Didaktik historisch: Vom Behaviorismus zum Konnektivismus

Aufgrund der zentralen Bedeutung von lehr-lern-theoretischen Überlegungen für die Entwicklung von Lehrkonzepten werden im Folgenden zentrale Paradigmen bzw. Lernphilosophien kurz dargestellt.

Behaviorismus

Abbildung 2:Lehren und Lernen im Behaviorismus

Lernen funktioniert nach behavioristischem Verständnis wie eine Reiz-Reaktionskette. Das menschliche Gehirn muss dabei wie ein Behälter mit einer möglichst großen Menge Wissen befüllt werden. Die Lernenden bleiben eher passiv, die Lehrenden sind aktiv. Sie unterstützen die Verbreitung des Wissens durch Überprüfung der Wissensbestände (Abfragen), Praktiken der Belohnung (angenehme Reize) und Bestrafung (unangenehme Reize). In der Tradition des Behaviorismus sind Lehrende Wissensvermittler in Richtung der Lernenden. Die Lernenden sind dementsprechend in einer eher passiven Rolle. Sie empfangen die Wissensbotschaften der Lehrenden und spielen bei der Gestaltung der Lehrpraxis, die oft dem Prinzip des «Frontalunterrichts» entspricht, in der Regel keine aktive Rolle (siehe Tabelle 1).

Behaviorismus steht für klassische Lehre nach dem Prinzip des «Frontalunterrichts». Die Aufmerksamkeit der Lernenden ist den Lehrenden, die als Hauptakteure und Wissensvermittler*innen fungieren, zugewandt.

Kognitivismus

Nach Auffassung des Kognitivismus ist nicht die Masse des Wissens für Lernerfolge entscheidend, sondern vielmehr die Fähigkeit der Lernenden, passende Methoden auf Fragestellungen anzuwenden oder richtige Antworten zu finden. Lernende sind hier aktiver und die Vorstellung vom menschlichen Hirn ist geprägt von der Fähigkeit zur Informationsverarbeitung. Die Rolle der Lehrenden entspricht hierbei nicht mehr nur derjenigen von Wissensvermittler*innen, sondern sie fungieren vielmehr als Unterstützende bei der Verarbeitung von Wissen und der Findung von Lösungsmethoden und -prozessen. Die Grundannahmen der Lerntheorien manifestieren sich idealtypisch in Rollen von Lehrenden und Lernenden. Markowitsch et al. gehen sogar noch einen Schritt weiter, indem sie Lernenden hier eine aufgesetzte/extrinsische Motivation zusprechen, die sich «häufig auf das minimale Erreichen des Lehrziels, also das positive Bestehen der Prüfung» beschränkt (2004, S. 21).

Nach dem Kognitivismus liegt das Ziel des Lernens nicht nur in der Akkumulation von Wissen, sondern in der Kenntnis und dem korrekten Verständnis von Informationen begründet. Lehrende haben hier die Rolle von Prüfenden, die über die Korrektheit der von ihnen vermittelten Wissensanwendungen wachen.

Konstruktivismus

Der Konstruktivismus stellt grundlegende Fragen zur Wahrnehmung von Wirklichkeit und akzentuiert die Bedeutung der subjektiven Interpretation von Sinneseindrücken. Nach Auffassung des Konstruktivismus gibt es eine objektive Realität, die Lernende als Wirklichkeit wahrnehmen und die auf der individuellen Interpretation von Sinneseindrücken basiert. Wissen wird hier verstanden als ein «dynamisches Verknüpfen von Informationen zu Konstrukten der Wirklichkeit» (Brinker & Schumacher 2014, S. 22). Wissen ist demnach eine Konstruktion, die auf subjektiver Wahrnehmung basiert. Rekonstruktion bezeichnet in diesem Zusammenhang die analytische Durchdringung von Welt, anhand der Individuen diese zum Beispiel durch das Definieren von Begriffen konstruieren und im Falle von neuen Bildungserfahrungen wieder dekonstruieren. Lernen, das Wissen erzeugt, geht mit einer «Veränderung des netzwerkartigen Konstruktes im menschlichen Gehirn» einher (ebd.). In diesem Zusammenhang betont Reich die entwicklungspsychologische Bedeutung des konstruktivistischen Lernens als «konstruktiver Ort der eignen Weltfindung» (Reich 1996, S. 70). Da das konstruktivistische Bildungsideal das Subjekt und seine Rekonstruktionsleistungen von Wirklichkeit ins Zentrum stellt, sollten Lehrende dementsprechend die «selbstorganisierte Aneignung von Wissen und Kompetenzen in personalisierten Lernumgebungen» ermöglichen (Sauter 2018, S. 9).

Abbildung 3:Lehren und Lernen im Konstruktivismus

Eine Weiterentwicklung des Konstruktivismus stellt der Sozialkonstruktivismus dar, der auf der Annahme basiert, dass sich individuelles Lernen häufig in intersubjektiven Lernumgebungen vollzieht. Antonelli (2000) betont, dass Wissen oft als individueller Bestand oder Konstruktion verstanden wird, auf der anderen Seite aber auch kollektiv «produziert» wird und besteht (S. 91). Neben Wikipedia sind hier Gruppenarbeitsformen und Teamkonstellationen zu nennen, bei denen Wissen nicht unabhängig von sozialen Austauschbeziehungen zu verstehen ist.1

Der (Sozial-)Konstruktivismus kann als Lernenden-zentrierter Ansatz beschrieben werden. Lehrende definieren sich hier nicht nur als Expert*innen für bestimmte Fächer, sondern oft als «Lerncoach». Für diesen Typus ist das Motto «befähigen statt belehren» (Brinker & Schumacher 2014) Programm. Sie organisieren und gestalten eher die Lernumgebung, als diese durch Vorträge, Anleitungen und Belehrungen zu prägen. Bei der Gestaltung können sie Lernende, je nach Beziehungsverhältnis und Kompetenzniveau, bis hin zur Selbststeuerung einbeziehen. Im Laufe der Lehrveranstaltung begleiten sie die Lernprozesse, zum Beispiel über das Stellen von an Lernzielen orientierten Fragen.

Konstruktivismus betont die Bedeutung subjektiver Wahrnehmung von Welt und Wissenskonstruktion in Lernprozessen. Lehrende können hier wichtige Impulse geben; die Hauptaktivität liegt aber bei den Lernenden. Sozialkonstruktivismus akzentuiert die Bedeutung des Austauschs mit der sozialen Welt, da sich Lernen in der Regel nicht isoliert, sondern immer eingebettet in soziale Strukturen vollzieht.

Konnektivismus

Im Zuge der Digitalisierung kam der Konnektivismus als eine neue Lerntheorie. Der Ansatz, der auf einem Artikel von Siemens (2005) basiert, trägt der technischen Infrastruktur des Internets Rechnung und bezeichnet selbstgesteuerte Lernprozesse unter Nutzung von Social Software und «in kollaborativen Lernprozessen mit Entwicklungspartnern» (Sauter 2018, S. 14). Ausgangspunkt für die Entwicklung des Konnektivismus ist eine Kritik alternativer Lerntheorien, nach denen Lernen «entweder durch äußere Einflüsse oder eigene Erfahrungen» erfolgt (ebd., S. 10). Sauter stellt vor dem Hintergrund einer «sinkenden Halbwertzeit des Wissens» (ebd.) fest, dass die Kompetenz «bedarfsgerechte Netzwerke» aufzubauen und zu pflegen und sich damit Zugang zu «Informationen und Erfahrungswissen Dritter» zu verschaffen, an Bedeutung gewinnt. Ravenscroft betont die Verwandtschaft zwischen Sozialkonstruktivismus und Konnektivismus, der einen «soziotechnischen Rahmen» bietet, innerhalb dessen sozial-konstruktivistisches Lernen stattfindet (2011, S. 144).

Der Konnektivismus basiert auf der Annahme, dass Wissen zunehmend über die Herstellung von netzwerkartigen Strukturen entsteht.

Tabelle 1:Lerntheorien im Vergleich2

1.4 Elf Kennzeichen erfolgreicher Lehr-Lern-Prozesse

Auch wenn es gute Argumente für freie und selbstbestimmte Formen des Lehrens gibt, stimmen die Erfahrungen des Autors mit den Erkenntnissen von Reich überein, der das Setzen von deutlichen Eckpfeilern für Lernprozesse empfiehlt (2012, S. 239). So werden zum Beispiel mit der Entscheidung für ein Lehrkonzept Leitplanken gesetzt, ohne notwendigerweise die Freiheit der Lernenden komplett einzuschränken. Im Gegenteil: Lehrkonzepte geben dem Lernprozess eine Orientierung und nutzen den Konzepten immanente bewährte Lehr-/Lernstrategien oder auch «Lernformen» (Wildt 2010). Konzepte wie das Projekt oder das forschende Lernen folgen zum Beispiel der bewährten Lernform des prozessorientierten Lernens. Am Anfang beider Lehrkonzepte steht eine Problemdefinition, die in einen strukturierten Problemlösungsprozess überleitet, in dem ein Schritt nach dem anderen bewältigt wird. Stärker wird das Lernen, wenn diese Schritte gekoppelt und hierarchisch strukturiert sind, was ein Überspringen oder Auslassen einzelner Stufen des Prozesses in der Regel unmöglich macht.

Bevor die Vorzüge der Orientierung an Lehrkonzepten ausgeführt werden, werden wichtige theoretische Erkenntnisse zu erfolgreichem Lehren und Lernen zusammengefasst. Diese können verstanden werden als Sammlung von Erkenntnissen der Gestaltung von Lehraktivitäten, die Lehrenden eine grundlegende Orientierung und Hilfestellung zu Beginn des Prozesses der Konzeption von Lehrveranstaltungen und darüber hinaus bieten sollen.

1.Gute Lehre basiert auf einem didaktischen Konzept, einem Plan oder einer Lehridee. Gute Lehre folgt nicht nur der Struktur von Lehrplänen oder -inhalten, sondern sie entwickelt spezifische Konzepte und Ideen basierend auf Annahmen zu Lernprozessen und den spezifischen Rahmenbedingungen von Lehrveranstaltungen3.

2.Gute Lehre ist strukturiert. Sie folgt erstens einer klaren Struktur über alle Sitzungen, die allen Teilnehmern zu jedem Zeitpunkt bekannt ist und Orientierung bietet. Sie folgt zweitens in den jeweiligen Sitzungen weiteren Strukturierungslogiken, z. B. dem Fortschreiten von einfach zu schwer.

3.Gute Lehre verfolgt konkrete Lernziele und macht die Ziele transparent. Ohne die Kenntnis von Zielen macht es für die meisten Menschen wenig Sinn, sich in Bewegung zu setzen. Dementsprechend ist die positive Wirkung der Bekanntheit von Lernzielen für den Lernerfolg von zentraler Bedeutung (Ulrich 2020, S. 44).

Die Ziele sollten allen Teilnehmer*innen zu Beginn bekannt sein und, um Orientierung zu geben, während des Prozesses immer wieder vor Augen geführt werden.

4.Gute Lehre reflektiert und definiert das Arbeitsverhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden.

• Lehrende sollten für sich klären, wie sie das Arbeitsverhältnis zu Lernenden gestalten wollen. Wieso? Erfolgreiche Lernprozesse setzen eine Offenheit aufseiten der Lernenden für Handlungsveränderungen und neue Einflüsse voraus (Macke et al. 2008, S. 55). Eine dementsprechend «offene Lernsituation» beginnt oft mit einem respektvollen Miteinander, welches die Basis für ein Vertrauensverhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden bildet.

• In diesem Zusammenhang sollten Lehrende auch ihre Rolle in dem jeweiligen Lehrkontext definieren. Je mehr sie als Fach- oder Methodenexperten agieren, desto asymmetrischer gestaltet sich in der Regel ihre Beziehung zu den Lernenden.

5.Gute Lehre knüpft an Erfahrungen der Lernenden an und bezieht das Vorwissen der Lernenden konstruktiv mit ein. Durch die Herstellung von Bezügen zur Lebenswelt der Lernenden wird jede neue Lehrveranstaltung Teil eines Lehrprozesses der Lernenden, es steigen Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, sich auf eine Verhaltensänderung durch Lernen einzulassen und «die Lehrziele als Lernziele (zu) akzeptieren» (Macke et al. 2008, S. 55).

6.Gute Lehre aktiviert die Lernenden. Lernende, die zum Zuhören verurteilt sind, lernen weniger, als Lernende, die selbstständig denken, diskutieren und experimentieren. Die Wahrnehmung von Wissen und von Kompetenz stellt sich erst ein, wenn Theorie verstanden und auch aktiv angewandt oder gar erweitert wurde.

7.Gute Lehre weckt Neugier und beachtet Emotionen der Lernenden. Eine hohe Motivation ist einer der «Schlüssel» zu erfolgreichen Lernprozessen. Ein Weg, wie sich die Motivation von Lernenden steigern lässt, liegt im Wecken der Neugier von Lernenden. Eine andere Möglichkeit besteht in der Emotionalisierung von Lernprozessen. Wenn Lernen Spaß bringt, dann fällt es allen Beteiligten leichter.

8.Gute Lehre nimmt sich Zeit, ist fokussiert und hebt wichtige Dinge hervor und wiederholt diese. Lernen verlangt in Zeiten von scheinbar unbeschränkten Wissensbeständen und Bildungsangeboten nach Fokussierung und didaktischer Reduktion nach dem Prinzip «Weniger ist mehr». Dementsprechend sollten Lehrende einerseits im Vorfeld eine Auswahl an zentralen Lernzielen und -inhalten treffen, und andererseits besonders wichtige Inhalte entsprechend exponiert und wiederkehrend behandelt werden.

9.Gute Lehre sorgt für Abwechslung und nutzt die technischen Möglichkeiten der Zeit. In gut konzipierten Lehrformen kommt keine Langeweile auf, weil die Lehre abwechslungsreich ist und für «Bewegung» sorgt. Ein aufgeschlossener Umgang der Lehrenden mit technischen Errungenschaften aus dem Bereich der digitalen Medien hat dabei einerseits den Vorteil der Schaffung einer lebensweltlich «normalen» Lehrumgebung für die Lernenden. Andererseits betonen Studien zu Lernerfolgen den positiven Effekt der systematischen Kombination von Formen der Präsenzlehre mit Onlineformaten.4

10.Gute Lehre ist individuell, interaktiv und gibt Rückmeldung und den Lernenden Sicherheit bezüglich ihres Lernfortschritts. Ulrich (2020, S. 180) sieht darin eine der «Grundkonstanten guter Lehre». In gut geführten Lernprozessen wissen die Lernenden zu jedem Zeitpunkt, wo sie stehen. Hierzu ist es wichtig, dass sie auf der Basis von Rückmeldungen durch Lehrende oder Peers Einschätzungen zu individuellen Lernfortschritten erhalten. Eine besondere Rolle nehmen hier digitale Medien ein, über die sich unterschiedliche Formen des persönlichen Austauschs und der individuellen Rückmeldung umsetzen lassen.

11.Gute Lehre kennt die unterschiedlichen Lerntypen und spricht möglichst alle Sinne an. Lernende lassen sich nicht über einen Kamm scheren. Lerntypologien zeigen, dass Menschen auf unterschiedliche Arten (eher kognitiv, eher visuell etc.) lernen. Lehrende sollten die Lerntypen kennen, diese in ihren Lehrsituationen wahrnehmen und ihre Lehrmethoden entsprechend anpassen.

2 DIE IDEE DES LEHRKONZEPTS

2.1 Zum Konzeptbegriff im Bildungswesen und darüber hinaus