Liebe ist so viel mehr - Lee Winter - E-Book

Liebe ist so viel mehr E-Book

Lee Winter

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Beschreibung

Was ist stärker – die Liebe oder die Macht über das Leben? Natalya »Requiem« Tsvetnenko, Australiens gefährlichste Auftragskillerin, hatte nie die Absicht, sich zu verlieben. Doch dann war sie der Polizistin Alison begegnet, und obwohl sie sich nicht verliebte, wollte sie doch nicht mehr ohne diese Frau sein. Zwei Jahre sind vergangen, seit Requiem sich aus dem tödlichen Geschäft zurückgezogen hat, mit ihrer "kleinen Maus" in Wien lebt und sich ganz ihrer zweiten Karriere als Cellistin bei den Wiener Philharmonikern widmet. Aber lässt sich ein Killerinstinkt jemals ablegen? Und können zwei so unterschiedliche Frauen jemals miteinander glücklich werden? Es kommt der Tag, der alles ans Licht bringt und Requiem zwingt, sich sowohl ihrer Vergangenheit als auch ihrer eigenen Gefühle zu stellen … Lee Winters Kurzgeschichte ist die Fortsetzung ihrer (beliebten) Crime-Noir-Novel »Requiem mit tödlicher Partitur«.

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Seitenzahl: 56

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhaltsverzeichnis

Von Lee Winter außerdem lieferbar

Teil 1: Masken

Teil 2: Gefallene Masken

Ebenfalls im Ylva Verlag erschienen

Über Lee Winter

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Von Lee Winter außerdem lieferbar

Nichts als die ungeschminkte Wahrhheit

Aus der Rolle gefallen

Requiem mit tödlicher Partitur

TEIL 1: MASKEN

REQUIEM

Natalya Tsvetnenko betrat die Wellness-Oase in der Spittelberggasse und schob ihre Sonnenbrille über die Stirn nach oben. Das beruhigende Geräusch von plätscherndem Wasser erfüllte den Eingangsbereich eines der luxuriösesten Spas in Wien. Natalya hatte ihn während der drei Jahre, die sie nun in der Stadt wohnte, sehr zu schätzen gelernt. Ihre Besuche hier waren ein guter Ausgleich zum stundenlangen Cellospiel und ihrer Arbeit als Orchestermitglied der Wiener Philharmoniker.

Einige ihrer gesundheitlichen Probleme und Verletzungen stammten noch aus ihrer Vergangenheit, in der sie als Auftragskillerin unter dem Namen Requiem gearbeitet und oftmals gegen ihre Konkurrenten gekämpft hatte. Darüber sprach sie natürlich nicht gerne. Auch deswegen war die Wellness-Oase perfekt für sie, denn die hervorragend ausgebildeten Physiotherapeuten und Massagespezialisten waren zudem für ihre Diskretion bekannt. Und Natalya zahlte gut für ihre intensiven Ganzkörpermassagen, die wahre Wunder für ihre schmerzenden Muskeln und Gelenke bewirkten.

Am Empfang wurde sie von Lotte begrüßt, der Besitzerin des Spas, deren herbe Gesichtszüge ebenso gut an diesen Ort passten, wie der weiße Kimono aus Waffelmusterstoff und die japanischen Sandalen, die auch ihre Angestellten trugen.

»Christiane erwartet Sie bereits in ihrem bevorzugten Zimmer, Frau Tsvetnenko.« Lotte deutete mit einer eleganten Handbewegung in die entsprechende Richtung.

Natalya bedankte sich mit einem Nicken und machte sich auf den Weg zu dem Raum, der zu ihrer Freude etwas von den anderen Räumlichkeiten abgelegen war. Das gab ihr ein Gefühl von Sicherheit.

Sie ging den weißgrau gestrichenen Gang hinunter zu Zimmer Nummer zwölf. Auf dem Boden vor der Tür stand eine traurige, kleine Alocasia sanderiana.

Natalya beugte sich hinab, um sie genauer zu betrachten, und sah ihre Vermutung bestätigt. Zu wenig Wasser. Missbilligend kniff sie die Lippen zusammen. Sie würde Christiane darauf aufmerksam machen, denn sie fand es enttäuschend, wenn nicht auf die Details geachtet wurde.

Als sie in das cremeweiße Zimmer trat, umfing sie sofort der angenehme Duft von Räucherstäbchen. In einer Ecke des Zimmers stand ein Tontopf mit heißen Steinen. Vielleicht für den nächsten Kunden, da Natalya kaum Interesse an den neuesten Entspannungstrends hatte.

Ihr Blick wanderte über das Mobile aus Peace-Zeichen, das von der Decke hing, dann über die gerahmten Bilder von Bambuswäldern und eine kleine, bronzene Buddhastatue auf dem Fenstersims unter dem Holzrollo. Sie fragte sich, ob Christiane wohl wusste, dass der Buddha in etwa genauso japanisch war wie der Kimono-Abklatsch, den sie als Arbeitskleidung trug.

Ihre Masseurin drehte sich um, als Natalya eintrat, schenkte ihr ein höfliches Lächeln und deutete dann auf die Liege. Ihr blondes Haar war im Nacken zu einem perfekten Knoten zusammengebunden, der im warmen Licht des Raums glänzte.

»Machen Sie sich gerne schon einmal frei, Frau Tsvetnenko. Ich bin in fünf Minutenwieder da.«

Natalya nickte, schlüpfte aus ihrer Kleidung, legte ihre Lederjacke, die schwarze Leinenhose, die gestärkte Bluse und ihre Unterwäsche zu einem sauberen Stapel zusammen, und stellte die polierten, schwarzen Halbstiefel akkurat unter den Stuhl in einer Ecke des Raums.

Sie machte es sich auf der Liege bequem und legte ein Handtuch über sich, um zu signalisieren, dass sie bereit war. Natalya schämte sich nicht für ihre Nacktheit, insbesondere weil Christianes erfahrene Hände dadurch leichteren Zugang zu ihren verspannten Muskeln bekamen, um die vom vielen Sitzen verursachten Schmerzen in ihrem Gesäß und dem unteren Rücken lindern zu können.

Mit Schamgefühl hatte Natalya noch nie zu kämpfen gehabt. Wenn sie sich morgens im Spiegel betrachtete, ihre Narben anschaute, dann sah sie Stärke, Kontrolle, Disziplin und Schönheit in ihren Muskeln, den kräftigen Schultern und ihrem glänzenden, glatten, schwarzen Haar. Und manchmal sah sie auch schmale Hände, die sich von hinten um ihre Taille schlangen und sie an einen ebenso nackten Körper zogen, der gerade warm aus der Dusche kam.

Ein Lächeln umspielte Natalyas Lippen bei dieser angenehmen Erinnerung.

Sie konnte kaum glauben, dass schon drei Jahre vergangen waren, seit sie sich hier niedergelassen hatte, nachdem sie ein Jahr durch ganz Europa gereist war. Vier Jahre, seitdem sie ihrem früheren Leben in Australien den Rücken gekehrt hatte. Ein Leben, das nicht im Geringsten so verlaufen war, wie sie es sich als Jugendliche erträumt hatte. Sponsoren, Bekannte ihrer Stiefmutter Lola, die sich als Mitglieder einer Mafiafamilie aus Melbourne entpuppt hatten, hatten ihr Cello-Stipendium in Wien finanziert.

Und Natalya hatte dafür einen hohen Preis bezahlt. So kam es, dass sie zu der tödlichsten aller Waffen ausgebildet worden war, denn niemand vermutete hinter der Fassade einer blutjungen Frau, die als Cello-Wunderkind galt, die Attentäterin einer organisierten Verbrecherbande. Dieses Doppelleben hatte sie so entsetzlich effektiv gemacht, weit über alle Erwartungen hinaus.

Sie hatte sich für fünf Jahre verpflichten müssen. Ein fairer Gegenwert für die Investition in ihre musikalische Ausbildung. Niemand aus der Mafiafamilie hatte verstanden, warum sie ihre tödliche Arbeit freiwillig fortführte, nachdem die vereinbarte Zeit abgelaufen war. Insbesondere, da sie jeden Abend die Ohren zahlender Zuhörer mit ihrer Musik verwöhnen konnte.

Was diese Männer mit ihren seelenlosen Augen nie verstehen würden, war die Tatsache, dass beide Berufe gleichermaßen eine Form von Sucht und Befriedigung für Natalya darstellten, der sie sich nicht so einfach entziehen konnte. Beide gaben ihr das Gefühl, eine Göttin zu sein, die Macht über ihre Untertanen und deren ängstlich schlagende Herzen ausübte. Der Fehler ihrer Auftraggeber bestand darin, sie als zwei verschiedene Personen zu sehen: Attentäterin oder Cellistin. Requiem oder Natalya.

Sie war schon immer beides gewesen. Für sie war es so einfach – die Seite an ihr, die die jeweilige Situation erforderte, übernahm die Führung und sie passte ihr Verhalten entsprechend an. Das war auch nichts anderes, als die richtigen Schuhe für jeweils unterschiedliche Veranstaltungen auszuwählen. Wenn man sie nicht mehr brauchte, stellte man sie in den Schrank zurück.

Doch solch philosophische Gedankengänge gehörten mittlerweile meistens der Vergangenheit an. Natalya war 45 Jahre alt und lebte weit entfernt von der dunklen Seite Melbournes.

Inzwischen nährte sie die Seelen der Menschen, anstatt sie zu zerstören. Sie hatte ihre Wahl getroffen und nur wenig bereut. Das war der Preis, den sie gezahlt hatte, um eine kleine Maus, wie sie ihre Partnerin nannte, in ihrem Leben zu haben. Er war ihr nicht zu hoch erschienen, nachdem sie es endlich verstanden hatte.