Liebesglück und Hochzeitsfieber - Amelie Winter - E-Book
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Liebesglück und Hochzeitsfieber E-Book

Amelie Winter

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Beschreibung

Charmante und herzerwärmende Irland-Romanze! Riley hat einen Traum, den sie selbst ziemlich dumm findet: Einmal im Leben will sie die Hübscheste von allen sein und wie eine Prinzessin in einem prächtigen, selbst entworfenen Brautkleid vor den Traualtar treten. Einzig fehlt ihr der Bräutigam dazu. Brandon hingegen will vom Heiraten nichts wissen. Er genießt sein Singledasein und hat bestimmt nicht vor, jemals in den Hafen der Ehe einzulaufen. Dennoch lässt er sich notgedrungen auf ein Blind Date ein, wo er auf Riley trifft, die überhaupt nicht sein Typ ist: zu schräg, zu quirlig, zu unberechenbar – und noch chaotischer als er! Beide sind sich einig, dass Amor bestimmt danebenschießen wird. Aber vielleicht trifft er ja doch, wenn die zwei es am wenigsten erwarten …   Bei dem vorliegenden Roman handelt es sich um Teil zwei der Reihe »Liebesglück in Irland«. Die einzelnen Bände sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.  

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LIEBESGLÜCK UND HOCHZEITSFIEBER

ROMANTISCHE KOMÖDIE

AMELIE WINTER

BUCHBESCHREIBUNG

Riley hat einen Traum, den sie selbst ziemlich dumm findet: Einmal im Leben will sie die Hübscheste von allen sein und wie eine Prinzessin in einem prächtigen, selbst entworfenen Brautkleid vor den Traualtar treten. Einzig fehlt ihr der Bräutigam dazu. Brandon hingegen will vom Heiraten nichts wissen. Er genießt sein Singledasein und hat bestimmt nicht vor, jemals in den Hafen der Ehe einzulaufen. Dennoch lässt er sich notgedrungen auf ein Blind Date ein, wo er auf Riley trifft, die überhaupt nicht sein Typ ist: zu schräg, zu quirlig, zu unberechenbar – und noch chaotischer als er! Beide sind sich einig, dass Amor bestimmt danebenschießen wird. Aber vielleicht trifft er ja doch, wenn die zwei es am wenigsten erwarten …

INHALT

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Über die Autorin

Bücher von Amelie Winter

1

»Du schuldest mir was, Kate!«, murrte Brandon. Er hatte sich von seiner Schwester dazu überreden lassen, sie beim Kauf ihres Brautkleides zu begleiten. So was war gar nicht sein Ding: sich Brautkleider ansehen. Oder heiraten. ›Single‹ stand in dicken weißen Lettern auf seinem Kapuzenpulli – ein Geschenk von seinem Kumpel Mark, den es amüsierte, wie sehr Brandon sich sträubte, in den Hafen der Ehe einzulaufen. Brandon war cool – dachte er zumindest! –, und schlecht sah er auch nicht aus. Immer mal wieder verguckte sich eine Frau in ihn. Aber wenn er das Wort ›Heiraten‹ auch nur hörte, stellten sich ihm die Nackenhaare auf, und eine hässliche Gänsehaut breitete sich auf seinen Armen aus. Das bildete er sich bestimmt nicht ein! Das passierte wirklich. Vom Heiraten wollte er absolut nichts wissen. Brandon liebte seine Freiheit viel zu sehr.

»Das wird lustig, komm schon! Beweg dich!«, rief seine Schwester. Sie eilte voraus, und Brandon stolperte lustlos hinter ihr her. Das Brautmodengeschäft lag irgendwo in der North Main Street versteckt. Kate hatte den Laden online gefunden und ihm Fotos von den Kleidern gezeigt. Die sahen super aus – das musste er zugeben!

Plötzlich blieb sie stehen – Brandon wäre beinahe in sie hineingelaufen – und legte den Kopf in den Nacken. Sie schaute hoch zu einem Schild, wo Riley’s Bridal Salon stand.

»Das ist es!«, rief sie aufgeregt. Ihre Augen leuchteten. Brandon betrachtete sich den Laden von außen. Im Schaufenster waren zwei Kleider mit langen wallenden Röcken ausgestellt. Ansonsten fehlte jegliche Dekoration. Ein Brautmodengeschäft hatte er sich eleganter und ansprechender vorgestellt. Skeptisch folgte er seiner Schwester ins Innere. Die Ladenglocke ertönte, als sie eintraten. Niemand war da. Kate wirkte dennoch glücklich und zufrieden. Brandon schaute sich gespannt um. Innen machte das Geschäft einen weniger tristen Eindruck, aber dennoch hatte er sich mehr erwartet. Der Raum war winzig. Auf der einen Seite stand eine Empfangstheke, die nicht besetzt war, und auf der anderen Seite hingen die Kleider auf einem Ständer. Es waren vielleicht fünfzehn an der Zahl. In der Mitte des Raumes befand sich ein antikes Chippendale-Sofa mit eleganter Polsterung. Das Stück wertete die Boutique etwas auf. Brandon würde sich dort gleich hinsetzen, während Kate das Kleid anprobierte – sollte sie tatsächlich eins finden, das ihr gefiel. Irgendwo musste eine Umkleidekabine versteckt sein.

»Niemand da?« Kate wirkte enttäuscht. Endlich kam jemand herbeigeeilt. Brandons Laune hellte sich sofort auf. Die Frau war hübsch! Sie hatte langes brünettes Haar, leicht gewellt und perfekt gestylt; ein schönes Gesicht und umwerfende Beine, die der figurbetonte Rock, der knapp über den Knien endete, optimal zur Geltung brachte. Dazu trug sie eine schicke weiße Bluse mit Glockenärmeln. Brandon stellte sich neben Kate und schaute gespannt zu der Frau, die sie nun freundlich begrüßte und ihren Namen nannte – sie hieß Patricia. Sogar der Name war hübsch!

»Wie kann ich Ihnen helfen?«, wollte sie wissen. Der Laden kam ihm plötzlich nicht mehr so schäbig vor.

»Ich suche ein Brautkleid!«, verkündete Kate enthusiastisch.

»Haben Sie schon eine ungefähre Vorstellung, welches Kleid Sie möchten?« Patricia lächelte freundlich, und Brandon hatte das Gefühl, die Sonne ginge auf. Ob sie auf böse Jungs stand? Oder war ihr ein braver Businessman lieber? Brandon grinste verschmitzt. Solche Frauen waren häufig auf der Suche nach einem Abenteuer. Da waren sie bei Brandon genau richtig. Mit ihm hatte noch jede Frau Spaß haben können – bis sie vom Heiraten sprachen. Da klinkte sich Brandon dann aus und nahm ganz schnell die Beine in die Hand.

Kate zog das Smartphone aus der Handtasche und rief die Seite des Brautmodengeschäfts im Internet auf.

»Dieses Kleid würde ich gerne anprobieren!«, verkündete sie stolz und deutete auf das Foto.

»Oh, natürlich! Das Kleid ist traumhaft! Ich suche es Ihnen sofort heraus!« Patricia eilte zu dem Kleiderständer und fand das gute Stück auf Anhieb. Bislang hatte sie von Brandon kaum Notiz genommen. Er überlegte sich, wie er ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Aber vorerst betrachtete er ihre Hände und hielt nach einem Ring Ausschau. Mit verheirateten Frauen flirtete er für gewöhnlich nicht. Brandon hatte Prinzipien.

»Sie können sich da hinten umziehen.« Patricia zeigte Kate den Weg. Brandon zog derweil endlich die Kapuze vom Kopf. Er hatte eine Wette verloren und sich deswegen den Schädel kahl rasiert. Seitdem fror er ständig hinter den Ohren. ›Du siehst aus wie ein Gangster‹, hatte Kate ihm vorgeworfen, und seine Mom hatte sich erst mal setzen müssen, als sie ihn mit Glatze gesehen hatte. Das war vor vier Tagen gewesen. Mittlerweile hatte sich bereits ein dunkler Schatten auf seinem Kopf ausgebreitet. Die Haare wuchsen zum Glück schnell nach.

Seufzend nahm er auf dem schicken Sofa Platz und fühlte sich wie ein König. Wie Kate in einem Brautkleid wohl aussah? Er kannte sie nur in schicken Anzughosen, Jeans oder Shorts. Sie trug nicht gerne Röcke, aber bei ihrer Hochzeit wollte sie jedem die Schau stehlen! Brandon konnte noch immer nicht glauben, dass es jetzt endlich so weit war: Sie würde James heiraten. Die beiden waren schon seit vielen Jahren zusammen, aber dass sie tatsächlich mit ihm gemeinsam vor den Traualtar treten würde, hätte Brandon nicht gedacht. Eigentlich hatte er nur darauf gewartet, dass Kate Schluss machte und sich nach jemand anderem umsah. Brandon konnte James nicht leiden. Die beiden passten nicht zueinander. Da er aber von Beziehungen wenig Ahnung hatte, hielt er sich lieber zurück. Kate war zwei Jahre jünger als er. Brandon machte sich Sorgen um seine kleine Schwester. Dabei hatte er sich nie wie ein großer Bruder verhalten – im Gegenteil! Ständig musste er sich anhören, er sollte endlich erwachsen werden. Er war dreißig! Da hatte man doch noch sein ganzes Leben vor sich – und jeder tat so, als hätte er es schon hinter sich.

Patricia kam zurück und stellte sich neben die Empfangstheke. Brandon erhob sich vom Sofa, trat näher und lächelte charmant. Sie beäugte ihn misstrauisch. Auch schien sie die Glatze zu irritieren. Bei dieser Frau hatte er keine Chance, oder doch? Es war nicht seine Art, frühzeitig aufzugeben, aber im Grunde war er gar nicht auf der Suche nach was Neuem. Dabei war er schon seit über einem Jahr Single – sein persönlicher Rekord! –, und irgendwie hatte er sich daran gewöhnt. Single sein hatte viele Vorteile.

»Wann ist denn der große Tag?«, fragte Patricia plötzlich. Brandon stutzte. »Das erlebe ich nicht oft, dass der Bräutigam die Braut zur Anprobe begleitet.«

»Was?!« Er hob abwehrend die Hände. »Kate ist meine Schwester!«, erklärte er rasch – und tatsächlich hatte er keine Ahnung, warum sie ihn darum gebeten hatte, mitzukommen. Ihre beste Freundin war gerade in den Flitterwochen. Vermutlich deswegen. Eliza hatte erst kürzlich ihrem Langzeitfreund das Ja-Wort gegeben, und Kate war ihre Brautjungfer gewesen. Sie hatte sogar den Brautstrauß gefangen! Seitdem hatte sie es mit dem Heiraten richtig eilig.

»Sie sind Ihr Bruder?« Patricia lächelte ihn zum ersten Mal an. Mochte sie ihn doch? »Das ist toll, dass Sie Ihre Schwester unterstützen.« Beinahe wurde er rot. Brandon war nämlich kein Vorzeigebruder, aber er gab sich Mühe. Immer mal wieder.

Kate betrat den kleinen Raum, und Brandon schaute überrascht. Sie in einem Braukleid zu sehen, war gewöhnungsbedürftig. Seine Schwester strahlte von einem Ohr zum anderen.

»Und? Wie findest du es?«, wollte sie wissen. Ihre Augen leuchteten! Hoffnungsvoll wartete sie auf sein Urteil. ›Das ist mein Traumkleid‹, hatte sie ihm vorgeschwärmt. Aber nun, da sie es trug, gefiel es ihm nicht. Wie sollte er ihr dies schonend beibringen? Das korsagenähnliche Oberteil passte an der Taille, aber auf Brusthöhe war es zu weit. Der Rock bestand aus mehreren Lagen und war viel zu voluminös. Er war auch zu kurz. Kate war groß gewachsen und sehr schlank – genau wie Brandon. Jeder in seiner Familie war schlank.

»Es gefällt dir nicht?«, fragte Kate enttäuscht.

»Doch! Aber …« Er musste ehrlich zu ihr sein. Auch Patricia betrachtete seine Schwester eingehend und wirkte skeptisch.

»Darf ich?«, fragte sie höflich, woraufhin Kate nickte und Patricia an der Korsage zupfte. »Die Körbchen können wir verkleinern«, erläuterte sie. »Auch müssen wir das Kleid auf die richtige Länge bringen.«

Kate drehte sich zum Spiegel hin. Das Leuchten in ihren Augen war erloschen.

»Vielleicht ist ein anderes Kleid besser?«, sagte sie. Brandon wusste genau, dass sie sich in dieses Kleid verliebt hatte.

»Ich bin gleich wieder da«, verkündete Patricia plötzlich und huschte davon. Sie verschwand im hinteren Teil des Ladens. »Riley, kommst du mal?«, hörte er sie rufen.

Brandon stellte sich derweil hinter seine Schwester und legte die Hände auf ihre Schultern.

»Du siehst immer toll aus«, meinte er.

»Das Kleid steht mir nicht.«

»Wenn sie es anpassen, schaut es sicher super aus!«

Patricia tauchte wieder auf. Sie war aber nicht allein, jemand folgte ihr wie ein Schatten. Brandon zog überrascht die Augenbrauen hoch. Riley’s Bridal Salon stand über dem Eingang der Boutique – war das etwa Riley? Sie trug weite Jeans und ein enges Shirt. Ihr recht großer Busen war nicht zu übersehen. Ansonsten war alles an ihr winzig! Die aschblonden Haare reichten ihr vorne fast bis zum Kinn und wurden nach hinten hin immer kürzer. Sie waren nicht gelockt, aber auch nicht glatt. Das war wohl der furchtbarste Haarschnitt, den Brandon je gesehen hatte. Zudem trug sie eine dicke Hornbrille, die viel zu groß war für den kleinen Kopf. Brandon verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. Die Frau hatte ein Maßband um den Hals hängen und kaute auf einer Stecknadel. Sie schob die Brille hoch, bevor sie Kate musterte.

»Was sagst du dazu, Riley?«, fragte Patricia. Sie schaute sich das Brautkleid an und würdigte Brandon keines Blickes.

»Sind Sie sicher, dass Sie dieses Kleid wollen?«, fragte sie. Ihre Stimme hatte einen angenehmen, sehr weichen Ton, was Brandon überraschte.

Kate nickte eifrig.

»Wir können es an Ihre Figur anpassen, aber ich denke, ein anderes Kleid würde Ihnen besser stehen. Dieses Kleid ist eher für kurvige Frauen geeignet.« Im nächsten Moment trat sie an den Kleiderständer und schob die Stücke energisch auseinander, bis sie fündig wurde.

Das Brautkleid, das sie nun hervorholte, sah ganz anders aus als jenes, das Kate gerade trug. Zwar wirkte es edel, aber auch eher unscheinbar. Der Rock fiel gerade nach unten, die Passform war schmal. Wie zu erwarten guckte seine Schwester skeptisch. Riley lächelte ihr aufmunternd zu.

»Probieren Sie es an!«, forderte sie Kate auf, die nun mit Brandon Blickkontakt suchte. Er nickte zustimmend.

Kate ging mit dem Kleid nach hinten, und Brandon betrachtete derweil Riley etwas genauer. Diese Frau sah nicht so aus, als hätte sie Ahnung von Mode – sie konnte sich ja nicht mal selbst anständig kleiden! An diese Jeans, die weit über den Knöcheln endete, musste er sich erst gewöhnen. Und das Schuhwerk ging gar nicht! Sie trug gelbe Crocs. Am auffälligsten waren jedoch die bunten Ringelsocken.

Aber welches Recht hatte er, über ihr Outfit zu urteilen? Mit dem schwarzen Hoodie, der dunklen Jeans und den neongrünen Turnschuhen war er auch keine Modeikone! Sein Vater, ein notorischer Anzugträger, strafte ihn deswegen gewohnheitsmäßig mit einem missbilligenden Blick, wenn er in diesem oder einem ähnlichen Outfit zu einem Geschäftsmeeting erschien. Brandon hatte sich in den letzten vier Tagen sehr bemüht, seinem Dad aus dem Weg zu gehen. Wenn er ihn mit Glatze sah, dann …! Er hoffte, die Haare würden noch schneller nachwachsen. Gedankenverloren fuhr er sich über die Stoppeln, die er kaum spürte.

»Kann mir bitte jemand helfen?«, hörte er Kate rufen.

Brandon wollte sich schon auf den Weg machen, als Riley ihm zuvorkam. Es war besser, die Frauen waren unter sich. Wahrscheinlich klemmte der Reißverschluss. Er wunderte sich ohnehin, wie sich seine Schwester vorhin derartig hatte verrenken können, um das Kleid am Rücken zu schließen.

Nun war er mit Patricia wieder allein, die ihm freundlich zulächelte. Brandon fühlte sich fehl am Platz. Er hoffte sehr, Kate würde ein hübsches Kleid finden. Im Moment sah es aber eher danach aus, als würde dieser Tag ein Reinfall werden.

Als seine Schwester jedoch zurückkam, machte Brandon große Augen. Das Kleid war hinreißend! Sein Mund klappte auf, was ihm viel zu spät auffiel. Schnell machte er ihn wieder zu.

»Was guckst du so?«, fragte Kate und grinste zufrieden.

»Du siehst aus wie eine Königin.«

Sie stellte sich vor den großen Spiegel und betrachtete sich von allen Seiten. Das rückenfreie Oberteil war mit Spitze besetzt, hatte schmale Träger und einen tiefen V-Ausschnitt. Der Seidenrock umschmeichelte Kates schmale Hüften und hatte vorne einen hohen Schlitz. Der Stoff war fließend und ließ sie noch größer erscheinen, als sie es ohnehin war.

»Eigentlich hatte ich wie eine Prinzessin aussehen wollen.« Sie lächelte verschmitzt.

»So ist es besser, glaub mir!« Er konnte nicht fassen, wie schön seine Schwester war! Kurz schielte er zu Riley. Die Frau verstand was von ihrem Job. Brandon war beeindruckt.

»Das Kleid passt genau.« Auch Kate schien überrascht. Es war nicht zu weit, nicht zu eng, auch hatte der Rock exakt die richtige Länge.

»Sie sollten die Haare hochstecken«, riet ihr Patricia. Kate strich mit beiden Händen ihr brünettes Haar nach hinten und formte einen provisorischen Knoten.

»Du siehst super aus«, sagte Brandon ernst, dabei war er doch nie ernst. Aber seine Schwester würde eine wunderhübsche Braut abgeben. »James ist ein Glückspilz!« Brandon zeigte sich ausnahmsweise von seiner charmantesten Seite.

»Wollen Sie noch ein anderes Kleid anprobieren?«, fragte Riley.

»Was sagst du?« Kate wandte sich an ihn.

»Da wir schon hier sind – nur zu! Aber ich denke, keins der anderen Kleider kann dieses hier toppen!«

»Ich finde es auch super.« Ihre Augen strahlten wieder. Noch mehr als zuvor.

Was war es nur, was Frauen am Heiraten so glücklich machte? Brandon hielt nichts von Festlichkeiten. Bei seiner Konfirmation hatte er zuletzt einen Anzug getragen. Er hatte eine Zeremoniephobie! Brandon hing lieber in Pubs mit seinen Kumpels herum – oder er arbeitete. Er reiste auch gerne. Gesellschaftlichen Traditionen und Regeln konnte er nicht viel abgewinnen. Und von Romantik verstand er sowieso nichts.

»Dieses hier … Und dieses hier …«, sagte Riley, während sie ein Kleid nach dem anderen aus ihrer Sammlung an Patricia weiterreichte, die Kate bis zur Kabine begleitete. Nun war Brandon mit Riley allein. Sie schob ihre Brille hoch, und erstmals schenkte sie ihm ihre Aufmerksamkeit. Instinktiv guckte er auf ihre Brüste – und dann sofort wieder in ihr Gesicht. Sie schien es bemerkt zu haben. Ihr hässlicher Blick ließ jedenfalls darauf schließen. Dabei hatte er sie nicht mal angemacht! Brandon drehte sich seufzend weg und zog die Kapuze wieder über den Kopf. Der kahle Schädel fühlte sich nach wie vor ungewohnt an.

Kate und Patricia tauchten wieder auf. Das Kleid, das sie nun trug, war auch hübsch.

»Gefällt mir«, sagte Brandon ehrlich.

»Mir auch.« Kate betrachtete sich kritisch im Spiegel. »Aber das andere ist toller!«

Trotzdem probierte sie noch zwei weitere an. Brandon setzte sich derweil aufs Sofa. Er gähnte ungeniert. Es war schon spät. Sie waren seit einer Stunde im Laden – und sie waren die einzigen Kunden. Eigentlich hatte er sich heute noch mit seinen Kumpels im Pub treffen wollen.

Das Handy klingelte, und er zog es aus der Hosentasche. Die Frauen beachteten ihn ohnehin nicht.

Craig will wissen, ob du heute kommst!

Sein Kumpel und Arbeitskollege Mark hatte ihm geschrieben.

Ich bin in einem Brautmodengeschäft, antwortete Brandon.

Wer heiratet?, kam zurück.

Meine Schwester! Hab ich dir doch erzählt!

Mark hatte ein Gedächtnis wie ein Sieb.

Verschieben wir unsere Partie?

Quatsch! In einer Stunde bin ich da. Im The Loophole hing er täglich herum.Dort fühlte er sich zu Hause.

2

Riley saß in ihrem Nähzimmer, das sich hinten in der Boutique befand, und war gerade dabei, den Rock eines Brautkleides zu kürzen. Sie hatte die untere Naht aufgetrennt und legte nun den Stoff nach innen um. Patricia schaute ihr gespannt bei der Arbeit zu. Rileys Freundin war gut im Verkaufen, aber vom Nähen verstand sie nichts. Sie kannten sich seit der Highschool. Als Riley sich kurzerhand dazu entschlossen hatte, eine eigene Boutique aufzumachen und ihre Kreationen zu verkaufen, hatte Patricia sofort mithelfen wollen. Sie war ein Allroundtalent. Riley kümmerte sich um die Brautkleider – und Patricia erledigte den Rest. Jetzt saß sie auf dem super bequemen Papasansessel aus geflochtenem Rattan, in dem sich auch Riley nach der Arbeit gerne ausruhte. In dem großen runden Ding fühlte sie sich, als würde sie auf einer Wolke sitzen.

Riley streckte sich kurz, gähnte ungeniert und rieb sich die trockenen Augen, bevor sie mit der Arbeit fortfuhr. Das Geräusch der Nähmaschine machte sie schläfrig. Die Lider fielen ihr beinahe zu. Sie musste sich jetzt zusammenreißen. Das Kleid durfte sie auf keinen Fall ruinieren. Den Satinstoff hatte sie in Italien bestellt. Der Meter kostete fast hundert Euro. Riley sparte nie beim Material. Sie legte großen Wert darauf, ihren Kunden die beste Qualität zu präsentieren.

»Willst du es nicht gut sein lassen?«, fragte Patricia. Riley hob den Kopf und schaute auf die Uhr an der Wand. Es war schon nach acht.

»Und was ist mit dir?«, erwiderte sie. »Solltest du um diese Zeit nicht zu Hause sein? Sean vermisst dich bestimmt schon!«

»Der vermisst nur das Abendessen, auf das er heute länger warten muss«, gab Patricia grinsend zurück. Die beiden waren seit drei Jahren ein Paar. Seit einem halben Jahr wohnten sie zusammen.

Riley hielt inne, als ihr Telefon klingelte. Die Nähmaschine verstummte. Sie hob das Handy vom Tisch hoch und schaute nach, wer ihr geschrieben hatte.

»Deine Mom?«, fragte Patricia.

»Woher …?«

»Weil du dieses Gesicht ziehst! Das kenne ich doch! Das ist dein Mom-will-mich-wieder-verkuppeln-Gesicht.« Sie lachte schallend.

Rileys Mom hatte kürzlich ihre Liebe zum Bingo entdeckt. In Cork gab es etliche Bingohallen. Seitdem lernte sie ständig neue Leute kennen. Und diese Leute hatten Söhne, die noch Single waren. Riley war ihrer Mutter zuliebe schon auf etliche Blind Dates gegangen. Die meisten dieser Männer waren totale Loser gewesen! Wahrscheinlich war auch Riley eine Loserin, schließlich wurde sie bald dreißig und war immer noch Single. Sie sollte nicht über andere urteilen, aber diese Typen waren unmöglich gewesen …!

»Sei doch froh, so lernst du eine Menge Männer kennen!« Patricia amüsierte sich köstlich. »Willst du dich nicht verlieben?«

»Doch! Und wie ich das will!« Riley legte das Handy weg. »Ich will mich verlieben – und dann will ich heiraten. In einem wunderhübschen Kleid, das ich selbst entworfen habe. Und dann lasse ich mich scheiden!«

»Du bist verrückt!« Patricia lachte lauthals.

»Ich will nur meine Traumhochzeit haben. Einmal Prinzessin sein! Ohne Mann klappt das nicht!«

»Dann engagier doch jemanden, der für einen Tag Bräutigam spielt! Ein Student, der sich gerne was dazuverdient, müsste sich doch finden.«

»Ein Student? Der Typ sollte zumindest genauso alt sein wie ich.«

»Es gibt etliche Studenten in deinem Alter«, rief Patricia fröhlich. »Soll ich in der Zeitung eine Anzeige aufgeben? Oder an der Uni ans Schwarze Brett hängen? ›Suche Bräutigam für einen Tag! Voraussetzung: gutes Aussehen! Mindestens eins neunzig, breite Schultern, markantes Kinn und dichtes Haar.‹«

»Machst du dich über mich lustig?«, stellte Riley die unnötige Frage.

Patricia grinste zufrieden. »Du stehst doch auf Männer wie aus einem Katalog! Durchdringender Blick, charmantes Lächeln, Dreitagebart …!«

»Ich will eben jemanden, der auf einem Foto gut ausschaut!«

Patricia schüttelte ungläubig den Kopf. »Erinnerst du dich an den Kerl, der mit seiner Schwester da war?« Riley dachte angestrengt nach. »Der sah nicht schlecht aus!«, fuhr Patricia fort. Endlich fiel ihr ein, wen ihre Freundin meinte.

»Der Idiot hat auf meine Titten gestarrt.«

»Hat er?« Patricia lachte. »Also ist er interessiert an dir! Das ist doch super.« Riley guckte grimmig. »Und groß ist er auch! Vielleicht nicht eins neunzig, aber eins fünfundachtzig bestimmt.«

»Der hatte doch keine Haare!«, schimpfte Riley.

»Die wachsen nach!«, erwiderte Patricia. »Hoffentlich …« Sie wirkte nachdenklich. »Glaubst du, er hat sich den Schädel rasiert, weil sich sein Haar schon lichtet?«

»Vermutlich.«

»Was hältst du von einer Perücke?«

»Du machst dich über mich lustig.« Riley seufzte. Sie wusste doch selbst, dass sie als alte Jungfer enden würde.

Leider war Riley nicht besonders feminin. Sie war nicht besonders hübsch. Ihre Hüften waren viel zu schmal und der Busen viel zu groß – weswegen die Männer ständig darauf starrten! Aber ansonsten beachtete sie das andere Geschlecht für gewöhnlich kaum. Riley war immer diejenige, die auf Männer zugehen und den ersten Schritt machen musste. Sie war aber nie diejenige, die die Beziehung beendete. Riley hatte immer vor Selbstvertrauen nur so gesprüht – aber nach drei dramatisch gescheiterten Beziehungen war sie zum Schluss gekommen, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte.

»Warum ziehst du so ein Gesicht?«, fragte Patricia. »Ich mach doch nur Spaß!«

»Ich bin deprimiert«, brummte Riley.

»Weil du deinen Traumprinzen nicht findest?«

Riley nickte schwach und schaute bemüht traurig.

»Arme Riley!«, flötete ihre beste Freundin. »Du bist kreativ, lustig, klug und talentiert. Die Typen wissen nicht, was sie verpassen.« Patricia schlug ihre langen Beine übereinander, während Riley wieder die Nähmaschine in Gang setzte. Das Geräusch beruhigte ihr aufgewühltes Herz. Riley liebte es, zu nähen. Sie liebte es, etwas zu kreieren. Ihre Kleider entstanden zuallererst in ihrem Kopf, dann brachte sie die Entwürfe zu Papier, bevor sie den richtigen Stoff auswählte und ihre Ideen Schritt für Schritt umsetzte.

Sie hielt wieder inne und überlegte.

»Männer mögen mich einfach nicht«, sagte sie ernst. Irgendwas machte sie falsch.

»So ein Quatsch!«

»Doch! Männer stehen nicht auf Frauen wie mich! Die stehen auf Frauen wie dich!« Sie deutete mit dem Zeigefinger anklagend auf Patricia. »Wegen Frauen wie dir habe ich keine Chance!«, verkündete sie theatralisch.

Patricia verdrehte die Augen.

»Du musst nur Geduld haben«, erwiderte sie zuversichtlich.

Riley seufzte tief. Beinahe war ihr zum Heulen zumute. Sicher lag es nur an der Müdigkeit. Sie hatte in den letzten Tagen fast ohne Pause gearbeitet. Riley neigte nämlich nicht dazu, sich wegen ihrer Liebesprobleme die Augen auszuweinen.

»Man bereut immer die Dinge am meisten, die man nicht gemacht hat. Ich will mich verlieben – so richtig!«, rutschte es ihr heraus.

»Du warst noch nie verliebt?«, hakte Patricia nach.

»Doch … Aber … Ich weiß nicht …«

»Schon mal auf die Idee gekommen, dass deine Beziehungen deswegen nie gehalten haben?« Patricia lachte lauthals, und Riley verzog das Gesicht. Sie hatte sich stets bemüht, sich die Männer gut auszusuchen. Alle waren anständig und fleißig gewesen – und langweilig. Jeder Mann war langweilig. Wahrscheinlich war Riley auch langweilig.

Seufzend beendete sie die Naht und schnitt den Faden ab. Dann lehnte sie sich im Stuhl zurück. Sie würde morgen weiterarbeiten. Riley hatte nur ihre Kleider und ihren Laden im Kopf. Sie sollte sich ein Hobby suchen. Grimmig kramte sie in der obersten Schublade ihres Nähtisches nach dem Drehtabak. Hier konnte sie nicht rauchen, also stand sie auf und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer.

»Du solltest dir das echt abgewöhnen!«, rief ihr Patricia hinterher. Ihre Mom sagte das auch immer. Männer, die rauchten, waren schlimm. Aber Frauen, die rauchten …! So was gehörte sich nicht! Ihre Mom war altmodisch. Riley rauchte nicht nur, sie trank auch häufig einen über den Durst.

Müde schleppte sie sich die Stufen hoch. Patricia würde ihr bald folgen. Riley hatte das Gebäude gemietet. Im Erdgeschoss war die Boutique und gleich darüber eine kleine Wohnung mit Dachterrasse. Dort hielt sich Riley am liebsten auf. Im Apartment angelangt, eilte sie in die winzige Küche zum Kühlschrank und holte zwei Bier daraus hervor. Wie zu erwarten, war Patricia gleich hinter ihr.

»Du solltest mit dem Rauchen wirklich aufhören!«, grummelte ihre Freundin. »Und mit dem Trinken sowieso!«

»Willst du auch ein Bier?«, fragte Riley unbeeindruckt von Patricias besorgter Miene.

»Hörst du mir überhaupt zu?«

»Sicher!« Riley grinste breit und quetschte sich mit den zwei Bierflaschen an Patricia vorbei. »Und du solltest mit dem Nörgeln aufhören!« Sie ging die Holztreppe hoch in die Mansarde, wo sich ihr Schlafzimmer befand. Von hier aus erreichte sie die Dachterrasse. Sie schob die Glastür auf und trat nach draußen. Dort setzte sie sich auf den hölzernen Klappstuhl und legte den Tabak auf das kleine, runde Tischchen. Sie hatte vor, die Dachterrasse zu bepflanzen, dann sah es hier etwas freundlicher aus. Momentan machte dieser Rückzugsort einen sehr verwahrlosten Eindruck.

Patricia setzte sich zu ihr, und Riley legte den Kopf in den Nacken. Sie liebte es, hoch in den Himmel zu blicken. Graue Wolken brauten sich da oben zusammen, und komische Fäden schwirrten in ihrem Gesichtsfeld herum. Die sah sie immer, wenn sie in den Himmel schaute. Die Glaskörpertrübung ihrer Augen war schuld daran. Riley war verdammt kurzsichtig! Die ›fliegenden Mücken‹, die da oben im Himmel herumzusausen schienen, störten sie aber nicht.

Bevor es noch anfing zu regnen, begann Riley damit, ihre Zigaretten zu drehen. Das tat sie schon seit vielen Jahren. Sie verteilte den Tabak gemächlich auf dem dünnen Blättchen, fügte dann einen Filter hinzu, rollte die Zigarette – und voilà.

»Und du rauchst immer noch diesen billigen Tabak?« Patricia konnte mit dem Meckern nicht aufhören.

»Ich muss sparen!« Der Laden warf nicht viel ab. Noch nicht. Riley hatte ihn erst vor drei Monaten eröffnet. Sie hatte viel investieren und Schulden aufnehmen müssen. Zum Glück war Patricia mit dem sehr niedrigen Gehalt zufrieden! Dennoch war Riley zuversichtlich. Sie hatte sich ihren Traum erfüllt, und bislang lief es ganz gut. Riley war ohnehin jemand, der das Glas immer halb voll sah. Das hatte sie von ihrer Mom. Die ließ sich auch nicht unterkriegen. Seit über zwanzig Jahren waren sie auf sich allein gestellt. Rileys Dad war gestorben, da war sie noch nicht mal zur Schule gegangen. Gehirntumor. So was passierte. Sie kannte sein Gesicht nur von alten Fotos, erinnern konnte sie sich nicht an ihn.

Energisch zog sie an der Zigarette. Sie war abends gerne draußen. Riley war in Kinsale aufgewachsen, einem kleinen Fischerdorf im Süden Irlands. Da war nicht viel los gewesen. Nach der Highschool hatte sie in Cork auf dem College für Mode und Schneiderei etliche Kurse und Workshops besucht – aber jeden Abend war sie wieder nach Hause gefahren. Sie hatte Schiss gehabt, dass sie noch bis zu ihrem dreißigsten Lebensjahr bei ihrer Mom wohnen würde! Aber jetzt lebte sie in der Stadt. Riley hatte auf eigenen Beinen stehen wollen. Endlich eine eigene Wohnung haben. Zum Glück war es ihr gelungen. Riley arbeitete hart. Sie hatte sich unbedingt etwas Eigenes aufbauen wollen. Kinsale war ein netter Ort. Aber sie hatte dort nicht ewig bleiben können. Auch Patricia hatte es in die Stadt gezogen.

Ihre Freundin hielt sich demonstrativ die Nase zu. Sie mochte es nicht, wenn Riley rauchte.

»Du weißt, ich kann den Rauch nicht leiden«, jammerte sie.

»Dann blase ich ihn brav in eine andere Richtung.« Riley grinste breit. In der Wohnung rauchte sie nie, nur im Freien.

Das Handy klingelte, und sie zog es umständlich aus ihrer Hosentasche, während sie die Zigarette im Mund hatte.

»Hi Mom«, murrte sie undeutlich, da die Kippe auf ihren Lippen schaukelte.

»Riley? Warum klingst du so komisch?«

»Tue ich nicht!« Patricia schnippte ihr die Zigarette geradezu aus dem Mund und legte sie in den Aschenbecher. Riley guckte böse.

»Hast du meine Nachricht gelesen?«, kam aus dem Telefon.

»Muss ich übersehen haben, Mom!«, log Riley, ohne rot zu werden.

»Ich habe dir doch von meiner neuen Freundin erzählt, die ich beim Bingospielen kennengelernt habe …«

»Ja, ich erinnere mich!« Riley schaute geradeaus auf die roten Ziegeldächer der Nachbarhäuser. Es war etwas kühl. Sie hätte einen Pulli anziehen sollen. Der Sommer stand zwar vor der Tür, aber noch war es abends recht frisch.

»Claire hat einen Sohn in deinem Alter – und er ist Single!«

»Schön für ihn«, erwiderte Riley fröhlich. Wann würde ihre Mom endlich aufhören, sie verkuppeln zu wollen? Das wurde langsam peinlich.

»Willst du dich nicht mal mit ihm treffen?«, hakte ihre Mutter nach.

»Warum?«

»Riley! Komm schon! Er heißt Brandon und ist bestimmt ein netter Kerl.«

»Mom, ist das alles, was du über ihn weißt? Seinen Namen – und dass er bestimmt ein netter Kerl ist?«

»Ich weiß auch, dass er wohlhabend ist!«

»Ist er das …?«, erwiderte Riley unbeeindruckt. Sie verdiente ihr eigenes Geld und brauchte keinen reichen Mann, der sie aushielt. Riley brauchte nur einen Mann, der in einem Anzug gut aussah.

Das Handy klemmte sie zwischen Schulter und Ohr, während sie das Bier mit dem Feuerzeug öffnete.

»Mach meins auch auf«, flüsterte Patricia ihr zu.

»Ich schick dir seine Nummer!«, sagte ihre Mom.

»Du denkst doch nicht wirklich, dass ich einen wildfremden Mann einfach so anrufen werde?«

»Wenn ihr euch kennenlernt, ist er kein Fremder mehr!« Ihre Mom war unmöglich – und Riley war daran gewöhnt. Kopfschüttelnd nahm sie einen Schluck von dem Bier.

»Ruf ihn einfach an und triff dich mit ihm!« Ihre Mutter wollte nicht hören.

»Du musst keinen Ehemann für mich suchen«, stellte Riley klar.

»Erzähl mir später, wie es gelaufen ist«, flötetet ihre Mom gut gelaunt und legte einfach auf. Kurz danach trudelte die Nummer von Brandon ein.

Brandon … und weiter?, schrieb Riley zurück. Wenn sie seinen vollen Namen kannte, konnte sie ihn vielleicht googeln. Sie wollte wenigstens wissen, wie er aussah. Ihr letztes Blind Date hatte sie geradezu traumatisiert! Der Typ war schräg gewesen …

Brandon Walsh, antwortete ihre Mom. Er ist der Juniorchef der Walsh Company!

Riley stutzte. Patricia hatte sich derweil zu ihr herübergebeugt und las gespannt mit.

»Walsh Company? Hat deine Mom etwa einen dicken Fisch an Land gezogen?«

Nach kurzem Zögern tippte Riley den Namen des Unternehmens in die Suchleiste des Browsers. Die Internetseite erschien sofort, und sie klickte darauf.

»Die stellen Billardtische her?«, fragte Patricia erstaunt.

»Sieht so aus … Und zwar schon seit über hundert Jahren …« Es handelte sich um ein Familienunternehmen. Riley klickte auf den Link zur Geschichte der Walsh Company, wo sie ein Familienfoto entdeckte.

»Ist er das?« Patricia deutete auf den Mann ganz links auf dem Foto. Die Eltern standen in der Mitte. Riley versuchte das Bild zu vergrößern.

»Sieht nicht schlecht aus!«, meinte Patricia anerkennend. Riley knabberte an ihrem Fingernagel. »Er gefällt dir!«, flötete ihre beste Freundin und lachte daraufhin schallend. Der Typ hatte ein schönes Gesicht – so symmetrisch! –, auch der Körper war nicht schlecht! Mit der Anzughose und dem Hemd sah er schick aus. Irgendwie kam er ihr bekannt vor, als wäre sie ihm schon mal begegnet. Das Lächeln war … nett.

Dennoch legte Riley das Handy kopfschüttelnd weg.

»Was ist?«, fragte Patricia und klang besorgt.

Riley klemmte die Zigarette, die im Aschenbecher zur Hälfte abgebrannt war, wieder zwischen die Finger und zog daran. Wahrscheinlich machte sie sich selbst etwas vor. Riley wollte nicht nur heiraten – sie wollte sich auch verlieben. Nur irgendwie klappte es nie. Dieser Brandon Walsh war mit Sicherheit auch nicht der Richtige. Riley glaubte nicht an Märchen! Trotzdem griff sie erneut nach dem Handy und guckte sich den Typen genauer an. Riley war verzweifelt, auch wenn sie das ungern zugab. Sie wurde in vier Monaten dreißig. Dreißig! Sie wollte doch heiraten, bevor sich in ihrem Gesicht die ersten Falten abzeichneten. Riley wollte unbedingt hübsche Hochzeitsfotos haben! Zum Glück sah sie noch recht jung aus. Die Frauen in ihrer Familie alterten nur sehr langsam. Auch ihre Mom sah super aus, dabei wurde sie bald sechzig.

»Triffst du dich jetzt mit ihm oder nicht?«, wollte Patricia wissen. Riley nickte schwach, und ihre Freundin klatschte begeistert in die Hände.

»Hast du keine Tipps für mich, Tricia? Wenn der Typ echt ist – und nicht fake –, dann will ich mich nicht blamieren! Was soll ich anziehen?«

»Du willst wirklich, dass ich dir Modetipps gebe? Wer von uns beiden näht bezaubernde Brautkleider?«

»Eben! Brautkleider! Nur davon verstehe ich was … Ich kann mich aber schlecht in einem Brautkleid zu meinem Date aufmachen!«

»Warum nicht? Dann weiß er wenigstens sofort, woran er mit dir ist!« Patricia kriegte sich vor Lachen gar nicht mehr ein.

»Ich meine es ernst«, brummte Riley. »Kannst du mir was Hübsches zum Anziehen leihen?« Sie hatten nicht dieselbe Größe.

»Sicher doch!«, sagte Patricia dennoch und hob die Bierflasche hoch, um mit Riley anzustoßen. Am Ende trank sie immer mit ihr mit.

»Auf die Zukunft!«, sagte Riley.

»Auf dein Date!«

3

Brandon krempelte die Ärmel hoch und beugte sich über den fertigen Billardtisch. Mit der Wasserwaage kontrollierte er, ob die Tischfläche gerade war. Sogar kleinste Abweichungen mussten korrigiert werden. Die Schieferplatten waren perfekt geschliffen. Das Ding würden sie wieder ab- und später beim Kunden aufbauen müssen. Ein solches Exemplar konnte man nicht im Stück transportieren. Aber vorher wollte er den Tisch mal ausprobieren und eine Partie darauf spielen. Er musste wissen, ob sein Design nicht nur gut aussah, sondern auch beim Spiel überzeugte.

»Ging ja schnell.« Mark rieb sich mit seiner großen Hand das stoppelige Kinn. »Du bist schon zurück?«

Brandons Vater hatte darauf bestanden, dass er bei einem Geschäftsmeeting dabei sein sollte, also hatte er sich in Schale werfen müssen. Ausnahmsweise trug er ein Hemd, und dieses hatte er sogar hinter die Hose gesteckt! Er hatte sich aber nicht dazu überwinden können, ein Jackett anzuziehen. Auch auf die Krawatte hatte er verzichtet. Er wusste nicht mal, wie man sich ein solches Ding richtig umband.

»Das Meeting fand nicht statt«, brummte Brandon. Zum Glück! Er hockte nicht gerne in großen Räumen an großen Tischen, wo nur gelabert wurde. Manchmal – und seit Kurzem immer häufiger – packte Brandon in der Werkhalle mit an. Sein Vater sah es nicht gerne, wenn er Tische zusammenschraubte. Lieber wäre ihm, er säße oben in der Chefetage. Aber Brandon fühlte sich hier unten in der Werkhalle wohler.

»Sieht doch super aus, oder?« Mark deutete auf den Billardtisch. Es handelte sich um eine Sonderanfertigung. Das Ding wog eine Tonne – buchstäblich. Brandon hatte beim Design versucht, das Gewicht zu reduzieren, da allein die vier Zentimeter dicken Schieferplatten äußerst schwer waren. Die Tischbeine aus massivem Birkenholz waren nach innen gebogen. Das Untergestell war somit wie ein Schiffsrumpf geformt. Der Rahmen war nach außen hin abgerundet. Der Tisch war elegant und futuristisch. Brandon hatte sich hierbei wirklich ins Zeug gelegt. Den Prozess vom fertigen Design bis hin zum Endprodukt hingegen überwachte Mark. Er arbeitete seit fünf Jahren für die Walsh Company,und genauso lange waren er und Brandon ein eingeschworenes Team. Sie unterhielten sich über Materialien und Designs, überlegten gemeinsam, was machbar war und was nicht. Mark verstand es wie kein anderer, Brandons Entwürfe nach seinen Vorstellungen umzusetzen und seine Visionen Realität werden zu lassen.

»Ich warte noch auf die Schieferplatten für den Snookertisch«, sagte Mark plötzlich und deutete auf ein fertiges Untergestell weiter hinten in der Werkhalle. »Ich habe deswegen schon mit Kate gesprochen.«

Brandon leitete eine Liste der zu bestellenden Materialien immer an seine kleine Schwester weiter. Sie war im Gegensatz zu ihm sehr gut organisiert. Sie vergaß nie einen Termin und war großartig darin, mit den Lieferanten die besten Preise auszuhandeln. Für den Zwölf-Fuß-Snookertisch benötigten sie besonders große Platten. Auf das Schieferbergwerk in Knightstown war sonst immer Verlass gewesen. Er hatte doch nicht bei der Bestellung einen Fehler gemacht? In letzter Zeit war er ständig durch den Wind. Sein Vater würde ihm die Hölle heißmachen, wenn der Tisch nicht rechtzeitig fertig wurde. Der Kunde war vermögend. Nicht jeder konnte sich einen Snookertisch im Wert von zwanzigtausend Euro leisten. Brandon hatte auch bei diesem Stück viel Arbeit ins Design gesteckt. Er gab immer sein Bestes. Aber das allein schien seinen Vater nicht zufriedenzustellen. Brandons Laune verdüsterte sich. Er war ein erwachsener Mann! Warum kümmerte es ihn so sehr, was sein Vater von ihm hielt?

Sein Handy klingelte, und Brandon zog es aus der Hosentasche. Er vermisste seine bequemen Jeans! Diese Anzughosen kniffen und zwickten überall.

Craig hatte ihm eine Nachricht geschrieben.

Wo bleibt ihr?

Es war bald halb sieben. Normalerweise trafen sie sich um diese Zeit im Pub, spielten Billard und tranken ein Guinness. Oder zwei.

Wir sind gleich da!, schrieb er zurück.