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Eigentlich bin ich ein Geschichtenerzähler, hierzulande Prosaiker genannt. Doch die Lyrik bietet sich an, als zu verführerische Verlockung. Schon Miguel de Cervantes, Autor des Ritters von der traurigen Gestalt, war die Poesie Freundin in der Einsamkeit, Begleiterin bei Glücksmomenten und Trauertagen, Weggefährtin in Liebessehnsüchten und des Abschiedsschmerzes, kurz Quelle von Dichtung. Poeten sind allesamt Narren, verliebt in Worte, in Menschen, in Musen und in Landschaften. Sie sind Genießer und zugleich Beflügler aller unserer Sinne. Und jeder Dichter muss sich, bis er die Feder für immer aus der Hand legt, kindliche Neugier und naive Unverletzlichkeit bewahren. Die vorliegenden Gedichte aus sechs Jahrzehnten sind herausgerissen aus meinen Tagebüchern eines europäischen Herumtreibers. Getreu meines Wahlspruches: Ich liebe das Leben und Träumen, zwischen Welten und Zeiten und Räumen.
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Seitenzahl: 35
Ein Poet
muss
mit beiden Beinen auf
der Erde stehen
und dennoch
auf Wolken gehen.
Wenn ich schreibe
Hiroshima, mon amour
St. Petersburg, so kühl wie schön
Moskau, meine Trauer
Picassos Taube
Der Kastanienbaum
Jura
Nur Vögel des Glücks?
Ach Iwuschka
Welterklärer
Am Ostseestrand
Der erste Kuss
Sylphide
Trauer um J.
Anspruchslos verliebt
Träume und Schäume
Verführung
Petticoat
Augenblick
Wenn Du mich küsst
Anatomie amore
Alte Liebe
Schattenmorelle
Die erste Nacht
Abschied
Schlummernde Venus
Abendlied
Silberwäldchen im Mai
Die Schleifen der Moskwa
Anspruchsvoller verliebt
Zärtlichkeit
Wenn die Nacht kommt
Sommerregen
Sibirien
Ach, Du mein Baikal
Der Narr Wassili
Andersherum
Untersteh Dich
Morpheus
Spuren im Sand
Die Nachtigall
Bei Mozart
Piters Denkmale
Jahrgang 42
Dekabristen
Viele Male
Unheilger Verbündeter
Wenn der Himmel weint
Hörselberg
Altlandsberg
Mädchenaugen
Kleingeschwenda
Lautenklang
Ach, du Violine
Rosenschicksal
Meermusik
Der Tenor
Paukenschlag
Capella, die kleine Ziege
Aphrodite
Weltwahnsinn
Angara
Woher und Wohin
Weiße Birke
Unvergessen
A.
Traumbild
Bewegendes
Sternschnuppe
Amedeo
Tränen
Paris
Barnim
Erwachen
Sternschnuppen
Was für ein Irrsinn
Stoff zum Schreiben
Anziehende Gegensätze
Meine Muse
Troika
Im Gras
Frieden fängt klein an
Momente
Kremlsterne
Liebesrausch
Steppe
Liebe
Rotfuchs
Bei Puschkin
Sergijew Possad
Politiker
Ein einsames Segel
Was ich würde
Wenn ich schreibe
träume ich
von fernen Welten
und auch Zeiten,
von Gesichtern ungezählt,
die mich noch heut begleiten.
Ich träum
von den Ländern,
die ich rastlos längst durchreist
und Fernen,
die ich immer wollte seh'n,
und einen Platz nur,
wo ich müde Ruhe fände,
um meinen Träumen nachzugehn.
1975
Eingebrannt in Stein
kaum sichtbar ein Schatten nur
wo einst ein Mädchen saß,
Hiroshima, mon amour!
Stiller Protest
und dumpfer Bronzeglockenton
umrunden mahnend unsre Welt
erinnernd an den Feuerball,
in dem Amerikas Unschuld verglühte.
Ein Ruinentor,
ein Leichenfeld im Kirschblütenland
aus dem ein Mahnruf uns beschwört:
Nie sei's Soldat du, gespaltenes Atom,
sollst dienen uns als Arbeiter und Arzt.
Ein alter Ginkgobaum allein
widerstand kahl und verbrannt
dem mörderischen Strahlensturm.
Auf seine schwarze Rinde schrieb
ein Sterbender mit weißer Kreide nur
die Worte: Hiroshima, mon amour!
August 2016
Weiße Nächte
hoch im Norden,
wo sonst Statuen erfrieren,
sitzen hier in lauer Nacht
Liebespaare auf den Stufen
des granitnen Newakais.
Peters Schöpfung
ist verzaubert
von der lichten Dämmerung
und ich frag mich:
Ist es Nacht oder schon Tag
unter duftger Linden Pracht.
Und die Sterne
blass am Himmel
sehen auf dem Boulevard des Newski
birkengleiche Mädchen
streben hin zu Puschkins Garten.
Dort auf den verwunschnen Bänken
unter alten Zarenlinden
sie verstohlen Küsse tauschen
ihre Schatten zart verschmelzen
im Gesang der Nachtigall.
An der Brücke mit dem Greif
steh ich und seh trunken
Lichter auf den Wellen tanzen
vor Auroras schwarzen Schatten
golden auf dem Newafluss.
2014
Hier liegen sie alle begraben
unter Granit und Marmor schwer,
die einst die Welt verändert haben
mit Feder und Noten und Gewehr.
Wo einst die Jungfrauen starben
ist heute ein stiller Hain,
blüht Flieder in allen Farben
an schwarzen eisernen Kreuzen
und manchen behauenen Stein.
Hier kommt der Moloch zu Ruhe
umtost von brausendem Verkehr,
die zarten steinernen Schuhe
einer Ballerina führen mich her.
Als Schwan ist sie unsterblich
und in Carrara modelliert,
halb Schwan halb Fee,
die ich umarme und zart küsse,
doch ihre Lippen bleiben kühl,
dass mir das heiße Blut gefriert.
1981
Pablo hat eine Taube gemalt
Striche auf Leinwand gebannt,
und dann war sie flügge geworden
und als Vogel des Friedens bekannt.
Der Palmzweig in ihrem Schnabel
wohl ein uraltes Friedenssymbol
und für den Künstler eine Parabel
für der Menschen Sehnsucht Idol.
Ihr weißes Kleid ist nun rot befleckt
von blutgen Kriegen ohne Zahl,
ihr Zustand hat mich aufgeschreckt