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Manchmal braucht Liebe einfach länger. Im Fall von Logan und Lynda ist es nicht anders. Aber nach Jahren finden sie endlich heraus, dass sie sich lieben.
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Veröffentlichungsjahr: 2015
Es war einer dieser angenehmen und lauen Sommerabende, nach einem heißen Tag. Der kleine See hinter dem Haupthaus lud geradezu zum Baden ein, aber die Zeiten waren lange vorbei. Sie war 33 und das letzte Mal, dass sie nach einem solchen Tag baden gegangen war, lag mittlerweile 24 Jahre zurück. Damals lebte ihre Mutter noch. Alles schien so einfach zu sein. Doch wie so oft im Leben, trog auch damals der Schein. Sie saß, alleine und traurig vor sich hin grübelnd, auf der Veranda. Der Hund lag zusammengerollt zu ihren Füßen. Sein rhythmisches Atmen deutete darauf hin, dass er tief und fest schlief. Sie sah an sich herunter. Die alten staubigen Jeanshosen und Lederstiefel, erzählten ihre ganz eigene Geschichte. Die eines Lebens voll von harter Arbeit und von fast schon erdrückender Verantwortung. Die letzten Männer kamen zurück von den Weiden, bei ihnen war Jerremy. Ihr 16 jähriger Neffe für den sie vor jetzt fast 8 Jahren die Verantwortung übernommen hatte. Nach dem Autounfall, den ihr Bruder und dessen Frau, nicht überlebt hatten. Die Männer ritten gemächlich und leise redend am Haupthaus vorbei. Mit einem einfachen aber auch würdevollen Griff an Ihre Hüte, bekundeten sie ihren Respekt und ihre Hochachtung vor ihrer Chefin Lynda Mulligan.
Lynda war hier aufgewachsen. Es gab keinen anderen Ort, außer dieser Ranch außerhalb von Little Rock, an dem Lyn sich so frei und geborgen fühlte wie hier. Pedro, der Koch, kam um ihr noch einen heißen Kaffee zu bringen. Er murmelte dabei etwas, von es sei nicht gut immer in der Vergangenheit zu leben. Er stellte die Tasse auf den kleinen Holztisch neben das alte Fotoalbum. Noch bevor sie die Gelegenheit wahrnehmen konnte etwas darauf zu erwidern, war er wieder ins Haus verschwunden. Sie wusste, dass er es nicht böse meinte und auch, dass er vollkommen recht damit hatte. Doch es gab nur diesen einen Tag, jedes Jahr, an dem sie sich zu den lange Vergangenen Ereignissen zurück treiben ließ. Heute war der 15. Juli, der 23ste Todestag ihrer Mutter. Der Tag an dem alles anders wurde und so vieles endlich einen Sinn ergab. An diesem einen speziellen Tag, ging man Lyn am besten aus dem Weg. Der Vorarbeiter teilte die Arbeiten ganz alleine ein und Pedro hielt ihr alle Telefonate und Termine fern. Sogar Jerremy, der eigentlich Hausdienst hatte, machte sich weg und versuchte seiner Tante möglichst nicht zu nahe zu kommen. Lyn nahm sich den Kaffee. Er war heiß und schwarz wie Öl. Sie hielt die Tasse mit beiden Händen umschlossen und drehte sie von links nach rechts, während sie den heißen Kaffeedampf weg pustete. Dann nahm Lyn genüsslich einen großen Schluck dieses köstlichen, heißen Lebenselixiers. Nach einem weiteren langen Blick in Richtung Sonnenuntergang griff sie zum Fotoalbum. Mit dem Aufschlagen der ersten Seite kamen die alten Erinnerungen alle schlagartig wieder. Als erstes war dort ein vergilbendes Bild ihrer Mutter zu sehen. Außerdem war deren bester Freundin und Adoptivschwester Lynda Brooks, der sie ihren Vornamen verdankte, abgebildet.
Die beiden jugendlichen trugen die Cheerleader Kostüme der Ortsansässigen Little Rock High School. Ihre Arme lagen um die Schulter der anderen und die von Hand geschrieben Bildunterschrift lautete: „ für immer vereint, niemals getrennt.“ Die beiden waren Adoptivgeschwister. Doc Brooks und seine Frau hatten sie damals, während einer gemeinsamen Veranstaltung des Waisenhauses und der Vorschule kennen und lieben gelernt. Kurze Zeit später entschlossen sie sich die Mädchen, die nicht miteinander verwandt waren, zu adoptieren. Lynda, die von allen nur Lyndi gerufen wurde, war die aufgeschlossenere der beiden „unzertrennlichen“. Sie war für jeden Spaß zu haben. Immer fröhlich und gutgelaunt und schien ihr Leben mit einer Leichtigkeit zu meistern, die es zu bewundern galt. Sie war 1,75m groß mit Unterteller großen, wasserblauen Augen, die an eine Taube erinnerten. Ihr Haar war leuchtend Gold Blond und ihre weiche Haut wie Porzellan, so hell und fein. Joanna, Lyns Mutter, war eher etwas verschlossen. Sie war Lyndis Fels in der Brandung. Das sogenannte Rettungsboot, wenn alle Stricke rissen. Die Vernünftige eben und damit Lyndis genaues Gegenteil. Joannas Größe betrug nur knapp 1,59m. Ihr Haar war braun, genau wie Ihre Augen. Doch sie strahlten eine Intelligenz und Ruhe aus, die ebenfalls unvergleichlich waren. Ihre Haut war dunkel aber nicht schwarz. Vielmehr ein helles Vollmilch Schokoladen braun. Was allerdings am meisten an ihr auffiel, waren ihre ausladenden Hüften und die überaus gut bestückte Oberweite. Hätte man diese Hüften und Brüste mit Lyndis Vorzügen kombinieren können, man hätte eine einfach perfekte Sexbombe gehabt. Lyn betrachtete dieses Bild bedächtig. Sie fragte sich jedes Mal was die Mädchen wohl gedacht hätten, wenn sie hätten ahnen könne was in ihrer Zukunft noch auf sie zukam.
Aber es kam so, wie es wohl kommen musste. Zwei Rancher Söhne verliebten sich in Lyndi. Der eine war James Hollis. Er war der Erbe der Nutgrove Ranch, auf der anderen Seite der Stadt und des Berges. Damals schon war James ein gut aussehender junger Mann. Das Land was er eines Tages sein eigen nennen würde, war von grünem Grasland überzogen und für die Zucht von Rindern geradezu gemacht worden. Der andere war Richard Mulligan. Ebenfalls ein zukünftiger Erbe, allerdings der Lakeview Ranch und später Lyns Vater. Lyn blätterte weiter in ihrem Fotoalbum. Mit jedem einzelnen Bild sah man, wie die Geschichte sich unaufhaltsam weiter entwickelte. Die beiden jungen Frauen, die mit den geschniegelten jungen Männern ins Kino und ins Diner gingen. Doch immer war die Blonde von den Herren umringt und untergehackt. Die dunkelhaarig, wenn auch immer und überall dabei, schien auf subtile Weise immer irgendwie im Abseits zu stehen. Doch für Lyn war es auf den Bildern ganz deutlich zu sehen. Sowohl James Hollis, als auch Richard Mulligan, waren in Lyndi verliebt. Sie buhlten um ihre Aufmerksamkeit und um ihr Herz. Aber nur einer konnte es gewinnen. Doch das war nicht Richard Mulligan, Lyndis Herz gehörte James Hollis. Als dies endlich klar war, blieb Richard nur die zweite Wahl.
Joanna! Diese hatte ihr Herz allerdings schon lange an den smarten Richard verloren. Darum war sie einfach nicht in der Lage klar zu erkennen, dass er eigentlich ihre Schwester Lyndi liebte. So nahm das Schicksal dann seinen grausamen Lauf.
Lyndi und James heirateten im Februar. Noch im selben Jahr, kurz bevor Lyndis Sohn Logan geboren wurde, traten auch Richard und Joanna vor den Traualtar. Ihr eigener Sohn Tylor, kam im nächsten Sommer zur Welt. Lyndis und Joannas Leben hätte nicht perfekter sein können. Beide hatten gute Ehemänner welche sie, mehr oder in Joannas Fall weniger, liebten. Ihre Söhne waren gesunde Stammhalter und spätere Erben für die Ranches. Der einzige Wermutstropfen in der Idylle waren die schweren Komplikationen während Logans Geburt. Lyndi durfte auf Ärztliche Anweisung nicht mehr Schwanger werden. Dabei hätte sie James so gerne noch ein kleines Mädchen geboren. Eine kleine Prinzessin zum Verwöhnen. Joanna beschloss daraufhin auch keine weiteren Kinder zu bekommen. Sie verstand ihre Schwester nur zu gut und wollte Lyndi weiteren Schmerz ersparen. Richard war anfangs damit einverstanden. Doch als er eines Nachts angetrunken nachhause kam passierte es dann trotzdem. So wurde, circa 5 Jahre nach Tylor, ihre Tochter geboren. Lynda „Lyn“ Mulligan!
Richard bestand auf den Namen und Joanna, die nichts Böses ahnte, war damit einverstanden. Lyndi, die sich so sehr nach einer Tochter sehnte, beschloss daraufhin, auch noch einmal Schwanger zu werden. Sowohl Lyndi, als auch ihr noch ungeborenes Kind, überlebte es allerdings nicht. Dies brach Joanna das Herz. Doch viel schlimmer war, es brach Richards Herz. Er begann noch mehr zu trinken. Doch wenn er trank wurde er gemein. Er schlug Tylor und manchmal sogar Joanna, aber Lyn rührte er niemals an. Eines Tages, als er wieder einmal Sturzbetrunken aus der Bar in Little Rock kam, traf er auf James. In diesem Moment ließ er all seinem Ärger und seiner Wut freien Lauf. Er gab James und Joanna die Schuld für Lyndis Schwangerschaft und viel zu frühen Tod. Joanna war auf Bitten des Barbesitzers Ben gekommen um Ihren Mann abzuholen. Während er tobte und fluchte hörte sie dann, dass sie ja nur ein Ersatz für Lyndi gewesen war.
„Besser Joanna als überhaupt niemanden!“
Das waren die Worte die Joanna ganz langsam umbrachten. Joanna starb, wortwörtlich, an gebrochenem Herzen und lies Richard mit Lyn und Tylor zurück. Seit diesem folgenschweren Abend hatten beide Familien, die sich über Jahre hinweg zugetan waren, kein Wort mehr miteinander gewechselt. Was umso schwerer war, da Logan, Tylor und Lynda in dieselbe Schule gingen.
Während Lyn weiter blätterte, sah sie auch glücklichere Bilder. Die von sich und ihrem Schulfreund, Theodor Bigs. Sie und Ted waren damals wie Pech und Schwefel gewesen. Das änderte dich als Teds Vater bei der Arbeit versetzte. Er musste einen anderen Job annehmen und die Familie zog um. Die beiden hielten den Kontakt per Brief für zwei Jahre aufrecht. Doch irgendwann bleiben die Briefe aus und das Leben ging weiter.
Tylor lernte ein Mädchen kennen, lieben und heiratete es. Ebenso war es bei Logan, der auf der Universität seine Liebe fand, schwängerte und sie ebenfalls ehelichte. Lyn war damals gerade 18 Jahre geworden und genau wie Ihre Mutter, eher ein verschlossener Typ. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Lyn nur wenig Erfahrung mit dem anderen Geschlecht. Wenn man ihre zwei Liebeleien nicht dazu zählte. Lyn war mit Ihren eigenen Proportionen schon immer sehr unzufrieden. Sie war 1,60m groß mit sehr langen, braunen Haaren und den Stahlgrauen Augen ihres Vaters. Sie hatte einen, für ihr empfinden, viel zu voluminösen Hintern, der allerdings sehr gut zu Ihren breiten, femininen Hüften passte. Ihre überaus üppige Oberweite hielt sie mit Sport BHs im Zaum. Ansonsten hätte diese ihr, bei der täglichen Arbeit auf der Ranch, schon manches Mal Probleme bereitet. Sie trug auch damals schon viel zu weiten Hosen, die sie mit einem Gürtel um ihre schmale Taille zusammenhielt. Außerdem versuchte sie mit weiten karierten Hemden ihre Oberweite zu verstecken.
Auf der Suche nach versprengten Rindern, hatte Richard eine kleine Höhle gefunden und darin eine Goldader entdeckt. Der Familie hätte es also besser gehen müssen denn je, aber das tat es nicht. Dieser Fund machte die Familie nur noch unglücklicher. Richard ließ seine Arbeit immer öfter schleifen. Tylor und Lyn, übernahmen daraufhin mehr Pflichten. Als sich dann herausstellte, dass Richard einen unheilbaren Gehirntumor hatte, übernahmen sie den gesamten Betrieb. Lyn war 23 als ihr Vater nach langer Krankheit starb. Auf der Nutgrove Ranch, ging zur gleichen Zeit, auch so einiges vor. Logan hatte studiert, geheiratet und war Vater, einer süßen kleinen Tochter, geworden. Als er die Nachricht erhielt das sein Vater einen schweren Herzinfarkt gehabt hatte und eine Spenderorgan haben müsse, arbeitete er auf einer Ranch in Argentinien. Logan kündigte seinen Job. Er kam mit Frau, aber ohne Kind, zurück nach Little Rock, um die Ranch seines Vaters zu übernehmen. James starb, noch bevor Logen ein letztes Wort mit ihm hatte wechseln können.
Lyn blätterte weiter. Die Todesanzeigen ihres Vaters und die von James Hollis, waren auf gegenüberliegenden Seiten. Dann kamen wieder ein Paar glücklichere Bilder von Jerremys Geburtstagen und der Familie. Doch dann kamen bereits die nächsten Todesfälle. Es war ein sehr hartes Jahr gewesen, damals vor 8 Jahren. Erst der fürchterliche Autounfall. Der Tylor und Beth das Leben kostete und dann, nicht einmal acht Monate später, der Reitunfall von Logans Frau Sahra. Das Pferd hatte gescheut und sie hatte den Halt verloren. Beim Sturz war sie mit dem Kopf auf einen Stein aufgeschlagen. Sie war tot noch bevor der Arzt ankam. Ein schlimmes Jahr eben. Seit diesem Jahr war Lyn für Jerremy verantwortlich. Sie liebte Ihren Neffen sehr, aber manchmal wünschte sie ihm die Pest an den Hals. Und heute war einer dieser Tage, an denen sie ihn am liebsten umgebracht hätte. An dem Tag, an dem ihr jeder aus dem Weg ging, kam ein Brief seiner Schule. Es war zwar nicht ersichtlich was Jerremy genau getan hatte, aber sein Sportlehrer wollte sie persönlich sehen. Sie hatte Pedro darum gebeten einen Termin für sie zu machen. Pedro, der ihr sehr gerne noch einen weiteren Tag Frieden geschenkt hätte, konnte den Lehrer allerdings nicht umstimmen. Er bestand darauf sie am nächsten Tag sehen zu wollen. Sie hatte keine Chance. Sie musste hin.
Mittlerweile hatte die Sonnen den Abendhimmel in ein orange, rot, gelb, purpurnes gewandt gehüllt. Der Hund lag immer noch, friedlich schlafend, zu ihren Füßen. Die Pferde schnaubten, zufrieden grasend, auf der Koppel und ein einsamer Coyote heulte irgendwo seinem Rudel hinterher. Lyn saß noch lange auf der Veranda und starrte in die zunehmende Dunkelheit. Irgendwann dachte sie so bei sich, dieser Abend wäre absolut perfekt gewesen, wäre es nicht der 15. Juli. Sie ging ins Haus. Alles war ruhig und sie ging die Treppe hinauf. Jerremys Tür war nur angelehnt. Sie hörte seine regelmäßigen Atemzüge und wusste, dass er bereits fest schlief. Sie warf noch einen Blick in sein Zimmer. Er schlief wie üblich nur mit einer Unterhose bekleidet. Das dünne Laken, dass er als zudecke benutze, war zum Großteil zur Seite gerutscht. Er war zwar erst 16 Jahre alt, aber er wurde seinem Vater von Tag zu Tag immer ähnlicher. Obwohl sich das Ganze noch richtig auswachsen musste. Die Proportionen stimmten noch nicht so ganz. Er hatte die breite Brust, aber die Muskeln wollten nicht so Recht ihren Platz in dem Bild finden. Er wirkte darum etwas schlaksig und irgendwie unfertig. Sein kurzes, braunes Haar erinnerte eher an einen Soldaten, als an einen Ranchers Sohn. Auch seine schon viel zu großen Hände wirkten wie Schaufeln an seinen dürren Armen. Er erinnerte sie eher an eine Vogelscheuche und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Er war das Einzige, was sie in all den einsamen Jahren, am Leben gehalten hatte. Und wenn er sich in der Schule etwas Schlimmes hatte zu Schulden kommen lassen, dann würde sie ihm den Kopf abreißen, auskehren und durchlüften und wieder aufsetzen. Sie liebte diesen Jungen!
Der Wecker klingelte morgens um sechs Uhr. Sie war bereits seit einer halben Stunde und schaltete ihn aus. Am Ende des Flurs hörte sie auch Jerremys Wecker schrillen. Doch auch er war schon wach und hatte bereits geduscht. Sie griff in den Schrank um die üblichen Kleidungsstücke hervorzuholen. Dann warf sie noch einen weiteren, tiefen Blick in den Schrank und griff nach einem Sommerkleid und ein paar flachen Schuhe. Diese legte sie auf ihren alten Ohrensessel. Sie würde sie brauchen wenn sie um 12 Uhr in die Schule musste. In Jeans, Hemd und Cowboyboots stieg sie die Treppe hinunter. Hinter ihr trampelte Jerr, wie ein Elefant im Porzellan Laden, die Stufen hinab Richtung Frühstückstisch. Pedro wusste genau wann seine Chefin aufstand und alles war bereits auf dem Tisch angerichtet.
Lyn hauchte ein kurzes „guten Morgen“ in Pedros Richtung.
Doch er entschwand durch die Küchentür. Er musste sich noch um das leibliche Wohl der Männer kümmern, die auch langsam hörbar im Speisesaal antanzten. Lyn und Jerr aßen in aller Ruhe. Erst als sie die Kaffeetasse in die Hand nahm frage sie.
„Und? Was habe ich denn heute bei deinem Sportlehrer zu erwarten?“
Jerr verschluckte sich hörbar an seinem Orangensaft. Er murmelte ein paar unverständliche Worte bevor er, wie ein angeschossener Berglöwe aufsprang. Er war nach Draußen verschwunden, noch bevor Lyn von ihrer Tasse aufsehen konnte.
„Genau wie sein Vater, jeder Konfrontation aus dem Weg gehen. Pah!“
Lyn trank ihren Kaffee aus und ging zu den Ställen. Die Stuten waren gut im Futter und ihr Hengst hatte gute Arbeit geleistet. 8 von den 10 waren laut Doc trächtig. Sie liebte Quarter Horses und für ihren Betrieb züchtete sie selber. Nachdem ihr Vater diese Goldader gefunden hatte, hatten sie und ihr Bruder sich zusammen dazu entschlossen, nicht in einen Goldrausch zu verfallen. Sie hatten lange darüber geredet und dann einen Entschluss gefasst. Sie wollten nur so viel schürfen, dass man die Ranch davon problemlos für 5 Jahre, ohne Gewinne machen zu müssen, halten konnte. Diese Entscheidung hatte sich als gut und richtig erwiesen.
Die Ranch lief seit Richards Tot besser als gedacht und warf, obwohl sie es nicht zwingend musste, sogar Gewinne ab. Die Pferdezucht war Lyn ein Steckenpferd und ein Anliegen geworden. Ihre Pferde waren gesund, gutmütig, überaus arbeitsfreudig und verkauften sich gut. Jedes Jahr wurden die Rinder auf dem Berg hinabgetrieben, nach Brandzeichen getrennt und die Kälber entwöhnt und aufgeteilt. Die Rinder der Hollis´s liefen genau so frei wie die der Mulligan´s und die zweier anderer Rancher aus dem Nachbar County. Da es alles Hereford Rinder waren, war es auch nicht so schlimm, dass sich die Blutlinien der unterschiedlichen Ranches dabei vermischten. Im Gegenteil, so hielt man die Rinder sogar noch gesünder. Die Regelung der Aufteilung hatten bereits die Ur-Urgroßväter von Lyn und Logan mit aufgestellt und an diese Verabredung wurde sich auch heute noch gehalten. Dieses Jahr würde Lyn dieses Vermächtnis an Jerr und somit der nächsten Generation weitergeben. Die Männer hatten ihre Pferde gesattelt und ritten wieder los zum Fuß des Berges. Sie reparierten die Zäune für den Abtrieb. Jerr hatte sich um sein eigenes Pferd gekümmert. Es gefüttert, den Stall gereinigt und es in den Corral gebracht. Dort konnte es sich so lange austoben bis er nachmittags kommen würde, um es zu satteln und den Männern zur Hand zu gehen. Er schlenderte jetzt die Boxengasse entlang, ging an Lyn vorbei, drückte ihr einen kleinen Kuss auf die Wange und entschwand mit den Worten: „Ich dusche noch fix! Wir sehen uns dann später in der Schule, hab dich lieb.“ Sie blickte Jerr lächelnd hinterher. Dabei sah man ihre blendend weißen Zähne die, wie kleine Sonnen, in ihrem gebräunten Gesicht aufblitzten. Sie liebte diesen Jungen.
Um 11 Uhr stand Lyn vor ihrem Spiegel. Sie hatte ihre Jeans und das karierte Hemd gegen ein hell gelbes Sommerkleid mit großem Blumenmuster und Sandalen getauscht. Das Kleid hatte einen kleinen V-Ausschnitt und war Ärmellos, doch das großzügige Muster lenkte gut von Ihrer Oberweite ab. Aber die Hüfte unter der Wespentaille konnte es nicht so gut verstecken. Also griff sie nach einer luftigen Strickjacke und fühlte sich sofort um vieles besser. Sie trank noch einen Kaffee bevor sie in den Pick-Up stieg, um sich auf ihren Weg Richtung Little Rock High School zu machen. Der Weg war ihr gut bekannt, sie war ihn so oft im Schulbus gefahren. Erinnerungen, gute als auch schlechte, stiegen in Ihr auf und als Sie endlich vor der Schule stand, wäre sie am liebsten gleich wieder nach Hause gefahren.
Sie stieg aus dem Wagen und marschierte zum Haupteingang. Sie fand ihren Weg ins Büro mit fast schon traumwandlerischer Sicherheit. Noch bevor sie nach dem Aufenthaltsort des Sportlehrers fragen konnte sprang Lorna Green von Ihrem Stuhl auf, warf die Arme in die Luft und flog mit den Worten: „Lyn? Lyn! Dich hab ich ja schon ewig nicht gesehen.“, auf sie zu.
Lyn hatte keine Wahl, also umarmte sie Lorna genauso freundlich zurück. Sie trat damit sofort einen Redeschwall los, der Lyn überrannte wie ein Dammbruch. Lorna hatte geheiratet und hieß jetzt Grey, was sie für sehr praktisch hielt da sie immer noch dieselben Initialen hatte. Das Logan Hollis´s Tochter vor 3 Monaten vom Internat hier auf die Little Rock High School gewechselt hatte und sich gut einlebte. Theodor Bigs war wieder in der Stadt und Lorna plapperte und redete in einem fort, wie ein Wasserfall. Lyn brauchte einen kleinen Moment um die wichtigen, von denen etwas weniger wichtigen, Informationen zu trennen. Dann packte sie endlich die Gelegenheit beim Schopf, als Lorna kurz atmete und brachte ihr Anliegen vor.
Dass sie einen Termin bei Jerrs Sportlehrer hatte und jetzt bereits 5 Minuten zu spät kommen würde. Lorna entschuldigte sich überschwänglich und gab Lyn dann die Information, die sie braucht um den Lehrer zu finden. Als Lyn durch die Gänge der Schule schritt ging ihr nur eins durch den Kopf. Ihr alter Freund Ted war wieder in der Stadt und hatte sich noch nicht bei ihr gemeldet. Wie lange er wohl schon zurück war? Wie er jetzt wohl aussah? Noch bevor sie sich in diesen Gedankengang vertiefen konnte war Sie auch schon auf der anderen Seite der Schule.
In ihrer Erinnerung war das hier alles viel größer. Aber egal sie sah die Sportklasse und inmitten von Jungs, und sehr verträumt drein schauenden Mädchen, stand ein hochgewachsener Mann.
Er hatte kurzes, stoppeliges, schwarzes, dichtes Haar. Sein Nacken war sonnen gebräunt, seine Schultern waren muskulös und breit. Sehr breit! Sein weißes Shirt schmiegte sich um seine durchtrainierten Oberarme. Es schien fast so als würde man die lebende Vorlage zu Michelangelos David betrachten. Lyn ertappte sich dabei, wie sie sich auf die Unterlippe biss. Sie atmete noch einmal tief durch. Sie konnte sich doch vor diesen Schulmädchen nicht aufführen, als würde sie selber mit dazu gehören. Strammen Schrittes ging sie voran, aber ihre Beine konnten nicht verhindern, dass sich ein flaues Gefühl in Ihrer Magengrube breit machte. Je näher sie dem Adonis kam, umso größer schien dieser zu werden. Wenn er auf die Entfernung noch nicht so groß wirkte so überragte er sie mittlerweile doch locker um zwei Kopflängen. Wenn er von vorne auch nur halb so gut gebaut war wie von hinten, so hatte sie das zweifelhafte Vergnügen ihm direkt auf die Brust sehen zu müssen. Sie fuhr sich unweigerlich mit der Zunge über die Lippen. Sie bemerkte es im selben Moment und kam sich unheimlich dumm und sehr pubertär vor.
Jetzt stand sie endlich hinter ihm, tippte ihm mit dem Zeigefinger auf die Schulter und sagte, mit einer viel zu kehlig klingen Stimme: „Entschuldigung, ich bin Lynda Mulligan, wir sind verabredet!“
Als sie die Worte hörte, die aus ihrem Mund kamen, wäre sie am liebsten im Erdboden versunken. Aber sie blieb standhaft und versucht sich nicht anmerken zu lassen, dass sie sich gerade lächerlich gemacht und von ihrem eigenen Körper gedemütigt fühlte. Dieses riesenhafte, kraftstrotzende Gottgleiche Bild von einem Mann drehte sich langsam zu ihr um. Während es sich drehte ging es leicht in die Knie und nahm so eine gebückte Haltung an. Was sie dann sah, presste ihr fast die Luft aus den Lungen.