Lokal ist unsere Zukunft - Helena Norberg-Hodge - E-Book

Lokal ist unsere Zukunft E-Book

Helena Norberg-Hodge

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Beschreibung

Vor uns liegen zwei diametral entgegengesetzte Wege: Der eine führt uns unerbittlich in Richtung einer rasanten, groß angelegten monokulturellen technologischen Entwicklung. Es ist ein Weg, der uns voneinander und von der natürlichen Welt trennt und unseren sozialen und ökologischen Niedergang beschleunigt. Auf dem anderen Weg geht es darum, langsamer zu werden, sich zurückzunehmen und eine tiefe Verbundenheit zu fördern, um die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen wiederherzustellen, die für die Befriedigung unserer materiellen sowie tieferen menschlichen Bedürfnisse nötig sind – und dies auf eine Weise, die den einzigen Planeten, den wir haben, hegt und pflegt.

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Seitenzahl: 242

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»Es gibt keine wichtigere Aufgabe als die Re-Lokalisierung unserer Wirtschaft – sie wird helfen, alles zu heilen, von der Klimazerrüttung bis zur menschlichen Tristesse, und dieses Buch wird Ihnen sagen, wie es geht, mit Zeugnissen von einigen der bemerkenswertesten Pioniere der Welt.«

Bill McKibben, Autor von Falter: Has the Human GameBegun to Play Itself Out?

»Helena Norberg-Hodge, eine der großen visionären Stimmen unserer Zeit, erklärt in klaren und einfachen Worten, warum Sie, Ihre Kinder und die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung es fast unmöglich finden, einen angemessenen Lebensunterhalt zu verdienen, während die Erde stirbt und einige wenige, bereits obszön reiche Individuen ihr Vermögen jedes Jahr um Milliarden vermehren. Anhand von inspirierenden Beispielen aus der ganzen Welt zeigt sie auf, was wir, die Menschen, gemeinsam dagegen tun können. Eine Pflichtlektüre für unsere Zeit.«

David Korten, Autor von When Corporations Rule the World undChange the Story, Change the Future: A Living Economy for a Living Earth

»Ein großartiger Überblick über die Probleme einer globalisierten Wirtschaft und die Möglichkeiten, wie echte Menschen an echten Orten die Reise zurück zum Wohlstand antreten können.«

Douglas Rushkoff, Professor für Medientheorieund digitale Wirtschaft

»Lassen Sie sich nicht von der Kürze dieses Bandes täuschen: Die Weisheit auf diesen Seiten, die Helena Norberg-Hodges lebenslange Arbeit in Dutzenden von Ländern widerspiegelt, hat die Kraft, die Erde vom Abgrund zurückzuholen. Sie zeigt, wie die Wiederherstellung von Gemeinschaftsökonomien der wesentliche Baustein für globalen Wohlstand, Stabilität und Gerechtigkeit ist. Lesen Sie es, teilen Sie es mit Ihren Freunden und schließen Sie sich der globalen Bewegung für eine Lokalisierung der Wirtschaft an!«

Michael H. Shuman, Autor von The Local Economy Solution undLocal Dollars, Local Sense

»Helena Norberg-Hodge ist eine Systemdenkerin mit internationaler Erfahrung, die mit ihrem Aufruf zum ›Big Picture Activism‹ die konventionelle Links-Rechts-Spaltung durchbricht, um unsere überholten Vorstellungen von Fortschritt und Entwicklung mit Leben zu erfüllen. Dieses Buch bietet Hoffnung und Inspiration sowie pragmatische und strategische Leitlinien für strukturelle Veränderungen sowohl im Globalen Norden als auch im Süden.«

Camila Moreno, Klimaforscherin, Autorin von Carbon Metricsand the New Colonial Equations

»Die globale Wirtschaft führt einen Krieg gegen die kulturelle und biologische Vielfalt und bedroht damit die Lebensgrundlage insgesamt. Im Gegensatz dazu ist, wie dieses wunderbare kleine Buch deutlich macht, die Lokalisierung der größte Freund und Unterstützer der Natur. Local is Our Future bietet eine liebevolle und klare Anleitung, die uns hilft, die Erde zu regenerieren und zu heilen.«

Stephan Harding, Autor von Animate Earth

»Lokal ist in der Tat unsere Zukunft, und Helena Norberg-Hodge zeigt uns, wie wir dorthin gelangen können. Sie macht deutlich, dass es dabei vor allem um Verbindung geht: miteinander, mit der Natur, mit dem Ort. Dies ist ein unverzichtbarer Leitfaden, der den Weg zu einer Wirtschaft des menschlichen und ökologischen Wohlbefindens aufzeigt. Und wenn wir uns dem Klimawandel gegenübersehen, geht es um unser Überleben.«

Judy Wicks, Autorin von Good Morning, Beautiful Businessund Mitbegründerin der Business Alliance for LocalLiving Economies (BALLE)

»›Lokal ist unsere Zukunft‹ ist ein inspirierendes Manifest. Die Globalisierung zerstört unsere Gemeinden und unseren Planeten, aber Helena präsentiert eine überzeugende, positive Lösung, die ich voll und ganz unterstütze.«

Alice Waters, Gastronomin und Aktivistin für lokale Lebensmittel

»Helena hat an vorderster Front vor den Gefahren der wirtschaftlichen Globalisierung und der ungezügelten Macht der Konzerne gewarnt und gleichzeitig aufgezeigt, dass radikale Alternativen in Form einer lokalisierten Wirtschaft sehr reale Utopien sind und keine Hirngespinste. Dieses Buch übt klare Kritik am Wahnsinn der ›Entwicklung‹ und beschreibt Wege in eine gerechtere, nachhaltige Zukunft. Eine unverzichtbare Lektüre für alle, insbesondere für Millennials und andere Jugendliche, die in den heutigen verwirrenden Zeiten aufwachsen.«

Ashish Kothari, Gründungsmitglied derUmweltgruppe Kalpavriksh und Mitautor vonChurning the Earth: The Making of Global India

»Lokalisierung – ein sehr wichtiges Gegenmittel zur Globalisierung – ist die einzige Hoffnung für die Zukunft. Wenn unsere Zivilisation zusammenbricht, was eine sehr reale Bedrohung ist, wird die Menschheit nur überleben können, wenn sie die Prinzipien der Lokalisierung annimmt, und wenn wir ihren Zusammenbruch vermeiden wollen, müssen wir sie dringend annehmen. Lesen Sie dieses Buch!«

Iain McGilchrist,Psychiater und Autor von The Master and His Emissary

Helena Norberg-Hodge

LOKALIST UNSEREZUKUNFT

Schritte zu einerÖkonomie des Glücks

Local Futures setzt sich für die Erneuerung des ökologischen, sozialen und spirituellen Wohlbefindens ein, indem es den Weg in eine wirklich nachhaltige Zukunft aufzeigt – eine Zukunft mit vernetzten, lokalisierten Wirtschaftssystemen. Unser Flaggschiffprogramm »Ökonomie des Glücks« bietet eine Reihe von pädagogischen und praktischen Werkzeugen für Gemeinden und besorgte Bürger an und verbindet eine breite Palette von Initiativen, alternativen Instituten und Netzwerken weltweit miteinander. www.localfutures.org

Bücher haben feste Preise.

1. Auflage 2022

Helena Norberg-Hodge

Lokal ist unsere Zukunft

Copyright © 2019 Helena Norberg-Hodge

Für die deutsche Ausgabe

© Neue Erde GmbH, 2022

Übersetzt aus dem Englischen von Andreas Lentz

Die Originalausgabe erschien 2019 bei Local Futuresunter dem Titel »Local Is Our Future«www.localfutures.org

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlag:

Foto: Catarina Belova/shutterstock.com Gestaltung:

Dragon Design, GB

eISBN 978-3-89060-378-0

ISBN 978-3-89060-819-8

Neue Erde GmbH

Cecilienstr. 29 · 66111 Saarbrücken

Deutschland · Planet Erde

www.neue-erde.de

Inhalt

Vorwort von Christian Felber: Ethischer Weltwandel und Gemeinwohl-Orientierung

1. Wieder eine Zukunft haben

2. Globalisierung: Die Schaffung einer Welt, in der alle verlieren

3. Die wahren Kosten

4. Das Aufkommen des Extremismus

5. Lokalisierung – wie wir da hinkommen

6. Inspiration aus der Graswurzel-Bewegung

7. Lokale Lebensmittel für unsere Zukunft

8. Entgegnung auf Einwände

9. Globalisierung zum zweiten

10. Die Vergangenheit neu denken

11. Aktivismus im großen Ganzen

12. Die Ökonomie des Glücks

Coda: Ein Gespräch mit Wendell Berry

Quellenverzeichnis

Danksagung

Über die Autorin

Über Local Futures

Vorwort von Christian Felber

Ethischer Welthandel und Gemeinwohl-Orientierung

Die jüngste Pandemie und der Ukraine-Krieg haben gezeigt, wie vulnerabel globale Wertschöpfungsketten und Rohstoffabhängigkeit selbst die digitalsten, finanzialisiertesten und (scheinbar) dienstleistungsbasiertesten Ökonomien machen. In der Krisen-Serie zeigt sich: Lokalisierung, geschlossene Stoffkreisläufe und regionales Wirtschaften könnten unsere Wirtschaftsstrukturen nachhaltiger und resilienter machen.

Tatsächlich ist die Diskussion »global« versus »lokal« schon eine ältere, und die Globalisierung verlief in Wellen. 1933 formulierte John Maynard Keynes im Aufsatz National Self-Sufficiency: »Ich sympathisiere deshalb eher mit jenen, die ökonomische Beziehungen zwischen den Ländern minimieren wollen, als mit jenen, die sie maximieren wollen. Ideen, Know-How, Wissenschaft, Gastfreundschaft, Reisen – diese Dinge sollten von ihrem Wesen her international sein. Aber lasst Güter hausgemacht sein, wann immer das vernünftig und angemessen möglich ist, und vor allem, belasst die Finanzen im nationalen Kontext.« Geprägt von der Großen Depression, war er ein früher Verfechter ökonomischer Autarkie oder Subsidiarität: Handel sollte Nachrang haben und das Salz in der Suppe der lokalen Wirtschaft sein.

In der Nachkriegszeit entwickelte der Salzburger Leopold Kohr die Idee von der »optimalen Größe«. Er wandte sich gegen große Staaten und Wirtschaftseinheiten: »Wenn Kleinheit das geheimnisvolle Prinzip der Gesundheit der Natur darstellt und Größe das Prinzip der Krankheit, muss Teilung […] das Prinzip der Heilung darstellen.« Sein Schüler Fritz Schumacher wurde für den Slogan »small is beautiful« bekannt, obwohl er von »appropriate scale«, der englischen Variante für »menschliches Maß« sprach. Schumacher setzte sich für »angepasste Technologien« ein, die nicht nur die ökologischen Lebensgrundlagen bewahren, sondern auch in den jeweiligen sozioökonomischen und kulturellen Kontext eingebettet sind, anstatt diesen zu überformen oder gar zentrale (Herrschafts-)Strukturen zu etablieren, man denke an Nuklearenergie, Gentechnik oder Künstliche Intelligenz.

Doch die Visionäre wurden nicht gehört. Wie Helena Norberg-Hodge in diesem Buch anschaulich beschreibt, wirkten 40 Jahre Globalisierung in die Gegenrichtung. Es begann mit dem Washington Consensus in den 1980er Jahren, 1994 mündete das GATT in die WTO. Ab den 2000er Jahren folgten mehrere Tausend bilaterale und plurilaterale Freihandels- und Investitionsschutzabkommen. Während es bis heute keinen Globalen Gerichtshof für die Menschenrechte oder einen Klimagerichtshof gibt – obwohl von visionären Juristinnen vorgeschlagen und sogar entworfen – erhielten juristische Personen alias transnationale Konzerne auf internationaler Ebene direkte Klagerechte gegen Staaten sowie Schiedsgerichte, die ihre Klagen entgegennehmen und verhandeln: vom ICSID der Weltbank bis zu UNCITRAL. »Erfolg« dieser rechtlich forcierten Globalisierung war ein stetig steigender Anteil der globalen Exporte und Importe in Relation zur Weltwirtschaftsleistung – von 12 Prozent 1970 auf über 30 Prozent vor der Finanzkrise 2008. Selbst im »Corona-Jahr« 2020 lag dieser Wert noch bei 26 Prozent.

Infolge der einseitigen Durchsetzung von Wirtschaftsfreiheiten ohne gleichwertigen Schutz der Gemeingüter, öffentlichen Güter und Ökosysteme, trug »Freihandel« signifikant zu stetig steigendem Ressourcen- und Energieverbrauch, Treibhausgasemissionen, ausgelöschten Arten, aber auch zu wachsender Ungleichheit bei. Seit 1970 hat sich der globale Materialverbrauch der Menschheit vervierfacht. Im Mai 2021 meldete das NOOA Observatorium auf dem Mauna Loa in Hawaii die höchste jemals gemessene CO2-Konzentration. Ähnlich dramatisch konzentriert sich finanzieller Reichtum in den Händen weniger Oligarchen oder Ultra High Net Worth Individuals. Die Ungleichheit bedroht den sozialen Zusammenhalt, sie verschlechtert die meisten Public Health-Indikatoren, sogar die Lebenserwartung begann 2015 in den USA wieder zu sinken. Wie konsequent tragen Freihandelsabkommen zum Schutz des Weltklimas und der Artenvielfalt bei? Wie sehr zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und zur Verringerung der Ungleichheit?

Die Vision eines »Ethischen Welthandels« könnte das Freihandelsparadigma ablösen und gleichzeitig vor einem Rückfall in nationalistischen Protektionismus bewahren. Während der Freihandel den Handel als Ziel sieht – wobei mehr stets besser ist, egal um welchen Preis – und Protektionismus als etwas Negatives betrachtet, sieht »Ethischer Handel« den Handel als Mittel im Dienste der eigentlichen Ziele: nachhaltige Entwicklung, Schutz der Menschen- und Arbeitsrechte, Klima- und Biodiversitätsschutz, Steuergerechtigkeit, sozialer Zusammenhalt, kulturelle Vielfalt und Frieden, kurz: das globale Gemeinwohl. Einklagbar wären in einer solchen United Nations Ethical Trade Zone (UNETZ) nicht Marktzugang und Investorenschutz, sondern Klimaschutz, Menschenrechte und Steuergerechtigkeit, und Angriffskriege würden sanktioniert. Eine UNETZ könnte die Verpflichtung aller Mitgliedsstaaten zu ausgewogenen Handelsbilanzen beinhalten, innerhalb dieser Prämisse dürfte jedes Land so offen oder geschützt sein, wie es will. Der verbleibende Handel wäre dann wirklich »frei«.

Helena Norberg-Hodge schreibt in der Mitte dieses Buches: »Lokalisierung bedeutet einfach, die Richtung des Wandels umzukehren und so zu ändern, dass er sich auf das Lokale statt auf das Globale ausrichtet. An Orten, an denen die lokalen Wirtschaftsstrukturen noch relativ solide sind – zum Beispiel im Globalen Süden – kann der Wandel relativ schnell erfolgen. An Orten, an denen das Gefüge der lokalen Gemeinschaft und Wirtschaft fast vollständig zerstört wurde, wird es länger dauern und mehr Anstrengungen erfordern.« Wichtig wäre, dass diese Trendumkehr durch den entsprechenden Rechtsrahmen gefördert wird. Lokalisierung, ökonomische Subsidiarität und Ethischer Handel müssen im Völkerrecht verankert werden, damit die Vision Norberg-Hodges Realität werden kann.

Das wäre keine Absage an internationale Arbeitsteilung, von der Adam Smith, kurz nachdem er sie am Beginn des Wohlstands der Nationen bejubelt hatte, auch vernichtend kritisierte: »Mit fortschreitender Arbeitsteilung wird die Tätigkeit der überwiegenden Mehrheit [der Menschen] so stumpfsinnig und einfältig, wie ein menschliches Wesen nur eben werden kann.« Vielmehr würde internationale Arbeitsteilung in den Dienst höherer Werte gestellt – und nur dann vorangetrieben, wenn diese Werte erfüllt werden, von Sinnerfahrung bis Souveränität.

Diesen Einsichten folgten – über die Wellen der Globalisierungsund Freihandelseuphorie hinweg – unabhängige und selbständige Denkerinnen. Richard Douthwaite und Hans Diefenbacher schreiben in Jenseits der Globalisierung 1998: »Das Ziel besteht also nicht in der Rückkehr zur Autarkie durch die Abschaffung des Außenhandels […] Ziel ist die Minimierung der Abhängigkeit einer Region von Handelsbeziehungen über ihre Grenzen hinweg. Zum Außenhandel sollte man nicht gezwungen sein, um zu überleben.« Ähnlich formuliert es Vandana Shiva in Erd-Demokratie: »Lebendige Ökonomien bauen auf lokale Wirtschaft […] In der Erd-Demokratie zerstört und zerstampft die globale Wirtschaft weder die lokalen Ökonomien, noch marginalisiert sie die Menschen […] Lebendige Ökonomien sind vielfältige und dezentrale Ökonomien.«

Gemeinwohl-Indices für Regionen und Gemeinwohl-Bilanzen für Unternehmen könnten den Blick auf das Wesentliche lenken, weg vom Primat der Finanzkennzahlen. Vivian Dittmar lenkt aktuell in Echter Wohlstand den Blick auf fünf Dimensionen von Wohlstand, die in den Ökonomie-Lehrbüchern praktisch keine Rolle spielen. Dafür sind ökologischer, Beziehungs-, Zeit-, kreativer und spiritueller Wohlstand um so bedeutsamer für den praktischen Alltag der Menschen, ganz im Sinne von Norberg-Hodges Economics of Happiness. Dittmar schildert aus eigener Erfahrung die glücksstiftende Wirkung eines geteilten Gemüseackers in solidarischer Landwirtschaft. Gerade das Lebensnahe – Nahrungsmittel, Rohstoffe, Handwerk, Baustoffe, die Weiterverwertung von Reststoffen und die Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit von Gebrauchsgütern – kann das soziale Gemeinwesen und die ökologische Nachhaltigkeit gleichermaßen stärken. Lokalisierung ist in diesem Sinne kein Dogma, aber ein Wegweiser und ein Leitstern, an dem sich zukunftsfähige, demokratische und resiliente Zivilisationsstrukturen orientieren können – und sollten.

März, 2022

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WIEDER EINE ZUKUNFT HABEN

Wenn unsere Gattung eine Zukunft haben soll, muss sie lokal sein.

Die gute Nachricht ist, dass der Weg in eine solche Zukunft bereits beschritten wird. Abseits der Bildschirme der Mainstream-Medien wird das plumpe Narrativ von »größer ist besser«, welches das wirtschaftliche Denken seit Jahrhunderten beherrscht, durch eine sanftere, »weiblichere«, integrative Perspektive infrage gestellt, die das menschliche und ökologische Wohlbefinden in den Mittelpunkt stellt. Die Menschen erkennen allmählich, dass die Verbundenheit mit anderen und mit der Natur selbst eigentliche Quelle menschlichen Glücks ist. Und jeden Tag entstehen neue, inspirierende Initiativen, die das Potential für echten Wohlstand in sich tragen.

Gleichzeitig wächst das Bewusstsein – von der Allgemeinheit bis zur Wissenschaft –, dass die natürliche Welt die eigentliche Wirtschaft ist, von der wir letztlich in Hinblick auf all unsere Bedürfnisse abhängig sind. Nur wenn wir einen strukturellen Wandel in der gegenwärtigen Wirtschaft vollziehen – weg von der Abhängigkeit von einem von Konzernen gesteuerten globalen Markt hin zu mannigfaltigen lokalen Systemen –, werden wir in der Lage sein, auf eine Weise zu leben, die diesem Verständnis entspricht.

Tragischerweise sind unsere politischen und wirtschaftlichen Führer blind für diese und andere Realitäten. Sie führen uns auf einen anderen Weg, einen Weg, auf dem die Biotechnologie die Welt ernähren, das Internet die globale Zusammenarbeit ermöglichen soll und Roboter die Menschen von der Plackerei körperlicher und geistiger Anstrengung befreien sollen. Sie glauben, dass das Leben vor der modernen Ära des globalen Handels und der Megatechnologie brutal und hart war und dass unsere dringendsten Probleme nur durch immer mehr Wirtschaftswachstum gelöst werden können.

Damit einher geht der Glaube, dass eine weitere Technologie – Geld – irgendwie Wohlstand aus dem Nichts erzeugen kann. Dieses Hirngespinst ist tief in das globale Wirtschaftssystem eingebettet, ein System, das auf Billionen von Dollar an Schulden aufgebaut ist, die durch nichts anderes als weitere Schulden gestützt werden. Wir haben auch Politiker, die davon überzeugt sind, dass die Bereicherung der 1 % irgendwie »nach unten durchsickern« und den Armen zugutekommen wird. Sie verweisen auf willkürliche Messgrößen – das BIP, das Pro-Kopf-Einkommen, die Verfügbarkeit von Konsumgütern –, deren Anstieg »beweist«, dass ihre Politik funktioniert. Doch in Wirklichkeit sind die Reichen reicher denn je, während die Mehrheit härter und schneller arbeiten muss, um für ihre Familien Unterkunft, Bildung und medizinische Versorgung zu gewährleisten.

Der Weg des technologischen Fortschritts, der uns Zeit ersparen sollte, hat uns ironischerweise unsere Zeit geraubt: Wir alle müssen mit der Geschwindigkeit der verfügbaren Technologie arbeiten. Dies führt dazu, dass die Menschen immer gestresster sind und unsere Verbindung zueinander, zur Natur und sogar zu uns selbst einen enormen Tribut fordert.

Doch anstatt die Rolle des Wirtschaftssystems bei der Kappung dieser Verbindungen zu hinterfragen, neigen die Menschen dazu, sich selbst die Schuld zu geben: dass sie ihr Leben nicht gut genug im Griff haben oder dass sie nicht genug Zeit mit Familie und Freunden verbringen. Abgesehen von den Schuldgefühlen, fühlen wir uns oft isoliert, weil die immer flüchtigere und oberflächlichere Art unserer sozialen Begegnungen mit anderen eine Kultur des Scheins fördert, in der Liebe und Bestätigung durch so oberflächliche Mittel wie Schönheitsoperationen, Designerkleidung und Facebook-Likes gesucht werden. Diese Mittel sind ein schlechter Ersatz für echte Beziehungen und verstärken nur Gefühle wie Niedergeschlagenheit, Einsamkeit und Angst.

Das vorherrschende Narrativ von »Fortschritt« lässt diese psychologischen Kosten außer acht. Ebenso wichtig ist, dass sie auch die drohenden Gefahren des Klimachaos, des Artensterbens und des Zusammenbruchs der Ökosysteme weltweit ausblendet. Die Wahrheit ist, dass sich die Bedingungen seit einigen Jahrzehnten von Jahr zu Jahr grundlegend verschlechtert haben.

Warum ist das passiert? In den letzten 40 Jahren hat die Welt einen Prozess durchlaufen, der bedeutsamer war als die industrielle Revolution – und doch sind sich die meisten von uns dessen nur am Rande bewusst. Dieser Prozess ist als wirtschaftliche Globalisierung bekannt. Sie wurde größtenteils durch »Freihandels«-Verträge geschaffen, die globalen Banken und Unternehmen freie Hand lassen oder sie deregulieren, und sie hat die Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen exponentiell gesteigert, mit Auswirkungen, die keine technische Lösung zu mildern vermag.

Betrachten wir, was im politischen Bereich geschehen ist. Selbst nominell demokratische Länder waren einer Reihe von de facto Staatsstreichen ausgesetzt, die systematisch die Macht von gewählten Regierungen in die Hände der deregulierten globalen Wirtschaft und Finanzwelt verlagert haben. Internationale Gremien wie die Welthandelsorganisation, die Weltbank, der Internationale Währungsfonds und sogar die COP-Klimaverhandlungen sind zu Machtzentren einer De-facto-Weltregierung multinationaler Konzerne und Banken geworden, einer Regierung, die den Bürgern oder menschlichen Gemeinschaften gegenüber in keiner Weise rechenschaftspflichtig ist. Dieser Weg hat uns Schritt für Schritt immer weiter von der natürlichen Welt und von echter Demokratie entfernt; er führt zum Zerfall des sozialen Gefüges und zu Epidemien von Spaltung, Angst, Abhängigkeit und Gewalt.

Die enorme Bedeutung der systematischen Deregulierung wird von den meisten Menschen noch immer kaum verstanden. Weder auf Regierungsebene noch von der Allgemeinheit wurde dieser Prozess aus einer globalen Perspektive betrachtet. Selbst Klimaaktivisten haben weitgehend übersehen, dass es durch die Globalisierung und den damit einhergehenden weltweiten Handel zu einem massiven Anstieg der CO2-Emissionen gekommen ist – Emissionen, die in keiner nationalen Kohlenstoffbilanz auftauchen.

Unsere kollektive Ignoranz hat dazu geführt, dass viele die menschliche Natur oder die Überbevölkerung und nicht die Wirtschaft für all die Zerstörung in unserer Welt verantwortlich machen. Ich höre Menschen fragen: »Was ist mit den Menschen los – warum sind wir so gierig und egoistisch?!« So kommen sie zu dem Schluss: »Die Menschheit ist zu einem Krebsgeschwür geworden. Vielleicht verdienen wir es nicht, zu überleben.«

In dem Maße, wie sich das globale Wirtschaftssystem immer mehr ausgeweitet hat, ist es für uns stetig schwieriger geworden, zu erkennen, was tatsächlich geschieht. Viele unserer Grundnahrungsmittel sind mehrmals um den Planeten gereist, bis wir sie kaufen: Wie können wir wissen, ob sie unter fairen und humanen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden oder welche Auswirkungen ihre Produktion auf die Umwelt hatte? Selbst in der akademischen Welt ist das Wissen so spezialisiert, dass die »Experten« über den engen Fokus ihres Fachgebiets hinaus nur noch wenig wissen. Die Finanzierung durch Konzerne tut ein Übriges, so dass Studenten in die Betriebswirtschaft oder in die MINT-Fächer (Wissenschaft, Technik, Ingenieurwesen und Mathematik) gedrängt werden, während interdisziplinäre Ansätze wie Ökologie, Geisteswissenschaften und Erfahrungswissen an den Rand geraten.

Da riesige Konzerne und Medienkonglomerate so viel Reichtum und Macht angesammelt haben, sind sie in der Lage, nicht nur die Regierungs– und Hochschulpolitik, sondern auch die öffentliche Meinung und den intellektuellen Diskurs zu beeinflussen. Gezielte Finanzierung durch Konzerne hat sogar die Umweltbewegung beeinflusst: Wie wir in Kapitel 11 beleuchten werden, haben Konzerne die Agenda für die globale Umweltbewegung festgelegt und NGOs und Nationalstaaten ermutigt, ihren Fokus weg von grundlegenden politischen Veränderungen hin zu marktwirtschaftlichen Lösungen wie grünem Konsum, ethischen Investitionen und Kohlenstoffhandel zu verlagern – Pseudolösungen, die sicherstellen, dass die Macht der Konzerne nicht angetastet wird.

Im Zeitalter der vollständigen Globalisierung ist das, was »wirtschaftlich« ist, absurd geworden. Fische aus Europa werden nach Asien geflogen, um entgrätet zu werden, und dann nach Europa zurückgeflogen, um hier verkauft zu werden. Hunderttausende von Tonnen Heu, das auf bewässerten Flächen im dürregeplagten Südkalifornien angebaut wird, werden nach China verschifft.1 England und Australien tauschten kürzlich 20 Tonnen Wasser in Flaschen aus, nur untereinander.2 Diese Beispiele für irrsinnigen Handel sind keine Ausreißer mehr: Sie sind mittlerweile typisch für die Funktionsweise der globalen Wirtschaft.

Und doch sind sich nur sehr wenige Menschen dessen bewusst. Stattdessen hat ein engstirniger Reduktionismus in Verbindung mit immer größeren Strukturen dazu geführt, dass ein globales technikgläubiges Narrativ die Diskussionen über die Zukunft der Menschheit beherrscht. Von Netflix bis zu den TED-Talks, von Washington DC bis zum Silicon Valley wird dasselbe Klischee gepriesen: das einer hochtechnisierten, vollkommen globalen – sogar interplanetaren – Gesellschaft als das einzig mögliche Schicksal unserer Gattung.

Wie sieht diese Zukunft aus? Ray Kurzweil von Google verkündet, dass unser Essen aus »KI-gesteuerten vertikalen Gebäuden« kommen und »in-vitro geklontes Fleisch« enthalten wird. Laut Elon Musk von Tesla ist der Bau einer Stadt auf dem Mars »das Entscheidende, um das Leben der Menschheit zu erweitern«, während »30 untereinanderliegende Tunnel« den Stau in den dicht besiedelten Städten der Erde beheben werden. Goldman Sachs erklärt, dass die Digitalisierung von Alltagsgegenständen »Netzwerke von Maschinen, Menschen und dem Internet schaffen wird, was zur Entstehung neuer Ökosysteme führt, die eine höhere Produktivität, eine bessere Energieeffizienz und eine höhere Rentabilität ermöglichen«.

Diese Ideen werden als visionär und kühn gepriesen, doch was sie versprechen, ist nichts anderes als die Steigerung der vorherrschenden Trends – neokoloniale Expansion, Verstädterung und Kommerzialisierung –, die durch ausgefallene Geräte noch beschleunigt werden. Was uns nicht gesagt wird, ist, dass dieses System auf allen Ebenen die reichhaltigste aller natürlichen Ressourcen – die menschliche Energie und Arbeit – auf den Müllhaufen wirft. Gleichzeitig subventionieren wir mit unseren Steuern einen dramatischen Anstieg des Verbrauchs von Energie und knappen natürlichen Ressourcen. Wir haben ein System, das zu Massenarbeitslosigkeit und Armut und zugleich zu Umweltverschmutzung führt.

Dieses System ist nicht Ausdruck des Willens der Mehrheit: Wir sind im Gegenteil aktiv von der Mitsprache ausgeschlossen worden. Aber ich glaube auch nicht, dass das Narrativ von »die Guten gegen die Bösen« stimmt. Richtig ist, dass die Menschen, die bewusst die Monokultur der Konzerne vorantreiben, nur einen winzigen Bruchteil der Weltbevölkerung ausmachen – vielleicht weniger als 10.000 Menschen weltweit –, aber auch sie sind so sehr von abstrakten Wirtschaftsmodellen und Indikatoren fasziniert, dass sie meist einfach blind sind für die realen Auswirkungen ihrer Entscheidungen.

In gewisser Weise hat das System uns alle in die Falle gelockt. Selbst die Vorstandsvorsitzenden großer Unternehmen und Banken werden von spekulativen Märkten getrieben, um kurzfristige Gewinn– und Wachstumsziele zu erreichen. Sie stehen unter starkem Druck, an der Spitze zu bleiben, aus Angst, ihren eigenen Arbeitsplatz zu verlieren und ihre Aktionäre im Stich zu lassen. Es ist also das System selbst, das zur Rechenschaft gezogen und verändert werden muss – und nicht die austauschbaren Individuen, die innerhalb dieses Systems die Hebel bedienen.

Aber wie ich eingangs bereits sagte: Dies ist nicht die einzige Richtung, in die sich die Welt entwickelt. Überall auf der Welt sehnen sich Menschen nach den tiefen Bindungen einer Gemeinschaft und der Verbundenheit mit der Natur, denn in diesen Bindungen haben wir uns über die längste Zeit unseres Daseins entwickelt. Und sie drängen von unten auf einen grundlegenden Richtungswechsel. Ihre Vision beruht nicht auf dem Fetisch einiger Milliardäre, der aus Hightech-Spielereien besteht, befeuert von ihrem Talent zur Kapitalakkumulation. Vielmehr entspringt es der tiefen Erfahrung dessen, was es bedeutet, ein Mensch zu sein.

An der Basis kommen auf allen Kontinenten ganz gewöhnliche Menschen in ihren unterschiedlichen Kulturen zusammen, um das soziale Netz neu zu knüpfen und sich wieder mit der Erde und ihren Ökosystemen zu verbinden. Sie bauen eine florierende lokale Wirtschaft und generationenübergreifende Gemeinschaften auf, die sinnvollere, produktivere Arbeit ermöglichen. Von Gemeinschaftsgärten bis zu Bauernmärkten, von alternativen Lernorten bis zu lokalen Unternehmensallianzen und Genossenschaften – allen gemeinsam ist die Erneuerung von auf den Lebensraum bezogenen Beziehungen, in denen sich der angeborene, tief verwurzelte menschliche Wunsch nach Liebe und Verbundenheit widerspiegelt.

Diese Lokalisierungsinitiativen zeigen nachdrücklich, dass die menschliche Natur nicht das Problem ist – im Gegenteil, es ist das unmenschliche Ausmaß einer techno-ökonomischen Monokultur, die unsere Wünsche und Bedürfnisse untergräbt und manipuliert. Dies wird noch besser verständlich, wenn man beobachtet, was geschieht, wenn Menschen wieder mit Strukturen in Berührung kommen, die sich nach menschlichen Maßstäben richten; ich habe gesehen, wie Gefängnisinsassen sich veränderten, wie straffällige Jugendliche einen Sinn und ein Ziel fanden, wie Depressionen geheilt und soziale und ethnische Gräben und solche zwischen Generationen überwunden wurden.

In vielen Fällen entspringen diese Initiativen eher dem gesunden Menschenverstand als der Absicht, »die Welt zu verändern«. Zusammengenommen stellen sie jedoch die Weltordnung der Konzerne radikal infrage und artikulieren eine andere Vision der Zukunft.

Meine Organisation und ich sind in der glücklichen und nur allzu seltenen Lage, jede Woche Nachrichten über neue Lokalisierungsprojekte aus allen Teilen der Welt zu erhalten. Aber so, wie die meisten Menschen schlecht über die Globalisierung informiert sind, so sind sie auch weitgehend in Unkenntnis über die rasche Verbreitung von Lokalisierungsprojekten. Selbst diejenigen, die direkt in diese Bemühungen involviert sind, fühlen sich häufig isoliert und haben das Gefühl, gegen den Strom zu schwimmen. Wenn man jedoch einen Schritt zurücktritt und das Gesamtbild betrachtet, kann man nur staunen, was die Macht der Menschen bewirkt. Angesichts der enormen systemischen Unterstützung für das Große und Globale, von üppigen staatlichen Subventionen und Steuererleichterungen bis hin zu Medien im Besitz von Konzernen und den starken Verzerrungen bei der Finanzierung der Wissenschaft, ist das stete Wachsen dieser Alternativen ein Zeugnis für die Kraft der Gemeinschaft – für die Motivation, Ausdauer und Stärke, die entsteht, wenn Menschen zusammenkommen, um positive Veränderungen zu bewirken. Darüber hinaus schließen sich viele Einzelpersonen und Gruppen zu größeren Netzwerken zusammen – insbesondere im Bereich der »neuen Wirtschaft« –, die darauf aus sind, den Würgegriff der Konzerne auf unsere Institutionen zu lockern, damit unsere Gesellschaft beginnt, dezentrale Wirtschaftssysteme zu fördern. Solche Veränderungen würden dazu beitragen, dass weltweit mehr selbstständige, vielfältige und lebendige Gemeinschaften und Demokratien entstehen.

Diese wachsende Bewegung lässt die herkömmliche Links-Rechts-Dichotomie hinter sich. Es geht darum, das Aufblühen von vielschichtigen menschlichen Werten und Träumen zu ermöglichen und gleichzeitig die Kultur wieder in die Natur einzubetten. Das bedeutet, dass sich Gesellschaften aus der Abhängigkeit von weit entfernten, nicht rechenschaftspflichtigen Monopolen lösen können – die unseren Grundbedarf in mechanisierten, monokulturellen Systemen mit hohem Input auf der anderen Seite der Welt produzieren – zugunsten einer lokalen und handwerklichen Produktion für die Bedürfnisse vor Ort. Die Betonung liegt hier auf echten Bedürfnissen, gemeint sind nicht die künstlichen, die von Vermarktern und Werbestrategen erzeugt werden, um die Öfen des Konsums und des endlosen Wachstums anzuheizen.

Lokalisierung bedeutet den Ausstieg aus höchst instabilen und ausbeuterischen Spekulations– und Schuldenblasen und die Rückkehr zur Realwirtschaft – unsere Schnittstelle zu anderen Menschen und zur natürlichen Welt. Anstatt auf unzählige Tonnen perfekt gerader Möhren aus zu sein und alle, die diese Anforderung nicht erfüllen, wegzuwerfen (wie es bei Supermarktketten üblich ist), verlangen lokale Märkte eine Vielfalt von Produkten und schaffen so Anreize für eine vielfältigere und ökologischere Produktion. Das bedeutet mehr Lebensmittel mit weit weniger Maschinen und Chemikalien und mehr Hände auf dem Land und damit mehr sinnvolle Beschäftigung. Es bedeutet drastisch reduzierte CO2-Emissionen, kein Bedarf an Plastikverpackungen, mehr Raum für ursprüngliche Artenvielfalt, mehr in den lokalen Gemeinschaften verbleibender Wohlstand, mehr persönlicher Kontakt zwischen Erzeugern und Verbrauchern und blühendere Kulturen, die auf echter Interdependenz (wechselseitiger Abhängigkeit) beruhen.

Ich nenne dies den »Lösungsmultiplikator«-Effekt der Lokalisierung, und dieses Modell geht über unsere Lebensmittelsysteme hinaus. Im blinden, abgekapselten und überspezialisierten System der globalen Monokultur habe ich Wohnbauprojekte gesehen, bei denen importierter Stahl, Plastik und Beton verwendet wurden, während die Eichen vor Ort gerodet und zu Holzhackschnitzeln verarbeitet wurden. Im Gegensatz dazu bedeutet die Verkürzung von Entfernungen strukturell mehr Arbeitskraft und Expertise pro Hektar und eine innovativere Nutzung der verfügbaren Ressourcen. Es mag utopisch klingen, aber wenn wir die Abhängigkeit von stark zentralisierten, automatisierten Systemen in Bereichen wie Gesundheit und Bildung verringern, können wir das Verhältnis zwischen Arzt und Patient, zwischen Lehrer und Schüler neu austarieren und so Raum für individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten schaffen.

Es ist keineswegs unvernünftig, sich eine Welt ohne Arbeitslosigkeit vorzustellen; denn ebenso, wie es für jedes Preisschild im Supermarkt gilt, ist auch Arbeitslosigkeit eine politische Entscheidung, die gegenwärtig dem Mantra der »Effizienz« der zentralisierten Gewinnmaximierung folgt. Da sich sowohl die politische Linke als auch die politische Rechte dem Dogma »größer ist besser« verschrieben haben, bleibt den Bürgern keine echte Alternative.

Wenn wir eine Wirtschaft nach menschlichem Maßstab stärken, wird die Entscheidungsfindung selbst transformiert. Wir schaffen nicht nur Systeme, die so klein sind, dass wir sie selbst beeinflussen können, sondern wir betten uns auch in ein Netz von Beziehungen ein, das unser Handeln und unsere Sichtweisen grundlegend formt. Eine bessere Sichtbarkeit unserer eigenen Auswirkungen auf die Gemeinschaft und die lokalen Ökosysteme führt zu einer praktisch erlebbaren Bewusstheit, die uns dazu befähigt, sowohl mehr Veränderung zu bewirken als auch mehr Ehrfurcht gegenüber der Komplexität des Lebens um uns herum zu entwickeln.

Lokalisierung erlaubt uns, die sich ständig entwickelnde und verändernde Natur des Universums auf einer tieferen Ebene zu begreifen und schätzen zu lernen. Anstatt nach vorgefertigten Modellen zu leben – und die Welt über Wörter, fixe Konzepte und Zahlen wahrzunehmen –, wird uns bewusst, dass jeder Mensch, jedes Tier und jede Pflanze einzigartig ist und sich von Augenblick zu Augenblick verändert. Die Lokalisierung verleiht uns die nötige Nähe und Vertrautheit und das richtige Tempo, um diese Fülle zu spüren und die Freude zu empfinden, ein integraler Bestandteil eines lebendigen Netzes von Beziehungen zu sein.