Lore-Roman 10 - Ina Ritter - E-Book

Lore-Roman 10 E-Book

Ina Ritter

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Beschreibung

Katja Mahler ist erst siebzehn Jahre alt, und ihre naiven Träume gaukeln ihr ein Bild von Wohlstand und Reichtum vor. Sie, die kleine Verkäuferin aus einfachen Verhältnissen, kann sich nicht mit ihrem Milieu abfinden, träumt von einem anderen Leben in besseren Kreisen, ein Leben, das ihr Joachim, ein einfacher Buchhalter, jedoch nicht bieten kann.
Katja weiß, dass sie nie einen anderen Mann finden wird, der ihr so viel bedeutet wie Joachim. Sie will ja ohne ihn nicht sein, aber immer jeden Groschen zweimal umdrehen - nein, das will sie nicht.

Da bietet sich ihr eines Tages die Gelegenheit, ihre sehnsüchtigen Wünsche zu erfüllen - aber der Preis dafür ist ihre Liebe zu Joachim ...

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EPUB

Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Weil sie erst siebzehn war

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Svetlana Fedoseyeva/shutterstock

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5242-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Weil sie erst siebzehn war

Ergreifender Roman um die Irrwege eines jungen Herzens

Von Ina Ritter

Katja Mahler ist erst siebzehn Jahre alt, und ihre naiven Träume gaukeln ihr ein Bild von Wohlstand und Reichtum vor. Sie, die kleine Verkäuferin aus einfachen Verhältnissen, kann sich nicht mit ihrem Milieu abfinden, träumt von einem anderen Leben in besseren Kreisen, ein Leben, das ihr Joachim, ein einfacher Buchhalter, jedoch nicht bieten kann.

Katja weiß, dass sie nie einen anderen Mann finden wird, der ihr so viel bedeutet wie Joachim. Sie will ja ohne ihn nicht sein, aber immer jeden Groschen zweimal umdrehen – nein, das will sie nicht.

Da bietet sich ihr eines Tages die Gelegenheit, ihre sehnsüchtigen Wünsche zu erfüllen – aber der Preis dafür ist ihre Liebe zu Joachim …

„Holt dein Freund dich heute Abend wieder ab?“, fragte Verena ihre Freundin Katja Mahler, während sie emsig Oberhemden auf dem Verkaufstisch ordnete.

Der Abteilungsleiter sah es gar nicht gern, wenn die Verkäuferinnen müßig herumstanden und sich miteinander unterhielten.

„Ich weiß nicht. Wahrscheinlich.“ Katja runzelte die Stirn. „Er kommt fast jeden Tag, wenn er es irgendwie einrichten kann.“

Verena seufzte. „Du hast vielleicht ein Glück“, meinte sie. „Ich finde, er sieht fantastisch aus.“

Katja nickte. Es stimmte, Joachim Köster war ein Mann, nach dem die Mädchen sich umschauten.

„Was für ein Gesicht machst du denn?“, fragte Verena erstaunt. „Habt ihr euch etwa gestritten?“

„Nein, absolut nicht. Nur …“

„Was ist mit ihm? Hat er womöglich eine andere? Auf den fliegen doch die Mädchen.“

„Er hat keine andere“, entgegnete Katja. „Er möchte mich heiraten.“

„Wirklich?“ Der Neid in Verenas Stimme war nicht zu überhören. „Mensch, hast du ein Glück! Er hat doch eine feste Stellung?“

„Buchhalter, mit neunhundertfünfzig Mark im Monat.“

„Und du verdienst auch … Wann wollt ihr denn heiraten?“

Katja gab dem Stapel Oberhemden einen unwilligen Stoß.

„Ich weiß es noch nicht. Wir können schließlich noch warten. Solch eine wichtige Entscheidung soll man nicht überstürzen.“

„Und worauf willst du warten?“, fragte Verena. „Dass er es sich inzwischen noch überlegt und sich eine andere sucht! Wenn du ihn nicht haben willst, tritt ihn an mich ab. Ich würde ihn mit Kusshand nehmen.“

„Du hast es ja eilig, dich ihm an den Hals zu werfen“, stellte Katja bissig fest.

„Wenn du ihn nicht haben willst … Vielleicht gefalle ich ihm ja.“

„Hör auf zu träumen. Wir werden ja heiraten.“

„Wenn ihr beide vierzig seid, oder wann?“, wollte Verena wissen. „Hat er nichts gespart? Aber das spielt doch keine Rolle! Überall bekommt ihr heutzutage einen Anschaffungskredit, und Wohnungen sind auch nicht mehr so knapp.“

„Joachim war sparsam, er hat sechstausend Mark.“

„Hei!“ Verena pfiff anerkennend. „Dann setztest du dich bei ihm sozusagen ins gemachte Nest.“

„Nest ist das richtige Wort“, bestätigte Katja Mahler. „Eine Zweizimmerwohnung vom sozialen Wohnungsbau, und ich steh den ganzen Tag in der Küche und mache die Wohnung sauber.“

„Immer noch besser, als Oberhemden zu verkaufen“, gab Verena zu bedenken. „Oder wartest du etwa auf einen reichen Mann? Ich hätte dich für ein bisschen vernünftiger gehalten, Katja. Ich wünschte, ich wäre an deiner Stelle. Aber ich komme bei Männern nicht so gut an. Weiß der Teufel, woran das liegt.“

Weil du anhänglich wie eine Klette bist, dachte Katja. Kaum siehst du einen Mann an, da sprichst du schon vom Heiraten. Kein Wunder, wenn sie alle kopfscheu werden.

„Wenn man verheiratet ist, dann muss man sich sehr umstellen. Dann fängt das große Sparen an. Aber zuerst kommt natürlich der Mann. Der muss immer gut gekleidet sein, schließlich stellt er etwas dar. Zu Hause soll ich dann am liebsten den ganzen Tag in der Kittelschürze herumlaufen, um Kleider zu sparen. So sieht doch eine Ehe aus.“

„Du bist verrückt“, behauptete Verena. „Wenn du mitarbeitest, dann kannst du dir genauso viel erlauben wie jetzt. Ihr braucht euch ja nicht gleich Kinder anzuschaffen. Vielleicht wird dein Freund noch befördert. Er sieht jedenfalls sehr tüchtig aus.“

„Was heißt schon tüchtig? Er ist ein guter Buchhalter, ja, das stimmt, aber was für Aussichten hat er denn? In vierzig Jahren ist er immer noch ein guter Buchhalter und verdient vielleicht zweihundert oder dreihundert Mark mehr. Lohnt es sich denn, dafür zu leben?“

„Ich hätte auch lieber eine Million, aber weil ich sie nicht habe, bin ich froh, dass ich hier arbeiten darf. Du hast große Rosinen im Kopf, Katja. Aber aus Erfahrung wird man klug. Wenn dein Freund dir erst fortgelaufen ist …“

„Langweilen Sie sich, meine Damen?“ Der Abteilungsleiter war unbemerkt hinter sie getreten.

Katja und Verena hatten zum Schluss vergessen, die Hände zu bewegen, wie er es immer ausdrückte.

Stumm packte Verena ein paar Hemden auf den Stapel. Sie wusste, dass es gar keinen Zweck hatte, dem Abteilungsleiter zu antworten. Er konnte sehr ironisch werden, und sie konnte sich nicht dagegen wehren.

„Sie haben einfach zu viel Zeit, meine Damen“, stellte der Abteilungsleiter fest. „Wie sieht Ihr Stand nur wieder aus! Ich verlange von Ihnen ein bisschen mehr Ordnung! Für Ihr gutes Gehalt müssen Sie auch etwas tun!“

Er schlenderte weiter, die Hände auf dem Rücken zusammengelegt. Sein Blick schien überall zugleich zu sein.

„Fieser Kerl!“, knirschte Verena, als er außer Hörweite war. „Dem möchte ich mal ein paar herunterhauen.“

Katja arbeitete verbissen weiter. Der Abteilungsleiter verfolgte sie mit besonderem Hass, seitdem sie ihm klargemacht hatte, dass sie nicht bereit war, sich mit ihm einzulassen.

Aber die Stellung hier wurde gut bezahlt, sie musste aushalten. Und was wurde ihr woanders schon an Besserem geboten? Auch dort würde es einen Abteilungsleiter geben oder einen Chef. Und Katja wusste, dass die ihr früher oder später Anträge machen würden.

„Wäre ich verheiratet, dann würde ich jetzt im Wohnzimmer sitzen und Radio hören. Bis der Mann nach Hause kommt, hat man nachmittags immer ein paar Stunden Zeit für sich. Ich käme endlich einmal zum Lesen. Katja, ich beneide dich. Wäre ich doch nur an deiner Stelle …!“

Katja Mahler presste die Zähne in die Unterlippe. Sie blieb ihrer Kollegin die Antwort schuldig. Sie wollte Joachim Köster heiraten, es gab nichts, was sie sich lieber wünschte, aber sie wollte auch gleichzeitig ein anderes Leben führen als das, was er ihr bieten konnte.

Ein Leben wie ihre Tante Charlotte zum Beispiel. Die wohnte in einer Villa, hatte einen Wagen, ein Mädchen, das putzte und kochte, und genügend Geld, um stets nach der neuesten Mode gekleidet zu sein.

„Sie hat eben den richtigen Mann geheiratet“, sagte Katja aus ihren Gedanken heraus.

„Wer?“, fragte Verena neugierig.

„Die Schwester meiner Mutter, meine Tante Charlotte. Sie hat einen Fabrikanten geheiratet. Jetzt ist sie Witwe und …“

„Darf ich Ihnen behilflich sein?“, wandte sich Verena an eine Kundin, die an ihren Stand getreten war.

Ihre Kollegin Katja war direkt froh, dass jetzt der Käuferansturm einsetzte. So kam sie wenigstens nicht mehr zum Nachdenken.

***

Katja verließ am Abend das Warenhaus.

„So ein Wetter aber auch“, murmelte sie missmutig und schlug den Mantelkragen hoch.

Ich möchte mich jetzt sofort ins Bett legen und schlafen, dachte sie, als sie auf Joachim Köster zuging, der sie noch nicht bemerkt hatte.

Ja, er sah gut aus. Ein Mann, von dem ein Mädchen schon träumen konnte. Aber auch ein Mann, der neunhundertfünfzig Mark verdiente …

„Hallo!“ Beim Klang ihrer Stimme schnellte Joachim herum, und sein Gesicht strahlte auf.

„Katja!“ Er nahm ihre Rechte in beide Hände. „Hattest du einen schweren Arbeitstag?“ Er zog ihren Arm unter den seinen. Sein Blick streichelte förmlich Katjas Gesicht.

„Ach, wie immer, weißt du.“ Sie beschleunigte ihren Schritt.

„Du hast es heute Abend ja sehr eilig“, stellte Joachim schmunzelnd fest. „Gibt es bei euch zu Hause etwas Gutes zu essen?“

„Aufgewärmte Suppe von gestern. Aber wir müssen uns eben einschränken, jeden Tag Kotelett ist nicht drin.“

„Wenn wir verheiratet sind, kochst du, worauf du Appetit hast“, meinte Joachim vergnügt.

„Glaubst du denn, von deinem Gehalt könnten wir uns ein pompöses Essen erlauben? Wir werden anfangs unsere Anschaffungen abzustottern haben. Bei uns wird es genug Eintopf geben, mach dir keine Illusionen.“

„Wenn du die Suppe kochst, wird sie mir besser schmecken als jeder Braten.“ Joachim drückte ihren Arm leicht an seine Seite. „Welche Laus ist dir heute über die Leber gelaufen, Kleines? Hat der Abteilungsleiter wieder Schwierigkeiten gemacht?“

„Den Kerl könnte ich kaltblütig umbringen. Immer steht er hinter uns und hat etwas zu meckern. Er fühlt sich wie ein kleiner König, und dabei ist er nur ein lächerlicher Abteilungsleiter. Was ist das denn schon?“

„Eine gute Stellung, würde ich meinen. Nimm es nicht so tragisch, Katja. Wenn wir erst verheiratet sind, dann gibst du deine Stellung im Warenhaus auf. Mein Gehalt reicht auch für zwei. Große Ansprüche stellen wir ja nicht.“

Ein Wagen fuhr rasant vorbei, und Katja wich zu spät aus. Die Räder spritzten das schmutzige Wasser einer Pfütze gegen ihre Beine und den Mantel.

„Die Flecken lassen sich bestimmt wieder herausbürsten, wenn sie getrocknet sind“, sagte Joachim tröstend.

„Warum haben die einen ein Auto, und die anderen müssen zu Fuß gehen?“, fragte Katja erbittert. „Sind das denn bessere Menschen als wir?“

„Geld macht nicht glücklich, Katja. Es kommt darauf an, dass man sich versteht. Und Liebe kann man für kein Geld der Welt kaufen. Hast du Lust, heute Abend noch auszugehen? Im Kapitol soll es einen netten Film geben.“

„Danke.“ Er nennt es ausgehen, dachte Katja, wenn er mich ins Kino führt. Natürlich, für teure Restaurants reichte sein Geld nicht, und außerdem war er sparsam. „Ich möchte mal im Lotto gewinnen“, verkündete sie. „Fünfhunderttausend Mark.“

„Wer möchte das nicht?“

Joachims gute Laune ging Katja heute auf die Nerven. „Warum hast du nicht einen reichen Vater?“, fragte sie grollend. „Alle möglichen Leute erben, nur wir …“

„Wir haben nicht aufgepasst, als Eltern verteilt wurden“, bestätigte Joachim Köster. „Aber dafür sind wir gesund und lieben uns.“

Verbissen presste Katja die Lippen zusammen. Ihre Füße waren inzwischen nass geworden, der Regen hatte sich noch verstärkt, und sie ging zu Fuß nach Hause. Für einen Wagen würde es bei ihnen niemals reichen.

„Vielen Dank für deine Begleitung.“ Katja zog ihren Arm unter seinem hervor. „Hinaufbitten kann ich dich heute leider nicht. Du weißt, Mutter ist ein bisschen schwierig.“

„Sie nimmt es mir übel, dass ich kein Millionär bin, ich weiß.“ Joachim schaute sich um, dann nahm er Katja in den Arm und küsste sie.

Katja spürte, dass all ihre Bedenken in seinen Armen schmolzen wie Schnee in der Sonne.

„Ich liebe dich“, flüsterte sie erstickt in sein Ohr.

„Ich dich auch, Kleines. Dumm, dass wir uns jeden Abend trennen müssen. Aber bald werden wir eine hübsche kleine Wohnung haben, und wir werden immer zusammen sein.“

„Ach, Joachim!“

„Leg dich heute Abend früh ins Bett, du siehst erschöpft aus. Und einen schönen Gruß an deine Eltern. Vielleicht lädt deine Mutter mich sonntags mal wieder zum Essen ein? Die Sonntage ohne dich sind endlos für mich.“

„Ich werde Mutter bitten.“ Katja beugte sich vor und küsste ihn wieder.

Sie liebte ihn. Nie wieder würde sie einen Mann finden, der ihr so viel bedeutete wie Joachim.

Erschöpft stolperte sie die drei Treppen zur elterlichen Wohnung hinauf. Der Treppenflur war seit einer Ewigkeit nicht mehr gestrichen worden, die Farbe längst abgeblättert, an einigen Stellen war sogar der Verputz abgefallen.

Als Katja die Wohnungstür aufschloss, und den Flur betrat, rief sie: „Ich bin es!“

„Du kommst ja heute pünktlich. Ich mache dir gleich die Suppe warm.“

Erna Mahler kam aus dem Wohnzimmer. Sie war eine Frau in mittleren Jahren mit vergrämten Zügen. Ihr Haar hatte graue Fäden, und sie trug eine Kittelschürze.

„Mach dir keine Mühe, Mutter, ich esse heute keine Suppe.“

„Wer arbeitet, der muss auch essen“, sagte Frau Erna streng. „Du bist sowieso viel zu dünn. Männer mögen dürre Mädchen nicht. Mach kein Theater, wasch dir die Hände und setz dich.“

Katja starrte vor sich hin. Warum kann ich mich nicht mit diesem Milieu abfinden?, fragte sie sich. Eigentlich müsste ich es doch gewohnt sein, ich kenne ja nichts anderes. Ich bin hier geboren worden, aufgewachsen, habe von hier aus die Schule besucht, und von hier aus gehe ich jeden Wochentag ins Warenhaus.

„So, und nun iss!“ Erna Mahler füllte ihr den Teller und stellte ihn vor Katja auf den Tisch. „Gibt es was Neues?“, fragte sie und nahm ihrer Tochter gegenüber Platz.

„Nein.“

„Aber bei uns. Stell dir vor, die Meiersche aus dem zweiten Stock …“

Katja hörte nicht zu. Es interessierte sie nicht.

„Schmeckt’s?“, fragte Frau Erna.

„Ja, Mutter.“ Katja wusste, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als den Teller zu leeren. Vorher würde ihre Mutter keine Ruhe geben.

„Ich sage ja immer, der Appetit kommt beim Essen. Hat Köster dich wieder abgeholt?“

„Ja.“

„Du machst doch keine Dummheiten, Katharina? Er ist soweit ein ganz netter Mensch, ich will nichts gegen ihn sagen, aber du kannst andere Ansprüche stellen. Denk nur an meine Schwester Charlotte. Sie hat von Anfang an gewusst, dass Geld die wichtigste Rolle im Leben spielt. Hat sie nicht ein herrliches Leben? Du sollst es einmal besser haben als ich, Kind. Den Köster schlag dir aus dem Kopf. Am besten ist es, du sagst ihm, dass du nichts mehr von ihm wissen willst. Er soll dich gefälligst in Ruhe lassen. Für einen wie ihn bist du einfach zu schade.“

„Hör doch endlich auf damit, Mutter!“ Katja legte den Löffel angewidert in den Teller. „Ich weiß ja, dass du es gut mit mir meinst …“

„Wenn du das weißt, dann hör auch auf mich. Aber junge Leute haben ja keine Vernunft, Katja, so, wie du aussiehst, kannst du ganz andere Männer haben. Du müsstest nur in die richtigen Kreise kommen.“

„In unserem Warenhaus? Da lerne ich die besten Leute kennen, ganz bestimmt.“

„Sei nicht ironisch. Du weißt, dass ich das nicht mag. Mir ist da heute ein Gedanke gekommen, Katja. Pass mal auf.“

„Ich bin müde und möchte mich gleich hinlegen“, wehrte Katja ab.

„Interessiert es dich gar nicht, was ich dir erzählen will?“, fragte ihre Mutter gekränkt. „Tante Charlotte führt ein großes Haus. Bei ihr verkehren die besten Leute.“

„Wahrscheinlich wird sie versuchen, ihre Tochter Dorthe an den richtigen Mann zu bringen.“

„Das auch, aber sie selbst hat Spaß daran, öfter Gesellschaften zu geben. Schon früher war sie so. Keinen Abend war sie zu Hause, immer hatte sie etwas vor. Worauf ich hinaus will, ist etwas anderes: Tante Charlotte muss dich einladen.“

Verblüfft schaute Katja die Mutter an.

„Also ich werde morgen zu Charlotte fahren und mal mit ihr sprechen. Wenn wir uns auch nicht gerade besonders gut verstehen, wie du weißt, ein bisschen Familiensinn wird sie ja wohl noch haben. Was sagst du dazu? Ist das nicht eine glänzende Idee?“

„Ich bin abends immer viel zu müde, Mutter.“

„Dann lässt du dich eben einfach krankschreiben. Sieh doch keine Probleme, wo es keine gibt. Und einer Krankheit wegen können sie dich auch im Warenhaus nicht entlassen. Abgesehen davon sind sie froh, wenn sie überhaupt Verkäuferinnen finden.“

„Ich weiß nicht recht …“

„Aber ich. So, und jetzt kannst du dich hinlegen, wenn du willst. Aber lies nicht mehr so viel, hörst du? Das ist nicht gut für die Augen. Und wenn du ausgeschlafen hast, siehst du auch schöner aus. Vergiss nicht, deine Schönheit ist ein Kapital, das sich verzinsen kann. Du musst dieses Kapital nur richtig einsetzen, darauf kommt es an.“

Katja war froh, dass sie in ihr Zimmer gehen konnte. Sie legte sich ins Bett und griff nach einem Buch. Sie las gern, für sie war es eine Art Flucht aus der Wirklichkeit. Nur heute gelang es ihr nicht, sich für die Schicksale der Romanfiguren zu interessieren.

Die Worte und Mahnungen der Mutter gingen ihr im Kopf herum. Und dazu noch ihre Liebe zu Joachim. Sie wollte nicht ohne ihn leben, sie wollte ihn heiraten. Aber nicht in einer Zweizimmerwohnung mit neunhundertfünfzig Mark auskommen.

***

Frau Erna atmete auf, als ihr Mann und Katja am nächsten Morgen die Wohnung verlassen hatten. Sie verrichtete ihre gewohnte Arbeit und zog dann ihr bestes Kleid an, das blaue Reinseidene. Mit der Straßenbahn fuhr Frau Erna in die weit entfernte Vorstadt, in der die großen Villen der reichen Leute standen.

Von der Haltestelle aus musste sie noch ungefähr zwanzig Minuten gehen, denn wer hier wohnte, war nicht auf die Straßenbahn angewiesen.

C. Rambach stand auf dem Messingschild am Pfosten der Eingangstür. Vergeblich hatte Frau Erna versucht, das schmiedeeiserne Gitter zu öffnen. Die Villa stand ein ganz schönes Stück von der Straße entfernt. Hoffentlich ist die Klingel in Ordnung, dachte sie, nachdem sie geläutet hatte und doch eine ganze Weile warten musste.

„Wer ist da?“, hörte sie eine quakende, verzerrte Stimme.

Verwirrt schaute sie sich um. Wer hatte da gesprochen?

„Wer ist da?“, wiederholte die Stimme ungeduldig.