Lore-Roman 177 - Ina Ritter - E-Book

Lore-Roman 177 E-Book

Ina Ritter

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Imke Söberg ist ein herbes, verschlossenes Mädchen, das bei den Männern nicht viel Anklang findet. Eine Ausnahme macht Dieter Holland. Nachdem er Imke auf einer Party kennengelernt hat, umwirbt er sie leidenschaftlich. Sie glaubt bedingungslos an die Ehrlichkeit seiner Gefühle, und so sträubt sie sich nicht lange, seine Geliebte zu werden. Als er bei ihren Eltern um ihre Hand anhält, ahnt Imke nicht, dass er ein Heuchler ist, dem es nur darauf ankommt, Nachfolger im Betrieb ihres Vaters zu werden.
Am Tag, nachdem Imke erfahren hat, dass sie ein Kind erwartet, besucht sie Dieter unverhofft in seiner Wohnung. Und dort hört sie die Stimme einer anderen Frau, hört Worte, die sie zutiefst demütigen und beschämen. Hass erwacht in Imke, Hass auf Dieter und das Kind, das sie von ihm unter dem Herzen trägt ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 162

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Das Kind des ungeliebten Mannes

Vorschau

Impressum

Das Kind des ungeliebten Mannes

Warum seine Mutter ihn nicht haben wollte

Von Ina Ritter

Imke Söberg ist ein herbes, verschlossenes Mädchen, das bei den Männern nicht viel Anklang findet. Eine Ausnahme macht Dieter Holland. Nachdem er Imke auf einer Party kennengelernt hat, umwirbt er sie leidenschaftlich. Sie glaubt bedingungslos an die Ehrlichkeit seiner Gefühle, und so sträubt sie sich nicht lange, seine Geliebte zu werden. Als er bei ihren Eltern um ihre Hand anhält, ahnt Imke nicht, dass er ein Heuchler ist, dem es nur darauf ankommt, Nachfolger im Betrieb ihres Vaters zu werden.

Am Tag, nachdem Imke erfahren hat, dass sie ein Kind erwartet, besucht sie Dieter unverhofft in seiner Wohnung. Und dort hört sie die Stimme einer anderen Frau, hört Worte, die sie zutiefst demütigen und beschämen. Hass erwacht in Imke, Hass auf Dieter und das Kind, das sie von ihm unter dem Herzen trägt ...

»Alles fertig?«, fragte Georg Söberg, als er an diesem Abend früher als gewöhnlich nach Hause kam. Er strahlte, aber sein Strahlen wirkte alles andere als echt.

Frau Elisabeth gab ihm auf der Diele einen Begrüßungskuss auf die Wange.

»Selbstverständlich. Wir brauchen uns nur noch umzuziehen. Imke hat mir wieder fleißig geholfen, die Platten fertigzumachen.«

Frau Elisabeth öffnete die Küchentür und erlaubte ihrem Mann einen Blick auf die Teller und Schüsseln, auf denen die Speisen zubereitet lagen.

»Da läuft einem wirklich das Wasser im Mund zusammen«, lobte Georg Söberg. »Was meinst du, ob es diesmal klappen wird?«

Diese Frage stellte er mit unterdrückter Stimme, nachdem er sich vorher umgeschaut hatte, um sich zu überzeugen, dass Imke nicht zuhörte.

Frau Elisabeth zuckte die Schultern.

»Hat sie sich ein neues Kleid gekauft?«, fragte Vater Georg weiter.

»Ja, sie hat ein neues Kleid.« Frau Elisabeth schüttelte den Kopf. »Ich verstehe manchmal unsere Tochter nicht. Sie hat einen sehr konservativen Geschmack. Und dabei gab es so hübsche Sachen.«

»Hat sie etwa wieder ein hochgeschlossenes Kleid gewählt?«, fragte Georg Söberg betroffen.

»Sie war nicht davon abzubringen. Und dabei kann sie sich mit ihrem Dekolleté durchaus sehen lassen. Es gibt nicht viele Mädchen mit solch einer reinen Haut, wie sie sie hat. Ich mache mir Sorgen um Imke.«

Vater Georg seufzte. »Wie sind wir beide nur zu solch einer Tochter gekommen?«, fragte er. »Schließlich waren wir beide immer lebenslustig. Imke dagegen ...«

»Warte ab! Wenn sie den richtigen Mann kennenlernt und ihr Herz entdeckt, wird sie sich wandeln«, tröstete Frau Elisabeth ihn.

»Wollen wir es hoffen.«

Sehr zuversichtlich klang Georg Söbergs Stimme nicht. Was hatte er nicht schon alles versucht, um seiner Tochter mehr Selbstvertrauen zu geben. Sie war überdurchschnittlich klug, spielte hervorragend Klavier, besaß eine ungemein hübsche Stimme, und doch weigerte sie sich, ihre Talente zu zeigen. Niemals musizierte sie vor Gästen.

Und dann die Kleider, die sie trug! So altbacken und streng, sie passten nicht zu einem jungen Mädchen. Und auch ihre Frisur machte die Mode nicht mit. Sie trug ihr Haar schlicht zurückgekämmt und steckte es hinten zu einem Knoten auf. Dabei hatte sie wundervolles Haar. Aber ihr Gesicht, sowieso schon schmal und herb, wirkte durch diese Frisur noch strenger.

Es war kein Gesicht, in das sich junge Männer verliebten. Niemals würden sich ihre Lippen zu einem Schmollmund verziehen, sie konnte nicht über dumme Bemerkungen lachen, die junge Männer für witzig hielten. Sie hatte dann eine ganz eigene Art, die Sprecher anzuschauen, dass sie sich klein und töricht vorkamen und Fräulein Söberg in Zukunft mieden.

»Du bist schon fertig?« Vater Georg kniff die Augen zusammen, als seine Tochter die Treppe herunterkam. Ihr Kleid war neu, und doch ähnelte es ihren anderen verblüffend.

Es war dunkelblau und passte wenigstens in der Farbe zu ihrem blonden Haar. Aber musste es denn wieder so streng geschnitten sein?

Imke lächelte. »Soll ich mich zwei Stunden vor den Spiegel setzen und mich zurechtmachen?« Sie schüttelte leicht den Kopf. »Und wozu auch? Ich bin nun mal, wie ich bin, und du weißt ja, kein Mensch kann aus seiner Haut.«

»Aber es gibt jetzt so hübsche Kleider – mit Ausschnitt! Ein junges Mädchen sollte ruhig zeigen, was es hat.«

»Auf dem Heiratsmarkt? Wann werdet ihr endlich einsehen, dass ihr das Geld für diese Partys verschwendet?«, fragte Imke bitter. »Wollt ihr mich denn unbedingt bald loswerden? So schnell beißt doch keiner an.«

»Die Platten hast du sehr pikant angerichtet«, bog Vater Georg schnell von diesem verfänglichen Thema ab.

»Wie viele junge Herren ohne Damen habt ihr denn heute eingeladen?«, fragte Imke herb. »Wissen sie denn wenigstens, wie sie zu der Ehre dieser Einladung gekommen sind? Sagst du es ihnen vorher? Meine Tochter ist noch zu haben, meine Herren. Bitte, greifen Sie zu, bevor es zu spät ist! Sie ist gesund, dafür garantiere ich, und dass sie nicht hübsch ist ... Aber denken Sie an die Mitgift, meine Herren! Sie ist meine einzige Tochter und wird einmal alles erben.« Imke imitierte den Ton eines Jahrmarktschreiers. »Eine einmalige Gelegenheit, meine Herren!«

»Imke, willst du wohl sofort den Mund halten!«, befahl Frau Elisabeth heftig.

»Wer hat denn heute das Pech, mich speziell unterhalten zu müssen?«, fragte Imke. »Bald habt ihr sie ja alle durch. Oder ist es dir gelungen, einen Neuen aufzutreiben, Vater? Den Sohn eines Geschäftsfreundes vielleicht?«

»Die Art, wie du sprichst, gefällt mir absolut nicht«, knurrte Georg Söberg.

»Natürlich nicht. Ich müsste euch ja schrecklich dankbar sein. Ihr meint es ja nur gut mit mir. Nur ich bin so dumm und erkenne das nicht. Ihr seid vorbildliche Eltern, mein Kompliment. Ihr könnt euch nicht vorwerfen, irgendetwas unterlassen zu haben, um mich an den Mann zu bringen.«

»Du weißt genau, dass es so nicht ist! All deine Bücher, in die du dich flüchtest, sind für dich ja weiter nichts als ein Ersatz für das wirkliche Leben. Kein Mensch erträgt es, allein zu sein. Wir werden eines Tages nicht mehr bei dir sein können, Imke. Einmal wirst du allein zurückbleiben. Alt, verbittert, mit der Welt hadernd, die dich um das Schönste betrogen hat, was es gibt: um die Liebe.«

Imke presste die weißen Zähne in die Unterlippe. Hätte sie die Ohren verschließen können, sie würde es getan haben.

So trotzig ihr Gesicht in diesem Augenblick auch aussah, es verriet der Mutter doch, wie sehr ihre Worte ins Schwarze getroffen hatten.

»Gib dir doch etwas mehr Mühe«, schlug sie deshalb einen versöhnlicheren Ton an. »Komm den jungen Männern doch ein wenig entgegen! Du schraubst deine Ansprüche zu hoch. Heutzutage gilt Sport nun einmal mehr als geistige Werte. Du darfst es ihnen nicht übelnehmen, wenn sie nicht lesen.«

Imke nickte bitter. »Ich verstehe. Ich soll mein wahres Wesen verleugnen, mich in eine Jägerin verwandeln und einen dieser Junggesellen mit List und Tücke einfangen und zum Standesamt schleppen. So wie es die anderen Mädchen tun – mit ihrem albernen Kichern, mit den schmachtenden Blicken und bewundernden Ausrufen.« Imke warf den Kopf trotzig in den Nacken. »So etwas mache ich nicht! Das ist mir einfach zu albern. Und wenn es nach mir ginge, dann würde ich heute Abend in meinem Zimmer bleiben und lesen. Diese Partys langweilen mich. Oder glaubt ihr, es sei angenehm, wie eine Ware mit kleinen Fehlern angeboten zu werden?«

»Aber Imke, so ist es doch nicht! Wir dachten nur ... wir meinten ...«

»Ich weiß, was ihr meint. Ihr meint es gut mit mir. Aber ich bin nun einmal anders, als ihr euch eure Tochter gewünscht habt. Ihr habt Pech gehabt mit mir. Schade, dass man Kinder nicht umtauschen kann, nicht wahr?«

»Du bist uns schon recht, wie du bist.«

Vater Georg nahm seine Tochter in den Arm, obwohl sich Imke gegen diese ungewohnte Zärtlichkeit sträubte.

Sie machte sich ganz steif, aber es half ihr nichts, Vater Georg gab sie nicht frei. Aus nächster Nähe schaute er in ihr Gesicht.

»Vergisst du ganz, dass wir dich liebhaben?«, fragte er ernst. »Und dass wir dich absolut nicht für einen Versager halten? Wir möchten nur, dass du so glücklich wirst, wie du es verdienst.«

Imke kniff die Augen zusammen, sonst hätte sie weinen müssen.

»Tut mir leid, dass ich eben so ungerecht war«, stieß sie erstickt hervor. »Ich weiß ja, dass ihr recht habt. Und ich möchte auch heiraten. Aber ... aber es muss ein Mann sein, der zu mir passt.«

Vater Georg strich ihr leicht über das schöne Haar.

»Du kannst ja warten, bis er kommt, der Mann deiner Träume. Wir wollen dich nicht drängen. Aber man muss dem Glück entgegenkommen. Wenn du dich in deinem Zimmer verkriechst, wirst du diesen Mann nie kennenlernen.«

»Auf euren Partys auch nicht. Aber ich werde mir Mühe geben, so zu sein, wie man es von mir erwartet. Also albern.«

Imke drehte sich um und ging in den Wohnraum, in dem Platz für eine Tanzfläche geschaffen worden war.

Georg Söbergs Villa war sehr geräumig und in jeder Beziehung großzügig eingerichtet. Er war ein erfolgreicher Unternehmer und verdiente Geld genug, um sich jeden Luxus leisten zu können.

Möchte ich eigentlich anders sein, als ich bin?, fragte sich Imke, als sie nach einer Zigarette griff und das Tischfeuerzeug aufflammen ließ.

Ihre ehrliche Antwort lautete Nein. Auch wenn sie so anders war als die übrigen Mädchen ihres Jahrgangs.

***

»Wollen wir nicht einmal tanzen?«

Der junge Mann, der neu in diesem Kreis war, lehnte sich gegen die Rücklehne des Sessels, in dem Imke Platz genommen hatte, und lächelte zu ihr hinab.

»Ich tanze nicht gut«, behauptete Imke, aber kaum ausgesprochen, tat ihr diese verkappte Ablehnung schon wieder leid.

Sie hatte sich vorgenommen, sich einmal so zu geben wie die anderen Mädchen, die ihre Eltern zu dieser Party eingeladen hatten.

»Sie tanzen nicht gut? Das glaube ich nicht. Kommen Sie, Fräulein Söberg!«

Dieter Holland griff einfach nach ihren Händen und zog sie hoch. Er war einen halben Kopf größer als sie und sah sehr gut aus.

Und er tanzte wie ein junger Gott! Imke machte sich wirklich nicht viel aus Tanzen, aber Dieter Holland brachte es fertig, sie so lässig und zugleich sicher zu führen, dass sich ihre Schritte wie von selbst anpassten.

»Ich habe gewusst, dass Sie schwindeln«, raunte Dieter Holland ihr ins Ohr. »Ich sehe es einer Frau an, ob sie tanzen kann oder nicht. Vielleicht fehlt Ihnen etwas Übung, das mag sein. Aber das Wichtigste haben Sie: Ihnen liegt die Musik im Blut.«

Imke wurde ein wenig rot bei diesem Kompliment. Es war so selten, dass ein gut aussehender junger Mann ihr etwas Nettes sagte.

Meistens übersah man sie, und wenn man sie zum Tanzen aufforderte, so erfüllte man meist eine Pflicht den Gastgebern gegenüber.

»Und jetzt habe ich Durst bekommen!«

Nach dem Foxtrott zog Dieter Holland ihren Arm unter seinen und führte sie zu dem Tisch, auf dem eine ganze Batterie Flaschen zur Selbstbedienung einlud.

Er goss einen Sektkelch voll und reichte ihn der Tochter des Hauses. Gesagt hatte er noch nichts wieder, aber sein Blick ließ Imke nicht los.

Imke spürte eine steigende Verwirrtheit, gegen die sie beim besten Willen nicht ankämpfen konnte. Dieser fremde Mann schaute sie nämlich an, als ob sie ihm gefiele. Etwas linkisch stand sie da, als sie das Sektglas leer getrunken hatte.

Dieter Holland nahm es ihr aus der Hand und stellte es auf den Tisch.

»Und jetzt tanzen wir wieder, nicht wahr?«, bat er. »Was befehlen Sie, Fräulein Söberg? Vielleicht einen langsamen Walzer?«, schlug er vor, als sie nicht gleich antwortete.

Er legte die Platte auf und zog Imke dann fest an sich.

»Eigentlich hatte ich gar keine Lust, heute Abend hierherzukommen«, sagte er dicht an ihrem Ohr, und sein warmer Atem streifte ihre Wange. »Ich mache mir nicht viel aus solchen Geselligkeiten. Meistens langweilt man sich ja doch nur. Man redet Nichtigkeiten, aber in Wirklichkeit wünscht man sich, allein zu sein.«

Mit seinem Lächeln schien er sie um Entschuldigung bitten zu wollen, als er nun fortfuhr: »Ich dürfte es Ihnen nicht sagen, schließlich sind Sie die Gastgeberin, aber ich bin auch noch nicht fertig. Jetzt freue ich mich nämlich, dass ich mitgekommen bin. Weil ich Sie kennengelernt habe. Sie sind so anders als der Durchschnitt, eine Persönlichkeit.«

Zögernd schlug sie die langbewimperten Lider auf und schaute genau in seine braunen Augen, die voller Zärtlichkeit auf sie blickten.

Die Röte auf Imkes Wangen vertiefte sich. Sie zweifelte nicht mehr daran, dass er seine Worte ernst meinte, denn welchen Grund sollte er schon haben, ihr leere Komplimente zu machen?

Sie tanzte noch oft mit Dieter Holland, und der Mann machte ihr noch viele hübsche Komplimente, die stets mehr waren als leere Schmeicheleien.

Ein paar Stunden später war es Imke, als würde sie Dieter Holland schon lange und sehr gut kennen. Keine Fremdheit war zwischen ihnen, sondern ein Verstehen, wie Imke es nie zuvor kennengelernt hatte.

Es war kurz nach Mitternacht, als Dieter Holland sagte: »Ich muss mich jetzt leider verabschieden, sonst finde ich morgen früh nicht aus dem Bett. Der Abschied fällt mir sehr schwer. Und nur Sie können ihn mir leicht machen, Imke.«

Im Lauf des Abends waren sie dazu übergegangen, einander beim Vornamen zu nennen. Dieter hatte es gewollt, und Imke war einverstanden gewesen.

»Was kann ich denn für Sie tun, Dieter?«, fragte sie. Sie sprach seinen Namen gern aus, und deshalb benutzte sie ihn auch recht oft.

»Sie brauchen nur Ja zu sagen.«

In der Diele umschloss Dieter Holland ihre Rechte mit seinen kräftigen, gebräunten Händen.

»Ja sagen, wenn ich Sie bitte, Sie recht bald wiedersehen zu dürfen. Morgen schon! Nein, ich muss heute sagen, denn Mitternacht ist ja schon vorbei. Sie dürfen mir keinen Korb geben. Darf ich Sie abholen?«

Er war der erste Mann, der Imke Söberg um ein Rendezvous bat, und das Herz des Mädchens schlug höher. Sie senkte den Kopf, aber sie konnte nicht verhindern, dass ein Lächeln ihre Lippen umspielte.

»Wenn Sie Zeit haben, Dieter, und wenn Sie nichts Besseres vorhaben ...«

»Ich könnte gar nichts Besseres vorhaben«, behauptete der junge Mann. »Passt Ihnen siebzehn Uhr? Wir könnten dann in der Stadt irgendwo Abendbrot essen und anschließend noch ein bisschen tanzen oder auch nur so zusammensitzen.«

»Ja ... ich werde fertig sein.«

Imkes Stimme schwankte. Sie ärgerte sich, dass sie sich nicht besser in der Gewalt hatte, aber zum ersten Mal ließ ihre Selbstbeherrschung sie ein wenig im Stich.

»Ich werde die Stunden zählen.«

Dieter Holland zog ihre Rechte einen Moment an seine Wange, dann ließ er sie schnell los, verneigte sich und stürmte hinaus.

Eine halbe Stunde später war der letzte Partygast gegangen. Prompt erschien Mutter Elisabeth. Sie war schon ausgezogen und hatte sich rasch einen Morgenrock umgeworfen, den sie im Gehen zuknöpfte.

»Wie das hier wieder aussieht! Als hätten die Wilden gehaust«, stellte sie mit einem Blick auf die Unordnung missbilligend fest. »Wie war es denn? Hast du dich auch ein bisschen amüsiert?«

Imke drehte ihr rasch den Rücken zu, denn sie wusste, dass ihre Mutter scharfe Augen hatte, denen so leicht nichts entging.

»Doch, es war sehr nett«, sagte sie möglichst gleichgültig.

Aber irgendwie gelang es ihr wohl doch nicht, die Mutter zu täuschen

»Nun erzähl ausführlich!«, bat Frau Elisabeth und ließ sich in einen Sessel fallen. »Gib mir noch etwas zu trinken, danach schläft man besser! Und dann setz dich auch, dein Herumgehen macht mich ganz nervös!«

»Es war so wie immer. Wir haben getanzt ... Es war ganz nett.«

Imke schob den Aschenbecher auf dem Tisch hin und her.

»Hast du eigentlich einen Herrn Holland eingeladen?«, fragte sie.

»Holland?«

Frau Elisabeth krauste beim Nachdenken die Stirn, glättete sie aber sofort wieder, als ihr einfiel, dass man davon leicht bleibende Falten bekommen konnte.

»Nein. Was ist mit dem?«

»Ach, weiter nichts. Ich kannte ihn nur nicht. Irgendjemand wird ihn wohl mitgebracht haben.«

»Was ist er?«

Immer die erste Frage der Eltern, schoss es Imke durch den Kopf. Was ist er, was hat er, wer sind seine Eltern? Als käme es darauf an!

»Ich weiß es nicht«, erwiderte sie herb. »Ich habe ihn nicht nach seinem Lebenslauf gefragt. Oder müssen unsere Gäste ihn schriftlich einreichen, bevor sie bei uns zugelassen werden?«

»Merkwürdig«, murmelte Frau Elisabeth. »Du bist so anders. Sag mal, hängt das etwa mit diesem Herrn Holland zusammen?«

»Unsinn! Ich bin genau wie immer. Wenn du gestattest, möchte ich mich hinlegen. Ich räume morgen früh auf.«

»Holland ... Ist er vielleicht mit der Firma Franke & Co. verwandt? Dieser Co. heißt, glaube ich, Holland oder so ähnlich. Die Firma soll ganz gut fundiert sein, wenn auch ...«

Welche Einschränkung ihre Mutter machen wollte, hörte Imke nicht mehr, denn sie flüchtete förmlich hinaus.

***

Dieter Holland fand sich am nächsten Abend mit einem Blumenstrauß bewaffnet bei den Söbergs ein.

Er war überhaupt nicht schüchtern oder befangen und machte auf Vater Georg einen ausgezeichneten Eindruck. Schon allein deshalb, weil Imke ihn so gern zu haben schien.

Ein Mann, der aus seiner spröden Tochter solch ein bezauberndes, aufgeschlossenes Mädchen gemacht hatte, musste ihm einfach sympathisch sein.

»Was meinst du, habe ich deinen Eltern gefallen?«, fragte Dieter, als Imke ihn nach dem Besuch hinausbegleitete. Er hatte seinen Arm leicht um ihre Schultern gelegt und zog sie nun an sich. »Es liegt mir nämlich schrecklich viel daran«, fuhr er fort. »Schließlich habe ich die Absicht, ihnen das Schönste fortzunehmen, was sie besitzen.«

»Du hast ihnen bestimmt gut gefallen.« Imke unterstützte ihre Behauptung durch ein bekräftigendes Kopfnicken. »Ich habe es Vater deutlich angemerkt, und es ist auch herrlich, dass ihr zufällig aus der gleichen Branche stammt. Das war nämlich immer Vaters größte Sorge, wer einmal seine Nachfolge antritt.«

»Ja, wirklich ein Zufall. Als ich Hubert begleitete, hatte ich keine Ahnung, dass du die Tochter von Georg Söberg bist. Natürlich kannte ich den Namen, aber so selten ist er ja nun auch wieder nicht.« Er schloss Imke fest in die Arme und küsste sie. »Schade, dass wir nicht allein sind«, raunte er ihr ins Ohr. »Morgen Abend kommst du wieder zu mir, nicht wahr?«

»Ja, Dieter.«

»Was für ein Wunder, dass wir uns gefunden haben!« Der Mann legte seine Hände um ihr Gesicht. »Ich bin unendlich glücklich, dass es dich gibt.«

»Und ich habe mir nie vorstellen können, dass das Leben so schön sein kann. Und diese Erkenntnis verdanke ich allein dir.«

»Sonst wäre ein anderer gekommen, der dich erweckt hätte«, sagte Dieter. »Ich verstehe sowieso nicht, dass du ... dass du auf mich gewartet hast. Ein Mädchen mit so viel Charme, mit so viel Anziehungskraft.«

Errötend schmiegte Imke ihren Kopf an seine Brust.

»Und ich schäme mich gar nicht, dass ich dich – besuchte. Ich, ein ehrbares Mädchen, gehe in die Wohnung eines Junggesellen! Aber wüsste ich nicht, dass du mich liebst, Dieter, ich wäre nie zu dir gekommen.«

»Imke«, flüsterte der Mann und presste sie fest an sich. »Du musst jetzt wieder zu deinen Eltern zurück. Was meinst du, ob wir bald heiraten können? Ich möchte dich immer bei mir haben. Ich möchte, dass du abends auf mich wartest, wenn ich nach Hause komme.«

»Meinst du, mir würde es anders ergehen?«, fragte Imke innig. »Wir können heiraten, wann du willst.«

»Und deine Eltern?«

»Werden sich freuen. Aber jetzt muss ich wirklich zurück, sonst kommen die noch auf wer weiß was für Gedanken.«

»Sie werden sich schon das Richtige denken. Dass uns der Abschied nämlich schwerfällt, weil wir uns am liebsten immerzu küssen möchten.«

Dieter gab ihr einen letzten Kuss, dann ging er eilig hinaus.

Ein glückliches Lächeln im Gesicht, schaute Imke ihm nach. Und dieses glückliche Lächeln lag noch auf ihren Zügen, als sie kurz darauf ins Wohnzimmer zurückkehrte.

»Nun, hat er euch gefallen?«, fragte sie.