Lore-Roman 148 - Ina Ritter - E-Book

Lore-Roman 148 E-Book

Ina Ritter

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Beschreibung

Elisabeth Gohden ist die Tochter von Senator Gohden, dem Besitzer der gleichnamigen großen Fabrikwerke in Hamburg. Schön und vor allem reich ist Elisabeth und müsste eigentlich nicht arbeiten, und doch gefällt der tüchtigen junge Frau die Stellung als Vorzimmerdame ihres Vaters. Seit Neuestem liegt ein Strahlen in ihren Augen, und ihre sonst so geschäftige Miene ist weich geworden. Denn Elisabeth liebt und wird zurückgeliebt. Der kleine Ingenieur Wolf Uttingen hat ihr Herz im Sturm erobert. Als der bei Senator Gohden um Elisabeths Hand anhält, geht jedoch alles gehörig schief. Der Alte erklärt die beiden jungen Leute für verrückt! Nie im Leben erteile er ihnen seinen Segen.
Während Wolf allen Erwartungen zum Trotz befördert wird, soll Elisabeth für eine Weile in Amerika Verwandte besuchen, um den Liebsten zu vergessen. In ihrer Abwesenheit arbeitet Wolf noch verbissener, um Gohden zu beweisen, dass er ein würdiger Schwiegersohn ist. Doch dann explodiert eine Maschine. Wolf überlebt schwer verletzt, aber er ist blind. Als er im Krankenhaus liegt und an Elisabeth denkt, weiß er, dass er sie vergessen muss. Er weiß, dass sie ihn pflegen würde, einen Mann ohne Augenlicht, mit schrecklichen Narben, einen Menschen, der für jeden nur eine Last ist. Du darfst diese Frau nicht mehr lieben!, hämmert es in seinem Gehirn ...

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Inhalt

Cover

Diese Frau darfst du nicht lieben

Vorschau

Impressum

Diese Frau darfst du nicht lieben

Der packende Roman einer großen Liebe

Von Ina Ritter

Elisabeth Gohden ist die Tochter von Senator Gohden, dem Besitzer der gleichnamigen großen Fabrikwerke in Hamburg. Schön und vor allem reich ist Elisabeth und müsste eigentlich nicht arbeiten, und doch gefällt der tüchtigen junge Frau die Stellung als Vorzimmerdame ihres Vaters. Seit Neuestem liegt ein Strahlen in ihren Augen, und ihre sonst so geschäftige Miene ist weich geworden. Denn Elisabeth liebt und wird zurückgeliebt. Der kleine Ingenieur Wolf Uttingen hat ihr Herz im Sturm erobert. Als der bei Senator Gohden um Elisabeths Hand anhält, geht jedoch alles gehörig schief. Der Alte erklärt die beiden jungen Leute für verrückt! Nie im Leben erteile er ihnen seinen Segen.

Während Wolf allen Erwartungen zum Trotz befördert wird, soll Elisabeth für eine Weile in Amerika Verwandte besuchen, um den Liebsten zu vergessen. In ihrer Abwesenheit arbeitet Wolf noch verbissener, um Gohden zu beweisen, dass er ein würdiger Schwiegersohn ist. Doch dann explodiert eine Maschine. Wolf überlebt schwer verletzt, aber er ist blind ...

Agnes Gräfin von Landau bot ihrem Besucher einen Platz an. Der Diener hatte den Mann als Notar aus Hamburg angemeldet.

»Was kann ich für Sie tun, Doktor Neumann?«

Der Notar, in feierliches Schwarz gekleidet, öffnete umständlich seine Aktentasche und zog ein Bündel Papiere heraus.

»Sie haben wahrscheinlich schon gehört, dass Ihr Nachbar, Graf Uttingen, vor einigen Wochen das Zeitliche gesegnet hat?«

»Was soll ich mit dem alten Uttingen zu tun haben?«, fragte Gräfin Agnes verwundert. »Er war ein einsamer Sonderling, ich hatte ihn jahrelang nicht zu Gesicht bekommen.«

Dr. Neumann verzog seine lederartige Gesichtshaut zu einem säuerlichen Lächeln.

»Das erschwert meine Aufgabe ungeheuer. Ich bin vom Nachlassgericht beauftragt, die Erbschaftsangelegenheiten zu regeln. Es ist mir aber bisher nicht gelungen, irgendwelche lebenden Verwandten des Grafen festzustellen. Ich dachte, dass Sie als Nachbarin vielleicht etwas wissen.«

»Es tut mir leid, Doktor Neumann, aber ich kann Ihnen in keiner Weise helfen. Wie gesagt, Graf Uttingen lebte sehr zurückgezogen.«

Der Notar hüstelte trocken.

»Ich habe schon das Personal des Grafen befragt. Eine alte Bedienstete wollte etwas von einem entfernten Verwandten wissen. An Einzelheiten erinnerte sie sich leider auch nicht. Ich muss diesen Mann unbedingt finden. Schließlich warten mehr als zwanzig Millionen auf ihn.«

Die Gräfin stieß einen verwunderten Laut aus. Der alte Uttingen war als Geizhals bekannt. Dieser Reichtum überraschte sie.

Dr. Neumann raffte missmutig seine Papiere wieder zusammen, verstaute sie in der Aktentasche und erhob sich.

»Ich danke Ihnen, Frau Gräfin.«

Mit steifen Schritten ging er zur Tür, verneigte sich noch einmal und ging hinaus.

Gräfin Agnes saß gedankenverloren im Sessel. Das Nachbargut war also nun verwaist. Ob der Verwalter imstande war, alle notwendigen Arbeiten ohne Aufsicht durchzuführen?

Dunkel erinnerte sich auch die Gräfin jetzt an einen Skandal, der sich vor etwa fünfzig Jahren einmal auf Gut Uttingen zugetragen hatte. Der Bruder des damaligen Erben war ein schwarzes Schaf gewesen, der das Gut verlassen musste.

Inzwischen war viel Gras über diese Geschichte gewachsen. Immerhin, wenn der damalige Graf geheiratet hatte, und dieser Ehe Kinder entsprossen waren, dann ...

Gräfin Agnes lachte leise. In was für Gedanken verlor sie sich nur. Im Geiste sah sie schon einen heruntergekommenen Mann als Erben auf Gut Uttingen wirtschaften.

***

»Sie haben sich heute Morgen ja so fein gemacht, Herr Uttingen«, wunderte sich Frau Mischke, als sie ihrem Untermieter auf dem kleinen Flur der Wohnung begegnete. »Wollen Sie heute nicht in die Fabrik?«

»Doch. Drücken Sie mir die Daumen, dass ich Glück habe, Frau Mischke. Heute kann ich es gebrauchen.«

Wolf Uttingen lächelte der Wirtin zu, stülpte den Hut verwegen schief auf den blonden Schopf und lief, drei Stufen auf einmal nehmend, die alte Holztreppe hinab.

Er bewohnte nur ein kleines, schäbiges Zimmer in Stellingen, aber es war groß genug für seine Idee. Und diese Idee trug er nun, säuberlich aufgezeichnet, in seiner Aktenmappe.

Der Pförtner der Gohdenwerke schmunzelte, als der junge Ingenieur das Tor passierte.

»Ham'se im Lotto gewonnen, Herr Uttingen?«, fragte er in einem Anflug von Vertraulichkeit.

»Ich habe etwas Besseres als einen Lottogewinn«, rief Wolf ihm lachend zu und schwenkte übermütig seine Tasche.

»Sagen Sie mal, schlafen Sie eigentlich mit offenen Augen, Hollmann?«, erkundigte sich eine unangenehm scharfe, schnarrende Stimme.

Der Pförtner schreckte zusammen. Er hatte den schweren Wagen tatsächlich nicht gesehen, der draußen vor dem geschlossenen Fabriktor wartete.

»Verzeihung, Herr Direktor, ich komme ja schon.« Er humpelte eilig hinaus.

Direktor Hedenbeck schaute starr an ihm vorbei. Menschen wie der Pförtner existierten für ihn nicht, und er richtete nur das Wort an sie, um irgendetwas zu befehlen.

»Alter Affe«, knurrte Hollmann.

Wolf hatte unterdessen seine Abteilung erreicht. Er begrüßte die Arbeiter und den Werkmeister mit fröhlichem Zuruf, warf seine Aktenmappe auf den Tisch und zog seinen alten Trenchcoat aus.

»Was liegt heute an?«, fragte er den Meister, einen alten, erfahrenen Mann, der dennoch voller Respekt vor Wolf stehen geblieben war.

»Der übliche Kram. Sie sehen so vergnügt aus, Herr Uttingen. War es gestern Abend nett mit dem Fräulein Braut?« Er zwinkerte dem Ingenieur vertraulich zu.

»So weit habe ich es noch nicht gebracht. Und nun müsst ihr ein paar Stunden ohne mich fertigwerden, ich habe nämlich etwas Wichtiges vor.«

Der Werkmeister hätte gern gefragt, worum es ging, aber das mochte er dann doch nicht tun. Immerhin schaute er dem jungen Mann nach, als der die Aktenmappe unter den Arm klemmte, ein paar Takte eines Schlagers pfiff und dann hinausging.

Wolf lächelte auf dem Weg ins Direktionsbüro einer Sekretärin zu, die über und über rot wurde und die Augen verwirrt niederschlug.

Wolf ahnte nichts von dem Aufruhr, den sein fröhliches Lächeln in ihrem Herzen angerichtet hatte. Heute lächelte er jedem Menschen zu, denn er war in einer Stimmung, in der er am liebsten die ganze Welt umarmt hätte.

Wolf bemühte sich um eine angemessen ernste Miene, als er kurz an die Tür des Chefvorzimmers klopfte und eintrat.

Er war hier noch nicht gewesen, denn ein kleiner Ingenieur wie er hatte sich nur an seinen Abteilungsleiter zu wenden. Der Chef schwebte wie ein Gott unerreichbar über den Wolken, man wusste zwar, dass es ihn gab, bekam ihn aber praktisch nicht zu Gesicht.

Hinter dem Schreibtisch saß die Vorzimmerdame.

»Sie wünschen?«, erkundigte sich die junge Dame mit sehr kühler und spröder Stimme. Sie musterte Wolf ungeniert von oben bis unten, und sein Lächeln fand auf ihrem Gesicht keine Antwort.

»Ich möchte den Chef sprechen. Uttingen ist mein Name. Ich bin Ingenieur in der Abteilung römisch vier«, setzte Wolf noch schmunzelnd hinzu.

Die junge Dame starrte ihn an wie ein seltenes Tier.

»Sind Sie angemeldet?«, fragte sie knapp und unpersönlich.

»Nein. Aber der Chef wird mich bestimmt vorlassen, melden Sie mich nur. Und sagen Sie ihm, ich brächte ihm ein paar hunderttausend Mark mit.«

»Wie nett von Ihnen. Hoffentlich vergisst der Chef nicht, sich dafür zu bedanken. Leider ist er in einer wichtigen Konferenz. Bringen Sie Ihr Anliegen schriftlich vor. Sie erhalten dann Bescheid, wann mein ... wann Herr Gohden bereit ist, Sie zu empfangen.«

Eine kleine Kratzbürste, dachte Wolf.

»Mein liebes Fräulein, der Chef wird es Ihnen nie verzeihen, wenn Sie mich jetzt hier abweisen. Ich habe ihm eine Erfindung anzubieten.«

»Interessant«, äußerte die junge Dame mit spürbarem Mangel an Begeisterung. »Sie können die Unterlagen ja hierlassen.«

Unwillkürlich packte Wolf seine Aktenmappe mit beiden Händen, als befürchte er, jemand wolle sie ihm mit Gewalt entreißen.

»Das kommt überhaupt nicht infrage«, erklärte er. »Es handelt sich um eine betriebliche Verbesserung, durch die Herr Gohden ungeheuer viel Geld einsparen kann. Ich muss ihm meine Idee selbst vortragen.«

»Ich fürchte ...«

Was die junge Dame fürchtete, erfuhr Wolf nicht, denn die Tür vom Flur her wurde geöffnet. Ein Mann trat ein, der Wolf auf den ersten Blick unsympathisch war. Er kannte ihn nur vom Sehen; denn auch Direktor Medenbech schwebte als kaufmännischer Direktor unerreichbar über dem Betrieb.

»Herr Gohden da?«, fragte Medenbech mit einer Kopfbewegung auf die gepolsterte Tür.

»Ja. Er frühstückt gerade.«

»Der Chef frühstückt, und Sie lassen mich hier stehen!« Wolf schlug mit der Hand auf den Tisch. »Das ist empörend!«

»Was will der Mann?«, fragte Medenbech die Sekretärin mit schnarrender Stimme.

»Dem Chef irgendeine Erfindung anbieten.« Die Vorzimmerdame zuckte die Schultern. »Natürlich eine ungeheuer bedeutende Erfindung, ohne die wir bald Konkurs machen müssten.«

»Sie sprechen, wie Sie es verstehen«, schnob Wolf empört. »Ihre Fähigkeit, die richtigen Knöpfe auf dem Schreibtisch zu drücken, berechtigt Sie noch lange nicht, über meine Arbeit zu urteilen. Ich verlange, dass Sie mich dem Chef melden.«

»Sagen Sie mal, wie sprechen Sie eigentlich mit Fräulein Gohden?« Dr. Medenbech stemmte beide Hände lässig in die Hüften und schaute Wolf geringschätzig an. »Die junge Dame ist Senator Gohdens Tochter. Es wird Zeit, dass Sie sich für Ihr ungehöriges Benehmen entschuldigen, junger Mann. Melden Sie sich nachher. Ich werde Ihre Personalakten anfordern und einmal sehen, wer Sie eigentlich sind.«

»Das kann ich Ihnen auch so sagen: Ingenieur Wolf Uttingen.«

»Abteilung römisch vier«, warf Fräulein Gohden ironisch ein. »Müssen wir nun alle einen Hofknicks machen, oder was stellen Sie sich so vor? Es ist bei uns nicht üblich, dass jeder den Chef sprechen kann. Die Zeit meines Vaters ist kostbar.«

»Selbstverständlich, er muss frühstücken«, erinnerte Wolf gereizt. »Ich gehe jetzt zu ihm!«

Bevor Fräulein Gohden oder Direktor Medenbech noch etwas tun oder sagen konnten, riss Wolf die Tür zum Chefbüro auf.

Senator Gohden saß so, dass er ihm den Rücken zukehrte. Er war ein schlanker, breitschultriger Mann mit dichtem, grauem Haar.

»Wolltest du mir frischen Kaffee bringen?«, fragte er, ohne sich umzudrehen. Hoffentlich hast du ihn etwas stärker gekocht. Ich finde nämlich ...« Beim Sprechen drehte er sich um, und auf seiner gebräunten Stirn erschienen ein paar tiefe Querfalten. »Was wollen Sie denn hier?«, fragte er unwirsch.

»Ich muss Sie sprechen, Herr Senator.« Wolf nannte seinen Namen und warf die gepolsterte Tür ins Schloss. Wie zufällig hatte er die Linke auf dem Rücken. Er hielt die Klinke eisern hoch.

Der Industrielle stand auf, sein energisches Kinn vorgestreckt.

»Fassen Sie sich kurz, mein Lieber«, befahl er barsch.

Wolf begann zu sprechen, die Linke immer noch hinter dem Rücken. Schweiß rann über seine Stirn, denn auf der anderen Seite der Tür drückte jemand mit aller Kraft dagegen.

Senator Gohden schien interessiert. Er hatte den Ingenieur mit keinem Wort unterbrochen.

»Zeigen Sie mir Ihre Unterlagen«, befahl er, als Wolf schließlich schwieg.

Der junge Mann holte tief Luft. Er wusste, dass er gewonnen hatte, denn seine Zeichnungen waren in Ordnung und würden den Mann überzeugen, dass er nicht gesponnen hatte.

Als Wolf die Klinke losließ und auf den riesigen Schreibtisch zutrat, flog die Tür mit einem Ruck hinter ihm auf.

Direktor Medenbech fiel fast in den Raum, so überraschend kam für ihn das Nachlassen des Gegendrucks an der Klinke.

Sein Gesicht war von der Anstrengung gerötet, er war grenzenlos empört.

»Herr Senator, dieser unverschämte Kerl ...«

»Schon gut, Doktor. Lassen Sie mich bitte, noch einen Moment allein. Oder, noch besser, nehmen Sie Platz und hören Sie sich an, was unser junger Freund hier vorzuweisen hat. Und du, Elisabeth, könntest mir unterdessen eine Kanne Kaffee kochen. Recht stark, bitte.«

Wolf konnte nicht anders, er musste einfach in das verdutzte Gesicht der jungen Dame hineinlächeln. Es verschlug ihr offenbar die Sprache, dass er es nicht nur geschafft hatte, bis zu ihrem Vater vorzudringen, sondern dass der Mann sogar bereit war, ihn anzuhören.

Wenn Blicke töten könnten, Wolf wäre jetzt wenigstens schwer verwundet gewesen. Die junge Dame zog die gepolsterte Tür mit hartem Ruck ins Schloss. Sie fühlte sich blamiert und war heimlich wütend auf ihren Vater, der diesen Frechling nicht auf der Stelle hinausgeworfen hatte.

Sie ahnte nicht, dass Senator Gohden sich gerade durch das unbeirrbare Zielbewusstsein des jungen Ingenieurs so stark angesprochen fühlte.

»Rauchen Sie?« Er bot zuerst Wolf, dann Direktor Medenbech die Kiste mit Zigarren an. Wolf lehnte ab, er bevorzugte Zigaretten, wenn er nicht gar aus Sparsamkeitsgründen Pfeife rauchte.

Medenbech war stehen geblieben und fixierte Wolf von der Seite. Was er sah, gefiel ihm ganz und gar nicht.

Wolf war ein frischer, sportlicher Typ, strahlte Energie und Selbstvertrauen aus, und zu allem Überfluss lächelte er auch noch.

Medenbech hätte ihn am liebsten auf der Stelle hinausgeworfen. Er kam sich blamiert vor, und ein Mann in seiner Stellung hatte es schließlich nicht nötig, sich so etwas von einem kleinen Ingenieur bieten zu lassen.

Wolf breitete seine Zeichnungen auf dem riesigen Schreibtisch des Chefs aus und erläuterte sachlich klar die notwendigen Einzelheiten.

Senator Gohden unterbrach ihn nicht. Seinem unbewegten Pokergesicht war keine Seelenregung anzusehen.

Auch als Wolf seinen Vortrag zu Ende gebracht hatte, ergriff er nicht das Wort. Er zog nur etwas hastiger an seiner Zigarre. Für Leute, die ihn kannten, war es ein untrügliches Zeichen seines Interesses.

»Alles Unsinn!«, knurrte Medenbech. Das Schweigen des Chefs gab ihm wieder Oberwasser. »Ich werde veranlassen, dass dieser junge Mann seine Papiere bekommt.«

Senator Gohden hob den Kopf und schaute seinen kaufmännischen Direktor verwundert an.

»Seine Papiere können Sie gern heraussuchen lassen«, meinte er mit freundlicher Ironie, »denn wir werden den jungen Mann wohl befördern müssen. Ihre Idee gefällt mir, Herr ... wie war doch Ihr Name?«

»Uttingen.« Wolf strahlte. Natürlich hatte er mit einem Erfolg seiner Arbeit gerechnet, aber zwischen Hoffnung und Wirklichkeit besteht doch noch ein ganz erheblicher Unterschied.

»Nehmen Sie Platz.« Gohden wies einladend auf seinen Sessel, ging um seinen Schreibtisch herum und nahm gleichfalls am Rauchtisch Platz.

Als Elisabeth Gohden ein paar Minuten später mit der Kaffeekanne eintrat, blieb sie wie erstarrt stehen. Ihr Vater und dieser freche junge Mann redeten miteinander, als seien sie die besten Freunde. Ja, der allmächtige Senator ließ es sich sogar gefallen, dass Uttingen ihm ins Wort fiel.

Der junge Mann hatte ein starkes Temperament, und manchmal ging es einfach mit ihm durch.

»Bring noch zwei Tassen mehr. Sie haben doch Zeit, Herr Uttingen, nicht wahr?«

»Wenn ich vielleicht einmal mit meiner Abteilung telefonieren dürfte ...« Wolf lächelte etwas verlegen. »Nicht, dass ich mich für unentbehrlich halte, aber es könnten ja inzwischen irgendwelche Fragen aufgetaucht sein, die der Werkmeister allein nicht entscheiden mag.«

»Wie pflichteifrig«, höhnte Veit Medenbech. »Er spielt uns den perfekten Angestellten vor.«

Senator Gohden war erstaunt. Weshalb griff Dr. Medenbech den jungen Ingenieur in dieser verletzenden Form an? Sonst war er doch ein kühler, besonnener Mann, der sein Temperament beherrschte — wenn er überhaupt Temperament hat, schränkte Gohden in Gedanken ein.

»Haben Sie heute Abend etwas vor?«, fragte Senator Gohden, als Elisabeth das benutzte Geschirr auf dem Tablett zusammenräumte, um es hinauszutragen. »Ich würde Sie nämlich sonst bitten, uns heute Abend zu besuchen. Wir können bei mir zu Hause gemütlicher plaudern, und meine Tochter wird sich auch freuen, einen so fähigen Mann wie Sie näher kennenzulernen.«

Elisabeth Gohdens Gesicht sah nach allem anderen aus, nur nicht nach dieser angekündigten Freude.

Wolf schmunzelte. »Darf ich Sie jetzt um Entschuldigung bitten, gnädiges Fräulein?«, fragte er und erhob sich. »Ich hoffe, Sie sind mir nicht mehr lange böse, dass ich in die durch Sie so gut verteidigte Festung eingedrungen bin. Es blieb mir ja nichts anderes übrig.«

Etwas in der Art, wie er sie beim Sprechen anschaute, ließ Elisabeths Herz höherschlagen. Sie wusste im ersten Moment nicht, was sie erwidern sollte, dann siegte ihre Vernunft.

Sie streckte Wolf Uttingen herzlich die Rechte entgegen.

»Ich freue mich, dass mein Vater Ihnen und mir nicht böse ist«, versicherte sie lächelnd. »Er kann nämlich manchmal ganz schön streng sein, wenn ihm etwas nicht passt.«

Senator Gohden schmunzelte. Es stimmte schon, er konnte streng sein, aber nicht seiner reizenden Tochter gegenüber.

»Abgemacht, wir erwarten Sie dann heute Abend gegen zwanzig Uhr bei uns. Ganz unfeierlich, bitte. Kein schwarzer Anzug oder so etwas.«

Wolf war es, als habe er einen Orden verliehen bekommen. Er wusste, was diese Einladung bedeutete. Stolz schlug sein Herz, als er sich verabschiedete und wieder durch die langen, peinlich sauberen Korridore des Bürohauses ging.

Ob Fräulein Gohden mir tatsächlich nicht mehr böse ist?, fragte sich Wolf, als er die breite, lichtüberflutete Treppe hinabging.

Ein hübsches Mädchen, eine kleine Kratzbürste, schließlich tat sie ja wohl nur ihre Pflicht, als sie mich nicht vorlassen wollte.

Als er über den Fabrikhof schlenderte, blieb er einmal stehen und wandte kurz den Kopf. Sein Blick flog über die Fensterreihen im dritten Stock des Bürohauses. Er sah gerade noch, wie ein blonder Kopf vom Fenster verschwand.

Ein seltsam weiches Lächeln legte sich über Wolfs hartes, männliches Gesicht. Sie hat mir nachgeschaut, dachte er. Verwunderlich, dass diese kleine weibliche Geste ihm so wohltat. Man schaute doch nur einem Menschen nach, für den man sich interessiert.

***

Es zuckte in Senator Gohdens Augen belustigt auf, als seine Tochter sich nach dem Abendessen noch einmal umzog. Das alles für diesen kleinen, unbedeutenden Ingenieur, dachte er nachsichtig.

»Schon fertig?«, fragte er mit gutmütigem Spott, als seine Tochter wieder ins Zimmer trat.

Elisabeth war sehr schlagfertig, aber jetzt fiel ihr einfach keine witzige Antwort ein. Sie wurde nur ein wenig rot.

»Dieser junge Mann gefällt dir wohl?«, fragte Gernot Gohden lächelnd. »Ein Typ, wie du ihn sonst selten kennenlernst. Ich habe mir seine Personalien kommen lassen. Er stammt aus kleinen Verhältnissen, hat sich sein Studium als Werkstudent schwer erarbeitet, und Nachteiliges über ihn ist jedenfalls bei der Polizei nicht bekannt.«

»Er wird es sicherlich noch einmal weit bringen«, meinte Elisabeth versonnen.

»Kaum. Er mag einmal etwas mehr Geld verdienen, sicher, eine Erfindung ist schon einiges wert, aber Geld in dem Sinne, in dem wir davon sprechen, wird er kaum jemals besitzen. Für ihn sind ein paar tausend Mark schon ein Vermögen.«

»Kommt es denn so sehr auf Geld an?«, fragte Elisabeth.

»Ja, mein Kind. Du weißt es doch genau, seitdem du freundlicherweise Privatsekretärin bei mir spielst. Man beurteilt die Menschen nun einmal nach ihrem Vermögen. Und deshalb rate ich dir auch, dich nicht in den jungen Uttingen zu verlieben. Es hat keinen Zweck.«

»Ideen hast du manchmal ...«, brachte Elisabeth hervor, und sie lehnte sich weiter im Sessel zurück, um ihr Gesicht vor den spöttischen Augen des Vaters zu verbergen. Sie war nämlich schon wieder ein wenig rot geworden.

Die kostbare Uhr auf dem Kaminsims begann in diesem Augenblick zu schlagen, und gleichzeitig öffnete der Diener die Tür, um Herrn Uttingen anzumelden.

»Führen Sie ihn herein.« Gohden erhob sich, um dem Besucher entgegenzugehen.

Elisabeth hatte die schlanken Finger im Schoß verschlungen und bemühte sich, recht gleichmütig auszusehen.

Wolf sah in seinem neuen Anzug, den er sich schnell noch gekauft hatte, bestechend elegant aus. Wieder einmal bekam Elisabeth den Eindruck unbändiger Energie, die in ihm brannte.

Wolf beugte sich tief über ihre Rechte. Sein Kopf war dicht vor Elisabeths Gesicht, und einen Moment musste sie gegen den verrückten Wunsch ankämpfen, mit der Linken schnell über sein blondes, leichtgewelltes Haar zu fahren. Den Wunsch hatte sie noch bei keinem anderen Mann verspürt.

»Was möchten Sie trinken?«, fragte Senator Gohden aufgeräumt.

Wolf stand noch immer vor Elisabeth, schaute sie an, und er überhörte ganz die Frage des Hausherrn.