LYING  GAME - Weg bist du noch lange nicht - Sara Shepard - E-Book
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LYING GAME - Weg bist du noch lange nicht E-Book

Sara Shepard

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Beschreibung

Sie sucht den Mörder ihrer Zwillingsschwester ...

»Sutton ist tot. Sag es niemandem. Spiel weiter mit … Oder du bist als Nächste dran.« Emma Paxton hat das Leben ihrer toten Zwillingsschwester Sutton übernommen. Sie will herausfinden, wer Sutton ermordet hat. Allein der Mörder kennt ihr Geheimnis – schon einmal ist Emma knapp einem Mordanschlag entkommen. Verdächtige: Suttons Freunde, Suttons Schwester, die halbe Welt. Auf der Suche nach der Wahrheit stößt Emma immer wieder auf die dunkle Vergangenheit ihrer Schwester. Was hat es mit dem mysteriösen LYING GAME auf sich? Bei welchem bösen Spiel ist Sutton zu weit gegangen? Emma vertraut niemandem außer Ethan – dem Jungen, der ihr Geheimnis längst durchschaut hat …

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Seitenzahl: 346

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Sara Shepard ● Lying Game

Foto: © Daniel Snyder

DIE AUTORIN

Sara Shepard hat an der New York University studiert und am Brooklyn College ihren Magisterabschluss im Fach Kreatives Schreiben gemacht. Sie wuchs in einem Vorort von Philadelphia auf, wo sie auch heute lebt. Ihre Jugend dort hat die »Pretty Little Liars«-Serie inspiriert, die in 22 Länder verkauft wurde und die, ebenso wie ihre neue Reihe »Lying Game«, zum New-York- Times-Bestseller wurde. Inzwischen werden »Pretty Little Liars« und »Lying Game« mit großem Erfolg als TV-Serien bei ABC ausgestrahlt.

Von der Autorin sind außerdem bei cbt erschienen:

Pretty Little Liars – Unschuldig

(30652, Band 1)

Pretty Little Liars – Makellos

(30563, Band 2)

Pretty Little Liars – Vollkommen

(30654, Band 3)

Pretty Little Liars – Unvergleichlich

(30656, Band 4)

Pretty Little Liars – Teuflisch

(30774, Band 5)

Pretty Litte Liars – Mörderisch

(30775, Band 6)

Pretty Little Liars – Herzlos

(30776, Band 7)

Pretty Little Liars – Vogelfrei

(30777, Band 8)

Lying Game – Und raus bist du

(30800, Band 1)

Sara Shepard

Weg bist du noch lange nicht

Aus dem Amerikanischen

von Violeta Topalova

cbt ist der Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House

1. Auflage

Erstmals als cbt Taschenbuch Januar 2013

Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform

© 2011 by Alloy Entertainment and Sara Shepard

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Never have I ever. A Lying Game novel« bei Harper Teen,

an imprint of Harper Collins Publishers, New York.

Published by arrangement with Rights People, London

© 2013 für die deutschsprachige Ausgabe cbt Verlag in der

Verlagsgruppe Random House GmbH, München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Übersetzung: Violeta Topalova

Lektorat: Ulrike Hauswaldt

Umschlaggestaltung: *zeichenpool, München

Umschlagfoto: © Gustavo Marx/Mergeleft Reps, INC.

he · Herstellung: kw

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

ISBN: 978-3-641-08168-3

www.cbt-jugendbuch.de

Die reine und schlichte Wahrheit

ist selten rein und niemals schlicht.

Oscar Wilde

Prolog

Das Leben nach dem Tod

Wenn man tot ist, fehlen einem hauptsächlich die Kleinigkeiten. Das Gefühl, sich ins Bett legen zu dürfen, wenn man todmüde ist, der frische Duft der Luft von Arizona nach einem Sturm in der Regenzeit, die Schmetterlinge, die in deinem Bauch aufflattern, wenn du deinen Schwarm auf dem Schulflur siehst. Mein Mörder hatte mir all das kurz vor meinem achtzehnten Geburtstag genommen.

Und wie das Schicksal es wollte – unterstützt durch eine Drohung meines Mörders –, trat kurz danach meine verschollene Zwillingsschwester Emma Paxton in mein Leben.

Als ich vor zwei Wochen starb, tauchte ich in Emmas Welt wieder auf, einer Welt, die sich von meiner grundlegend unterschied.

Nachdem ich meinen letzten Atemzug getan hatte, sah ich, was Emma sah, ging überall dorthin, wo auch sie hinging … und beobachtete. Ich beobachtete, wie Emma über Facebook mit mir Kontakt aufnahm und von einer Person, die sich für mich ausgab, zu mir nach Hause eingeladen wurde. Ich beobachtete, wie Emma von zaghafter Hoffnung erfüllt nach Tucson reiste, um mich zu treffen. Ich sah, wie meine Freundinnen Emma – die sie für mich hielten – einen Sack über den Kopf stülpten und auf eine Party mitschleppten. Ich stand neben ihr, als sie den Brief bekam, in dem mein Mörder sie darüber informierte, dass ich tot war, und ihr gleichzeitig androhte, sie ebenfalls zu töten, wenn sie irgendjemand erzählte, wer sie wirklich war.

Auch heute beobachte ich, wie Emma mein dünnes, weißes Lieblings-T-Shirt anzieht und mein schimmerndes Rouge auf ihren hohen Wangenknochen verteilt. Stumm sehe ich zu, wie sie in die Skinny-Jeans schlüpft, in denen ich früher meine Wochenenden verbracht habe, und in meiner Schmuckschatulle aus Kirschholz nach meinem Lieblingsanhänger sucht, einem silbernen Medaillon, das jeden Sonnenstrahl, den es einfängt, wie ein Prisma bricht und regenbogenfarben an die Wand wirft. Und ich schaue Emma schweigend über die Schulter, als sie eine SMS schickt und damit bestätigt, dass sie sich gleich mit meinen besten Freundinnen Charlotte und Madeline zum Brunch treffen wird, obwohl ich nicht denselben Wortlaut verwendet hätte. Davon einmal abgesehen stellt Emma mich sehr überzeugend dar – fast niemand hat bisher gemerkt, dass sie nicht ich ist.

Emma legt mit verunsicherter Miene mein Handy zur Seite. »Wo bist du, Sutton?«, flüstert sie nervös, als könne sie mich in ihrer Nähe spüren.

Ich würde ihr so gerne eine Botschaft aus dem Jenseits schicken: Ich bin hier. Und so bin ich gestorben. Aber leider haben sich mit meinem Körper auch meine Erinnerungen in die ewigen Jagdgründe verabschiedet und nur gelegentlich taucht ein Fragment meines Lebens vor meinem inneren Auge auf. Viel weiß ich nicht darüber, wer ich war, und wie ich gestorben bin, ist für mich genauso rätselhaft wie für Emma. Aber ich spüre in meinem Herzen – in meinen Knochen –, dass mich jemand ermordet hat. Und dieser Jemand beobachtet Emma genauso wachsam wie ich.

Macht mir das Angst? Ja. Aber durch Emma habe ich die Chance bekommen, herauszufinden, was in meinen letzten Augenblicken geschehen ist. Und je mehr ich darüber erfahre, wer ich war und welche Geheimnisse ich hütete, desto sicherer weiß ich, dass meine lang vermisste Zwillingsschwester in großer Gefahr schwebt.

Meine Feinde lauern überall. Und manchmal geht die größte Bedrohung von denen aus, die wir am wenigsten verdächtigen.

1

Ein glückliches Leben

»Bitte folgen Sie mir zur Terrasse.« Eine gebräunte, stupsnasige Rezeptionistin schnappte sich vier in Leder gebundene Speisekarten und marschierte durch den Speisesaal des La-Paloma-Countryclubs in Tucson, Arizona. Emma Paxton, Madeline Vega, Laurel Mercer und Charlotte Chamberlain folgten ihr und schlängelten sich an den Tischen vorbei, an denen Männer mit beigefarbenen Blazern und Cowboyhüten, Frauen im Tennisdress und Bio-Putenwürstchen mampfende Kinder saßen.

Emma ließ sich auf eine Bank auf der Stuckveranda sinken und starrte auf das Tattoo im Nacken der Kellnerin, als diese davonglitt – ein chinesisches Schriftzeichen, das wahrscheinlich »Glaube« oder »Harmonie« bedeutete. Langweilig.

Von der Terrasse aus sah man die Catalina Mountains, und alle Kakteen und Felsbrocken zeichneten sich in der Vormittagssonne gestochen scharf vor dem Hintergrund ab. Vor der Terrasse standen ein paar Golfspieler vor einer Abschlagstelle, diskutierten über den nächsten Schlag und checkten ihre BlackBerrys. Bevor Emma nach Tucson gekommen war, hatte sie nie auch nur einen Fuß in einen Countryclub gesetzt. Ihre Erfahrung mit Golf beschränkte sich auf einen Job als Kassiererin in einer Minigolfanlage in den Außenbezirken von Las Vegas.

Ich hingegen kannte diesen Club in- und auswendig. Als ich unsichtbar neben meiner Zwillingsschwester saß wie ein Luftballon, den sich ein Kind an der Hand festgebunden hat, stieg eine Erinnerung in mir auf. Das letzte Mal hatte ich hier gesessen, als meine Eltern mit mir die Tatsache gefeiert hatten, dass ich nur Zweien im Zeugnis bekommen hatte – was bei mir sehr selten vorgekommen war. Der Duft von Eiern und Paprika stieg mir in die Nase und weckte Sehnsucht nach meinem Lieblingsessen in mir – Huevos Rancheros mit der besten Chorizo-Salami von ganz Tucson. Ich hätte alles dafür gegeben, nur einen einzigen Bissen kosten zu dürfen.

»Viermal Tomatensaft mit Limettenscheiben«, zwitscherte Madeline der Kellnerin zu, die lautlos neben uns aufgetaucht war. Die Kellnerin schlenderte davon, und Madeline reckte den Rücken, nahm ihre typische Ballerina-Pose ein und holte einen silbernen Flachmann aus ihrer Fransentasche. Als sie ihn schüttelte, hörten wir Flüssigkeit gluckern. »Wir können uns Bloody Marys machen«, sagte sie und zwinkerte uns zu.

Charlotte schob sich eine Strähne ihres rotgoldenen Haares hinter das sommersprossige Ohr und grinste.

»Wenn ich eine Bloody Mary trinke, kippe ich wahrscheinlich um.« Laurel fasste sich mit Daumen und Zeigefinger an ihre leicht gebräunte Nase. »Ich bin immer noch total fertig von gestern Abend.«

»Die Party war definitiv ein voller Erfolg.« Charlotte überprüfte ihr Spiegelbild in einem Silberlöffel. »Was meinst du, Sutton? Haben wir dich angemessen feierlich ins Erwachsenenleben befördert?«

»Woher soll sie das denn wissen?« Madeline stupste Emma spielerisch mit dem Ellbogen an. »Du warst doch den halben Abend lang unauffindbar.«

Emma schluckte. Sie hatte sich immer noch nicht an das lockere Geplänkel gewöhnt, mit dem Suttons Freundinnen miteinander umgingen und das aus einer jahrelangen Freundschaft entstanden war. Vor nur sechzehneinhalb Tagen hatte sie noch als Pflegekind in Las Vegas gelebt und unter ihrem grässlichen Pflegebruder Travis und ihrer promibesessenen Pflegemutter Clarice gelitten. Aber dann hatte sie ein Online-Video entdeckt, auf dem man sah, wie ein Mädchen erwürgt wurde, das ihr glich wie ein Ei dem anderen. Dasselbe ovale Gesicht, die hohen Wangenknochen und die blaugrünen Augen, die je nach Licht die Farbe wechselten. Nachdem Emma ihre mysteriöse Doppelgängerin namens Sutton kontaktiert und dabei entdeckt hatte, dass es sich um ihre verschollene Zwillingsschwester handelte, war sie voller Aufregung und Vorfreude nach Tucson gefahren.

Doch bereits am folgenden Tag hatte sie erfahren müssen, dass Sutton ermordet worden war – und Emma das nächste Opfer sein würde, wenn sie sich nicht als Sutton ausgab. Obwohl sich Emma sehr unwohl dabei fühlte, mit einer solchen Lüge zu leben, und obwohl sie jedes Mal eine Gänsehaut bekam, wenn jemand sie »Sutton« nannte, spielte sie mit, denn sie wusste nicht, was sie sonst tun sollte. Aber sie hatte nicht vor, untätig herumzusitzen, während die Leiche ihrer Schwester irgendwo verweste. Sie musste herausfinden, wer Sutton getötet hatte – unter allen Umständen. Nicht nur, weil der Mord an ihrer Zwillingsschwester nicht ungesühnt bleiben durfte, sondern auch, weil Emma nur so ihr eigenes Leben wiederbekommen und gleichzeitig vielleicht ihre neue Familie behalten konnte.

Die Kellnerin kam mit vier Gläsern Tomatensaft zurück, und sobald sie den Mädchen den Rücken zugedreht hatte, schraubte Madeline den Flachmann auf und goss klare Flüssigkeit in alle Gläser. Emma fuhr sich mit der Zunge über die Zähne und ihr journalismusbegeisterter Verstand fand auch gleich die passende Schlagzeile: Minderjährige Mädchen im örtlichen Countryclub beim Saufen erwischt. Suttons Freundinnen lebten gerne gefährlich. Und zwar in mehr als nur einer Hinsicht.

»Na, Sutton?« Madeline schob einen Drink in Emmas Richtung. »Willst du uns nicht mal erklären, wieso du von deiner eigenen Geburtstagsparty abgehauen bist?«

Charlotte beugte sich verschwörerisch vor. »Oder müsstest du uns dann umbringen?«

Bei dem Wort umbringen zuckte Emma zusammen. Madeline, Charlotte und Laurel waren die Hauptverdächtigen in Emmas Ermittlungen zu dem Mord an Sutton.

Letzte Woche hatte jemand versucht, Emma bei einer Pyjamaparty in Charlottes Haus mit Suttons Lieblingskette zu erwürgen. Entweder hatte der Angreifer die ausgeklügelte Alarmanlage in Charlottes Anwesen überlistet, oder … er war bereits im Haus gewesen. Und gestern Abend hatte Emma während Suttons Geburtstagsparty entdeckt, dass ihre Freundinnen das Snuff-Video von Sutton gedreht hatten. Das Ganze war nur ein geschmackloser Streich gewesen; Sutton und ihre Freundinnen hatten sich zu einem Geheimclub zusammengeschlossen und spielten seit Jahren das Lügenspiel. Sie wetteiferten darum, ihre Mitschüler und sich selbst gegenseitig mit möglichst fiesen Streichen zu Tode zu erschrecken. Aber Emma hegte den Verdacht, dass dieser bestimmte »Streich« nur durch reines Glück vorzeitig abgebrochen worden war. Ethan Landry, Emmas einziger echter Freund in Tucson, war überraschend auf der Waldlichtung aufgetaucht und hatte Sutton befreit. Aber möglicherweise hatten Suttons Freundinnen den Streich später zu Ende geführt.

Um sich zu beruhigen, nahm Emma einen großen Schluck von ihrer Bloody Mary und setzte sich innerlich ihren Sutton-Hut auf. Ihre Schwester war frech und schlagfertig gewesen und hatte sich von niemand einschüchtern lassen. »Habt ihr mich etwa vermisst? Wie süß. Oder habt ihr befürchtet, jemand hätte mich entführt und in der Wüste ausgesetzt?« Emma schaute in die Gesichter ihrer drei Freundinnen und suchte nach irgendeinem Anzeichen von Schuldbewusstsein.

Madeline pulte an ihrem pfirsichfarbenen Nagellack herum. Charlotte trank völlig ungerührt ihre Bloody Mary. Laurel schaute auf den Golfplatz, als habe sie gerade einen alten Bekannten entdeckt.

Dann klingelte Suttons iPhone. Emma zog es aus der Tasche und warf einen Blick auf das Display. Sie hatte eine SMS von Ethan bekommen.

Wie geht es dir nach gestern Abend? Sag Bescheid, falls du irgendetwas brauchst.

Emma schloss die Augen und stellte sich Ethans Gesicht vor, seine rabenschwarzen Haare, seine meerblauen Augen und die Art, wie er sie angesehen hatte. Noch nie zuvor hatte sie ein Junge so angesehen. Erleichterung und Sehnsucht durchströmten ihren Körper.

»Wer schreibt dir?« Charlotte beugte sich neugierig vor und spießte sich dabei beinahe die Brüste an dem Zierkaktus auf, der auf dem Tisch stand. Emma legte die Hand über das Display.

»Du wirst ja rot!« Laurel zeigte mit dem Finger auf Emma. »Hast du einen neuen Freund? Hast du Garrett gestern Abend deshalb sitzen lassen?«

»Das war nur Mom.« Schnell löschte Emma die SMS. Suttons Freundinnen hätten nicht verstanden, warum sie ihre eigene Geburtstagsparty mit Ethan verlassen hatte, einem geheimnisvollen Jungen, der sich mehr für Astronomie als für Sport und Klamotten interessierte. Aber Ethan war der normalste Mensch, den Emma bislang in Tucson kennengelernt hatte – und der einzige, der wusste, wer sie wirklich war und warum sie Suttons Platz eingenommen hatte.

»Was genau lief denn da mit Garrett?« Charlotte schürzte die mit dunklem Lipgloss bedeckten Lippen. Wie Emma in den vergangenen zwei Wochen erfahren hatte, war Charlotte die Herrschsüchtige der Clique – und diejenige, die am wenigsten mit ihrem Aussehen zufrieden war. Sie trug viel zu viel Make-up und sprach zu laut, als fürchte sie, dass ihr sonst niemand zuhören würde.

Emma stocherte mit ihrem Strohhalm in den Eiswürfeln am Boden ihres Glases herum. Garrett. Ach richtig. Garrett Austin war Suttons Freund – oder genauer gesagt, Exfreund. Gestern Abend hatte er Sutton als Geburtstagsgeschenk seinen nackten, willigen Körper und eine Schachtel Kondome präsentiert.

Es hatte mir wehgetan, wie verletzt mein Freund auf Emmas Zurückweisung reagiert hatte. Ich wusste nichts mehr über unsere gemeinsame Zeit, aber ich war mir sicher, dass unsere Beziehung kein Spiel gewesen war. Obwohl er das jetzt wahrscheinlich glaubte.

Laurel kniff ihre klaren, blauen Augen zusammen und trank einen Schluck. »Warum bist du denn abgehauen? Sieht er nackt so schräg aus? Hat er drei Brustwarzen?«

Emma schüttelte den Kopf. »Nichts davon. Es liegt nicht an ihm.«

Madeline zog die Papierhülle von ihrem Strohhalm und blies sie in Emmas Richtung. »Dann solltest du schnell einen Ersatzfreund finden. In zwei Wochen ist Abschlussball, und du musst dir ein Date sichern, bevor alle coolen Typen vergeben sind.«

Charlotte schnaubte. »Hat sie sich davon jemals aufhalten lassen?«

Emma verzog das Gesicht. Sutton hatte Charlotte letztes Jahr Garrett ausgespannt.

Ich war also offenbar keine besonders loyale Freundin gewesen, das musste ich zugeben. Und den Kritzeleien in Charlottes Notizbuch und dem Foto unter ihrem Bett nach zu urteilen, trauerte sie Garrett immer noch nach – und das war ein ziemlich gutes Motiv dafür, mich aus dem Weg zu räumen.

Ein Schatten fiel auf den runden Tisch. Vor Emma und den anderen stand ein Mann mit glatt zurückgekämmten Haaren und nussbraunen Augen. Sein blaues Polohemd war gestärkt und seine Khakihosen perfekt gebügelt.

»Daddy!«, rief Madeline mit zitternder Stimme. Augenblicklich wirkte sie überhaupt nicht mehr cool und beherrscht. »Ich … ich wusste ja gar nicht, dass du heute hier bist!«

Mr Vega starrte auf die halb ausgetrunkenen Gläser auf dem Tisch, und seine Nasenlöcher zuckten, als könne er den Alkohol riechen. Sein Lächeln blieb unverändert, aber es wirkte irgendwie unecht und machte Emma nervös. Madelines Vater erinnerte sie an ihren Pflegevater Cliff, der in Utah Gebrauchtwagen verkauft hatte und sich binnen genau vier Sekunden vom aufbrausenden Tyrannen zum schleimigen, unterwürfigen Verkäufer verwandeln konnte.

Mr Vega schwieg noch einen Augenblick. Dann beugte er sich vor und legte seine Hand auf Madelines nackten Oberarm. Sie zuckte kaum merklich zusammen.

»Bestellt euch, was ihr wollt, Mädels«, sagte er leise. »Ich lade euch ein.« Er drehte sich mit militärischer Präzision um und ging durch den gemauerten Torbogen in Richtung Golfplatz.

»Danke, Daddy!«, rief Madeline ihrem Vater nach und ihre Stimme zitterte nur ganz leicht.

»Das war ja süß«, murmelte Charlotte unsicher, als er gegangen war, und warf Madeline einen Seitenblick zu.

»Ja.« Laurel fuhr mit dem Zeigefinger über den geschwungenen Rand ihres Tellers und wich Madelines Blick aus.

Alle sahen aus, als hätten sie am liebsten noch etwas gesagt, aber niemand tat es … niemand wagte es. Madelines Familie hatte eine Menge Geheimnisse. Ihr Bruder Thayer war abgehauen, bevor Emma in Tucson eingetroffen war. Überall hingen Poster mit seinem Konterfei und dem Aufdruck: VERMISST.

Einen Augenblick lang erinnerte sich Emma beinahe sehnsüchtig an ihr altes Leben zurück – ihr sicheres Leben. Sie hätte nie geglaubt, dass sie einmal so über ihre Jahre als Pflegekind denken würde. Sie war nach Tucson gekommen, weil sie gehofft hatte, dort alles zu finden, was sie sich so sehnlich wünschte: eine Schwester und eine Familie, die ihr Leben vervollständigen würde. Stattdessen hatte Emma eine Familie gefunden, die nicht einmal merkte, dass ihnen eine Tochter fehlte, und eine tote Zwillingsschwester, deren Leben ihr von Minute zu Minute komplizierter vorkam. Außerdem lauerten in allen Ecken potenzielle Mörder.

Emma stieg das Blut in die Wangen, die angespannte Atmosphäre am Tisch wurde ihr plötzlich zu viel. Sie schob ihren Stuhl zurück, der laut über den Boden kratzte. »Ich bin gleich wieder da«, sagte sie und eilte durch die Flügeltüren zur Damentoilette.

Sie betrat den leeren, verspiegelten Vorraum, in dem bequeme, cognacfarbene Ledersofas und ein Holzkorb voller Haarspraydosen, Tampons und Händedesinfektionsmittelfläschchen standen. Es duftete nach Parfüm und aus den Lautsprechern drang klassische Musik.

Emma ließ sich in einen der Sessel vor der Spiegelwand sinken und betrachtete ihr Spiegelbild. Ihr ovales Gesicht, das von welligem, hellbraunem Haar umspielt wurde, starrte sie mit ihren blauen Augen an, die in diesem Licht vergissmeinnichtfarben wirkten. Genau dieselben Gesichtszüge trug auch das Mädchen, das von den Familienfotos in der Diele der Mercers lächelte, das Mädchen, dessen Kleider sich auf Emmas Haut kratzig anfühlten, als spüre ihr Körper, dass sie nicht zu ihr passten.

Und um Emmas Hals hing Suttons silbernes Medaillon – das Medaillon, mit dessen Kette der Mörder Emma in Charlottes Küche gewürgt hatte. Sutton musste das Medaillon getragen haben, als sie starb. Jedes Mal, wenn sie die glatte silberne Oberfläche berührte oder sie im Spiegel glitzern sah, erinnerte sie sich daran, warum sie Suttons Rolle spielte. Egal, wie unangenehm es ihr war, sie musste es tun, um den Mörder ihrer Schwester zu finden.

Die Tür ging auf und die Geräusche des Speisesaals drangen in den Toilettenvorraum. Emma drehte den Kopf. Eine blonde junge Frau im College-Alter, die ein pinkfarbenes Polohemd mit dem Logo des Countryclubs auf der Brust trug, ging über den mit Navajo-Teppichen ausgelegten Boden. »Entschuldigung, bist du Sutton Mercer?«

Emma nickte.

Das Mädchen griff in ihre Hosentasche. »Jemand hat das hier für dich abgegeben.« Sie hielt Emma eine tiffanyblaue Pappschachtel hin. Auf dem Deckel klebte ein Zettel mit der Aufschrift: FÜR SUTTON.

Emma starrte die Schachtel an, traute sich aber nicht, sie zu berühren. »Wer hat sie abgegeben?«

»Ein Kurier hat sie gerade an die Rezeption gebracht. Deine Freundinnen sagten, ich würde dich hier finden«, sagte das Mädchen achselzuckend.

Emma nahm die Schachtel unsicher entgegen und das Mädchen drehte sich um und ging.

Der Deckel ging leicht auf und enthüllte eine samtene Schmuckschatulle. Emma schossen ein paar mögliche Erklärungen durch den Kopf. Ein kleiner Teil von ihr hoffte insgeheim darauf, dass Ethan ihr die Schachtel geschickt hatte. Es konnte natürlich auch sein, dass Garrett sie durch ein Geschenk zurückgewinnen wollte.

Die Schatulle öffnete sich mit einem leisen Knarren. Drinnen lag ein silbern glänzender Anhänger in Form einer Lokomotive.

Emma strich darüber. In dem kleinen Täschchen im Deckel der Schatulle steckte ein Stück Papier. Es war ein winzig klein zusammengerollter Zettel, auf dem eine Nachricht in Druckbuchstaben stand:

DIE ANDEREN WÜRDEN DEN ZUG-STREICH AM LIEBSTEN VERGESSEN, ABER MICH WIRD ER NIEMALS WIEDER LOSLASSEN. DANKE!

Emma stopfte den Zettel wieder in die Schatulle und schloss sie schnell. Zug-Streich. Gestern Abend hatte sie in Laurels Schlafzimmer Notizen zu mindestens fünfzig Lügenspiel-Streichen überflogen. Aber keiner hatte etwas mit einem Zug zu tun gehabt.

Ich sah immer noch den Lokomotivanhänger vor mir und plötzlich schimmerte eine Erinnerung in meinem Geist. Ein Zug pfiff in der Ferne. Ein Schrei, dann wirbelnde Lichter. War das … waren wir …?

Aber schon verschwand die Erinnerung genauso schnell wieder, wie sie gekommen war.

2

CSI Tucson

Ethan Landry öffnete das Tor im Maschendrahtzaun des öffentlichen Tennisplatzes im Park und kam herein. Emma beobachtete, wie er in lässiger Haltung auf sie zuschlenderte, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Es war zwar schon nach zehn Uhr, aber das Mondlicht war so hell, dass sie seine Distressed-Jeans, die abgewetzten Converse und das dunkle Wuschelhaar deutlich erkennen konnte. Ein paar Locken kräuselten sich niedlich über dem Kragen seines dunkelblauen Flanellhemdes. Ein Schnürsenkel war aufgegangen und schleifte auf dem Boden hinter ihm her.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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